Niedersächsisches FG: Verpflichtung eines Servicedienstleisters zur Herausgabe von Daten der Nutzer einer Internethandelsplattform
Niedersächsisches FG, Urteil vom 30.6.2015 – 9 K 343/14
Amtliche Leitsätze
1. Im Rahmen der Überprüfung von zahlreichen Nutzern anderer Internethandelsplattformen gewonnene Erkenntnisse (im Streitfall: Hoher Anteil an steuerunehrlichen Nutzern; erhebliche Mehrsteuern) und Einzelfälle von Steuerverkürzungen bei der betroffenen Dritthandelsplattform können ein hinreichender Anlass für ein Sammelauskunftsersuchen im Rahmen von Vorfeldermittlungen der Steuerfahndung gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO sein und den Schluss rechtfertigen, dass es sich um ein Problem des strukturellen Vollzugsdefizits im Bereich des Onlinehandels handelt.
2. Hinsichtlich der auf Internetplattformen unter Pseudonym handelnden Personen liegen hinreichende Anhaltspunkte für ein statistisch relevantes und mehr als nur unerhebliches Nichtbefolgen der steuerlichen Erklärungspflichten vor.
3. Eine im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachtende Unzumutbarkeit des Befolgens eines Auskunftsersuchens ist selbst für den Fall nicht anzunehmen, dass die Herausgabe der erbetenen personenbezogenen Daten einen strafbewährten Verstoß gegen ein ausländisches (im Streitfall: luxemburgisches) Datenschutzgesetz darstellte.
4. Konzerninterne, organisatorische Abreden zwischen Konzerngesellschaften wie die Beschränkung von Administrationsrechten in tatsächlicher oder zeitlicher Hinsicht können einem rechtmäßigen Sammelauskunftsersuchen ebenso wenig entgegengehalten werden wie privatschriftliche Geheimhaltungsvereinbarungen. Ein ggf. dadurch verursachter erhöhter Ermittlungsaufwand auf Seiten des Auskunftspflichtigen führt deshalb nicht zur Unverhältnismäßigkeit des Auskunftsersuchens
5. Ein Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht ergibt sich nicht aus § 103 AO i.V.m. § 43 Abs. 2 Nr. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Wegen der gesetzlich verordneten Auskunftspflicht gemäß §§ 208, 93 Abs. 1 Satz 1 AO ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BDSG - jedenfalls für den Fall eines rechtmäßigen Sammelauskunftsersuchens - ohne Weiteres zulässig.
Sachverhalt
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Sammelauskunftsersuchens nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO).
Die Klägerin ist eine GmbH, die seit Ende der 90iger Jahre Domaininhaberin der Website www.xy.de ist. Auf dieser Website wurde der Onlinehandel des Internethandelshauses Xy, also der Vertrieb von Produkten in verschiedenen Geschäftsfeldern wie z.B. ... (sog. Einzelhandelsgeschäft), zunächst von der Klägerin bis Ende 2003 selbst betrieben. Seit dem 1. Januar 2004 wurde die … zum Dienstanbieter und Betreiber der Webseite www.Xy.de. Ab Mai 2006 wurde diese Funktion von der in Luxemburg ansässigen Muttergesellschaft der Klägerin, der ... (im Folgenden: M), übernommen.
Auf dieser Internetseite wurde seit 2002 zusätzlich eine Internethandelsplattform für Drittanbieter unter der Bezeichnung „z“ betrieben. Hier bietet das Unternehmen anderen Internetnutzern die Möglichkeit, ihre Artikel ebenfalls als sog. Drittanbieter über die Internetseiten von xy neu oder gebraucht zu verkaufen. Käufer finden die Angebote nur unter den von xy vertriebenen Produkten. Um bei Xy.de/z privat oder gewerblich verkaufen zu können, ist eine Anmeldung erforderlich, bei der u.a. eine gültige E-Mail-Adresse angefragt und ein Zugangspasswort eingerichtet wird. Die Drittanbieter wählen bzw. erhalten im Rahmen der Anmeldung einen Benutzernamen (Pseudonym), der aber im Regelfall keinerlei Rückschlüsse auf die wahre Identität der Drittanbieter zulässt. Neben der freien Wählbarkeit des Benutzernamens ist auch dessen nachträgliche Änderbarkeit gegeben. Bei Vertragsschluss unterrichtet Xy den Verkäufer über die Adressdaten des Käufers zur weiteren Abwicklung der Transaktion und übernimmt die Zahlungsabwicklung. Xy hat für die Käufe von Drittanbietern für deren Kunden zudem ein eigenes Bewertungssystem geschaffen. Dabei können die Kunden eines Drittanbieters Bewertungen über die bei ihm getätigten Käufe abgeben und öffentlich machen. Diese Bewertungen sind in sog. Verkäuferprofilen zusammengefasst. Diese enthalten i.d.R. neben dem Benutzernamen (Pseudonym) des Drittanbieters die Zusammenfassung aller Bewertungen und bei den bei Xy als gewerbliche Verkäufer registrierten Drittanbietern Widerrufsbelehrungen und Impressen. Darüber können Käufer konkrete Informationen (nur) über die gewerblichen Drittanbieter erlangen.
Nachdem sich der Sachverhalt zunächst (bis einschließlich des Revisionsverfahrens im ersten Rechtsgang) so darstellte, dass die Klägerin selbst bis Mai 2006 Betreiberin dieser Internethandelsplattform war, stellte die Klägerin mit Schriftsatz vom 29. Mai 2015 (erstmals) klar, dass sie den Xy.de/z zu keiner Zeit selbst betrieben hatte. Als Betreiber versteht die Klägerin den jeweiligen Vertragspartner der Drittanbieter, der die entsprechenden Geschäfte abwickelt und für das Vorhalten und den Betrieb der dazu erforderlichen Datenverarbeitungsanlagen verantwortlich ist. In diesem Sinne wurde die Plattform nach der Darstellung der Klägerin zunächst von … betrieben. Seit dem 1. Juli 2003 übernahm eine Schwestergesellschaft der Klägerin, die ebenfalls in Luxemburg ansässige … (im Folgenden: S), den Betrieb der Xy.de/z-Plattform. Seither ist diese Schwestergesellschaft einzige Vertragspartnerin sämtlicher auf xy.de tätigen Drittanbieter. Die Klägerin war seit diesem Stichtag (1. Juli 2003) ausschließlich als Datenverarbeiterin für die S tätig. Diese Sachlage wurde nach der Darstellung der Klägerin in einem am 2. Dezember 2010 unterschriebenen Datenverarbeitungsvertrag, der aber rückwirkend ab 1. Mai 2006 gelten sollte, „formalisiert“.
In den Streitjahren 2007 bis 2009 stellt sich der Sachverhalt danach so dar, dass die M, in Luxemburg ansässige Muttergesellschaft der Klägerin, die Website www.xy.de mit dem eigenen Onlinehandel (Einzelhandelsgeschäft) betrieb und die S, ebenfalls in Luxemburg ansässige Schwestergesellschaft der Klägerin, Betreiber der Xy.de/z-Plattform und der … war.
Die Klägerin verpflichtete sich in zwei am 18. Juni 2008 mit M schriftlich geschlossenen Verträgen dieser gegenüber zur Erbringung von Supportleistungen gegenüber Händlern und Kunden der Xy.de-Internethandelsplattform sowie zu im Einzelnen bezeichneten Dienstleistungen wie z.B. der Steuer- und Rechtsberatung. Diese Verträge sind nach ihren Einleitungen am 1. Januar 2007 in Kraft getreten.
In dem bereits vorerwähnten, am 2. Dezember 2010 unterschriebenen Dienstleistungsvertrag, der ab 1. Mai 2006 gelten sollte, verpflichtete sich die Klägerin zudem als „Datenverarbeiter“ gegenüber S als „Datenkontrolleur“ zu Datenverarbeitungsleistungen auf der Grundlage luxemburgischen Rechts, insbesondere der Luxemburger Datenschutzbestimmungen. Der Begriff der „Dienstleistungen“, zu denen die Klägerin nach diesem Vertrag verpflichtet ist, bezeichnet solche Services, die die Klägerin erbringt, um die Kundenbetreuung für die Website www.xy.de sowie sonstiger Co-Branding-Websites zu unterstützen, um Bestellungen abzuwickeln, um Produkte zu liefern und sonstige Leistungen zu erbringen, um mit Kontoinhabern im Zusammenhang mit Bestellungen, Produkten und sonstigen Leistungen sowie deren Bezahlung Kontakt aufzunehmen, um Unterlagen und Kundenkonten zu aktualisieren, um E-mails zu versenden, um Kundenlisten zu pflegen und aus diesen Dubletten zu entfernen, um die Website www.xy.de zu verbessern oder Betrugs – und andere Missbrauchsfälle auf dieser Website zu verhindern oder aufzudecken, sowie in angemessenem Umfang sonstige Dienstleistungen zu erledigen, die S von Zeit zu Zeit in Auftrag gibt. S verpflichtete sich, der Klägerin personenbezogene Daten sowie andere Informationen, die die Klägerin als Datenverarbeiterin vernünftigerweise zur Erbringung der Dienstleistungen benötigt, zur Verfügung zu stellen. Unter „personenbezogenen Daten“ sind dabei persönlich identifizierbare Informationen zu verstehen, die S über Kunden, Besucher und Kontoinhaber der Website www.xy.de oder von solchen Websites erhält, die ein Co-Branding mit www.xy.de enthalten. Die Klägerin verpflichtete sich, die personenbezogenen Daten ausschließlich gemäß den Weisungen der S und nur im Einklang mit den Gesetzen von Luxemburg zu verarbeiteten, sie der S auf Anfrage zugänglich zu machen, sie nicht für Zwecke zu verwenden, die unvereinbar mit den Zwecken sind, die den Betroffenen anlässlich oder vor dem Zeitpunkt der Datenerhebung mitgeteilt worden sind, und sie in keinem Fall an Dritte weiterzugeben, es sei denn, S verlange ausdrücklich eine solche Weitergabe oder die Betroffenen hätten einer solchen Weitergabe zugestimmt. Die Klägerin hat sicherzustellen, dass nur solche Mitarbeiter, die von ihr benötigt werden, um sie bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Datenverarbeitungsvertrag zu unterstützen, Zugriff auf die personenbezogen Daten haben und dass geeignete betriebliche und technologische Prozesse und Verfahren bestehen, um sich vor unbefugtem Zugriff, Verlust, Zerstörung, Diebstahl, Verwendung oder Veröffentlichung der personenbezogenen Daten zu schützen. Sie hat dafür zu sorgen, dass alle Mitarbeiter, die zur Erbringung der Dienstleistungen herangezogen werden, auf dem Gebiet der Datenschutzgesetze und in der Betreuung und Bearbeitung von personenbezogenen Daten geschult wurden. Die Klägerin gestattet nach dem Vertrag, dass ihre Datenverarbeitungsanlagen, Verfahren und Dokumentierung einer Prüfung durch die Revisoren der S unterzogen werden, damit sich diese von der Einhaltung der maßgebenden Gesetze von Luxemburg und der Bedingungen des Vertrags überzeugen können. Alle Rechte, einschließlich des Eigentumsrechts an den personenbezogenen Daten stehen nach dem Vertrag ausschließlich S zu. Bei der Kündigung des Datenverarbeitungsvertrags hat die Klägerin auf schriftlichem Antrag der S die Nutzung der personenbezogenen Daten zu beenden und die umgehende und sichere Rückgabe aller der S gehörenden personenbezogenen Daten sowie sämtlicher Kopien der sich in ihrem Besitz oder ihrer Kontrolle befindlichen personenbezogenen Daten zu veranlassen.
Mit Auskunftsersuchen vom 10. Mai 2010 bat der Beklagte die Klägerin in den Besteuerungsverfahren namentlich nicht bekannter Verkäufer beim Internethandelshaus Xy um bestimmte Auskünfte und Übersendung entsprechender Unterlagen. Im Einzelnen hat das Auskunftsersuchen folgenden Inhalt:
„Welche Nutzer von Xy mit Wohn- oder Firmen- bzw. Geschäftssitz in Niedersachsen haben in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009 für mehr als 17.500 € pro Jahr Verkäufe über Xy (Z, … und …) getätigt?
Zu den betroffenen Nutzern benötige ich folgende Angaben:
1. Name, Vorname, Geburtsdatum (soweit vorhanden) und Anschrift; bei Gesellschaften zusätzlich Bezeichnung der Gesellschaft, und - soweit vorhanden - Name, Vorname und das Geburtsdatum der Gesellschafter, Telefon und E-mail-Adresse.
2. Weitere Xy-Teilnehmernamen (Pseudonyme)
3. Bankverbindung/Kreditkartennummer, Einzelaufstellung der Verkäufe der jeweiligen oben angegebenen Nutzer mit mindestens folgenden Angaben:
a) Xy-Mitgliedsname
b) Datum des Verkaufs- bzw. Auktionsende
c) Artikelbezeichnung
d) Verkaufspreis bzw. Höchstgebot
e) Artikelnummer
f) Anzahl der verkauften Artikel pro Angebot.“
Zur Begründung führte das beklagte Finanzamt u.a. aus, das in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) normierte Rechtsstaatsprinzip verpflichte die Finanzbehörden, Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben (Art. 3 GG, § 85 AO). Dazu gehöre u.a. auch die Aufgabe der Steuerfahndung, unbekannte Steuerfälle zu ermitteln (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO). Im Rahmen umfangreicher Internetermittlungen der Steuerverwaltung sei festgestellt worden, dass Nutzer von Internet-Plattformen, bei denen diese die Möglichkeit hätten, Wirtschaftsgüter unter Pseudonymen zum Verkauf anzubieten, ihre steuerlichen Pflichten nicht immer ordnungsgemäß erfüllten. Im Vertrauen auf die durch Pseudonyme geschaffene relative Anonymität der Verkaufstätigkeiten erklärten viele Nutzer ihre an sich steuerpflichtigen Verkaufserlöse nicht oder nicht vollständig. Die bisherigen Internetermittlungen hätten zu nicht unbedeutenden Steuernachzahlungen geführt. Aus den bei den Finanzämtern gemeinsam mit den jeweiligen Steuererklärungen eingereichten steuerlichen Gewinnermittlungen ließen sich die Verkaufstätigkeiten in der Regel nicht erkennen. Um weitere entsprechende Fälle überprüfen zu können, müssten die notwendigen Informationen bei Dritten erhoben werden. Das Auskunftsersuchen sei sachgerecht, da die notwendigen Daten bei der Klägerin vorgehalten würden und abgefragt werden könnten. Die betroffenen Nutzer der Plattform der Klägerin könnten nicht befragt werden, da sie unbekannt seien und erst durch das Auskunftsersuchen ermittelt werden könnten.
Die Voraussetzungen für ein Sammelauskunftsersuchen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO seien somit erfüllt. Die Erteilung der Auskünfte sei der Klägerin möglich und zumutbar. Mit der Festlegung der Grenze von 17.500 € pro Jahr sei sichergestellt, dass Bagatellfälle ausgeschlossen seien. Das Auskunfts- und Vorlageersuchen ergehe aufgrund der §§ 93, 97 i.V.m. § 208 AO. Ein Auskunftsverweigerungsrecht bestehe nur in den Fällen der §§ 101, 103 und 104 AO. Der Erfüllung des Auskunftsersuchens stünden keine Datenschutzvorschriften entgegen. Das Telemediengesetz (TMG) gelte nach seinem § 1 Abs. 2 nicht für den Bereich der Besteuerung.
Bereits für den den Streitjahren unmittelbar vorgehenden Zeitraum 2004 bis 2006 hatte der Beklagte ein gleichlautendes Sammelauskunftsersuchen an die Klägerin gerichtet. Nachdem die nach erfolglosem Einspruch eingereichte Klage beim Niedersächsischen Finanzgericht aus formalen Gründen (Versäumung der Einspruchsfrist) zurückgenommen und das Sammelauskunftsersuchen damit bestandskräftig wurde, erfüllte die Klägerin – nach vorheriger Verständigung mit dem Beklagten am 18. Mai 2011 – in der Weise, dass S die erfragten Drittanbieterdaten für die Jahre 2004 und 2005 zumindest teilweise ermittelte und über die Klägerin dem Beklagten am 10. Juni 2011 zur Verfügung stellte. Die Klägerin übermittelte in diesem Zusammenhang eine MS-Excel-Tabelle mit zwei Textblättern. Das erste Tabellenblatt enthielt Angaben zu 29 niedersächsischen Pseudonymen mit den dahinterstehenden Drittanbietern und den Jahressummen der verkauften Artikel für das Jahr 2004. Das zweite Textblatt enthielt die entsprechenden Angaben zu 36 Pseudonymen für das Jahr 2005. Mehrere der mitgeteilten Drittanbieter traten unter mehreren Pseudonymen auf und waren auch in beiden Jahren als Verkäufer aktiv.
Bezüglich des im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Sammelauskunftsersuchens vom 10. Mai 2010 erhob die Klägerin eine Sprungklage. Dieser Sprungklage stimmte der Beklagte nicht innerhalb der Monatsfrist zu, sondern wies sie als Einspruch durch Einspruchsbescheid als unbegründet zurück. Das beklagte Finanzamt (FA) führte im Einspruchsbescheid vom 8. Oktober 2010 aus, die Auskunftserteilung sei der Klägerin nicht unmöglich, wie sich aus ihrem bisherigen Auskunftsverhalten und bestimmten Angaben auf ihrer Internetseite ergebe. Interne Richtlinien der Klägerin könnten der Herausgabe von Daten an die deutschen Finanzbehörden nicht entgegenstehen. Das FA habe seine Ermittlungsbefugnisse nicht überschritten und sei für die Ermittlungen örtlich zuständig. Eigene Ermittlungen der Finanzbehörden im Internet seien nicht zielführend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
Mit der Klage brachte die Klägerin vor, das Sammelauskunftsersuchen sei nichtig, weil sie die verlangten Auskünfte nicht erteilen könne. Allein S verfüge als Betreiberin der Internethandelsplattform über die Verkäuferdaten. Sie, die Klägerin, sei lediglich eine Servicegesellschaft für S, für die sie Dienstleistungen erbringe. Es treffe zwar zu, dass S ihr in der Vergangenheit Daten zur Beantwortung einzelner, konkreter Auskunftsersuchen deutscher Finanzbehörden übermittelt habe. Hierbei habe es sich aber jeweils um Einzelermittlungen der Finanzämter gegen bereits namentlich oder zumindest durch Pseudonym bekannte Nutzer gehandelt. Das Sammelauskunftsersuchen vom Mai 2010 sprenge den engen Rahmen der bisherigen Ersuchen jedoch bei weitem. Da das Auskunftsersuchen angesichts seines Umfangs den internen Richtlinien der S zur Herausgabe von Daten an deutsche Finanzämter nicht entspreche, gebe S hierzu keine Daten an sie - die Klägerin - weiter. S sei im Interesse ihrer Kunden, die sie nicht durch eventuelle Pressemeldungen über den Umfang der übermittelten Daten aufschrecken und dann verlieren wolle, zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten mit ihren Kunden sowie einer Einbuße von Marktanteilen nicht bereit, ohne vorherige gerichtliche Klärung der Frage, welche Daten der Betreiber einer Internet-Plattform im Rahmen eines Sammelauskunftsersuchens nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO an die Finanzbehörden herausgeben müsse, hierzu Auskünfte an das FA zu geben. Sie, die Klägerin, habe als Schwestergesellschaft keine gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten auf S, so dass es ihr rechtlich objektiv unmöglich sei, die verlangten Daten an das FA zu übermitteln. Sie habe auch keine tatsächliche Möglichkeit, die verlangten Informationen und Daten, über die nur S verfüge, zu beschaffen.
Das Auskunftsersuchen sei zudem auch gemäß § 125 Abs. 1 AO nichtig, da es an einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler leide. Es dürfe zunächst nur um die Gewinnung von Erkenntnissen über die Identität von Personen gehen, die Steuertatbestände verwirklicht haben könnten. Soweit diese Identität geklärt sei, sei jedes auf weiter gehende Auskünfte gerichtete Verlangen unzulässig. Die im Auskunftsersuchen unter 3. angeforderten Auskünfte seien danach von keiner Ermächtigungsgrundlage gedeckt, da sie auf die Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen gerichtet seien. Außerdem werde der Subsidiaritätsgrundsatz nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AO nicht beachtet. Ab Kenntnis der Identität des Steuerpflichtigen müsse sich die Finanzverwaltung zunächst wieder an diesen wenden.
Zumindest sei das Auskunftsersuchen aus den genannten Gründen rechtswidrig. Es sei auch kein hinreichender Anlass für ein Tätigwerden der Steuerfahndung gegeben. Es lägen keine auf allgemeiner Erfahrung beruhenden Hinweise auf Steuerverkürzungen der www.xy.de-Kunden vor. Darüber hinaus sei aufgrund der sehr weiten Fassung des Auskunftsersuchens das Übermaßverbot verletzt. Zudem fehle es an der örtlichen Zuständigkeit des FA für ganz Niedersachsen.
Hinsichtlich der Nennung der hinter den Pseudonymen stehenden Personen sei das Auskunftsersuchen nicht erforderlich, da der Beklagte diese selbst mit einem der Finanzverwaltung zur Verfügung stehenden Webcrawler (Xpider) ermitteln könne. Anschließend könne sich die Finanzverwaltung auf der Website www.xy.de bei einem von dem Nutzer angebotenen Artikel das sog. Verkäuferprofil mit Firmenadresse sowie E-Mail-Adresse des Verkäufers anzeigen lassen, da die Großkunden nach den Teilnahmebedingungen von Xy zur Hinterlegung dieser Angaben verpflichtet seien.
Die erbetene Auskunft zu Bankverbindungen und Kreditkartennummern bewege sich ebenfalls nicht innerhalb der allgemeinen rechtsstaatlichen Grenzen und sei deswegen rechtswidrig. Dies ergebe sich aus § 30a Abs. 5 Satz 2 AO.
Auf die Aufklärungsverfügung des Finanzgerichts (FG) vom 11. März 2011 führte die Klägerin aus, die vom Beklagten verlangten Daten stünden ihr tatsächlich nicht zur Verfügung. Sie lägen auf Servern im Ausland, die nicht ihr gehörten, von ihr nicht gepflegt und auch nicht verwaltet würden. Einzelne, genau definierte Datenverarbeitungsmöglichkeiten bzw. Zugriffsrechte auf die Daten, die ihren Mitarbeitern zweckbezogen für ihre jeweiligen operativen Tätigkeiten hätten, begründeten nicht ihre Verfügungsmacht über die Daten. Der Zugriff auf den Datenbestand im Zusammenhang mit der Internethandelsplattform sei passwortgesteuert bzw. codiert. Er müsse daher durch einen externen Administrator der Datenbank zugelassen (freigeschaltet) werden. Sie - die Klägerin - könne deshalb nicht frei über die Daten verfügen. Sie sei in den Jahren 2007 bis 2009 zu keinem Zeitpunkt für die Verarbeitung der Daten (d.h. die Datenerhebung, -speicherung und -verwaltung) verantwortlich und mit den Daten lediglich partiell im Rahmen der beschriebenen Auftragsdatenverarbeitung befasst gewesen. Es gehe nicht um die Technik des Zugriffs, sondern um dessen inhaltliche Voraussetzungen. Aus der technisch gegebenen Zugriffsmöglichkeit auf die Daten könne nicht auf die Verpflichtung zu deren Herausgabe geschlossen werden. Unabhängig von der technischen Zugriffsmöglichkeit auf die Daten stünden ihr diese deshalb nicht zur Verfügung i.S. des § 93 Abs. 3 Satz 2 AO, weil sie nach dem Datenverarbeitungsvertrag vom 1. Mai 2006 die von ihr verarbeiteten personenbezogenen Daten ohne ausdrückliches Verlangen der S oder Zustimmung der Betroffenen nicht an Dritte weitergeben dürfe. Dritte seien dabei auch die Finanzbehörden. Diese vertragliche Regelung sei für die Finanzbehörden ebenfalls verbindlich. Ein Anspruch auf Herausgabe der Daten gegen S stehe ihr nicht zu.
Der Beklagte hielt das Auskunftsersuchen dagegen für rechtmäßig.
Nach Auffassung des Beklagten ist die Klägerin sehr wohl zur Erteilung der ersuchten Auskünfte in der Lage. Dem Beklagten lägen für einen exemplarischen Zeitraum von 13 Monaten der Jahre 2007 und 2008 sieben Fälle vor, in denen die Klägerin Auskunftsersuchen der Finanzämter beantwortet habe. Die entsprechenden Auskunftsersuchen der Finanzämter seien mehrheitlich an „www.xy.de“ gerichtet gewesen. Die Antworten der Klägerin ließen keinen Rückschluss darauf zu, dass die gelieferten Daten erst, wie von der Klägerin behauptet, von der S aus Luxemburg angefordert werden mussten.
Im Übrigen richte sich die Auskunftsverpflichtung nach den Vorschriften der AO und nicht nach den Geschäftsinteressen oder internen Richtlinien eines Steuerpflichtigen.
Aus den erteilten Auskünften der Klägerin auf Auskunftsersuchen deutscher Finanzbehörden ergebe sich, dass die Klägerin sehr wohl auf die entsprechenden Daten zugreifen könne. Wie sich dieser Zugriff tatsächlich darstelle, sei nicht relevant, da es sich schlussendlich um ein internes Organisationsproblem der Klägerin und gegebenenfalls der mit ihr verbundenen Unternehmen handele.
Laut Auskunft der Denic.de sei die Klägerin Inhaberin und damit materiell Berechtigte der Internetseite (Domain) www.xy.de. Sie verwalte diese Internetseite sowohl in administrativer als auch in technischer Hinsicht.
Im Übrigen habe die Klägerin keinen Nachweis dafür erbracht, dass die Daten tatsächlich - wie von der Klägerin behauptet - auf Servern im Ausland lägen.
Auch gehe der Beklagte nach den vorliegenden Verträgen davon aus, dass die Klägerin eine rechtliche und tatsächliche Mitverfügungsmacht besitze. Auffällig sei in diesem Zusammenhang, dass der Datenverarbeitungsvertrag zwischen der Klägerin und der S. einen Stempelabdruck vom „2. Dezember 2010“ trage, obwohl der Vertrag schon am 1. Mai 2006 in Kraft getreten sei. Nach Auffassung des Beklagten sei die Herausgabe der erbetenen Auskünfte an die Finanzbehörden durch den Datenverarbeitungsvertrag gedeckt. So würden unter Ziffer 1.1 des Vertrages auf Seite 3 „Dienstleistungen“ u.a. als solche Services bezeichnet, die die Klägerin gegenüber der S erbringe, um „Betrugsfälle und andere Missbrauchsfälle auf der Webseite www.xy.de zu verhindern oder aufzudecken“. Dies sei der Beweggrund des Ersuchens; eine Offenbarung der erbetenen Angaben stehe damit in Einklang mit der vertraglichen Vereinbarung.
Ferner weise die Klägerin in der Datenschutzerklärung vom 20. September 2010 darauf hin, dass Kundenkonten und persönliche Daten über Konten bei gesetzlicher Verpflichtung weitergegeben würden.
Schließlich ergebe sich die Zugriffsmöglichkeit der Klägerin auf die personenbezogenen Daten aus Ziff. 5.1 des Datenverarbeitungsvertrages. Dort werde bestimmt, dass die Kläger der S auf Antrage diese Daten zugänglich mache. Daraus ergebe sich, dass die Klägerin, nicht aber die Schwestergesellschaft Zugriff auf diese Daten habe.
Das FG hob durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1222 veröffentlichte Urteil das Auskunftsersuchen und den "Einspruchsbescheid" mit der Begründung auf, die Erteilung der vom Beklagten geforderten Auskunft sei der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht unmöglich. Sie verfüge über keinen eigenen Zugriff auf die in den USA und in Indien befindlichen Server, auf denen die zur Auskunftserteilung benötigten Daten gespeichert seien. Sie besitze weder Administratorenrechte noch Einzelberechtigungen zum Zugriff auf diese Daten. Dies habe sie dem FG schlüssig dargelegt. Anhaltspunkte dafür, dass sie entgegen ihrer Sachdarstellung tatsächlich über eigene Zugriffsrechte verfüge, bestünden nicht. In den Jahren 2007 bis 2009 habe S und nicht die Klägerin das Drittanbietergeschäft über die www.xy.de-Plattformen betrieben. Die Klägerin habe S gegenüber nur Dienstleistungen erbracht. Einen rechtlichen Anspruch gegen S als Betreiberin des Drittanbietergeschäfts oder eine andere zum Xy-Konzern gehörende ausländische Kapitalgesellschaft auf Herausgabe der Daten, auf Erteilung einer Auskunft oder auf Verschaffung einer Berechtigung zum Zugriff auf die elektronischen Speichermedien habe die Klägerin nicht. Auch über gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeiten könne die Klägerin die angeforderten Daten nicht beschaffen. Es sei daher nicht entscheidungserheblich, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO im Übrigen gegeben seien, ob insbesondere ein hinreichender Anlass für das Ausbringen des Sammelauskunftsersuchens bestanden habe. Der Beklagte werde sich gegebenenfalls unter Inanspruchnahme von Amtshilfe Luxemburgs mit einem Auskunftsersuchen an S zu wenden haben.
Mit der Revision rügte das beklagte FA die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das FG habe zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin keinen Zugriff auf die zur Auskunftserteilung benötigten Daten habe. Unstreitig sei lediglich, dass die Daten sich auf Servern in den USA und in Indien befänden. Dies schließe aber einen Zugriff der Klägerin auf die Daten nicht aus. Die Klägerin könne die im Datenverarbeitungsvertrag vereinbarten umfangreichen Dienstleistungen ohne einen umfassenden Datenzugriff nicht erbringen. Sie sei daher in der Lage, die geforderten Auskünfte zu erteilen. Ein Verfahrensfehler liege darin, dass das FG die Klägerin nicht zu einer Erklärung dazu aufgefordert habe, dass die mit S geschlossenen Verträge lange vor deren Unterzeichnung in Kraft getreten sein sollen.
Der BFH hob auf die Revision des Beklagten hin die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück (BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225). Seiner Ansicht nach hatte das FG zu Unrecht angenommen, dass das Auskunftsersuchen rechtswidrig sei, weil der Klägerin die Erteilung der erbetenen Auskünfte nicht möglich sei. Das FG habe nicht festgestellt, dass die Klägerin technisch nicht auf die Daten zugreifen könne, sondern vielmehr auf die Einhaltung der vereinbarten Geheimhaltungspflichten abgestellt. Zivilrechtliche Vereinbarungen, nach denen Daten geheim zu halten sind, führten aber nicht dazu, dass sie dem Auskunftspflichtigen nicht i.S. des § 93 Abs. 3 Satz 2 AO zur Verfügung stehen. Die Rechtmäßigkeit eines Auskunftsersuchens hänge in einem solchen Fall nicht davon ab, dass der Auskunftsverpflichtete im Verhältnis zu seinen Vertragspartnern berechtigt sei, auf die Daten, in die er zur Erfüllung seiner vertraglich vereinbarten Aufgaben oder Pflichten Einsicht nehmen könne und dürfe, gerade auch zur Erteilung von Auskünften an Finanzbehörden gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AO zuzugreifen. Die Pflicht zur Beantwortung von Auskunftsersuchen der Finanzbehörden nach dieser Vorschrift könne durch zivilrechtliche Verträge nicht wirksam ausgeschlossen oder beschränkt werden. Sie unterliege nicht der Disposition Privater. Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte bedürften einer gesetzlichen Grundlage, wie sie die §§ 101, 102, 103 und 104 AO enthielten. Diese gesetzlichen Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte könnten nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen erweitert werden. Vielmehr müsse der Auskunftspflichtige die ihm eröffneten Möglichkeiten zum Zugriff auf die Daten auch zur Erfüllung von Auskunftsersuchen von Finanzbehörden nutzen, soweit diese Auskunftsersuchen im Übrigen rechtmäßig, also insbesondere erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar seien. Dies gelte auch für auf ausländischen Servern gespeicherte, elektronische Daten.
Der BFH gab dem FG für den zweiten Rechtsgang auf, Feststellungen dazu nachzuholen, welche technischen Möglichkeiten zum Datenzugriff der Klägerin im Rahmen der ihr nach dem Datenverarbeitungsvertrag mit S obliegenden Aufgaben und Pflichten zustehen, ob ein hinreichender Anlass für das streitbefangene Sammelauskunftsersuchen besteht, und ferner zu prüfen, ob das Sammelauskunftsersuchen dem Grunde nach und hinsichtlich des Umfangs der angeforderten Daten erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar ist. In diesem Zusammenhang wurde dem FG ferner aufgegeben, Feststellungen zu der Frage nachzuholen, ob dem FA anderweitige – einfachere und die Klägerin weniger belastende - Recherchemöglichkeiten hinsichtlich der angeforderten Daten zur Verfügung stehen.
Bei der im zweiten Rechtsgang vorzunehmenden Prüfung der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit des Auskunftsersuchens an den Dienstleister einer Internethandelsplattform seien auch die geschäftlichen Interessen des Dienstleisters zu berücksichtigen und gegen die durch die Ermittlungstätigkeit des Beklagten zu wahrenden Rechtsgüter der Allgemeinheit abzuwägen. Bei dieser Abwägung werde auch zu bedenken sein, dass die abgefragten Daten dem Steuergeheimnis unterlägen, sodass die von der Abfrage betroffenen Nutzer der Internethandelsplattform durch die Offenbarung der Daten abgesehen von den möglichen steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Folgen nicht belastet würden. Das etwaige Vertrauen der betroffenen Nutzer darauf, dass aufgrund der durch die Verwendung von Pseudonymen weitgehend gewährleisteten Anonymität der Verkaufsvorgänge Steuern gefahrlos verkürzt werden könnten, sei nicht schutzwürdig.
Im zweiten Rechtsgang ist der 9. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts für das Verfahren zuständig geworden.
Die Klägerin begehrt weiterhin die ersatzlose Aufhebung des streitbefangenen Sammelauskunftsersuchens und des entsprechenden Einspruchsbescheides. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:
Das Sammelauskunftsersuchen des Beklagten sei rechtswidrig und daher aufzuheben.
Für das vorstehende Sammelauskunftsersuchen gebe es im Streitfall keinen hinreichenden Anlass. An das Vorliegen eines hinreichenden Anlasses seien hohe Anforderungen zu stellen. Die BFH-Rechtsprechung halte eine allgemeine, in jedwedem Zusammenhang nach der Lebenserfahrung gerechtfertigte Vermutung, dass Steuern nicht selten verkürzt und steuerpflichtige Einnahmen nicht erklärt werden, für nicht ausreichend, um ein Sammelauskunftsersuchen zu rechtfertigen. Es bedürfe vielmehr einer erhöhten Entdeckungswahrscheinlichkeit, die die Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen als besonders wahrscheinlich erscheinen lasse. Diesen Prüfungsmaßstab hebe der BFH in der Revisionsentscheidung im vorliegenden Streitfall nochmals ausdrücklich hervor. Damit müsse eine Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen wahrscheinlicher sein, als es eine zufällige Überprüfung vergleichbarer Steuerpflichtigen durch den Beklagen erwarten lasse. Gemessen an diesen Voraussetzungen seien die Ausführungen des Beklagten unzureichend. Der Beklagte ziehe einen veralteten Prüfungsmaßstab heran.
Im Streitfall gründe das Sammelauskunftsersuchen auf einem Generalverdacht gegen den Online-Handel, welcher an den Pranger gestellt werde. Es sei daher unzulässig. Allein bekannt gewordene Einzelfälle von steuerunehrlichen Personen rechtfertigten kein Sammelauskunftsersuchen gegen eine ganze Branche. Vielmehr müssten die konkreten Gegebenheiten der Xy.de/z-Plattform dazu verlocken, Erträge oder Umsätze der Finanzverwaltung zu verschweigen. Gegebenenfalls bekannt gewordene Einzelfälle seien nur dann relevant, wenn sie Ausdruck einer für die Steuerhinterziehung besonders anfälligen Art der Geschäftsentwicklung bei der xy.de/z-Plattform seien. Solche Anhaltspunkte seien im Streitfall nicht vorliegend. Selbst wenn man mit dem Beklagten annehmen würde, dass sieben Fälle von Steuerunehrlichkeit vorlägen, könnten diese das infrage stehende Sammelauskunftsersuchen nicht rechtfertigen. Sieben Fälle im Verhältnis zu mehreren tausend Drittanbietern seien kein Anzeichen dafür, dass sich auch andere Drittanbieter auf dieser Plattform unehrlich verhalten haben könnten. Die Verkaufstätigkeit auf der Xy.de/z-Plattform sei mit Graumärkten wie Geschäften im Rotlichtmilieu oder der Hundezucht nicht vergleichbar. Es handele sich um nichts anderes als um klassischen Einzelhandel, der eben nur online abgewickelt werde. Alle Zahlungen seien im Übrigen im elektronischen Wege erfolgt und damit für die Außenprüfung bei einem Drittanbieter grundsätzlich nachvollziehbar. Die Feststellungen des Beklagten zu unehrlichen Händlern auf der Internetplattform … und das entsprechende Risikoprofil seien auf den Streitfall nicht zu übertragen. Gemeinsamkeiten seien von dem Beklagten nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht erkennbar. Die Veräußerung von Waren unter Pseudonym sei keine relevante Gemeinsamkeit zwischen der S und …. Diese Gemeinsamkeit wäre allenfalls dann beachtlich, wenn aus der Nutzung eines Pseudonyms generell die fehlende Bereitschaft abgeleitet werden könne, zutreffende Steuererklärungen abzugeben. Das sei aber nicht so und werde durch die Ausführungen des Beklagten auch nicht belegt. Aus der Verwendung eines Pseudonyms folge nicht, dass der Drittanbieter auch anonym sei oder auf seine Anonymität vertraue. Die betroffenen Drittanbieter seien gegenüber der S nicht anonym. Jeder Drittanbieter müsse sich unter seinem Klarnamen registrieren und sei damit der S bekannt. Jeder Drittanbieter benötige bei der S eine valide Kontoverbindung, die er auch tatsächlich wahrheitsgemäß angeben müsse, wenn er sein Teilnehmerkonto aktiv nutzen wolle. Alle Zahlungen (Kaufpreis, Erstattung etc.) seien in den Streitjahren bei der S nicht unmittelbar zwischen den Drittanbietern und den Käufern, sondern ausschließlich über die S als Zahlungsdienstleister abgewickelt worden. Gerade die notwendige Verknüpfung des Pseudonyms des Drittanbieters mit einem Bankkonto gewährleiste die jeweilige Identifikation des Drittanbieters. Die angebliche Steuerunehrlichkeit der Drittanbieter werde auch nicht dadurch gefördert, dass diese im Glauben gelassen würden, dass ihre Anonymität gegenüber der Finanzverwaltung bewahrt werde.
Eine Vergleichbarkeit zwischen S und … verbiete sich wegen der unterschiedlichen Kundenstruktur und der unterschiedlichen Geschäftsabwicklung. … sei in die Zahlungsabwicklung nicht involviert. Dies geschehe allein zwischen dem jeweiligen Käufer und Verkäufer. Sogar eine Barzahlung sei möglich und üblich. Bei der S erfolge die Zahlungsabwicklung dagegen zwischen den Drittanbietern und den Käufern ausschließlich über die S und ausschließlich bargeldlos.
Ein Sammelauskunftsersuchen setze voraus, dass sich die abstrakte Erfahrung, dass es zu Steuerunehrlichkeiten in einem bestimmten Bereich komme, im Einzelfall derart aktualisiert habe, dass sich die Erfahrung auch und gerade auf das Umfeld der um Auskunft ersuchten Person beziehe. Solche Umstände seien im Streitfall weder vorgetragen noch erkennbar. Die S weise die Drittanbieter deutlich wahrnehmbar und unmissverständlich in den Teilnahmebedingungen über die Nutzung der Drittanbieter-Plattformen mit der S auf ihre Steuerpflichten hin. Der Beklagte habe nicht vorgetragen, aus welchen Umständen er auf eine erhöhte Steuerunehrlichkeit schließe.
Der Beklagte tätige Ermittlungen ins Blaue hinein und versuche so, tausende von Drittanbietern auf der Xy.de/z-Plattform steuerlich zu überprüfen. Würden solche Sammelauskunftsersuchen erlaubt, würde im Ergebnis die gesamte geschäftliche Tätigkeit nahezu aller auf der Xy.de/z-Plattform gewerblich tätigen Händler auf Dauer lückenlos und verdachtsunabhängig überwacht. Ein solcher Umfang einer Überwachung sei aber wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt unzulässig. Der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden, Steuern auf Grundlage der jeweiligen Steuererklärung zu erheben. Dahinter stehe die Vermutung der Steuerehrlichkeit der Steuerpflichtigen. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass bei der Xy.de/z-Plattform die Besonderheit bestehe, dass alle Kaufpreiszahlungen an die Drittanbieter ausschließlich auf elektronischem Wege erfolgten. Es gäbe mithin keine Bargeschäfte, was deren Nachvollziehbarkeit erleichtere und Steuerunehrlichkeit erheblich erschwere. Dies wirke abschreckend auf potentielle Steuerhinterzieher. Eine lückenlose und anlassunabhängige Überwachung sei damit nicht vereinbar. Im Internet stünden der Finanzverwaltung im Gegenteil Ermittlungsmethoden zur Verfügung, die es im normalen Geschäftsverkehr nicht gebe (Webcrawler).
Die Klägerin wendet sich gegen die Schlussfolgerung des Beklagten, dass der Bereich des E-Commerce mindestens genauso verkürzungsträchtig und damit kontrollbedürftig ist wie andere Bereiche des Wirtschaftslebens. Andere Bereiche des Wirtschaftslebens würden nicht mit flächendeckenden Sammelauskunftsersuchen überzogen, auch dann nicht, wenn der Umsatz wachse. Nach dem Vortrag des Beklagten fehle es daher an der vom BFH geforderten (gegenüber dem normalen Handel) erhöhten Wahrscheinlichkeit der Entdeckung unbekannter Steuerfälle und damit an einem besonderen Kontrollbedürfnis. Mit der Begründung des Beklagten ließe sich jedes Auskunftsersuchen rechtfertigen. Außerdem sei die Anzahl der Fälle von angeblicher Steuerhinterziehung vergleichsweise gering. Dem Beklagten gehe es ersichtlich um den flächendeckenden Zugriff auf die Xy.de/z-Plattform und zwar deshalb, weil er meine, dass die Daten leicht beschaffbar seien. Eine gesetzliche Rechtsgrundlage für ein flächendeckendes Sammelauskunftsersuchen gebe es nicht.
Die Behauptung des Beklagten, es sei unerheblich, dass die S Einzelauskunftsersuchen beantworte, weil Einzelauskunftsersuchen und Sammelauskunftsersuchen unterschiedliche Zielsetzungen hätten, sei unzutreffend. Die S sei Steuerpflichtiger i.S.v. § 1, 33 Abs. 1 AO; sie verfüge über eine eigene deutsche Umsatzsteuer-Identifikations-Nr. Es sei kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, daneben von der Klägerin umfassende Auskünfte über den Handel auf der Xy.de/z-Plattform zu verlangen.
Die Klägerin habe ihre Mitwirkungspflicht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht verletzt. Die Xy.de/z-Plattform werde in den Streitjahren von der in Luxemburg niedergelassenen S und nicht von der Klägerin betrieben. Die S sei verantwortliche Stelle für die personenbezogenen Daten der bei der Xy.de/z-Plattform registrierten Drittanbieter. Die Klägerin erbringe lediglich Serviceleistungen für die S. Sie sei eine reine Auftragsdatenverarbeiterin. Sie könne die Daten der Drittanbieter ausschließlich entsprechend den Weisungen der S verarbeiten. Sie habe von Rechts wegen nicht die Befugnis, gegen diese Weisungen zu handeln. Sie habe damit keinen uneingeschränkten Zugang zu den Daten und könne auch keinen solchen erlangen.
Der Beklagte behaupte ins Blaue hinein, dass die Klägerin die technischen Mittel habe, Daten nach Bundesländern oder Städten „aufgeschlüsselt auszuwerten“ und zu übermitteln. Zu Unrecht gehe der Beklagte davon aus, dass die Klägerin nur einmalig eine Datenbankabfrage erstellen müsse, was nur wenige Minuten bis Stunden dauere. Der Beklagte ignoriere, dass Adressatin des Sammelauskunftsersuchens die Klägerin sei und nicht „Xy“. Es sei daher unerheblich, über welche Datenbanken Xy verfüge. Entscheidend sei, dass die Klägerin diese Datenbanken nicht betreibe und nur sehr begrenzten Zugriff auf die darin gespeicherten Daten habe. Eine Datenbankabfrage durch die Klägerin erfolge im Regelfall nur für einzelne Kunden über vorgefertigte Schnittstellen in spezialisierten Software-Tools. Die Klägerin habe zwar auch die Möglichkeit einer automatisierten Abfrage; um Missbrauch zu vermeiden, könne die Klägerin insoweit aber nur nach Weisung der S tätig werden. Zudem unterlägen einige Daten, insbesondere Adressdaten und Anmeldedaten von Verkäufern sowie Zahlungsarten (Bankverbindung, Kreditkartendaten), erhöhten Zugangsbeschränkungen. Zugriffe der Klägerin auf die Datenbanken der S seien auch schließlich in zeitlicher Hinsicht beschränkt, damit keine unnötigen Ressourcen für andere system- und geschäftskritischen Abfragen verbraucht würden. Die Klägerin könne diese Beschränkungen mangels entsprechender Administrationsrechte für die Datenbanken nicht selbst aufheben. Die vom Beklagten dargestellten Datenbankabfragen seien zudem ersichtlich unrealistisch. Sie gingen davon aus, dass der Umsatz dem Preis entspreche, der dem Käufer vom Verkäufer berechnet werde. Dabei werde bereits nicht berücksichtigt, dass es auch abgebrochene Bestellungen gebe, die keinen Umsatz für den Verkäufer generierten. Vor allem aber werde unterstellt, dass die S aufbereitete und belastbare Daten zu den steuerpflichtigen Umsätzen der einzelnen Verkäufer habe, die von der Klägerin nur aus dem System gefischt werden müssten. Für die S sei aber der steuerpflichtige Umsatz der Verkäufer als solcher nicht interessant. Insbesondere richteten sich die von den Verkäufern zu entrichteten Provisionen nicht nach dem Umsatz (mit oder ohne Versandkosten), sondern es würden – wie den öffentlich zugänglichen Bedingungen hierfür zu entnehmen sei - für verschiedene Produktkategorien verschiedene Berechnungsgrundlagen und Mindestverkaufsgebühren gelten. Die Annahme, dass die vom Beklagten geforderten Verkaufsdaten bereits vorlägen und daher leicht generiert werden könnten, sei bereits im Ansatz falsch.
Die Klägerin habe bis heute nicht ermittelt, wie viele Verkäufer vom streitgegenständlichen Auskunftsersuchen betroffen wären, da ihr die Möglichkeit einer einfachen Datenbankabfrage nach dieser Information eben gerade nicht zur Verfügung stehe, sondern sie bereits für diesen Ermittlungsschritt ganz erhebliche Zeit aufwenden müsste. Bislang sei der Arbeitsaufwand von der Klägerin lediglich geschätzt worden (1.000 Drittanbieter = 25 Wochen).
Das streitbefangene Sammelauskunftsersuchen sei weder hinreichend bestimmt noch nachvollziehbar begründet. Unklar sei, ob sich die Angabe zu Wohn- oder Firmen- bzw. Geschäftssitz (Anschrift) in Niedersachsen auf die heutige Anschrift beziehe oder auf die Ansässigkeit in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009. Es sei nicht klar, wie mit einem unterjährigen Zu- oder Wegzug zu verfahren sei. Unklar sei auch, ob vom Kunden zurückgesendete Artikel bei der Bestimmung der Verkäufe abzuziehen und vom Verkäufer vereinnahmte Versandkosten bei der Bestimmung der Summe der Verkäufe zu berücksichtigen seien. Unklar sei auch, wie zu verfahren sei, wenn ein Verkäufer die Umsatzschwelle von 17.500 € nicht in jedem angefragten Jahr erreicht habe. Unbestimmt sei auch, welche weiteren Angaben in Betracht kämen bzw. ob der Xy-Mitgliedsname oder der Xy-Teilnehmername zu nennen sei.
Selbst wenn entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin flächendeckende Sammelauskunftsersuchen für zulässig erachtet würden und auch ein hinreichender Anlass im konkreten Fall bestehe, sei das vorliegende Sammelauskunftsersuchen jedenfalls unverhältnismäßig. Der Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, warum er wesentliche Mehrsteuern erwarte. Angebliche Mehrsteuern bei …-Nutzern seien für den vorliegenden Fall unerheblich. Ohne belastbare Zahlenbasis könne die Verhältnismäßigkeitsprüfung nur zu Gunsten der Klägerin ausgehen. Zudem belege dies nochmals, dass der Beklagte ins Blaue ermittele.
Um die Verhältnismäßigkeit zu wahren, müsse der Beklagte solche Mittel zur Erreichung seines Zieles wählen, die die Belange des Auskunftspflichtigen schonten. Der Beklagte weigere sich aber, andere ihm zur Verfügung stehende Mittel zur Ermittlung des Sachverhalts zu gebrauchen. Der Beklagte nutze alternative Recherchemöglichkeiten nicht. Zum Beispiel stehe der Finanzverwaltung der Webcrawler „Xpider“ zur Verfügung. Dieser sei in der Lage, Verkaufsplattformen jedweder Art zu durchforsten, Querverbindungen zwischen An- und Verkäufen herzustellen und die erhaltenen Daten und Informationen mit anderen Datenquellen abzugleichen. Die Einwände des Beklagten, der den Einsatz dieses Webcrawlers als untaugliches Mittel zur Sachverhaltsaufklärung bezeichne, würden nicht durchgreifen.
Der Beklagte habe auch die Möglichkeit, im Wege der Amtshilfe durch Luxemburg ein Auskunftsersuchen an die S als Betreiberin der Plattform zu stellen. Das Suchprogramm Xpider ermögliche dem Beklagten, die Informationen zu sammeln, die für den Erlass von Einzelauskunftsersuchen erforderlich seien. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit stünden Einzelauskunftsersuchen also als milderes Mittel zur Verfügung.
Die S habe die an sie gerichteten Einzelauskunftsersuchen des Beklagten stets beantwortet, wenn und soweit ihr zu den jeweiligen Drittanbietern Daten vorgelegen hätten. Die S hätte 120 an sie adressierte Einzelauskunftsersuchen des Beklagten beantwortet. Von einer Verweigerungshaltung der S gegenüber Einzelauskunftsersuchen des Beklagten könne nicht ausgegangen werden. Die S sei auch keine rechtliche Hülle, sondern eine etablierte Gesellschaft mit substantieller Geschäftstätigkeit. Viele andere Großunternehmen nähmen in gleicher Weise von Luxemburg aus ihre Geschäftstätigkeiten wahr. Als verantwortliche Stelle verfüge die S über alle erforderlichen Mittel, um rechtmäßige Auskunftsersuchen beantworten zu können.
Das Sammelauskunftsersuchen sei auch deswegen unverhältnismäßig, weil die Erfüllung der Auskunftspflicht in keinem Verhältnis stehe zum geringen angestrebten Erfolg. Die im Rahmen des streitgegenständlichen Sammelauskunftsersuchens abgefragten Datenmengen seien sehr umfangreich. Weitere Finanzämter hätten umfassende Sammelauskunftsersuchen an die Klägerin gerichtet. Bei einer Zahl von 1.000 Drittanbietern und bei einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit von ca. einer Stunde pro Teilnehmer bräuchte es etwa 25 Arbeitswochen, um die angeforderten Daten zusammenzustellen. Zur Beantwortung der Sammelauskunftsersuchen müsste die Klägerin daher neue Mitarbeiter einstellen, die faktisch ausschließlich für den Beklagten und die anderen Finanzbehörden tätig würden. Zudem könne die Klägerin ihren Mitarbeitern den erforderlichen Datenzugang selbst nicht gewähren. Ein solches Zugriffsrecht könne ausschließlich von der S als der für die Daten verantwortlichen Stelle eingeräumt werden.
Das Sammelauskunftsersuchen sei auch deshalb unverhältnismäßig und rechtswidrig, weil die Klägerin zum Rechtsbruch gezwungen werde. Dies sei auch unter Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit an der Sicherung des Steueraufkommens unzumutbar. Die Datenherausgabe verstoße gegen die gesetzliche Pflicht der Klägerin nach Art. 21 des luxemburgischen Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (luxemburgisches Datenschutzgesetz), Daten nur auf Anweisung des für die Verarbeitung Verantwortlichen, also der S zu verarbeiten. Die Beachtung der Weisungen der verantwortlichen Stelle sei nicht lediglich eine vertragliche Verpflichtung, sondern eine gesetzliche Vorgabe. Das luxemburgische Datenschutzgesetz sei auch anwendbar. Art. 3 Abs. 2 dieses Gesetzes bestimme, dass das luxemburgische Datenschutzgesetz für die Verarbeitung durch einen auf dem luxemburgischen Staatsgebiet niedergelassenen und für die Verarbeitung Verantwortlichen gelte. Der Umstand, dass ein deutsches Unternehmen zur Auftragsdatenverarbeitung eingeschaltet werde, ändere daran nichts. Das anwendbare Recht sei für die Klägerin nicht disponibel und auch vom Beklagen zu beachten. Nach dem luxemburgischen Datenschutzgesetz sei der Abschluss eines Datenverarbeitungsvertrages zwischen der verantwortlichen Stelle und dem Auftragsdatenverarbeiter verpflichtend. Ein solches, die gesetzlichen Anforderungen wiedergebendes Data Processor Agreement habe mit vertraglich vereinbarten Geheimhaltungspflichten nichts gemein. Im Falle einer Geheimhaltungsvereinbarung vereinbarten zwei Parteien aus freien Stücken, ohne hierzu vom Gesetz gezwungen zu sein, dass bestimmte Sachverhalte oder Unterlagen vom Zugang und Zugriff Dritter ausgeschlossen werden. Eine solche Geheimhaltungsvereinbarung richte sich ausschließlich nach dem Willen der Parteien. Sinn und Zweck des Vertrages über die Auftragsdatenverarbeitung sei es dagegen, den Datenaustausch zwischen Auftraggeber und Auftragsdatenverarbeiter zu ermöglichen. Es stehe weder im Belieben der verantwortlichen Stelle, noch im Belieben des Auftragsdatenverarbeiters, das Verbot nicht gelten zu lassen.
Mit dem Ansinnen, die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten durch die Klägerin an ihn zu übernehmen, überschreite der Beklagte seine Kompetenzen. Der von der Beklagten angeführte § 15 Abs. 2 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sei hier nicht anwendbar. Die Vorschrift gelte nur für die Datenübermittlung zwischen verschiedenen Behörden, vor allem in Fällen der Amtshilfe. Der Beklagte könne seine Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Datenübermittlung nur gerecht werden, wenn er – wie in der Vergangenheit schon erfolgreich praktiziert – Einzelauskunftsersuchen an die S richte.
Zudem seien im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch die Folgen der Verletzung des luxemburgischen Datenschutzgesetzes zu beachten. Für die Klägerin und die verantwortliche Stelle (S) führten Verletzungen zu erheblichen Sanktionen (etwa gemäß Art. 25 luxemburgisches Datenschutzgesetz). Bei Beantwortung des Auskunftsersuchens begehe die Klägerin nicht nur selbst eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 und 3 Bundesdatenschutzgesetz, sondern würde auch einen Bußgeld bewährten Verstoß der S gegen luxemburgisches Recht auslösen. Darüber hinaus würde die Klägerin bei Beantwortung des Auskunftsersuchens die S zur fristlosen Kündigung desjenigen Vertrags zwingen, der der Klägerin überhaupt erst den Zugriff auf die Daten ermöglichte. Die Relevanz des Bundesdatenschutzgesetzes und des luxemburgischen Datenschutzrechts sowie die Folgen habe der BFH in seinem Urteil vom 16. Mai 2013 übersehen. Entgegen der Auffassung des BFH sei das Telemediengesetz im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Selbst wenn das Telemediengesetz vorliegend anwendbar wäre, würde der vom BFH angeführte § 1 Abs. 2 Telemediengesetz nicht zu dem von ihm angenommenen Ergebnis führen. Ein Rechtsverstoß und die drohenden Sanktionen, die sowohl die Klägerin als auch die S im Falle der Beantwortung des Auskunftsersuchens treffen könnten, seien in die Interessenabwägung einzubeziehen. Zwar könnten ältere Urteile des BFH so verstanden werden, dass ausländische Strafvorschriften von deutschen Gerichten nicht zu beachten seien (BFH vom 16. April 1980 I R 75/78, BStBl II 1981, 492 sowie BFH vom 16. April 1986, I R 32/84, BStBl II 1986, 736). Diese Urteile seien aber vorliegend nicht relevant. Die Urteile befassten sich mit Vorschriften des schweizerischen und liechtensteinischen Rechts, weshalb europarechtliche Aspekte keine Rolle spielten. Die einschlägigen Vorschriften dienten ausschließlich dem nationalen Protektionismus und seien tendenziell gegen andere Staaten gerichtet. Aufgrund dieser speziellen Zielsetzung der Vorschriften scheide ihre Vorrangigkeit gegenüber den deutschen Vorschriften aus. Anders verhalte es sich bei ausländischen Vorschriften, deren Zielsetzung nicht ausschließlich in der Wahrung nationaler Interessen bestünde. Vorliegend berufe sich die Klägerin auf Art. 21 luxemburgisches Datenschutzgesetz, dem Art. 17 Abs. 3 Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG zugrunde liege. Dies sei gerade keine Vorschrift, die ausschließlich nationale Interessen berühre und sich gegen andere Staaten richte, sondern eine Regelung, die datenschutzrechtliche Belange in allen Mitgliedsstaaten schützen und die Grenze überschreitende Beauftragung eines Datenschutzverarbeiters ermöglichen solle.
Unabhängig von der Gefahr der Verletzung luxemburgischen Datenschutzrechts durch die S stehe der Klägerin ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 103 AO i.V.m. § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG zu. Das BDSG sei anwendbar, da der Geschäftssitz der Klägerin in Deutschland belegen sei. Da die Erfüllung des Auskunftsersuchens eine eigenmächtige Datenverarbeitung durch die Klägerin sei, würde diese sich wie eine verantwortliche Stelle nach § 3 Abs. 7 BDSG verhalten. Bei Erfüllung des Auskunftsersuchens würde die Klägerin eine Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 43 Abs. 2 Nr. 3 BDSG begehen. § 93 AO stelle insoweit keine hinreichende Rechtfertigung dar.
Die Klägerin beantragt,
das Sammelauskunftsersuchens vom 10. Mai 2010 und die entsprechende Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2010 ersatzlos aufzuheben und hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ziele das angefochtene Sammelauskunftsersuchen nicht auf eine unzulässige Rasterfahndung oder sog. Ermittlung ins Blaue ab. Eine unzulässige Rasterfahndung liege nur dann vor, wenn jedwede Anhaltspunkte für steuerlich erhebliche Umstände fehlten oder wenn durch eine Maßnahme bestimmte Verhaltensweisen von Steuerpflichtigen in ihrer Totalität oder möglichst vollständig mit dem Ziel erfasst werden sollen, diese in allen Fällen undifferenziert einer Überprüfung auf ihre steuerlich korrekte Erfassung zu unterziehen. Es müsse in diesem Zusammenhang genügen, wenn die Finanzbehörde im Rahmen ihrer Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung nach pflichtgemäßem Ermessen zum Ergebnis gelangt, dass die erbetene Auskunft zu steuererheblichen Tatsachen zu führen vermag. Zu diesen Tatsachen zähle alles, was die konkrete finanzbehördliche Entscheidung beeinflusse bzw. beeinflussen könne. Die Steuererheblichkeit der mitzuteilenden Tatsachen für die konkrete finanzbehördliche Entscheidung müsse jedenfalls möglich sein.
Es sei zwar richtig, dass alle Kaufpreiszahlungen an die Drittanbieter elektronisch erfolgten. Die Möglichkeit, dass über den Xy.de/z generierte, im Inland steuerpflichtige Einnahmen der deutschen Drittanbieter nicht nur auf ein beliebiges inländisches, sondern sogar auf ausländische Bankkonten transferiert werden könnten, schrecke potentielle Steuerhinterzieher nicht ab, sondern fördere Steuerhinterziehung eher noch. Hinsichtlich des hinreichenden Anlasses für das hier streitgegenständliche Sammelauskunftsersuchen sei kein veralteter Prüfungsmaßstab angelegt worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigten gerade die bekannt gewordenen Einzelfälle das angefochtene Sammelauskunftsersuchen, da diese die kriminalistische Erfahrung, dass Xy.de/z-Händler nicht immer steuerehrlich seien, untermauerten. So seien in den letzten Jahren allein in Niedersachsen 41 Steuerpflichtige, die über den Xy.de/z verkauften, abschließend geprüft. Diese Prüfungen hätten insgesamt 844.006 € Mehrsteuern ergeben. Aufgrund dieser Xy-Fälle und anderer Fälle aus einem anderen, aber auch vergleichbaren Bereich des E-Commerce, zu dem nun einmal auch Xy gehöre, sei der Schluss gerechtfertigt, dass der Bereich des E-Commerce mindestens genauso verkürzungsträchtig und damit kontrollbedürftig sei wie andere Bereiche des Wirtschaftslebens. Auch die von der Klägerin vorgetragene deutliche Umsatzsteigerung bei ihr und den mit ihr verbundenen Unternehmen als auch im gesamten Bereich des E-Commerce spreche für eine Überprüfungsnotwendigkeit. Bei dem angefochtenen Sammelauskunftsersuchen sei daher ein hinreichender Anlass gegeben. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der Vergleich mit dem klassischen Einzelhandel für die Beurteilung eines Steuerausfallrisikos nicht erforderlich.
Die Frage, ob die S zur Beantwortung von Einzelauskunftsersuchen bereit und in der Lage sei, sei für das vorliegende Verfahren, in dem es um ein an die Klägerin gerichtetes Sammelauskunftsersuchen gehe, unbeachtlich. Einzelauskunftsersuchen und Sammelauskunftsersuchen hätten trotz gleicher Anspruchsgrundlage (§ 93 AO) unterschiedliche Zielsetzungen und müssten streng getrennt voneinander betrachtet werden.
Der Einsatz des Webcrawlers Xpider sei ein untaugliches Mittel zur Sachverhaltsaufklärung. Über die Internetseiten von Xy könnte allenfalls ein Bruchteil der Informationen, die mit dem angefochtenen Auskunftsersuchen angefordert worden seien, zu erlangen sein. Solche Webcrawler stellten keine Alternative zu Sammelauskünften dar. Sie könnten nur Webshops erfassen, die Händlerstatistiken öffentlich machten (z.B. …). Xy gebe in den öffentlichen Händlerprofilen kaum Informationen bekannt. Fehle ein Impressum, schlage jeder Fahndungsversuch fehl; nur interne Daten der Handelsplattformen könnten dann helfen. Die für die steuerliche Überprüfung der Drittanbieter unbedingt notwendigen Informationen seien auf den Internetseiten von Xy gar nicht vorhanden. So finde man dort keinerlei Angaben zu einem Verkaufsdatum sowie Art und Preis des jeweils verkauften Artikels. Insoweit gehe der Einsatz eines jeden Webcrawlers oder vergleichbarer Programme ins Leere. Die Möglichkeit manueller Einzelabfragen hinsichtlich der einzelnen Nutzer der Internetplattform sei wegen der hohen Zahl der Abfragen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung kein praktikables alternatives Mittel zur Sachverhaltsermittlung.
Unter Zugrundelegung der Angaben der Klägerin (mehr als 20.000 Drittanbieter auf Xy.de/z überschreiten die Umsatzgrenze von 17.500 €) entfielen auf das vorliegende Sammelauskunftsersuchen max. 2.000 Drittanbieter. Diese Zahl sei sehr überschaubar, insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2013 in Niedersachsen 87.681 Handelsunternehmen, die der Betriebsprüfung unterliegen, steuerlich geführt worden seien. Von einem immensen, nahezu unbegrenzten Umfang des Sammelauskunftsersuchens könne angesichts dieser Zahlen nicht die Rede sein.
Die Klägerin werde durch das angefochtene Sammelauskunftsersuchen von der Finanzverwaltung nicht zu einer extensiven Sammlung, Aufbereitung und Weitergabe von Datenbeständen verpflichtet. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Xy auch die Daten über die Käufe der Kunden von den Drittanbietern speichere. Denn wie sonst könne Xy für die Drittanbieter das Inkasso übernehmen und abrechnen. Die Klägerin habe auch Zugriff auf die Daten der deutschen Drittanbieter. Sie könne ohne diesen Datenzugriff die ihr über den Datenverarbeitungsvertrag vom 1. Mai 2006 obliegenden umfassenden Aufgaben gar nicht erfüllen.
Die Behauptung der Klägerin, die Beantwortung eines Sammelauskunftsersuchens beanspruche neben der Einstellung neuer Mitarbeiter ca. 25 Arbeitswochen, sei objektiv nicht nachvollziehbar und unglaubhaft. Die Klägerin verfüge über Datenbanklösungen, die auch für eigene Zwecke genutzt werden könnten. Die mit dem angefochtenen Sammelauskunftsersuchen angeforderten Daten würden somit im Zugriffsbereich der Klägerin in modernen Datenbanken vorgehalten. Der einzige erhöhte Arbeitsaufwand der Klägerin dürfte daher in der einmaligen Erstellung einer Datenbankabfrage bestehen, mit deren Hilfe die Daten automatisiert aus den entsprechenden Datenbanken extrahiert und in externe Dateien exportiert würden. Dieser Aufwand liege in der Regel für professionelle Datenbankfachleute im Bereich von einigen Minuten bis wenigen Stunden. Die Ausführung der Abfrage bewege sich heutzutage im Regelfall im Bereich von Millisekunden bis Minuten. Im Übrigen könne eine einmal erstellte Datenbankabfrage auch ohne Weiteres an die Gegebenheiten weiterer Sammelauskunftsersuchen angepasst werden. Nur die Postleitzahlen müssten ausgetauscht werden.
Datenschutzrechtliche Bestimmungen stünden dem rechtmäßigen Sammelauskunftsersuchen nicht entgegen.
Auf Anfrage des Berichterstatters hat der Beklagte mit Schreiben vom 27. Mai 2015 mitgeteilt, dass im Rahmen der Überprüfung von Händlern, die auf der Plattform des Internetauktionshauses … Waren anbieten, im Zeitraum 15. August 2002 bis 10. Mai 2010 3.061 Fälle an die Finanzämter in Niedersachsen angegeben wurden. Von den erledigten (= geprüften) Fällen (insges. 2.475) kam es bei 39,4 % zu steuerlichen Mehrergebnissen von insgesamt 11.824.958 €.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2015 zu den Behauptungen der Klägerin bezüglich des durch das Sammelauskunftsersuchen entstehenden Aufwands und hinsichtlich der Verfügungsmöglichkeit über die erfragten Daten den von ihr benannten Zeugen A vernommen. Bezüglich der Einzelheiten der Zeugenaussage wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Aus den Gründen
A. Die Klage ist unbegründet.
Das angefochtene Sammelauskunftsersuchen ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO - ).
I. Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO haben auch andere Personen als die Beteiligten eines Steuerverwaltungsverfahrens der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die grundsätzlichen Anforderungen an ein solches Auskunftsersuchen an Dritte hat der BFH im Urteil vom 16. Mai 2013 (II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225) wie folgt dargelegt:
1. Bei der Einholung von Auskünften anderer Personen als der Beteiligten am Besteuerungsverfahren handelt es sich nach § 92 Satz 2 Nr. 1 AO um ein Beweismittel, dessen sich die Finanzbehörde gemäß § 92 Satz 1 AO bedienen kann, soweit sie es nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält.
a. Die Einholung der Auskünfte anderer Personen dient der Erfüllung der sich aus § 85 AO ergebenden Pflichten der Finanzbehörden. Die Finanzbehörden haben nach dieser Vorschrift die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden.
b. Diese Besteuerungsgrundsätze dienen nicht nur dem fiskalischen Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens. Ihnen kommt vielmehr im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) verfassungsrechtliche Bedeutung zu (Urteil des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG - vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BStBl II 1991, 654; Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH - vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BStBl II 2013, 317, Rz 61; BFH-Urteil vom 18. Januar 2012 II R 49/10, BStBl II 2012, 168, Rz 47). Die steuerliche Belastungsgleichheit, die durch Art. 3 Abs. 1 GG auch grundrechtlich gewährleistet wird, ist ein Allgemeingut von herausgehobener Bedeutung (BVerfG-Beschluss vom 13. Juni 2007 1 BvR 1550/03 u.a., BVerfGE 118, 168, BStBl II 2007, 896, unter C.I.3.d bb). Bei der grundlegenden und einschneidenden Bedeutung der Besteuerung für den Staat, die Volkswirtschaft, die Einzelwirtschaften und für jeden Bürger ist es ein wesentliches Gebot der Gerechtigkeit, dass der Staat die gesetzlich vorgesehene Besteuerung auch gegenüber jedermann gleichmäßig durchzusetzen versucht und dadurch Ungleichbehandlungen und Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten Einzelner möglichst verhindert. Diese Aufgabe hat u.a. die Steuerfahndung wahrzunehmen (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1986 VII R 82/85, BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359).
c. Der Gesetzgeber ist demgemäß von Verfassungs wegen verpflichtet, zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeit des materiellen Steuergesetzes dieses in ein normatives Umfeld einzubetten, das die tatsächliche Lastengleichheit der Steuerpflichtigen gewährleistet, insbesondere auch durch die Ergänzung des Deklarationsprinzips durch das Verifikationsprinzip (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.I.2.; BVerfG-Beschluss vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II.1.). Der - auch strafrechtlich sanktionierte (§ 370 AO) - Steueranspruch des Staates begründet sich aus dem Umstand, dass der Betroffene am staatlichen Leben teilnimmt, ihm insbesondere Schutz, Ordnung und Leistungen der staatlichen Gemeinschaft zugutekommen. Ihm darf daher ein Anteil an den finanziellen Lasten zur Aufrechterhaltung des staatlichen Lebens auferlegt werden. Die Bemessung dieses Lastenanteils nach Maßstäben verhältnismäßiger Gleichheit erfordert die Angabe von Daten, die eine solche Gleichheit der Besteuerung ermöglichen. Das überwiegende Allgemeininteresse an der Offenlegung steuerlich erheblicher Angaben rechtfertigt daher Eingriffe in den durch Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 14 GG verbürgten grundrechtlichen Datenschutz, und zwar insbesondere, wenn es um Vorgänge des marktoffenbaren Erwerbs ohne besonderen persönlichkeitsgeprägten Gehalt geht (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.II.2.c). Die im Steuerrecht verankerten Auskunfts- und Anzeigepflichten sowie die Ermächtigung zur Ausschreibung von Kontrollmitteilungen (§§ 93 Abs. 1, 194 Abs. 3, 208 Abs. 1 AO) genügen den Anforderungen des grundrechtlich verbürgten Datenschutzes. Sie sind gesetzlich hinreichend bestimmt und entsprechen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.II.2.c).
d. Die Auskunftspflicht anderer Personen nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO ist wie die prozessuale Zeugenpflicht eine allgemeine Staatsbürgerpflicht und ebenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie ist Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und verstößt insbesondere nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung sind im überwiegenden Allgemeininteresse hinzunehmen, sofern diese Beschränkung auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, aus der sich ihre Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben, und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. Eine solche Regelung enthält § 93 Abs. 1 Satz 1 AO, der mit ausreichender Deutlichkeit besagt, dass Dritte unter den dort genannten Voraussetzungen zur Erteilung von Auskünften an die Finanzbehörde verpflichtet sind (BFH-Urteil vom 22. Februar 2000 VII R 73/98, BFHE 191, 211, BStBl II 2000, 366).
Dabei bildet die gesetzliche Ausgestaltung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 AO und § 355 des Strafgesetzbuchs grundsätzlich das den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Gegenstück zu den Offenbarungspflichten im Besteuerungsverfahren (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.II.2.c; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II.1.).
e. Die Finanzbehörde darf allerdings eine Auskunft von Personen, die nicht am Besteuerungsverfahren beteiligt sind, nur verlangen, wenn sie zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Pflichterfüllung für den Betroffenen möglich und seine Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar ist (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1986 VII R 82/85, BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359, unter II.4.). Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit der Auskunftserteilung ist der hohe Stellenwert des Interesses der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen Verhinderung von Steuerverkürzungen zu berücksichtigen.
f. Die Auskünfte nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO sind gemäß § 93 Abs. 3 Satz 1 AO wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben gemäß § 93 Abs. 3 Satz 2 AO Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen. Diese Unterlagen brauchen nicht in Papierform verkörpert zu sein. Die Vorschrift gilt vielmehr auch für elektronisch gespeicherte Daten. Insoweit gilt für die von § 93 Abs. 3 Satz 2 AO verwendeten Begriffe nichts anderes wie für die damit übereinstimmenden Begriffe in § 97 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 AO (BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225 m.w.N. auf das steuerrechtliche Schrifttum).
g. Nur solche Unterlagen stehen dem Auskunftspflichtigen i.S. des § 93 Abs. 3 Satz 2 AO zur Verfügung, die sich in seiner Verfügungsmacht befinden oder hinsichtlich derer er einen Herausgabeanspruch hat (BFH-Beschluss vom 13. August 2002 VII B 267/01, BFH/NV 2003, 63; BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225).
Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die sich im Herrschaftsbereich des Auskunftspflichtigen befinden, stehen ihm nicht allein deshalb nicht zur Verfügung i.S. des § 93 Abs. 3 Satz 2 AO, weil sich der Auskunftspflichtige in einem zivilrechtlichen Vertrag gegenüber einem Dritten zu deren Geheimhaltung verpflichtet hat. Die Pflicht zur Beantwortung von Auskunftsersuchen der Finanzbehörden nach dieser Vorschrift kann durch zivilrechtliche Verträge nicht wirksam ausgeschlossen oder beschränkt werden. Sie unterliegt nicht der Disposition Privater. Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, wie sie §§ 101, 102, 103 und 104 AO enthalten. Diese gesetzlichen Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte können nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen erweitert werden.
h. Diese Grundsätze gelten auch für elektronisch gespeicherte, Dritte betreffende Daten, auf die der Auskunftspflichtige berechtigterweise zugreifen kann. Die in §§ 11 bis 15a TMG enthaltenen Vorschriften über den Datenschutz gelten nach § 1 Abs. 2 TMG nicht für den Bereich der Besteuerung. Zivilrechtliche Vereinbarungen, nach denen diese Daten geheim zu halten sind, führen nicht dazu, dass sie dem Auskunftspflichtigen nicht i.S. des § 93 Abs. 3 Satz 2 AO zur Verfügung stehen. Die Rechtmäßigkeit eines Auskunftsersuchens hängt in einem solchen Fall nicht davon ab, dass der Auskunftsverpflichtete im Verhältnis zu seinen Vertragspartnern berechtigt ist, auf die Daten, in die er zur Erfüllung seiner vertraglich vereinbarten Aufgaben oder Pflichten Einsicht nehmen kann und darf, gerade auch zur Erteilung von Auskünften an Finanzbehörden gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AO zuzugreifen. Vielmehr muss er die ihm eröffneten Möglichkeiten zum Zugriff auf die Daten auch zur Erfüllung von Auskunftsersuchen von Finanzbehörden nutzen, soweit diese Auskunftsersuchen im Übrigen rechtmäßig, also insbesondere erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar sind (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl. II 2014, 225).
2. Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO, auch Sammelauskunftsersuchen der hier vorliegenden Art, darf auch die Steuerfahndungsstelle zur Ermittlung eines Sachverhalts im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ausbringen. Zu diesem Aufgabenbereich gehört nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle (§ 208 Abs. 1 Satz 2 AO; BFH-Urteil vom 16. Januar 2009 VII R 25/08, BFHE 224, 201, BStBl II 2009, 582). § 93 Abs. 1 Satz 3 AO, wonach andere Personen als die Beteiligten erst dann zur Auskunft angehalten werden sollen, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht, gilt gemäß § 208 Abs. 1 Satz 3 AO nicht, wenn die Steuerfahndung im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 AO tätig wird, also bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den in § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO bezeichneten Fällen (Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten) und bei der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 24. März 1987 VII R 30/86, BFHE 149, 404, BStBl II 1987, 484, unter 2.). Wie sich aus dem Wortlaut dieser Vorschriften ergibt, beschränkt sich die Tätigkeit der Steuerfahndung nicht auf die Ermittlung (möglicher) Steuerpflichtiger. Sie erstreckt sich vielmehr auch auf die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen bei bisher unbekannten steuerlichen Sachverhalten (BFH-Beschluss vom 21. März 2002 VII B 152/01, BFHE 198, 42, BStBl II 2002, 495, unter II.2.b aa, c aa, m.w.N.).
a. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO ergänzt die Zuständigkeit der Steuerfahndung unterhalb der Schwelle des für Ermittlungen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 AO nötigen Anfangsverdachts (BFH-Urteil vom 29. Juni 2005 II R 3/04 BFH/NV 2006, 1). Die der Finanzbehörde umfassend zugewiesene Aufgabe, sicherzustellen, dass Steuern gleichmäßig festgesetzt und erhoben, insbesondere nicht verkürzt werden (§ 85 Satz 2 AO), schreibt die Regelung der Steuerfahndung unter dem Teilaspekt der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Fälle zu (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1986 VII R 82/85, BStBl II 1988, 359). Den allgemeinen Ermittlungs- und Überwachungsauftrag kann die Finanzbehörde nur im konkreten Steuerverwaltungsverfahren gegenüber einem bereits bekannten Beteiligten (§ 78 AO) wahrnehmen. Die hierdurch auftretende Lücke schließt § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO, indem der Steuerfahndung die Aufgabe der Vorfeldermittlungen im Besteuerungsverfahren übertragen ist (vgl. Sächsisches FG Sachsen, Urteil vom 21. Juni 2006 3 K 2294/04, EFG 2006, 82).
b. Der weit gefassten Aufgabenzuweisung in § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO lässt sich nicht entnehmen, anlässlich welchen Verdachtsgrades eine Ermittlungsbefugnis anzunehmen ist. Angesichts des vorgenannten Zwecks der Vorschrift müssen die tatsächlichen Anhaltspunkte und Verdachtsmomente nicht schon den Wahrscheinlichkeitsgrad eines Anfangsverdachts des § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung begründen, da die Regelung ansonsten leer liefe (so zu Recht Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl. 2014, § 208 Rz. 15; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 12. Aufl. 2014, Rz. 40). Die für alle Verfahren gemeinsam geltende Garantie eines rechtsstaatlichen Verfahrens und der Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bilden andererseits die untere Grenze der Eingriffsbefugnis (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 208 AO Rz. 30). Die scheinbar unbegrenzte Aufgabenstellung des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO korreliert nicht mit einer unbegrenzten Befugnis zu Lasten jeden Steuerbürgers. Ermittlungen ohne konkreten Anlass, die lediglich der Ausforschung dienen, also in Blaue hinein erfolgen oder den Charakter von Rasterfahndungen haben, sind ebenso wie ähnliche Ermittlungsmaßnahmen unzulässig (vgl. Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl. 2014, § 208 Rz. 15 m.w.N.).
Dementsprechend fordert der BFH in ständiger Rechtsprechung für Nachforschungen sowohl nach unbekannten Steuerpflichtigen als auch nach bisher unbekannten steuerlichen Sachverhalten einen hinreichenden Anlass (etwa BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225). Ein solcher liegt vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte (z.B. wegen der Besonderheit des Objektes oder der Höhe des Wertes) oder aufgrund allgemeiner Erfahrung (auch konkreter Erfahrungen für bestimmte Gebiete) die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt und daher eine Anordnung bestimmter Art angezeigt ist. Für ein berechtigtes Auskunftsverlangen ist aber ausreichend, dass die Steuerfahndung im Rahmen einer Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung nach pflichtgemäßem Ermessen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auskunft zu steuererheblichen Tatsachen zu führen vermag (BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225 unter Hinweis auf BFH-Urteile vom 5. Oktober 2006 VII R 63/05, BFHE 215, 40, BStBl II 2007, 155, und in BFHE 224, 201, BStBl II 2009, 582; BFH-Beschluss in BFHE 198, 42, BStBl II 2002, 495, unter II.2.b aa; vgl. auch BVerfG-Beschluss in BVerfGE 118, 168, BStBl II 2007, 896, unter C.I.2.c bb).
Die allgemeine, in jedwedem Zusammenhang nach der Lebenserfahrung gerechtfertigte Vermutung, dass Steuern nicht selten verkürzt und steuerpflichtige Einnahmen oder Umsätze nicht erklärt werden - insbesondere wenn die Entdeckungswahrscheinlichkeit gering ist -, genügt in diesem Zusammenhang nicht, um die Ermittlungsmaßnahmen des Finanzamts als "hinreichend veranlasst" und nicht als Ausforschung "ins Blaue hinein" erscheinen zu lassen. Vielmehr ist eine über die bloße allgemeine Lebenserfahrung hinausgehende, erhöhte Entdeckungswahrscheinlichkeit Voraussetzung eines Sammelauskunftsersuchens. Es müssen also hinreichende, konkrete Anhaltspunkte bestehen, welche die Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen in besonderem Maße wahrscheinlich erscheinen lassen (BFH-Urteil in BFHE 224, 201, BStBl II 2009, 582).
II. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsgrundsätze, denen der Senat folgt, liegen die Voraussetzungen für das streitbefangenen Sammelauskunftsersuchen im Streitfall vor. Dem Beklagten steht die Befugnis zu, das streitige Auskunftsersuchen gemäß §§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 92 Satz 1 Nr. 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO an die Klägerin zu stellen.
1. Der Beklagte ist zunächst für den Erlass des vorliegenden Sammelauskunftsersuchens nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig. Die Regelung über die örtliche Zuständigkeit von Finanzämtern in § 24 AO ist insbesondere bei sog. Vorfeldermittlungen durch die Steuerfahndung anwendbar, bei denen weder ein bestimmtes Steuerschuldverhältnis noch ein bestimmter Beteiligter feststeht (BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225).
2. Der Beklagte war nicht verpflichtet, vor dem Auskunftsersuchen an die Klägerin darzustellen, dass die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten, also die jeweiligen Drittanbieter, nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Denn gemäß § 208 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 AO gilt die Einschränkung des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO, in dem diese Voraussetzung normiert ist, für die Steuerfahndung bei der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nicht.
3. Für das streitbefangene Sammelauskunftsersuchen bestand zur Überzeugung des Senats ein hinreichender Anlass im Sinne der oben genannten Rechtsprechungsgrundsätze zur Einholung der Auskünfte bei der Klägerin.
Im Rahmen einer Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung konnte der Beklagte zu Recht nach pflichtgemäßem Ermessen zu dem Ergebnis gelangen, dass die streitbefangene Auskunft zu steuererheblichen Tatsachen zu führen vermag. Es bestehen hinreichende, konkrete Anhaltspunkte, welche die Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen in besonderem Maße wahrscheinlich erscheinen lassen.
Ein hinreichendes Moment für ein Tätigwerden des Beklagten ergab sich vorliegend aus der Zusammenschau der diesem zur Kenntnis gelangten Umstände und Fakten im Zusammenhang mit den vorhandenen Erfahrungswerten beim Online-Handel. Bei der Überprüfung einer großen Zahl (bis zum Erlass des Sammelauskunftsersuchens: insges. 2.475) von niedersächsischen Nutzern eines anderen Internet-Auktions- und Handelshauses (…) hatte die niedersächsische Finanzverwaltung festgestellt, dass in rd. 40% der an die Finanzämter übergegebenen und geprüften Fälle die Nutzer ihre über diese Online-Plattform erzielten steuerpflichtigen Umsätze und Einnahmen nicht oder nicht vollständig versteuert hatten. Die darauf im Zeitraum 2002 bis 2010 entfallenden Mehrsteuern betrugen zum Zeitpunkt des Erlasses des Sammelauskunftsersuchens rund 12 Mio. €. Dieses Internet-Auktionshaus bietet seinen Nutzern ebenso wie Xy die Möglichkeit, unter selbst gewählten Mitgliedsnamen (Pseudonymen) in einer ähnlichen Struktur Waren zum Verkauf anzubieten.
Recherche- und Aufdeckungsmöglichkeiten im Einzelfall ergeben sich für den Beklagten insoweit bei Xy.de/z nur, soweit es sich um gewerbliche Verkäufer handelt, die ihrer Impressumspflicht nachkommen. Da den verwendeten Pseudonymen im Regelfall nicht angesehen werden kann, ob es sich um gewerbliche Verkäufer handelt, die ihrer Impressumspflicht nachkommen, kann der Beklagte entsprechende Erkenntnisse über die Identität des Nutzers aber nur gewinnen, wenn jeder Drittanbieter einzeln im Hinblick auf das Vorhandensein weiterer Verkäuferinformationen überprüft wird. Auch lassen sich weitere, für die Überprüfung der Erfüllung der steuerlichen Pflichten wichtige Daten wie die Umsatzhöhe, Verkaufsdatum, Art und Preis des jeweils verkauften Artikels usw. nicht ermitteln, da solche Informationen für den Beklagten nicht zugänglich sind.
Gar nicht identifiziert werden können dagegen Drittanbieter, die sich als private Verkäufer anmelden und bei denen aufgrund der Vielzahl der Verkäufe eine Überprüfung der steuerlichen Erklärungspflichten erforderlich ist. Da die Angaben im Bewertungsprofil bei Xy bei privaten Anbietern keine Ortsangaben enthalten, ist es dem Beklagten nicht möglich, solche Unternehmer zu ermitteln, die sich entgegen aller Vorschriften als private Verkäufer anmelden.
Danach besteht für den Senat ein genügender Anlass, alle auf Xy.de/z Waren anbietende Nutzer zu erfragen, die den Schwellenwert von 17.500 € im Kalenderjahr überschreiten, ungeachtet der Tatsache, ob es sich um private oder gewerbliche Händler handelt. Die vorhandenen Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Überprüfung der von … erlangten Daten lassen nicht den Schluss zu, dass nur die nicht identifizierbaren privaten Händler ihre Steuererklärungspflichten in erheblichem Maße verletzen. Die Verwendung eines Pseudonyms fördert vielmehr die Chance für alle Nutzer, nur bei Einzelfallprüfungen bzw. Zufallstreffern aufzufallen und Sanktionen zu befürchten. Angesichts der hohen Prozentzahl der steuerunehrlichen Drittanbieter bei den überprüften …-Fällen ist der Schluss gerechtfertigt, dass es sich um ein Problem des strukturellen Vollzugsdefizits im Bereich des Onlinehandels handelt, das auch die Klägerin betrifft.
Die Wahl der Erheblichkeitsschwelle, die sich an den gesetzlichen Grenzen der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung in § 19 Abs. 1 UStG orientiert, ist dabei nicht zu beanstanden (so bereits BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 26. April 2012 V R 2/11, BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634 zur Unternehmereigenschaft beim Verkauf von Gegenständen über "eBay" und BFH-Beschluss vom 21. März 2002 VII B 152/01, BStBl II 2002, 495).
Zudem hätten die erfragten Daten – auch wenn sie privat angemeldete Drittanbieter betreffen - mindestens umsatzsteuerliche Relevanz. Nach dem BFH-Urteil vom 26. April 2012 (V R 2/11, BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634) kann der Verkauf einer Vielzahl von Gegenständen über eine Internetplattform eine der Umsatzsteuer unterliegende (nachhaltige) unternehmerische Tätigkeit sein. Die Beurteilung als nachhaltig hängt danach nicht von einer bereits beim Einkauf vorhandenen Wiederverkaufsabsicht ab. Bei der laufenden Veräußerung von Gegenständen in erheblichem Umfang liegt nach der Rechtsprechung des BFH keine nur private Vermögensverwaltung vor, wenn der Verkäufer aktive Schritte zum Vertrieb der Gegenstände unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender. Es kommt danach nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige einen privaten oder einen gewerblichen Zugang zu der Internetplattform gewählt hat.
Abgesehen von den Erfahrungswerten mit dem Internet-Auktionshaus … hatte der Beklagte in 7 Einzelfällen von Xy.de/z-Nutzern einen konkreten Anlass für Auskunftsersuchen.
Insoweit war insgesamt aufgrund der branchenspezifischen Erfahrungswerte, die sich auf die Ergebnisses der überprüften Fälle bei einem anderen Internet-Auktionshaus und die Xy.de/z selbst betreffenden 7 Einzelfälle gründen, ein Verdachtsgrad erreicht, der - wie bereits der Große Senat des BFH zu § 201 AO (in der bis 1977 geltenden Fassung) entschieden hat (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 13. Februar 1968 GrS 5/67, BStBl II 1968, 365) - sog. Vorfeldermittlungen mindestens rechtfertigt, wenn nicht gar gebietet, um die vom Gesetzgeber mit der Aufgabenstellung in § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO beabsichtigte, möglichst lückenlose Verhinderung von Steuerverkürzungen zu gewährleisten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein hinreichender Anlass für Ermittlungen der Steuerfahndung zur Aufdeckung unbekannter Steuerfälle nach den §§ 93, 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO auch dann vorliegen kann, wenn bei Betriebsprüfungen Steuerverkürzungen aufgedeckt worden sind, die durch bestimmte für die Berufsgruppe typische Geschäftsabläufe begünstigt worden sind (vgl. BFH-Urteil von 5. Oktober 2006 VII R 63/05, BStBl II 2007, 155; Niedersächsisches FG, Urteil vom 27. August 2013 8 K 78/12, EFG 2014, 99; Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 17/14). Ein solcher begünstigender Geschehensablauf ergibt sich vorliegend aus der Art und Weise, wie bei Xy.de/z Verkäufe unter Pseudonym abgewickelt werden. Im Übrigen stünde sogar eine (relativ) geringe Anzahl bereits festgestellter Steuerverkürzungen – im Streitfall 7 Einzelfälle bei Xy.de/z - der Aufnahme von Vorfeldermittlungen nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil von 5. Oktober 2006 VII R 63/05, BStBl II 2007, 155).
Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse des Beklagten sind die Ermittlungsmaßnahmen auch nicht als Rasterfahndung oder Ermittlungen ins Blaue zu qualifizieren. Dem steht die (möglicher Weise) größere Zahl der von dem streitbefangenen Sammelauskunftsersuchen betroffenen Personen nicht entgegen. Denn, wie ausgeführt, liegen hinsichtlich aller der auf Internetplattformen unter Pseudonym handelnden Personen hinreichende Anhaltspunkte für ein statistisch relevantes und mehr als nur unerhebliches Nichtbefolgen der steuerlichen Erklärungspflichten vor. Von einem Generalverdacht gegen eine ganze Branche – so die Klägerin - kann danach aus Sicht des Senats keine Rede sein.
Die hiergegen von der Klägerin vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Veräußerung von Waren unter Pseudonym eine relevante Gemeinsamkeit zwischen der … und Xy.de/z. Aus der Nutzung eines Pseudonyms kann nach Überzeugung des Senats sehr wohl angesichts der vorliegenden Erkenntnisse zumindest in einer erheblichen Größenordnung die fehlende Bereitschaft abgeleitet werden, unzutreffende Steuererklärungen abzugeben (so auch Loose, jurisPR-SteuerR 33/2013 Anm. 1 unter D. unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225).
Aus der Verwendung eines Pseudonyms ist der Drittanbieter nur gegenüber S nicht anonym, weil er sich dort unter seinem Klarnamen registrieren und eine valide Kontoverbindung angeben muss. Gleichwohl wird – sofern S diese Daten nicht weitergibt – ein Vertrauen auf die Anonymität gegenüber den Finanzbehörden gebildet. Der Nutzer kann danach darauf vertrauen, dass aufgrund der durch die Verwendung von Pseudonymen weitgehend gewährleisteten Anonymität der Verkaufsvorgänge Steuern gefahrlos verkürzt werden könnten. Ein solches Vertrauen ist aber – wie der BFH bereits im ersten Rechtsgang festgestellt hat – nicht schutzwürdig. Selbst die Drittanbieter, die über ein ordnungsgemäßes Impressum verfügen, müssen nur in dem unwahrscheinlichen Falle einer Einzelfallprüfung anhand einer bestimmten Ware fürchten, als Person identifiziert zu werden. Nicht befürchten müssten sie eine Kontrolle ihrer Angaben zu Onlineumsätzen, da diese den Finanzbehörden nicht bekannt sind.
Für den Senat steht jedenfalls fest, dass ein Zurückhalten der abgefragten Nutzerdaten das Verkürzungsrisiko bzw. ein Vollzugsdefizit jedenfalls begünstigt. Der Umstand, dass – im Unterschied zu … - alle Zahlungen (Kaufpreis, Erstattung etc.) in den Streitjahren bei der S nicht unmittelbar zwischen den Drittanbietern und den Käufern, sondern ausschließlich über die S als Zahlungsdienstleister abgewickelt worden sind, steht der Annahme eines hinreichenden Anlasses abgeleitet aus den Erfahrungswerten bei … ebenfalls nicht entgegen. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass über den Xy.de/z generierte, im Inland steuerpflichtige Einnahmen der deutschen Drittanbieter nicht nur auf ein beliebiges inländisches, sondern sogar auf ausländische Bankkonten transferiert werden können. Potentiellen Steuerhinterziehern wird damit die Möglichkeit geboten, sich dem Zugriff der Finanzverwaltung durch Nutzung eines ausländischen Kontos zu entziehen. Die notwendige Verknüpfung des Pseudonyms des Drittanbieters mit einem Bankkonto gewährleistet die jeweilige Identifikation des Drittanbieters nur für S. Selbst bei Nutzung eines inländischen Kontos bestünde ein Entdeckungsrisikos eines Drittanbieters, der seinen Erklärungspflichten nicht nachkommt, nur dann, wenn eine Verknüpfung zwischen den Onlineumsätzen, der Person des Drittanbieters und seines Kontos hergestellt werden könnte. Eine solche Verbindung könnte - soweit ersichtlich - aber nur mit Hilfe der im Sammelauskunftsersuchen erfragten Daten hergestellt werden. Alles andere - Überprüfungen aller inländischen Konten mit einem gewissen Guthabenstand oder bestimmten Kontobewegungen - wäre im Übrigen sicherlich als unzulässige Ermittlung ins Blaue zu qualifizieren.
Allein der Hinweis der S auf ihre Steuerpflichten gegenüber den Drittanbietern in den Teilnahmebedingungen über die Nutzung der Drittanbieter-Plattformen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Verstöße gegen Steuererklärungspflichten werden von S weder überprüft noch sanktioniert.
4. Die erfragen Daten befinden sich nach der Überzeugung des Senats in der Verfügungsmacht der Klägerin.
Bereits im ersten Rechtsgang hatte der BFH festgestellt, dass Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die sich im Herrschaftsbereich des Auskunftspflichtigen befinden, ihm nicht allein deshalb nicht zur Verfügung i.S. des § 93 Abs. 3 Satz 2 AO stehen, weil sich der Auskunftspflichtige in einem zivilrechtlichen Vertrag gegenüber einem Dritten zu deren Geheimhaltung verpflichtet hat. Die Pflicht zur Beantwortung von Auskunftsersuchen der Finanzbehörden nach dieser Vorschrift kann danach durch zivilrechtliche Verträge nicht wirksam ausgeschlossen oder beschränkt werden. Sie unterliegt nicht der Disposition Privater. Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte bedürfen vielmehr einer gesetzlichen Grundlage, wie sie §§ 101, 102, 103 und 104 AO enthalten. Diese gesetzlichen Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte können danach nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen erweitert werden. Diese Grundsätze gelten auch für elektronische Daten.
Da der Senat dieser Rechtsprechung folgt, steht fest, dass zivilrechtliche Vereinbarungen von Geheimhaltungspflichten zwischen der Klägerin und S der Verfügung der Klägerin über die Daten nicht entgegenstehen.
Nach Aktenlage, den Auskünften der Vertreterin der Rechtsabteilung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht des Weiteren fest, dass eine grundsätzliche Zugriffsmöglichkeit der Klägerin auf die im Rahmen des streitigen Sammelauskunftsersuchen vom Beklagten erfragten Daten besteht. Eine tatsächliche Unmöglichkeit des Datenzugriffs der Klägerin ist danach nicht anzunehmen. Das ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung als Auftragsverarbeiterin gegenüber S über die Daten zwangsläufig tatsächlich verfügen musste. Anderenfalls wären auch vertragliche Regelungen hinsichtlich der unbefugten Weitergabe und Einhaltung datenschutzrechtlicher Regelungen unnötig gewesen. Der Umstand, dass es sich um auf ausländischen Servern gespeicherte, elektronische Daten handelt, steht der Verfügbarkeit ebenfalls nicht entgegen.
Nicht zuletzt hat die Klägerin das die Vorjahre 2004 und 2005 betreffende Sammelauskunftsersuchen – nach Angaben der Klägerin unter Mithilfe der S - zumindest zum Teil erfüllt und damit dokumentiert, dass ein Datenzugriff in tatsächlicher Hinsicht besteht.
Der von der Klägerin benannte Zeuge A hat zudem im Rahmen seiner Zeugenaussage klargestellt, dass er selbst als Mitarbeiter der Klägerin grundsätzlich in der Lage sei, mit seinen Möglichkeiten und Administrationsrechten die erfragten Daten – sei es auch teilweise mit zeitlich aufwendigen manuellen Einzelabfragen – zusammenzustellen. Die Verfügungsmöglichkeiten eines Mitarbeiters wie des Zeugen A sind der Klägerin zuzurechnen.
Im Zusammenhang mit der Frage der Verfügbarkeit ist ohne Bedeutung, ob der Klägerin wegen rechtlicher, technischer oder zeitlicher Beschränkungen bei der (automatisierten) Abfrage ein ggf. erheblicher Aufwand bei der Erfüllung des Sammelauskunftsersuchen entstehen würde. Ein solcher Aufwand wäre allenfalls im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten.
5. Das Sammelauskunftsersuchen genügt auch den allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen.
a. Der Beklagte hat das Auskunftsersuchen zunächst im Ausgangsbescheid vom 10. Mai 2010 und der nachfolgenden Einspruchsentscheidung ausreichend begründet (§§ 121 Abs. 1, 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO). Das Ersuchen ist auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit nichtig (vgl. hierzu Beermann/Hartmann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 93 AO Rz. 23; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schuster, AO/FGO, § 93 AO Rz. 32 ff).
aa. Das Auskunftsersuchen muss gemäß § 119 Abs. 1 AO einen bestimmbaren Inhalt haben und ist gemäß § 121 AO zu begründen. § 119 Abs. 2 Satz 1 AO bestimmt, dass anzugeben ist, über welchen Sachverhalt Auskunft gegeben werden soll. Ein solches Erfordernis ist unentbehrlich, weil der Verpflichtete den Inhalt seiner Pflicht sonst nicht erkennen kann. Eine durch unbestimmten Verwaltungsakt auferlegte Pflicht ist nicht erzwingbar (vgl. Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl. 2014, § 93 Rz. 12).
Bei unvollständigen bzw. uneindeutigen Angaben ist eine Auslegung entsprechend § 133 BGB erforderlich und zulässig. Dabei ist für die Frage, ob das Auskunftsersuchen überhaupt unklar oder mehrdeutig ist, auf das Verständnis eines Außenstehenden (Dritten) abzustellen. Ist dies der Fall, dann ist das Auskunftsersuchen so auszulegen, wie es nach seinem objektiven Erklärungsgehalt vom Betroffenen nach den ihm bekannten Umständen in seinem Verständnishorizont unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu verstehen ist (vgl. hierzu Güroff in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 115. Lieferung, Stand: 1. November 2014, § 119 AO Rz. 4 m.w.N. auf die höchstrichterliche Rechtsprechung; vgl. zur Bestimmbarkeit: BFH-Urteil vom 1. Dezember 2004 II R 10/02, BFH/NV 2005, 1365; zur Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont entsprechend §§ 133, 157 BGB siehe Niedersächsisches FG, Urteil vom 27. August 2013 8 K 78/12, EFG 2014, 99; Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 17/14).
bb. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze enthält das streitbefangene Sammelauskunftsersuchen einen bestimmbaren Inhalt.
Der entgegenstehenden Begründung der Klägerin in diesem Punkt vermag der Senat nicht zu folgen.
Im Ausgangsbescheid vom 10. Mai 2010 hat der Beklagte präzise aufgelistet, welche Daten er von der Klägerin erbittet. Das Ersuchen, Nutzer von Xy zu benennen, die ihren Wohn- oder Firmen- bzw. Geschäftssitz in Niedersachsen in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009 hatten und für mehr als 17.500 € pro Jahr Verkäufe über Xy (Z, … und …) getätigt hatten, ist insoweit nach Überzeugung des Senats bei der gebotenen verständigen Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände objektiv eindeutig bestimmbar.
Welche Nutzer von Xy gemeint sind, ergibt sich bereits aus der Zusammenschau mit dem Klammerzusatz, nämlich diejenigen, die Verkäufe über Z, … und … tätigen.
Die erfragten Angaben zu Wohn- oder Firmen- bzw. Geschäftssitz (Anschrift) in Niedersachsen können sich bei der gebotenen verständigen Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände objektiv eindeutig nur auf die Ansässigkeit in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009 beziehen. Nur solche Angaben könnten in den Datensätzen des genannten Zeitraums vorhanden sein und herausgefiltert werden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind Drittanbieter nach dem Wortlaut des Auskunftsersuchens auch bei unterjährigem Zu- oder Wegzug anzugeben, wenn in dem unterjährigen Zeitraum mit Wohn- oder Firmen- bzw. Geschäftssitz (Anschrift) in Niedersachsen die angegebene Schwelle der getätigten Verkäufe überschritten ist. Nur so kann das Ersuchen nach seinem objektiven Erklärungsgehalt von verständigen Dritten anstelle der Klägerin nach den ihm bekannten Umständen in seinem Verständnishorizont unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstanden werden.
Ein verständiger Dritte anstelle der betroffenen Klägerin kann das Auskunftsersuchen hinsichtlich des Überschreitens des Schwellenwertes von 17.500 € auch nur so verstehen, dass alle über die Xy.de/z-Plattform getätigten Verkäufe (einschl. Versandkosten) einzubeziehen sind, d.h. ungeachtet etwaiger späterer Widerrufe, Rückabwicklungen o.Ä. Solche Einschränkungen bzw. Besonderheiten sind schon nach dem Wortlaut des Ersuchens, in dem klar und eindeutig nur von „Verkäufen“ die Rede ist, nicht zu berücksichtigen.
Das Ersuchen kann von einem verständigen Dritten auch nur so aufgefasst werden, dass Angaben auch dann zu erfolgen haben, wenn der Schwellenwert nur in einem Jahr oder in zwei Jahren des genannten Zeitraums überschritten werden, da die Finanzverwaltung selbstverständlich Mehrsteuern aufgrund des Prinzips der Abschnittsbesteuerung auch für einzelne Jahre/Veranlagungszeiträume festsetzen bzw. Steuerstraftaten auch nur in einzelnen Jahren verfolgen würde bzw. müsste mit der Folge, dass ein diesbezügliches Interesse an den Daten offensichtlich ist. So hat die Klägerin auch das Sammelauskunftsersuchen für die Vorjahre 2004 – 2006 aufgefasst und auch die Daten der Drittanbieter herausgegeben, die nur in einem Jahr die Erheblichkeitsschwelle überschritten hatten.
Davon abgesehen ist auch für die Klägerin aus der Zusammenschau der Ziffern 1., 2. und 3 Buchst. a des Auskunftsersuchens klar erkennbar, dass der Beklagte zu den den Schwellenwert überschreitenden Nutzern die ggf. von diesen verwendeten weiteren Teilnehmernamen (Pseudonyme) erfahren möchte. Zu der Offenlegung der Nutzer soll die Klägerin zudem eine Einzelaufstellung der Verkäufe der jeweiligen Nutzer angeben und dazu u.a. den jeweiligen Xy-Mitgliedsnamen. Das ist aus Sicht des Senats weder unklar noch missverständlich. Der Beklagte mag zwar bei der Verwendung der Begriffe „Teilnehmername“ und „Mitgliedsname“ nicht genau im Sinne der Terminologie von Xy unterschieden haben. Dies liegt aber auch daran, dass Xy selbst – jedenfalls nicht nach außen erkennbar – diese Begriffe nicht unterscheidet.
Hinsichtlich der Bestimmbarkeit des Auskunftsersuchens bestehen danach keine Zweifel.
b. Das Auskunftsersuchen ist zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Auskunft ist für die Klägerin möglich und ihre Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar (vgl. zu diesen Kriterien: BFH-Urteil vom 4. Dezember 2012 VIII R 5/10, BStBl II 2014, 220).
aa. Die geforderten Auskünfte waren unzweifelhaft geeignet, einer möglichen Steuerverkürzung auf die Spur zu kommen. Das Auskunftsersuchen erging, um bislang nicht entdeckte Umsätze aus einem Online-Handel der Besteuerung unterwerfen zu können; dabei genügt es, dass ein solcher Erfolg möglich ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95, BStBl II 1997, 499, unter B. III. 4. a) dd)).
bb. Die Inanspruchnahme der Klägerin ist auch dem Grunde nach und hinsichtlich des Umfangs der angeforderten Daten erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar.
(1) Bei sog. Vorfeldermittlungen gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO ist zu berücksichtigen, ob der durch ein Sammelauskunftsersuchen ausgelöste Ermittlungsaufwand bei der Auskunftsperson in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung der Angelegenheit steht, insbesondere zu dem von den Ermittlungen zu erwartenden fiskalischen Ertrag; anderenfalls wäre der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt, der nicht nur verlangt, dass Auskunftsersuchen geeignet sind, das von der Finanzbehörde (rechtmäßig) festgelegte Ziel zu erreichen, und das die Belange des Auskunftspflichtigen am besten schonende Mittel zur Erreichung dieses Ziels zu wählen, sondern dass solche Ersuchen auch verhältnismäßig im engeren Sinne sind, also dem Auskunftspflichtigen auch unter Berücksichtigung der betroffenen Belange der Allgemeinheit nichts Unzumutbares abverlangt wird (BFH-Urteil vom 16. Januar 2009 VII R 25/08, BFHE 224, 201, BStBl II 2009, 582).
(2) Das streitbefangene Sammelauskunftsersuchen ist notwendig und erforderlich, denn der Beklagte kann die erfragten Daten weder selbst, noch auf andere Weise einfacher und ohne größere Belastung der Klägerin erlangen (vgl. zu den Anforderungen an die Erforderlichkeit: BFH-Urteil vom 24. März 1987 VII R 30/86, BFHE 149, 404, BStBl II 1987, 484, unter 2.). Ein milderes Mittel, das die Klägerin weniger belastet und gleich geeignet ist, ist nicht ersichtlich. Zur Überzeugung des Senats sind gegenüber dem streitbefangenen Auskunftsersuchen vergleichbar praktikable und erfolgversprechende, alternative eigene Recherchemöglichkeiten des Beklagten nicht vorhanden.
(a) Insbesondere kann der von der Finanzverwaltung zur Überprüfung des Internethandels in anderen Fällen genutzte Webcrawler XPIDER nicht zu den alternativen Recherchemöglichkeiten gezählt werden.
(aa) Dieser Webcrawler, der von der Finanzverwaltung seit 2003 verstärkt zur Fahndung nach gewerblichen Verkäufern von Internetauktionshäusern wie … eingesetzt wird, ist nach Aussage der Bundesregierung (Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage vom 6. Februar 2008, BT-Drucks. 16/7978) in der Lage, Verkaufsplattformen jedweder Art zu durchforsten, Querverbindungen zwischen An- und Verkäufen herzustellen und Abgleiche z. B. mit Handelsregistern und anderen Datenbanken vorzunehmen.
Grundlage und rechtliche Ermächtigung für diese Internet-Recherche ist das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19. Dezember 2001 verbunden mit einer Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG). So wird mit § 5 Abs. 1 Nr. 17 FVG dem Bundeszentralamt für Steuern die Aufgabe der „Beobachtung von elektronisch angebotenen Dienstleistungen zur Unterstützung der Landes-Finanzverwaltungen bei der Umsatzbesteuerung des elektronischen Handels“ zugewiesen.
Mit Hilfe des XPIDER-Systems wird das Internet nach im elektronischen Geschäftsverkehr tätigen und in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtigen Unternehmern durchsucht, die steuerlich nicht registriert sind. Das XPIDER-System ist in der Lage, automatisiert Internetseiten zu identifizieren, die anhand vorgegebener eindeutiger Merkmale auf eine unternehmerische Tätigkeit schließen lassen. Die Erkennung und Überprüfung der als „unternehmerisch tätig“ recherchierten Daten erfolgt anhand einer lernfähigen Wissensmanagementkomponente. Darüber hinaus ist das System in der Lage, Angebote und Verkäufe aus Online-Verkaufs- und Versteigerungsplattformen anbieterbezogen zu aggregieren. Durchschnittlich 100.000 Internetseiten wurden danach im Zeitraum Februar 2006 bis Januar 2008 täglich durchsucht und auf steuerlich relevante unternehmerische Aktivitäten überprüft (vgl. BT-Drucks. 16/7978 vom 6. Februar 2008).
(bb) Unter Berücksichtigung der für den Senat nachvollziehbaren und glaubhaften Darstellung des Beklagten stellt der Webcrawler XPIDER jedoch keine zu einem Sammelauskunftsersuchen alternative Recherchemöglichkeit zur Erlangung der für eine wirksame Überprüfung erforderlichen Auskünfte dar. Zunächst geht eine Überprüfung von all denjenigen (privaten und gewerblichen) Anbietern bei Xy.de/z ins Leere, die ihrer Impressumspflicht nicht nachkommen. Kommt ein gewerblicher Anbieter seiner Impressumspflicht nach, können – soweit ersichtlich – mit dem Webcrawler XPIDER keinerlei Informationen über Verkaufsdaten, Art und Preis des jeweils verkauften Artikels und die Höhe der in einem Jahr getätigten Umsätze sowie die verwendete USt.-ID.Nr. erlangt werden. Derartige Erkenntnisse lassen sich den öffentlich zugänglichen Daten auf Xy.de/z nicht entnehmen bzw. werden gar nicht zur Verfügung gestellt. Diese Informationen hält der Senat jedoch für erforderlich, um effektiv Vollzugsdefizite bei der steuerlichen Erfassung der Onlineumsätze zu vermeiden.
Die grundsätzliche Erfolgswirksamkeit des Einsatzes des Webcrawlers XPIDER wird zudem vom Bundesrechnungshof in Frage gestellt. Im November 2006 stellte der Bundesrechnungshof fest, dass es mit XPIDER „trotz mehrjähriger Datenrecherche" nicht gelang, „wirksam Personen zu identifizieren, die den Finanzbehörden Umsätze und Gewinne aus im Internet angebotenen Waren und Dienstleistungen verschwiegen haben" (BT-Drucks. 16/3200, S. 206 ff.). Zwar übermittelte XPIDER nach dem Bericht des Bundesrechnungshofes offenbar massenhaft Daten, aber die Quote der Fälle, die eine genauere Überprüfung rechtfertigten, lag nur im Promillebereich. Und bei keiner dieser Überprüfungen kam danach etwas heraus. Die gesammelten Daten waren laut Bundesrechnungshof „nicht schlüssig" und dadurch „nicht nutzbar".
(b) Die Klägerin kann den Beklagten in diesem Zusammenhang auch nicht auf Einzelabfragen verweisen.
Der Senat sieht es als höchstrichterlich geklärt an, dass die Möglichkeit manueller Einzelabfragen hinsichtlich solcher grds. identifizierbarer Nutzer der Internetplattform wegen der hohen Zahl der Abfragen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung kein praktikables alternatives Mittel zur Sachverhaltsermittlung ist (vgl. BVerfG-Beschluss vom 13. Juni 2007 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168, BStBl II 2007, 896, unter C.I.3.c; BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225). Der Beklagte hat zudem überzeugend dargelegt, dass Einzelabfragen bei xy nur über angebotene Produkte möglich sind, was die Identifizierung einzelner Drittanbieter bestenfalls im zweiten Schritt ermöglicht und damit zusätzlich erschwert. Davon abgesehen würde die Bearbeitung einer großen Zahl von nachfolgenden Einzelauskunftsersuchen die Klägerin ggf. erheblich mehr belasten als – sofern möglich - automatisierte Abfragen.
(c) Die Stellung eines Einzelauskunftsersuchens im Wege der Amtshilfe nach Luxemburg an die dort ansässige S ist zudem rechtlich nicht durchsetzbar. Ein solches Vorhaben misslingt regelmäßig, weil der inländische Beteiligte gerade nicht bekannt ist und erst identifiziert werden soll (so auch Buse, AO-StB 9/2013, 265). Im Übrigen kann ein Dritter die Auskunft grundsätzlich nicht unter Hinweis darauf verweigern, dass das Finanzamt auch andere Personen um Auskunft ersuchen könne (BFH-Urteile vom 22. Februar 2000 VII R 73/98, BStBl II 2000, 366; vom 26. August 1980 VII R 42/80, BStBl II 1980, 699).
(d) Sog. Gruppenanfragen im Rahmen des zwischenstaatlichen Informationsaustausches auf Grundlage des Art. 26 des OECD-Musterabkommens sind im Verhältnis Deutschland zu Luxemburg – soweit ersichtlich - in den Streitjahren (noch) nicht zulässig gewesen.
Am 30. September 2013 wurde zwischen Deutschland und Luxemburg ein neues Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen. In Art. 25 DBA-LUX wurde der Informationsaustausch neu geregelt. Es wurde eine sogenannte „große Auskunftsklausel“ nach neuem OECD-Standard in das DBA aufgenommen. In dieser wird die Gruppenanfrage zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Jedoch wurden Gruppenanfragen als neuer OECD Standard in der Neukommentierung des OECD-Musterabkommens 2010 durch die OECD festgesetzt. Das neue DBA gilt jedoch erst ab 1. Januar 2014. Damit stand das Mittel der Gruppenanfrage zum Zeitpunkt des Erlasses des Sammelauskunftsersuchens dem Beklagten gar nicht zur Verfügung.
Davon abgesehen gilt auch hier, dass ein Dritter die Auskunft grundsätzlich nicht unter Hinweis darauf verweigern kann, dass das Finanzamt auch andere Personen um Auskunft ersuchen könne.
Das Auskunftsersuchen war damit auch notwendig, um das vom Beklagten rechtmäßig festgelegte Ziel zu erreichen, weil er sich die geforderten Angaben nicht auf amtlichem Wege oder sonst einfacher hatte beschaffen können (vgl. Schuster in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 93 AO Rz. 66).
(3) Auch eine Unzumutbarkeit ist für den Senat nicht zu erkennen.
Nach Überzeugung des Senats ist die Erfüllung des streitbefangenen Auskunftsersuchens nicht deshalb für die Klägerin unzumutbar, weil sie sich dadurch einer Verletzung des luxemburgischen Datenschutzrechts und daraus resultierender Sanktionen aussetzen würde.
Es kann dabei dahinstehen, ob das luxemburgischen Datenschutzgesetz über Art. 3 Abs. 2 Buchst. b auf die Klägerin überhaupt anwendbar ist. Der Wortlaut des von der Klägerin angeführten Art. 21 des luxemburgischen Datenschutzgesetzes steht jedenfalls einer Herausgabe der vom Beklagten angefragten personenbezogenen Daten nicht entgegen.
Nach dieser Vorschrift dürfen Personen, die dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder seinem Auftragsverarbeiter unterstellt sind, sowie der Auftragsverarbeiter selbst, und die Zugang zu Daten haben, diese nur auf Anweisung des für die Verarbeitung Verantwortlichen verarbeiten, es sei denn es bestehen gesetzliche Pflichten. Danach ist also die Zustimmung oder Anweisung der Dateieigentümerin dann nicht erforderlich, wenn gesetzliche Pflichten eine Herausgabepflicht konstatieren. In gleicher Weise kommt dies auch in Art. 19 („Ausnahmen“) Abs. 1 Buchst. d sowie Art. 5 Abs. 1 Buchst. a (Zulässigkeit der Datenverarbeitung) luxemburgisches Datenschutzgesetz zum Ausdruck, wonach eine Übermittlung von Daten in ein Drittland zulässig ist, wenn dies „gesetzlich vorgeschrieben ist“ bzw. die Verarbeitung der Daten vorgenommen werden kann, wenn „sie erforderlich ist für die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung“. Eine solche gesetzliche Verpflichtung der Klägerin als Dritte zur Herausgabe der personenbezogenen Daten ergibt sich vorliegend eindeutig aus der gesetzlichen Vorschrift des § 93 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO, sofern – wovon der Senat ausgeht – ein rechtmäßiges Auskunftsersuchen vorliegt. Im Übrigen könnte die S als Dateneigentümerin der Herausgabe jederzeit zustimmen, wie es bereits bei Erfüllung des Auskunftsersuchens für 2004 und 2005 tatsächlich erfolgt ist.
Der Senat sieht nach alledem schon keine „Bedrohung“ durch etwaige Sanktionen wegen Verstoßes gegen das luxemburgische Datenschutzrecht.
Unabhängig davon hat der BFH zu Recht entschieden, dass eine finanzbehördliche Aufforderung an einen inländischen Steuerpflichtigen zur Erteilung von Auskünften über ihn selbst betreffende, im Ausland verwirklichte Sachverhalte auch dann (völkerrechtlich) zulässig bleibt, wenn die Erteilung der Auskunft in dem ausländischen Staat unter Strafe gestellt ist. So kann z.B. ein inländisches Unternehmen dem finanzbehördlichen Auskunftsersuchen um Mitteilung der die Verrechnungspreise von Leistungen im Verhältnis zu seinem ausländischen Mutterunternehmen betreffenden Umstände nicht entgegen halten, dass die Erteilung der Auskunft gegen eine Strafvorschrift des Sitzstaates des Mutterunternehmens verstößt (BFH-Urteil vom 16. April 1980 I R 75/78, BFHE 133, 19, BStBl II 1981, 492). Dasselbe gilt für die finanzbehördliche Aufforderung an ein inländisches Unternehmen zur Offenlegung seiner Geschäftsbeziehungen zu einem im Ausland ansässigen Unternehmen, um die Frage zu klären, ob es sich dabei um eine Zwischengesellschaft im außensteuerrechtlichen Sinne handelt (BFH-Urteil 16. April 1986 I R 32/84, BFHE 147, 14, BStBl II 1986, 736). In dieser Hinsicht greift der Grundsatz, dass der deutsche Gesetzgeber etwaige – auch strafrechtliche – Auswirkungen eines Auskunftsverbotes nach ausländischem Recht grundsätzlich nicht gegen sich gelten lassen muss und wegen der drohenden Sanktionierung der Verletzung dieses Verbotes durch ausländische Behörden mit seinem nach deutschem Recht berechtigten Auskunftsverlangen nicht zurückzustehen braucht (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 28. September 2007 6 K 202/04, EFG 2008, 426 betr. Unzumutbarkeit eines Benennungsverlangens; FG München, Urteil vom 25. Juli 2012 4 K 2675/09, EFG 2012, 2224, Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 29/13; Verfahren ausgesetzt wegen Vorlage zum EuGH, dortiges Az: C-522/14 betr. Erbschaftsteuerliche Anzeigepflicht inländischer Kreditinstitute für ihre unselbständigen ausländischen Zweigstellen). Die extraterritoriale Wirkung von hoheitlichen (hier: finanzbehördlichen) Maßnahmen im Inland ist daher zulässig, wenn sie zur Durchsetzung des Steueranspruchs des Staates gegen inländische Steuerpflichtige notwendig ist.
Selbst wenn die Herausgabe der im Rahmen des Auskunftsersuchens erbetenen personenbezogenen Daten also einen strafbewährten Verstoß gegen das luxemburgische Datenschutzgesetz darstellte, könnte ein solcher danach nicht zur Unrechtmäßigkeit eines solchen Sammelauskunftsersuchens führen.
(4) Der durch das streitbefangene Sammelauskunftsersuchen ausgelöste Ermittlungsaufwand bei der Klägerin steht in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere dem von den Ermittlungen zu erwartenden fiskalischen Ertrag (Zweck-Mittel-Verhältnis). Im Ergebnis hat damit der Beklagte auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt.
Grundsätzlich gilt, dass ein an sich geeignetes und erforderliches Mittel zur Durchsetzung von Allgemeininteressen nicht angewandt werden darf, wenn die davon ausgehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen schwerer wiegen als die durchzusetzenden Interessen (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 2012 VIII R 5/10, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 220).
Die bisherigen Erkenntnisse und Erfahrungen der Finanzverwaltung mit anderen Internethandelsplattformen zeigen, dass bei einer erheblichen Anzahl von Fällen bei der Überprüfung festgestellt wurde, dass Angaben über Online-Umsätze entweder gar nicht oder der Höhe nach unzutreffend erklärt worden sind. Dabei handelt es sich um eine erhebliche Größenordnungen: 40 % der bei … geprüften Fälle haben bis Mai 2010 zu Mehrsteuern von rd.12 Mio. € geführt. Diese Erkenntnisse lassen den Schluss zu, dass bei einem Online-Handel unter Verwendung von Pseudonymen ein strukturelles Vollzugsdefizit besteht. Ein solches strukturelles Vollzugsdefizit ist dem Gesetzgeber zuzurechnen, so dass auch Maßnahmen durchgeführt werden dürfen, die zu einer gleichmäßigen Besteuerung führen. Zu diesen Maßnahmen zählt auch die Abfrage von Internetauktions- und Handelshäusern. Diese Belange der Allgemeinheit überwiegen bei Weitem den durch das Sammelauskunftsersuchen ausgelösten Ermittlungsaufwand bei der Klägerin.
So ist es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den Mitarbeitern der Klägerin über eine automatisierte Abfrage möglich, die Registrierungsdaten der Drittanbieter (Name, Adresse, Einzahlungskonto, Auszahlungskonto, E-Mail-Adresse) ab November 2013 abzurufen. Unterstellt man die Zugangsberechtigung für einen automatisierten Zugriff auf die Registrierungsdaten vor November 2013, die von M oder S erteilt werden könnte, erfordert nach der Aussage des Zeugen A die Ermittlung aller Händler, die im Streitzeitraum 2007 bis 2009 in Niedersachsen mit einer niedersächsischen Adresse angemeldet waren, einen zeitlichen Aufwand im Bereich von max. mehreren Stunden. Auch die Ermittlung der jeweiligen aktuellen Verkäufernamen und die Zuordnung von Telefon- und E-Mail-Daten sind danach innerhalb weniger Stunden möglich. Der Zeuge schätzte – für den Fall, dass den Mitarbeitern der Klägerin keine Berechtigung für Sammelentschlüsselungen erteilt wird - den Aufwand für die vorzunehmenden Einzelentschlüsselungen für die verschlüsselten Bankverbindungen und Kreditkartennummern auf jeweils zusammen 2 Minuten pro Verkäufer. Zudem bestätigte der Zeuge, dass alle Bestellungen von den ermittelten Drittanbietern ebenfalls in ein paar Stunden aus einer Datenbank „gezogen“ werden könnten.
Aufgrund der Zeugenaussage geht der Senat davon aus, dass bei Erteilung aller Zugangsberechtigungen für automatisierte Abfragen und Aufhebung von Laufzeitbeschränkungen für Abfragen ein Ermittlungsaufwand von lediglich mehreren Stunden entstehen würde.
Der Senat geht zwar davon aus, dass bei Weigerung der Erteilung der Berechtigungen für Zugang und Abhebung der Laufzeitsperren infolge der dann erforderlich werdenden manuellen Einzelabfragen ein erheblich höherer Aufwand (nach der Zeugenaussage bis zu 45 Minuten pro Einzelabfrage) entstehen würde. Da aber die Zahl der betroffenen niedersächsischen Drittanbieter nicht feststeht, war es dem Zeugen A nicht möglich, den Ermittlungsaufwand insoweit insgesamt schätzweise anzugeben. Allein die Klägerin wäre in der Lage gewesen, durch die ihr mögliche automatisierte Abfrage bis November 2013 mit geringem Aufwand zumindest eine Größenordnung der niedersächsischen Drittanbieter zu ermitteln, die eine sachgerechte Schätzung erlaubt hätte. Ohne die Mitwirkung der Klägerin in diesem Punkt kann der Senat wegen der Abhängigkeit von der Zahl der Drittanbieter nicht feststellen, in welcher Größenordnung ein Gesamtermittlungsaufwand bei der Klägerin durch solche Einzelabfragen entstehen würde. Damit hat die Klägerin einen erheblichen Ermittlungsaufwand nicht dargelegt bzw. nachgewiesen. Dabei musste die Klägerin über konkrete Informationen über den Umfang des entstehenden Aufwands aus der Erfüllung des Auskunftsersuchens für den Zeitraum 2004 und 2005 entweder selbst verfügen oder diese leicht über die S beschaffen können.
Davon abgesehen ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass – wie die Beweisaufnahme ergeben hat - ein erhöhter Ermittlungsaufwand nur dann entstehen würde, wenn innerhalb des Xy-Konzerns die Mutter- oder Schwestergesellschaft Zugriffsrechte für mögliche automatisierte Abfragen und die Aufhebung von Laufzeitsperren verweigern. Dieser Umstand relativiert im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die Bedeutung dieses Ermittlungsaufwands.
Ungeachtet dessen können nach der Überzeugung des Senats konzerninterne, organisatorische Abreden zwischen Konzerngesellschaften wie die Beschränkung von Administrationsrechten in tatsächlicher oder zeitlicher Hinsicht einem rechtmäßigen Sammelauskunftsersuchen ebenso wenig entgegengehalten werden wie privatschriftliche Geheimhaltungsvereinbarungen.
Schließlich ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass die auskunftspflichtige Klägerin für ihre Heranziehung zu Beweiszwecken nach § 107 Satz 1 AO auf Antrag eine Entschädigung oder Vergütung in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und –Entschädigungsgesetzes erhalten kann. Damit wird im Ergebnis der auskunftspflichtigen Klägerin auch unter Berücksichtigung der betroffenen Belange der Allgemeinheit, insbesondere der Beseitigung des Vollzugsdefizits, nichts Unzumutbares abverlangt (BFH-Urteil vom 16. Januar 2009 VII R 25/08, BFHE 224, 201, BStBl II 2009, 582).
(5) Das Auskunftsersuchen ist auch zumutbar und verhältnismäßig unter Berücksichtigung der geschäftlichen Interessen der Klägerin.
Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang geltend, dass sie im Interesse ihrer Kunden, zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten mit diesen sowie zur Vermeidung von Einbußen von Marktanteilen nicht zur Auskunft bereit sei.
Nach Überzeugung des Senates kann von einer unverhältnismäßigen Belastung der Kunden der Klägerin nicht ausgegangen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Daten, die die Klägerin dem Beklagten aufgrund des Auskunftsersuchens übermittelt, dem Steuergeheimnis (§ 30 AO) unterliegen und daher die von der Abfrage betroffenen Kunden durch die Offenbarung der Daten gegenüber dem Beklagten im Regelfall – abgesehen von den möglichen steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Folgen – nicht belastet werden. Bereits im ersten Rechtsgang hatte der BFH festgestellt, dass das etwaige Vertrauen der betroffenen Nutzer darauf, dass aufgrund der durch die Verwendung von Pseudonymen weitgehend gewährleisteten Anonymität der Nutzer Steuern gefahrlos verkürzt werden könnten, nicht schutzwürdig ist. Aus diesem Grunde können auch etwaige Rechtsstreitigkeiten mit den Nutzern wegen der preisgegebenen Daten im Rahmen der Abwägung unberücksichtigt bleiben. Ob sich bei Erfüllung des Auskunftsersuchens tatsächlich Einbußen in Form von Verlusten von Marktanteilen für die Klägerin ergeben, wird schlicht nur behauptet. Letztlich ist für den Senat lediglich überzeugend, dass Nutzer, die von vornherein Umsätze aus dem Online-Handel nicht oder nicht vollständig erklären wollen, die Internethandelsplattform bei Kenntnis von dem Offenlegen der Daten gegenüber der Finanzverwaltung wechseln. Die Einbußen, die durch solche von vornherein steuerunehrlichen Nutzer entstehen, gehören ebenfalls zu den Belangen, die nicht schutzwürdig sind. Im Rahmen der Abwägung mit den vom Beklagten zu wahrenden Rechtsgütern der Allgemeinheit, insbesondere dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, müssen die von der Klägerin genannten geschäftlichen Interessen damit zurücktreten.
6. Bereits im ersten Rechtsgang hat der BFH festgestellt, dass sich die Klägerin im Hinblick auf die Abfrage der Konto- und Kreditkartendaten zu Unrecht auf § 30a AO beruft.
7. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht ihr vorliegend auch kein gesetzliches Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht zu. Insbesondere ergibt sich ein solches nicht aus § 103 AO i.V.m. § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG.
a. Personen, die nicht Beteiligte und nicht für einen Beteiligten auskunftspflichtig sind, können die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen ihrer Angehörigen (§ 15 AO) der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.
b. Das Auskunftsverweigerungsrecht des § 103 Satz 1 AO setzt voraus, dass der für eine Auskunft in Anspruch genommene Dritte oder einer seiner Angehörigen (§ 15 AO) durch die Beantwortung einer Frage der Finanzbehörde Gefahr läuft, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. In Betracht kommt dabei jede Straftat oder Ordnungswidrigkeit. Eine Beschränkung auf steuerrechtliche Delikte sieht das Gesetz nicht vor. Das Auskunftsverweigerungsrecht ist sachlich beschränkt auf solche Fragen, deren Beantwortung eine Verfolgungsgefahr für den Auskunftsverpflichteten oder seinen Angehörigen begründet („gegenständlich beschränktes Auskunftsverweigerungsrecht“). Auskünfte, bei denen eine solche Gefahr nicht besteht, müssen erteilt werden. Es muss die objektive Gefahr bestehen, dass die Auskunftsperson oder einer ihrer Angehörigen auf Grund der von ihr geforderten Auskunft auf eine bestimmte Frage wegen einer früher begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt wird. Eine reine subjektive Gefahrenvermutung ohne tatsächliche Grundlage reicht nicht aus. Vielmehr müssen objektiv vorliegende Umstände aufzeigen, dass eine Verfolgung tatsächlich möglich ist und eine Auskunftserteilung dafür kausal wäre (vgl. von den vorstehenden Ausführungen: Schindler in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Stand 1. Juni 2013, § 103 AO Rz. 5. ff).
c. Nach § 43 Abs. 2 BDSG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig (Nr. 1) unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhebt oder verarbeitet, (Nr. 2) unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens bereithält, und (Nr. 3) unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, abruft oder sich oder einem anderen aus automatisierten Verarbeitungen oder nicht automatisierten Dateien verschafft.
d. Im Streitfall ist von einen Auskunftsverweigerungsrecht infolge eines bei Erfüllung des Auskunftsersuchens unbefugten Abrufens personenbezogener Daten nicht auszugehen.
Nach § 4 BDSG ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift sind personenbezogene Daten beim Betroffenen zu erheben. Ohne seine Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden, wenn eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt oder die zu erfüllende Verwaltungsaufgabe ihrer Art nach oder der Geschäftszweck eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich macht oder die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden.
Wegen der gesetzlich verordneten Auskunftspflicht gemäß §§ 208, 93 Abs. 1 Satz 1 AO ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten entgegen der Auffassung der Klägerin nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BDSG – jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall des rechtmäßigen Sammelauskunftsersuchens – ohne Weiteres zulässig (FG Hamburg, Urteil vom 18. April 2013 1 K 89/12, EFG 2013, 1195 für den Fall eines Sammelauskunftsersuchens an einen Verein der Versicherungswirtschaft, der Daten zu Versicherungsvertretern erhebt). Die im Steuerrecht verankerten Auskunfts- und Anzeigepflichten sowie die Ermächtigung zur Ausschreibung von Kontrollmitteilungen (§§ 93 Abs. 1, 194 Abs. 3, 208 Abs. 1 AO) genügen den Anforderungen des grundrechtlich verbürgten Datenschutzes. Sie sind gesetzlich hinreichend bestimmt und entsprechen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.II.2.c).
Danach sind keine objektiven Umstände ersichtlich, nach denen eine Strafverfolgung tatsächlich möglich und eine Auskunftserteilung dafür kausal wäre.
Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 2 FGO.
C. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO nicht gegeben waren. Insbesondere war eine Zulassung im Hinblick auf das ebenfalls die Rechtsmäßigkeit eines Sammelauskunftsersuchens betreffende, bereits beim BFH anhängige und unter dem Az. II R 17/14 geführte Revisionsverfahren (Vorinstanz: Niedersächsisches FG, Urteil vom 27. August 2013 8 K 78/12, EFG 2014, 99) nicht geboten, da Gegenstand dieses Verfahrens die Zulässigkeit eines an ein Presseunternehmen gerichtetes Sammelauskunftsersuchens ist und der BFH im vorliegenden ersten Rechtsgang die grundsätzlichen Anforderungen an die Zulässigkeit eines Sammelauskunftsersuchens der Steuerfahndung zu Daten der Nutzer einer Internethandelsplattform bereits höchstrichterlich geklärt hat.