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Steuerrecht
20.06.2013
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Verlustberücksichtigung bei Veräußerung einer Inhaberschuldverschreibung

FG Düsseldorf, Urteil vom 16.4.2013 - 13 K 3011/11 E

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Verlust aus der Veräußerung einer Inhaberschuldverschreibung (IHS), deren Rückzahlung nur teilweise garantiert war und von der Wertentwicklung dreier internationaler Aktienkörbe abhing, bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG berücksichtigt werden kann.

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger erwarb am 29.6.2007 fünf Stück „Lehman Brothers Securities NV Call 4.11.2008 Gl.Bk.Perf. Notes" zum Preis von 45.727,50 € (Kurswert insgesamt 228.637,50 €). Am 11.10.2007 machte der Kläger von diesen Optionen Gebrauch und bezog eine IHS mit der Bezeichnung „Lehman Brothers Treasury Co. B.V. EO-FLR Basket Lkd MTN 2007 (09)" im Nennwert von 250.000 €. Für die Ausübung der Optionen wurde eine Zuzahlung von 25.000 € fällig. Die IHS wies folgende Merkmale auf:

-          Es handelte sich um eine Anleihe mit variablem Zinssatz (sog. „Floating Rate Note"). Der Zinssatz war abhängig von der Wertentwicklung dreier internationaler Aktienkörbe. Die Zinshöhe belief sich mindestens auf 10% des 12-Monats Euribor. Für den Fall, dass keine Barriere berührt wurde, betrug der Zins 15% des 12-Monats Euribor.

-          Als Fälligkeitstermin der IHS war der 5.1.2009 vereinbart.

-          Die Rückzahlung war ebenfalls abhängig von der Entwicklung dreier internationaler Aktienkörbe bis zum Bewertungsstichtag (31.12.2008). Nach einer in den Emissionsbedingungen beschriebenen Formel betrug der Rückzahlungsbetrag mindestens 14,5% und maximal 117,5% des Nominalwertes.

Am 18.12.2007 veräußerte der Kläger die IHS zu einem Preis von 36.125 €.

Im Rahmen der gemeinsamen Einkommensteuererklärung der Kläger machte der Kläger einen Verlust in Höhe von 217.512,50 € bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend, der sich wie folgt ermittelte:

Wertpapierkauf Gl.Bk.Perf.Notes

29.6.2007

228.637,50

Ausübung von Optionsscheinen, Entnahme Gl.Bk.Perf. Notes und Depoteinlieferung EO-FLR Basked Lkd. MTN

11.10.2007

25.000,00

Wertpapierverkauf EO-FLR Basket Linked MTN

18.12.2007

-36.125,00

Verlust

 

217.512,50

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Kläger mit Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 18.5.2009 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. Den bei § 20 EStG geltend gemachten Verlust aus der Veräußerung der IHS berücksichtigte das FA nicht. Es wies in den Erläuterungstexten darauf hin, dass der Kläger zwei getrennt voneinander zu behandelnde Wirtschaftsgüter erworben habe, nämlich zum einen fünf Optionsrechte und zum anderen die IHS in Höhe des Nominalbetrages von 250.000 €. Zu Einkünften aus Kapitalvermögen könne nur das Entgelt für die Überlassung von Kapital zur Nutzung führen. Die Optionsrechte würden dagegen nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen können. Überschüsse oder Verluste hieraus seien den §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG alter Fassung zuzuordnen. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG seien nach der Marktrendite zu ermitteln. Danach werde von den Einnahmen aus der Veräußerung das Entgelt für den Erwerb abgezogen. Die Einnahmen aus der Veräußerung betrügen 36.125 € und entsprächen im wesentlichen dem garantierten, also nicht risikobehafteten Rückzahlungsbetrag. Das Entgelt für den Erwerb setze sich aus den Werten der Optionsrechte zuzüglich der Zuzahlung von 25.000 € zusammen. Da die Werte der Optionsrechte nicht nachgewiesen werden könnten, seien sie zu schätzen. Bei der Schätzung sei zu beachten, dass sich der Emittent im Oktober 2007 noch nicht in finanziellen Schwierigkeiten befunden habe, es jedoch absehbar gewesen sei, dass sich die Aktien des Aktienkorbs bis zum Bewertungsstichtag negativ entwickeln würden. Es werde daher ein Wert i.H.v. 224.137 € geschätzt. Somit ergäbe sich ein Entgelt für den Erwerb i.H.v. 249.137 € (25.000 € + 224.137 €). Weil aber nur i.H.v. 14,5 % eine Kapitalrückzahlungsgarantie ausgesprochen worden sei, könne nur ein Betrag i.H.v. 36.125 € (14,5 % von 249.137 €) in Ansatz gebracht werden. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen würden sich daher im Ergebnis auf 0 € (36.125 € abzgl. 36.125 €) belaufen. Bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften sei für die Optionsrechte ein Verlust von 4.500 € anzusetzen, der sich aus der Gegenüberstellung der Anschaffungskosten i.H.v. 228.637 € und dem geschätzten Wert bei Ausübung von 224.137 € ergebe. In Bezug auf die IHS ergebe sich ein Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. 213.012 €, der sich aus der Differenz zwischen 213.012 € (Anschaffungskosten + Zuzahlung 249.137 € x 85,5%) und dem risikobehafteten Rückzahlungsbetrag von 0 € ergebe. Insgesamt ergäben sich daher Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. -217.512 €, die nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlägen.

Dagegen legten die Kläger fristgemäß Einspruch ein. Am 8.10.2009, 10.2.2010 und am 10.6.2011 ergingen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide. Die Änderungen betrafen hier nicht relevante Streitpunkte. Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 28.7.2011, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage. Zur Begründung nehmen die Kläger auf ein Schreiben der „D-Bank" vom 19.3.2010 Bezug. Darin führt die „D-Bank" u.a. aus, dass nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtige Kapitalerträge vorlägen, wenn die Kapitalrückzahlung zugesagt, aber die Zahlung eines Entgelts dem Grunde und der Höhe nach ungewiss sei (Alt. 1), oder die Kapitalrückzahlung nicht zugesagt sei, aber den Gläubiger für die Kapitalüberlassung ein Entgelt zugesagt oder gewährt werde, wobei die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängen könne (Alt. 2). Wenn zumindest eine der beiden Alternativen erfüllt sei, liege keine nicht steuerbare Vermögensanlage mit spekulativem Charakter vor. Hier lägen jedenfalls die Voraussetzungen der zweiten Alternative vor, da die IHS mit einem variablen Zinskupon ausgestattet sei. Auf die Frage, ob eine Kapitalrückzahlung in voller Höhe oder nur teilweise zugesagt sei, komme es für Zwecke der Qualifizierung als sonstige Kapitalforderung daher nicht mehr an. Insoweit komme auch eine Unterteilung in einen garantierten und eine nicht garantierten Teil, wie dies der BFH in seinem Urteil vom 4.12.2007 VIII R 53/05 (BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563) gefordert habe, nicht in Betracht. Der BFH habe in seiner Entscheidung geurteilt, dass - soweit nicht schon die zweite Alternative vorliege - nur derjenige Teil als Kapitalforderung angesehen werden solle, für den die Emittentin eine Rückzahlung zusage. In dem dem BFH-Urteil zu Grunde liegenden Sachverhalt habe die Emittentin ein Entgelt weder zugesagt noch gewährt. Darüber hinaus habe sie lediglich die Rückzahlung eines Teils des Kapitals zugesagt. Den Teil, für den eine Kapitalrückzahlung nicht zugesagt oder gewährt worden sei, habe der BFH als nicht steuerbare Vermögensanlage mit spekulativem Charakter behandelt. Demgegenüber sei die hier in Rede stehende IHS mit einem variablen Zinskupon ausgestattet gewesen, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen der zweiten Alternative gegeben seien und es sich bereits insoweit um eine Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG handle. Für eine Aufteilung der Kapitalforderung in einen steuerpflichtigen und einen der Vermögensebene zuzuordnenden Anteil bleibe somit kein Raum.

Für die weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Schreiben der „D-Bank" vom 19.3.2010 sowie die Schriftsätze der Kläger vom 25.8.2011 und vom 22.1.2012 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 10.6.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.7.2011 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (an Stelle des bisher berücksichtigten Verlustes gem. § 23 EStG) ein Verlust in Höhe von 217.512,50 € berücksichtigt wird.

Das FA beantragt,

              die Klage abzuweisen.

Dass es sich bei der vorliegenden IHS um eine Finanzinnovation handle, sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Nichts anderes ergebe sich aus dem Schreiben der „D-Bank" vom 19.3.2010. Entsprechend der Regelungen in den BMF-Schreiben vom 22.12.2009 und vom 17.6.2008 seien die Erträge aus den Optionsscheinen im Umfang der Rückzahlungszusage als Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu behandeln. Die Rückzahlungsgarantie habe sich auf 14,5 % belaufen. Die Berechnung der Einkünfte ergebe sich aus den Erläuterungen zum Einkommensteuerbescheid vom 18.5.2009. Die von der „D-Bank" vertretene Auffassung, dass die negativen Erträge in voller Höhe berücksichtigungsfähig seien, weil es irrelevant sei, ob die Rückzahlung des Kapitalvermögens ganz oder nur teilweise gesichert sei, werde durch die oben zitierten BMF-Schreiben nicht gedeckt.

Darüber hinaus sei der Verlust aus der IHS i.H.v. 217.512,50 € auch mangels Einkunftserzielungsabsicht nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Der für die Totalüberschussprognose maßgebliche Zeitraum beginne im Streitfall nicht mit dem Erwerb der Optionsscheine, sondern es sei auf den Zeitpunkt der Ausübung der Optionen und damit auf die Anschaffung der IHS abzustellen. Dieser Zeitpunkt liege aber stets nach dem Tag, an dem die Barriere erreicht sei. Im Fall kombinierter Optionsscheine werde das Bezugsrecht zwecks Geltendmachung negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen erst dann ausgeübt, wenn bei der zugehörigen IHS der negative Kapitalertrag feststehe. Der Prognosezeitraum ende mit der Fälligkeit der IHS. Zum Zeitpunkt der Anschaffung sei vorliegend das Szenario B bereits eingetreten gewesen, da die untere Schwelle unterschritten gewesen sei. Damit habe festgestanden, dass den Kläger aus diesem Geschäft ein Verlust in Höhe von ungefähr 217.187 € treffen werde.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 10.6.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.7.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Das FA hat den geltend gemachten, nach der Marktrendite gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelten Verlust aus der Veräußerung der IHS mit Recht nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt.

1. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung umfassen die Einkünfte aus Kapitalvermögen u.a. auch die Einnahmen aus der Veräußerung oder Abtretung von Schuldverschreibungen, Schuldbuchforderungen und sonstigen Kapitalforderungen mit Zinsscheinen oder Zinsforderungen, wenn Stückzinsen nicht besonders in Rechnung gestellt werden oder bei denen die Höhe der Erträge von einem ungewissen Ereignis abhängt, soweit sie der rechnerisch auf die Besitzzeit entfallenden Emissionsrendite entsprechen. Haben die Wertpapiere und Kapitalforderungen keine Emissionsrendite oder weist der Steuerpflichtige sie nicht nach, gilt der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung als Kapitalertrag (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Dies gilt für die Einlösung der Wertpapiere und Kapitalforderungen bei Endfälligkeit entsprechend (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 4 EStG).

2. Die hier maßgebliche IHS gehört zu den sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dem Kläger war zum einen ein Entgelt für die Überlassung des Kapitals in Gestalt einer Verzinsung zugesagt, so dass jedenfalls die zweite Alternative des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG („Entgelt zugesagt") erfüllt ist. Dass die Höhe des Entgelts von der Wertentwicklung der unterlegten Aktienkörbe abhängig war, ist gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 2. Alt., letzter Halbsatz EStG unbeachtlich. Zum anderen sind auch die Voraussetzungen der ersten Alternative des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG („Rückzahlung zugesagt") erfüllt, da auch eine Kapitalrückzahlung zugesagt war. Nach der Rechtsprechung des BFH reicht hierfür eine teilweise Zusage der Kapitalrückzahlung, hier in Höhe von 14,5%, aus (vgl. etwa BFH-Urteil vom 4.12.2007 VIII R 53/05, BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563 unter II.1.d bb).

3. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c EStG sind ebenfalls erfüllt. Es handelt sich um den Fall der Veräußerung einer sonstigen Kapitalforderung mit Zinsforderung, bei der die Höhe der Erträge von einem ungewissen Ereignis abhängt. Im Streitfall war die Höhe der Verzinsung von der Entwicklung der unterlegten Aktienkörbe abhängig und konnte entweder 10% des 12-Monats-Euribor oder 15% des 12-Monats-Euribor betragen.

4. Die hier zu beurteilende IHS hat wegen der Abhängigkeit sowohl der Höhe des Entgelts als auch der Rückzahlung von ungewissen Ereignissen keine Emissionsrendite. Emissionsrendite ist die von dem Emittenten von vornherein, d.h. bei der Begebung einer Anlage, zugesagte Rendite, die bis zur Einlösung des Papiers bzw. bei Endfälligkeit einer Forderung mit Sicherheit (mindestens) erzielt werden kann (vgl. etwa BFH-Urteil vom 26.6.2012 VIII R 40/10, abrufbar in juris, unter II.3.). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG liegen daher vor, so dass grds. als Kapitalertrag der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb der IHS und den Einnahmen aus der Veräußerung derselben, die sog. Marktrendite, zu erfassen ist.

5. Es handelt sich auch nicht um eine sog. unechte Finanzinnovation, die zwar keine Emissionsrendite aufweist, bei der aber eine Trennung von Ertrags- und Vermögensebene möglich und daher nach der Rechtsprechung des BFH eine Besteuerung nach der Marktrendite nicht gerechtfertigt ist. Der BFH hat insoweit - über den Gesetzeswortlaut hinausgehend - die Besteuerung nach der Marktrendite eingeschränkt (vgl. etwa BFH-Urteile vom 4.12.2007 VIII R 53/05, BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563 unter II.2.; vom 13.12.2006 VIII R 79/03, BFHE 216, 187, BStBl II 2007, 562 unter II.2.), da wegen der damit verbundenen Einbeziehung von realisierten Wertänderungen des Stammrechts, die eigentlich der Vermögenssphäre zuzuordnen sind, der Einkünftedualismus durchbrochen wird. Der BFH sieht diese Besteuerungsform daher als Ausnahmefall an, die vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nur dann gerechtfertigt ist, wenn angesichts der Ausgestaltung der Finanzinnovation eine untrennbare Vermischung von Vermögens- und Kapitalnutzungsebene gegeben ist.

Im Streitfall kann das Kapitalnutzungsentgelt nicht eindeutig von der zu realisierenden Wertentwicklung des Kapitalstamms abgegrenzt werden, da die IHS nur mit einem geringen, nicht marktgerechten Zins ausgestattet war und es dem Anleger daher zur Renditeerzielung darauf ankommen musste, einen verdeckten Zinsertrag durch einen über dem Nennwert liegenden Rückzahlungsbetrag zu erzielen (hier maximal 117,5%).

6. Ein Ansatz der Marktrendite scheidet gleichwohl im Ergebnis deshalb aus, weil nach der Ausgestaltung der IHS eindeutig feststeht, dass es sich bei der Differenz zwischen dem Nominalbetrag und dem Veräußerungserlös nicht um ein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung, sondern um einen teilweisen Ausfall des Kapitalstamms handelt.

Der Senat macht sich insoweit die Grundsätze zu eigen, die der BFH in seiner Entscheidung zu den Indexzertifikaten mit Garantiezusage aufgestellt hat (BFH-Urteil vom 4.12.2007 VIII R 53/05, BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563). In dieser Entscheidung ist der BFH, nachdem er zuvor in einem ersten Schritt die Untrennbarkeit von Kapitalnutzungsentgelt und Vermögensebene bei derartigen Zertifikaten bejaht hat, in einem zweiten Schritt davon ausgegangen, dass der Gesetzeszweck es erfordere, solche Überschüsse nicht als Kapitalertrag zu behandeln, bei denen nach der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung eindeutig feststehe, dass es sich auch bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht um ein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung handeln könne (vgl. BFH-Urteil vom 4.12.2007 VIII R 53/05, BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563 unter II.2.d). Positive und negative Erträge aus der Wertentwicklung des hingegebenen Kapitals seien daher auch dann nicht als Marktrendite zu besteuern, wenn sie sich nach der Ausgestaltung der Kapitalanlage klar von einem vereinbarten Nutzungsentgelt abgrenzen lassen würden (vgl. BFH-Urteil vom 4.12.2007 VIII R 53/05, BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563 unter II.2.d). Diese Rechtsauffassung führte im Fall der Indexzertifikate dazu, dass der BFH den Gewinn aus der Veräußerung nur insoweit den Einkünften aus Kapitalvermögen zugeordnet hat, als der Kläger aufgrund der Garantiezusage kein Risiko eines Kapitalausfalls eingegangen ist (vgl. zu den Einzelheiten der Berechnung BFH-Urteil vom 4.12.2007 VIII R 53/05, BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563 unter II.2.e).

Übertragen auf den Streitfall folgt hieraus, dass die IHS gedanklich in zwei Anlagekomponenten zu unterteilen ist. In Höhe des zugesagten Mindestrückzahlungsbetrags wird Kapitalvermögen zur Nutzung überlassen, während der nicht abgesicherte Teil des Kapitals im Hinblick auf ein Geschäft mit spekulativem Charakter geleistet wird. Da es sich, anders als in dem vom BFH entschiedenen Fall, jedoch vorliegend um einen Verlustfall handelt, bedarf es keiner Aufteilung des erzielten Verkaufspreises von 36.125 € auf den Risikobereich und den risikolosen Bereich (so bereits Jachmann, BB 2007, 1137, 1142, gl.A. Geurts DStZ 2008, 177, 180). Vorliegend entspricht der erzielte Kaufpreis - mit Ausnahme einer geringen Abweichung, die offenbar einer verdeckten Verkaufsgebühr zuzuordnen ist - dem Betrag, zu dem die Rückzahlung zugesagt war. Der erzielte Verlust ist daher in voller Höhe dem Risikobereich zuzuordnen.

Der Argumentation des Klägers, dass die Grundsätze des BFH-Urteils vom 4.12.2007 VIII R 53/05 (BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563) allein in den Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 1. Alt EStG, also bei einer nur teilweise zugesagten Rückzahlung, zur Anwendung kommen könnten, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zwar trifft es zu, dass der betreffenden BFH-Entscheidung ein Fall zugrunde lag, in dem kein Entgelt zugesagt war. Hieraus kann aber nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass dann, wenn zusätzlich - wie hier - ein Entgelt zugesagt ist, keine Aufteilung vorgenommen werden darf. Da auch in der Alternative „Entgelt zugesagt" eine dahingehende Ausgestaltung der Anleihe möglich ist, dass ein gänzlicher oder teilweiser Verlust des Kapitalstamms eintreten kann, ist keine unterschiedliche Behandlung beider Fallgruppen gerechtfertigt (so auch das Schleswig-Holsteinische FG in seinem Urteil vom 1.7.2011 2 K 190/09, EFG 2011, 1892 unter I.1.). 

7. Da eine Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bereits aus den vorgenannten Gründen ausgeschlossen ist, bedurfte es keiner weiteren Erörterung der vom FA aufgeworfenen Frage, ob eine solche Verlustberücksichtigung auch wegen fehlender Einkunftserzielungsabsicht ausgeschlossen wäre. 

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 1 Nr. 2 FGO. Der Senat hält die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts für geboten, da gegen das Urteil des BFH vom 4.12.2007 VIII R 53/05 (BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563) in der Literatur auch Kritik vorgetragen worden ist (vgl. etwa Elicker, Steuerberatung 2011, 438, Geurts, DStZ 2008, 177; Haisch/Oberhofer, DStR 2008, 1178).

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