FG Münster: Verbilligte Veräußerung von GmbH-Anteilen
FG Münster, Urteil vom 2.10.2014 – 14 K 3691/11 E
Sachverhalt
Streitig ist, ob die beherrschende Gesellschafterin einer GmbH, deren Geschäftsführer im Streitjahr 2003 unter anderem der Kläger war, eine Beteiligung an dieser GmbH verbilligt an eine andere GmbH, deren Alleingesellschafter der Kläger ist und die bereits an der unter anderem von dem Kläger geführten GmbH beteiligt war, veräußert hat und ob der Beklagte zu Recht die seiner Meinung nach bestehende Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert der veräußerten Beteiligung als dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Arbeitslohn behandelt hat.
Der Kläger ist verheiratet und wurde für das Streitjahr von dem Beklagten zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt.
Im Streitjahr war der Kläger – wie auch schon in den Jahren seit ihrer Gründung – einer der Geschäftsführer der A GmbH.
Die A GmbH, deren Geschäftsjahr jeweils am 01.05. eines Jahres beginnt und am 30.04. des darauf folgenden Jahres endet, war in 1994 gegründet worden. Ihr Stammkapital belief sich im Streitjahr – wie auch schon bei ihrer Gründung – auf 76.693,78 Euro (= 150.000 DM). Gründungsgesellschafter waren die B GmbH mit einem Anteil am Stammkapital von 85 % (= 127.500 DM), der neben dem Kläger zum weiteren Geschäftsführer der A GmbH bestellte Herr C mit einem Anteil von 10 % (= 15.000 DM) sowie der Kläger mit einen Anteil vom 5 % (= 7.500 DM). Nach dem Gesellschaftsvertrag in seiner zu Beginn des Streitjahres maßgeblichen Fassung gewährten jeweils … DM der eingezahlten Stammeinlage eine Stimme. Für den Fall einer Veräußerung von Geschäftsanteilen oder von Teilen von Geschäftsanteilen war vereinbart, dass den Gesellschaftern, die mindestens 5% des Stammkapital hielten, ein Vorkaufsrecht in dem Verhältnis zustand, in welchem die Nennbeträge ihrer Stammeinlagen zueinander stehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag in seiner zu Beginn des Streitjahres maßgeblichen Fassung verwiesen.
Herr C veräußerte seine Beteiligung an der A GmbH im Jahre 1997 an die B GmbH. Darüber hinaus schied er auch als Geschäftsführer der A GmbH aus.
Noch im gleichen Jahr wurde daraufhin Herr D zum (weiteren) Geschäftsführer der A GmbH bestellt. Dieser erwarb von der B GmbH einen 5 %-Anteil an der A GmbH, den er im Jahre 1999 zunächst in einen Anteil von 3 % und einen Anteil von 2 % aufteilte. Anschließend veräußerte er den 2 %-Anteil an den bereits in 1998 zum (weiteren) Geschäftsführer bestellten Herrn E. Den verbliebenden Anteil von 3 % veräußerte er sodann in 2000 bei seinem Ausscheiden als Geschäftsführer der A GmbH an die B GmbH zurück, die ihrerseits wiederum an den im Jahre 2000 zum (weiteren) Geschäftsführer der A GmbH bestellten Herrn F einen Anteil von 0,99 % veräußerte.
Bereits in 1998 hatte auch der Kläger einen (weiteren) Anteil an der A GmbH, und zwar in Höhe von 2,5 %, von der B GmbH zum Preis von 12.962,81 DM erworben, diesen allerdings bereits im Jahre 2000 wieder an die B GmbH zum Preis von 111.216,70 DM zzgl. Zinsen zurückverkauft.
Im Rahmen einer bei dem Kläger durchgeführten Außenprüfung wurde dieser Vorgang aufgegriffen. Aufgrund seiner im Verlauf der Prüfung getroffenen Feststellungen gelangte der mit ihrer Durchführung beauftragte Prüfer zu der Auffassung, dass der Wert des von dem Kläger erworbenen 2,5 %-Anteils tatsächlich 29.177,00 DM betragen habe und die Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem von ihm (dem Prüfer) angenommenen tatsächlichen Wert der Beteiligung in Höhe von 16.714,19 DM als von dem Kläger noch zu versteuernder Arbeitslohn zu qualifizieren sei.
Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung an und erließ für 1998 einen entsprechenden Änderungsbescheid. Über den dagegen von dem Kläger eingelegten Einspruch wurde nach Angaben des Beklagten bislang nicht entschieden.
Bereits im Jahre 2000 hatte der Kläger zudem die G GmbH gegründet und 100 % des Stammkapitals der Gesellschaft in Höhe von … Euro übernommen. Gegenstand der G GmbH ist das Halten von Beteiligungen an Unternehmen aller Art und das Ausüben von Leitungsfunktionen.
In die von ihm gegründete G GmbH brachte der Kläger mit notariell beurkundetem Beschluss vom 20.12.2001 seinen bislang im Privatvermögen gehaltenen 5 %-Anteil an der A GmbH zum Teilwert ein, der sich ausweislich einer von ihm bei der Firma H GmbH in Auftrag gegebenen Wertermittlung vom 12.12.2001 auf insgesamt 375.000 DM (= 191.734,50 Euro) belief. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Wertermittlung der H GmbH vom 12.12.2001 verwiesen.
In der Folge verhandelte der Kläger – ausweislich der eigenen Angaben des Beklag- ten – mit der B GmbH über den Erwerb weiterer Anteile an der A GmbH. Nach Abschluss dieser Verhandlungen erwarb sodann die G GmbH von der B GmbH mit Vertrag vom 18.12.2003 – mit Gewinnbezugsrecht ab 01.05.2003 – weitere 10 % der Anteile an der A GmbH, an der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die B GmbH zu 93,02 %, die G GmbH zu 5 % und die Herren E und F zu 0,99 % beteiligt waren, zum Kaufpreis von 200.000 Euro.
In dem Vertrag vom 18.12.2003 vereinbarten die Vertragsparteien unter anderem für den von der G GmbH erworbenen (weiteren) Anteil eine Stimmrechtsbindung. Zudem verpflichtete sich die G GmbH, die erworbenen Anteile an die B GmbH oder einen von dieser benannten Dritten unter anderem dann zu verkaufen und zu übertragen, wenn der Kläger als Geschäftsführer aus der A GmbH ausscheiden, sein Amt niederlegen oder er aus einem wichtigen, nicht von der B GmbH zu vertretenen Grund abberufen werden sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 18.12.2003 Bezug genommen.
Unmittelbar vor Vertragsschluss hatten die Gesellschafter der A GmbH im Rahmen einer Gesellschafterversammlung deren Satzung zudem dahingehend geändert, dass die Einziehung von Geschäftsanteilen unter anderem auch dann zulässig sein sollte, „wenn der Gesellschafter oder Herr I als unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafter eines Gesellschafters oder als Treugeber eines Geschäftsanteiles eines Gesellschafters verstirbt.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der notariellen Urkunde vom 18.12.2003 protokollierten Gesellschafterbeschlüsse verwiesen.
In der Folge, jedoch ebenfalls noch im Dezember 2003, erwarb auch ein weiterer Mitgeschäftsführer der A GmbH, Herr J, einen Anteil an der A GmbH in Höhe von 0,99 % von der B GmbH zum Preis von 20.000 Euro.
Den beiden Vertragsschlüssen vorausgegangen war eine Bewertung des Unternehmens der A GmbH auf den 30.04.2003 durch die K AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Danach beliefen sich der Substanzwert des Unternehmens der A GmbH am 30.04.2003 auf 704.186 Euro, sein Ertragswert auf 2.408.438 Euro und sein sich daraus ergebender Mittelwert auf 1.556.312 Euro. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bewertung der K AG vom 31.10.2003 verwiesen.
Im Jahre 2006 begann das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (im Folgenden: GKBP) L mit einer erneuten Außenprüfung bei dem Kläger.
Im Rahmen dieser Prüfung gelangte die mit ihrer Durchführung beauftragte Prüferin im Hinblick auf das von ihr als zutreffend erachtete Gutachten der H GmbH und aufgrund der – ihrer Meinung nach – Fehlerhaftigkeit des Gutachtens der K AG zu der Auffassung, dass der tatsächliche Wert des von der G GmbH erworbenen 10 %-Anteils erheblich über dem vereinbarten Kaufpreis gelegen habe, mithin die B GmbH diesen Anteil (wiederum) erheblich verbilligt an die von dem Kläger beherrschte G GmbH veräußert habe. Ein daraufhin von ihr eingeschalteter Fachprüfer der GKBP M kam in einer von ihm durchgeführten Unternehmensbewertung dann auch zu dem Ergebnis, dass der Wert des von der G GmbH mit Vertrag vom 18.12.2003 erworbenen 10 %-Anteils ausgehend von einem Wert des Unternehmens der A GmbH von 4.245.000 Euro sowie unter Berücksichtigung einer werterhöhend anzusetzenden „Kontrollprämie“ von 25.000 Euro am 30.04.2003 rund 450.000 Euro betragen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von dem Fachprüfer der GKBP M erstellte Wertermittlung vom 10.04.2007 verwiesen.
Dieser von dem Fachprüfer der GKBP M erstellten Unternehmensbewertung schloss sich auch die Prüferin an. Die A GmbH jedoch vermochte der Berechnung des Fachprüfers nicht zu folgen. Sie erteilte daher der N AG (im Folgenden: N AG) mit Schreiben vom 13.11.2007 den Auftrag, nochmals den Wert ihres Unternehmens, und zwar auf den 01.05.2003, zu ermitteln. Die N AG kam in ihrer Wertermittlung zu dem Ergebnis, dass der Wert des Unternehmens der A GmbH am 01.05.2003 lediglich 2.442.500 Euro betragen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Wertermittlung der N AG vom 27.11.2007 verwiesen.
Dieser Wertermittlung vermochte sich wiederum die Prüferin nicht anzuschließen, da die N AG ihrer (der Prüferin) Auffassung nach bei ihrer (der N AG) Wertermittlung von Daten ausgegangen sei, die sich anders als die von der H GmbH verwandten Daten gerade nicht bestätigt hätten.
Vor diesem Hintergrund sowie im Hinblick darauf, dass die B GmbH – so die Feststellungen der Prüferin – mit Ausnahme des in 2002 nur für wenige Monate zum Geschäftsführer der A GmbH bestellten Herrn O, jedem Geschäftsführer der A GmbH, nicht aber den anderen Mitarbeitern der A GmbH ermöglicht hatte, Anteile an dieser zu erwerben, sah die Prüferin in der verbilligten Überlassung des 10 %-Anteils von der B GmbH an die G GmbH in Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis (200.000 Euro) und dem Wert der Beteiligung (450.000 Euro), mithin in Höhe in von 250.000 Euro, eine dem Kläger von Seiten der B GmbH zugeflossene Lohnzahlung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tz. 2.7 des Prüfungsberichts vom 18.05.2009 verwiesen.
Der Beklagte folgte der Rechtsansicht der Prüferin und setzte mit Bescheid vom 02.11.2009 gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau die Einkommensteuer für das Streitjahr unter Zugrundelegung von Einkünften des Klägers aus nichtselbstständer Arbeit i. H. v. … Euro auf … Euro fest. Zugleich hob er den bislang bestehenden Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Hiergegen richtet sich die von dem Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage.
Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Beklagte die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung aus anderen Gründen geändert und mit Bescheid vom 05.04.2013 die Einkommensteuer für das Streitjahr auf … Euro heraufgesetzt.
Der Kläger behauptet, dass Herr O nicht der einzige Geschäftsführer gewesen sei, dem keine Anteile angeboten worden seien bzw. der die ihm angebotenen Anteile abgelehnt habe. Es habe auch keine Gesetzmäßigkeit dahingehend gegeben, dass ausschließlich Geschäftsführern Anteile angeboten worden seien. So seien Herr F und Herr J zum Zeitpunkt des Erwerbs von Anteilen Prokuristen gewesen. Es seien allerdings nicht jedem Prokuristen oder Geschäftsführer Anteile angeboten worden.
Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beklagte zu Unrecht von einem verbilligten Erwerb des 10%-Anteils durch die G GmbH ausgegangen sei. Denn die Wertermittlung, auf die sich der Beklagte stütze, verstoße gegen die nach § 19a des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Streitjahr noch anzuwendende Regelung in § 11 Abs. 2 Satz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) und sei zudem völlig ungeeignet, Zweifel an der Maßgeblichkeit des vereinbarten Kaufpreises zu begründen. Denn nach den genannten Normen sei im Streitfall der Wert der übertragenen Beteiligung zwingend nach dem sog. Stuttgarter Verfahren zu ermitteln. Eine Berechnung des Werts des Unternehmens der A GmbH nach diesem Verfahren ergebe jedoch nur einen Unternehmenswert i. H. v. 1.846.000 Euro.
Unabhängig davon habe der Beklagte darüber hinaus aber auch die von ihm (dem Beklagten) ermittelte Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und den von ihm (dem Beklagten) angenommenen Wert des von der G GmbH erworbenen 10 %-Anteils – ebenfalls zu Unrecht – als ihm (dem Kläger) im Streitjahr zugeflossenen Arbeitslohn qualifiziert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Klägers in seinen Schriftsätzen vom 23.01.2012, 14.05.2012 und 28.08.2012 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
in Abänderung des Bescheides vom 05.04.2013 die Einkommensteuer für das Streitjahr 2003 herabzusetzen und dabei die von ihm im Streitjahr erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur noch mit einem um 250.000,00 Euro verminderten Betrag anzusetzen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er ist der Auffassung, dass er zu Recht davon ausgegangen sei, dass der vereinbarte Kaufpreis nicht den wahren Wert der von der G GmbH erworbenen Beteiligung an der A GmbH widerspiegele, sondern dieser höher als der vereinbarte Kaufpreis gewesen sei.
Darüber hinaus sei er ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass die Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem höheren Wert der Beteiligung als dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Arbeitslohn zu behandeln sei. Zwar habe die B GmbH mit der Veräußerung des 10 %-Anteils an der G GmbH Vorgaben der kreditierenden Banken, die Eigenkapitalquote innerhalb des Unternehmens zu steigern, erfüllt und zugleich entsprechend den eigenen Vorstellungen den Verkauf von Anteilen an sachfremde Investoren vermieden. Gleichwohl ergebe sich aus der vertraglichen Gestaltung des Verkaufs an die G GmbH eine enge wirtschaftliche Verknüpfung mit dem Dienstverhältnis des Klägers.
Demgegenüber sei eine Motivation, aus der heraus die B GmbH einen in erheblichem Maße verbilligten Verkauf an eine in erster Linie vermögensverwaltenden Kapital-gesellschaft verfolgt haben könnte, augenscheinlich nicht zu erkennen.
Etwas anderes könne insbesondere auch nicht daraus hergeleitet werden, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses seit knapp zwei Jahren Rechtsbeziehungen zwischen der B GmbH und der G GmbH als Mitgesellschafter der A GmbH bestanden hätten. Diese Beziehungen schlössen jedenfalls für sich allein nicht den für die Annahme von Arbeitslohn erforderlichen Bezug zum Arbeitsverhältnis des Klägers bei der A GmbH aus.
Auch der von dem Kläger vorgetragene Gesichtspunkt, der Anteilsverkauf habe für die B GmbH Finanzierungsfunktion gehabt, stehe der Annahme einer beruflichen Veranlassung der Vorteilsgewährung nicht entgegen. Die Verfolgung eines derartigen Eigeninteresses der B GmbH lasse „den Entlohnungszweck der verbilligten Übertragung der Anteile nicht in den Hintergrund treten“.
Der danach in der verbilligten Überlassung der Beteiligung an die G GmbH zu sehende Arbeitslohn sei dem Kläger zudem im Streitjahr zugeflossen. Denn für die Frage des Zuflusses von Arbeitslohn sei es nicht entscheidend, dass dieser dem Arbeitnehmer persönlich zugeflossen sei. Es reiche vielmehr durchaus aus, dass dieser einer dem Arbeitnehmer nahestehenden juristischen Person – im Streitfall der G GmbH – zugeflossen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 16.04.2012, 29.06.2012 und 22.08.2014 sowie die von ihm vorgelegten Steuerakten verwiesen.
Der Senat hat am 02.10.2014 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet.
Der Senat geht vor dem Hintergrund, dass nach übereinstimmender Auffassung beider Beteiligten der (Teil-)Wert des von dem Kläger in 2001 in die G GmbH eingebrachten 5%-Anteils von der H GmbH zutreffend mit 191.734,50 Euro ermittelt wurde und dass er auch nicht zu erkennen vermag, dass und wodurch sich der Wert des Unternehmens der A GmbH bis zur Veräußerung des 10%-Anteils im Streitjahr wesentlich vermindert haben könnte, zwar davon aus, dass der Wert des von der G GmbH im Streitjahr erworbenen 10%-Anteils erheblich über dem Wert des vereinbarten Kaufpreises gelegen hat. Die Frage, welchen Wert dieser Anteil bei seiner Veräußerung denn nun tatsächlich hatte, bedarf im Streitfall jedoch letztlich keiner Entscheidung. Denn auch wenn im Streitfall eine verbilligte Veräußerung anzunehmen ist, so hat der Beklagte zu Unrecht die dann bestehende Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert des veräußerten Anteils als dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Arbeitslohn behandelt und gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beim Kläger der Einkommensbesteuerung unterworfen.
Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (vgl. u. a. Urteil vom 26.06.2014 – VI R 94/13, DB 2014, 1907 m. w. N.), der der erkennende Senat folgt, gehören zu den § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unterfallenden Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis „für“ das zur Verfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Davon, dass einem Arbeitnehmer Vorteile „für“ eine Beschäftigung gewährt werden, kann allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn die gewährten Vorteile durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind, mithin der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.
Damit kann auch der verbilligte Erwerb einer Beteiligung, etwa von GmbH-Anteilen, zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 EStG führen, wenn der Vorteil hieraus dem Arbeitnehmer „für“ seine Arbeitsleistung gewährt wird (vgl. Urteil des BFH vom 07.05.2014 – VI R 73/12, BFH/NV 2014, 1291).
Arbeitslohn kann nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 26.06.2014 – VI R 94/13, a. a. O.), der der erkennende Senat wiederum folgt, ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt „für“ eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist allerdings, dass die Zuwendung des Dritten nicht nur im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht, sondern sich für den Arbeitnehmer auch als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber darstellen muss.
Auch Zahlungen an einen Dritten können als steuerbare Einnahme des Arbeitnehmers zu beurteilen sein. Eine derartige Drittzuwendung ist dem Arbeitnehmer immer dann als Arbeitslohn zuzurechnen, wenn ihm über den Dritten ein Vorteil für geleistete bzw. zu leistende Dienste zugewendet wird (vgl. Urteil des BFH vom 07.05.2014 – VI R 73/12, a. a. O.).
Arbeitslohn liegt demgegenüber allerdings dann nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Entsprechendes gilt auch, wenn die Zuwendung auf anderen Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Dritten gründet. Solche Rechtsbeziehungen zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass diese auch selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen könnten. Als derartige Zuwendungen aufgrund von Sonderrechtsbeziehungen kommt u. a. die Veräußerung von Sachen oder Rechten – z. B. auch einer kapitalmäßigen Beteiligung am Arbeitgeber oder an einem anderen Unternehmen – in Betracht. Der Arbeitnehmer nutzt in diesem Fall sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkunftserzielung (vgl. Urteil des BFH vom 21.05.2014 – I R 42/12, DB 2014, 2084).
Ob eine Zuwendung durch das bestehende bzw. ein künftiges Dienstverhältnis veranlasst und damit als Arbeitslohn zu beurteilen ist oder ob diese Zuwendung aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichteinkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, ist – auch in den Fällen einer Zuwendung durch einen oder an einen Dritten – stets aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Die persönlichen Auffassungen und Einschätzungen der an der Zuwendung Beteiligten sind insoweit unerheblich (vgl. Urteil des BFH vom 26.06.2014 – VI R 94/13, a. a. O.).
Bei der danach vorzunehmenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Regelfall ein Arbeitsverhältnis durch einen Leistungsaustausch zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber geprägt ist und der Umstand, dass ein Dritter einen Teil der Entlohnung des Arbeitnehmers übernimmt, die Ausnahme ist. Die Zuwendung eines Dritten ist daher nur dann als Arbeitslohn zu qualifizieren, wenn der Veranlassungszusammenhang zwischen der Vorteilsgewährung und der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers eindeutig ist. Dies gilt umso mehr, wenn eine von dem Arbeitsverhältnis unabhängige Rechtsbeziehung zwischen dem Dritten und dem Arbeitnehmer besteht (vgl. Urteils des Finanzgerichts München vom 28.10.2011 – 8 K 3176/08, EFG 2012, 456) oder wenn – wie im Streit- fall – Zuwendungen eines Dritten an einen Dritten zu beurteilen sind.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann in der Veräußerung des 10 %-Anteils an der A GmbH von der B GmbH an die G GmbH – auch wenn sie verbilligt erfolgt ist – keine durch das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der A GmbH veranlasste Zuwendung gesehen werden.
Zwar besteht nach dem Inhalt des Vertrages vom 18.12.2003 zwischen der Veräußerung der Beteiligung von der B GmbH an die G GmbH und dem Arbeits-verhältnis des Klägers bei der A GmbH durchaus ein Zusammenhang. Dass insoweit jedoch ein Veranlassungszusammenhang – geschweige denn ein eindeutiger – besteht, vermag der Senat allerdings nicht festzustellen.
Abgesehen davon, dass ein Vergleich der Höhe des dem Kläger nach – jedenfalls ursprünglicher – Auffassung des Beklagten zugewandten Vorteils (250.000 Euro) mit dem an den Kläger im Streitjahr von der A GmbH gezahlten Arbeitslohn (7.633,67 Euro) es bereits als äußerst zweifelhaft erscheinen lässt, ob sich für den Kläger der ihm nach Auffassung des Beklagten von der B GmbH zugewandte Vorteil tatsächlich noch als Frucht seiner als Arbeitnehmer für die A GmbH erbrachten bzw. noch zu erbringenden Leistungen darstellen musste, spricht gegen das Vorliegen eines Veranlassungszusammenhangs, dass die G GmbH schon vor Erwerb des 10 %-Anteils an der A GmbH beteiligt war und mit dem Vertrag vom 18.12.2003, dem nach eigenem Bekunden des Beklagten Verhandlungen vorausgegangen waren und mit dem die B GmbH zudem Wünschen ihrer kreditgebenden Banken entsprach, eine eigenständige Rechtsgrundlage für den Anteilserwerb durch die G GmbH geschaffen wurde. Dabei darf insbesondere auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der G GmbH allein schon aufgrund ihrer Eigenschaft als (Mit-)Gesellschafterin der A GmbH – zumal wenn der Kläger als ihr Alleingesellschafter von einem (weiteren) Erfolg des finanziellen Engagements bei der A GmbH überzeugt war – durchaus auch ein anerkennenswertes, von dem Arbeitsverhältnis des Klägers bei der A GmbH unabhängiges eigenes wirtschaftliches Interesse an einer Aufstockung ihrer Beteiligung zuzubilligen ist. Gegen einen Veranlassungszusammenhang der von dem Beklagten angenommenen Vorteilsgewährung mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers bei der A GmbH spricht schließlich aber auch, dass die von dem Kläger beherrschte G GmbH anders als die übrigen natürlichen Personen, an die die B GmbH Anteile an der A GmbH veräußert hat und die zuvor bei dieser zwar beschäftigt, jedoch an dieser nicht beteiligt waren, einen wesentlich höheren Anteil an der A GmbH von der B GmbH erwerben konnte und die B GmbH mit der Veräußerung des 10%-Anteils an die G GmbH – im Unterschied zu ihren Veräußerungen von Anteilen an bei der A GmbH beschäftigte Personen, jeweils auch insoweit eine verbilligte Veräußerung unterstellt – der G GmbH einen wirtschaftlichen Vorteil zugewandt hat, der im Falle seiner Realisierung durch (Rück-)Veräußerung der erworbenen Beteiligung steuerverhaftet war und ist.
Da danach eine verbilligte Veräußerung des 10 %-Anteils von der B GmbH an die G GmbH schon nicht als eine als Arbeitslohn des Klägers zu qualifizierende Vorteilsgewährung angesehen werden kann, bedarf die Frage, ob dem Kläger dieser Vorteil überhaupt im Streitjahr zugeflossen ist, keiner Entscheidung.
Die Berechnung der nach Maßgabe der vorstehenden Entscheidung für das Streitjahre festzusetzenden Einkommensteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Beklagten übertragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.