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Steuerrecht
23.02.2012
Steuerrecht
FG Münster: Unentgeltliche Verpachtung bei Betriebsaufspaltung

FG Münster, Urteil vom 11.1.2012 - 10 K 4592/08 E

Sachverhalt

Zu entscheiden ist, ob die mit dem Verpachtungsbetrieb im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben nach § 3c Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) zur Hälfte zu kürzen sind, da die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung durchgeführte Verpachtung in den Streitjahren unentgeltlich erfolgte.

Die Klägerin wurde in den Streitjahren 2002 bis 2006 mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann, Herrn A.... K....., zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Ehemann der Klägerin war mehrheitlich an der Fa. K..... Bau GmbH (im Folgenden: GmbH) beteiligt und verpachtete - zeitlich unbefristet - Teile des Grundstücks, G.... 39, sowie bewegliche Anlagegüter an die GmbH. Insoweit besteht, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, eine Betriebsaufspaltung.

Der Pachtvertrag vom 02.01.1995 sieht u.a. die folgenden Regelungen vor:

§ 1 Der Vermieter vermietet an die Mieterin im Wege der Betriebsausspaltung

Maschinen und Geräte, Fahrzeuge, Gebäude- und Grundstücksteile, Know-How und Firmenwert. (....)

§ 3 Die Mieterin verpflichtet sich, alle Maschinen und Geräte pfleglich zu be-

handeln. Schäden, welche durch unsachgemäße Bedienung verursacht werden, gehen zu Lasten der Mieterin. Den laufenden Unterhalt und Reparaturen trägt die Mieterin. (....)

§ 6 Der Mietpreis für Büro, Halle und Lagerplatz beträgt 60.000 DM, für Fuhr-

park, Einrichtungen, Maschinen und Firmenwert beträgt er 240.000 DM jährlich und ist in monatlichen Teilbeträgen bis zum 20. eines jeden Monats zu entrichten. (....)

§ 7 Der Mietpreis ist neu festzusetzen, wenn sich der Anschaffungswert der

vermieteten Gegenstände durch Zu- oder Abgang um mehr als 20% verändert und wenn neben der linearen oder degressiven AfA Sonder-AfA in Anspruch genommen wird.

Der Pachtvertrag wurde in der Folgezeit mehrfach geändert.

Mit dem Nachtrag vom 28.12.1996 wurden die Pachtzahlungen für das Kalenderjahr 1997 auf insgesamt 240.000 DM und für das Kalenderjahr 1998 auf insgesamt 160.000 DM herabgesetzt. Zudem wurde § 7 ersatzlos aufgehoben.

Am 13.12.1999 und 28.12.2000 vereinbarten die Vertragsparteien jeweils unter erneuter Änderung des § 6 für das Kalenderjahr 2000 eine Pacht in Höhe von insgesamt 60.000 DM (Nachtrag vom 13.12.1999) und für das Jahr 2001 eine Pacht in Höhe von insgesamt 40.000 DM (Nachtrag vom 28.12.2000).

Am 29.12.2001 wurde aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage der GmbH beschlossen, dass auf die Pachtzahlungen ab dem Jahr 2002 vorübergehend verzichtet werde. Der Verzicht wurde in einer weiteren Vereinbarung, die ebenfalls auf den 29.12.2001 datiert, jedoch in einer anderen Schriftart ausgefertigt wurde, dahingehend ergänzt, dass die Pacht nachgezahlt werde, wenn der Verlustvortrag aufgebraucht und das gezeichnete Kapital wieder vorhanden sei.

Auf den Pachtvertrag vom 02.01.1995 sowie dessen Änderungen wird Bezug genommen.

Entsprechend der letztgenannten Änderung des Pachtvertrages zahlte die GmbH ab dem Jahr 2002 keine Pacht an den Ehemann der Klägerin. Eine Forderung wegen der insoweit nachzuzahlenden Pacht wurde in den Bilanzen des Verpachtungsbetriebes in den Streitjahren nicht ausgewiesen. Nach den Angaben der Klägerin werden seit dem Kalenderjahr 2008 wieder Pachtzahlungen erbracht.

Ausweislich der Bilanz zum 31.12.2001 erzielte die GmbH in Jahr 2000 einen Gewinn in Höhe von 2.917,03 DM. Der im Jahr 2001 erwirtschafte Verlust belief sich auf 420.742,63 DM. Die Umsatzerlöse sind von 4.517.704,13 DM im Jahr 2000 auf 2.947.993,89 DM im Jahr 2001 zurückgegangen. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag betrug zum 31.12.2001 378.403,36 DM.

Der Beklagte veranlagte die Klägerin und ihren Ehemann in Bezug auf die gewerblichen Verpachtungseinkünfte der Jahre 2002 bis 2004 zunächst erklärungsgemäß. Die Einkommensteuerbescheide 2002 vom 30.10.2003 sowie 2003 und 2004 jeweils vom 25.01.2006 ergingen gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Für die Jahre 2002 bis 2004 führte der Beklagte eine Außenprüfung in dem Verpachtungsbetrieb des Herrn K..... durch, die mit dem Betriebsprüfungsbericht vom 04.07.2006, auf den verwiesen wird, abschloss. Die Außenprüferinnen vertraten die Auffassung, durch die unentgeltliche Überlassung des Grundstücks und der beweglichen Anlagegüter entstehe bei der GmbH ein höheres Ausschüttungspotential. Im Falle der Ausschüttung ergäben sich gewerbliche Einnahmen des Besitzunternehmens, die gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG zur Hälfte steuerfrei blieben. Die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen dürften gem. § 3c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte abgezogen werden. Insoweit reiche ein mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang aus. Unerheblich sei, wann der Zufluss der Einnahmen erfolge. Die vom Kläger erklärten Aufwendungen in Höhe von 25.796,75 € im Jahr 2002 und in Höhe von 21.465,74 € im Jahr 2003 ließen die Prüferinnen daher nur zur Hälfte zum Abzug zu und rechneten dementsprechend im Kalenderjahr 2002 12.898,00 € und im Kalenderjahr 2003 10.732,00 € dem Gewinn hinzu. Darüber hinaus korrigierten sie den Gewinn um private Grundbesitzabgaben (Tz. 2.4 des Berichts). Bezogen auf das Jahr 2004 stellten die Prüferinnen, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, zudem fest, dass die geltend gemachten Kfz-Aufwendungen gem. § 3 des Pachtvertrages der GmbH zuzuordnen und dort gewinnmindernd zu berücksichtigen seien (Tz. 2.5). Sie erhöhten den steuerlichen Gewinn im Jahr 2004 insoweit um 3.905,42 €. Daneben erhöhten sie den Gewinn um die privaten Grundbesitzabgaben lt. Tz. 2.4 des Prüfungsberichts. Wegen der nach § 3c Abs. 2 EStG aus der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung nichtabzugsfähigen Aufwendungen nahmen die Außenprüferinnen im Jahr 2004 die folgenden Änderungen vor:

Aufwendungen lt. G+V 17.206,59 €

Kfz-Kosten lt. Tz. 2.5 3.905,42 €

21.112,01 €

Kürzung 50% 10.556,01 €

Gewinn mehr lt. BP 10.556,00 €

Den steuerlichen Gewinn ermittelten die Außenprüferinnen dementsprechend wie folgt:

2002 2003 2004

Gewinn vor BP ./. 25.796,75 € ./. 21.465,74 € ./. 17.206,59 €

Änderung lt. Tz. 2.4 + 990,00 € + 1.007,00 € + 889,00 €

Änderung lt. Tz. 2.5 _ _ + 3.905,42 €

Zwischenergebnis ./. 24.806,75 € ./. 20.458,74 € ./. 12.412,17 €

Kürzung gem. § 3c EStG + 12.898,00 € + 10.732,00 € + 10.556,00 €

Gewinn ./. 11.908,75 € ./. 9.726,74 € ./. 1.856,17 €

Der Beklagte änderte daraufhin die Einkommensteuerfestsetzungen 2002 bis 2004 jeweils mit Bescheid vom 15.08.2006 gem. § 164 Abs. 2 AO und erhöhte den Steuerbilanzgewinn nach § 3c Abs. 2 EStG im Jahr 2002 um 12.898 €, im Jahr 2003 um 10.732 € und im Jahr 2004 um 10.556 €.

Für die Kalenderjahre 2005 und 2006 machte der verstorbene Ehemann der Klägerin aus der Verpachtung an die GmbH Verluste in Höhe von 14.091,39 € im Jahr 2005 und in Höhe von 19.251,58 € im Kalenderjahr 2006 geltend. Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen vom 18.01.2005 und 14.03.2008 erkannte der Beklagte unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Betriebsprüfung insoweit lediglich Verluste in Höhe von 7.046 € für das Jahr 2005 und in Höhe von 9.626 € für das Jahr 2006 an.

Nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens trägt die Klägerin nunmehr vor, die GmbH habe im Jahr 2001 während der Baukrise nicht kostendeckende Aufträge angenommen, um die Mitarbeiter halten zu können. Hierdurch habe die GmbH erhebliche Verluste erlitten und kurz vor der Insolvenz gestanden. Die Insolvenz habe nur durch Übernahme von persönlichen Bürgschaften der Mehrheitsgesellschafter und die Einlage von ausgezahlten Lebensversicherungsbeträgen abgewendet werden können.

Die Nachträge zum Pachtvertrag seien sowohl in den Akten der Einzelfirma als auch den Akten der GmbH aufbewahrt worden. Ihr Ehemann habe die Vereinbarung über die Nachzahlung der Pacht auf Anraten der Steuerberatung erstellt und in der Dauerakte der GmbH abgelegt. Die Vereinbarung habe während der Betriebsprüfung vorgelegen. Der erste Nachtrag zum Pachtvertrag, den ihr Ehemann um die Besserungsklausel ergänzt habe, habe sich in den Arbeitspapieren der Einzelfirma befunden. Wie letzterer in die Akten des Beklagten gelangt sei, könne nicht mehr nachvollzogen werden.

Die Klägerin ist der Auffassung, durch die Vereinbarung des Forderungsverzichts könne kein höheres Ausschüttungspotential entstehen, da die Pacht nachgezahlt werden müsse, wenn der Verlustvortrag aufgebraucht sei.

Folge man der Rechtsansicht des Beklagten würde bei einer späteren Nachzahlung und Vereinnahmung der Pacht eine ungerechtfertigte, höhere Steuerbelastung entstehen.

Eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung sei vorliegend nicht gegeben.

Die Klägerin beantragt,

1. die Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2004 vom 15.08.2006, den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 18.01.2007 sowie den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 14.03.2008 jeweils in Form der Einspruchsentscheidung vom 13.11.2008 dahingehend zu ändern, dass der gewerbliche Verlust im Jahr 2002 auf 24.807 €, im Jahr 2003 auf 20.459 €, im Jahr 2004 auf 12.413 €, im Jahr 2005 auf 14.092 € und im Jahr 2006 auf 19.252 € festgesetzt wird,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die in Bezug auf die nicht erlangten Pachteinnahmen angefallenen Betriebsausgaben unterlägen dem Halbabzugsverbot i.S.d. § 3c Abs. 2 EStG. Da im Rahmen der Betriebsaufspaltung zugunsten der GmbH auf Pachtzahlungen verzichtet worden sei, habe die GmbH ein höheres Ausschüttungspotential erlangt, welches dem Halbeinkünfteverfahren unterliege. Für die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG sei ein mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ausreichend.

Es sei zweifelhaft, ob die Besserungsklausel vor dem Jahr 2006 tatsächlich bereits bestanden habe, da diese in der anderen, ebenfalls auf den 29.12.2001 datierenden Vertragsänderung nicht enthalten gewesen sei. Auf die Besserungsklausel komme es jedoch vorliegend nicht an. Der bloße Anspruch auf etwaig in späteren Jahren erfolgende Nachzahlungen bewirke für die Streitjahre keine Nichtanwendung des § 3c Abs. 2 EStG. Betriebsausgaben seien auch dann nicht abziehbar, wenn Einnahmen erst in späteren Jahren anfielen. Anderenfalls stünde es im Belieben des Steuerpflichtigen, seine Verhältnisse so zu gestalten, dass er dauerhaft den vollen Betriebsausgabenabzug hätte und davon unbeeinflusste Gewinnausschüttungen nur dem Halbeinkünfteverfahren unterlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.

Aus den Gründen

II.

Die Klage ist in dem tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

Die Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2004 vom 15.08.2006 in Form der Einspruchsentscheidung vom 13.11.2008 sind insoweit rechtswidrig und verletzten die Klägerin insoweit in ihren Rechten, als der Beklagte den Verlust aus der gewerblichen Verpachtung im Jahr 2002 auf weniger als 12.404 €, im Jahr 2003 auf weniger als 10.230 € und im Jahr 2004 auf weniger als 6.207 € festgesetzt hat, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 vom 18.01.2007 bzw. 14.03.2008 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Der Beklagte hat die vom Ehemann der Klägerin geltend gemachten Betriebsausgaben dem Grunde nach zu Recht gem. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG gekürzt. In den Kalenderjahren 2002 bis 2004 hat er den Kürzungsbetrag jedoch unzutreffend ermittelt.

Gem. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG in den in den Streitjahren geltenden Fassungen dürfen u.a. Betriebsausgaben, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden (sog. Halbabzugsverbot).

Gem. § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG sind Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören, zur Hälfte steuerfrei (sog. Halbeinkünfteverfahren). Gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG gilt dasselbe für Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Alle mit den gem. § 3 Nr. 40 EStG nur hälftig besteuerten Bruttoeinnahmen zusammenhängenden Ausgaben sollen nach dem Regelungszweck des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ebenfalls nur hälftig steuerlich berücksichtigt werden (Heinicke in Schmidt, EStG-Komm., 30. Auflage 2011, § 3c Rz. 25).

a) § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ist auf die vom Ehemann der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen anwendbar.

Anders als § 3c Abs. 1 EStG setzt die Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang voraus. Es genügt vielmehr jede objektive kausale oder finale Verknüpfung (Heinicke in Schmidt, EStG-Komm., 30. Auflage 2011, § 3c Rz. 37). Nicht ausreichend ist eine rein lose Verknüpfung.

Vorliegend besteht ein zumindest mittelbarer kausaler wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den anteiligen Betriebsausgaben und den dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden Einkünften aus der Beteiligung an der GmbH, da der Verzicht auf die Pachteinnahmen gesellschaftlich veranlasst war.

Der Verzicht auf die Pachteinnahmen erfolgte nach dem eigenen Vortrag der Klägerin, um bei der bestehenden schlechten wirtschaftlichen Lage der GmbH ein Insolvenzverfahren abzuwenden. Der Verzicht diente nach Auffassung des Senats daher dem Erhalt der GmbH-Beteiligung und nicht mit dem Erhalt der Pachteinnahmen. Er war durch die wirtschaftliche Lage der GmbH und damit gesellschaftlich veranlasst.

Durch den Verzicht auf die Pachteinnahmen wird der Gewinn der GmbH erhöht. Die Gewinnerhöhung bei der GmbH ist gleichzeitig verbunden mit einer besseren finanziellen Ausstattung für eine Gewinnausschüttung, an der der Gesellschafter partizipiert. Der durch den gesellschaftlich begründeten Verzicht bedingte kausale wirtschaftliche Zusammenhang zu den Einnahmen aus der GmbH-Beteiligung ist lediglich mittelbar, da die Erzielung von Einnahmen im Sinne der §§ 3 Nr. 40 Buchst. d, 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zunächst eine entsprechende Gewinnverteilung durch die GmbH voraussetzt (FG Münster, Urteil vom 23.03.2011 7 K 2793/07, EFG 2011, 1135; FG Bremen, Urteil vom 27.04.2006 1 K 204/05 (6), EFG 2006, 1234; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.10.2006 6 K 202/06, EFG 2007, 568).

b) Zu einem anderen Ergebnis könnte der Senat nur kommen, wenn die Vereinbarung über den Pachtverzicht einem Fremdvergleich stand hielte, mithin ein fremder Dritter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ebenfalls auf die Forderung verzichtet hätte, und daher der mittelbare Zusammenhang zwischen den Betriebsausgaben und der Gewinnausschüttung bzw. dem Gesellschaftsverhältnis ausgeschlossen wäre (FG Münster, Urteil vom 23.03.2011 7 K 2793/07, EFG 2011, 1135; FG Bremen, Urteil vom 27.04.2006 1 K 204/05(6), EFG 2006, 1234).

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Ein fremder Dritter hätte nach Auffassung des Senats eine solche Vereinbarung nicht getroffen.

Es kann dahin stehen, ob tatsächlich eine Besserungsklausel in den Nachtrag zum Pachtvertrag vom 29.12.2001 aufgenommen worden ist, denn selbst bei Bestehen der Besserungsklausel führt die dort niedergelegte Vereinbarung über die Nachzahlung der Pacht nicht dazu, dass der Forderungsverzicht einem Fremdvergleich stand hält. Dies ergibt sich daraus, dass die Besserungsklausel von den Beteiligten nicht umgesetzt worden ist, so dass der Verzicht unbedingt erfolgte. Die sich aus der Nachzahlungsklausel ergebende Forderung gegenüber der GmbH ist in den Streitjahren nicht in den Bilanzen des Verpachtungsbetriebes ausgewiesen worden. Zur tatsächlichen Umsetzung der Besserungsklausel hätte es jedoch eines solchen Ausweises bedurft.

Der Pachtverzicht ist zudem ohne die Benennung eines konkreten Endzeitpunktes ausgesprochen worden. Zwar soll die Pachtzahlung nach dem Wortlaut des Vertrages lediglich vorübergehend ausgesetzt werden. Wann die laufenden Pachtzahlungen wieder aufgenommen werden, bleibt jedoch ungeregelt. Auch die Besserungsklausel benennt keinen konkreten Zeitpunkt für die Wiederaufnahme der regelmäßigen Pachtzahlungen. Insoweit ist lediglich eine Regelung über die Nachzahlung der Pacht getroffen worden. Für die Nachzahlung wird zwar an den Zeitpunkt angeknüpft, zu dem der Verlustvortrag aufgebraucht und das gezeichnete Kapital wieder vorhanden ist. Unklar bleibt zu einen allerdings der Eintritt des Zeitpunktes, an dem die GmbH mit der Nachzahlung beginnt, und zum anderen besagt dies nicht, ob damit zugleich die Aufnahme der laufenden Pachtzahlungen verbunden ist.

Ein fremder Dritter hätte nach der Auffassung des erkennenden Gerichts nicht für eine nicht absehbare Zeit auf die laufende Pacht verzichtet. Selbst wenn der Senat die Besserungsklausel dahin auslegt, dass im Nachzahlungszeitpunkt zugleich mit der Wieder-aufnahme der laufenden Zahlungen begonnen werden soll, ist der Verzicht bis zum Aufbrauchen des Verlustvortrages und der Wiedererlangung des gezeichneten Kapitals zeitlich so ungewiss, dass ein ordentlicher Geschäftsleiter dieser Regelung nicht zuge-stimmt hätte.

Dies wird dadurch bekräftigt, dass aufgrund der verschiedenen Nachträge zum Pachtvertrag unklar ist, wie hoch die Pacht für das Kalenderjahr 2002 und die folgenden Wirtschaftsjahre zu bemessen ist. Mit dem Vertrag vom 28.12.2000 haben der Ehemann der Klägerin und die GmbH lediglich die Pachthöhe für das Kalenderjahr 2001 bestimmt. Eine Regelung über die Höhe der Pacht für das Jahr 2002 und die Folgejahre gibt es nicht. Die Höhe der Pacht müsste zunächst durch eine Auslegung der Änderungsvereinbarungen ermittelt werden. Ein fremder Dritter hätte aus der Sicht des Gerichts keinen Verzicht ausgesprochen, ohne konkret zu wissen, in welcher Höhe der Forderungsverzicht ausgesprochen wird und in welcher Höhe er später mit einer Nachzahlung rechnen kann.

c) In den Streitjahren steht darüber hinaus nicht endgültig fest, dass die GmbH keine Gewinne ausschütten und die Klägerin keine Dividenden aus der GmbH-Beteiligung mehr erzielen wird, die der Regelung des § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG unterfallen. Da weiterhin die Möglichkeit einer Dividendenausschüttung durch die GmbH besteht, ist auch unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes nicht von der Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG abzusehen.

d) Der Beklagte hat die gewerblichen Einkünfte in den Jahren 2002 bis 2004 der Höhe nach unzutreffend berechnet. Richtigerweise hat er die Änderungen nach den Tz. 2.4 und 2.5 des Betriebsprüfungsberichts gewinnerhöhend berücksichtigt. Die Regelung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG hat er jedoch unzutreffend auf die erklärten Betriebsausgaben angewandt. Im Jahr 2004 hat er die Betriebsausgaben um die Kfz-Kosten erhöht und hierauf § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG angewandt.

Der Kürzungsbetrag im Sinne des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ergibt sich, indem die Betriebsausgaben zunächst um die Korrekturen lt. Tz. 2.4 und 2.5 des Berichts vermindert und erst anschließend die hälftige Kürzung durchgeführt wird.

2002 2003 2004

Gewinn vor BP ./. 25.796,75 € ./. 21.465,74 € ./. 17.206,59 €

Änderung Tz. 2.4 + 990,00 € + 1.007,00 € + 889,00 €

Änderung Tz. 2.5 _ _ + 3.905,42 €

Zwischenergebnis ./. 24.806,75 € ./. 20.458,74 € ./. 12.412,17 €

Kürzung § 3c Abs. 2 + 12403,00 € + 10.229,00 € + 6.206,00 €

Gewinn ./. 12.403,75 € ./. 10.229,74 € ./. 6.206,17 €

Die Einkünfte aus der gewerblichen Verpachtung sind daher im Jahr 2002 mit ./. 12.404 €, im Jahr 2003 mit ./. 10.230 €, im Jahr 2004 mit 6207 €, im Jahr 2005 mit ./. 7.046 € und im Kalenderjahr 2006 mit ./. 9.626 € zu berücksichtigen.

2. Die Berechnung der in den Jahren 2002 bis 2004 festzusetzenden Einkommensteuer war gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten zu übertragen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 151 Abs. 1 FGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung.

5. Die Entscheidung über die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO. Die hier zu entscheidende Rechtsfrage ist höchstrichterlich noch nicht geklärt und wird von den Finanzgerichten unterschiedlich beantwortet, so dass es zur Rechtsfortbildung und Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs bedarf.

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