FG Baden-Württemberg: Umgliederung der Teilbeträge des vEK bei Einführung des Halbeinkünfteverfahrens – Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung des § 36 KStG durch das JStG 2010
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 4.6.2014 - 6 K 1380/12
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darum, ob die sich im Zuge des Übergangs vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren ergebende Vernichtung von Körperschaftsteuerminderungspotential, soweit sie auf die Verrechnung von mit 40% Körperschaftsteuer belastetem verwendbaren Eigenkapital (vEK) – EK 40 – mit originär negativem nicht mit Körperschaftsteuer belastetem vEK (EK 01, EK 02 und EK 03) zurückzuführen ist, mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist.
Die Klägerin ist eine Körperschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG), die sich vornehmlich mit dem Erbringen von Dienstleistungen und Entwicklungen im Bereich der A befasst und sich in der Funktion einer Holdinggesellschaft an anderen in diesem Bereich tätigen Unternehmen beteiligt. Das Geschäftsjahr der Klägerin ist das Kalenderjahr. Das gezeichnete Kapital belief sich zum 31. Dezember 2001 auf xxx €, wobei sich die Aktien in Streubesitz befanden.
Das beklagte Finanzamt (der Beklagte) stellte die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum 31. Dezember 2000 (KStG a. F.), die Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG (hier i. d. F. des Steuersenkungsgesetzes – StSenkG – vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 – KStG n. F. –) und die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG n. F. zum 31. Dezember 2001 zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert fest. Mit Bescheiden vom 23. Mai 2005 hob er den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Dagegen legte die Klägerin Einsprüche ein, die sie unter anderem auch mit Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Umgliederungen im Zusammenhang mit dem Übergang zum Halbeinkünfteverfahren begründete.
Mit Bescheid vom 21. April 2006 stellte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31. Dezember 2000 wie folgt fest:
EK 45 1 DM
EK 40 xxx DM
EK 01 xxx DM
EK 02 ./. xxx DM
EK 04 xxx DM
Die Summe der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals belief sich demzufolge auf xxx DM. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit zusammengefasstem Bescheid vom 21. Juli 2009 stellte der Beklagte die Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG n. F. und zum 31. Dezember 2001 die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG n. F. wie folgt gesondert fest:
EK 40 0 DM
EK 01/03 0 DM
EK 02 ./. xxx DM
EK 04 xxx DM
Betrag des steuerlichen Einlagekontos xxx DM
Körperschaftsteuerguthaben 0 DM
Bei der Berechnung hatte der Beklagte zunächst das positive mit 45% Körperschaftsteuer belastete vEK (EK 45) von 1 DM in gleicher Höhe in EK 40 (zuvor xxx DM) umgegliedert (Summe: xxx DM). Zudem hatte er das positive EK 01 (xxx DM) in gleicher Höhe mit dem negativen EK 02 (./. xxx DM) verrechnet (Summe: ./. xxx DM). Anschließend hatte der Beklagte das umgegliederte EK 40 (xxx DM) und das verrechnete EK 01 und EK 02 (./.xxx DM) miteinander saldiert.
Gegen den Bescheid vom 21. Juli 2009 legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Diesen begründete sie in der Folge unter Hinweis auf den zwischenzeitlich ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17. November 2009 – 1 BvR 2192/05 (BVerfGE 125, 1, BFH/NV 2010, 803) damit, dass die vom Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394) getroffene Neuregelung des § 36 KStG n. F. die verfassungsrechtlichen Vorgaben – nämlich den gleichheitssatzgerechten Erhalt des Körperschaftsteuerminderungspotentials – nur teilweise umgesetzt habe. Denn es verbleibe weiterhin bei einer unangemessenen Benachteiligung von Unternehmen, bei denen bereits vor der Umgliederung negatives EK 02 vorhanden gewesen sei. Bei einer Vollausschüttung des steuerbilanziellen vEK wäre bei der Klägerin unter Fortgeltung des Anrechnungsverfahrens zunächst EK 40 verwendet worden, so dass das darin enthaltene Körperschaftsteuerminderungspotential in Höhe von xxx DM hätte realisiert werden können. Die anschließende Verwendung von EK 01 hätte nicht zu einer gegenläufigen Erhöhung der Körperschaftsteuer geführt. Das negative EK 02 wäre „übersprungen“ und die restliche Ausschüttung aus dem EK 04 gespeist worden. Nach der Ausschüttung wäre das negative EK 02 und ein das negative EK 02 übersteigender Betrag an positivem EK 04 verblieben. Damit wäre es zu einer Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens ohne Reduzierung durch das negative EK 02 gekommen. Das handelsrechtliche Eigenkapital habe sich zum 31. Dezember 2000 – ohne das gezeichnete Kapital – auf xxx DM belaufen, so dass auch handelsrechtlich ausreichend Eigenkapital für eine Vollausschüttung zur Verfügung gestanden hätte.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom Donnerstag, den 15. März 2012 als unbegründet zurück. Unstreitig entspreche die vorgenommene Verrechnung des EK 40 mit dem negativen EK 02 den gesetzlichen Vorgaben, wie sie sowohl in § 36 Abs. 4 KStG i. d. F. des StSenkG als auch in § 36 Abs. 4 KStG i. d. F. des JStG 2010 geregelt seien. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob § 36 Abs. 4 KStG n. F. verfassungswidrig sei, habe der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20. April 2011 – I R 65/05 (BFHE 234, 385, BStBl II 2011, 983) abschlägig entschieden. Der BFH habe den BVerfG-Beschluss in BVerfGE 125, 1, BFH/NV 2010, 803 dahin verstanden, dass nur die in § 36 Abs. 3 KStG n. F. bestimmte Umgliederung von EK 45 in EK 40 einschließlich ihrer sich gegebenenfalls aus § 36 Abs. 4 KStG n. F. ergebenden Folgen als verfassungswidrig verworfen worden sei, nicht aber die Verrechnung von – wie im Streitfall – originärem, also nicht durch eine solche Umgliederung entstandenem negativen EK 02.
Dagegen wendet sich die am 19. April 2012 beim Finanzgericht (FG) eingegangene Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren auf Ermittlung eines Körperschaftsteuerguthabens von xxxx DM anstelle des vom Beklagten errechneten Betrags von null DM weiterverfolgt. Unter Vertiefung ihrer bereits im Einspruchsverfahren vorgebrachten Ausführungen macht die Klägerin geltend, dass das BVerfG in seinem Beschluss in BVerfGE 125, 1, BFH/NV 2010, 803 entschieden habe, dass die Übergangsregelungen vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren, namentlich § 36 Abs. 3 und Abs. 4 KStG n. F., gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz verstießen, soweit sie umgliederungsbedingt zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotential führten. Insoweit sei zudem deren Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) festgestellt worden. Der Beschluss des BVerfG habe zur Neufassung des § 36 KStG n. F. durch das JStG 2010 geführt, der aber lediglich die in dessen Abs. 3 geregelte Umgliederung von EK 45 in EK 40 unter gleichzeitiger Bildung von negativem EK 02 betroffen habe. § 36 Abs. 4 KStG n. F. sei durch das JStG 2010 unverändert übernommen worden, obwohl die Vorschrift – wie der Streitfall zeige – bei originär negativem EK 02 weiterhin zu einem Verlust des gesamten Körperschaftsteuerminderungspotentials führen könne. Sachgerecht sei es hingegen, im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG das nach dem Wechsel zum Halbeinkünfteverfahren zu ermittelnde Körperschaftsteuerguthaben aus den getrennten Teilbeträgen des vEK zu ermitteln, ohne diese vorher zusammenzuführen. Zumindest hätte die Möglichkeit bestanden, das auch bei der Klägerin vorhandene EK 04 in die Zusammenfassung der unbelasteten Teilbeträge nach § 36 Abs. 4 KStG n. F. mit einzubeziehen. Ein sachlicher Grund dafür, warum dies unterblieben sei, sei nicht erkennbar. Eine aufgrund des negativen Bestandes an EK 02 hervorgerufene Ausschüttungssperre habe im Streitfall zum Zeitpunkt des Systemwechsels nicht gegriffen, da das ausschüttbare Eigenkapital sich zum Stichtag 31. Dezember 2000 auf xxx DM belaufen habe, nämlich zusammengesetzt aus verwendbaren Kapitalrücklagen von xxx DM, Gewinnvortrag von xxx DM, Jahresfehlbetrag von xxx DM und steuerlichem Ausgleichsposten von xxx DM. Insoweit liege der Streitfall auch anders als jener, der dem BFH-Urteil in BFHE 234, 385, BStBl II 2011, 983 zugrunde gelegen habe. Denn dort hätten neben dem negativen Betrag an EK 02 – anders als im Fall der Klägerin in Gestalt des ausreichend hohen EK 04 – keine weiteren unbelasteten Teilbeträge an vEK für die Nutzung des Körperschaftsteuerminderungspotentials zur Verfügung gestanden.
Die Klägerin beantragt,
den zusammengefassten Bescheid vom 21. Juli 2009 über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG und zum 31. Dezember 2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2012 dahingehend abzuändern, dass der Endbestand an EK 40 mit xxx DM, der Endbestand an EK 01 bzw. EK 03 mit 0 DM, der Endbestand an EK 02 mit 0 DM und der Endbestand an EK 04 sowie der Betrag des steuerlichen Einlagekontos mit xxx DM gesondert festgestellt werden
und
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt ihr unter Bezugnahme auf die in seiner Einspruchsentscheidung niedergelegten Gründe entgegen. Ergänzend macht er geltend, dass sich aus der Begründung des BFH-Urteils in BFHE 234, 385, BStBl II 2011, 983 ergebe, dass die Verrechnung des EK 40 mit nicht durch eine Umgliederung nach § 36 Abs. 3 KStG n. F. entstandenem negativen EK 01/02/03 auch in den Fällen verfassungsgemäß sei, in denen ein dieses negative EK 01/02/03 übersteigendes EK 04 vorhanden sei. Denn der BFH habe darauf hingewiesen, dass der Erhalt des Körperschaftsteuerminderungsbetrags daran gebunden sei, ob im Zeitpunkt des Systemwechsels dessen Realisierung möglich gewesen wäre. Entscheidend sei daher, dass in den Fällen originär vorhandenen EK 02 handelsrechtlich keine Ausschüttung zulässig gewesen sei. Da handelsrechtlich indessen die Einlagen des EK 04 an die Aktionäre nicht zurückgewährt werden dürften, sei auch im Streitfall der Klägerin eine Vollausschüttung nicht zulässig und eine Realisierung des Körperschaftsteuerminderungspotentials nicht bzw. nur unter Missachtung des Rückgewährverbotes möglich gewesen. Daher habe die Klägerin keinen Anspruch darauf, steuerrechtlich mit solchen Körperschaften gleichgestellt zu werden, bei denen zum 31. Dezember 2001 eine Ausschüttung handelsrechtlich zulässig gewesen wäre.
Der erkennende Senat hat in der Streitsache am 4. Juni 2014 mündlich verhandelt. Dabei haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hingewiesen, dass ihr vor dem Systemwechsel eine Ausschüttung des im EK 40 enthaltenen vEK in der Weise möglich gewesen wäre, dass sie zunächst eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln mit einer anschließenden Kapitalherabsetzung hätte beschließen können. Den hohen Bestand an EK 04 haben die Prozessbevollmächtigten damit erklärt, dass es sich dabei vermutlich um Agiobeträge gehandelt habe, die die Klägerin im Rahmen ihres Börsenganges vereinnahmt habe.
Aus den Gründen
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid vom 21. Juli 2009 über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG n. F. und zum 31. Dezember 2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG n. F. ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Die darin getroffenen Feststellungen des Beklagten entsprechen den gesetzlichen Vorgaben des KStG (nachfolgend unter 1.). Diese einfachgesetzlichen Regelungen sind ihrerseits mit höherrangigem (Verfassungs-) Recht vereinbar (nachfolgend unter 2.).
1. Nach § 36 Abs. 7 KStG n. F. sind im Rahmen des Systemwechsels vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren die Endbeträge der Teilbeträge des vEK getrennt auszuweisen und gesondert festzustellen; daraus ist sodann auf den Schluss des ersten Wirtschaftsjahres, in dem das Halbeinkünfteverfahren gilt (im Streitfall also auf den 31. Dezember 2001) gemäß § 37 Abs.1 KStG n. F. ein Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von einem Sechstel des festgestellten EK 40 zu ermitteln. Dazu werden die Endbestände der Teilbeträge des vEK ausgehend von den gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a. F. (im Streitfall durch Bescheid vom 21. April 2006 bestandskräftig auf den 31. Dezember 2000) festgestellten Teilbeträgen ermittelt (§ 36 Abs. 1 KStG n. F.) und im Einzelnen gemäß den sich aus § 36 Abs. 2 bis 6 KStG n. F. ergebenden Umgliederungsvorschriften errechnet.
a) Hierzu bestimmt § 34 Abs. 13f KStG i. d. F. des JStG 2010, dass in Fällen, in denen – wie hier –die Endbestände nach § 36 Abs. 7 KStG n. F. noch nicht bestandskräftig festgestellt sind, § 36 KStG n. F. nicht i. d. F. durch das StSenkG, sondern i. d. F. durch das JStG 2010 anzuwenden ist. In beiden Fassungen sind nach § 36 Abs. 4 KStG n. F., wenn die Summe der unbelasteten Teilbeträge i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 KStG a. F. (also des EK 01, des EK 02 und des EK 03) nach Anwendung des § 36 Abs. 2 KStG n. F. – wie im Streitfall bei einem originär positiven EK 01 von xxx DM und einem höheren originär negativen EK 02 von./. xxx DM) – negativ ist, diese Teilbeträge zunächst untereinander und dann mit den mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträgen zu verrechnen. Eine vorherige Verrechnung der negativen Summe aus EK 01, EK 02 und EK 03 (im Streitfall: xxx DM zuzüglich./. xxx DM ergibt ./. xxx DM) mit gleichfalls vorhandenem positiven EK 04 (im Streitfall: xxx DM) sieht das Gesetz in § 36 Abs. 4 KStG n. F. auch nach der Fassung durch das JStG 2010 nicht vor. Die Vorschrift des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a. F., die den unbelasteten Teilbetrag des vEK in Gestalt des EK 04 betrifft, ist in der Verrechnungsregelung des § 36 Abs. 4 KStG n. F. – anders als § 30 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 KStG a. F. – nicht genannt.
b) Die im Streitfall vom Beklagten vorgenommene Verrechnung der negativen Summe aus EK 01, EK 02 und EK 03 in Höhe von ./. xxx DM mit dem in Höhe von xxx DM mit 40% Körperschaftsteuer belasteten EK 40 – mit der Folge, dass anschließend aufgrund der Verrechnung kein mit Körperschaftsteuer belasteter Endbestand an EK 40 mehr vorhanden und ein solcher dementsprechend auch nur in Höhe von null DM nach § 36 Abs. 7 KStG n. F. gesondert festzustellen war – entspricht daher der (einfach-) gesetzlichen Regelung des § 36 KStG i. d. F. des JStG 2010. Das nach § 37 Abs. 1 KStG n. F. aus dem festgestellten Endbestand an EK 40 zu ermittelnde Körperschaftsteuerguthaben beläuft sich infolgedessen bei Anwendung des einfachen Gesetzesrechts gleichfalls – wie im angefochtenen Bescheid zutreffend dargestellt – auf null DM. Dies wird von der Klägerin letztlich auch nicht in Abrede gestellt.
2. Durchgreifende Zweifel daran, dass die durch das JStG 2010 geschaffene Neuregelung der in § 36 KStG n. F. enthaltenen Vorschriften zur Umgliederung der Teilbeträge des vEK und zu deren Überführung in ein Körperschaftsteuerguthaben mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist, hegt der erkennende Senat nicht. Es besteht kein Anlass zu einer Vorlage an das BVerfG im Wege der konkreten Normenkontrolle (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes – GG –). Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BFH und des ihm ebenfalls folgenden FG München (Urteil vom 13. November 2012 – 6 K 676/12, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2013, 398) an.
Wie der BFH in seinem Urteil in BFHE 234, 385, BStBl II 2011, 983) im Einzelnen ausgeführt hat, verstößt § 36 Abs. 4 KStG i. d. F des JStG 2010 weder gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch gegen die durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentumsgarantie noch gegen Art. 2 Abs. 1 GG.
Anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 125, 1, BFH/NV 2010, 803. Denn der BVerfG-Beschluss stellt – obschon nach seinem Tenor neben § 36 Abs. 3 KStG n. F. auch die hier maßgebliche Norm des § 36 Abs. 4 KStG n. F. (die durch das JStG 2010 unverändert beibehalten worden ist) für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt worden ist – für den Erhalt des Körperschaftsteuerminderungsbetrags entscheidend darauf ab, ob nach Ablauf eines Jahres nach Beendigung des Anrechnungsverfahrens (also hier zum 31. Dezember 2001) die Realisierung des Körperschaftsteuerminderungspotentials möglich gewesen wäre. Dies hing jedoch, wie das BVerfG (a. a. O., unter B. I. 5. b., Rz. 74) im Einzelnen ausgeführt hat, maßgeblich davon ab, ob und in welchem Umfang negatives EK 02 vorlag. Denn negatives EK 02 spiegelte unter Geltung des Anrechnungsverfahrens die Situation wieder, dass das in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital unter der Summe der Teilbeträge an belastetem vEK lag, und wirkte daher im Ergebnis wie eine handelsrechtliche Ausschüttungssperre. Denn das laut Gliederungsrechnung verwendbare Eigenkapital konnte nur in Höhe des vorhandenen bilanziellen Eigenkapitals zu Ausschüttungen verwendet werden. Demzufolge hat das BVerfG den mit der Verrechnung von positivem EK 40 mit negativem EK 02 einhergehenden Verlust an Körperschaftsteuerminderungspotential auch nur insoweit für verfassungswidrig erklärt, als der negative Bestand an EK 02 allein durch die (als solche nicht erforderliche) Technik der Umgliederung von EK 45 in EK 40 entstanden ist, weil er insoweit seine Ursache nicht in der Fiktion der Vollausschüttung gehabt hätte. Dazu heißt es in dem BVerfG-Beschluss in BVerfG 125, 1, BFH/NV 2010, 803 wörtlich (unter B. I. 5. b., Rz. 75 der Entscheidung), dass der Verlust in diesem Fall nicht Konsequenz der mangelnden wirtschaftlichen Stärke des Unternehmens im Zeitpunkt der Systemumstellung sei, sondern durch diese Umstellung erst geschaffen werde. Diese Ausführungen bringen zum Ausdruck, dass das BVerfG die in § 36 Abs. 4 KStG n. F. vorgesehene Verrechnung von negativem EK 02 mit positivem belastetem vEK im Grundsatz für sachgerecht und nur insoweit als dem Gleichheitssatz widersprechend ansieht, als ein negatives EK 02 auf der – im Streitfall nicht einschlägigen – in § 36 Abs. 3 KStG i. d. F. des StSenkG angeordneten Umgliederung von EK 45 in EK 40 beruht (BFH-Urteil in BFHE 234, 385, BStBl II 2011, 983).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
4. Die Revision war im Hinblick auf das beim BFH unter dem Az. I R 86/12 anhängige
Revisionsverfahren gegen das Urteil des FG München in EFG 2013, 398 zuzulassen
(§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).