: Strafverteidigerkosten wegen Vorteilsnahme keine Werbungskosten
FG Rheinland-Pfalz, Urteil 15.4.2010 - 4 K 2699/06
Amtlicher Leitsatz:
Strafverteidigungskosten können allenfalls dann als Werbungskosten abziehbar sein, wenn die das Strafverfahren betreffende Handlung im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung erfolgte.
§ 12 Nr. 1 EStG; § 33 EStG; § 40 AO
In dem Finanzrechtsstreit
...
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 4. Senat -
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15.4.2010
durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ... ,
den Richter am Finanzgericht ... ,
den Richter am Finanzgericht ... ,
die ehrenamtliche Richterin ...
den ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
Strittig ist, ob Strafverteidigungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit bzw. als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.
Der mit der Klägerin verheiratete Kläger, geboren am ..., ist promovierter Diplom-Kaufmann. Bis 1990 arbeitete er bei verschiedenen inländischen und ausländischen Unternehmen in leitender Position. Durch Anstellungsvertrag mit der Treuhandanstalt übernahm er mit Wirkung vom ... 1991 in der Niederlassung N. den Posten als Direktor der Privatisierungsabteilung mit einem monatlichen Bruttogehalt von 20.800 DM. Das von Anfang an befristete Arbeitsverhältnis endete zum März 1993 (Bl. 144 Rb-A und Bl. 67 PA). Danach arbeitete er als Vorstandsmitglied bei der Firma T. AG (Bl. 4 und 75 ESt-A).
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1993-1995 machten die Kläger im Hinblick auf ein damals schwebendes Strafverfahren gegen den Kläger wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit bei Firmenverkäufen Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Beträge: 44.000 DM für das Jahr 1993, 66.735 DM für das Jahr 1994, und 21.020 DM für das Jahr 1995. Der Beklagte folgte diesen Erklärungsangaben zunächst und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 am 17. November 1995, für das Jahr 1994 am 25. Juli 1996, sowie für das Jahr 1995 am 18. Februar 1997. Die Einkommensteuerbescheide enthielten in Bezug auf die Strafverteidigungskosten jeweils folgende Nebenbestimmung: "Der Bescheid ergeht weiterhin vorläufig hinsichtlich der Anerkennung der außergewöhnlichen Belastungen, da der Ausgang des Strafverfahrens noch nicht feststeht" (Zitat).
Im Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 31. Mai 1999 erkannte der Beklagte die in Bezug auf den Kläger erklärten Strafverteidigungskosten in Höhe von 50.873 DM und die in Bezug auf die Klägerin erklärten Strafverteidigungskosten in Höhe von 6.983 DM hingegen nicht als außergewöhnliche Belastungen an. Die Abweichungen zu den Erklärungsangaben sind diesbezüglich wie folgt erläutert: "Der Bescheid ergeht vorläufig hinsichtlich der Anerkennung außergewöhnlichen Belastungen des Ehemannes, da im Falle eines Schuldspruchs die angefallenen Kosten steuerlich nicht berücksichtigt werden können und im Falle eines Freispruches sämtliche Kosten durch die Staatskasse ersetzt werden. Die außergewöhnlichen Belastungen wurden daher mit 0 DM angesetzt. Strafverteidigungskosten der Ehefrau wurden nicht berücksichtigt, da sie nur als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind, wenn das Verfahren mit einem Freispruch endet, dies ist hier nicht der Fall" (Zitat). Den gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch nahmen die Kläger am 27. August 1999 zurück.
Für den Veranlagungszeitraum 1998 gaben die Kläger in ihrer Steuererklärung an, im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Kläger ein Gutachten der K. GmbH zur Widerlegung des Vorwurfs der Bestechlichkeit im Amt eingeholt und dafür 31.836,20 DM aufgewandt zu haben. Diese Aufwendungen setzten sie nunmehr erstmals als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers an. Eine Berücksichtigung der erklärten Aufwendungen für das Gutachten lehnte der Beklagte im Einkommensteuerbescheid 1998 vom 16. Oktober 2000 mit dem Argument ab, Kosten eines mit einer Verurteilung endenden Strafprozesses seien keine Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Gleichfalls am 16. Oktober 2000 erteilte der Beklagte --gestützt auf § 165 Abs. 2 S. 1 AO-- für die Jahre 1993-1995 sowie 1997 geänderte Einkommensteuerbescheide. In den Änderungsbescheiden vom 16. Oktober 2000 machte er die Anerkennung der Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastungen rückgängig und erklärte die Änderungsbescheide diesbezüglich zugleich gemäß § 165 Abs. 2 S. 2 AO für endgültig.
Sowohl gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1993-1995 sowie 1997 als auch gegen den Einkommensteuerbescheid für 1998 legten die Kläger mit Schreiben vom 2. November 2000 Einspruch ein und hielten unter Berufung auf das Urteil des BFH vom 19. Februar 1982 (VI R 31/78, BStBl II 1982 Seite 467) und auf das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 15. April 1994 (8 K 124/93, EFG 1995 S. 246) an ihrer Ansicht fest, dass die Kosten der Strafverteidigung als Werbungskosten abziehbar seien.
Am 20. Februar 2001 gab er Beklagte den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 bekannt. Darin ließ er die beim Kläger als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit angesetzten Strafverteidigungskosten in Höhe von 93.495,20 DM unter Hinweis auf die Sachbehandlung im Vorjahr ebenfalls nicht zum Abzug zu. Diesen Bescheid griffen die Kläger am 16. März 2001 mit dem Einspruch an.
Den von den Klägern im Einspruchsschreiben vom 2. November 2000 gestellten Antrag, die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1993-1995 sowie 1997 nach § 177 Abs. 1 AO zu ändern und die bislang als außergewöhnliche Belastungen anerkannten Prozesskosten nunmehr als Werbungskosten anzusetzen, lehnte der Beklagte am 17. Juli 2001 durch mit Rechtsmittelbelehrung versehenen -- gesonderten -- Bescheid ab. Der gegen den Ablehnungsbescheid eingelegte Einspruch ging am 31. Juli 2001 beim Beklagten ein.
Im Verlauf der Einspruchsverfahren reichten die Kläger mit Schreiben vom 16. Januar 2001 das Urteil der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mannheim vom 29. November 1999 (Bl. 38-94 Rb-A) zu den Akten. In dieser Entscheidung gelangte das Strafgericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger sich einer Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB schuldig gemacht habe. Als Amtsträger habe sich der Kläger bei einem Kamingespräch am 31. August 1991 eine Anstellung vom Unternehmer H. zusagen lassen. Der versprochene Vorteil sei im Abschluss des Dienstvertrages vom 1. Oktober 1991 zu sehen. Die künftige Diensthandlung des Klägers habe seine Mitwirkung bei künftigen Verkäufen an die H.-Gruppe sein sollen. Den Vorwurf der Bestechlichkeit sah die Wirtschaftstrafkammer dagegen nicht als erwiesen an, da sie nicht habe feststellen können, dass die vom Kläger erwarteten Diensthandlungen eine Verletzung von Dienstpflichten beinhaltet hätten. Das Strafgericht verurteilte den Kläger wegen Vorteilsannahme zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr auf Bewährung und sprach ihn im Übrigen frei. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Kläger auferlegt, soweit er verurteilt wurde; soweit er freigesprochen wurde, wurden die ausscheidbaren Kosten der Staatskasse zur Last gelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Strafgerichts verwiesen. Die Revision gegen das strafgerichtliche Urteil verwarf der BGH durch Beschluss vom 3. August 2000.
Durch kombinierte Einspruchsentscheidung vom 10. November 2006 wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid für 1998 in der Fassung vom 26. September 2005 und den Einkommensteuerbescheid für 1999 in der Fassung vom 9. April 2001 sowie den Einspruch gegen den Bescheid über die Ablehnung des Antrages auf Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen 1993-1995 und 1997 zurück. Zur Begründung führte er im Kern aus: Zwar sei die Vorteilsannahme, wie von der Rechtsprechung (mit Hinweis auf BFH vom 30. Juni 2004 VIII B 265/03, BFH/NV 2004 S. 1639; BFH vom 12. Juni 2002 XI R 35/01, BFH/NV 2002 S. 1441) gefordert, ausschließlich oder unmittelbar aus der beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar. Die Abzugsfähigkeit entfiele jedoch, wenn die Tätigkeit aus der üblichen Berufsausübung herausfalle (mit Hinweis auf BFH vom 12. Juni 2002 XI R 35/01, DStRE 2002 S. 1359). Nicht jede Handlung, die von einem Berufstätigen im Zusammenhang mit seinem Beruf geschehe, sei zwangsläufig beruflich veranlasst (mit Hinweis auf FG Köln vom 5. Dezember 1984 1 K 743/83, EFG 1985 Seite 342). Vielmehr könnten dazu nur jene Handlungen gerechnet werden, die noch im Rahmen der beruflichen Zielvorstellung des betreffenden Berufs lägen (mit Hinweis auf FG München vom 22. Februar 1980 VIII 125/46 E, EFG 1980 Seite 387; FG Köln vom 5. Dezember 1984 1 K 743/83, a.a.O.). Bezogen auf den Streitfall würde es nicht zu den rechtmäßigen Aufgaben eines Amtsträgers der Treuhandanstalt gehören, die Privatisierung der volkseigenen Betriebe der früheren DDR unter dem Einfluss eines Vorteilsversprechens durch einen Investor auszuführen. Bei einer Vorteilsannahme im Amt sei die Berufsausübung nur Grundlage, um die Straftat begehen zu können. Das Abzugsverbot der Aufwendungen werde auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Kläger vom Vorwurf der Bestechlichkeit und des Geheimnisverrats freigesprochen worden sei. Auch bei einem Teilfreispruch scheide die Abzugsfähigkeit der gesamten Prozesskosten aus, wenn die den Gegenstand des Prozesses bildenden Vorgänge in einem inneren Zusammenhang oder in Tateinheit stünden (mit Hinweis auf BFH BStBl II 1964 Seite 331). Eine Aufteilung der Strafverteidigungskosten eines zum Teil freigesprochenen und zum Teil verurteilten Angeklagten könne nur in Betracht kommen, wenn die verschiedenen Anklagepunkte eindeutig nichts miteinander zu tun gehabt hätten. Das sei im Streitfall jedoch nicht gegeben, da sämtliche Anklagepunkte auf das Versprechen des Herrn Hartmann bzw. den späteren Abschluss des Dienstvertrages zwischen dem Kläger und der Firma Hansa zurückzuführen seien. Darüber hinaus scheide auch ein Werbungskostenabzug dieser Aufwendungen im Hinblick auf das nicht zu Stande gekommene Arbeitsverhältnis mit der Firma H. aus, da der Prozess nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der angestrebten Berufstätigkeit gestanden habe. Hinsichtlich des Antrages auf Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen der Jahre 1993-1995 und 1997 sei ergänzend darauf hinzuweisen, dass eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 1997 auch wegen Eintritts der Bestandskraft nicht in Betracht komme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 10. November 2006 verwiesen.
Mit der Klage begehren die Kläger weiterhin, die erklärten Strafverteidigungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, hilfsweise als außergewöhnliche Belastung. Hierzu tragen sie im Wesentlichen vor: In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei anerkannt, dass Strafverteidigungskosten dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig seien, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzte, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen sei (mit Hinweis auf BFH vom 19. Februar 1982 VI R 31/78, a.a.O.; BFH vom 30. Juni 2004 VIII B 265/03, a.a.O.). Zwischen den Parteien sei unstrittig, dass die Vorteilsannahme als Straftat ausschließlich aus der beruflichen Tätigkeit des Klägers heraus erklärbar sei. Wie der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung richtig festgestellt habe, hätte der Kläger ohne die Position des Direktors der Privatisierungsabteilung der Treuhandanstalt die Straftat nicht begehen können. Die Abzugsfähigkeit entfalle nach Meinung des Beklagten, da die Tätigkeit aus der üblichen Berufsausübung herausfalle. Diese Auffassung überzeuge nicht. In dem vom Beklagten in Bezug genommenen Urteil des BFH vom 12. Juni 2002 gehe es tatbestandlich um den Vorwurf des Mordes, den die dortige Klägerin an mehreren Patienten verübte. Dass ein vorsätzlicher Mord aus dem Berufsbild einer selbständigen Altenpflegerin herausfalle, liege auf der Hand. Ein vorsätzliches Tötungsdelikt passe schlechthin in kein Berufsbild. Die Heranziehung dieser Rechtsprechung sei daher nicht geeignet, die berufliche Veranlassung der Handlungen des Klägers zu verneinen. Vielmehr sei festzustellen, dass allein schon die Stellung des Klägers kausal für die Tatbegehung gewesen sei. Der konkrete Inhalt und damit der Anlass der Berufsausübung des Klägers habe in dem Führen von Verkaufsgesprächen, Verhandeln, Besuchen von Verkaufsinteressenten, Einholen von Auskünften sowie dem Abschluss von Kaufverträgen bestanden. Im Rahmen dieser Berufsausübung sei er mit einem Vorteil konfrontiert worden. Diese Konfrontation mit möglichen Vorteilen sei praktisch eine sich aus der Berufsausübung ergebene, immanente Gefahr dieses Berufsbildes gewesen. Um dieser Gefahr zu begegnen, bzw. zu verhindern, dass dieser Versuchung nachgegeben werde, sei die Vorteilsannahme in § 331 StGB unter Strafe gestellt. Damit habe auch der Gesetzgeber die berufliche Veranlassung gesehen. Auch das vom Beklagten angeführte Urteil des Finanzgerichts Köln vom 15. Dezember 1984 sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, denn auch in diesem Urteil sei es um Mord in Form der Beihilfe gegangen. Am ehesten vergleichbar mit der Situation des Klägers sei das Urteil des BFH vom 19. Februar 1982 (VI R 31/78, a.a.O.). In dieser Entscheidung sei es um einen Gießerei-Ingenieur einer chemischen Fabrik gegangen, zu dessen Aufgaben es gehörte, Probesprengungen durchzuführen. Eine dieser Probesprengungen sei fehl gegangen und habe mehrere Personen verletzt und getötet. Deswegen sei der Ingenieur strafrechtlich verurteilt worden. Zum Arbeitsspektrum des Ingenieurs hätten Probesprengungen gehört, so wie zum Berufsinhalt des Klägers Verkaufsverhandlungen gehörten. Die Arbeiten des Ingenieurs seien sorgsam durchzuführen gewesen, da die Verletzung von Leben und Körper gedroht habe, was das Strafgesetzbuch verbiete. Genau so beinhaltete das Berufsbild des Klägers die Möglichkeit mit Vorteilen konfrontiert zu werden, die anzunehmen unter Strafe gestellt sei. Gleichwohl seien die Gefahren des Ingenieurs, wie auch die in der Tätigkeit des Klägers liegende Gefahr, beruflich veranlasst gewesen. Die Argumentation des Beklagten würde zwangsläufig dazu führen, dass bestimmte Deliktsgruppen des Strafgesetzbuches von vornherein von der Abzugsfähigkeit ausgeschlossen wären. Auch die Unterstellung durch den Beklagten, der Kläger hätte seine Pflichten gegenüber seinem damaligen Arbeitgeber verletzt, sei zurückzuweisen. In dem Urteil des Landgerichts Mannheim sei explizit an mehreren Stellen, nämlich auf den Seiten 27, 28, 29, 30, 35, 37, 38, 39, 48 und 53 festgestellt worden, dass eine Verletzung der beruflichen Pflichten nicht vorgelegen hätte. Dem Kläger sei es daran gelegen gewesen, seinen Interessenkonflikt zu Gunsten seines Arbeitgebers aufzulösen. Hätte sich der Kläger von dem versprochenen Vorteil in seiner pflichtgemäßen Ausübung beeinflussen lassen, wäre eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit erfolgt. Das sei nicht geschehen. Aufgrund des schon Dargelegten komme es hinsichtlich der Absetzbarkeit der Kosten der Strafverteidigung auch nicht darauf an, ob eine Aufteilung der Kosten möglich sei oder nicht. Eine solche Aufteilung sei hier gerade nicht notwendig. Einerseits sei der Kläger bezüglich der Bestechlichkeit sowie der Verletzung des "Teamgeheimnisses" freigesprochen worden. Andererseits seien die Kosten der Strafverteidigung hinsichtlich der Vorteilsannahme beruflich veranlasst gewesen und seien daher auch steuermindernd anzuerkennen. Auf die Teilbarkeit der Kosten der Strafverteidigung komme es auch aus einem weiteren Grund nicht an. Wie bereits dargestellt, sei der Teil der Kosten, der auf die Strafverteidigung in Bezug auf die Freisprüche angefallen sei, nach § 33 EStG absetzbar (mit Hinweis auf BFH vom 15. November 1957 IV 279/56 U, BStBl III 1958 Seite 105). Die weiteren Kosten der Strafverteidigung würden sich auf die Vorteilsannahme beziehen. Diese seien ebenso als Werbungskosten anzusetzen, da sie Aufwendungen im Hinblick auf das nicht zu Stande gekommene Arbeitsverhältnis mit der Firma H. dargestellt hätten, also Werbungskosten für eine zukünftige Tätigkeit. Die Finanzverwaltung begebe sich hier in Widerspruch, wenn sie auf Seite 16 ihrer Einspruchsentscheidung einerseits die Meinung vertrete, der Prozess habe nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der angestrebten Berufstätigkeit gestanden, 3 Absätze höher jedoch feststellte, dass sämtliche Anklagepunkte auf das Versprechen des späteren Abschlusses des Dienstvertrages zurückzuführen seien. Der zunächst angenommene Vorteil, für den der Kläger verurteilt worden sei, liege gerade in der Annahme eines Dienstvertrages. Das habe das Landgericht Mannheim in seinem Urteil auf Seite 51 eindeutig festgestellt. Der Kläger sei sich bewusst gewesen, dass seine Tätigkeit bei der Treuhandanstalt nur vorübergehend sein würde. Für die Zeit danach habe er eine weitere Anstellung benötigt. So habe auch das Landgericht Mannheim auf Seite 51 seines Urteils erkannt, dass die mit dem Abschluss des Dienstvertrages erlangte Rechtsposition schon als solche für den Beschäftigten eine wesentliche Basis zur Existenzsicherung dargestellt habe. Damit habe der angenommene Vorteil eindeutig der Sicherung und Erhaltung von Einnahmen gedient. Dies entspreche der Definition von Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG. Da somit im Ergebnis alle Teile der Strafverteidigungskosten für sich absetzbar seien, bestünde ein Problem hinsichtlich der Teilbarkeit nicht. Für eine Absetzbarkeit der Strafverteidigungskosten als Werbungskosten spreche auch der Umstand, dass eine Verurteilung wegen eines Amtsdeliktes einer zukünftigen Tätigkeit als Beamter entgegenstehe. Um seine Berufschancen auch im Bereich des Beamtentums aufrechtzuerhalten, sei er gezwungen gewesen, sich gegen eine Anklage und eventuelle Verurteilung unter Mitwirkung eines Strafverteidigers zu wehren. Daher seien die Strafverteidigungskosten im Hinblick auf ein zukünftiges Arbeitsverhältnis auch berufsbezogen aufgewendet worden.
Die Kläger beantragen,
...
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bleibt bei seiner in der Einspruchsentscheidung dargelegten Meinung.
Den mit Schreiben vom 25. März 2010 gestellten Antrag des Beklagten auf Terminsaufhebung, der mit einer am 30. Dezember 2009 eingegangenen Selbstanzeige begründet worden ist, hat der Vorsitzende Richter mit Antwortschreiben vom 30. März 2010 abgelehnt.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist unbegründet.
Eine Aufhebung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide kommt nicht in Betracht, denn sie sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1.
Der Beklagte hat zu Recht die streitigen Strafverteidigungskosten nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt.
Werbungskosten sind gemäß § 9 EStG alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen dienen der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, wenn sie durch den Beruf veranlasst sind. Zu bejahen ist dies, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden (vgl. z.B.: BFH vom 4. Juli 1986 VI R 227/83, BStBl II 1986 Seite 771). Werbungskosten müssen von den Kosten der Lebenshaltung, die nach § 12 Nr. 1 EStG zu den nicht abzugsfähigen Ausgaben gehören, abgegrenzt werden.
Strafverteidigungskosten sind Folgen kriminellen Verhaltens und deshalb, wie die Strafe selbst (§ 12 Nr. 4 EStG), in der Regel der privat zu verantwortenden Unrechtssphäre zuzuordnen (vgl. z.B.: BFH vom 13. Dezember 1994 VIII R 34/93, BStBl II 1995 S. 457). Ausnahmsweise können strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen. Dabei ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder teilweise erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§ 40 AO). Die "Einheit der Rechtsordnung" rechtfertigt es nicht, Strafverteidigungskosten generell vom Werbungskostenabzug auszuschließen, denn das Steuerrecht ist grundsätzlich wertneutral (vgl. z.B.: BFH vom 19. Februar 1982 VI R 31/78, BStBl II 1982 Seite 467). Demzufolge können selbst vorsätzlich begangene Straftaten selbst im Falle einer Verurteilung zu Werbungskosten führen, sofern der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist (vgl. z.B.: BFH vom 19. Februar 1982 VI R 31/78, a.a.O.; BFH vom 30. Juni 2004 VIII B 265/03, BFH/NV 2004 Seite 1639; BFH vom 18. Oktober 2007 VI R 42/04, BStBl II 2008 Seite 223). Ein beruflicher Zusammenhang besteht nur, wenn die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar ist (vgl. z.B.: BFH vom 12. Juni 2002 XI R 35/01, BFH/NV 2002 Seite 1441; BFH vom 18. Oktober 2007 VI R 42/04, a.a.O.). Bei der Beantwortung der Frage, ob das der Fall ist, ist ein strenger Maßstab anzulegen (BFH vom 13. Oktober 1960 IV 63/59 S BStBl III 1961 Seite 18). Nach diesen Grundsätzen stellen die geltend gemachten Strafverteidigungskosten weder bei der Klägerin noch beim Kläger Werbungskosten dar.
a)
Bei der Klägerin fehlt ein Veranlassungszusammenhang zum Beruf deshalb, weil sie bereits im Veranlagungszeitraum 1993 Hausfrau war und damit keinen Beruf i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 19 EStG ausübte.
b)
Aber auch beim Kläger ist das ihm vorgeworfenen Verhalten -- die Vorteilsannahme durch Abschluss des Dienstvertrages vom 1. Oktober 1991 -- nicht in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit bei der Treuhandanstalt geschehen, sondern nur bei Gelegenheit. Das hat der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung vom 10. November 2006 zutreffend erkannt. Entgegen der von den Klägern im Klageverfahren vorgebrachten Ansicht folgt die berufliche Veranlassung nicht etwa aus dem Umstand, dass die Stellung des Klägers kausal für die Tatbegehung war. Richtig ist, dass der Kläger den Straftatbestand der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) nur deshalb erfüllen konnte, weil er als Direktor der Privatisierungsabteilung der Treuhandanstalt Amtsträger war und mit dem Abschluss des Dienstvertrages einen Vorteil für seine Mitwirkung bei künftigen Verkäufen an die Hartmann-Gruppe annahm. Ein ausreichender beruflicher Zusammenhang wird allerdings nicht dadurch begründet, dass die Berufsausübung nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass die Ausgabe entfiele. Eine reine "conditio sine qua non" genügt nicht (BFH vom 18. September 1987 VI R 121/84, BFH/NV 1988 S. 353; BFH vom 18. Oktober 2007 VI R 42/04, a.a.O.). Deshalb ist es nicht entscheidend, ob ein Steuerpflichtiger nur als Arbeitnehmer in der Lage war, die ihm zur Last gelegte Straftat zu begehen (vgl. z.B.: BFH vom 30. Juni 2004 VIII B 265/03, BFH/NV 2004 S. 1639). Die einkunftsmindernde Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten setzt vielmehr voraus, dass die -- die Aufwendungen auslösenden -- schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen (vgl. z.B.: BFH vom 9. Dezember 2003 VI R 35/96, BStBl II 2004 S. 641; Urteil des erkennenden Senats vom 27. Juni 2008 4 K 1928/07, EFG 2009 S. 31; Bode, NWB Nr. 10 vom 3.3.2008 Fach 6 Seite 4885 m.w.N.; Bergkemper in jurisPR-Steuer 4/2008 Anm. 3), um sie, wie von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefordert, als ausschließlich und unmittelbar aus der beruflichten Tätigkeit heraus erklärbar einstufen zu können. Hieran mangelt es. Die dem Kläger zur Last gelegte Tat der Vorteilsannahme liegt nicht mehr im Rahmen seiner beruflichen Aufgabenerfüllung bei der Treuhandanstalt. Es gehörte selbstredend nicht zu seinen Pflichten, sich Vorteile für künftige Diensthandlungen versprechen bzw. gewähren zu lassen. Ein solches den Arbeitgeber (ruf-)schädigendes und sich selbst bereicherndes Verhalten führt zur Beseitigung der erwerbsbezogenen Veranlassung (vgl. z.B.: BFH vom 6. Februar 1981 VI R 30/77, BStBl 1981 S. 362; BFH vom 9. Dezember 2003 VI R 35/96, a.a.O.). Darin unterscheidet sich der Streitfall grundlegend von dem Sachverhalt, welcher der von den Klägern in Bezug genommenen Entscheidung des BFH vom 19. Dezember 1982 (VI R 31/78, BStBl II 1982 S. 467) zu Grunde lag. Dort gehörte es zu den Aufgaben des Gießerei-Ingenieurs, neue Herstellungsverfahren zu entwickeln. Während der Verwendung einer neuen, vom ihm hergestellten Rezeptur wurden mehre Arbeiter getötet und weitere verletzt. Demgemäß hatte der BFH keine Veranlassung, die im Aufgabenbereich des Ingenieurs wurzelnden Aufwendungen für die Strafverteidigung nicht der Berufssphäre zuzuordnen.
Dass der Kläger die Straftat der Vorteilsannahme beging, um im Anschluss an seine von vornherein befristete Tätigkeit bei der Treuhandanstalt Geschäftsführer bei der zur H.-Gruppe gehörenden Firma H. GmbH mit einem Jahresgehalt von 300.000 DM zuzüglich weiterer Vorteile (Tantiemezahlungen von 3-5% des Gewinns, Übernahme von Versicherungsleistungen durch den künftigen Arbeitgeber) zu werden, rechtfertigt es ebenfalls nicht, die die dem Kläger entstandenen Kosten für seine Strafverteidigung als Werbungskosten anzuerkennen. Zwar können Werbungskosten schon zu einem Zeitpunkt anfallen, in dem mit einem Aufwand zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt werden, sofern ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht; ob die Aufwendungen zum beabsichtigten Erfolg führen, ist unerheblich (vgl. z.B.: BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BStBl II 1990 S. 830). Selbst nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht können vorab entstandene vergebliche Werbungskosten weiter abziehbar sein (vgl. z.B.: BFH vom 5. November 2001 IX B 92/01, BStBl II 2002 S. 144 m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist aber, dass der durch die Absicht der Einkünfteerzielung begründete Veranlassungszusammenhang fortwirkt und nicht durch eine der Privatsphäre zuweisende neue Veranlassung überlagert wird (vgl. z.B.: BFH vom 15. November 2005 IX R 3/04, BStBl II 2006 S. 258; BFH vom 7. Juni 2006 IX R 45/05, BStBl II 2006 S. 803; Blümich/Thürmer, EStG, Loseblattsammlung Stand Dezember 2007, Rz 163 zu § 9; Heuermann in Inf 2006 S. 809; L. Schmidt/Drenseck, EStG 27. A. 2008, Rz 45 zu § 9). Von einem Fortwirken des durch die Absicht der Einkunfteerzielung begründeten Veranlassungszusammenhangs kann vorliegend indes keine Rede sein. Der Kläger hat nämlich seine ursprüngliche Absicht, als Geschäftsführer bei der Firma H. GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erzielen, noch vor Anfall von Strafverteidigungskosten aufgegeben. Nach den Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mannheim im Urteil vom 29. November 1999 entschloss sich der Kläger bereits gegen Jahresende 1991, seinen Dienst bei der H.-Gruppe zum 1. April 1992 nicht anzutreten (Bl. 78 Rb-A). Damit hat er seine auf die Erzielung von Lohneinkünften begonnene Tätigkeit bei der Hartmann-Gruppe nicht fortgeführt, sondern -- ohne die eingegangenen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen in irgendeiner Weise zu erfüllen (siehe dazu z.B.: BFH vom 4. März 1997 IX R 29/93, BStBl II 1997 S. 610; BFH vom 5. November 2001 IX B 92/01, a.a.O.) -- endgültig beendet und dadurch den ursprünglich begründeten Veranlassungszusammenhang zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beseitigt. Infolgedessen stand bei der Abwehr des Strafvorwurfs die dem Privatbereich zuzuordnende Verhinderung oder Abmilderung einer Bestrafung und nicht etwa die Einkunftssphäre im Vordergrund. Gegen eine Zuordnung zur Privatsphäre spricht auch nicht die Behauptung, der Kläger habe sich im Strafverfahren verteidigt, um seine Berufschancen im Bereich des Beamtentums aufrecht zu erhalten. Dies deshalb nicht, weil er im Jahr 1993 bereits das 62-zigste Lebensjahr erreicht hatte und im Hinblick auf die im Beamtenrecht geltenden Altersgrenzregelungen mit einer Anstellung als Beamter nicht mehr ernsthaft rechnen konnte.
2.
Soweit der Beklagte die Strafverteidigungskosten nicht gemäß § 33 EStG als außergewöhnliche Belastungen anerkannte, unterliegt dies gleichfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Aufwendungen für die Strafverteidigung sind, wenn das Verfahren -- wie hier -- mit einer Verurteilung endet, nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Es fehlt insoweit am Erfordernis der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG (BFH vom 21. Juni 1989 X R 20/88, BStBl II 1989 S. 831; BFH vom 18. Oktober 2007 VI R 42/04, a.a.O.).
II.
1.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 EStG.
2.
Revisionszulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 FGO) sind nicht gegeben. Die Entscheidung basiert auf der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Die Revision ist nicht zugelassen worden.
...