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Steuerrecht
10.08.2017
Steuerrecht
FG des Saarlandes: Steuerfreiheit von Fahrtkostenerstattungen

FG des Saarlandes, Urteil vom 24.5.20172 K 1082/14

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, welches für andere Unternehmen Dienstleistungen im EDV-Bereich erbringt. Hierzu bedient sie sich der Mitwirkung angestellter Mitarbeiter. Im Streitzeitraum beschäftigte die Klägerin sieben Festangestellte und zwei Aushilfskräfte. Diese wurden bei den Auftraggebern (etwa bei der Firma B in L. und der Firma D in R.) eingesetzt.

Bei der Klägerin fand im ersten Halbjahr 2012 eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt, welche den Zeitraum 2008 bis 2011 umfasste. Ausweislich des Prüfungsberichtes vom 1. August 2012 (Ap, Bl. 96 ff.) hatte die Klägerin ihren Arbeitnehmern Reisekostenerstattungen steuerfrei geleistet. Der Prüfer stellte nach Anhörung der Arbeitnehmer fest, dass die den erklärten „Fahrtkostenerstattungen“ zugrundeliegenden Unterlagen von der Klägerin selbst erstellt und Fahrtkosten nicht in dem ausgewiesenen Umfang an die Arbeitnehmer ausgezahlt worden waren. Der Prüfer sah die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit der erstatteten Fahrtkosten nicht als gegeben an, da die Nachweise nicht den steuerlichen Vorgaben entsprochen hätten. Er gelangte zu dem Ergebnis, die Hälfte des Fahrtkostenersatzes in den einzelnen Prüfungsjahren als Betriebsausgaben anzuerkennen und diese Beträge einer pauschalen Nachversteuerung zuzuführen (Ap, Bl. 99).

Der Beklagte erließ auf dieser Basis am 20. September 2012 (Rbh, Bl. 7) einen Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 über insgesamt 23.674,65 €. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 19. Oktober 2012 Einspruch ein (LSt, Bl. 24).

Nachdem die Klägerin im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2010 und 2011 die Höhe der den Arbeitnehmern erstatteten Fahrtkosten ermittelt und belegt hatte (ESt, Bl. 91 und GewSt, Bl. 65f.), ergingen Bescheide über Einkommensteuer für 2010 und 2011, in denen Betriebsausgaben in entsprechender Höhe anerkannt wurden (ESt, Bl. 115 ff. und 157 ff). Zudem erließ der Beklagte am 20. August 2013 – gestützt auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO – einen geänderten Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 über insgesamt 23.931,23 € (Rbh, Bl. 8 und LSt, Bl. 44 ff.). In den Erläuterungen zu diesem Bescheid heißt es „Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch vom 19.10.2012“. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 20. September 2013 erneut Einspruch ein (Rbh, Bl. 3).

Mit Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2014 (Rbh, Bl. 10 ff.) wies der Beklagter den Einspruch vom 20. September 2013 als unbegründet zurück.

Am 4. März 2014 hat die Klägerin Klage erhoben (Bl. 1). Sie beantragt,

                den Nachforderungsbescheid  über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 vom 20. August 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2014 aufzuheben.

Die Klägerin macht geltend, weder sie noch ihr steuerlicher Vertreter hätten sich mit der Lohnsteuer-Außenprüfung auf eine Regelung bzgl. einer Lohnversteuerung der gezahlten Reisekosten verständigt (Bl. 54 und 83). Der Beklagte habe auch nicht über die weiteren Folgen der damaligen Prüfung mit ihr gesprochen. Diese seien ihr erst mit dem Nachforderungsbescheid bekannt geworden (Bl. 87). Zudem habe sie, die Klägerin, sich auf die schätzungsweise Anerkennung von 50 % der Fahrtkosten als Betriebsausgaben nur unter der Maßgabe einverstanden erklärt, dass hiermit die Prüfung abgeschlossen sei (Bl. 99 und Bp, Bl. 92). Dass darüber hinaus weitere Steuern anfallen würden, sei nicht Bestandteil des Vergleichs gewesen und sei ihr auch nicht kommuniziert worden. Da ihr der interne Schriftverkehr zwischen Prüfbehörde und Veranlagungsdienststelle nicht bekannt gewesen sei, habe sie nach Treu und Glauben davon ausgehen dürfen, dass der gesamte Prüfvorgang, wie in dem Vergleich vorgesehen, abgeschlossen gewesen sei (Bl. 99 f.)

Zwar sei sie, die Klägerin, bei der Erstellung der Fahrtkostenabrechnungen für die Jahre 2008 bis 2011 irrtümlich davon ausgegangen, sie könne wie ein privater Arbeitnehmer unabhängig von den tatsächlich angefallenen Kosten den gesetzlich geregelten Pauschbetrag für Dienstreisen geltend machen (Bl. 80), es sei aber nicht nachvollziehbar, weshalb bzgl. der als Betriebsausgaben anerkannten Fahrtkosten noch Lohnsteuer anfallen sollte (Bl. 29). Sie, die Klägerin, habe schon im Rahmen der Prüfung glaubhaft machen können, dass die Erstattungen der Fahrtkosten unterhalb eines Betrages von 0,30 € je Kilometer erfolgt seien. Denn um die pauschalen Kostenerstattungen zu ermitteln, sei jeder Einzelfall nach Monatsende geprüft, die Entfernungen der Einsatzorte mittels Routenplaner ermittelt und die Stundennachweise, Urlaubszettel und Übernachtungsbelege mit den wechselnden Standorten verglichen worden (Bl. 53). Bei der Nachermittlung der erstatteten Fahrtkosten seien insbesondere bzgl. der Jahre 2010 und 2011 keine Schätzungen erfolgt, sondern konkrete Berechnungen zu den tatsächlich aufgewandten Fahrtkosten eingereicht worden (Bl. 30 und 53). Da diese vom Beklagten im Einspruchsverfahren auch übernommen worden seien, sei von deren Richtigkeit auszugehen (Bl. 86). Zwischenzeitlich habe sie auch für die Jahre 2008 und 2009 belegt, dass die Fahrtkosten mindestens in Höhe der vom Veranlagungs-Finanzamt anerkannten Betriebsausgaben angefallen seien. Damit sei nachgewiesen, dass die von ihr als Betriebsausgaben geltend gemachten Fahrtkosten die von den Arbeitnehmern als Werbungskosten abziehbaren Pauschbeträge nicht überschritten hätten. Dies sei zudem durch die Vernehmung der ehemaligen Mitarbeiter der Klägerin bestätigt (Bl. 80 und 101). Sie, die Klägerin, habe ihrer Nachweispflicht damit Genüge getan.

Die von der Klägerin an die Mitarbeiter getätigten Zahlungen seien in bar mittels unterschriebener Quittung oder als Überweisung über das Firmenkonto erfolgt und deshalb lückenlos nachvollziehbar. Anhand der von den ehemaligen Mitarbeitern vorgelegten Abrechnungen mit Belegen habe sie, die Klägerin, zwischenzeitlich Reisekostenabrechnungen erstellt. Hieraus würden sich die Beträge ergeben, die sie mit den einzelnen Arbeitnehmern als Fahrtkosten zu den verschiedenen Projekten vereinbart habe (Bl. 89 sowie Bl. 101 ff. sowie der beigefügte Ordner).

Entgegen der Ansicht des Beklagten mache § 3 Nr. 16 EStG die Steuerfreiheit nicht von einer bestimmten Form abhängig. Ungeachtet dessen könne sie, die Klägerin, von einzelnen Mitarbeitern Reisekostenabrechnungen vorlegen. Bezüglich der übrigen Mitarbeiter ließe sich aus den von diesen vorgelegten Unterlagen zu den übrigen Reisekosten und den jeweils ausgezahlten Beträgen berechnen, dass in keinem Fall Fahrtkosten gezahlt worden seien, die über den gesetzlich erlaubten Pauschbeträgen für Dienstreisen lägen. Diese Unterlagen würden den normierten Anforderungen genügen (Bl. 84 f.). Ungeachtet dessen ersetze die vereinbarte Schätzung für die Jahre 2008 und 2009 eine ordnungsgemäße Abrechnung (Bl. 84).

Sie, die Klägerin, habe auch nicht gegen § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV verstoßen, da eine Aufzeichnungspflicht dann nicht bestehe, wenn die Möglichkeit der Nachprüfung in anderer Weise sichergestellt sei. Sie habe durch separate Fahrtkostenordner mit Zahlungsübersichten je Jahr, Projekt und Mitarbeiter Abrechnungen mit Belegen und deren Zuordnungen  zu den jeweiligen Lohnkonten sichergestellt, dass die Möglichkeit der Nachprüfung jederzeit gegeben sei (Bl. 64 f., 86 und 100 sowie Aufstellungen im beigefügten Leitzordner). Anfragen der Finanzämter oder Bescheinigungen für die Mitarbeiter zu den Reisekosten hätten somit jederzeit beantwortet bzw. ausgestellt werden können. Der Beklagte habe auch nie von der Klägerin verlangt, Fahrtkostenerstattungen unmittelbar im Lohnkonto aufzuzeichnen. Zudem befinde sich eine entsprechende Rubrik nicht im von der Finanzverwaltung vorgegebenen Formular. Zur Vermeidung einer doppelten Inanspruchnahme der Steuervergünstigung sei es gängige Praxis der Finanzbehörden, sich bei Rückfragen hinsichtlich Dienstreiseabrechnungen mit dem Arbeitgeber oder den Mitarbeitern in Verbindung zu setzen und formlose Bescheinigungen hierüber anzufordern (Bl. 64 f. und 86). Weder aus den Akten noch aus der Vernehmung der Mitarbeiter würden sich Hinweise darauf ergeben, dass ehemalige Mitarbeiter der Klägerin Steuern verkürzt hätten. Diese hätten die Reisekostenerstattung durch die Klägerin gegenüber den Finanzbehörden auch nicht verschleiert. Den Mitarbeitern sei bewusst gewesen, dass angefallene und erstattete Reisekosten nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden konnten (Bl. 100 f.).

Dass sie, die Klägerin, die Unterlagen nicht früher vorgelegt habe, liege daran, dass sie der Beklagte nicht angefordert habe. Es widerspreche daher dem Fairnessgebot, Unterlagen im Hinblick auf ihre verspätete Erstellung den Beweiswert abzusprechen (Bl. 87).

Die Fahrtkosten seien insbesondere nicht einer Pauschalversteuerung zu unterwerfen, da eine solche nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG ausschließlich bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte in Betracht komme. Es sei aber unstreitig, dass die Mitarbeiter der Klägerin bei ihren Projekteinsätzen keine regelmäßige Arbeitsstätte beim (End-) Kunden (D, B u.ä.) begründet hätten (Bl. 52 f. und 100). § 40 Abs. 1 EStG sei nicht einschlägig, da die Zahlungen steuerfrei seien (Bl. 100).

Der Beklagte beantragt,

                die Klage als unbegründet abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass Geldzuflüsse, die nicht nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei seien, zum steuerpflichtigen Arbeitslohn zählen würden. Die Steuerbefreiung sei Ausfluss dessen, dass es sich bei den ersetzten Aufwendungen ansonsten um Werbungskosten des Arbeitnehmers handeln würde. Deshalb sei der Arbeitnehmer verpflichtet, die ihm entstandenen Aufwendungen nachzuweisen und der Arbeitgeber müsse diese Nachweise zum Lohnkonto nehmen. Das Erfordernis der besonderen Nachweis- und Belegführungspflicht setze im Hinblick auf eine klare Abgrenzung des steuerpflichtigen Arbeitslohns gegenüber dem steuerfreien Auslagenersatz und zur Verhütung missbräuchlicher Inanspruchnahme nicht gerechtfertigter Steuervorteile die Einzelabrechnung der vom Arbeitnehmer verauslagten Beträge voraus. Pauschaler Auslagenersatz sei stets als Arbeitslohn zu behandeln. Hier bleibe es dem Arbeitnehmer überlassen, die im Interesse seines Arbeitgebers verauslagten Beträge als Werbungskosten geltend zu machen (Bl. 75 f.).

Eine Einzelabrechnung erfordere, dass die Dauer der Reise, der Reiseweg, der Einsatzort und die Höhe der entstandenen Aufwendungen grundsätzlich durch Reisekostenabrechnungen des Arbeitnehmers nachgewiesen würden. Allein diese Art des Nachweises und des gesonderten Ausweises von Reisekostenersatz im Lohnkonto würden es ermöglichen, die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 16 EStG dem Arbeitnehmer bereits bei der Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber zu gewähren, ohne die zutreffende Erhebung der Lohnsteuer zu gefährden. Bei der Lohnsteueraußenprüfung seien diese Abrechnungen nicht vorgelegt worden, sondern nur die von der Klägerin selbst erstellten unzutreffenden Abrechnungen zu den Fahrtkosten. Deshalb seien auch nur die Fahrtkosten der Lohnsteuer unterworfen worden, die daneben ausgewiesenen Verpflegungsmehraufwendungen, Übernachtungs- und Reisenebenkosten dagegen nicht (Bl. 58). Die Klägerin könne nach nunmehr neun Jahren nicht mittels nachträglich erstellter Einzelaufstellungen die tatsächlich gezahlten Kostenerstattungen nachweisen. Diesen käme keine hinreichende Beweiskraft mehr zu (Bl. 76 f.).

Die Klägerin verkenne bei ihren Ausführungen zu § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV, dass es unbedingt erforderlich sei, dass sich steuerfreie Arbeitgebererstattungen aus den Lohndaten ergeben müssten. Nur so könne ein ordnungsgemäßer Werbungskostenabzug seitens der Finanzbehörden überprüft werden. Ansonsten sei der mehrfachen Inanspruchnahme der Steuerfreiheit durch den Arbeitnehmer Tür und Tor eröffnet. Wenn sich daher die steuerfreien Leistungen nicht nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV aus dem Lohnkonto ergeben würden, müsse der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Finanzbehörden auf andere Weise davon Kenntnis erlangten. Vorliegend habe der Prüfer tatsächlich Fälle festgestellt, in denen Arbeitnehmer der Klägerin Reisekosten als Werbungskosten geltend gemacht hätten, ohne steuerfrei erhaltene Leistungen in Abzug zu bringen (Bl. 78).

Da die Arbeitnehmer übereinstimmend ausgesagt hätten, dass sie bei Nutzung des eigenen Kraftfahrzeugs nicht den in den Fahrtkostenabrechnungen der Klägerin enthaltenen Betrag von 0,30 € je gefahrenen Kilometer erhalten hätten, sondern einen wesentlich niedrigeren und die steuerfrei gewährten Fahrtkosten nicht mehr ermittelbar seien, seien die Schätzungen des Beklagten nicht zu beanstanden (Bl. 57 f.).

Die Inanspruchnahme der Klägerin als Arbeitgeberin sei auch nach pflichtgemäßem Ermessen geboten, da die Arbeitnehmer in die fehlerhafte Lohnsteuerermittlung nicht eingebunden gewesen seien (Bl. 39).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die hinzugezogenen Verwaltungsakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Inanspruchnahme der Klägerin durch den Lohnsteuernachforderungsbescheid ist rechtmäßig. Für die von der Klägerin geleisteten Fahrtkostenerstattungen war gemäß §§ 39b Abs. 1, 38 Abs. 1 EStG Lohnsteuer einzubehalten.

1. Reisekostenerstattungen sind steuerbarer Arbeitslohn (§§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 39b Abs. 1 EStG). Bei den Reisekostenerstattungen handelt es sich – ungeachtet der Frage nach deren Steuerfreiheit - eindeutig um Einnahmen der Arbeitnehmer, die diesen „aus dem Dienstverhältnis“ zugeflossen sind (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 LStDV; s.a. BFH vom 13. Juni 2012 VI R 47/11, BStBl II 2013, 169).

2. DieAuszahlungen der Fahrtkosten an die Arbeitnehmer konnte nicht nach § 3 Nr. 16 EStG (in der in den Streitjahren geltenden Fassung) steuerfrei erfolgen. Hiernach sind u.a. die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten und Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, steuerfrei, soweit sie die beruflich veranlassten Mehraufwendungen nicht übersteigen. Reisekosten sind Kosten für beruflich veranlasste Tätigkeiten außerhalb der Wohnung und der regelmäßigen Arbeitsstätte. Zu ihnen zählen Fahrtkosten, Mehraufwendungen für die Verpflegung, Übernachtungs- und Reisenebenkosten. Der Grund für die Steuerfreiheit des Reisekostenersatzes im Lohnsteuerabzugsverfahren ist, dass es sich bei den ersetzten Aufwendungen um Werbungskosten, d.h. um Aufwendungen des Arbeitnehmers handelt, die dieser vom Arbeitslohn abziehen könnte, wenn er dafür nicht steuerfreien Ersatz vom Arbeitgeber erhalten hätte. Deshalb ist die Steuerfreiheit dieser Kosten grundsätzlich nachweisgebunden (vgl. etwa BFH vom 7. April 1992 VI R 113/88, BStBl II 1992, 854). Erforderlich sind regelmäßig eine Einzelabrechnung sowie eine Belegnahmepflicht. Hierzu müssen Nachweise über die Dauer der Reise, Reiseweg und Höhe der Aufwendungen erbracht werden. Entsprechende Unterlagen müssen als Beleg zu den Lohnkonten genommen werden. Hat der Arbeitgeber dieser Nachweis- und Belegnahmepflicht nicht entsprochen, scheidet die Annahme steuerfreien Reisekostenersatzes im Rahmen des Lohnsteuerabzugs aus (BFH vom 6. März 1980 VI R 65/17, BStBl II 1980, 289). Dies gilt für jede Form des steuerfrei geleisteten Reisekostenersatzes, unabhängig davon, ob es sich um Verpflegungsmehraufwendungen, Übernachtungs- oder Fahrtkosten handelt (Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG, § 3 Nr. 16 EStG Rn. 4; Handzik in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 3 Rn. 673).

Die §§ 3 Nr. 16, 41 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV schreiben hinsichtlich des Nachweises keine besondere Form vor, aus den allgemeinen Ordnungsvorschriften der §§ 145 ff AO folgt jedoch, dass Aufzeichnungen grundsätzlich so beschaffen sein müssen, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens verschaffen. Dies gilt auch für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln und grundsätzlich nicht verpflichtet sind, Bücher zu führen; denn insbesondere § 145 Abs. 2 AO betrifft jegliche zu Besteuerungszwecken gesetzlich geforderte Aufzeichnungen, also auch solche, zu denen der Steuerpflichtige aufgrund anderer Vorschriften, wie zum Beispiel § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV, verpflichtet ist. Das Erfordernis einer Einzelaufzeichnung folgt zudem aus § 3 Nr. 16 EStG selbst, da nach dem Gesetzeswortlaut (in der für die Streitjahre geltenden Fassung) Reisekosten nur steuerfrei waren, „soweit sie die durch die Reise entstandenen Mehraufwendungen nicht übersteigen“. Im Fall der Fahrtkostenerstattung müssen die Unterlagen daher so beschaffen sein, dass sie einen Vergleich der vom Arbeitgeber ausgezahlten Beträge mit den durch die beruflich bedingte Reise entstandenen Kosten ermöglichen (vgl. BFH vom 6. März 1980 VI R 65/77, BStBl II 1980, 289). Dies kann nur durch Aufzeichnungen und entsprechende Belegnahme gewährleistet werden, die eine solche Überprüfung ohne nennenswerten Aufwand ermöglichen. Auch wenn es § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV daher gestattet, steuerfrei ausgezahlte Beträge im Lohnkonto in einer Summe auszuweisen, folgt aus dem Vorgenannten, dass sich aus den neben dem Lohnkonto zu führenden Unterlagen zweifelsfrei ergeben muss, für welche konkrete Dienstreise und in welcher Höhe dem Arbeitnehmer jeweils Aufwendungen für Fahrt- und Übernachtungskosten, Verpflegungsmehraufwendungen oder sonstige Nebenkosten erstattet wurden.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügt es ausnahmsweise, wenn die Voraussetzungen der Steuerfreiheit lediglich glaubhaft gemacht werden; dies aber allenfalls dann, wenn dem Steuerpflichtigen ein Nachweis durch Vorlage von Reisekostenabrechnungen ausnahmsweise nicht zugemutet werden kann (vgl. BFH vom 6. März 1980 VI R 65/77, BStBl II 1980, 289).

Ein Anspruch auf Festsetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis kann von der Finanzbehörde verwirkt werden. Bei der Verwirkung handelt es sich um einen Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben und Anwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Tuns (venire contra factum proprium). Die Annahme von Verwirkung setzt daher ein bestimmtes Verhalten der Finanzbehörde voraus, aufgrund dessen der Steuerpflichtige bei objektiver Betrachtung annehmen darf, die Behörde werde den Anspruch nicht oder nicht mehr geltend machen (BFH vom 27. September 1988 VII R 181/85, BFHE 154, 406). Zum Tatbestand gehört sowohl ein Zeitmoment als auch ein Umstandsmoment (grundlegend BFH vom 14. September 1978 IV R 89/74, BStBl II 1979, 121 m.w.N.). Während für das Zeitmoment bereits eine längere Untätigkeit des Anspruchsberechtigten genügen kann, setzt das Umstandsmoment ein bestimmtes Verhalten des Anspruchsberechtigten und einen hierdurch ausgelösten Vertrauenstatbestand beim Verpflichteten voraus (BFH vom 7. Juli 2004 X R 24/03, BStBl II 2004, 975). Denn wenn die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Einzelfall gesetztes Recht verdrängt und dazu führen soll, dass dem Steuerpflichtigen ein gesetzwidriger Steuervorteil verbleibt, ist erforderlich, dass der Steuerpflichtige aufgrund des Vertrauenstatbestands eine unwiderrufliche Vermögensdisposition getroffen hat (BFH vom 7. Juli 2004 X R 24/03, BStBl II 2004, 975).

2.1. BeiAnwendungder vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall scheitert eine Steuerbefreiung der ausgezahlten Fahrtkosten nach § 3 Nr. 16 EStG vorliegend daran, dass es die Klägerin versäumt hat, Unterlagen (zeitnah) zu erstellen und aufzubewahren, anhand derer die Überprüfung der Steuerfreiheit des ausgezahlten Fahrtkostenersatzes hätte überprüft werden können. Für Tatsachen, mit denen eine steuerliche Vergünstigung begehrt wird, trägt grundsätzlich der Steuerpflichtige die objektive Feststellungslast (BFH vom 29. Juli 2015 IV R 16/12, BFH/NV 2015, 1575; vom 24. Juni 1976 IV R 101/75, BStBl II 1976, 562).

Unstreitig entsprachen die von der Klägerin zunächst erstellten und zum Lohnkonto genommenen Fahrtkostenabrechnungen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten und konnten daher weder als Nachweis für die ausgezahlten Fahrtkosten noch für die tatsächlich angefallenen Fahrtkosten dienen. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass die Klägerin anhand von Projektunterlagen, Stundennachweisen, Übernachtungsbelegen, Kilometernachweisen über Routenplaner und sonstigen Belegen dokumentieren konnte, dass die aufgezeichneten Fahrtkosten die steuerfrei erstattbaren Pauschbeträge von 0,30 € je Kilometer nicht überschritten haben; denn die Abrechnungen sind weder dazu geeignet, einen Nachweis darüber zu erbringen, in welcher Höhe Fahrtkosten tatsächlich ausgezahlt wurden, noch können sie einen Nachweis dafür erbringen, ob und in welcher Höhe Aufwendungen für Fahrtkosten bei dem jeweiligen Arbeitnehmer überhaupt angefallen sind.

Dies gilt auch soweit die Fahrtkosten im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nur zu ca. 50 % als Betriebsausgaben anerkannt wurden. Der Senat bezweifelt hierbei nicht, dass sich die Arbeitnehmer an den auswärtigen Tätigkeitsstätten aufgehalten haben. Da die Arbeitnehmer der Klägerin jedoch gehalten waren, Fahrgemeinschaften zu bilden, konnte nicht davon ausgegangen werden, dass dem Arbeitnehmer damit auch Aufwendungen für Fahrtkosten entstanden waren. Hierzu hatte die Klägerin keine Aufzeichnungen geführt bzw. zum Lohnkonto genommen. Somit war ein Vergleich zwischen tatsächlich ausgezahlten Fahrtkosten und dienstreisebedingten Mehraufwendungen nicht möglich.

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Klägerin die Höhe der an die einzelnen Arbeitnehmer ausgezahlten Fahrtkosten zwischenzeitlich ermittelt hat. Diese nachgereichten Aufzeichnungen der Klägerin liefern keinen Aufschluss darüber, ob dienstreisebedingte Mehraufwendungen überhaupt entstanden sind (s. auch Tz. 2.2.). Es mag zutreffend sein, dass die Klägerin nur dann Fahrtkosten ausgezahlt hat, wenn diese auch tatsächlich angefallen sind. Einen Nachweis dazu vermag die Klägerin jedoch nicht vorzulegen. Der Nachweis kann nicht durch die Versicherung der Klägerin, dass Fahrtkostenerstattungen nur aufgrund von Einzelabrechnung und einer vorherigen Prüfung der Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfolgt seien, geführt werden. Ebenso wenig kann der Nachweis durch die Aussagen der Arbeitnehmer der Klägerin zu der Höhe der Fahrtkostenerstattungen erfolgen. Denn insoweit hat die Klägerin die Voraussetzungen der Steuerfreiheit allenfalls glaubhaft gemacht.

Im Streitfall lagen die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Nachweispflicht nicht vor, denn es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin eine entsprechende Nachweisführung unzumutbar gewesen sein sollte. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass sie im Rahmen der ursprünglich erstellten Aufzeichnungen mit akribischem Arbeitsaufwand zum jeweiligen Monatsende Abrechnungen gefertigt hat und hierbei die Entfernung zwischen Wohn- und Einsatzort ermittelt und den Kunden, bei dem der Arbeitnehmer tätig war, festgehalten hat, um so die Grenze für den gesetzlich möglichen Fahrtkostenersatz zu ermitteln. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, warum dann nicht auch festgehalten wurde, in welcher Höhe  der Arbeitnehmer nach der internen Vereinbarung Fahrtkostenersatz beanspruchen konnte und wann tatsächlich Aufwand angefallen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte entsprechende Nachweise nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt angefordert hat. Denn die Nachweisverpflichtung der Klägerin folgt schon aus gesetzlichen Vorgaben und ist nicht erst auf Anforderung zu erfüllen  (vgl. Tz. 2).

2.2. Des Weiteren kann die Klägerin den Nachweis der Steuerfreiheit nicht durch die nachgereichten Unterlagen führen.

Dem Senat erschließt sich schon nicht, welcher Beweiswert den Unterlagen zukommen soll. Soweit die „Nachweise“ auf der Basis der Zeitkonten der Arbeitnehmer erfolgten und mit handschriftlichen Notizen ergänzt sind, sind sie nicht dazu geeignet, einen Nachweis darüber zu erbringen, dass Fahrtkostenaufwand entstanden ist. Es ist schon nicht ersichtlich, wer die handschriftlichen Notizen wann und auf welcher Grundlage gefertigt hat (vgl. z.B. Unterlagen zu C. B.).

Soweit die Klägerin „Einzelabrechnungen“ über Teilzeiträume (Arbeitnehmer B. und S. M.) vorgelegt hat, stellen auch diese keine, den vorgenannten Grundsätzen genügenden Unterlagen dar. Die Abrechnungen lassen weder Start noch Ziel der Dienstreise erkennen. Sie enthalten lediglich Angaben zu den Kalenderwochen, aber keine Angaben dazu, an welchen konkreten Tagen die Fahrkosten angefallen sind. Zudem fehlt ein Hinweis auf den Ersteller der Abrechnung. Die Zuordnung ergibt sich erst aus den von der Klägerin angebrachten handschriftlichen Notizen. Auch insoweit handelt es sich nicht um Reisekostenabrechnungen der Arbeitnehmer, die den gesetzlichen Anforderungen genügen.

Zudem konnte die Klägerin auch nicht mit der Reisekostenaufstellung von H ihrer Nachweispflicht genügen. Zum einen räumt die Klägerin ein, dass sie die Reisekosten nach dem System von H für das Jahr 2008 und von Mai 2011 bis Ende 2011 anhand ihrer Unterlagen ergänzt hat, zum anderen ist fraglich, ob der Arbeitnehmer H überhaupt mit der Excel-Tabelle abgerechnet hat, da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, der Beklagte habe die Aufstellung nicht aus den Unterlagen zum Lohnkonto, sondern vermutlich von H selbst bzw. aus dessen Einkommensteuererklärung.

Ungeachtet dessensind die nachträglich von der Klägerin eingereichten Übersichten und Belege aufgrund des erheblichen Zeitablaufs nicht geeignet, einen belastbaren Nachweis für die Steuerfreiheit der an die Arbeitnehmer ausgezahlten Beträge zu erbringen. Insbesondere das von der Klägerin geschilderte Verfahren zur Berechnung der an die Arbeitnehmer ausgezahlten Pauschalen zeigt, dass die Klägerin die arbeitnehmerbezogenen Übersichten anhand der von ihr ermittelten Auszahlungen erstellt hat. Somit wurde versucht, die erfolgten Auszahlungen durch nachträglich gefertigte Belege zu rechtfertigen, nicht aber umgekehrt. Es erschließt sich dem Senat auch insoweit nicht, welcher Beweiswert dieser Aufstellung für die Steuerfreiheit der Auszahlung von Reisekosten beizumessen sein soll.

2.3. Schließlich konnten die steuerfrei erstatteten Reisekosten nicht im Wege einer Schätzung ermittelt werden. Dabei verkennt der Senat nicht, dass seitens der Arbeitnehmer der Klägerin unstreitig Reisekostenaufwand angefallen ist und die hierfür geleisteten Zahlungen gegebenenfalls unterhalb der gesetzlich zulässigen Kilometer-Pauschalen lagen. Die Besonderheiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens schließen eine Schätzung jedoch aus. Denn die Steuerfreiheit des Reisekostenersatzes beruht darauf, dass der Arbeitnehmer die Aufwendungen in einem späteren Veranlagungsverfahren steuermindernd geltend machen kann. Durch die steuerfreie Erstattung der Reisekosten in den Grenzen eines möglichen Werbungskostenabzugs wird der Werbungskostenabzug ins Lohnsteuerabzugsverfahren vorverlagert. Können die Voraussetzungen der Steuerfreiheit daher nicht nachgewiesen werden, ist Lohnsteuer nach Maßgabe der §§ 38 ff. EStG zu erheben und es bleibt dem Arbeitnehmer überlassen, die Kosten im späteren Veranlagungsverfahren geltend zu machen. Insoweit kann sich die Klägerin weder darauf berufen, dass sie die Arbeitnehmer darüber aufgeklärt habe, dass sie in Höhe der erstatteten Reisekosten keine Werbungskosten geltend machen könnten, noch darauf, dass die Arbeitnehmer tatsächlich keine Reisekosten geltend gemacht haben. Die Erhebung der Lohnsteuer ist nicht davon abhängig, dass der Arbeitnehmer beabsichtigt,  Werbungskosten geltend zu machen oder tatsächlich geltend macht.

2.4. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Beklagte durch die Anerkennung der Fahrtkostenerstattungen als Betriebsausgaben bzw. die einverständliche Regelung hierüber im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht an der Nachforderung der Lohnsteuer gehindert. Die Klägerin verkennt, dass die Frage, in welcher Höhe Fahrtkosten als Betriebsausgaben abgezogen werden können ohne jedwede Bedeutung für die Frage ist, ob hiervon Lohnsteuer einzubehalten ist. Betriebsausgaben sind alle betrieblich veranlassten Aufwendungen (§ 4 Abs. 4 EStG) unabhängig von der Anschlussfrage, ob die Aufwendungen einem Dritten, hier den Arbeitnehmern, steuerfrei zufließen oder nicht. Daher ist es für den vorliegenden Streitfall unmaßgeblich, ob es im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung bzw. im späteren Veranlagungsverfahren zu einer tatsächlichen Verständigung über die Höhe der als Betriebsausgaben anzuerkennenden Fahrtkosten gekommen ist. Hieraus war weder zugunsten noch zulasten der Klägerin ein Rückschluss auf die Lohnsteuerfreiheit des Fahrtkostenersatzes möglich. Zudem wäre eine tatsächliche Verständigung über die rechtliche Behandlung der ausgezahlten Fahrtkosten nicht möglich gewesen. Eine Einigung über eine rechtliche Beurteilung entfaltet keine Bindungswirkung.

2.5. Des Weiteren hat der Beklagte den Anspruch auf eine Lohnversteuerung der Fahrtkosten auch nicht verwirkt. Vorliegend hat der Beklagte weder einen Vertrauenstatbestand geschaffen, aufgrund dessen die Klägerin davon ausgehen konnte, der Lohnsteueranspruch werde nicht mehr erhoben, noch hat die Klägerin eine unwiderrufliche Vermögensdisposition getroffen, noch war der Beklagte über längere Zeit untätig. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann ein Vertrauenstatbestand nicht daraus hergeleitet werden, dass der Beklagte im Schreiben vom 15. Juni 2012 nicht auf mögliche Folgen für die Lohnsteuer hingewiesen hat. Denn der Umfang der Anerkennung der Fahrtkosten als Betriebsausgaben hat keine Bedeutung für die Frage, ob die Kosten auch nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei an Dritte ausgezahlt werden können. Soweit die Klägerin von einer anderen Betrachtungsweise ausgegangen ist, unterlag sie einem Rechtsirrtum. Dies war für den Beklagten weder erkennbar, noch hat die Klägerin dargelegt, inwieweit der Beklagte zu dem Rechtsirrtum beigetragen haben könnte. Hierzu ist auch nach Aktenlage nichts erkennbar.

Die Klägerin hat auch keine unwiderrufliche Vermögensdisposition getroffen. Selbst wenn die Zustimmung der Klägerin zu den Kürzungen der Betriebsausgaben im Schreiben vom 12. Juli 2012 (BP, Bl. 92) erkennbar nur unter der Bedingung erfolgt sein sollte, dass es zu keiner Lohnsteuernacherhebung kommen werde, hat sich die Rechtsposition der Klägerin durch die vermeintliche Einigung nicht verschlechtert. Insbesondere hat sich die Klägerin durch die Zustimmung vom 15. Juli 2012 nicht in eine schlechtere Rechtsposition begeben. Denn der Beklagte ist nicht von einer die Klägerin bindenden Einigung ausgegangen, sondern hat die später beantragten Korrekturen zu den Betriebsausgaben akzeptiert.

Schließlich fehlt es an einer längeren Untätigkeit des Beklagten. Dieser hat mit Erlass des Lohnsteuernachforderungsbescheids am 20. September 2012 (Rbh, Bl. 7) die Feststellungen des Lohnsteuer-Außenprüfers zeitnah umgesetzt und damit seine abweichende Rechtsauffassung hinreichend deutlich gemacht. Denn diese ergab sich jedenfalls aus dem Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 1. August 2012, der dem Bescheid beigefügt war.

3. Die nachgeforderte Lohnsteuer ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Zwar lagen die Voraussetzungen für eine Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG insbesondere deshalb nicht vor, weil die Klägerin keinen entsprechenden Antrag gestellt und der Pauschalierung auch offensichtlich nicht zugestimmt hat. Da die Klägerin vorliegend aber weder in den Lohnkonten Aufzeichnungen zu den Fahrtkosten geführt, noch belastbare Unterlagen zu den konkreten Auszahlungsbeträgen vorgelegt hat, war der Beklagte berechtigt, die Lohnsteuer nach § 162 Abs. 1 AO in Anlehnung an § 40 Abs. 2 Nr. 1 EStG mit einem pauschalen Steuersatz zu schätzen (BFH vom 17. März 1994 VI R 120/92, BStBl II 1994, 536; Sächsisches Finanzgericht vom 24. Februar 2010 8 K 203/09, juris).

4. Zu Recht hat der Beklagte die Klägerin schließlich mittels Lohnsteuernachforderungsbescheid in Anspruch genommen. Ist eine Steuer aufgrund gesetzlicher Verpflichtung anzumelden (§ 150 Abs. 1 Satz 3 AO), so ist gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 AO eine Festsetzung der Steuer nach § 155 Abs. 1 AO nur erforderlich, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt. § 167 Abs. 1 Satz 1 AO begründet in der Auslegung durch die Rechtsprechung ein Wahlrecht für die Finanzbehörde, den Haftungsschuldner entweder durch Haftungsbescheid (§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO) oder durch Steuerbescheid in Anspruch zu nehmen, wenn dieser seine Anmeldepflicht nicht erfüllt hat (BFH vom 18. März 2009 I B 210/08, BFH/NV 2009, 1237, m.w.N.). Der Erlass eines Nachforderungsbescheids ändert allerdings nichts daran, dass durch diesen materiell-rechtlich ein Haftungsanspruch geltend gemacht wird. Die Steuerfestsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO i.V. mit  § 155 Abs. 1 AO erfasst damit denjenigen, der die Steuer als Entrichtungssteuerschuldner nicht angemeldet hat, gerade in seiner Funktion als Haftungsschuldner (vgl. BFH vom 18. März 2009 I B 210/08, BFH/NV 2009, 1237, m.w.N.). Dass der Beklagte den Weg des Nachforderungsbescheides (statt den eines Haftungsbescheides) gewählt hat, stößt ebenso wenig auf Bedenken. Insoweit bewegte sich der Beklagte im Rahmen des ihm eingeräumten Wahlrechts, nachdem die Klägerin ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Anmeldung der Lohnsteuer nicht nachgekommen war (dazu BFH vom 18. März 2009 I B 210/08, BFH/NV 2009, 1237, m.w.N.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO bestand keine Veranlassung.

 

 

 

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