FG München: Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in einem Reihengeschäft
FG München, Urteil vom 08.02.2012 - Aktenzeichen 3 K 1296/11 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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dd) Das Gericht würdigt die vorgenannten Sachverhalte auf Grund einer Gesamtschau so, dass die Abnehmer der B (also die zweiten Abnehmer nach der Klägerin) durchweg die Versendung oder Abholung der Fahrzeuge selber veranlasst (beauftragt) oder vorgenommen haben: Dafür spricht auch, dass nach den Feststellungen der Steuerfahndung weder die Klägerin noch die B Unterlagen zur Beauftragung (und Bezahlung) von Frachtführern vorweisen konnten. Gegen eine Beauftragung der Frachtführer durch die B spricht auch, dass in den Büroräumen der Klägerin im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahme im Steuerstrafverfahren ein Stempel und vorgefertigte (Blanko-) Empfangsbestätigungen der B vorgefunden wurden. Daher stellte die Verschaffung der Verfügungsmacht bei der Übergabe durch die Klägerin an die Frachtführer zugleich die (zweite) Übertragung der Verfügungsmacht an die französischen Abnehmer - mit Zustimmung der B - dar. In diesem Fall kann die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung aber nicht mehr der Lieferung der Klägerin zugeordnet werden (EuGH-Urteil vom 16. Dezember 2010, Rs. C-430/09, Euro Tyre Holding BV, DStR 2011, 23, Rz 33). |
Da es sich - wie auch von der Klägerin angeführt wird - um Reihengeschäfte (vgl. § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG) zwischen der Klägerin, der B und weiteren Abnehmern in Frankreich gehandelt haben soll, würde zwar die Beauftragung der Versendung durch die B zu einer innergemeinschaftlichen Versendungslieferung der Klägerin an die B mit Lieferort im Inland führen, es sei denn der Abnehmer weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer versendet hat (§ 3 Abs. 6 Satz 6 i.V.m. Satz 1 UStG). Wurde aber wie vorliegend die Versendung von einem französischen Abnehmer in der Reihe nach der B in Auftrag gegeben, dann ist die Versendung dem letzten Lieferer in der Reihe Klägerin-B-französischer Abnehmer zuzuordnen, mithin der Lieferung der B (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG); nur bei der Lieferung durch die B käme dann die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen in Betracht. Die Lieferung Klägerin-B ist aber im Streitfall keine innergemeinschaftliche Lieferung und nicht steuerfrei, denn sie ist als vorangehende Lieferung am Ort des Versendungsbeginns ausgeführt (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG), also im Inland, da hier die Versendung beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). |
ee) Im Übrigen setzt sich die Klägerin mit ihren eigenen Ausführungen in Widerspruch, wenn sie einerseits angibt, Reihengeschäfte getätigt zu haben, andererseits aber nichts davon gewusst haben will, dass B die Fahrzeuge an französische Händler bzw. Abnehmer weiterverkauft hatte. Dies gilt umso mehr, weil sich aus den bei der Klägerin vorgefundenen Transportdokumenten (den CMR-Frachtbriefen) als Abladestelle der Fahrzeuge jeweils ein Ort in Frankreich ergab. Des Weiteren findet sich auch auf den - bei der Klägerin vorgefundenen - „Bestätigungen der innergemeinschaftlichen Lieferungen" überwiegend hinter dem formularmäßig als Bestimmungsort der Leistung aufgezeichneten Sitz der B in den Niederlanden ein handschriftlich ergänzter Ort in Frankreich (vgl. nur S. 68, 73, 78,82, 86, 90 und 114 der Beweismittelakte II). Insoweit war es der Klägerin jedenfalls bei diesen Lieferungen bekannt, dass der Bestimmungsort der Fahrzeuge durchweg ein Ort in Frankreich war. |
ff) Ein Beförderungsfall liegt vor, wenn ein an einem Reihengeschäft beteiligter Abnehmer den Gegenstand der Lieferung selbst abholt (Abschnitt 31a Abs. 3 Satz 2 UStR 2002), wie es vorliegend bei vier Fahrzeugen der Fall war (vgl. S. 126 ff., 164 ff., 171 ff. und 206 ff. Beweismittelakte II). So wurde z.B. im Fall des Fahrzeugs der Marke Citroen Picasso mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer ... (Rechnung vom 13. Oktober 2001) das Fahrzeug von dem in Frankreich ansässigen (End-)Abnehmer G in Ingolstadt selbst abgeholt (S. 126 ff. Beweismittelakte II). In diesem Fall ist die Beförderungslieferung ebenfalls dem letzten Lieferer in der Reihe, also der B (Lieferung an G usw.) zuzuordnen. Eine Steuerbefreiung nach § 6a UStG für die Klägerin kommt ebenfalls nicht in Betracht. |
d) Die Klägerin konnte vorliegend nach alledem nicht davon ausgehen, dass ihre Lieferung die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in einem Reihengeschäft war. Sie kann sich daher auch nicht auf den Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG berufen. |
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. |