FG München: Schenkungsteuer bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf einer wesentlichen Beteiligung
FG München, Urteil vom 19.3.2019 – 12 K 2574/18
Volltext:BB-ONLINE BBL2019-1492-2
Leitsätze
1. Nach § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG führt im Fall der unentgeltlichen Rechtsnachfolge der Rechtsnachfolger die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers ohne jede Einschränkung, d.h. zwingend fort.
2. Die Festsetzung von Schenkungsteuer nach dem teilweisen Wegfalls des Verschonungsabschlags wegen Verkaufs der GmbH-Anteile innerhalb der Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 ErbStG führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten oder auch Anschaffungsnebenkosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG. Denn die Schenkungsteuer wurde nicht geleistet, um den GmbH-Anteil zu erwerben.
3. Bei der Schenkungsteuer handelt es sich um eine Personensteuer i.S. des § 12 Nr. 3 EStG, denn bei der Schenkungsteuer werden persönliche Freibeträge angesetzt, ihre Höhe hängt von der Steuerklasse ab, für die ebenfalls die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen maßgebend sind und es gibt eine beschränkte Steuerpflicht.
4. Nicht nach § 35b Satz 1 EStG begünstigt sind dagegen solche Einkünfte, die sich aus (der Veräußerung von) Vermögensgegenständen ergeben, die einer Vorbelastung mit Schenkungsteuer unterlegen haben.
EStG § 17 Abs. 2, § 35b, § 12 Nr. 3; HGB § 255; ErbStG § 13a, § 13b
Aus den Gründen
1 Streitig ist, ob Schenkungsteuer bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf einer wesentlichen Beteiligung zu berücksichtigen ist.
I.
2 Der Kläger wird im Streitjahr 2015 mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
3 Mit notariellem Vertrag vom ... Mai 2015 veräußerte der Kläger Anteile an der [… XX-GmbH] (GmbH) in Höhe von [… 12%] des Stammkapitals zu einem Preis von [… €]. Diese Anteile hatte der Kläger mit notariellem Vertrag zum […] 2012 von seiner Mutter, teilweise unter Nießbrauchsvorbehalt geschenkt bekommen. Seine Mutter hatte historischen Anschaffungskosten von [… xx…. €]. Der Verkauf durch den Kläger erfolgte, nachdem der Kläger den Nießbrauch seiner Mutter durch Zahlung eines Betrages in Höhe von [… €] abgelöst hatte.
4 Mit Schenkungsteuerbescheid vom 31. Januar 2017 wurde gegenüber dem Kläger Schenkungsteuer in Höhe von [… 666.666 €] festgesetzt. Der Verschonungsabschlag nach §§ 13a, 13b Erbschaftsteuergesetz (in der für den Streitfall relevanten Fassung; ErbStG) wurde wegen der vorzeitigen Veräußerung innerhalb von sieben Jahren nur mehr zu 3/7 gewährt.
5 Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2015 erklärte der Kläger aus der Veräußerung der Anteile an der GmbH einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gem. § 17 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens in Höhe von [… €]. Mit Schreiben vom 10. Juli 2016 berichtigte er seine Berechnung auf […] und mit Schreiben vom 13. August 2016 auf [… €]. Dabei berücksichtigte er die erwartete Schenkungsteuernachzahlung von [… €] als nachträgliche Anschaffungskosten.
6 Der Beklagte folgte dem und setzte die Einkommensteuer 2015 mit Einkommensteuerbescheid vom 7. September 2016 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter Berücksichtigung von Einkünften nach § 17 EStG von [… €] in Höhe von [… €] fest.
7 Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 28. März 2017 fand beim Kläger eine Außenprüfung durch die betriebsnahe Veranlagungsstelle statt. Die Prüferin vertrat - neben weiteren, nicht streitgegenständlichen Punkten - letztlich die Auffassung, dass die Schenkungsteuer weder als Anschaffungs- noch als Veräußerungskosten oder Werbungskosten bei den Einkünften nach § 17 EStG zu berücksichtigen sei (vgl. Prüfungsbericht vom 27. Juni 2017; ESt-A Bl 101). Vom Veräußerungspreis in Höhe von … € brachte die Prüferin die historischen Anschaffungskosten ... €, nachträgliche Anschaffungskosten von ... € für die Ablösung des Nießbrauchs sowie Veräußerungskosten von … € in Abzug und ermittelte so einen Veräußerungsgewinn von … €, der nach dem Teileinkünfteverfahren in Höhe von 60%, damit in Höhe von … € steuerpflichtig sei.
8 Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüfung. Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Einkommensteuerbescheid 2015 vom 7. Juli 2017 setzte er die Einkommensteuer 2015 in Höhe von x…….. € fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 AO auf.
9 Der dagegen gerichtete Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als hinsichtlich der sonstigen Veräußerungskosten (als Werbungskosten bezeichnet) bei der Ermittlung des Gewinns nach § 17 EStG Einigung erzielt werden konnte und diese nun in Höhe von …. € in Ansatz gebracht wurden und der Veräußerungsgewinn nun mit … € berechnet und nach dem Teileinkünfteverfahren mit … € in Ansatz gebracht wurde. Mit Einspruchsentscheidung vom 23. August 2018 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf … € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.
10 Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger begehrt, die Schenkungsteuer in Höhe von [… 666.666 €] bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns in Abzug zu bringen und den nach dem Teileinkünfteverfahren steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn dementsprechend um 60% dieses Betrages (d.h. um [… 400.000 €)] zu vermindern. Zur Begründung der Klage trägt er vor, der Verkauf der Anteile löse Steuern nach zwei unterschiedlichen Steuerarten aus. Dies könne und dürfe nicht sein. Der Verkauf der Anteile sei ein Lebenssachverhalt, der nicht in zwei Vorgänge aufgeteilt werden dürfe. Die durch den Lebenssachverhalt ausgelöste Schenkung- und Einkommensteuern würden in direktem Zusammenhang miteinander stehen und dürften nicht unabhängig voneinander nebeneinander entstehen und fällig werden. Die „Nachsteuer“ müsse nicht als Anschaffungskosten Berücksichtigung finden, sie stelle vielmehr zusätzliche Werbungskosten (sic!) im Zusammenhang mit dem Verkauf der Anteile dar. Denn ohne den Verkauf der Anteile wäre diese nicht nach § 13a Abs. 6 ErbStG zu entrichten. Der Beklagte könne sich nicht auf § 12 Nr. 3 EStG berufen. Der Gesetzgeber habe bei der Schaffung des § 12 Nr. 3 EStG Fälle wie den Vorliegenden gar nicht im Blick gehabt. Bei Schaffung des § 12 Nr. 3 EStG habe es § 13a Abs. 6 ErbStG noch gar nicht gegeben. Auch aus dem Rechtsgedanken des § 35b EStG sei die Vermeidung einer doppelten Belastung ein- und desselben Vorgangs mit zwei Steuern abzuleiten. In einem solchen Fall solle eine Doppelbelastung vermieden bzw. abgemildert werden. Dass es keine entsprechende Regelung zum Schenkungsfall gebe, liege allein daran, dass es bislang noch so gut wie keine Fälle wie den vorliegenden gegeben habe.
11 Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2015 vom 7. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. August 2018, den Veräußerungsgewinn gem. § 17 Abs. 2 EStG um [… 666.666 €] zu vermindern und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
12 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
13 Der Beklagte verweist auf die Einspruchsentscheidung. Die Schenkungsteuer könne nicht als nachträgliche Anschaffungskosten berücksichtigt werden, da diese nicht beim Erwerb der GmbH-Anteile angefallen sei. Es handele sich auch nicht um Veräußerungskosten, da die Schenkungsteuer nicht durch den Verkauf der Anteile ausgelöst worden sei. Als Anschaffungskosten könnten gemäß § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG nur die Anschaffungskosten der Rechtsvorgängerin angesetzt werden. Die Schenkungsteuer sei aber nicht bei dieser angefallen. Die Nichtabziehbarkeit der Schenkungsteuer folge zudem aus § 12 Nr. 3 EStG, da es sich um eine sonstige Personensteuer handele. Die Schenkungsteuer sei auch kein abziehbarer Aufwand zur Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Geschenks. Denn sie sei keine Gegenleistung für das Geschenk, sondern Folge der unentgeltlich erlangten Verfügungsmacht.
14 Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19. März 2019 und den Inhalt der Akten wird ergänzend Bezug genommen.
II.
15 Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die festgesetzte Schenkungsteuer bei den Einkünften des Klägers aus § 17 EStG zu berücksichtigen.
16 1. Die festgesetzte und bezahlte Schenkungsteuer führt nicht zu Anschaffungskosten des Klägers.
17 a) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb - unter weiteren, hier vorliegenden Voraussetzungen - auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Veräußerungsgewinn ist gem. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Zu den Anschaffungskosten gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Nach § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG führt im Fall der unentgeltlichen Rechtsnachfolge der Rechtsnachfolger die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers ohne jede Einschränkung, d.h. zwingend fort (BFH-Beschluss vom 18. Januar 1999 VIII B 80/98, BStBl II 1999, 486, juris Rn. 11). Eine unentgeltliche Rechtsnachfolge liegt auch vor, wenn die GmbH-Anteile unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen werden. Insoweit entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des BFH, dass die Übertragung eines Wirtschaftsguts unter Vorbehalt eines Nutzungsrechts die Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung unberührt lässt. Vielmehr erwirbt der Erwerber von vornherein nur den mit dem Nießbrauch belasteten Gesellschaftsanteil (BFH-Urteil vom 18. November 2014 IX R 49/13, BStBl II 2015, 224). Löst er das Nutzungsrecht ab, so verschafft er sich die vollständige Eigentümerbefugnis an dem Gegenstand. Daher sind Aufwendungen zur Befreiung von einem Nießbrauch als nachträgliche Anschaffungskosten einzustufen (BFH-Urteil in BStBl II 2015, 224).
18 b) Im Streitfall hat der Kläger den GmbH-Anteil unentgeltlich erworben. Er hat daher gem. § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG zwingend die Anschaffungskosten der Rechtsvorgängerin fortzuführen. Diese beliefen sich unstreitig auf … €.
19 Die Festsetzung von Schenkungsteuer mit Bescheid vom 31. Januar 2017 führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten oder auch Anschaffungsnebenkosten des Klägers. Die Schenkungsteuer wurde nicht geleistet, um den Vermögensgegenstand GmbH-Anteil zu erwerben, denn sie ist keine Gegenleistung für die Erlangung der Verfügungsmacht über den Anteil (Gosch/Oertel in Kirchhof, EStG, 17. Aufl. 2018, § 17 Rz. 104; Schulte/Bron in ERNST & YOUNG, KStG, § 17 Rz. 141 [Mai 2016]; Hils in EStG - eKommentar, § 17 EStG Rz. 87 [Jan. 2015]; FG Nürnberg, Urteil vom 12. Januar 2016 1 K 1589/15, ZEV 2016, 229; Grootens, ErbStB 2016, 141; ebenso zur Erbschaftsteuer: Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 18. Februar 1982 X 184/78, EFG 1982, 566; Strahl in Korn, EStG, § 17 Rz. 84 [Aug. 2004]). Das wirtschaftliche Eigentum am GmbH-Anteil wurde unabhängig von der Festsetzung der Schenkungsteuer mit Bescheid vom 31. Januar 2017 bereits mit der Übertragung der Anteile im Jahr 2012 erlangt. Im Übrigen löst nicht der Verkauf der Anteile die Schenkungsteuer aus, sondern beendet lediglich die bislang gewährte Steuervergünstigung der §§ 13a, 13b ErbStG.
20 c) Soweit der Kläger das Nießbrauchsrecht abgelöst hat, gehen die Beteiligten zu Recht davon aus, dass der Kläger nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe von ……. € hat, denn mit dem entgeltlichen Verzicht auf das Nutzungsrecht erwarb der Kläger die vollständige Eigentümerbefugnis an dem GmbH-Anteil. Dies ist als eigenständiges Rechtsgeschäft einzustufen (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2015, 224; Gosch/Oertel in Kirchhof, EStG, 17. Aufl. 2018, § 17 Rz. 104).
21 2. Die Schenkungssteuer kann nicht als gewinnmindernde Aufwendung bei den Einkünften nach § 17 EStG berücksichtig werden.
22 Gemäß § 12 Nr. 3 EStG dürfen soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1 EStG, den §§ 10a, 10b EStG und den §§ 33 bis 33b EStG nichts anderes bestimmt ist, die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.
23 Bei der Schenkungsteuer handelt es sich um eine Personensteuer i.S. des § 12 Nr. 3 EStG, denn bei der Schenkungsteuer werden persönliche Freibeträge angesetzt, ihre Höhe hängt von der Steuerklasse ab, für die ebenfalls die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen maßgebend sind und es gibt eine beschränkte Steuerpflicht (vgl. für die Erbschaftsteuer BFH-Urteil vom 18. Januar 2011 X R 63/08, BStBl II 2011, 680).
24 Der Umstand, dass §§ 13a, 13b ErbStG erst nach § 12 Nr. 3 EStG in das Gesetz aufgenommen wurde, rechtfertigt im Streitfall nicht, die Schenkungsteuer entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zum Abzug zuzulassen. Es kann nicht als Wille des Gesetzgebers unterstellt werden, dass er für den Fall, dass eine Schenkungsteuerbefreiung nicht voll gewährt wird, weil die Voraussetzungen nicht für den ganzen Zeitraum erfüllt werden, diese Befreiung über eine Berücksichtigung bei der Einkommensteuer zumindest teilweise doch gewähren will. Hätte der Gesetzgeber eine Anpassung von § 12 Nr. 3 EStG zumindest für bestimmte Sachverhalte, die eine Schenkungsteuer auslösen, gewollt, hätte er dies im Übrigen jederzeit regeln können und müssen. Er hat diesen Weg einer Anpassung des § 12 Nr. 3 EStG bewusst auch für die Erbschaftsteuer nicht gewählt, vielmehr mit § 35b EStG die Möglichkeit einer Tarifermäßigung geschaffen.
25 3. Die tarifliche Einkommensteuer ist auch nicht um die Nachsteuer zur Schenkungsteuer zu ermäßigen; § 35b EStG ist nicht entsprechend anzuwenden.
26 Nach § 35b EStG wird auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer ermäßigt, wenn bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt wurden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben.
27 Die nach § 35b Satz 1 EStG begünstigten Einkünfte müssen aus der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes herrühren, der sowohl von Todes wegen erworben worden ist als auch tatsächlich mit Erbschaftsteuer belastet sein. Nicht nach § 35b Satz 1 EStG begünstigt sind dagegen solche Einkünfte, die sich aus (der Veräußerung von) Vermögensgegenständen ergeben, die einer Vorbelastung mit Schenkungsteuer unterlegen haben. Zwar kann es auch insoweit zu einer Doppelbelastung kommen. Der Wortlaut der Vorschrift ist insofern aber eindeutig. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen dagegen nicht (BFH-Urteil vom 13. März 2018 IX R 23/17, BStBl II 2018, 593; Geck in Ebeling/Geck, Handbuch der Erbengemeinschaft, § 9 Ermäßigung der Einkommensteuer in Erbfällen, Rz. 147 [Okt. 2018]).
28 4. Im Übrigen gibt es keinen Grundsatz dergestalt, dass ein Vorgang nur der Besteuerung nach einem Gesetz unterliegen darf. Einen Verfassungsrechtssatz des Inhalts, dass alle Steuern zur Vermeidung von Lücken oder von Mehrfachbelastung aufeinander abgestimmt werden müssten, gibt es nicht (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 8. Januar 1999 1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152). In einem Vielsteuersystem lassen sich Doppelbelastungen selbst dann nicht vermeiden, wenn jede Einzelsteuer für sich genommen folgerichtig ausgestaltet ist. Darin liegt weder ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BFH-Urteil vom 27. September 2017 II R 15/15, BStBl II 2018, 281, m.w.N.). Der Gesetzgeber ist nicht der Auffassung gefolgt, dass die Erbschafts- und Schenkungsteuer nur eine besondere Form der Einkommensteuer sei mit der Folge, dass Erbschaft- und Schenkungsteuer einerseits und Einkommensteuer andererseits vollständig aufeinander abgestimmt sein müssten. Vielmehr betrachtet er den Besteuerungsgrund bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer in dem unentgeltlichen Vermögenstransfer, während die Einkommensteuer den durch den Steuerpflichtigen erwirtschafteten Zuwachs an steuerlicher Leistungsfähigkeit erfasst (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Oktober 2008 X B 162/08, BFH/NV 2009, 156).
29 So wird im Streitfall auch nicht ein einheitlicher Lebenssachverhalt mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer zugleich belastet. Es liegt kein einheitlicher Lebenssachverhalt vor, der der Einkommensteuer und der Schenkungsteuer unterliegt, denn zum einen wird der unentgeltliche Erwerb der Anteile durch den Kläger mit Schenkungsteuer und zum anderen die Veräußerung dieser Anteile durch den Kläger mit Einkommensteuer belastet. Für den Vorgang des unentgeltlichen Erwerbs entfiel im Streitfall lediglich (rückwirkend) die volle Steuerbefreiung des § 13a ErbStG für qualifiziertes unternehmerisches Vermögen, da der Kläger durch die Veräußerung seiner Anteile die siebenjährige Behaltensfrist des § 13a Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 8 Nr. 2 ErbStG nicht voll erfüllt hat und gem. § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 ErbStG den Verschonungsabschlag nach §§ 13a Abs. 1 i.V.m. Abs. 8, 13b Abs. 4 ErbStG teilweise verloren hat. Lediglich der Auslöser für die rückwirkende Festsetzung der Schenkungsteuer zum einen und für das Entstehen der Einkommensteuer zum anderen war gleich, dies ändert aber nichts daran, dass der Grund für die Besteuerung auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten beruht.
30 5. Dadurch, dass der Kläger die Schenkungssteuer nicht einkünftemindernd geltend machen kann, ist er auch nicht übermäßig belastet (Gesamtbelastung liegt bei 53% bezogen auf die Einkünfte). Da aus Art. 14 GG nach zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze im Sinne eines „Halbteilungsgrundsatzes“ abzuleiten ist und auch eine Gesamtbelastung von (rund) 60% des erworbenen Vermögens nicht gegen das Übermaßverbot verstößt (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 2016 I R 50/16, BStBl II 2017, 324, m.w.N.), ist die Gesamtbelastung des Klägers mit ca. 56 v.H. bezogen auf den steuerpflichtigen Anteil des Veräußerungsgewinns unbedenklich.
31 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
32 7. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO gegeben sind.