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Steuerrecht
01.10.2024
Steuerrecht
FG Münster: Schädlichkeit eines Lastenaufzugs für erweiterte Grundstückskürzung

FG Münster, Urteil vom 28.8.2024 – 2 K 1046/22 G

ECLI:DE:FGMS:2024:0828.2K1046.22G.00

Volltext BB-Online BBL2024-2326-2

Nicht Amtliche Leitsätze

1. Dient der Betrieb und die Mitvermietung eines Lastenaufzugs der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne und ist damit als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und ‑nutzung anzusehen, steht er der erweiterten Grundstückskürzung nicht entgegen, ist vielmehr eine unschädliche Betriebsvorrichtung.

2. Die feste Verbindung des Lastenaufzugs mit dem Gebäude stellt ein starkes Indiz für eine zwingende Notwendigkeit der Betriebsvorrichtung im Sinne der Unentbehrlichkeit der Mitvermietung dar und steht mit der Rechtsprechung des BFH, die von dem restriktiven Verständnis der Ausnahmen ausgeht, nicht entgegen.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten in den Bescheiden über Gewerbesteuermessbetrag 2018 und 2019 (Streitjahre) über die Anwendung der erweiterten Kürzung des Gewerbesteuerertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz in der Fassung der Streitjahre (GewStG) noch im Zusammenhang mit einem Lastenaufzug auf dem Grundstück A -Straße in M, zuvor auch im Zusammenhang mit einem Kühlhaus auf dem Grundstück H-Straße …. in M.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war in den Streitjahren der Erwerb und die Veräußerung von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie die Errichtung, Verwaltung und Betreuung von Bauten aller Art sowie die Vermittlung und Verpachtung von Immobilien. In den Streitjahren vermietete die Klägerin u.a. Gewerbe-Räume auf den o.g streitgegenständlichen Grundstücken in M, beide im sog. Gebiet W belegen, die sie beide im Jahr 2016 von der D erworben hatte; Vor-Vor-Eigentümerin war die I und QD GbR.

Am 30.11.2017 schlossen die Klägerin und Herr MI einen Gewerbe-Mietvertrag über gewerbliche Räume „Hallengebäude (ehm. Getränkemarkt z. Zt. Lebensmittel …mit Kühlhaus), 504 qm mit Rolltor, Büroraum und WC“ auf dem Grundstück H-Straße … in M. Gemäß § 13 Nr. 1 des Vertrages wird die Erlaubnis zum Einbau eines Kühlhauses erteilt. Für weitere Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.

Zuvor vermietete die Klägerin die vorgenannten Räumlichkeiten mit Gewerbe-Mietvertrag vom 22.11.2014 an Frau RZ. Für weitere Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.

Ab dem Jahr 2020 mietete die P-GmbH die Räumlichkeiten von der Klägerin an. Mit Inventar-Kaufvertrag zwischen der P-GmbH und MI vom 03.09.2020 erwarb die P-GmbH von MI zu einem Kaufpreis i.H.v. 3.000€ „1x TK-Haus groß, 1x Kühlhaus klein, Regale und Paletten“; MI übereignete der P-GmbH die vorgenannten Gegenstände.

Auf dem Grundstück A-Straße in M wurden seit dem Jahr 1996 Räumlichkeiten an die H-GmbH vermietet, zunächst durch die D mit Mietvertrag vom 24.05.2002 und sodann auch in den Streitjahren von der Klägerin. Im Jahr 2002 wurde im Zusammenhang mit Aus- und Umbauarbeiten u.a. ein Lastenaufzug auf Wunsch der H-GmbH eingebaut. Hintergrund der Arbeiten war, dass die H-GmbH ihre Fertigungsabteilung, die sich bisher im Erdgeschoss befand, in das Obergeschoss verlagern wollte. Ausweislich des Grundrisses des Erdgeschosses befindet sich neben dem Lastenaufzug eine Wendeltreppe zum Obergeschoss.

In den Gewerbesteuererklärungen 2018 vom 30.04.2020 und 2019 vom 23.06.2021 erklärte die Klägerin u.a. erweiterte Kürzungen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG i.H.v. 169.184€ (2018) und 239.452€ (2019).

Mit Schreiben vom 20.05.2020 und 22.06.2020 forderte der Beklagte die Klägerin erfolglos aus, im Hinblick auf § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG verschiedene Unterlagen einzureichen.

Mit Bescheid über Gewerbesteuermessbetrag für 2018 vom 28.07.2020 und für 2019 vom 13.08.2021 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag für 2018, erklärungsgemäß ausgehend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 170.863€, mit 5.918€ und für 2019, erklärungsgemäß ausgehend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 239.452€, mit 8.379€ fest; § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ließ der Beklagte unangewendet.

Hiergegen legte die Klägerin am 12.08.2020 (2018) bzw. 07.09.2021 (2019) Einspruch ein und übersandte am 01.09.2020 verschiedene Mietverträge für das Jahr 2018. Die Klägerin trug im Wesentlichen vor, sie betreibe ausschließlich die Vermietung von Wohn- und Geschäftsräumen. Lastenaufzug und Kühlhaus würden zum Grundstück gehören. Bei dem Lastenaufzug handele es sich nicht um eine Betriebsvorrichtung; es fehle die erforderliche besondere Beziehung zu dem gegenwärtig im Gebäude durch die H-GmbH ausgeübten Betrieb; ihr komme keine ähnliche Funktion wie einer Maschine zu. Auch das Kühlhaus sei keine Betriebsvorrichtung, sondern gehöre zum Grundstück, zumal hierfür Grundsteuer entrichtet würde.

Mit Einspruchsentscheidung vom 23.03.2022 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei nicht anzuwenden. Der Begriff der Ausschließlichkeit sei eng auszulegen und bedeute, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden dürfe und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln müsse. Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten seien in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt. Der Begriff des Grundbesitzes bzw. Grundvermögens ergebe sich aus § 68 Bewertungsgesetz (BewG). Der Lastenaufzug sei eine Betriebsvorrichtung i.S.d. § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG. Hinsichtlich des Kühlhauses habe die Klägerin ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht entsprochen; es sei daher von einer Betriebsvorrichtung auszugehen. Die Mitvermietung dieser Betriebsvorrichtungen führe zu einem Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot.

Die Klägerin hat am 28.04.2022 Klage erhoben.

Die Klägerin ist im Wesentlichen der Auffassung, es lägen keine Gründe für die Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung vor. Der Beklagte habe die Kürzung für das Jahr 2018 vor Kenntnisnahme der übersandten Mietverträge vorgenommen. Die in den Mietverträgen erwähnten Betriebsvorrichtungen (Kühlhaus und Lastenaufzug) seien nicht tatsächlich Gegenstand der jeweiligen Mietverträge gewesen. Das Kühlhaus in den an MI vermieteten Räumen habe nicht Gegenstand des Mietvertrages sein können; die Klägerin sei weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer gewesen. MI sei zivilrechtlicher Eigentümer gewesen, da er das Kühlhaus von der Vormieterin RZ übernommen und nach der Beendigung seines Mietvertrages an die Nachmieterin, P-GmbH, veräußert habe. Auch der Lastenaufzug sei nicht mitvermietet worden. Der Einbau sei damals Voraussetzung für die Vermietung an die H-GmbH gewesen. Für die Beurteilung komme es nicht auf die Tätigkeit (Mitüberlassung von Betriebsvorrichtungen), sondern auf die daraus erzielten Erträge an. Die unentgeltliche Überlassung des Lastenaufzugs führe daher nicht zu einer Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung. Die Nutzung des Lastenaufzuges sei auch nicht „versteckt“ in der Gesamtmiete enthalten gewesen; die Miete je Quadratmeter netto habe vor dem Einbau 7,11€ und nach dem Einbau 6,15€ betragen.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Gewerbesteuermessbetrag für 2018 vom 28.07.2020 und für 2019 vom 13.08.2021 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.03.2022 dahingehend abzuändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2018 und 2019 jeweils auf 0€ festgesetzt wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist im Wesentlichen der Auffassung, die erweiterte Grundstückskürzung sei aufgrund der Mitvermietung des Lastenaufzuges zu versagen. Die Tatsache, dass die Miete nach dem Einbau des Lastenaufzuges nicht erhöht worden sei, lasse nicht den Schluss zu, dass der Lastenaufzug nicht mitvermietet worden sei. Vielmehr sei die Tatsache, dass der Einbau Bedingung für die Miete gewesen sei, ein Hinweis darauf, dass dieser bei der Preisfindung mitberücksichtigt worden sei. Der Lastenaufzug werde in dem Mietvertrag zudem ausdrücklich benannt und nicht ausdrücklich ausgenommen. Einwendungen hinsichtlich des Kühlhauses würden nach Vorlage des Inventar-Kaufvertrages zwischen der P-GmbH und MI vom 03.09.2020 nicht mehr erhoben.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Am 12.07.2024 hat vor dem Berichterstatter ein Erörterungstermin stattgefunden, auf dessen Protokoll Bezug genommen wird.

Aus den Gründen

Die Klage, über die aufgrund der Einverständnisse der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO), hat Erfolg. Die Bescheide über Gewerbesteuermessbetrag für 2018 vom 28.07.2020 und für 2019 vom 13.08.2021 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.03.2022 sind rechtwidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

I. Die Voraussetzungen für die Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sind in den Streitjahren gegeben. Der Beklagte hat die erweiterte Grundstückskürzung daher zu Unrecht versagt.

1. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in der Fassung der Streitjahre (GewStG) wird die Summe des Gewinns aus Gewerbebetrieb und der Hinzurechnungen auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, gekürzt um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Die durch § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe c) GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Organismen für gemeinsame Anlagen vom 3.6.2021 (Fondsstandortgesetz) eingeführte „allgemeine Öffnungsklausel“ (Bundestags-Drucksache 19/28868, S. 114) in Form einer Geringfügigkeitsgrenze, nach der die Kürzung aufrechterhalten wird, wenn das Grundstücksunternehmen gegenüber den Mietern auch nicht begünstigte Tätigkeiten ausübt, die Einnahmen aus diesen Tätigkeiten jedoch 5 Prozent der Mieteinnahmen des Grundstücksunternehmens nicht überschreiten, ist erst ab dem Erhebungszeitraum 2021 anzuwenden.

Die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen der Gewerblichkeit überschreitet (BFH, Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, juris). Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt (BFH, Urteil vom 14.06.2005 VIII R 3/03, juris).

Ziel der Vorschrift ist die Gleichstellung vermögensverwaltender Grundstücksunternehmen, deren Einkünfte nur kraft Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegen, mit den vermögensverwaltenden Einzelpersonen und Personengesellschaften (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2010 1 BvR 2130/09, juris; BFH, Urteil vom 07.08.2008 IV R 36/07, juris).

Unter den Begriff Verwaltung und Nutzung i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG fällt außer der Verwendung für den eigenen Bedarf im Allgemeinen die Vermietung und Verpachtung (BFH, Urteil vom 28.11.2019 III R 34/17, juris). Bei der Überlassung des Grundbesitzes an Dritte muss es sich also um Miet- oder Pachtverträge i.S.d. bürgerlichen Rechts handeln.

Maßgeblich ist jeweils die tatsächliche Geschäftsführung, nicht jedoch der sich aus der Satzung oder aus anderen Unterlagen ergebende Geschäftszweck (BFH, Urteil vom 11.07.1961 I 76/61 U, juris). Diese darf nicht über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehen, insbesondere nicht gewerblichen Charakter annehmen.

Der in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verwendete Begriff des Grundbesitzes ist im gegenüber dem Einkommensteuerrecht engeren bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen (ständige Rechtsprechung z.B. BFH, Urteil vom 20.09.2007 IV R 19/05, juruis, m.w.N.). Dies beruht auf dem Zweck des § 9 Nr. 1 GewStG, die Doppelbelastung von Grundbesitz mit Realsteuern, Gewerbesteuer und Grundsteuer, zu vermeiden. Bei Erträgen, die nicht auf die Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne zurückzuführen sind, ist eine Doppelbelastung durch Grundsteuer und Gewerbesteuer nicht zu befürchten. Das bedeutet, dass zum Grundvermögen nicht Betriebsvorrichtungen, d.h. Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, rechnen. Sie sind nach § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG nicht in das Grundvermögen einzubeziehen (BFH, Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, juris).

Der Umfang des Grundvermögens ergibt sich aus § 68 BewG (BFH, Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, juris). Danach gehören zum Grundvermögen u.a. der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG), nicht aber Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG). Grundsätzlich ist die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen schädlich für die Anwendbarkeit des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Aus dem gesetzlichen Erfordernis der Zugehörigkeit „zu einer Betriebsanlage“ ergibt sich, dass der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn eine Anlage für einen Betrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden (BFH, Urteile vom 11.04.2019 III R 36/15, juris; vom 28.02.2013 III R 35/12, juris). Für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen kommt es deshalb darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich ist bzw. ob die Anlage der Benutzung des Gebäudes als solches, also unabhängig von dem darin ausgeübten Gewerbebetrieb, dient (was gegen das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung spricht) oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient bzw. ob ein unmittelbarer und besonderer Zusammenhang zwischen der zur beurteilenden Anlage und dem im Gebäude ausgeübten Gewerbebetrieb besteht (was für das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung spricht) (BFH, Urteile vom 11.04.2019 III R 36/15, juris; vom 24.03.2006 III R 40/04, juris). Die zivilrechtliche Einordnung eines Gegenstands als wesentlicher Gebäudebestandteil schließt das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung i.S. des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG nicht aus (BFH, Urteil vom 24.03.2006 III R 40/04, juris).

Voraussetzung für die Begünstigung ist zudem die Verwaltung „eigenen“ Grundbesitzes. Der Begriff „eigen“ ist nicht steuerlich, sondern eigentumsrechtlich auszulegen und damit grundsätzlich zivilrechtlich zu beurteilen (BFH, Urteil vom 19.10.2010 I R 67/09, juris).

Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist durch das Erfordernis der Ausschließlichkeit tatbestandlich zweifach begrenzt: Zum einen ist die unternehmerische Tätigkeit gegenständlich begrenzt, nämlich ausschließlich auf eigenen Grundbesitz oder daneben auch auf eigenes Kapitalvermögen, zum anderen sind Art, Umfang und Intensität der Tätigkeit begrenzt, dass nämlich die Unternehmen dieses Vermögen ausschließlich verwalten und nutzen (BFH, Beschluss vom 25.09.2018 GrS 2/16, juris). Ein Verstoß gegen die Ausschließlichkeit führt zur vollständigen Versagung der erweiterten Kürzung. Die erlaubten, aber nicht begünstigten Tätigkeiten (§ 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG sind als enumerativer Katalog zu verstehen und beinhalten gesetzlich anerkannte Ausnahmen von dem Ausschließlichkeitsgebot.

Nebentätigkeiten liegen innerhalb des von diesem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind nicht kürzungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes i.e.S. dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können (BFH, Urteile vom 11.04.2019 III R 36/15, juris; vom 28.11.2019 III R 34/17, juris). Hierzu zählt insbesondere der Betrieb notwendiger Sondereinrichtungen für die Mieter und notwendiger Sondereinrichtungen im Rahmen der allgemeinen Wohnungsbewirtschaftung, etwa die Unterhaltung von Licht-, Heizungs- und Wasserversorgungsanlagen, Gartenanlagen sowie Aufzüge (BFH, Urteile vom 26.08.1993 IV R 18/91, juris; vom 14.06.2005 VIII R 3/03, juris), da diese fest mit dem Grundstück verbunden sind (BFH, Urteile vom 17.01.2006 VIII R 60/02, juris; vom 05.03.2008 I R 56/07, juris). Eine darüber hinausgehende Mitvermietung von (nicht fest mit dem Grundstück verbundenen) Betriebsvorrichtungen schließt die Kürzung dagegen regelmäßig aus (BFH, Urteil vom 14.06.2005 VIII R 3/03, juris; Beschluss vom 07.04.2011 IV B 157/09, juris).

Die Rechtsprechung des BFH setzt das Merkmal „zwingend notwendig“ mit „unentbehrlich“ gleich (BFH, Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, juris; Beschluss vom 07.04.2011 IV B 157/09, juris). Ob die Voraussetzungen für ein unschädliches Nebengeschäft vorliegen, ist dabei anhand objektiver Umstände festzustellen und nicht nach den Beziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen einerseits und seinen tatsächlichen Geschäftspartnern andererseits zu beurteilen.

Bei der Beurteilung, ob die Mitvermietung einer Betriebsvorrichtung der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dient und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und-nutzung anzusehen ist, ist nicht zu fragen, ob der konkrete Mietvertrag auch ohne die Überlassung der streitgegenständlichen Betriebsvorrichtung hätte abgeschlossen werden können, sondern ob die Überlassung der streitgegenständlichen Betriebsvorrichtung bei dem Abschluss vergleichbarer Mietverträge als zwingend notwendig im Sinne von unentbehrlich angesehen wird.

Nicht relevant ist, ob die Überlassung auch bei einer hypothetischen anderweitigen Gebäudenutzung als unentbehrlich anzusehen wäre. Dem Steuerpflichtigen ist ein, wenngleich angesichts der gebotenen restriktiven Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begrenzter, unternehmerischer Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Es kommt insofern nicht darauf an, ob die Nebentätigkeit (hier die Mitvermietung der Betriebsvorrichtung) die einzig denkbare oder im Vergleich zu sämtlichen Alternativen die wirtschaftlich sinnvollste Grundstücksnutzung ist (FG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2023 14 K 1037/22, juris; FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.03.2024 1 K 134/22, juris; so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 26.06.2023 10 K 2800/20 G, EFG 2023, 1148; FG Münster, Urteile vom 06.12.2018 8 K 3685/17 G, EFG 2019, 373; vom 11.02.2022 14 K 2267/19 G,F, juris). Der Steuerpflichtige muss ungeachtet der drohenden Gefahr durch die Mitvermietung die Möglichkeit haben, seinen Grundbesitz wirtschaftlich sinnvoll am Markt anbieten zu können.

2. Nach diesen Rechtsgrundsätzen konnte die Klägerin die von ihr beantragte, erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen.

Die Voraussetzungen von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG lagen in den Streitjahren, darüber sind sich die Beteiligten einig, bei Außerachtlassung der Mitvermietung des Kühlhauses und Lastenaufzugs unstreitig vor, weil die Klägerin im Übrigen ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltete und nutzte. Auch das Vorhandensein des streitigen Kühlhauses und Lastenaufzugs steht unter Berücksichtigung der insoweit maßgeblichen tatsächlichen Nutzung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten einer erweiterten Kürzung nicht entgegen.

a. Hinsichtlich des Kühlhauses ist dies zwischen den Beteiligten nunmehr unstreitig, sodass der erkennende Senat von vertiefenden Ausführungen absieht, zumal dies rechtlich zutreffend ist. Das Kühlhaus in den von der Klägerin vermieteten gewerblichen Räumen auf dem Grundstück H-Straße … in M steht, unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Betriebsvorrichtung und damit um Grundbesitz i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG handelt, bereits weder im zivilrechtlichen noch im wirtschaftlichen Eigentum der Klägerin. Vielmehr handelt es sich um einen sog. Mietereinbau. Daher ist das Kühlhaus im Rahmen der im Streitfall entscheidungserheblichen Prüfung der sog. Ausschließlichkeit bei § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ohne Bedeutung.

b. Der Aufzug in den von der Klägerin vermieteten gewerblichen Räumen auf dem Grundstück A-Straße … in M ist eine für die erweiterte Kürzung unschädliche Betriebsvorrichtung.

Der Betrieb und die Mitvermietung des Lastenaufzugs hat der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne gedient und ist damit als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und ‑nutzung anzusehen. Es ist von einer Unentbehrlichkeit der Mitvermietung, auch unter Berücksichtigung des nach der Rechtsprechung der BFH zugrunde zu legenden restriktiven Verständnisses der Ausnahmen, auszugehen.

Die feste Verbindung des Lastenaufzugs mit dem Gebäude stellt bereits ein starkes Indiz für eine zwingende Notwendigkeit dieser Betriebsvorrichtung dar. Zwar kann auf Grund der BFH-Rechtsprechung gebotenen restriktiven Handhabung der Ausnahmen nicht allein auf Grund der festen Verbindung mit dem Grundstück bzw. dem Gebäude die Mitvermietung einer solchen Betriebsvorrichtung als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden. Der Umstand, dass eine Einrichtung aufgrund ihrer festen Verbindung mit dem Gebäude nur schwer und unter erheblichem Aufwand entfernt werden kann, führt jedoch im Regelfall dazu, dass sie als zwingend notwendig für eine wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksverwaltung und -nutzung zu qualifizieren ist, sofern nicht besondere Umstände im Einzelfall zu einer anderen Bewertung führen.

Solch besondere Umstände des Einzelfalls liegen hier nicht vor. Bei der Fertigung von Industrieelektronik ist die Produktion von Waren und damit einhergehend auch der Transport der Waren innerhalb der angemieteten Räumlichkeiten essentiell. Befinden sich, wie in dem streitgegenständlichen Objekt, die vermieteten Räumlichkeiten auf mehreren Etagen, ist damit auch der Transport über mehrere Etagen essentiell. Dass ein Transport der Waren ausschließlich über Treppenhäuser erfolgt, erscheint zumindest praxisfern. Dies zöge zudem auch – etwa, wenn die Waren auf Paletten oder Ständern verpackt sind – erhebliche logistische Probleme nach sich. Ähnlich wie bei Einkaufszentren (siehe hierzu BFH, Urteil vom 14.07.2016 IV R 34/13, juris) ist auch bei Warenhäusern oder Produktionsstätten, wie im Streitfall, jedenfalls ein Mindestmaß an Infrastruktur als unentbehrlich für eine sinnvoll gestaltete Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen (die Unschädlichkeit der Mitvermietung von Aufzügen als unentbehrliche Betriebsvorrichtungen in Betracht ziehend auch BFH, Urteil vom 26.08.1993 IV R 18/91, juris). Hierzu zählt unter anderem die Bereitstellung von Lastenaufzügen.

Zudem weist der Streitfall insoweit die bauliche Besonderheit auf, dass ausweislich des vorgelegten Grundrisses neben dem Lastenaufzug nur eine Wendeltreppe vorhanden ist, um Gegenstände vom Erdgeschoss in das Obergeschoss zu transportieren. Demnach wird durch den Lastenaufzug ein Mindestmaß an Infrastruktur für die Nutzung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten gewährt, zumal für Produktionsstätten, wie im Streitfall, das Vorhandensein eines Lastenaufzuges essentiell ist.

Ebenso ist, was für eine zwingende Notwendigkeit bzw. Unentbehrlichkeit der Mitvermietung des Lastenaufzuges spricht, zu berücksichtigen, dass, und das ist insoweit eine weitere entscheidende Besonderheit des Streitfalles, die H-GmbH den Einbau des Lastenaufzuges durch den Voreigentümer zur Bedingung für die Verlängerung des Mietvertrages machte. Hierdurch ist hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass die H-GmbH die streitgegenständlichen Räumlichkeiten nur weiter anmieten wollte, wenn dort ein Lastenaufzug vorhanden ist. Weiter wird durch die Forderung der H-GmbH objektiv deutlich, dass die Wendeltreppe allein als Gebäude-Infrastruktur für eine sinnvolle Gebäudenutzung nicht ausreicht.

c. Neben den somit nach den vorstehenden Ausführungen gegebenen qualitativen Voraussetzungen wird im Streitfall auch in quantitativer Hinsicht der Rahmen eines unbedeutenden Nebengeschäfts nicht überschritten. Eine klare Geringfügigkeitsgrenze für diese quantitative Beurteilung lässt sich der Rechtsprechung des BFH nicht entnehmen. Dieser stellt in diesem Zusammenhang teilweise auf die absolute Höhe der Anschaffungskosten der Betriebsvorrichtungen ab (BFH, Beschluss vom 17.11.2005 I B 150/04, juris, Schädlichkeit bei Anschaffungskosten über 1 Mio. DM, allerdings weniger als 10 v.H. der Herstellungskosten des vermieteten Grundbesitzes), teilweise auch auf deren relative Höhe bezogen auf die Gesamtanschaffungs- oder -herstellungskosten des Objekts (BFH Urteil vom 22.08.1990 I R 66/88, juris, Schädlichkeit bei Herstellungskosten der überlassenen Betriebsvorrichtungen von mehr als 44 v.H. der Herstellungskosten der überlassenen Gebäude; BFH, Urteil vom 04.10.2006 VIII R 48/05, juris, Unschädlichkeit bei einem Anteil an den Mieteinnahmen von 1,22 v.H. und einem Anteil an den Gesamtherstellungskosten von 2,88 v.H.).

Der Streitfall weist jedoch die Besonderheit auf, dass die Klägerin hinsichtlich des Lastenaufzuges und des Kühlhauses keine eigenen Anschaffungskosten hat. Das Kühlhaus steht nicht im Eigentum der Klägerin; es ist nicht vor ihr angeschafft worden. Der Lastenaufzug ist nicht durch die Klägerin, sondern durch die Voreigentümer eingebaut worden. Selbst unter dem Aspekt, dass die Klägerin das streitgegenständliche Grundstück mitsamt dem eingebauten Lastenaufzug im Jahr 2016 erworben hat, können keine Anschaffungskosten der Klägerin für den Lastenaufzug angenommen werden. Unter Berücksichtigung der Anschaffungskosten der Voreigentümer für den Lastenaufzug i.H.v. 35.000€ im Jahr 2002 ist der Lastenaufzug im Jahr 2016 bereits nahezu vollständig abgeschrieben worden (15 Jahre Nutzungsdauer nach 3.4.4.1 der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter, BMF vom 15.12.2000, BStBl. I 2020, 1532) und hat insoweit keinen nennenswerten wirtschaftlichen Wert (ca. 2.333€) für die Klägerin mehr gehabt. Damit sind im Streitfall die Anschaffungskosten des Lastenaufzugs sowohl in absoluter Höhe als auch in Relation zu den Gesamtanschaffungs- bzw. ‑herstellungskosten des Gebäudes als gering und damit unbedeutend im vorgenannten Sinne anzusehen.

d. Der (erweiterte) Kürzungsbetrag der Höhe nach, d.h. der Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes der Klägerin entfällt und der durch die Klägerin beantragt worden ist (169.184€ in 2018 und 239.452€ in 2019), ist zwischen den Beteiligten unstreitig, so dass der Senat von weitergehenden Ausführungen absieht.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Es liegt kein Fall des § 137 Satz 1 FGO vor. Es fehlt an der erforderlichen Ursächlichkeit der verspäteten Vorlage des Inventar-Kaufvertrag zwischen der P-GmbH und MI vom 03.09.2020 sowie des Grundrisses der Räumlichkeiten A-Straße … in M durch die Klägerin. Die durch diese Verspätung angefallenen Kosten wären auch bei ordnungsgemäßem Verhalten entstanden. Der Beklagte hat seine Rechtsauffassung hinsichtlich des Kühlhauses erst nach dem richterlichen Hinweis im Erörterungstermin und hinsichtlich des Lastenaufzuges gar nicht aufgegeben.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

IV. Die Revision war trotz der laufende Revisionsverfahren gegen das Urteil des FG Düsseldorf vom 23.11.2023 14 K 1037/22, juris (Az. des BFH IV R 31/23) und das Urteil des FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.03.2024 1 K 134/22, juris (Az. des BFH IV R 9/24) aufgrund der Besonderheiten des Streitfalls nicht zuzulassen. Weder stellen sich Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH i.S.v. § 115 Abs. 2 FGO. Die Entscheidung beruht vielmehr auf der Würdigung der Sachverhaltsumstände im konkreten Einzelfall, ohne dass von einer bereits bestehenden Rechtsprechung des BFH abgewichen wird; vielmehr ist der insoweit relevanten Rechtsprechung des BFH zu entnehmen, dass auf die Besonderheiten des Einzelfalls abzustellen ist. Zudem handelt es sich bei § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in der Fassung der Streitjahre um auslaufendes Recht; § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe c) GewStG in der Fassung des Fondsstandortgesetzes ist ab dem Erhebungszeitraum 2021 anzuwenden.

 

 

 

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