FG Münster: Rückwirkende Anwendung des § 6e EStG zu Fondsetablierungskosten ist nicht verfassungswidrig
FG Münster, Urteil vom 24.1.2024 – 12 K 357/18 F
ECLI:DE:FGMS:2024:0124.12K357.18F.00
Volltext BB-Online BBL2024-918-2
Sachverhalt
Streitig ist die steuerliche Behandlung von Gründungs- bzw. Fondsetablierungskosten (Weichkosten) eines geschlossenen Schiffsfonds im Jahr 2010 (Streitjahr).
Die im Jahr 2007 gegründete Klägerin betreibt ihr Unternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG (eingetragen im Handelsregister A des Amtsgerichts O unter HRA 1). Komplementärin der Klägerin war im Streitjahr die Firma A Beteiligungsgesellschaft Verwaltung mbH, deren Geschäftsführer Herr L ist. Die Klägerin ist als Publikumspersonengesellschaft konzipiert und hat mehr als 900 Beteiligte. Zum Kreis der Kommanditisten der Klägerin gehören unter anderem: die L 2 AG, die L 3 GmbH, die L 4 GmbH sowie die S GmbH. Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn im Streitjahr gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Betriebsvermögensvergleich.
Am 00.00.2007 schloss die Klägerin einen Chartervertrag mit der Firma J Pte Ltd. und trat mit Vertrag vom 00.00.2007 in einen Bauvertrag mit der ostasiatischen Werft Y Co. Ltd über einen Massengutfrachter („A“) ein (Kosten X Mio. US-Dollar), wobei die Lieferung für Monat 2009 vereinbart und eine Verzögerung für maximal 250 Tage zulässig war. Hieraus ergab sich ab dem 00.00.2010 bei fehlender Lieferung die Möglichkeit zur Kündigung des Bauvertrages. Daneben bestand eine Poolvereinbarung vom 00.00.2008, aufgrund derer die Chartereinnahmen mit drei anderen baugleichen Frachtern gepoolt werden sollten, um Risiken und Chancen gleichmäßiger zu verteilen.
Laut Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 00.00.2008, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, war Unternehmensgegenstand (§ 2 des Vertrages) die Bestellung, die Übernahme und der Betrieb des Bulkers „A“ sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte. Der Vertrag enthielt unter § 5 einen Investitionsplan für den Erwerb des Schiffes. Ebenfalls am 00.00.2008 wurde das Emissionsprospekt für eine Beteiligung an der Klägerin herausgegeben, auf dessen Grundlage sich noch im Jahr 2008 die Anleger an der Klägerin beteiligten und auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Die Finanzierung des Baupreises für das Bulkschiff sollte im Wesentlichen über Eigenkapital, bestehend aus auf dem freien Kapitalmarkt zu erwerbenden Kommanditbeteiligungen (X Mio. €), und über ein Schiffshypothekendarlehen (X Mio. US-Dollar) erfolgen.
Während der Vertriebs- und Anlaufphase waren die L 2 AG, die L 3 GmbH sowie Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer beauftragt, Leistungen im Zusammenhang mit der Erarbeitung und Umsetzung des Firmenkonzepts zu erbringen (vgl. auch § 4 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin vom 00.00.2008). Die insoweit angefallenen, hier hinsichtlich der steuerlichen Behandlung streitigen Kosten in Höhe von X € hatte die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 als Anzahlungen auf das zu bauende Schiff aktiviert. Im Einzelnen setzten sich die – der Höhe nach nicht streitigen – Gründungskosten (Fondsetablierungskosten/Weichkosten) wie folgt zusammen:
Leistungserbringer |
Kostenart |
Höhe |
L 2 AG |
Vermittlung einer Fremdfinanzierung |
X € |
L 2 AG |
Abgabe einer selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaft |
X € |
L 3 GmbH |
Beratung bei der Entwicklung der wirtschaftlichen Konzeption |
X € |
L 2 AG |
Einwerbung des planmäßig vorgesehenen Kommanditkapitals |
X € |
L 2 AG |
Abgabe einer Platzierungsgarantie |
X € |
Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer |
Beratung bei der Konzeption des Beteiligungsangebots und Erstellung von Gutachten |
X € |
X € |
Nähere Einzelheiten zu den Fondsetablierungskosten ergeben sich aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 12.08.2016; hierauf wird verwiesen.
Als sich abzeichnete, dass eine zeitgerechte Fertigstellung des Fondsschiffes „A“ nicht würde erfolgen können, fand am 00.00.2010 die erste Sitzung des Verwaltungsrats der Klägerin statt, in der deren Vorsitzender bestimmt wurde und an der neben den Verwaltungsratsmitgliedern ein Vertreter der Bank 1 sowie Vertreter der L 4 GmbH teilnahmen. Der Verwaltungsrat bestand – entsprechend § 4 des Gesellschaftsvertrages vom 00.00.2008 – aus zwei Kommanditisten sowie einem Vertreter der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin. Dem Protokoll vom 00.00.2010 ist zu entnehmen, der Verwaltungsrat sei sich mit der Geschäftsführung einig, die Gesellschafter kurzfristig über die aktuelle Situation zu informieren und ihnen die Kündigung des Bauvertrages vorzuschlagen. Gleichzeitig solle ihnen als Alternativkonzept eine Beteiligung an der „A 2“ vorgestellt und darüber abgestimmt werden. Den Gesellschaftern solle empfohlen werden, eine Beteiligung an dem typengleichen Schiff im Rahmen eines Gesamtpaketes zu erwerben. Hieraus resultierend verfasste der Verwaltungsrat den Bericht vom 00.00.2010 zur Vorbereitung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung, in dem der Verwaltungsrat niederlegte, er habe das von der Geschäftsführung vorgelegte Alternativkonzept geprüft, eigene Vorschläge eingebracht und es in der vorliegenden Fassung für gut befunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht des Verwaltungsrates vom 00.00.2010 sowie das Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 00.00.2010 verwiesen.
Mit Schreiben vom 00.00.2010 setzte die Klägerin die einzelnen Anleger darüber in Kenntnis, dass eine zeitgerechte Fertigstellung des Fondsschiffes „A“ voraussichtlich nicht erfolgen werde, sodass auch die Lieferung an den Charterer zum 31.05.2010 nicht rechtzeitig werde erfolgen können. Zwar bestehe mit dem Charterer eine Sonderregelung, der zufolge das Schiff noch bis zum 30.11.2010 in den Chartervertrag des Schwesterschiffes „A 3“ geliefert werden könne. Auch das sei zeitlich aber fraglich und hätte zudem zur Folge, dass das Schwesterschiff „A 3“ seinen Chartervertrag verlieren würde. Aufgrund der Poolung der Einnahmen der Schwesterschiffe ergebe sich hieraus ein wirtschaftliches Risiko.
Auf der Suche nach einem vergleichbaren Schiff mit ähnlichen Ablieferungsdaten und Beschäftigungskonzept sei es der Geschäftsführung im Monat 2010 gelungen, durch einen Vorvertrag einen entsprechenden Bulker mit adäquaten Eckdaten (für die KG) zu sichern. Das – bereits an die K Ltd. vercharterte, kurz vor der Fertigstellung stehende – Alternativschiff „A 2“ sei in seiner Kaufpreis-Erlös-Relation vergleichbar (planmäßiger Kaufpreis X Mio. US-Dollar) und könne voraussichtlich zum 01.07.2010 übernommen werden; ab Mitte 2017 befinde sich die „A 2“ ebenfalls in einem Einnahmepool („A Pool“). Wenn das Alternativprojekt im Rahmen einer „doppelstöckigen KG“ strukturiert werde, könnten die Verluste den Anlegern unmittelbar ausgleichsfähig zugewiesen werden (30%ige Verlustzuweisung in Kombination mit der Tonnagebesteuerung) und die Anleger blieben mit ihrer vollen Einlage Miteigentümer des neuen Schiffes.
Der Geschäftsbericht vom 00.00.2010 sah wegen der mangelnden Fertigstellung des Bulkers „A“ als Handlungsalternativen entweder die Auflösung der Klägerin oder den Erwerb eines typgleichen Schiffes im Rahmen eines Gesamtpakets (Kaufvertrag, Chartervertrag und Finanzierungszusage) vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben an die Anleger vom 00.00.2010 und den Geschäftsbericht vom 00.00.2010 Bezug genommen.
Auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 00.00.2010 fassten die Gesellschafter die von der Geschäftsführung vorgeschlagenen Beschlüsse:
1. Die Geschäftsführung der Fondsgesellschaft soll bei Ablauf der im Bauvertrag vereinbarten Fristen zum frühestmöglichen Zeitpunkt den Bauvertrag kündigen.
2. Für den Fall, dass die Fondsgesellschaft gemäß Beschlusspunkt 1. den Bauvertrag kündigt, wird der Gesellschaftsvertrag der A Beteiligungsgesellschaft GmbH & Co. KG (der Klägerin) geändert. Der geänderte Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass der Gegenstand des Unternehmens geändert wird und somit die Voraussetzungen für ein Investment in das im Geschäftsbericht dargestellte Alternativschiff geschaffen werden.
Auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 00.00.2010 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Die Klägerin setzte die Gesellschafterbeschlüsse vom 00.00.2010 dahingehend um, dass sie den am 00.00.2007 mit der ostasiatischen Werft geschlossenen Bauvertrag mit Schreiben vom 00.00.2010 kündigte und das ursprünglich abgeschlossene Schiffshypothekendarlehen abwickelte. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war danach gemäß § 2 des geänderten Gesellschaftsvertrages der Erwerb und das Halten einer Beteiligung an der A 4 Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (Schiffsbetriebsgesellschaft), der vormaligen A 2 Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG, (im Folgenden: A 2 KG). Auf den Gesellschaftsvertrag wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
Am 00.00.2010 trat die Klägerin der A 2 KG bei, deren Unternehmenszweck der Erwerb und Betrieb des Bulkschiffes „A 2 „ sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte ist. Die Klägerin hielt (bei einer Einlagesumme in Höhe von X Mio. €.) nunmehr 99,49 % der Anteile der A 2 KG. Die restlichen Geschäftsanteile von 0,51 % wurden von drei Gründungsgesellschaftern der Klägerin, und zwar der S GmbH als Komplementärin, der L 4 GmbH und der L 2 AG gehalten. Die Schiffsfinanzierung erfolgte auf der Ebene der A 2 KG ergänzend durch ein Schiffshypothekendarlehen in Höhe von X Mio. US-Dollar. Wegen der Einzelheiten wird auf den Geschäftsbericht vom 00.00.2010 anlässlich der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin Bezug genommen. Die A 2 KG ermittelte ihren Gewinn pauschal nach § 5a EStG (Tonnagebesteuerung). Die Geschäftsführung der A 2 KG hatte mit den Verkäufern des Bulkschiffes „A 2 „ im Monat 2010 einen Vorvertrag über den Erwerb des Bulkers und am 00.00.2010 den endgültigen Kaufvertrag für den Massengutfrachter abgeschlossen. Die Ablieferung des Schiffes erfolgte am 00.00.2010.
Am 05.10.2010 wurde über das Vermögen der Werft Y Co. Ltd ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Klägerin wurden die von ihr geleisteten Anzahlungen nebst pauschaliertem Schadensersatz in Höhe von 8 % Verzugszinsen bereits am 00.00.2010, nicht aber die aktivierten, vorgenannten Gründungskosten in Höhe von X € erstattet.
Die Komplementärin sowie die Kommanditisten erbrachten verschiedene Dienstleistungen für die Klägerin. Die den Gesellschaftern insoweit entstandenen Aufwendungen sowie die von der Klägerin hierfür geleisteten Vergütungen bilanzierte die Klägerin in der jeweiligen Sonderbilanz der Gesellschafter als Sonderbetriebseinnahmen bzw. Sonderbetriebsausgaben.
Wegen der Kündigung des Bauvertrages über die „A“, der Änderung des Gesellschaftszwecks und der fehlenden Erstattung im Insolvenzverfahren behandelte die Klägerin die bisher als Anschaffungskosten aktivierten Aufwendungen in Höhe von X € im Jahr 2010 als sofort abziehbare Betriebsausgaben (vergebliche Aufwendungen). Zugleich löste die Klägerin negative Ergänzungsbilanzen, die für einen Teil der Anleger gebildet worden waren, gewinnwirksam auf. Die Ergänzungsbilanzen beruhten auf der Übernahme zu leistender Agio in Höhe von 5 % der Anlagesumme durch Finanzanlagevermittler.
Im Rahmen ihrer Feststellungserklärung 2010 erklärte die Klägerin sodann die folgenden gewerblichen Einkünfte:
Gesamthandsgewinn ./. X €
Ergänzungsbilanzen X €
Sonderbetriebseinnahmen X €
Sonderbetriebsausgaben X €
Zwischensumme lfd. Einkünfte ./. X €
Veräußerungsgewinne ./. X €
§ 15 EStG ./. X €
Der Beklagte veranlagte die Klägerin mit Bescheid vom 31.08.2012, der gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, zunächst erklärungsgemäß.
Der Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wurde in der Folge am 12.06.2013, am 16.09.2013 sowie am 25.10.2013 nach § 164 Abs. 2 AO korrigiert, wobei der Nachprüfungsvorbehalt jeweils bestehen blieb.
Mit letztgenanntem Bescheid stellte der Beklagte für den Feststellungszeitraum 2010 die folgenden gewerblichen Einkünfte fest:
Gesamthandsgewinn ./. X €
Ergänzungsbilanzen X €
Sonderbetriebseinnahmen X €
Sonderbetriebsausgaben X €
Zwischensumme lfd. Einkünfte ./. X €
Veräußerungsgewinne ./. X €
Einkünfte aus § 15 EStG ./. X €
In den Jahren 2015 und 2016 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung eine Außenprüfung bei der Klägerin durch, die mit Betriebsprüfungsbericht vom 19.02.2016, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, abschloss.
Der Prüfer vertrat die Auffassung, die in den Jahren 2008 und 2009 aktivierten Gründungskosten in Höhe von X € seien im Jahr 2010 nicht gewinnwirksam aufzulösen.
Die vollständige Übernahme des Bulkschiffes „A 2 „ sei als Fortführung des ursprünglichen Anlageziels, dem Erwerb und Betrieb eines Seeschiffes, zu beurteilen. Es bestehe daher weiterhin die Pflicht zur Aktivierung der Gründungskosten, und zwar als Anschaffungskosten auf der Ebene der A 2 KG im Rahmen von Ergänzungsbilanzen.
Die Investitionsphase sei erst mit dem Beitritt zur A 2 KG abgeschlossen worden. Der ursprüngliche Unternehmenszweck bzw. das ursprüngliche Anlageziel, der Erwerb und der Betrieb eines Seeschiffes, sei nie aufgegeben worden, denn durch den Beitritt zur A 2 KG sei mittelbar ein Seeschiff erworben worden. Steuerrechtlich sei der mittelbar beteiligte Mitunternehmer dem unmittelbar beteiligten Mitunternehmer gleichgestellt.
Vergebliche Kosten lägen zudem nicht vor, da es sich um vergleichbare und nicht um völlig unterschiedliche Bulkschiffe handele; der Vergleich der technischen Daten der beiden Massengutfrachter ergibt sich aus Anlage 1 zum Betriebsprüfungsbericht vom 19.02.2016. Da die Beteiligung an der A 2 KG einen Anteil an einem Schiff vermittle, seien die zu aktivierenden Kosten auf der Ebene der A 2 KG als Anschaffungskosten für das Schiff im Rahmen von Ergänzungsbilanzen zu aktivieren.
Die A 2 KG habe zur Tonnagebesteuerung optiert, so dass sich auf dieser Ebene keine Änderungen beim steuerlichen Gewinn ergäben. Die Ergebnisse aus Ergänzungsbilanzen seien mit dem nach § 5a EStG ermittelten Gewinn abgegolten.
Der Gewinn der Klägerin sei hingegen um X € zu erhöhen.
Eine abweichende Behandlung der Agio erfolgte im Rahmen der Außenprüfung nicht.
Am 28.06.2016 änderte der Beklagte den Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 164 Abs. 2 AO und hob zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Hierbei stellte er die folgenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest:
Gesamthandsgewinn X €
Einkünfte aus Ergänzungsbilanzen X €
Sonderbetriebseinnahmen X €
Sonderbetriebsausgaben X €
Zwischensumme lfd. Einkünfte X €
Veräußerungsgewinne ./. X €
Einkünfte aus § 15 EStG X €
Er schloss sich hierdurch den Feststellungen des Außenprüfers an und versagte die erfolgswirksame Auflösung der aktivierten Gründungskosten in Höhe von X €. Zudem erfasste der Beklagte die Fondsetablierungskosten auf der Ebene der A 2 KG in einer Ergänzungsbilanz. Die Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben, die bis zum Beitritt der Klägerin zur A 2 KG entstanden waren, erkannte er an. Ab dem 31.08.2010 ordnete der Beklagte die Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben den einzelnen Mitunternehmern auf der Ebene der A 2 KG zu.
Hiergegen legte die Klägerin am 15.07.2016 Einspruch ein.
Sie habe die mit ihrer Gründung als Publikumspersonengesellschaft zusammenhängenden Kosten, die sogenannten Weichkosten, in den Jahren 2008 und 2009 aufgrund der „Vertragsgeflecht-Rechtsprechung“ des Bundesfinanzhofs -BFH- (BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 8/10, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2011, 710) als Anzahlungen auf das Bulkschiff „A“ aktiviert.
Bisher sei höchstrichterlich allerdings noch nicht entschieden, wie die aktivierten Gründungskosten zu behandeln seien, wenn – wie im Streitfall – der Bauvertrag für das Schiff gekündigt und das Schiff nicht an die Gesellschaft geliefert werde und wenn die Gesellschafter zudem in einer Gesellschafterversammlung ein neues Unternehmenskonzept beschlossen hätten.
Nach allgemeinen bilanziellen Grundsätzen seien die Weichkosten unter dem Gesichtspunkt, dass das bestellte Bulkschiff nicht ausgeliefert worden sei, neu zu bewerten. Dieser Bilanzposten könne – mangels Anschaffung des Bulkers – nicht fortgeführt werden und sei als vergeblicher Aufwand aufzulösen.
Die Realisierung des aktivierten vergeblichen Aufwands erfolge zu dem Zeitpunkt, an dem feststehe, dass das Schiff nicht abgeliefert werde. Dies sei das Jahr 2010.
Grundlage für die Anwendung der „Vertragsgeflecht-Rechtsprechung“ sei ein vorgefertigtes Konzept, auf das die Gesellschafter einer Publikumspersonengesellschaft keinen Einfluss nehmen könnten. Die „Vertragsgeflecht-Rechtsprechung“ finde jedoch keine Anwendung, wenn die Gesellschafter – wie hier durch die Änderung des Gesellschaftszwecks in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 00.00.2010 – auf das Unternehmenskonzept tatsächlich Einfluss nähmen. Entgegen dem ursprünglichen Konzept werde kein Massengutfrachter mehr betrieben. Die Klägerin beteilige sich vielmehr nur noch an einer anderen Gesellschaft, die ihrerseits einen Massengutfrachter betreibe. Das Gewerbe „Schiffsbetrieb“ sei abgewickelt und das Gewerbe „Beteiligungsholding“ – durch die Beteiligung an der A 2 KG – neu gegründet worden. Ihre, der Klägerin, Gesellschafter seien im Rahmen der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 00.00.2010 in ihrer Entscheidung völlig frei gewesen. Sie hätten auch die Auflösung der Gesellschaft oder etwas ganz anderes beschließen können.
Im Übrigen verweist die Klägerin in ihrer Einspruchsschrift vom 12.08.2016 auf ihren Schriftsatz vom 28.10.2015.
Mit Bescheid vom 05.01.2018 korrigierte der Beklagte den Änderungsbescheid vom 28.06.2016 und stellte die gewerblichen Einkünfte wie folgt fest:
Gesamthandsgewinn X €
Einkünfte aus Ergänzungsbilanzen X €
Sonderbetriebseinnahmen X €
Sonderbetriebsausgaben X €
Zwischensumme lfd. Einkünfte X €
Veräußerungsgewinne ./. X €
Einkünfte aus § 15 EStG X €
Im Rahmen dieser Teilabhilfe aktivierte der Beklagte die jeweiligen Agio erneut – wie vor der Außenprüfung – in negativen Ergänzungsbilanzen und nahm Änderungen bei den Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben vor.
Im Übrigen wies er den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 15.01.2018 als unbegründet zurück.
Die Investitionsphase der Klägerin sei nicht bereits mit der Änderung des Gesellschaftsvertrages, sondern erst mit dem Beitritt zur A 2 KG abgeschlossen gewesen. Unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Ziels, in gesamthänderischer Verbundenheit von dem Erwerb, der Verwaltung sowie der Vercharterung eines im Schiffsregister eingetragenen Schiffes (Bulker) zu profitieren und die dabei eingeräumten steuerlichen Vergünstigungen, insbesondere die Tonnagebesteuerung, in Anspruch zu nehmen, könne nicht von einer grundlegenden Änderung des Unternehmensgegenstandes der Klägerin ausgegangen werden. Die Gründungskosten seien daher als Anschaffungskosten zu aktivieren und nicht als sofort abziehbare Betriebsausgaben zu behandeln. Dies gelte auch bei einer lediglich mittelbaren Beteiligung über eine zwischengeschaltete Obergesellschaft.
Mit ihrer hiergegen am 07.02.2018 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die Fondsetablierungskosten in Höhe von X € seien den sofort abziehbaren Betriebsausgaben zuzuordnen und nicht als Anschaffungskosten zu aktivieren. Zum Sachverhalt stellt die Klägerin klar, dass der im Anlegerschreiben vom 00.00.2010 angesprochene Vorvertrag zum Erwerb des Schiffes „A 2 „ nicht durch ihre, der Klägerin, Geschäftsführung, sondern die Geschäftsführung der A 2 KG abgeschlossen worden war.
In der Sache stellten die streitbefangenen Gründungskosten in Höhe von X € handelsrechtlich Aufwand dar. Diese Aufwendungen dürften handelsrechtlich nicht aktiviert werden, da sie lediglich mittelbar mit dem zu erwerbenden Vermögensgegenstand zusammenhingen. Die handelsbilanzielle Beurteilung sei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich auch für die Steuerbilanz maßgeblich.
Zunächst seien die streitigen Gründungskosten vor dem Hintergrund ihres ursprünglichen Investitionskonzepts und der „Vertragsgeflecht-Rechtsprechung“ des BFH zutreffend als Anschaffungsnebenkosten bzw. Anzahlungen auf das zu bauende Bulkschiff aktiviert worden.
Mit dem Scheitern des ursprünglichen Investitionskonzepts seien die Aktivierungsvoraussetzungen im Streitjahr 2010 entfallen. Die Aktivierung setze ein einheitliches Vertragswerk voraus, das bereits vor dem Beitritt der Investoren vorliegt und mit dessen Hilfe dasselbe im Verkaufsprospekt erläuterte wirtschaftliche Konzept ohne weitere Mitwirkung der Investoren tatsächlich umgesetzt wird. Die „Vertragsgeflecht-Rechtsprechung“ des BFH beruhe auf der Identität des Investitionskonzepts. Vorliegend sei das vorgegebene wirtschaftliche Konzept im Frühjahr 2010 aufgegeben worden. Durch eine freie Entscheidung ihrer, der Klägerin, Gesellschafter sei sodann ein neues Konzept angenommen worden. Mit der Eingehung der Beteiligung an der A 2 KG sei weder das wirtschaftliche Konzept aus dem Verkaufsprospekt fortgesetzt noch dasselbe Konzept modelladäquat abgeändert werden. Es sei vielmehr ein völlig neues Konzept entwickelt worden.
Die „Vertragsgeflecht-Rechtsprechung“ sei mit der Änderung des Unternehmensgegenstandes nicht mehr anwendbar, da die Gesellschafter Einfluss auf das Unternehmenskonzept genommen hätten. Dies zum einen über die Einbeziehung des Verwaltungsrates, der die Gemeinschaft der Anleger repräsentiere, und zum anderen aber auch durch das Plenum der Gesellschafter selbst. Wie sich aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung ergebe, habe es Wortmeldungen und Fragen gegeben und es sei beispielsweise eine Abänderung der Vergütungsstruktur bei der A erreicht worden.
Die Gründungskosten könnten keine Anschaffungsnebenkosten für den erworbenen Mitunternehmeranteil an der A 2 KG darstellen. Die streitigen Aufwendungen seien lange vor der grundsätzlichen Erwerbsentscheidung der Gesellschafter, die erst am 00.00.2010 erfolgt sei, entstanden.
Seit Inkrafttreten des § 15b EStG dürfte die auf § 42 AO gestützte Rechtsprechung des BFH zur Aktivierung der sogenannten Weichkosten (Fondsetablierungskosten) bei modellhafter Gestaltung nicht mehr angewandt werden.
Bei den Weichkosten handele es sich um eigenbetrieblichen Aufwand und nicht um vorab entstandene Sonderbetriebsausgaben, denn vorab entstandene Sonderbetriebsausgaben setzten die Beteiligung des jeweiligen Gesellschafters an der Personengesellschaft voraus.
Vorliegend seien die streitbefangenen Weichkosten vergeblich aufgewandt worden, bevor sie den Beitritt zur A 2 KG erklärt habe und dieser angenommen worden sei.
Der in den Jahren 2008 und 2009 entstandene Aufwand sei nach § 4 Abs. 2 EStG zu berichtigen und nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs im Streitjahr 2010 zu berücksichtigen, da die Jahre 2008 und 2009 festsetzungsverjährt und eine Änderung unter formellen Gesichtspunkten nicht mehr möglich sei.
§ 6e EStG stehe der Abzugsfähigkeit der streitigen Fondsetablierungskosten nicht entgegen.
Der sachliche Anwendungsbereich der Vorschrift sei nicht eröffnet. Es fehle an dem auf einem Vertragsgeflecht beruhenden Anschaffungsvorgang, denn der Bulker „A“ sei von ihr, der Klägerin, final nicht erworben worden. Sie, die Klägerin, sei vielmehr eine Beteiligung an der A 2 KG eingegangen.
§ 6e Abs. 1 Satz 2 EStG sei nicht einschlägig, da diese Regelung den Beitritt der Anleger zu einer Investmentgesellschaft voraussetze, die zum Zeitpunkt des Beitritts der Anleger die Investitionsentscheidung noch nicht oder noch nicht in Gänze getroffen habe. Die Anleger, die sich aufgrund des Verkaufsprospekts vom 00.00.2008 und dem darin erläuterten Vertragsbündel an ihr, der Klägerin, beteiligt hätten, hätten die Beitrittserklärungen in der Erwartung unterzeichnet, dass die Klägerin das Bulkschiff „A“ erwerben werde. Von weiteren noch zu treffenden Entscheidungen sei weder im Verkaufsprospekt noch in sonstigen Beitrittsunterlagen die Rede gewesen.
Ferner sei darauf zu verweisen, dass die Anleger über den Verwaltungsrat bei der Erstellung des Alternativkonzepts im Vorfeld der außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 00.00.2010 mitgewirkt hätten.
Die Beteiligung an der A 2 KG sei weder modellimmanent im Zeitpunkt des jeweiligen Beitritts der Anleger vorgesehen gewesen, noch sei die Entscheidung zur Eingehung der Beteiligung für die Anleger ohne ihre Mitwirkung getroffen worden. Die Anleger hätten sich frei entscheiden können. Im Vorfeld sei der Verwaltungsrat in die Alternativkonzeption aktiv eingebunden gewesen.
Im Übrigen sei zu bemerken, dass die zeitliche Anwendung des § 6e EStG auf alle noch offenen Fälle, wie sie in § 52 Abs. 14a EStG geregelt seien, eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung enthalte.
Die Klägerin habe darauf vertrauen können, dass die Fondsetablierungskosten für das vorliegende Beteiligungsangebot nicht zu aktivieren seien. Das Beteiligungsangebot sei um die Jahreswende 2007/2008 konzipiert worden. Zum Zeitpunkt der Prospektaufstellung am 00.00.2008 habe weder ein erstinstanzliches noch ein höchstrichterliches Urteil zur Aktivierung von Weichkosten bei einem Schiffsfonds oder Dachfonds vorgelegen. Die Frage, ob Weichkosten eines gewerblichen geschlossenen (Schiffs-)Fonds in entsprechender Anwendung des § 42 AO als Anschaffungskosten zu aktivieren seien, wie der Bauherren- und Fonds-Erlass es vorgesehen habe, sei in der Literatur umstritten gewesen und eine erste Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Hamburg vom 15.10.2008 2 K 210/06 (EFG 2009, 582) habe dies abgelehnt. Erst im April 2011 habe der BFH entschieden, dass Weichkosten bei gewerblichen Fonds in entsprechender Anwendung des § 42 AO zu aktivieren seien.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG auf den 31.12.2010 vom 28.06.2016 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.01.2018 sowie der Einspruchsentscheidung vom 15.01.2018 dahingehend zu ändern, dass
- die sogenannten Weichkosten in Höhe von X € bei der Ermittlung des Gesamthandsgewinns als sofort abziehbare Betriebsausgaben qualifiziert werden und
- weitere Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von insgesamt X € und weitere Sonderbetriebsausgaben in Höhe von insgesamt X € berücksichtigt und jeweils entsprechend der Anlage K1 zur Klageschrift vom 05.04.2018 auf die benannten 47 Gesellschafter verteilt werden,
sodass die Einkünfte aus Gewerbetrieb auf ./. X € festgestellt werden,
hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob § 52 Abs. 14a EStG in der Fassung des Artikel 1 Nr. 27 Buchst. d des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019, Bundesgesetzblatt I Nr. 48 Seite 2451 für § 6e EStG eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung anordnet,
hilfsweise, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit es die in Bezug auf die Feststellung des Gesamthandsgewinns geltend gemachten Betriebsausgaben betrifft,
hilfsweise, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Zur Begründung verweist er auf den Prüfungsbericht vom 19.02.2016 sowie die Einspruchsentscheidung vom 15.01.2018.
Die Beigeladenen haben sämtlich keinen Antrag gestellt und sich nicht zur Sache eingelassen.
…
Der Senat hat am 24.01.2024 mündlich verhandeln. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die Klage ist nur zum Teil begründet.
A. Die Klage ist begründet, soweit sie die Geltendmachung von Korrekturen in Bezug auf die Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben betrifft. Insoweit ist der angefochtene Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen auf den 31.12.2010 vom 28.06.2016 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.01.2018 sowie der Einspruchsentscheidung vom 15.01.2018 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Feststellungen des Beklagten hinsichtlich der Sonderergebnisse weichen – wie zwischen den Beteiligten nicht kontrovers ist – von den zutreffenden Werten ab; insoweit wird auf die Anlage K1 zur Klageschrift vom 05.04.2018 Bezug genommen (dazu auch unter C.).
B. Die Klage ist unbegründet, soweit sie die Feststellung des Gesamthandsgewinns der Klägerin betrifft. Der im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen auf den 31.12.2010 vom 28.06.2016 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.01.2018 sowie der Einspruchsentscheidung vom 15.01.2018 festgestellte Gesamthandsgewinn der Klägerin ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
I. Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO werden einkommensteuerpflichtige und körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen zuzurechnen sind. Diese Voraussetzung ist unter anderem dann erfüllt, wenn es – wie hier – um Einkünfte geht, die im Rahmen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) erzielt worden sind.
Ist – wie hier – eine Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt, so ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH ein zweistufiges Feststellungsverfahren durchzuführen. Dabei werden die im Rahmen der Untergesellschaft erzielten Einkünfte in einem diese Gesellschaft betreffenden Bescheid gesondert und einheitlich festgestellt und der Obergesellschaft zugerechnet; die hierzu gegenüber der Untergesellschaft getroffenen Feststellungen bilden die Grundlage für einen weiteren gegenüber der Obergesellschaft zu erlassenden Feststellungsbescheid, in dem die der Obergesellschaft zugerechneten Einkünfte dieser gegenüber festgestellt und den Beteiligten der Obergesellschaft zugerechnet werden (zu alledem z.B. BFH-Urteil vom 18.09.2007 I R 79/06).
Der Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft führt steuerrechtlich zur Anschaffung von Anteilen an den Aktiva und Passiva der Personengesellschaft. Die Anschaffungskosten für die Beteiligung spiegeln sich deshalb in dem Kapitalkonto des Gesellschafters bei der Personengesellschaft, das bei höheren Anschaffungskosten im Wege einer Ergänzungsbilanz erhöht wird, wider (BFH-Urteile vom 08.09.2005 VI R 52/03, BStBl II 2006, 128; vom 18.02.1993 IV R 40/92, BStBl II 1994, 224). Erwirbt – wie hier – eine Personengesellschaft eine Beteiligung an einer anderen Personengesellschaft und sind die Anschaffungskosten der erwerbenden Obergesellschaft hinsichtlich der Beteiligung an der Untergesellschaft höher oder niedriger als der Buchwert des Kapitalkontos in der Untergesellschaft, hat die Obergesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen ihre Mehr- oder Minderaufwendungen in einer Ergänzungsbilanz bei der Untergesellschaft zu erfassen (z.B. Bodden in: Korn, EStG, § 15 EStG, Rn. 555).
II. In dem hier streitgegenständlichen Gewinnfeststellungsbescheid auf der Ebene der Klägerin – Obergesellschaft seit 00.00.2010 – können die streitigen Aufwendungen („Weichkosten“) nicht als sofort abziehbare Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Zwischen den Beteiligten besteht zwar zu Recht Einvernehmen darüber, dass die in Rede stehenden Aufwendungen die Voraussetzungen für einen Betriebsausgabenabzug erfüllen, weil sie im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG betrieblich veranlasst sind. Eine steuerliche Berücksichtigung bei der Klägerin als sofort abziehbare Aufwendungen (siehe dazu BFH-Urteil vom 26.04.2018 IV R 33/15, BStBl II 2020, 645 zur Rechtslage nach Einführung von § 15b EStG und vor § 6e EStG) kommt indessen nicht in Betracht, weil sie als Anschaffungskosten, mit der Folge der Aktivierung im Rahmen einer – hier nicht streitgegenständlichen – Ergänzungsbilanz bei der Untergesellschaft, zu behandeln sind und sich insoweit auf der Ebene des Gesamthandsgewinns der Klägerin keine Auswirkungen ergeben.
1. Die hier streitigen Weichkosten unterfallen der mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (Bundesgesetzblatt I Nr. 48 Seite 2451) eingeführten und nach § 52 Abs. 14a EStG auch in Wirtschaftsjahren, die – wie vorliegend – vor dem 18.12.2019 enden, anwendbaren Regelung des § 6e Abs. 1 Satz 1 EStG.
a) Gemäß § 6e Abs. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern, die ein Steuerpflichtiger gemeinschaftlich mit weiteren Anlegern gemäß einem von einem Projektanbieter vorformulierten Vertragswerk anschafft, auch die Fondsetablierungskosten im Sinne von § 6e Abs. 2 und 3 EStG.
b) Die Anleger der Klägerin haben kraft gemeinschaftlicher Entscheidung im Rahmen der Gesellschafterversammlung vom 00.00.2010 zum 00.00.2010 die Beteiligung an der A 2 KG – steuerlich mithin deren Aktiva und Passiva (BFH-Urteil vom 08.09.2005 IV R 52/03, BStBl II 2006, 128) – mit dem Schiff („A 2 „) im Bau erworben, das unmittelbar anschließend am 00.00.2010 abgeliefert wurde (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 18.02.1993 IV R 40/92 BFHE 171, 422, BStBl II 1994, 224).
c) Diesem Vorgang lag ein vorformuliertes Vertragswerk zugrunde.
aa) Ein Vertragswerk im Sinne des § 6e Abs. 1 Satz 1 EStG ist als vorformuliert anzusehen, wenn der Anleger nur die Wahl hat, entweder das gesamte Bündel der Verträge zu übernehmen oder sich nicht zu beteiligen (BFH-Urteil vom 14.11.1989 IX R 197/84, BStBl II 1990, 299). Es stellt auf das einseitige „Vorgeben“ des Vertragswerks durch den Initiator des Fonds und die einhergehende modellbedingte Passivität der Anleger ab. Die Anleger haben in diesem Fall keinen (unternehmerischen) Einfluss auf das wirtschaftliche Konzept des Fonds (siehe auch BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 15/09, BStBl II 2011, 706; Hohmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6e Rn. B 128; Kortendick/Lüken, Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6e EStG Rn. 19). Ein vorformuliertes Vertragswerk kann auch dann vorliegen, wenn die Anleger das einzig zur Wahl stehende und ohne ihre Mitwirkung erstellte Konzept erst nach Beitritt und Schließung des Fonds noch beschließen müssen (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 18.06.2015 2 K 145/13, EFG 2015, 1911 [aus anderen Gründen aufgehoben durch BFH-Urteil vom 26. April 2018 IV R 33/15, BStBl II 2020, 645]).
bb) Diese Voraussetzungen werden im Streitfall erfüllt.
Zwar konnte der zunächst von der Klägerin avisierte Bau und Betrieb des Bulkschiffes „A“, der die Kommanditisten zum Erwerb ihrer Beteiligung an der Klägerin veranlasst hat, nicht realisiert werden. Die Klägerin hat ihren Anlegern jedoch mit der Beteiligung an der A 2 KG und der Anschaffung des Schiffes „A 2 „ ein in den wesentlichen Punkten vergleichbares Konzept angeboten, für das sich die Anleger letztlich entschieden haben. Es ist nicht zu negieren, dass sich die Kommanditisten im Rahmen der Gesellschafterversammlung vom 00.00.2010 zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden mussten, und zwar der Auflösung der Klägerin oder der Beteiligung an der Schiffsbetreibergesellschaft eines bau- und typgleichen Schiffes. In Bezug auf die Beteiligung an der A 2 KG waren die vertraglichen Rahmenbedingungen jedoch bereits vor der Gesellschafterversammlung vollständig abgestimmt. Die Klägerin selbst hat den Anlegern die Investitionsalternative als „Gesamtpakt“ angeboten und u.a. den angestrebten geänderten Gesellschaftsvertrag vorformuliert zur Abstimmung vorgelegt. Ferner hatte die A 2 KG im Monat 2010 einen Vorvertrag und am 00.00.2010, also drei Tage nach der Gesellschafterversammlung, den abschließenden Vertrag zum Erwerb der „A 2 „ geschlossen hat. Mit der Zustimmung zum Beteiligungserwerb haben die Anleger dem erarbeiteten Konzept zugestimmt.
Die Geschäftsführung bzw. die Initiatoren haben Anfang 2010 gemeinsam ein neues Konzept für ein Investment mit einer vergleichbaren Kaufpreis-Erlös-Relation erarbeitet, dieses den Anlegern vorgestellt und übereinstimmend dafür geworben, in der Gesellschafterversammlung die Zustimmung zu dem Alternativkonzept, der Beteiligung an der A 2 KG, zu erteilen. Hierbei haben der Verwaltungsrat in seiner Stellungnahme vom 00.00.2010 sowie die Geschäftsführung der Klägerin im Geschäftsbericht vom 00.00.2010 den Anlegern verdeutlicht, im Falle der Auflösung der Klägerin würden die Anleger einen Verlust in Höhe von ca. 30 % ihres eingesetzten Kapitals realisieren. Demgegenüber sei das Investment in das Alternativschiff, bei dem das Ablieferungsrisiko – anders als bei dem Bulker „A“ – gegen Null gehe, eine echte Alternative, da die Anleger ihre Verluste als unmittelbar ausgleichsfähig behielten und mit 100 % ihrer Einlage Miteigentümer des neuen Schiffes würden.
Auf der Grundlage der Stellungnahme des Verwaltungsrates vom 00.00.2010, des Geschäftsberichts vom 00.00.2010 sowie des Anschreibens der Klägerin an die Kommanditisten vom 00.00.2010 hatten die Kommanditisten der Klägerin in der Gesellschafterversammlung vom 00.00.2010 nur die Möglichkeit, sich für die Auflösung der Klägerin verbunden mit der Realisierung eines effektiven Verlustes von ca. 30 % oder dem Investment in das Alternativschiff „A 2“ zu entscheiden. Die Konzeption des neuen Investments, d. h. der Beteiligung an der A 2 KG, war zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt und der Bau des Alternativ-Schiffes schon nahezu abgeschlossen. Auf die Frage, ob eine wesentliche Einflussnahmemöglichkeit der Anleger auf das vorformulierte Vertragswerk bestand, kommt es im Rahmen des § 6e Abs. 1 Satz 1 EStG nicht an.
2. Die streitigen Weichkosten sind nach § 6e Abs. 2 EStG zu den Anschaffungskosten zu zählen.
a) Fondsetablierungskosten sind nach § 6e Abs. 2 Satz 1 EStG alle auf Grund des vorformulierten Vertragswerks neben den Anschaffungskosten im Sinne von § 255 des Handelsgesetzbuchs (HGB) vom Anleger an den Projektanbieter oder an Dritte zu zahlenden Aufwendungen, die auf den Erwerb der Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gerichtet sind. Zu den Anschaffungskosten der Anleger im Sinne des Abs. 1 Satz 2 gehören gemäß § 6e Abs. 2 Satz 2 EStG – neben den Anschaffungskosten in Sinne des § 255 HGB – alle an den Projektanbieter oder an Dritte geleistete Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts in der Investitionsphase. Letzteres gilt – im Gegensatz zu Fondsetablierungskosten nach § 6e Abs. 2 Satz 1 EStG – auch dann, wenn sie nicht unmittelbar auf den Erwerb der Wirtschaftsgüter gerichtet sind (Kulosa in Schmidt, EStG, 42. Auflage 2023, § 6e Rn. 8).
b) § 6e Abs. 2 EStG ist vorliegend ungeachtet dessen anwendbar, dass hier nicht „Aufwendungen der Anleger“, sondern Aufwendungen der Klägerin, mithin des Fonds selbst, aus der Zeit vor dem Beitritt der Anleger in Rede stehen.
Der Wortlaut könnte zwar ein anderes, engeres Verständnis nahelegen, da von den „Aufwendungen der Anleger“, d.h. der Gesellschafter der Fondsgesellschaft, die Rede ist. Die Gesetzeshistorie zeigt jedoch eindeutig, dass die Vorschrift auf dem so genannten Bauherren- und Fonds-Erlass (in seiner letzten Fassung: BMF-Schreiben vom 20.10.2003, BStBl I 2003, 546) und der in diesem Zusammenhang ergangenen Rechtsprechung fußt und diese zur Anwendung bringen will (BT-Drucks. 19/13436 Seite 92; Kulosa in Schmidt, EStG, 42. Auflage 2023, § 6e Rn. 8).
Zu den Mitunternehmerschaften hat der IV. Senat des BFH (BFH-Urteil vom 28.06.2001 IV R 40/97, BStBl II 2001, 717 [zu Immobilien], nachfolgend Urteil vom 14.04.2011 IV R 8/10, BStBl II 2011, 709 [auch für Schiffsfonds]) insoweit ausgeführt, dass für die handelsrechtliche Bilanzierung die Aufwendungen des Fonds aus der Perspektive der Gesellschaft zu betrachten sind. Ob Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder aber sofort den Gewinn mindernde Betriebsausgaben vorliegen, kann danach nicht davon abhängen, inwieweit sich die Aufwendungen für den Gesellschafter oder künftigen Gesellschafter als Bestandteil eines von ihm zu tragenden Gesamtaufwands darstellen. Diese handelsrechtliche Sichtweise wäre grundsätzlich auch steuerrechtlich maßgebend. Der BFH hatte sie allein über das Vehikel des § 42 AO dergestalt modifiziert beurteilt, dass er zum einen abweichend von der handels-/bilanzsteuerrechtlich grundsätzlich maßgeblichen Sicht der Gesellschaft auf die Sicht der Anleger (Gesellschafter) abstellt und zum anderen bei der Besteuerung von der „angemessenen Gestaltung“, namentlich der „Vereinbarung eines Gesamtkaufpreises für die Immobilie“ bzw. den jeweiligen Investitionsgegenstand des Fonds (z.B. auch ein Schiff) ausgegangen ist. Diese Rechtsprechung hat der BFH – jedenfalls obiter dictu – dem Grunde nach auch auf einen Fonds für anwendbar gehalten, der als sog. Zweitmarktfonds in Beteiligungen an anderen Fonds investiert (BFH-Urteil vom 26.04.2018 IV R 33/15, BStBl II 2020, 645).
Der Senat hält dafür, dass diese Sichtweise des BFH bei der Auslegung des § 6e EStG mitgedacht werden muss. Damit kann die Beurteilung der „Aufwendungen der Anleger“ im Sinne des § 6e EStG auch auf der Ebene des Fonds erfolgen und hat zudem auf der Grundlage eines gedachten einheitlichen Erwerbsvorgangs zu erfolgen, bei dem die Anleger das Investitionsobjekt aufgrund eines Gesamtkaufpreises erwerben. Damit sind als „Aufwendungen der Anleger“ insbesondere auch solche des Fonds erfasst, die bereits aus der Zeit vor dem Beitritt der Anleger stammen und die Teil der modellhaften Erwerbsgestaltung mit dem Ziel des Erwerbs des Investitionsobjektes sind. Diese Auslegung ermöglicht der Wortlaut des § 6e EStG auch und gerade deshalb, weil er – wie die Gesetzesmaterialien zweifelsfrei zeigen, mit dieser Absicht – die Begrifflichkeiten des BFH und des Bauherren- und Fonds-Erlasses aufgreift (Anlegerbeteiligung „aufgrund eines vorformulierten Vertragswerks“, keine „wesentliche Möglichkeit der Einflussnahme“), auch wenn auf § 42 AO in Ansehung von § 6e EStG (wie des § 15b EStG) nicht mehr zurückgegriffen werden kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26.04.2018 IV R 33/15 , BStBl II 2020, 645).
Die hier zu beurteilenden Aufwendungen in Höhe von X € sind von der Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 im Hinblick auf das ursprüngliche Investitionskonzept, den Erwerb und Betrieb des Bulkers „A“, verausgabt worden und gelten mit der vorgenannten Gesetzesauslegung als „Aufwendungen der Anleger“.
c) Es kann offenbleiben, ob die Aufwendungen vorliegend unmittelbar und final „auf den Erwerb der Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6e Abs. 1 Satz 1 EStG – hier das Schiff „A 2“ – gerichtet waren, wie es § 6e Abs. 2 Satz 1 EStG nach seinem Wortlaut voraussetzt, obwohl die konkrete Schiffsfondsbeteiligung im Zeitpunkt der Verausgabung der streitigen Aufwendungen durch die Klägerin noch nicht geplant war. Denn die Anleger der Klägerin sind solche im Sinne des § 6e Abs. 1 Satz 2 EStG, die in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit keine wesentlichen Möglichkeiten zur Einflussnahme auf das Vertragswerk hatten, und die Kosten stehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts in der Investitionsphase im Sinne des § 6e Abs. 2 Satz 2 EStG
aa) Die Regelung des § 6e Abs. 2 Satz 2 EStG ist ungeachtet dessen anwendbar, ob es sich ohne Anwendung des § 6e EStG um einen Erwerber- oder einen Herstellerfonds handeln würde, denn sofern die Voraussetzungen des § 6e Abs. 1 Satz 2 EStG vorliegen, ist der Umfang der Anschaffungskosten einheitlich nach § 6e Abs. 2 Satz 2 EStG zu bestimmen (ebenso Geurts in Frotscher/Geurts § 6e EStG, Rn. 7, a.A. Brandis/Heuermann/Rüsch, EStG, § 6e Rn. 53; Hohmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6e, Rn. E 14, C 1 ff.). Maßgebend ist, dass es sich nach Anwendung von § 6e EStG um einen Erwerberfonds handelt. § 6e Abs. 1 Satz 2 EStG qualifiziert originäre Herstellerfonds in Erwerberfonds um, um eine Gleichbehandlung mit diesen herbeizuführen. Es ist weder nach Wortlaut noch Zweck zu erkennen, warum ungeachtet dieser Gleichbehandlungsabsicht im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 2 Satz 2 EStG wieder differenziert werden müsste. § 6e Abs. 2 Satz 2 EStG verweist lediglich auf die im Sinne des § 6e Abs. 1 Satz 2 EStG qualifizierten Anleger. Es erscheint daher nicht folgerichtig, bei fiktiven Erwerberfonds einen anderen, weitergehenden Anschaffungskostenansatz zugrunde zu legen, als bei originären Erwerberfonds, mit denen die fiktiven nach Maßgabe von § 6e Abs. 1 Satz 2 EStG gerade gleichbehandelt werden sollen (in diesem Sinne auch Berndt, ISR 2021, 268). Auch das gesetzgeberische Vorverständnis auf der Grundlage des Bauherren- und Fonds-Erlasses betreffend die Fonds ohne Einflussnahmemöglichkeit (Rn. 33-40) spricht für ein einheitliches Verständnis der Anschaffungskostenreichweite bei allen (originären oder fiktiven) Erwerberfonds.
Der Umfang der Anschaffungskosten orientiert sich auch nach der Gesetzesbegründung am Bauherr- und Fonds-Erlass und der zugrundeliegenden Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 14.11.1989 IX R 197/84, BStBl II 1990, 299; Urteil vom 08.05.2001 IX R 10/96, BStBl II 2001, 720; Urteil vom 28.06.2001 IV R 49/97, BStBl II 2001, 717). Schon die Rechtsprechung vor Schaffung des § 6e EStG ordnete grundsätzlich sämtliche modellbedingten Aufwendungen unabhängig von ihrer Bezeichnung den Anschaffungskosten zu, wenn der Anleger als Erwerber anzusehen war. Hieran ist auch unter Geltung des § 6e EStG festzuhalten (Kulosa in Schmidt, EStG, 42. Aufl. 2023, § 6e Rn. 8). Das gilt insbesondere auch für Aufwendungen, die ein Fonds bereits vor Beitritt der Anleger geleistet hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 8/10, BStBl II 2011, 709).
Für die weitere Qualifizierung der Aufwendungen kommt es dabei nicht darauf an, ob die Aufwendungen an die Anbieterseite oder an Dritte geleistet werden. Für die steuerrechtliche Beurteilung als Anschaffungskosten ist insoweit ebenfalls nicht maßgeblich, wie die Vorgänge ggf. in der Handelsbilanz behandelt werden. Auch Eigenkapitalvermittlungsprovisionen rechnen hier entsprechend der Begriffsbestimmung in § 6e Abs. 2 Satz 2 EStG in vollem Umfang zu den Anschaffungskosten der Anleger. Im Ergebnis gelten insoweit die Grundsätze des BFH-Urteils vom 28.06.2001 IV R 49/97 (BStBl II 2001, 717) fort.
bb) Die Anleger hatten vorliegend in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit keine wesentliche Einflussnahmemöglichkeit auf das Investitionskonzept.
aaa) Wesentliche Einflussnahmemöglichkeiten sind gegeben, wenn die Anleger in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit rechtlich und tatsächlich in der Lage sind, wesentliche Teile des Konzepts zu verändern. Die Einflussnahmemöglichkeiten müssen den Gesellschaftern selbst gegeben sein, die sie innerhalb des Fonds im Rahmen ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit ausüben. Wesentliche Einflussnahmemöglichkeiten entstehen nicht bereits dadurch, dass der Projektanbieter als Gesellschafter oder Geschäftsführer für den Fonds gehandelt hat oder handelt (vgl. BT-Drucksache 19/13436, 92; Kulosa in Schmidt, EStG, 42. Aufl. 2023, § 6e Rn. 5).
bbb) Danach hatten die Anleger weder bei der ursprünglich prospektierten Investitionsvariante „A“ noch bei der letztlich umgesetzten Modifikation des Investments („A 2 „) wesentliche Einflussnahmemöglichkeit. In Bezug auf die Vercharterung der „A“ lag den Anlegern das Emissionsprospekt im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs vor und die wesentliche Konzeption des Investments war bereits erfolgt. Die (mittelbare) Beteiligung an der „A 2 „ konnten die Anleger in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit aber ebenso wenig substantiell mitgestalten. Maßgebend für die Einflussnahme sind insoweit die (faktischen) Möglichkeiten der Gesellschafterversammlung. Dass die Gesellschafter vorliegend zu dem ihnen unterbreiteten Konzept noch Fragen stellen konnten bzw. auf die Vergütungsstruktur der A Einfluss genommen haben, genügt ersichtlich nicht um von einer wesentlichen Einflussnahme auf die Investition sprechen zu können. Beides betrifft das Investitionsobjekt allenfalls in Randbereichen. Die im Rahmen der Gesellschafterversammlung erfolgte Abstimmung sah lediglich die Möglichkeit der Zustimmung oder Ablehnung vor; was keine hinreichende Einflussnahmemöglichkeit begründet (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 14.11.1989 IX R 197/84, BStBl II 1990, 299). Eine Einwirkung und konkrete Umgestaltung war für die einzelnen Kommanditisten (Anleger) der Klägerin nicht möglich. Die A 2 KG hatte bereits im Monat 2010 den Vorvertrag zum Ankauf des Bulkers geschlossen, die Klägerin sich bereits umfassend über alle Parameter der Beteiligung an der A 2 KG informiert und das Für und Wider der Kündigung des Bauvertrages und dem Erwerb der Schiffsfondsbeteilligung abgewogen. Eine substantielle Einflussnahmemöglichkeit war im Übrigen auch hinsichtlich des Baufortschritts praktisch nicht mehr denkbar. Nachdem der Verwaltungsrat erstmals am 00.00.2010 getagt hat, liegt es auch fern anzunehmen, dass zuvor zwischen dem Verwaltungsrat und der Masse der einzelnen Anleger bereits eine substantielle Kommunikation stattgefunden haben könnte. Dies wird, soweit es der Senat verstanden hat, von der Klägerin auch nicht behauptet. Vielmehr erfolgte die Information der Anlegergemeinschaft gerade durch die der Ausarbeitung der Alternativ-Investition nachfolgenden Schreiben zur Vorbereitung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung. Soweit sich die Klägerin (in der mündlichen Verhandlung) auf die Einflussnahmemöglichkeiten des Verwaltungsrats selbst und dessen Einbeziehung durch die Geschäftsführung stützt, erachtet der Senat dies bereits rechtlich als unbeachtlich, weil der Verwaltungsrat nicht die Anleger in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit verkörpert und die Anlegergesamtheit für sich besehen nicht ersetzen kann. Der Verwaltungsrat besteht insgesamt nur aus drei Personen, von denen eine Person der Geschäftsführung der Klägerin angehört und nur zwei Personen dem Kreis der über 900 Anleger-Kommanditisten zuzuordnen sind. Diese beiden Personen können nach Auffassung des Senats die Vielzahl der Anleger nicht ausreichend repräsentieren und eine Entscheidung mit wesentlicher Einflussnahmemöglichkeit in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit herbeiführen. Im Übrigen trat der Verwaltungsrat erstmals am 00.00.2010 zusammen und der hieraus entstandene Bericht datiert auf den 00.00.2010, sodass der Verwaltungsrat als gesellschaftsrechtliches „Organ“ zuvor eine Repräsentanz der Gesellschafter nicht übernehmen konnte. Darauf, inwieweit einzelne Anleger – seien sie auch Verwaltungsratsmitglieder – zuvor in den Entscheidungsprozess einbezogen worden sind, kommt es nicht an.
cc) Die streitigen Weichkosten stehen auch nach der Änderung des Investitionsobjekts (weiterhin) in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts in der Investitionsphase.
aaa) Der Begriff des „Projekts“ im Sinne von § 6e Abs. 2 Satz 2 EStG ist gesetzlich nicht definiert (vgl. auch BFH-Urteil vom 28.06.2001 IV R 40/97, BStBl II 2001, 717, Rn. 21; BMF-Schreiben vom 20.10.2003, BStBl I 2003, 546, Tz. 38) und eine einheitliche steuerliche Verwendung nicht erkennbar. Abzuleiten ist aus Sprachgebrauch und Systematik, dass es ein Investitionsvorhaben beschreibt, welches den Erwerb eines oder mehrerer Investitionsobjekte (Wirtschaftsgüter) umfassen kann und mit dessen Abwicklung in der Investitionsphase die betreffenden Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen müssen (vgl. auch Hohmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6e Rn. E 28). Nicht zuletzt die Systematik innerhalb des § 6e EStG legt nahe, dass der Projektbegriff nicht dem Begriff des Wirtschaftsgutes entspricht. Vielmehr kann er darüber hinausgehen und ist – auch nach allgemeinem Sprachgebrauch – weniger gegenständlich als vielmehr durch eine bestimmte konzeptionelle Zielsetzung gekennzeichnet.
Die Investitionsphase beginnt regelmäßig mit den konkreten Planungs- und Vorbereitungshandlungen (durch den Projektanbieter) im Hinblick auf den späteren Erwerbsvorgang und endet mit dem Objekterwerb (Kortendick/Lüken in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6e EStG Rn. 39). Die Investitionsphase ist nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich nicht wirtschaftsgut-, sondern projektbezogen zu verstehen (so auch Hohmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6e Rn. E 31). Zu den in die Investitionsphase fallenden Maßnahmen zählen unter anderem die Beschaffung des erforderlichen Kapitals, insbesondere die Aufnahme von Darlehen und die Einwerbung von Anlegerkapital (vgl. BFH-Urteil vom 13.04.2017 IV R 14/14, BStBl II 2022, 716).
Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist, hier wie sonst, im Sinne des allgemeinen Veranlassungsprinzips auszudeuten (vgl. dazu beispielhaft BFH-Urteil vom 17.08.2022 I R 14/19, BFHE 278, 119 m.w.N.).
bbb) Die zu beurteilenden Aufwendungen bestehen aus Leistungen im Zusammenhang mit der Gründung der Klägerin sowie der Erarbeitung und Umsetzung des ursprünglichen Firmenkonzepts, d. h. der Bestellung, der Übernahme und des Betriebs des Bulkers „A“. Den Aufwendungen ist gemein, dass sie aufgrund der modellimmanenten Verknüpfung der einzelnen Verträge zunächst in finalem Zusammenhang mit der Erlangung des Eigentums an der „A“ standen.
Dass der Erwerb und der Betrieb des Bulkers „A“ gescheitert sind und die Klägerin sodann eine Beteiligung an der A 2 KG bzw. das in das dortige Gesamthandsvermögen beschaffte Schiff erworben hat, ändert an der Beurteilung des wirtschaftlichen Zusammenhangs der Weichkosten nichts, denn die in der Gesellschafterversammlung vom 00.00.2010 beschlossene Änderung des Gesellschaftszwecks der Klägerin verbunden mit der seit dem 00.00.2010 bestehenden Schiffsfondsbeteiligung modifizieren das Investitionskonzept der Klägerin lediglich. Es ist nach wie vor dasselbe Projekt, an dem sich die Anleger beteiligt haben. Die konzeptionellen Grenzen des Projekts werden durch die Investition in die A 2 KG nicht überschritten.
Denn aus der Sicht der Anleger war es unerheblich, ob die Klägerin selbst ein Schiff betreibt oder sich an einer Gesellschaft beteiligt, die – wie vorliegend – ein bau- und typengleiches Schiff betreibt. Die Klägerin und die A 2 KG verfolgen letztlich dasselbe Ziel und setzen es auf dieselbe Weise um. Die Klägerin wollte nach ihrem ursprünglichen Investitionskonzept ein Bulkschiff erwerben und verchartern, was nun durch die A 2 KG erfolgt, an der die Klägerin mehrheitlich beteiligt ist.
Wesentliche Elemente des ursprünglichen Vertragsbündels, das die Klägerin erarbeitet hat, haben ihre Relevanz behalten. Das eingeworbene Kapital – das Kommanditkapital – blieb unverändert bestehen und der Gesellschaftsvertrag wurde ausschließlich im Hinblick auf den Unternehmensgegenstand – nunmehr das Halten einer Beteiligung – geändert. Die Anpassung des Gesellschaftsvertrages hat für die Gesamtbeurteilung keine ausschlaggebende Bedeutung. Dass die Klägerin das Bulkschiff nunmehr mittelbar über die A 2 KG, als Untergesellschaft, betreibt, betrifft ebenfalls lediglich die Umsetzung des Investitionskonzepts, das auf den Erwerb und die Vercharterung eines Schiffes ausgerichtet war und ist. Die Modifikation beschränkt sich auf einen abweichenden Hersteller sowie eine andere Größe des Schiffes. Im Wesentlichen ist das Bulkschiff jedoch bau- und typengleich und die Anleger erwartet eine identische Kaufpreis-Erlös-Relation. Entsprechend wurde die Alternativ-Investition von der Klägerin bei den Anlegern auch „beworben“. Dass diese Projektmodifizierung nicht bereits von Beginn an dergestalt prospektiert war, ändert an der Einschätzung nichts.
In der Gesellschafterversammlung vom 00.00.2010 haben die Anleger darüber abgestimmt, ob die Klägerin abgewickelt oder eine Beteiligung an der A 2 KG erworben werden sollte, und sie haben insoweit an ihrer grundsätzlichen Erwerbsentscheidung festgehalten. Die hieraus zwingend folgende Anpassung des Gesellschaftsvertrages ist im Ergebnis nur die technische Umsetzung des in der Gesellschafterversammlung beschlossenen Festhaltens an dem Investitionskonzept, der Vercharterung eines Bulkschiffes.
Insoweit ist hervorzuheben, dass es keine zeitliche Zäsur zwischen der Kündigung des Bauvertrages für die „A“ und der Beteiligung an der A 2 KG gab. Die außerordentliche Gesellschafterversammlung hat bereits vor Eintreten des Kündigungsgrundes stattgefunden und der Erwerb der „A 2 „ war bereits vorvertraglich gesichert.
Ferner ist bei der Beurteilung zu berücksichtigen, dass bereits im Rahmen des ursprünglichen Investitionskonzeptes eine Poolabrede bestand, infolge derer der Klägerin nicht die vollständigen Einnahmen des eigenen Schiffes, sondern die anteiligen Einnahmen aus dem Pool mehrerer Schiffe zustanden. Dies zeigt, dass das Unternehmenskonzept der Klägerin und folglich auch die Anlageentscheidung der Kommanditisten nicht lediglich auf die Einnahmeerzielung durch ein Bulkschiff, sondern auf eine gewisse Risikostreuung gerichtet war. Dem Austausch des Schiffes ist daher eine geringere Bedeutung beizumessen.
3. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die rückwirkende Anwendung von § 6e EStG im Streitfall verfassungswidrig ist, sodass die klägerseitig beantragte Verfahrensaussetzung zur Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 13 Nr. 11, §§ 80 ff des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht kommt. § 52 Abs. 14a EStG ordnet insbesondere keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung an.
a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG entfaltet eine Rechtsnorm eine „echte“ Rückwirkung, wenn sie die Geltung für Zeiträume anordnet, die vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegen und abgeschlossen sind – Rückbewirkung von Rechtsfolgen – (BVerfG-Beschluss vom 15.10.2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Vor dem Rechtsstaatsprinzip des GG bedürfen Gesetze mit echter Rückwirkung, die die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändern, besonderer Rechtfertigung und sind daher verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig (BVerfG-Beschluss vom 15.10.2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). In der Rechtsprechung des BVerfG sind jedoch – ohne dass dies abschließend wäre – Fallgruppen anerkannt, in denen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot durchbrochen ist (BVerfG-Beschluss vom 15.10.2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). So tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, namentlich dann zurück, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts nicht oder nicht mehr bestehen konnte (BVerfG-Urteil vom 23.11.1999 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239). Eine Änderung mit Rückwirkung ist auch dann zulässig, wenn das geltende Recht, das durch die Norm mit Rückwirkung verändert wurde, unklar und verworren war (BVerfG-Beschlüsse vom 15.10.2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187 und vom 14.05.1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200). Dementsprechend ist es dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes erst recht nicht verwehrt, eine Rechtslage rückwirkend festzuschreiben, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprach (BVerfG-Beschlüsse vom 15.10.2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187, vom 23.01.1990 1 BvL 4, 5, 6 und 7/87, BVerfGE 81, 228). Denn es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, die auf der Grundlage der seinerzeit bestehenden Gesetzeslage zwar mit gutem Grund erfolgt sein mag, deren Ergebnis er aber für nicht sachgerecht hält (BVerfG-Beschluss vom 15.10.2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187).
b) Vorliegend handelt es sich um einen Fall der echten Rückwirkung, da § 52 Abs. 14a EStG der neu eingefügten Vorschrift des § 6e EStG für vor dem Zeitpunkt der Verkündung des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (BGBl I Nr. 48, 2451) und bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume Geltung verschafft. Dies ist vorliegend ausnahmsweise zulässig.
aa) In der Gesetzesbegründung wird zur rückwirkenden Anwendung ausgeführt: „Da die bisherige Auffassung der Rechtsprechung und Verwaltung schon über einen Zeitraum von zehn Jahren ununterbrochen gegolten hat und diese Auffassung nunmehr gesetzlich festgeschrieben werden soll, ist es notwendig, § 6e EStG auch schon für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die vor dem Tag der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes (Inkrafttreten des neuen § 6e EStG) enden.“ (Gesetzentwurf der Bundesregierung, Gesetzesbegründung zu § 52 Abs. 14a EStG, BR-Drucksache 356/19 vom 09.08.2019, 111).
bb) Die Frage, ob § 52 Abs. 14a EStG eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung anordnet, wird in der Literatur kontrovers diskutiert.
Zum Teil wird vertreten, in der Anwendungsregelung des § 52 Abs. 14a EStG liege eine unzulässige echte Rückwirkung. Die frühere Rechtsprechung des BFH habe nach der neuen BFH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2018 mit der Einführung des § 15b EStG die Grundlage verloren. Ein Vertrauen des Steuerpflichtigen in diese durch die Einführung des § 15b EStG geänderte Rechtslage könne allenfalls mit der Einbringung des Gesetzesentwurfs zu § 6e EStG in das Gesetzgebungsverfahren (so Schiffers in Korn, EStG-Kommentar, § 63 Rn. 10) bzw. spätestens mit der Beschlussfassung im Bundestag am 07.11.2019 (so Kortendick/Lüken, Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6e EStG Rn. 4) zerstört worden sein. Dem folgt eine weitere Stimme aus der Literatur, nach der mit der Einführung des § 6e EStG zum Ende des Jahres 2019 bezogen auf abgeschlossene Veranlagungszeiträume seit 2005 eine konstitutiv wirkende Norm vorliege. Die Rechtsprechung habe mit Inkrafttreten des § 15b EStG Ende 2005 entschieden, dass eine auf § 42 AO gestützte Aktvierung von Fondsetablierungskosten bei modellhafter Gestaltung unzulässig wäre. Die für das Steuerbilanzrecht maßgebliche Anschaffungskostendefinition des § 255 HGB erlaube eine Aktivierung investitionsnaher Dienstleistungsentgelte nicht. Der Gesetzgeber habe deshalb Ende 2019 in eine vom BFH abweichend beurteilte Rechtslage konstitutiv eingegriffen (Prinz, DB 2020, 2720). In der Literatur wird zum Teil betont, die vormalige Rechtsprechung des BFH sei bereits seit der Einführung des § 15b EStG – und nicht erst seit der Veröffentlichung der Entscheidung des IV. Senats des BFH – nicht mehr anwendbar gewesen (Zapf, FR 2019, 804). Für eine verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung spreche zudem, dass im Jahr 20018 keine Rechtsprechungsänderung durch den BFH erfolgt, sondern eine erstmalige Rechtsprechung zu einer durch Schaffung des § 15b EStG geänderten Gesetzeslage ergangen sei. Mit der Einführung von § 15b EStG habe sich eine neue Rechtlage eingestellt, für die es bis zum BFH-Urteil vom 26.04.2018 IV R 33/15 keine höchstrichterliche Rechtsprechung gegeben habe (Haselmann/Cropp/Hundrieser, DStR 2020, 2580). Die Klägerin stellt zudem heraus, dass die Anwendung der Vertragsgeflecht-Rechtsprechung auf geschlossene gewerbliche (Schiffs-)Fonds seinerzeit noch umstritten gewesen sei und keinesfalls eindeutig im später vom Gesetzgeber kodifizierten Sinne habe beantwortet werden können; abgesehen davon, habe die Vertragsgeflecht-Rechtsprechung die vorliegende Konstellation noch gar nicht behandelt.
Die rückwirkende Anwendung für Zeiträume vor Veröffentlichung der BFH-Entscheidung vom 26.04.2018 IV R 33/15 am 11.07.2018 wird demgegenüber teilweise für zulässig erachtet, weil der Steuerpflichtige bis dahin kein Vertrauen in eine hiervon abweichende Rechtsprechung haben konnte. Für Aufwendungen, die nach dem 11.07.2018 getätigt worden seien, sei die Rückwirkung verfassungsrechtlich jedoch unzulässig (Rüsch, DStR 2020, 1172).
Andere Stimmen in der Literatur halten die vorliegende echte Rückwirkung für ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig, weil die Steuerpflichtigen aufgrund der ständigen Rechtsprechung des BFH zu den Fondsetablierungskosten und der gleichlautenden Verwaltungsauffassung bis zur Änderung der Rechtsprechung des BFH im Jahr 2018 kein Vertrauen darin entwickeln konnten, dass § 15b EStG die Anwendung von 42 AO im Bereich von modellartigen Gestaltungen verdrängt (Schindler in Kirchhof/Seer, EStG-Kommentar, 22. Auflage 2023, § 6e Rn. 7), bzw. weil nach einer Rechtsprechungsänderung durch den BFH lediglich die frühere Rechtslage auf Grundlage der bis 2018 bestehenden BFH-Rechtsprechung wiederhergestellt worden sei (Kulosa in Schmidt, EStG, 42. Auflage 2023, § 6e Rn. 2: Aufgrund der in § 52 Abs. 14a EStG enthaltenen Rückwirkungsanordnung sei die zwischenzeitliche Rechtsprechung des BFH nun auch für die Vergangenheit überholt).
cc) Der Senat verkennt nicht, dass eine Verfassungswidrigkeit der in § 52 Abs. 14a EStG für § 6e EStG angeordneten echten Rückwirkung nach alledem im Streitfall ernsthaft in Betracht zu ziehen ist. Er hält einen Verfassungsverstoß der Vorschrift im Ergebnis aber für weniger überzeugend.
Der Gesetzgeber durfte mit Rückwirkung für alle noch offenen Veranlagungszeiträume, jedenfalls – wie vorliegend – für vor 2018 endende Jahre, anordnen, dass Fondsetablierungskosten bei vorformulierten Vertragswerken den Anschaffungskosten zuzuordnen sind. Denn hiermit hat der Gesetzgeber im Grundsatz die Rechtslage rückwirkend festgeschrieben, wie sie – als sog. Vertragsgeflecht-Rechtsprechung – bis zur Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das BFH-Urteil vom 26.04.2018 IV R 33/15, das am 11.07.2018 veröffentlicht wurde, und der bis dahin einhelligen Verwaltungspraxis (vgl. Bauherren- und Fonds-Erlass, BMF-Schreiben vom 20.10.2003, BStBl I 2003, 546) entsprach.
Die Klägerin hat kein schutzwürdiges Vertrauen in die Abzugsfähigkeit der Fondsetablierungskosten als sofort abzugsfähige Aufwendungen aufgrund der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung bilden können. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen (BVerfG-Beschluss vom 21.07.2010 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369).
Eine gefestigte, langjährige Rechtsprechung existierte hinsichtlich der Behandlung der Weichkosten bei modellartigen Gestaltungen als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben nicht. Der BFH hat seine Rechtsprechung erst zu einem Zeitpunkt geändert, zu dem die Klägerin die streitigen Aufwendungen längst getätigt und entsprechend der damals geltenden Vertragsgeflecht-Rechtsprechung als Anschaffungskosten behandelt hat. Die langjährige Rechtsprechung, in die die Klägerin ihr Vertrauen gesetzt hat, legte die gegenteilige Qualifikation der Fondsetablierungskosten als Anschaffungskosten zugrunde.
Dass die Klage bereits vor der Rechtssprechungsänderung durch den BFH am 26.04.2018 erhoben worden ist, spricht ebenfalls gegen ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin.
An diesen Erwägungen ändert es auch nichts, dass die hier konkret entschiedene Konstellation einer nachträglichen Modifikation des Investitionsprojektes vor Einführung des § 6e EStG und unter Geltung der Vertragsgeflecht-Rechtsprechung konkret noch nicht (gerichtlich) geklärt war. Der Senat geht davon aus, dass die Entscheidung auch unter diesen Prämissen, also unter Anwendung von § 42 AO, nicht anders hätte ausfallen können und aus der Vertragsgeflecht-Rechtsprechung ebenso hätte ableitet werden müssen. Insofern genügt es für die verfassungsrechtliche Beurteilung festzustellen, dass sich ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin darauf, die Weichkosten im Jahr 2010 vollständig als Betriebsausgabe abzuziehen, nicht gebildet haben konnte.
C. Soweit es die zwischen den Beteiligten unstreitigen Unrichtigkeiten bei der Feststellung der Sonderbetriebsergebnisse betrifft, die nach allseitiger Einschätzung, der sich der Senat anschließt, nach Maßgabe der Aufstellung in der Anlage K1 zur Klageschrift vom 05.04.2018 zu korrigieren sind, wird dem Beklagten die Neuberechnung der festzustellenden Beträge aufgegeben (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
D. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 136 Abs. 1 Satz 3, 137 Satz 2 FGO. Das Obsiegen der Klägerin in Ansehung der durchgeführten Korrekturen bei den Sonderbetriebsausgaben/-einnahmen ist gemessen am Gesamtstreitwert als – sowohl absolut als auch relativ (vgl. Gosch, AO/FGO, § 136 FGO, Rn. 42) – gering zu bewerten.
Die Beigeladen haben nach Maßgabe von § 135 Abs. 3 FGO keine Kosten zu tragen; ihre außergerichtlichen Kosten sind nicht erstattungsfähig (§ 139 Abs. 4 FGO). Sie haben keinen Antrag gestellt oder einen inhaltlichen Beitrag zum Klageverfahren geleistet.
Die Kosten für … werden nach § 137 Satz 2 FGO dem Beklagten auferlegt. Die Vorschrift umfasst – in Ausnahme vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung – auch gegenstandsbezogene ausscheidbare Mehrkosten (Gosch, AO/FGO, § 143 FGO Rn. 84, § 137 FGO Rn. 63). Die Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, …
E. Die Revision war zuzulassen, soweit die Klage die Feststellung des Gesamthandsgewinns der Klägerin betrifft, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus der Sicht des Senats erforderlich ist. Derzeit sind die Fragen der Verfassungsmäßigkeit und der Anwendung des § 6e EStG noch nicht höchstrichterlich geklärt.