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Steuerrecht
26.07.2012
Steuerrecht
FG Köln: Reduzierung der deutschen Quellensteuer i. S. d. DBA USA

FG Köln (2. Senat), Urteil vom 24.4.2012 - 2 K 3928/09


Tenor


Die Klage wird abgewiesen.


Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.


Sachverhalt


Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Hinblick auf Gewinnausschüttungen einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft einen Anspruch auf Minderung der von dieser Gesellschaft einbehaltenen Kapitalertragsteuer auf 5 % der Gewinnausschüttungen hat.


Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft US-amerikanischen Rechts mit Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA). Sie hat nach Subchapter S (§§ 1361 bis 1378) des Internal Revenue Code (IRC) für die Besteuerung als sog. „S-Corporation" optiert. Sie ist daher in den USA nicht körperschaftsteuerpflichtig. Ihre Einkünfte werden vielmehr unmittelbar bei den in den USA ansässigen Gesellschaftern besteuert.


Die Klägerin war im Streitjahr 2008 an der im Inland ansässigen B-GmbH (im Folgenden: B-GmbH) mit einem Geschäftsanteil von 50 v.H. beteiligt. Diese schüttete im Streitjahr 2008 an die Klägerin einen Gewinn i.H.v. 1.028.031 € aus und behielt hierauf gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes - EStG - i.V.m. § 2 Nr. 1 und § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - Kapitalertragsteuer i.H.v. 216.914,54 € bzw. 21,1 v.H. (einschließlich Solidaritätszuschlag, vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 5, § 4 des Solidaritätszuschlagsgesetzes - SolZG -) vom Bruttobetrag ein.


Mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 beantragte die Klägerin beim Beklagten unter Hinweis auf das sog. Schachtelprivileg nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 in seiner Fassung des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 (BGBl II 2006, 1186, BStBl I 2008, 767) - DBA-USA 2007 n.F. - und die danach gebotene Reduzierung der Kapitalertragsteuer auf 5 v.H. der Bruttodividende die Teilerstattung der Steuerabzugsbeträge. Für den Fall, dass die Vergünstigung des Schachtelprivilegs des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. nicht anwendbar sein sollte, beantragte die Klägerin   hilfsweise die Anwendung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a des DBA-USA vor Inkrafttreten des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 - DBA-USA 1989 a.F. - gemäß Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006.


Im Bescheid vom 26. Februar 2009 entsprach der Beklagte dem Antrag der Klägerin nur zum Teil. Der Klägerin als sog. „S-Corporation" stehe nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b DBA-USA 2007 n.F. lediglich ein Anspruch auf Ermäßigung der Abzugsteuern auf 15 v.H. zu, nicht jedoch die weitergehende Abkommensvergünstigung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. oder des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989 a.F.


Der hiergegen eingelegte Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Durch Einspruchsentscheidung vom 6. November 2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.


Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:


Die Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. lägen für die streitige Ausschüttung vor.


Sie, die Klägerin, sei Nutzungsberechtigte i.S. dieser Regelung. Das DBA-USA-2007 n.F. enthalte zwar keine Definition des Nutzungsberechtigten. In Art. 3 Abs. 2 DBA-USA 2007 n.F. sei aber grundsätzlich geregelt, dass außer, wenn es der Zusammenhang erfordere, jeder im Abkommen nicht definierte Ausdruck die Bedeutung habe, die ihm nach dem Recht des Anwendestaats zukomme. Dies sei im Streitfall Deutschland. Nach deutscher Rechtsordnung wäre sie als „S-Corporation" aber mit der Dividende nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG i.V.m. § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 KStG im Inland beschränkt steuerpflichtig und mithin Nutzungsberechtigte i.S.d. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. Sollte der Zusammenhang des Abkommens insoweit eine einheitliche und für beide Vertragsstaaten bindende Definition erfordern, könne sich diese ebenfalls nur nach dem Recht des jeweiligen Quellenstaats richten. Dies werde durch die Technical Explanations des US-amerikanischen Finanzministeriums (Rz. 71 zu Art. 10 DBA-USA 2007 n.F.) bestätigt. Im Übrigen sei nur das Abstellen auf das Recht des Quellenstaats sachdienlich. Würde man auf die Rechtsordnung des bzw. der jeweils betroffenen Ansässigkeitsstaaten abstellen, könnte es für den Fall, dass der Ansässigkeitsstaat des sog. hybriden Gebildes nicht mit dem Ansässigkeitsstaat der Gesellschafter übereinstimme, zu einer Zurechnung der Einkünfte zu unterschiedlichen Nutzungsberechtigten kommen.


Sie, die Klägerin, sei nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA-USA 2007 n.F. auch eine Gesellschaft i.S.d. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F.. Maßgeblich für die Einordnung sei auch hier die Rechtsordnung des Quellenstaats Deutschland.


Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten sei auch ihre Abkommensberechtigung zu bejahen. Zwar sei sie als „S-Corporation" wegen des Wegfalls der Ansässigkeitsfiktion in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-USA 1989 a.F. nicht mehr als solche mit ihren gesamten Einkünften abkommensberechtigt. Sie bleibe aber abkommensberechtigt hinsichtlich der Einkünfte i.S.d. Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F., die sie als Nutzungsberechtigte beziehe. Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. gestatte nunmehr das Auseinanderfallen der Person des Einkünftebeziehers und der abkommensberechtigten Person, ohne die Abkommensberechtigung insoweit zu verwehren. Dies geschehe, indem die Einkünfte an sich über eine Fiktion in den Geltungsbereich des DBA aufgenommen würden. Einkünftebezug und Abkommensberechtigung müssten daher nicht mehr in einer Person verwirklicht werden. Für eine solche Auslegung der Vorschrift spräche der eindeutige Wortlaut der Norm, aber auch die systematische Stellung der Vorschrift.


Sofern die Vergünstigung nicht nach dem DBA-USA 2007 n.F. zu gewähren sei, sei jedoch zumindest Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989 a.F. anwendbar. Bezüglich des DBA-USA 1989 a.F. habe der Bundesfinanzhof - BFH - mit Urteil vom 20. August 2008 festgestellt, dass sie, die Klägerin, abkommensberechtigt und ihr das Schachtelprivileg zu gewähren sei. Außerdem sei nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 für einen Zeitraum von 12 Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem die Bestimmungen dieses Protokolls nach Absatz 2 in Kraft träten, auf Antrag weiterhin die alte Rechtslage anzuwenden. Nach Absatz 2 des Art. XVII des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 sei dabei auf den Austausch der Ratifikationsurkunden abzustellen. Diese seien am 28. Dezember 2007 ausgetauscht worden. Somit finde für die Abzugsteuern auf Antrag das DBA-USA 1989 a.F. auf Beträge Anwendung, die bis zum 27. Dezember 2008 gezahlt oder gutgeschrieben worden seien. Der entsprechende Antrag sei von ihr mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 gestellt worden. Sofern der Gesetzesbegründung ein anderer Zeitraum zu entnehmen sei, sei dies unerheblich, da der Wortlaut des Art. XVII Abs.5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 insoweit eindeutig sei.


Die Klägerin beantragt,


den Bescheid vom 26. Februar 2009 über die Freistellung und Erstattung von deutschen Abzugssteuern vom Kapitalertrag nach § 50d Abs. 1 EStG i.V.m. § 43b EStG bzw. dem DBA-USA in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. November 2009 dahingehend zu ändern, dass der Erstattungsbetrag auf insgesamt 165.512,99 € festgesetzt wird.


Der Beklagte beantragt,


die Klage abzuweisen.


Zur Begründung trägt der Beklagte im Wesentlichen Folgendes vor:


Der Klägerin komme die Vergünstigung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. nicht zu, da ihr die Abkommensberechtigung fehle. Voraussetzung für eine Abkommensberechtigung sei grundsätzlich die Ansässigkeit in einem der beteiligten Vertragsstaaten (Art. 1 Abs. 1 DBA-USA 2007 n.F.), die im Allgemeinen mit einer unbeschränkten Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat einhergehe (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 DBA-USA 2007 n.F.). Diese Eigenschaft fehle der Klägerin als sog. transparenter „S-Corpo-ration", da ihre Gewinne nicht bei ihr, sondern unmittelbar im Rahmen der Einkommensbesteuerung bei ihren in den USA ansässigen Gesellschaftern versteuert würden.


Der Argumentation der Klägerin, durch die Regelung in Art. 1 Abs. 7 DBA-USA-2007 n.F. werde ein Auseinanderfallen der Person des Einkünftebeziehers und der abkommensberechtigten Person gestattet, ohne die Abkommensvergünstigung insoweit zu verwehren, könne nicht gefolgt werden.


Entgegen der Einschätzung der Klägerin erlaube Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. keine partielle Inanspruchnahme des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs. Eine „S-Corporation" gelte in den USA nicht als ansässig und auch nicht als Nutzungsberechtigte von Kapitalerträgen. Die Regelung in Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. stelle keine eigenständige Einkünftezurechnungsvorschrift dar und regle auch nicht den Ansässigkeitsstatus einer Person. Durch die Anwendung des Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. würden die streitigen Einkünfte vielmehr als diejenige in den USA ansässiger Personen gelten.


Folglich könne auch bei Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. die Abkommensberechtigung nicht über den von Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. angesprochenen Personenkreis hinaus erweitert werden, d.h. hier also den Gesellschaftern der Klägerin. Da die streitigen Einkünfte daher als Einkünfte der in den USA ansässigen Gesellschafter der Klägerin gelten würden, habe er, der Beklagte, die Erstattung der Kapitalertragsteuer zutreffend auf den in Art. 10 Abs. 2 Buchst. b DBA-USA 2007 n.F. ausgewiesenen Reststeuersatz i.H.v. 15 % der Gewinnausschüttung beschränkt.


Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin komme nach der Übergangsregelung in Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 im Streitfall auch die Regelung in Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989 a.F. nicht mehr zur Anwendung. Die Optierungsmöglichkeit habe abkommensberechtigten Personen nur für Einkünfte offen gestanden, die ihnen innerhalb von zwölf Monaten nach Inkrafttreten des DBA-USA 2007 n.F. im Sinne von Art. XVII Abs. 2 Buchst. a bis c des Änderungsprotokolls zuge-flossen seien. Damit habe diese Optierungsmöglichkeit für Einkunftsarten mit            Abzugsteuern nur bei einem Zufluss innerhalb des Kalenderjahres 2007 bestanden. Da der Zufluss der streitigen Gewinnausschüttung aber am 18. August 2008 und damit nach Ablauf der maßgeblichen Frist zur Anwendung der Übergangsregelung erfolgt sei, könne diese Übergangsregelung von der Klägerin nicht mehr in Anspruch genommen werden.


Aus den Gründen


Die Klage ist unbegründet.


I. Der Bescheid über die Freistellung und Erstattung von deutschen Abzugssteuern vom Kapitalertrag vom 26. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. November 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).


Der Beklagte hat zu Recht die Minderung der Quellensteuer auf 5 vom Hundert des Bruttobetrags der von der B-GmbH im Jahr 2008 an die Klägerin gezahlten Gewinnausschüttung versagt. Die Klägerin hat weder nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. noch nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a des DBA-USA 1989 a.F. i.V.m. Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 einen Anspruch auf das Schachtelprivileg.


1. Nach § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) kann der Gläubiger von Kapitalerträgen die völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer (hier gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG; § 3 Abs. 1 Nr. 5, § 4 SolZG 1995 in Höhe von 21,1 v.H. der ausgeschütteten Dividenden) verlangen, wenn diese Einkünfte nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht oder nur nach einem unter 21,1 v.H. liegenden Steuersatz besteuert werden dürfen.


2. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine über die vom Beklagten bereits vorgenommene Quellensteuerabsenkung hinausgehenden Minderung auf 5 v.H. des Bruttobetrags der Gewinnausschüttungen aber weder nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. noch nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a des DBA-USA 1989 a.F. i.V.m. Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 vor.


a) Gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. können Dividenden auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staats besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn die Dividenden von einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person als Nutzungsberechtigtem bezogen werden, 5 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden nicht übersteigen, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft ist, der unmittelbar über mindestens 10 vom Hundert der stimmberechtigten Anteile der die Dividenden zahlenden Gesellschaft gehören. In allen anderen Fällen ist nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b DBA-USA 2007 n.F. das Besteuerungsrecht dieses Staates (Quellenstaat) auf 15 v.H. des Bruttobetrags der Dividende begrenzt.


aa) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. liegen im Streitfall nicht in Gänze vor.


(1) Aus der Kombination der beiden Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. - „die Dividenden von einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person als Nutzungsberechtigtem bezogen werden" und „wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft ist", folgt nämlich zwingend, dass das Schachtelprivileg nur dann zur Anwendung kommt, wenn die betreffende Gesellschaft selbst im anderen Vertragsstaat ansässig ist. Im Streitfall war die Klägerin aber nicht in den USA ansässig.


(2) Im Sinne des DBA-USA 2007 n.F. bedeutet der Ausdruck „eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" gemäß Art 4 Abs. 1 Satz 1 DBA-USA 2007 n.F. eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund ihres Wohnsites, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Ortes der Gründung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und umfasst auch diesen Staat und seine Gebietskörperschaften.


(3) Die Klägerin war demnach nicht in dem anderen Vertragsstaat, d.h. den USA, ansässig. Als sog. „S-Corporation" war die Klägerin im streitigen Jahr 2008 in den USA kein eigenständiges Steuersubjekt, da dort nicht sie selbst, sondern nur ihre Gesellschafter der amerikanischen Ertragsbesteuerung unterlagen (vgl. BFH-Urteil vom 20. August 2008 I R 39/07, BFHE 222, 509, BStBl II 2009, 234 m.w.N.). Nachdem in Art. 4 DBA-USA 2007 n.F. auch keine dem Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-USA 1989 a.F. entsprechende Regelung mehr vorhanden ist, die eine (Teil-)Ansässigkeit ganz oder partiell transparenter Rechtsträger vorsieht, ist dieses Ergebnis auch nicht mehr zweifelhaft (Wolff in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 3 DBA-USA, Rz. 19; Art. 10 DBA-USA, Rz. 71).


bb) Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin ergibt sich ihre Abkommensberechtigung auch nicht aus Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F.


(1) Werden Einkünfte oder Gewinne von einer oder über eine Person erzielt, die nach dem Recht eines der Vertragsstaaten als solche nicht steuerpflichtig ist, gelten diese gemäß Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. als von einer in einem Staat ansässigen Person erzielt, soweit sie im Sinne der Steuergesetze dieses Staates als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person gelten.


(2) Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. sind im Streitfall zwar erfüllt. Denn die Dividendenzahlungen der B-GmbH wurden von der Klägerin erzielt, die als „S-Corporation" nach dem Recht der USA als solche dort nicht steuerpflichtig ist (s.a. Anger/Sewtz, IStR 2009, 273).


(3) In der Rechtsfolge unterscheidet sich Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach seiner systematischen Stellung aber deutlich von der Rechtsfolge des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-USA 1989 a.F..


Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-USA 1989 a.F. war sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach seiner systematischen Stellung eindeutig eine Ansässigkeitsregelung. Durch die Regelung wurde die Ansässigkeit einer transparenten Gesellschaft in den USA „fingiert". Diese Rechtsfolge trat ein, wenn - wie bei der Klägerin als „S-Corporation" - die von der transparenten Gesellschaft bezogenen Einkünfte zwar nicht von ihr selbst, aber von ihren in den USA ansässigen Gesellschaftern versteuert wurden (vgl. BFH-Urteil vom 20. August 2008 I R 39/07, a.a.O.).


Anders als Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-USA 1989 a.F. fingiert Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. jedoch nicht mehr die Ansässigkeit von transparenten Gesellschaften, sondern regelt allgemein, wann Einkünfte und Gewinne (von ansässigen Personen) den Abkommensschutz des DBA-USA 2007 n.F. genießen (s.a. Wolff in Debatin/Wasser-meyer, Doppelbesteuerung, Art. 1 Rz. 113; Schnitger in Endres/Jakob/ Gohr/Klein, DBA Deutschland/USA, Art. 1 Rn. 73; Eiermann, IStR 2009, 58; Anger/Sewtz, IStR 2009, 273; Bahns/Keuthen, IStR 2010, 750; Jacob, IStR 2011, 98).


Diese Auslegung der Regelung ergibt sich sowohl aus ihrem Wortlaut als auch aus ihrer systematischen Stellung.


Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. besagt hinsichtlich der Rechtsfolge, dass die Einkünfte „als von einer in einem Staat ansässigen Person erzielt gelten, soweit sie im Sinne der Steuergesetze dieses Staates als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person gelten". Es wird damit nach dem Wortlaut der Regelung zwar einerseits nicht eindeutig angeordnet, dass die Einkünfte als von „dieser im anderen Vertragsstaat ansässigen Person", d.h. vorliegend von den Gesellschaftern der Klägerin erzielt gelten (vgl. insoweit zutreffend Schönfeld, IStR 2007, 274; Anger/Sewtz, IStR 2009, 273). Andererseits wird aber durch den Wortlaut auch nicht die Ansässigkeit einer bestimmten Person geregelt bzw. fingiert. Unabhängig von der in der Literatur insoweit streitig diskutierten Frage, ob Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. eine Einkünftezurechnungsvorschrift darstellt (vgl. für eine solche Qualifikation: Wolff in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 1 Rz. 113; Eiermann, IStR 2009, 58; Bahns/Keuthen, IStR 2010, 750; Jacob, IStR 2011, 98; gegen eine solche Qualifikation: Schönfeld, IStR 2007, 274; Anger/Sewtz, IStR 2009, 273), wird durch diese Vorschrift demnach gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass die transparente Gesellschaft unter den genannten Voraussetzungen selbst als im anderen Vertragsstaat ansässig gilt.


Auch die systematisch Stellung des Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. spricht für eine solche Auslegung. Die Regelung befindet sich in Art. 1 des DBA-USA 2007 n.F., der den allgemeinen Geltungsbereich des DBA-USA bestimmt. In den Geltungsbereich des DBA-USA 2007 n.F. werden durch Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. u.a. auch solche Einkünfte und Gewinne einbezogen, die von oder über eine transparente Gesellschaft bezogen werden, „soweit sie im Sinne der Steuergesetze dieses Staates (USA) als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person (Gesellschafter) gelten". Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. regelt bzw. fingiert damit auch in systematischer Hinsicht nicht die Ansässigkeit der transparenten Gesellschaft.


(4) Im Ergebnis bedeutet diese Auslegung, dass für eine Anwendung des sog. Schachtelprivilegs in Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. die dort geforderten Ansässigkeitsvoraussetzungen zusätzlich zu den Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. erfüllt sein müssen (s.a. Wolff in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 1 Rz. 113; Eiermann, IStR 2009, 58; Bahns/Keuthen, IStR 2010, 750; Jacob, IStR 2011, 98). Da dies - wie oben dargelegt wurde - für die Klägerin jedoch nicht der Fall ist, scheidet eine Anwendung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 2007 n.F. auch i.V.m. Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 2007 n.F. im Streitfall aus.


b) Die Klägerin hat auch nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a des DBA-USA 1989 a.F. i.V.m. Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 keinen Anspruch auf eine Minderung der Quellensteuer auf 5 v.H. des Bruttobetrags der Gewinnausschüttung.


aa) Zwar bestand für die Klägerin als sog. „S-Corporation" bis zur Anwendung des DBA-USA 2007 n.F. ein solcher Anspruch auf Gewährung des Schachtelprivilegs nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a des DBA-USA 1989 a.F. (vgl. BFH-Urteil vom 20. August 2008, I R 39/07, a.a.O.).


bb) Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin ist jedoch Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a des DBA-USA 1989 a.F. nach Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 auf die streitige Dividendenzahlung im Jahr 2008 nicht mehr anzuwenden.


(1) Gemäß Art. XVII Abs. 2 Buchst. a des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 tritt dieses Protokoll an dem Tag in Kraft, an dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht werden, und ist in beiden Vertragsstaaten bei den im Abzugsweg erhobenen Steuern auf die Beträge anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar des Jahres gezahlt oder gutgeschrieben werden, in dem dieses Protokoll in Kraft tritt.


Die Ratifikationsurkunden wurden am 28. Dezember 2007 (BGBl II 2008, 117) ausgetauscht. Das DBA-USA 2007 n.F. ist daher nach XVII Abs. 2 Buchst. a des Änderungsprotokolls bei den im vorliegenden Klageverfahren streitigen Abzugssteuern grundsätzlich auf die Beträge anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2007 gezahlt oder gutgeschrieben wurden.


(2) Durch die Vertrauensschutzregelung Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 kann diese rückwirkende Änderung ab dem 1. Januar 2007 zwar auf Antrag vermieden werden. Auf die streitige Dividendenzahlung im Jahr 2008 ist entgegen der Rechtsansicht der Klägerin Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a des DBA-USA 1989 a.F. jedoch keinesfalls mehr anwendbar.


α) Hätte eine Person, die Anspruch auf die Vergünstigungen aus dem Abkommen in der nicht durch das Protokoll vom 1. Juni 2006 geänderten Fassung hat, nach dem Abkommen in der nicht geänderten Fassung Anspruch auf weitergehende Vergünstigungen als nach dem Abkommen in der durch dieses Protokoll geänderten Fassung, so ist nach Art. XVII Abs. 5 des Protokolls, ungeachtet des Absatzes 2, das Abkommen in der nicht geänderten Fassung als Ganzes auf Antrag der Person für einen Zeitraum von zwölf Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem die Bestimmungen dieses Protokolls nach Absatz 2 in Kraft treten würden, weiterhin auf diese Person anzuwenden.


β) Die Klägerin hat nach dieser Vertrauensschutzregelung keinen Anspruch darauf, dass für die von ihr im Jahr 2008 bezogene Dividendenzahlung noch die weitergehenden Vergünstigungen des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a des DBA-USA 1989 a.F. zur Anwendung kommen.


Zwar ist der Wortlaut der deutschen Fassung des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 insoweit nicht ganz eindeutig, als der dort genannte Zeitraum von zwölf Monaten ab dem Zeitpunkt beginnen soll, zu dem „die Bestimmungen dieses Protokolls nach Absatz 2 in Kraft treten würden". Die Formulierung „in Kraft treten" könnte insoweit für die Auslegung der Klägerin sprechen, dass der Zeitraum von zwölf Monaten erst mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden 28. Dezember 2007 beginnen soll, da an diesem Tag das Änderungsprotokoll vom 1. Juni 2006 in Kraft trat.


Eine solche Auslegung des Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 ist aber bereits aufgrund des gesamten Wortlauts dieser Regelung nicht vorzunehmen. Denn diese Regelung stellt im Hinblick auf den Beginn der Zwölf-Monats-Frist nicht auf das „Inkrafttreten des Protokolls", sondern vielmehr auf den Zeitpunkt ab, zu dem „die Bestimmungen dieses Protokolls nach Absatz 2 in Kraft treten würden". Damit wird aber bereits durch diese Formulierung hinreichend deutlich, dass als Beginn der Zwölf-Monats-Frist bei den im vorliegenden Klageverfahren streitigen Abzugsteuern nur der 1. Januar 2007 gemeint sein kann, da ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich die Bestimmungen des Änderungsprotokoll anzuwenden sind.


Im Übrigen würde die von der Klägerin vorgenommene Auslegung der (neben der deutschsprachigen gleichberechtigten) englischsprachigen Fassung des Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 widersprechen. Denn in dieser englischsprachigen Fassung wird durch die Formulierung „a twelve-month period from the date on which the provisions of this Protocol would have effect under paragraph 2 of this Article" sehr deutlich auf den Zeitpunkt, ab dem nach Art. XVII Abs. 2 die Bestimmungen nach diesem Änderungsprotokoll anzuwenden sind - „shall have effect in both Contracting States" -  Bezug genommen.


Schließlich würde das von der Klägerin dargelegte Verständnis des Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 auch zu einem offensichtlich sinnwidrigen und unvernünftigen Ergebnis führen (vgl. insoweit auch Art. 32 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 - WÜRV -, BGBl II 1985, 927, in innerstaatliches Recht transformiert sei Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985, BGBl II 1985, 926, am 20. August 1987, BGBl II 1987, 757). Denn nach der von der Klägerin vorgenommenen Auslegung würde sich bei den im vorliegenden Verfahren streitigen Abzugsteuern folgende Rechtslage ergeben: Vom 1. Januar 2007 bis zum 27. Dezember 2007 wäre nach Art. XVII Abs. 2 Buchst. a des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 rückwirkend das DBA-USA 2007 n.F. anzuwenden. Vom 28. Dezember 2007 bis 27. Dezember 2008 könnte dann nach Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1. Juni 2006 für die Anwendung des DBA-USA 1989 a.F. optiert werden. Für den Zeitraum ab dem 28. Dezember 2008 wäre dann „wieder" das DBA-USA 2007 n.F. anzuwenden.


II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.


III. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wird die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

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