EuGH-SA: Rechnung über fiktive Umsätze (Scheinrechnung) – Ausstellung einer Scheinrechnung durch einen Arbeitnehmer ohne Wissen des Arbeitgebers
GAin Kokott, Schlussanträge vom 21.9.2023 – C-442/22; P sp. z o.o. gegen Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Lublinie
ECLI:EU:C:2023:702
Volltext BB-Online BBL2023-2261-2
Aus den Gründen
I. Einführung
1. Dieses Vorabentscheidungsersuchen steht im Kontext des schon seit Jahren das Mehrwertsteuerrecht beherrschenden Themas der Betrugsbekämpfung. Es betrifft erneut die Reichweite der „Haftung eines Unternehmens“, das irgendwie in den Mehrwertsteuerbetrug eines anderen Steuerpflichtigen involviert war. Bekanntermaßen genügt es dafür schon, dass das Unternehmen hätte wissen müssen, dass es mit seinem Umsatz an einem Umsatz teilnahm, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war.(2) Dann kann ihm der Vorsteuerabzug oder eine Steuerbefreiung – möglicherweise auch beides zusammen(3) – verweigert werden.
2. Hier kommt nun eine dritte Möglichkeit hinzu: eine zusätzliche Steuerschuld wegen eines unberechtigten Steuerausweises. Dabei geht es im Ergebnis um die Haftung eines Unternehmens für seine Arbeitnehmer, die ohne sein Wissen in organisierter und krimineller Weise vorsätzlich mitgeholfen haben, dass andere Steuerpflichtige einen Mehrwertsteuerbetrug (wahrscheinlich zusammen mit einem Ertragsteuerbetrug) begehen konnten. So haben Tankstellenmitarbeiter weggeworfene Zahlungsbelege eingesammelt und dann neue Rechnungen mittels eines zweiten „Buchungssystems“ über die dort genannten Treibstoffmengen erstellt und an Interessenten verkauft. Diese haben die Beträge für Treibstofflieferungen (die so nie stattgefunden haben) für den Vorsteuerabzug im Rahmen der Mehrwertsteuererklärung und wohl auch für den Betriebsausgabenabzug im Rahmen der Ertragsteuererklärung genutzt. Der polnische Staat konnte dies aufdecken, jedoch bei den Betrügern nicht den gesamten Mehrwertsteuerschaden beheben. Daher greift die Finanzverwaltung auch noch einmal auf das Unternehmen zu, welches die eigenen Umsätze zwar ordnungsgemäß versteuert, dem Anschein nach jedoch die fingierten Rechnungen selbst erstellt hat.
3. Die hier zu entscheidende Frage ist damit, ob sich die Mehrwertsteuerschulden eines Unternehmens verändern, wenn seine Mitarbeiter durch die Erstellung fiktiver Rechnungen unter dem Namen des Unternehmens den Mehrwertsteuerbetrug eines Dritten unterstützt haben. Es geht mithin um eine mehrwertsteuerrechtliche „Sanktionierung“ (im Wege einer Haftung) des Steuerpflichtigen (Arbeitgebers) für kriminelles Verhalten der eigenen Angestellten, welche an einem Mehrwertsteuerbetrug eines Dritten mitgewirkt haben. Das ist insofern Neuland, als die Haftung für Steuerschulden aus unrichtigen Rechnungen sich stets auf ein eigenes Fehlverhalten des Unternehmens bezog. Die „Haftung“ für die Beteiligung an einem Mehrwertsteuerbetrug eines Dritten knüpfte hingegen bislang immer an das Fehlen der erforderlichen Sorgfalt im Hinblick auf die Erbringung von Umsätzen im Rahmen einer Umsatzkette an. Bezüglich der tatsächlich ausgeführten Umsätze kann dem Unternehmen hier aber nichts vorgeworfen werden.
4. Zwar gehört die Bekämpfung des Steuerbetrugs zu den großen Herausforderungen in einem indirekten Steuersystem mit Vorsteuerabzug. Alle sind sich einig, wie wichtig diese Betrugsbekämpfung ist. Dennoch muss es – schon im Hinblick auf die Grundrechte der betroffenen Unternehmen – Grenzen geben. Diese Grenzen kann der Gerichtshof nun näher herausarbeiten.
II. Rechtlicher Rahmen
A. Unionsrecht
5. Den unionsrechtlichen Rahmen bestimmt die Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).(4) Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie regelt die Steuerschuld durch Ausweis in einer Rechnung und lautet wie folgt:
„Die Mehrwertsteuer wird von jeder Person geschuldet, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist.“
B. Polnisches Recht
6. Polen hat die Mehrwertsteuerrichtlinie durch das Gesetz vom 11. März 2004 über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen (Ustawa o podatku od towarów i usług, Dz. U. 2011, Nr. 177, Pos. 1054, mit Änderungen – im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) umgesetzt. Art. 108 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes lautet wie folgt:
„Stellt eine juristische Person, eine Organisationseinheit ohne Rechtspersönlichkeit oder eine natürliche Person eine Rechnung mit einem ausgewiesenen Steuerbetrag aus, so ist sie zu dessen Abführung verpflichtet.“
III. Sachverhalt und Vorabentscheidungsverfahren
7. Die klagende Gesellschaft P sp. z o.o. (im Folgenden: P) war in den Jahren 2001 bis 2015 im Bereich des Treibstoffhandels, des Verlagswesens, der Vermietung von Gewerbeflächen und als Bauträgerin tätig. Sie führte eine vollständige Buchführung, war als Mehrwertsteuerpflichtige angemeldet und beschäftigte durchschnittlich 14 Arbeitnehmer.
8. Eine Steuerprüfung des Finanzamts ergab, dass unter dem Namen von P im Zeitraum von Januar 2010 bis April 2014 insgesamt 1 679 falsche Mehrwertsteuerrechnungen (sogenannte „leere“ Rechnungen, die keinen tatsächlichen Verkauf von Waren widerspiegelten) mit einem ausgewiesenen Mehrwertsteuerbetrag in Höhe von insgesamt 1 497 847 Zloty (PLN) (derzeit ungefähr 335 000 Euro) an Unternehmen ausgestellt wurden, die die in den Rechnungen ausgewiesene Mehrwertsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machten. Diese falschen Rechnungen wurden nicht ins Verkaufsregister von P gebucht. Die Mehrwertsteuer wurde weder an die Staatskasse abgeführt noch von P erklärt.
9. Der vorsitzende Geschäftsführer von P führte im Licht der Feststellungen der Steuerprüfung eigene Ermittlungen durch. Diese Ermittlungen ergaben, dass die „leeren“ Rechnungen ohne Wissen und Zustimmung der Geschäftsführung von einem Mitarbeiter der Gesellschaft (im Folgenden: P. K.) ausgestellt und veräußert worden waren.
10. P. K. war als Leiterin einer Tankstelle von P vom 25. November 2005 bis zum 24. Mai 2014 beschäftigt, als ihr wegen Verletzung ihrer Arbeitspflichten gekündigt wurde. Zu diesen gehörte die Bedienung der Registrierkasse, das Ausstellen von Rechnungen sowie die Vorbereitung von Unterlagen für die Hauptbuchhalterin.
11. Nach den Einlassungen von P. K. hatte sie seit 2010 Gesamtrechnungen zu Zahlungsbelegen, die von den Mitarbeitern der von ihr geleiteten Tankstelle eingesammelt wurden, ausgestellt. Die Zahlungsbelege stammten aus dem Abfallkorb. Zu jeder Rechnung wurden im Kesselraum der Tankstelle nach dem Ausstellungsjahr sortierte Zahlungsbelege aufbewahrt. Hiermit sollte gewährleistet werden, dass die Rechnungen unter dem Namen der Tankstelle über die fiktiven Umsätze keine größeren Treibstoffmengen umfassten, als die Tankstelle tatsächlich verkauft hatte. P sollte durch dieses Prozedere keinen Schaden erleiden. Die falschen Rechnungen wurden auf einem Computer im Büro (auf einer zugangsgesicherten Datei) gespeichert.
12. P. K. stellte diese Rechnungen in einem anderen Format als die rechtmäßigen aus, stets in Abwesenheit ihres Stellvertreters. Sie druckte keine Abschriften der Rechnungen aus, um kein „Papierarchiv“ zu erstellen. Auch leitete sie die Rechnungen nicht an die Buchhaltung weiter. Sie verwendete die Angaben von P, die sie als die Ausstellerin der Rechnungen angab, und benutzte hierbei die Steueridentifikationsnummer (NIP) von P. Auf den Rechnungen befinden sich die Unterschrift sowie der Stempel von P. K. Ab 2014 enthielten die Rechnungen lediglich eine Computerunterschrift und keinen Stempel. Alle beteiligten Mitarbeiter, die unter P. K. an der Tankstelle arbeiteten, profitierten davon. Die Mitarbeiter erhielten eine Vergütung entsprechend der Treibstoffmenge, die in den übergebenen und zur Ausstellung der falschen Rechnungen verwendeten Zahlungsbelegen ausgewiesen war. Unklar ist, wie und wo diese Rechnungen genau erstellt wurden. Laut der Stellungnahme von P geschah es wohl nicht über den Rechner und nicht in den Räumen der Tankstelle.
13. Aufgrund der Feststellungen der Steuerprüfung setzte die Finanzverwaltung gegen P mit Bescheid eine Mehrwertsteuerschuld für den Zeitraum von Januar 2010 bis April 2014 fest. Dagegen legte P Einspruch ein. Die Einspruchsbehörde (Dyrektor Izby Administracji Skarbowej) hielt die Steuerfestsetzung mit Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2017 aufrecht.
14. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts stellten beide Behörden einvernehmlich und ohne Einwände der Parteien fest, dass mit den falschen Rechnungen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen dokumentiert worden seien, die tatsächlich nicht stattgefunden hätten. Mit den Rechnungen sei die tatsächliche Durchführung von Umsätzen simuliert worden, um es Dritten zu ermöglichen, sich eine Steuererstattung zu erschleichen.
15. Beide Behörden befanden, dass P als Arbeitgeber die zur Vermeidung der Ausstellung von falschen Rechnungen erforderliche Sorgfalt nicht eingehalten habe. Der Aufgabenbereich von P. K. sei nicht genau schriftlich festgehalten worden. Zum weiten Aufgabenbereich habe die Berechtigung gehört, Mehrwertsteuerrechnungen zu Zahlungsbelegen außerhalb des BOS-Systems als Excel-Datei ohne zusätzliche Zustimmung des Arbeitgebers auszustellen. Da dem vorsitzenden Geschäftsführer von P bekannt gewesen sei, dass an der Tankstelle Rechnungen zu Zahlungsbelegen ausgestellt worden seien, d. h. außerhalb der Aufsicht durch die Buchhaltung, hätte er vorhersehen können und müssen, dass dies die Ausstellung von falschen Rechnungen erleichtere. So habe ein Mangel an geeigneter Aufsicht und Organisation dazu geführt, dass der vorsitzende Geschäftsführer der Gesellschaft das gegenständliche Vorgehen erst nach der Steuerprüfung der Steuerbehörde aufgedeckt habe.
16. Nach Ansicht der Verwaltungsbehörden war P. K. keine Dritte in Bezug auf P, sondern die Leiterin einer Tankstelle von P und somit eine gegenüber den Mitarbeitern der Tankstelle weisungsbefugte und zur Ausstellung von Rechnungen berechtigte Arbeitnehmerin. Die Behörden stellten zudem fest, dass es, obwohl versucht worden sei, die Empfänger der falschen Rechnungen aus dem Erstattungsverfahren auszuschließen, zu Steuerverkürzungen gekommen sei, die nicht rechtzeitig hätten verhindert werden konnten.
17. Der Wojewódzki Sąd Administracyjny (Woiwodschaftsverwaltungsgericht, Polen) wies mit Urteil vom 23. Februar 2018 die von P gegen die Entscheidung des Dyrektor Izby Administracji Skarbowej in Lublin erhobene Klage ab und machte sich hierbei die Begründung der Einspruchsbehörde zu eigen. P legte dagegen beim Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) Kassationsbeschwerde ein. Dieses hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV zwei Fragen vorgelegt:
1. Ist Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass in dem Fall, dass ein Arbeitnehmer eines Mehrwertsteuerpflichtigen ohne dessen Wissen und Zustimmung eine falsche Mehrwertsteuerrechnung mit den Angaben des Arbeitgebers ausstellt, der als der Mehrwertsteuerpflichtige angegeben wird, als diejenige Person, die die Mehrwertsteuer in der Rechnung ausweist und zur Entrichtung der Mehrwertsteuer verpflichtet ist, anzusehen ist:
– der Mehrwertsteuerpflichtige, dessen Angaben unrechtmäßig in der Rechnung verwendet wurden, oder
– der Arbeitnehmer, der in der Rechnung unter Verwendung der Angaben des Mehrwertsteuerpflichtigen unrechtmäßig die Mehrwertsteuer ausgewiesen hat?
2. Ist es für die Bestimmung, wer unter den in Nr. 1 genannten Umständen im Sinne von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie als derjenige anzusehen ist, der die Mehrwertsteuer in der Rechnung ausweist und zur Entrichtung der Mehrwertsteuer verpflichtet ist, erheblich, ob dem Mehrwertsteuerpflichtigen, der den Arbeitnehmer beschäftigt, der in der Mehrwertsteuerrechnung unrechtmäßig die Angaben des ihn beschäftigenden Steuerpflichtigen verwendet hat, die Nichteinhaltung der erforderlichen Sorgfalt bei der Aufsicht über den Arbeitnehmer vorgeworfen werden kann?
18. Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben P, die polnische Finanzverwaltung, der polnische Ombudsmann für kleine und mittlere Unternehmen und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verfahrensordnung abgesehen.
IV. Rechtliche Würdigung
A. Zu den Vorlagefragen und dem Gang der Untersuchung
19. Die beiden Vorlagefragen, die zusammen zu prüfen sind, werfen im Kern die Frage auf, welche Risiken ein steuerpflichtiges Unternehmen im Mehrwertsteuerrecht zu tragen hat, wenn es von seinen Arbeitnehmern hintergangen wurde. Vorliegend hatten diese ohne Wissen des Unternehmens fiktive Rechnungen unter seinem Namen erstellt und an Dritte zum Zwecke eines Steuerbetrugs auf eigene Rechnung verkauft.
20. Dabei stellt sich erneut(5) die Frage nach der Auslegung von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Dieser soll der Gefahr eines unberechtigten Vorsteuerabzugs des Rechnungsempfängers durch eine korrespondierende Steuerschuld des Rechnungsaustellers begegnen. Daher ist zunächst zu klären, wer Rechnungsaussteller in diesem Sinne ist – der Aussteller der Rechnung oder derjenige, der auf der Rechnung als Aussteller bezeichnet wird (dazu unter B.). Sollte es nur derjenige sein, der die Rechnung auch ausgestellt hat, dann stellt sich die Frage nach den Voraussetzungen für eine Zurechnung des (kriminellen) Verhaltens eines Anderen (Dritten) zu dem scheinbaren Rechnungsaussteller (dazu unter C.).
B. Der Aussteller einer Rechnung im Sinne von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie
1. Sinn und Zweck von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie
21. Gemäß Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie wird die Mehrwertsteuer von jeder Person geschuldet, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist. Wie der Gerichtshof(6) insoweit schon entschieden hat, erfasst Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie „nur“ die zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer, d. h. eine gesetzlich nicht geschuldete, dennoch in einer Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer.
22. Der Zweck von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie besteht darin, der Gefährdung des Steueraufkommens entgegenzuwirken, die sich aus der Geltendmachung eines unberechtigten(7) Vorsteuerabzugs durch den Rechnungsempfänger aufgrund dieser Rechnung ergeben kann.(8) Diese Gefährdung veranschaulicht der vorliegende Sachverhalt.
23. Zwar besteht das Vorsteuerabzugsrecht nur für diejenigen Steuern, die mit einem mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz im Zusammenhang stehen.(9) Jedoch ist das Steueraufkommen gefährdet, solange der Adressat einer Rechnung, in der die Mehrwertsteuer zu Unrecht ausgewiesen ist, diese noch dazu nutzen kann, einen Vorsteuerabzug nach Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie durchzuführen.(10) Denn es ist nicht auszuschließen, dass die Finanzverwaltung nicht rechtzeitig feststellen kann, dass materiell-rechtliche Erwägungen einer Ausübung des formal gegebenen Abzugsrechts entgegenstehen.
24. Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie bezweckt damit im Fall eines zu Unrecht erfolgten Mehrwertsteuerausweises einen vergleichbaren Gleichlauf zwischen dem Vorsteuerabzug des Rechnungsempfängers und der Steuerschuld des Rechnungsaustellers, wie er normalerweise bei einer zutreffenden Rechnung für den Leistenden und den Leistungsempfänger besteht.(11) Ausweislich des Wortlautes von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist es aber nicht nötig, dass der Rechnungsempfänger tatsächlich einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat. Es genügt, dass die Gefahr besteht, dass ein solcher (unberechtigterweise) vorgenommen werden könnte.
25. Im Ergebnis haftet folglich der Rechnungsaussteller schuldunabhängig für das (abstrakte) Risiko, dass der Rechnungsempfänger aufgrund dieser (unrichtigen) Rechnung einen unberechtigten Vorsteuerabzug vornehmen kann. Es handelt sich mithin nicht um eine echte Steuerschuld, sondern um eine Gefährdungshaftung des Rechnungsausstellers, wie der Gerichtshof bereits klargestellt hat.(12)
26. Diese Haftung greift nicht nur bei einem Irrtum über den richtigen Steuersatz (in der Rechnung wird der Regelsteuersatz statt des ermäßigten Steuersatzes genannt), sondern auch bei der Abrechnung über fiktive Umsätze.(13)
27. Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist also ein abstrakter Gefährdungstatbestand, der den Aussteller der Rechnung verschuldensunabhängig für die von ihn geschaffene Gefahr haften lässt, wenn er für fiktive Umsätze Scheinrechnungen ausstellt. Die Folge ist dann, dass er selbst die unrichtig ausgewiesene Mehrwertsteuer schuldet.
2. Immanente Grenzen des Gefährdungstatbestandes
28. Dieser abstrakte Gefährdungstatbestand, der den Aussteller einer Rechnung verschuldensunabhängig eine unrichtig ausgewiesene Mehrwertsteuer tragen lässt, hat aber Grenzen. Soll diese Haftung im Hinblick auf die Grundrechte der betroffenen Person (P beruft sich u. a. auf Art. 17 der Charta) nicht willkürlich sein, bedarf es sowohl eines objektiven Grundes (mithin einer Gefährdung des Steueraufkommens – dazu unter a) als auch einer subjektiven Zurechenbarkeit der Gefährdung (dazu unter b).
a) Notwendigkeit einer Gefährdung
29. Wie der Gerichtshof unlängst entschieden hat, greift der Gefährdungstatbestand von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht, wenn eine Gefährdung des Mehrwertsteueraufkommens per se ausgeschlossen ist.(14) Der Gerichtshof bejahte dies in einem Fall, in dem feststand, dass die fehlerhaften Rechnungen nur gegenüber Endkonsumenten erstellt wurden, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren.(15)
30. Eine solche Gefährdung ist ebenfalls per se ausgeschlossen, soweit die Finanzverwaltung wie hier den organisierten Betrug durch die Angestellten von P bereits aufgedeckt hat, so dass die Käufer der Scheinrechnungen bekannt sind und ihnen der Vorsteuerabzug erfolgreich und endgültig versagt werden konnte. Laut dem Vorabentscheidungsersuchen ist dies dem polnischen Staat in einem gewissen Umfang gelungen. In diesem Umfang stellt sich mithin nicht mehr die Frage nach der Anwendbarkeit von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie, sondern allenfalls noch die Frage nach der Sanktionierung der Verkäufer und Käufer der Scheinrechnungen. Dies ist jedoch normalerweise eine Frage des Strafrechts und nicht des Steuerrechts. Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie hat – wie der Gerichtshof bereits betont hat(16) – keinen Sanktionscharakter.
31. Eine zusätzliche Steuerschuld des Rechnungsausstellers (sei es P oder P. K.) in einem solchen Fall würde zu einer „Bereicherung des Staates“ anlässlich eines Mehrwertsteuerbetruges führen. Dies ginge offensichtlich über das hinaus, was zur Betrugsbekämpfung erforderlich ist. Es wäre zudem ein seltsames Ergebnis, wenn ein Rechtsstaat aufgrund eines aufgedeckten Mehrwertsteuerbetruges ein höheres Steueraufkommen vorweisen könnte als ohne einen solchen. Denn soweit kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden konnte, würde sich das Mehrwertsteueraufkommen Polens erhöhen, obwohl kein Umsatz ausgeführt wurde. Mit dem Charakter einer Haftungsvorschrift (dazu ausführlich oben, Nrn. 22 ff.) wäre dieses Ergebnis ebenfalls nicht vereinbar.
32. Entsprechend hat der Gerichtshof sehr früh entschieden, dass, auch wenn die Mehrwertsteuerrichtlinie keine Bestimmungen über die Berichtigung zu Unrecht in Rechnung gestellter Mehrwertsteuer durch den Aussteller der Rechnung enthält,(17) es Sache der Mitgliedstaaten ist, hierfür eine Lösung zu finden.(18) Für diese Lösung hat der Gerichtshof zwei Ansätze entwickelt, die die Mitgliedstaaten zu berücksichtigen haben.
33. So ist es einerseits Aufgabe der Mitgliedstaaten, zur Gewährleistung der Neutralität der Mehrwertsteuer in ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung die Möglichkeit vorzusehen, jede zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer zu berichtigen, wenn der Rechnungsaussteller seinen guten Glauben nachweist.(19) Zum anderen verlangt der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, dass die zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt werden kann, wenn der Rechnungsaussteller die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt hat, ohne dass die Mitgliedstaaten eine solche Berichtigung vom guten Glauben des Rechnungsausstellers abhängig machen dürfen.(20)
34. Für Letzteres kann es keine Rolle spielen, warum die Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist – mithin ob der Aussteller der Rechnung sie aktiv beseitigt hat oder es der Finanzverwaltung gelungen ist, diese zu beseitigen.(21) Denn die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten erlassen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. Sie dürfen daher nicht so eingesetzt werden, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellen, die ein Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist.(22) Dies gilt insbesondere für einen abstrakten Gefährdungstatbestand (dazu bereits oben, Nrn. 26 ff.).
35. Mithin stellt sich die Frage nach der Inanspruchnahme von P für die durch P. K. ausgestellten Scheinrechnungen nur, soweit der Vorsteuerabzug durch die Käufer nicht verhindert werden konnte, mithin soweit ein Schaden für das Steueraufkommen von Polen immer noch besteht.
b) Subjektive Zurechnung: der Aussteller einer Rechnung
36. Soweit ein solcher Schaden noch besteht, müsste dieser auch P zuzurechnen sein, denn Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie erfasst nur den Austeller dieser Rechnungen. Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der auf der Rechnung ersichtliche Leistende (hier P), der normalerweise die Rechnung erstellt, diese Rechnung gerade nicht erstellt hat. Erstellt wurde sie von P. K., die lediglich den Namen ihres Arbeitgebers verwendet hat. Dem Anschein nach – auch wenn ein anderes Rechnungsformat genutzt wurde – sieht es aber so aus, als hätte P diese Rechnungen erstellt. Es wurde ihr Name, ihre Anschrift und ihre Steuernummer verwendet.
37. Wäre P. K. ein völlig fremder Dritter, der sich mehr oder minder zufällig der Daten von P bedient hätte, um fiktive Rechnungen zu erstellen und zu verkaufen (auch solche Fälle gab es bereits), wäre die Antwort eindeutig. Mangels Zurechnung des Verhaltens dieses Dritten wäre eine Haftung von P willkürlich und unverhältnismäßig und P daher niemals – wie auch die Finanzverwaltung ausführt – als Aussteller dieser Rechnungen anzusehen.
38. Anders als bei der Erstellung von fiktiven Rechnungen eines fremden Dritten besteht hier aber eine gewisse Nähe zwischen dem eigentlichen Rechnungsaussteller (P. K.) und dem scheinbaren Rechnungsaussteller (P) aufgrund des damals bestehenden Arbeitsrechtsverhältnisses. P. K. nutzte ihr bei P erlangtes Wissen über die Treibstoffmengen, deren Verkaufsquittungen weggeworfen wurden, die auf P bezogenen Rechnungsangaben und seine Steuernummer bewusst aus.
39. Fest steht aber andererseits, dass dieser (kriminelle) Verkauf von Scheinrechnungen unter dem Namen von P ohne Wissen und Wollen von P erfolgte und auch nicht von dem arbeitsrechtlich übertragenen Aufgabenbereich oder einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht gedeckt war.
40. Die entscheidende Frage ist, wer in einem solchen Fall der Rechnungsaussteller im Sinne von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist. Mithin ist zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen einem Arbeitgeber das deliktische Handeln seiner Arbeitnehmer (hier in Gestalt von organisierter Kriminalität) zugerechnet werden kann bzw. dieser sich aufgrund seiner Gutgläubigkeit insoweit entlasten kann.
41. Nach dem Wortlaut von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie wird die Mehrwertsteuer von jeder Person geschuldet, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist. Es genügt jede Person – d. h., es muss kein Steuerpflichtiger sein –, die die Steuer in einer Rechnung ausweist. Die Richtlinie geht außerdem von einem aktiven Tun („ausweist“) aus. Ausgewiesen hat die Steuer aber nicht P, sondern ihre Angestellte P. K. Dem Wortlaut der Mehrwertsteuerrichtlinie nach schuldet mithin P. K. die durch sie unrichtig ausgewiesene Steuer. P ist nur dem Anschein nach der Rechnungsaussteller.
42. Der oben (Nrn. 22 ff.) dargelegte Sinn und Zweck als Gefährdungshaftung spricht dabei dagegen, den „Scheinaussteller“ neben dem Aussteller in Anspruch zu nehmen. Es geht bei Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht um eine Bestrafung oder eine Verdopplung des Steueraufkommens, sondern um eine Absicherung der Gefährdung für das Steueraufkommen. Folglich kann nur eine Person als Aussteller im Sinne von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie in Betracht kommen. Dies folgt auch aus der Berichtigungsmöglichkeit, die der Gerichtshof selbst dem schuldhaft handelnden Aussteller zugesteht. Danach müssen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsehen, dass jede zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer durch den Rechnungsaussteller berichtigt werden kann, wenn dieser seinen guten Glauben nachweist.(23) Dies setzt aber voraus, dass derjenige auch weiß, wem gegenüber er die unrichtigen Rechnungen ausgestellt hat. P sind die Käufer der Rechnungen aber nicht bekannt. Über dieses Wissen verfügt nur P. K.
43. Soweit daher noch eine Gefährdung (bzw. Schädigung) des polnischen Steueraufkommens besteht, schuldet grundsätzlich P. K. als Aussteller der Scheinrechnungen die dort zu Unrecht ausgewiesene Mehrwertsteuer.
C. Zurechnung kriminellen Verhaltens eines Dritten
44. Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn dem Steuerpflichtigen (hier P) das kriminelle Verhalten von P. K. irgendwie zugerechnet werden kann. Insbesondere die polnische Finanzverwaltung beruft sich auf eine Art „Überwachungsverschulden“. Da P wusste, dass P. K. auch manuell Rechnungen außerhalb des üblichen Rechnungssystems erstellen könne, hätte P wissen müssen, dass Scheinrechnungen erstellt werden. Mangels entsprechender Überwachungsmaßnahmen sei P das Verhalten von P. K. zuzurechnen.
1. Zurechnung fremden kriminellen Verhaltens nach dem „Prinzip“ eines Verbots von Betrug?
45. Dieser Ansatz von Polen ähnelt etwas der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Versagung des Vorsteuerabzugs (oder der Steuerfreiheit oder möglicherweise sogar beidem gleichzeitig), wenn der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Hinterziehung der Mehrwertsteuer einbezogen war.(24)
46. Für die Zwecke der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt nach Ansicht des Gerichtshofs, dass ein solcher Steuerpflichtiger sich an der Hinterziehung beteiligt oder sie begünstigt, und zwar unabhängig davon, ob er im Rahmen seiner besteuerten Ausgangsumsätze aus dem Weiterverkauf der Gegenstände oder der Verwendung der Dienstleistungen einen Gewinn erzielt.(25) Die nationalen Behörden und Gerichte haben daher das Recht auf Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird.(26) Daraus hat der Gerichtshof sogar einen besonderen, offenbar mehrwertsteuerrechtlichen „Grundsatz des Verbots von Betrug“ entwickelt.(27)
47. Unabhängig von der Tatsache, dass diese Rechtsprechung sehr weit geht und Folgefragen aufwirft,(28) geht es hier nicht darum, dass P einen Vorsteuerabzug oder eine Steuerbefreiung, also vermögenswerte Rechte, geltend macht. P möchte lediglich nicht für den Vermögensvorteil eines Dritten (der Käufer der Scheinrechnungen, zu denen er keine Beziehung hat) haften. Mithin geht es nicht um die Betrugsbekämpfung innerhalb einer Umsatzkette, sondern um eine Ausfallhaftung(29) von „jedermann“.
48. Allein das Wissen (oder Wissen müssen), dass ein fremder Dritter fiktive Rechnungen unter Verwendung des eigenen Namens erstellt und verkauft, kann nach dem Wortlaut von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie jedoch keine Haftung begründen. Für die Bekämpfung von Straftaten ist nicht „jedermann“, sondern der Mitgliedstaat zuständig. Ohne einen besonderen Zurechnungsgrund in Bezug zu diesem Dritten(30) kann dem Steuerpflichtigen kein „Vorteil“ (Steuerfreiheit und/oder Vorsteuerabzug) versagt werden und erst recht nicht „jedermann“ eine Haftung (im Wege einer zusätzlichen Steuerschuld) aufgebürdet werden.
2. Zurechnung des kriminellen Verhaltens der eigenen Arbeitnehmer anhand des Maßstabs der Bösgläubigkeit
49. Die Lösung ergibt sich daher nicht aus der oben genannten Rechtsprechung zur Betrugsbekämpfung, sondern aus dem Neutralitätsprinzip und der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Danach ist es nämlich Aufgabe der Mitgliedstaaten, zur Gewährleistung der Neutralität der Mehrwertsteuer in ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung die Möglichkeit vorzusehen, jede zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer zu berichtigen, wenn der Rechnungsaussteller – der, wie die Kommission in ihrer Stellungnahme zutreffend hervorhebt, kein Unternehmer sein muss – seinen guten Glauben nachweist.(31)
50. Dies betrifft zwar den Aussteller einer Rechnung, was P nicht ist. Der Ansatz kann aber – so wohl auch die Kommission – auf denjenigen übertragen werden, der dem äußeren Anschein nach als Aussteller einer Rechnung anzusehen ist (scheinbarer Aussteller). War dieser nämlich gutgläubig, dann ist er eher Opfer als Täter und kann von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht erfasst werden. War er hingegen nicht gutgläubig und kann ihm das Verhalten des Rechnungsausstellers (aufgrund einer besonderen Nähe oder Verantwortung) als eigenes zugerechnet werden, dann kann ihn auch die Haftung als Aussteller der unrichtigen Rechnung treffen.
51. Zu berücksichtigen ist, dass hier die kriminelle Tätigkeit des Arbeitnehmers, nämlich das Ausstellen und Verkaufen von Scheinrechnungen, in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der ihm arbeitsrechtlich eingeräumten Stellung im Unternehmen von P stand. Vielmehr bot ihm diese Stellung nur die Gelegenheit für diese Tätigkeit, die ihm arbeitsrechtlich jedoch untersagt war. Daher kann das Ausstellen dieser Rechnungen – anders als wenn Angestellte im laufenden Betrieb Rechnungen (gegebenenfalls fehlerhaft) für die Kraftstofflieferungen ausstellen – P nicht ohne Weiteres zugerechnet werden. Die Ausstellung von Rechnungen im Namen von P (im Rahmen der arbeitsrechtlichen Befugnisse) und das Ausstellen von Rechnungen unter dem Namen von P (quasi im Rahmen der organisierten Kriminalität und ohne ihr Wissen) sind insoweit zu unterscheiden.
52. Gleichwohl besteht – wie die Finanzverwaltung zutreffend betont – eine gewisse Nähe bzw. Verantwortung des Arbeitgebers für seine Arbeitnehmer. Entscheidend ist daher, nach welchen Maßstäben von einem gutgläubigen Arbeitgeber gesprochen werden kann.
3. Zum Maßstab der Gutgläubigkeit im Rahmen von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie
53. Gutgläubigkeit ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber von dem Handeln seines Arbeitnehmers wusste und nicht eingegriffen hat, obwohl er es konnte. In diesem Fall macht er sich dessen Handeln bewusst zu eigen. Er ist dann wegen des von ihm bewusst geduldeten Anscheins, der durch die fiktiven Rechnungen entsteht, als der alleinige Aussteller dieser Rechnungen anzusehen. Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor.
54. Im Zusammenhang mit der Kürzung von Agrarsubventionen wegen Verstößen eines Dritten (Auftragnehmer) gegen die Subventionsvorgaben hat der Gerichtshof schon Zurechnungskriterien entwickelt. Er entschied, dass bei einem Verstoß durch einen Dritten, der im Auftrag eines durch die Beihilfe Begünstigten bestimmte Arbeiten verrichtete, der Begünstigte für diesen Verstoß verantwortlich gemacht werden kann, wenn er bei der Auswahl des Dritten, dessen Überwachung oder den ihm gegebenen Anweisungen vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Dritte selbst vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.(32) Dies lässt sich jedoch nicht tel quel auf die vorliegende Konstellation übertragen. Zum einen ist P. K. in Bezug auf die Erstellung von Scheinrechnungen nicht durch P beauftragt worden, sondern hat außerhalb ihres „Auftrags“ selbst vorsätzlich gehandelt. Zum anderen ist P auch nicht durch staatliche Mittel bereichert, die ihr wegen fehlender Zweckerreichung wieder entzogen werden sollen.
55. Gleichwohl kann auf den dort angesprochenen Gedanken eines eigenen Auswahl- und Überwachungsverschuldens (hier des Arbeitgebers) zurückgegriffen werden, wenn dieser ein Steuerpflichtiger im Sinne des Mehrwertsteuerrechts ist. Denn die Steuerpflichtigen nehmen eine besondere Stellung für das Funktionieren des Mehrwertsteuersystems ein. Der Gerichtshof bezeichnet sie daher auch als Steuereinnehmer für Rechnung des Staates.(33)
56. Das indirekt ausgestaltete Mehrwertsteuersystem ist gerade durch das Auseinanderfallen von Steuerträger und Steuerschuldner besonders missbrauchsanfällig. Durch den Vorsteuerabzug eines Steuerpflichtigen in einer Umsatzkette erhöht sich dieses Risiko weiter. Allerdings ist für die Verhinderung dieses systemimmanenten Betrugsrisikos primär der Gesetzgeber verantwortlich.
57. In einer Union, bei der die Rechtsstaatlichkeit einen besonderen Wert einnimmt, gilt dies in besonderem Maße. So betont der Gerichtshof zunehmend, dass die Union aus Staaten besteht, die die in Art. 2 EUV genannten Werte achten und teilen.(34) Zu den in Art. 2 EUV genannten Werten, auf die sich die Union gründet, gehört insbesondere das Rechtsstaatsprinzip. Daher kann ein Mitgliedstaat nicht dieses selbst geschaffene Risiko einseitig auf Privatrechtssubjekte abwälzen. Die Steuerbetrugsbekämpfung ist zuvörderst eine Aufgabe des Staates, nicht die eines Privaten. Wie die Kommission zutreffend in ihrer Stellungnahme betont, kann auch der Schutz des Steueraufkommens nicht dazu führen, dass ein Steuerpflichtiger, der mit dem Betrug (hier dem Verkauf von Scheinrechnungen) nichts zu tun hat, mit Mehrwertsteuer belastet wird.
58. Allerdings ist der Staat als Steuergläubiger in einem indirekten Steuersystem zwingend auf die Mithilfe der Steuerpflichtigen als Steuereinnehmer angewiesen. Auch wenn diese zwangsweise und unentgeltlich an der Mehrwertsteuereinsammlung mitwirken müssen, ist es nicht unverhältnismäßig, wenn dabei eine gewisse, jedoch nicht übertriebene Sorgfalt verlangt wird. Als Steuereinnehmer für Rechnung des Staates darf ein Steuerpflichtiger daher insbesondere nicht die Augen verschließen und einen Mehrwertsteuerbetrug bewusst in Kauf nehmen. Dies wirkt sich auch auf die unionsrechtliche Zurechnung des betrügerischen Handelns der eigenen Arbeitnehmer aus.
59. Wie ich in meinen Schlussanträgen im Verfahren zur Rückforderung von Agrarbeihilfen bereits ausgeführt habe, ist dem Recht mancher Mitgliedstaaten ein Prinzip der Zurechnung des Fehlverhaltens von Hilfspersonen unabhängig von eigenem Verschulden im Deliktsbereich grundsätzlich fremd.(35) Ein Geschäftsherr haftet daher auch nicht nach einem etwaigen ungeschriebenen Rechtsgrundsatz unionsrechtlich automatisch für das Fehlverhalten einer seiner Hilfspersonen wie für sein eigenes, sondern allenfalls insoweit, als ihn persönlich etwa ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft.
60. Im Zusammenhang mit Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie bedeutet dies, dass P so lange als gutgläubig angesehen werden muss, wie ihm kein eigenes Verschulden vorgeworfen werden kann. Allein ein allgemeines „Wissen müssen“ begründet daher noch kein eigenes Verschulden, sondern erst, wenn ihn persönlich ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden bezüglich seiner Arbeitnehmer trifft. Vorliegend ist ein Auswahlverschulden nicht ersichtlich, so dass nur ein Überwachungsverschulden in Betracht kommt.
61. Ob ein solches Verschulden hier vorliegt, kann nur das vorlegende Gericht entscheiden. Es ist aber ein anderer Standard, als derjenige, den der Gerichtshof mit seiner Rechtsprechung bei der Versagung von Vorsteuerabzug oder Steuerfreiheit in „betrugsbehafteten“ Umsatzketten entwickelt hat. Insbesondere kann als Indiz für eine Gutgläubigkeit berücksichtigt werden, ob und wie der Steuerpflichtige bei der Ermittlung des Umfangs der organisierten Kriminalität (den Schaden haben primär die Käufer der Scheinrechnungen angerichtet) mit der Finanzverwaltung zusammengearbeitet hat.
62. Anders als das Finanzamt offenbar meint, ist es dabei irrelevant, dass der Aufgabenbereich von P. K. nicht schriftlich festgehalten war. Ob eine schriftliche Aufgabendefinition vorliegt oder nicht, reduziert allenfalls unwesentlich das Risiko eines kriminellen Verhaltens des Arbeitnehmers. Aus diesem Grund kommt es – anders als der Ombudsmann in seiner Stellungnahme meint – nicht darauf an, ob die Rechnungserstellung grundsätzlich zu den Aufgaben des Arbeitnehmers gehört oder nicht. Wer als Arbeitnehmer Scheinrechnungen erstellen will, kann das jederzeit tun, unabhängig davon, ob das Erstellen der richtigen Rechnungen zu seinem Aufgabenbereich gehört oder nicht.
63. Des Weiteren bedeutet die Tatsache, dass normale Rechnungen durch P. K. auch außerhalb des BOS-Systems erstellt werden konnten und wurden, nicht, dass der Arbeitgeber hätte vorhersehen müssen, dass seine Arbeitnehmer Scheinrechnungen erstellen und weiterverkaufen. Sofern das Rechnungswesen (innerhalb und außerhalb des BOS-Systems) bislang keine Unregelmäßigkeiten aufwies, resultiert aus den vom Finanzamt aufgeführten Punkten kein Überwachungsverschulden. Wie P in ihrer Stellungnahme zu Recht anmerkt, ist es für einen Privaten (als Arbeitgeber) nur schwer möglich, diese Art der „organisierten Kriminalität“ durch P. K., die weiteren Mitarbeiter und die Käufer der Rechnungen zu verhindern.
64. Insofern wird wohl danach zu differenzieren sein, ob es einen konkreten Anlass oder konkrete Anhaltspunkte – wie die Kommission zutreffend ausführt – für eine besondere Überwachung gab oder nicht. Ohne einen konkreten Anlass dürfte von einem Steuerpflichtigen allenfalls ein einfaches internes Risikomanagementsystem – der Steuerpflichtige kann nicht blindlings seinen Arbeitnehmern vertrauen – verlangt werden können. Sobald dem Steuerpflichtigen jedoch konkrete Anhaltspunkte vorliegen, können von ihm auch konkretere Überwachungsmaßnahmen bis hin zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden gefordert werden. Dies ist letztendlich eine Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Umstände, die das vorlegende Gericht vorzunehmen hat.
V. Ergebnis
65. Somit schlage ich vor, wie folgt auf die Vorlagefragen des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) zu antworten:
Art. 203 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass der scheinbare Aussteller einer Rechnung über fiktive Umsätze nur dann die dort ausgewiesene Steuer schuldet, wenn (1) der Vorsteuerabzug dem Rechnungsempfänger noch nicht versagt werden konnte, (2) ihm die Ausstellung der Rechnung durch einen Dritten aufgrund einer besonderen Verantwortung (bzw. Nähe) zuzurechnen ist und (3) er nicht gutgläubig war. Eine Gutgläubigkeit kann dabei nur bei eigenem Verschulden des scheinbaren Ausstellers ausgeschlossen werden. Dieses Verschulden kann im Fall eines Steuerpflichtigen auch in der schuldhaft fehlerhaften Auswahl oder Überwachung seiner Arbeitnehmer gesehen werden.
1 Originalsprache: Deutsch.
2 Urteile vom 24. November 2022, Finanzamt M (Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug) (C‑596/21, EU:C:2022:921, Rn. 25), vom 11. November 2021, Ferimet (C‑281/20, EU:C:2021:910, Rn. 46 und 47), vom 20. Juni 2018, Enteco Baltic (C‑108/17, EU:C:2018:473, Rn. 94), vom 22. Oktober 2015, PPUH Stehcemp (C‑277/14, EU:C:2015:719, Rn. 48), vom 13. Februar 2014, Maks Pen (C‑18/13, EU:C:2014:69, Rn. 27), vom 6. September 2012, Mecsek-Gabona (C‑273/11, EU:C:2012:547, Rn. 54), vom 6. Dezember 2012, Bonik (C‑285/11, EU:C:2012:774, Rn. 39), und vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling (C‑439/04 und C‑440/04, EU:C:2006:446, Rn. 56).
3 Zu dem daraus resultierenden Problem der Überkompensation des entstandenen Schadens vgl. bereits meine Schlussanträge in der Rechtssache Vetsch Int. Transporte (C‑531/17, EU:C:2018:677, Nrn. 39 ff.).
4 Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der für die Streitjahre (2010 bis 2014) geltenden Fassung.
5 Der Gerichtshof war zuletzt in dem Urteil vom 8. Dezember 2022, Finanzamt Österreich (Endverbrauchern fälschlicherweise in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer) (C‑378/21, EU:C:2022:968), mit der Auslegung von Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie tiefer gehend beschäftigt.
6 Urteil vom 8. Dezember 2022, Finanzamt Österreich (Endverbrauchern fälschlicherweise in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer) (C‑378/21, EU:C:2022:968, Rn. 21 und 23).
7 Soweit der Gerichtshof in dem üblichen Textbaustein davon spricht, dass Art. 203 der Mehrwertsteuerrichtlinie einer Gefährdung des Steueraufkommens entgegenwirken solle, „die sich aus dem Recht auf Vorsteuerabzug“ ergäbe, ist dies etwas unpräzise; vgl. Urteile vom 8. Dezember 2022, Finanzamt Österreich (Endverbrauchern fälschlicherweise in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer) (C‑378/21, EU:C:2022:968, Rn. 20), vom 29. September 2022, Raiffeisen Leasing (C‑235/21, EU:C:2022:739, Rn. 36), vom 8. Mai 2019, EN.SA. (C‑712/17, EU:C:2019:374, Rn. 32), vom 11. April 2013, Rusedespred (C‑138/12, EU:C:2013:233, Rn. 24), und vom 31. Januar 2013, Stroy trans (C‑642/11, EU:C:2013:54, Rn. 32). Es geht gerade nicht um das Recht zum Vorsteuerabzug, sondern allein um die Gefährdung aufgrund eines unberechtigten Vorsteuerabzugs. Das ist wohl auch stets gemeint, da ein berechtigter Vorsteuerabzug keine Gefährdung des Steueraufkommens darstellen kann.
8 So ausdrücklich Urteile vom 18. März 2021, P (Tankkarten) (C‑48/20, EU:C:2021:215, Rn. 27), vom 8. Mai 2019, EN.SA. (C‑712/17, EU:C:2019:374, Rn. 32), vom 11. April 2013, Rusedespred (C‑138/12, EU:C:2013:233, Rn. 24), vom 31. Januar 2013, Stroy trans (C‑642/11, EU:C:2013:54, Rn. 32), vom 31. Januar 2013, LVK (C‑643/11, EU:C:2013:55, Rn. 35 und 36), und vom 18. Juni 2009, Stadeco (C‑566/07, EU:C:2009:380, Rn. 28 ff.).
9 Urteil vom 13. Dezember 1989, Genius (C‑342/87, EU:C:1989:635, Rn. 13).
10 So ausdrücklich Urteil vom 18. Juni 2009, Stadeco (C‑566/07, EU:C:2009:380, Rn. 28 ff.), mit Verweis auf Urteil vom 19. September 2000, Schmeink & Cofreth und Strobel (C‑454/98, EU:C:2000:469, Rn. 57).
11 Vgl. insoweit auch meine Schlussanträge in der Rechtssache EN.SA. (C‑712/17, EU:C:2019:35, Nrn. 31 ff.).
12 So ausdrücklich Urteil vom 19. September 2000, Schmeink & Cofreth und Strobel (C‑454/98, EU:C:2000:469, Rn. 61).
13 Vgl. nur Urteil vom 8. Mai 2019, EN.SA. (C‑712/17, EU:C:2019:374, Rn. 26), in Verbindung mit meinen Schlussanträgen in der Rechtssache EN.SA. (C‑712/17, EU:C:2019:35, Nrn. 30 ff.). Darauf Bezug nehmend Urteil vom 18. März 2021, P (Tankkarten) (C‑48/20, EU:C:2021:215, Rn. 30). Zuvor Urteil vom 15. Oktober 2002, Kommission/Deutschland (C‑427/98, EU:C:2002:581, Rn. 41). Ähnlich Urteil vom 29. September 2022, Raiffeisen Leasing (C‑235/21, EU:C:2022:739, Rn. 35).
14 Urteil vom 8. Dezember 2022, Finanzamt Österreich (Endverbrauchern fälschlicherweise in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer) (C‑378/21, EU:C:2022:968, Rn. 24 und 25). Ähnlich bereits Urteil vom 11. April 2013, Rusedespred (C‑138/12, EU:C:2013:233, Rn. 24 und 32 ff. – für den Fall, dass die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug bereits endgültig versagen konnte).
15 Urteil vom 8. Dezember 2022, Finanzamt Österreich (Endverbrauchern fälschlicherweise in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer) (C‑378/21, EU:C:2022:968, Rn. 25).
16 Urteil vom 31. Januar 2013, Stroy trans (C‑642/11, EU:C:2013:54, Rn. 34). In ähnliche Richtung geht das Urteil vom 2. Juli 2020, Terracult (C‑835/18, EU:C:2020:520, Rn. 37).
17 So ausdrücklich Urteile vom 18. März 2021, P (Tankkarten) (C‑48/20, EU:C:2021:215, Rn. 30), vom 15. März 2007, Reemtsma Cigarettenfabriken (C‑35/05, EU:C:2007:167, Rn. 38), und vom 19. September 2000, Schmeink & Cofreth und Strobel (C‑454/98, EU:C:2000:469, Rn. 48).
18 Urteile vom 18. Juni 2009, Stadeco (C‑566/07, EU:C:2009:380, Rn. 35), vom 6. November 2003, Karageorgou u. a. (C‑78/02 bis C‑80/02, EU:C:2003:604, Rn. 49), vom 19. September 2000, Schmeink & Cofreth und Strobel (C‑454/98, EU:C:2000:469, Rn. 49), und vom 13. Dezember 1989, Genius (C‑342/87, EU:C:1989:635, Rn. 18).
19 Urteile vom 18. März 2021, P (Tankkarten) (C‑48/20, EU:C:2021:215, Rn. 31), vom 2. Juli 2020, Terracult (C‑835/18, EU:C:2020:520, Rn. 27), vom 8. Mai 2019, EN.SA. (C‑712/17, EU:C:2019:374, Rn. 33), vom 31. Januar 2013, Stroy trans (C‑642/11, EU:C:2013:54, Rn. 33), vom 18. Juni 2009, Stadeco (C‑566/07, EU:C:2009:380, Rn. 36), und vom 13. Dezember 1989, Genius (C‑342/87, EU:C:1989:635, Rn. 18).
20 Urteil vom 2. Juli 2020, Terracult (C‑835/18, EU:C:2020:520, Rn. 28), vom 8. Mai 2019, EN.SA. (C‑712/17, EU:C:2019:374, Rn. 33), vom 31. Januar 2013, LVK (C‑643/11, EU:C:2013:55, Rn. 37), vom 18. Juni 2009, Stadeco (C‑566/07, EU:C:2009:380, Rn. 37), vom 6. November 2003, Karageorgou u. a. (C‑78/02 bis C‑80/02, EU:C:2003:604, Rn. 50), und vom 19. September 2000, Schmeink & Cofreth und Strobel (C‑454/98, EU:C:2000:469, Rn. 58).
21 Vgl. Urteil vom 11. April 2013, Rusedespred (C‑138/12, EU:C:2013:233, Rn. 24 – Versagung durch Finanzverwaltung). In diese Richtung geht auch schon Urteil vom 6. November 2003, Karageorgou u. a. (C‑78/02 bis C‑80/02, EU:C:2003:604, Rn. 52 – Betrag, der keine Mehrwertsteuer sein kann, beinhalte keine Gefährdung des Steueraufkommens).
22 Urteil vom 18. Juni 2009, Stadeco (C‑566/07, EU:C:2009:380, Rn. 39), vgl. entsprechend Urteil vom 19. September 2000, Schmeink & Cofreth und Strobel (C‑454/98, EU:C:2000:469, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).
23 Urteile vom 18. März 2021, P (Tankkarten) (C‑48/20, EU:C:2021:215, Rn. 31), vom 2. Juli 2020, Terracult (C‑835/18, EU:C:2020:520, Rn. 27), vom 8. Mai 2019, EN.SA. (C‑712/17, EU:C:2019:374, Rn. 33), vom 31. Januar 2013, Stroy trans (C‑642/11, EU:C:2013:54, Rn. 33), vom 18. Juni 2009, Stadeco (C‑566/07, EU:C:2009:380, Rn. 36), und vom 13. Dezember 1989, Genius (C‑342/87, EU:C:1989:635, Rn. 18).
24 Vgl. Urteile vom 24. November 2022, Finanzamt M (Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug) (C‑596/21, EU:C:2022:921, Rn. 25), vom 11. November 2021, Ferimet (C‑281/20, EU:C:2021:910, Rn. 46 und 47), vom 20. Juni 2018, Enteco Baltic (C‑108/17, EU:C:2018:473, Rn. 94), vom 22. Oktober 2015, PPUH Stehcemp (C‑277/14, EU:C:2015:719, Rn. 48), vom 13. Februar 2014, Maks Pen (C‑18/13, EU:C:2014:69, Rn. 27), vom 6. September 2012, Mecsek-Gabona (C‑273/11, EU:C:2012:547, Rn. 54), vom 6. Dezember 2012, Bonik (C‑285/11, EU:C:2012:774, Rn. 39), und vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling (C‑439/04 und C‑440/04, EU:C:2006:446, Rn. 56).
25 Urteile vom 24. November 2022, Finanzamt M (Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug) (C‑596/21, EU:C:2022:921, Rn. 25), und vom 11. November 2021, Ferimet (C‑281/20, EU:C:2021:910, Rn. 46 und 47 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
26 Urteile vom 24. November 2022, Finanzamt M (Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug) (C‑596/21, EU:C:2022:921, Rn. 24), und vom 11. November 2021, Ferimet (C‑281/20, EU:C:2021:910, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).
27 Urteil vom 24. November 2022, Finanzamt M (Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug) (C‑596/21, EU:C:2022:921, Rn. 20 und 29).
28 Dies zeigen die nicht enden wollenden Vorabentscheidungsersuchen zu dem Themenkomplex – vgl. nur zuletzt Urteile vom 24. November 2022, Finanzamt M (Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug) (C‑596/21, EU:C:2022:921), vom 15. September 2022, HA.EN. (C‑227/21, EU:C:2022:687), und vom 11. November 2021, Ferimet (C‑281/20, EU:C:2021:910).
29 So ausdrücklich Urteil, vom 19. September 2000, Schmeink & Cofreth und Strobel (C‑454/98, EU:C:2000:469, Rn. 61).
30 Den scheint der Gerichtshof im Rahmen seiner Betrugsbekämpfungsrechtsprechung wohl in der bestehenden Umsatzkette und der Geltendmachung eines „Vorteils“ im Rahmen dieser Umsatzkette zu verorten.
31 Urteile vom 18. März 2021, P (Tankkarten) (C‑48/20, EU:C:2021:215, Rn. 31), vom 2. Juli 2020, Terracult (C‑835/18, EU:C:2020:520, Rn. 27), vom 8. Mai 2019, EN.SA. (C‑712/17, EU:C:2019:374, Rn. 33), vom 31. Januar 2013, Stroy trans (C‑642/11, EU:C:2013:54, Rn. 33), vom 18. Juni 2009, Stadeco (C‑566/07, EU:C:2009:380, Rn. 36), und vom 13. Dezember 1989, Genius (C‑342/87, EU:C:1989:635, Rn. 18).
32 Urteil vom 27. Februar 2014, van der Ham und van der Ham-Reijersen van Buuren (C‑396/12, EU:C:2014:98, Rn. 53). Vgl. dazu auch meine Schlussanträge in der Rechtssache van der Ham und van der Ham-Reijersen van Buuren (C‑396/12, EU:C:2013:698, Nrn. 73 ff.).
33 Urteile vom 20. Oktober 1993, Balocchi (C‑10/92, EU:C:1993:846, Rn. 25), und vom 21. Februar 2008, Netto Supermarkt (C‑271/06, EU:C:2008:105, Rn. 21).
34 Urteil vom 24. Juni 2019, Kommission/Polen (Unabhängigkeit des Obersten Gerichts) (C‑619/18, EU:C:2019:531, Rn. 42 und 43).
35 Siehe meine Schlussanträge in der Rechtssache van der Ham und van der Ham-Reijersen van Buuren (C‑396/12, EU:C:2013:698, Nr. 76).