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Steuerrecht
01.09.2011
Steuerrecht
FG Köln: Ordnungsgemäßer Vorsteuervergütungsantrag

FG Köln, Urteil vom 24.2.2011 - 2 K 4627/06

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Vorsteuervergütung für den Zeitraum Juni bis Oktober 2004 hat.

Die Klägerin ist in Indien ansässig. ... Neben anderen Tätigkeiten richtet die Klägerin weltweit Messen und Ausstellungen aus.

Am 24. Juni 2005 stellte sie beim Bundesamt für Finanzen - BfF - (seit 01. Januar 2006 Bundeszentralamt für Steuern - BZSt -) nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - i.V.m. §§ 59 ff. der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung - UStDV - einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Juni bis Oktober 2004 i.H.v. 18.893,65 €. Bei der Antragstelllung wurde die Klägerin durch einen Bevollmächtigten, die B INC. (im Folgenden: B) vertreten. Der Vergütungsantrag war durch Herrn A, Generaldirektor der B, unterzeichnet worden. Der Abschnitt 9 Buchst. a) und b) des Vergütungsantrags war nicht ausgefüllt. Der Antrag enthielt damit weder eine Erklärung dazu, ob die maßgeblichen Lieferungen oder Leistungen für Zwecke des Unternehmens der Klägerin verwendet worden sind, noch eine Erklärung zu etwaigen umsatzsteuerrechtlich relevanten Tätigkeiten des Unternehmens der Klägerin.

Durch Bescheid vom 26. August 2005 lehnte das BfF die beantragte Vergütung ab. Zur Begründung verwies das BfF darauf, dass der Vergütungsantrag nicht eigenhändig vom Unternehmer unterschrieben worden sei. Außerdem seien zu Ziffer 9 Buchst. b) des Vergütungsantrages keine Angaben gemacht worden. Im Adressfeld des Bescheides war die indische Adresse der Klägerin in C angegeben. Die am 28. Juli 2005 unterschriebene Abschlussverfügung des BfF enthält in der Zeile "zur Post gegeben am" keine Eintragung.

Gegen den Ablehnungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 17. Januar 2006 (Eingang beim Beklagten am 23. Januar 2006) Einspruch ein. Dem Schreiben war ein neues Antragsformular beigefügt, das jetzt den Firmenstempel der Klägerin trug. Nach dem in englischer Sprache verfassten Begleitschreiben vom 17. Januar 2006 soll dieses Antragsformular von der Klägerin ordnungsgemäß unterzeichnet worden sein. Der Abschnitt 9 Buchst. a) und b) dieses Vergütungsantrags war wiederum nicht ausgefüllt.

Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos. Durch Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 2006 verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig.

Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte vor:

Der Einspruch sei nicht verfristet eingelegt worden. Der Bescheid vom 26. August 2005 habe die B als ihre Vertreterin frühestens am 28. Dezember 2005, wahrscheinlich jedoch später erreicht. Durch diesen tatsächlichen späteren Zugang sei die vom Beklagten behauptete Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung - AO - widerlegt. Darüber hinaus hätten die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgelegen. Bei ihr, der Klägerin, handele es sich um ein ausländisches Unternehmen, das weder der deutschen Sprache mächtig noch in den deutschen Steuervorschriften bewandert sei.

In materieller Hinsicht sei ein Vergütungsantrag im Gegensatz zu der vom Beklagten vertretenen Auffassung nicht eigenhändig zu unterschreiben. Weder in der Achten Richtline des Rates vom 6. Dezember 1979 (79/1072/EWG, ABl.EG Nr. L 331/1979, 11, im Folgenden: Achte Richtlinie) noch in der Dreizehnten Richtlinie des Rates vom 17. November 1986 (86/ 560/EWG, ABl.EG Nr. L 326/1986, 40, im Folgenden: Dreizehnte Richtlinie) sei eine Aussage dahingehend getroffen, dass bei der Antragstellung eine Stellvertretung nicht zulässig sei. Außerdem müssten bei der Interpretation der Richtlinien formale Kriterien gegenüber der inhaltlichen Richtigkeit des Resultats zurücktreten. Weiterhin handele es sich bei einem Vorsteuervergütungsantrag nicht um eine Steuererklärung i.S. der §§ 149 ff. AO. Eine Stellvertretung sei daher nach § 80 AO zulässig. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift in § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG setze das EU-Recht nicht in zutreffender Weise um. Mit der Unterschrift des Generaldirektors der Bevollmächtigten der Klägerin sei also der Antrag auf Vorsteuervergütung wirksam gestellt worden.

Die fehlende Angabe zu Ziffer 9 Buchst. b) des Antragsformulars sei für die Ablehnung des Vorsteuervergütungsantrags offenbar nicht ausschlaggebend gewesen. Denn im zweiten Satz des im Ablehnungsbescheid verwendeten Textbausteins sei die Rede davon, dass bei künftigen Anträgen auf Vollständigkeit geachtet werden müsse. Der dann folgende dritte Satz beziehe sich von seinem Sinngehalt und seiner Stellung im Absatzaufbau nur auf künftige Anträge. Auch aus einem Schreiben des Beklagten vom 22. März 2007 ergebe sich, dass "bei künftigen Anträgen auf die Vollständigkeit der Angaben im Antragsvordruck" zu achten sei. Sonst könne "den künftigen Anträgen nicht zugestimmt werden". Außerdem habe sie, die Klägerin, auf Rückfrage gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten bestätigt, dass die Erklärungen nach Abschnitt 9 Buchst. a) und b) in der Variante "ausschließlich Leistungen nach § 13 b UStG" abgegeben würden. Dies sei durch den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 6. Dezember 2010 auch geschehen.

Der Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 26. August 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 2006 den Beklagten zu verpflichten, die Vorsteuervergütung für den Zeitraum Juni bis Oktober 2004 i.H.v. 18.893,65 € festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen die folgenden Gesichtspunkte vor:

Der Einspruch sei von der Klägerin verspätet eingelegt worden. Der Ablehnungsbescheid vom 26. August 2005 sei per einfachen Brief an den Zustellungsvertreter B in den USA zur Post aufgegeben worden. Der Bescheid gelte daher am Montag, den 26. September 2005 als bekannt gegeben.

Die Klägerin habe keine außergewöhnlichen Umstände geltend gemacht, die an der Bekanntgabefiktion Zweifel aufkommen ließen. Außerdem sei der Postweg von Deutschland in die USA derart organisiert, dass die Zeit von einem Monat als Bekanntgabezeit genüge. Die Ausführungen der Klägerin im Klageverfahren änderten an diesem Umstand nichts. Denn der Ablehnungsbescheid sei nicht an die Klägerin nach Indien, sondern vielmehr an den Zustellvertreter in den USA bekannt gegeben worden.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist sei der Klägerin auch nicht zu gewähren.

In materieller Hinsicht sei zu berücksichtigen, dass der innerhalb der Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG eingereichte Vergütungsantrag nicht eigenhändig unterschrieben gewesen sei. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 3. Dezember 2009 in der Rechtssache C-433/08 gelte nur für Unternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet ansässig seien und für die die Achte Richtlinie einschlägig sei. Die Klägerin sei aber außerhalb der Europäischen Gemeinschaft ansässig. Damit sei nach § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG aber weiterhin die eigenhändige Unterschrift des Antragstellers bzw. dessen gesetzlichen Vertreters erforderlich.

Außerdem habe die Klägerin in Abschnitt 9 Buchst. a) und b) des Vergütungsantrags keine Angaben gemacht. Ohne Zeichnung des Abschnitts 9 Buchst. a) und b) sei die Antragstellung jedoch unwirksam. Das von der Klägerin bezeichnete Schreiben vom 22. März 2007 habe hierauf keine Auswirkungen. Dieses Schreiben habe er, der Beklagte, an einen anderen Antragsteller gerichtet, weshalb es den Streitfall nicht betreffe. Auch aus dem im Bescheid vom 26. August 2005 genannten Ablehnungsgrund mit der Ziffer "293" könne nicht hergeleitet werden, dass der Vergütungsantrag insoweit von ihm, dem Beklagten, als wirksam betrachtet werde. Denn dieser Antrag sei bereits wegen der fehlenden eigenhändigen Unterschrift als unwirksam bewertet worden, so dass es auf eine weitere Feststellung der Unwirksamkeit infolge des nicht ausgefüllten Abschnitts 9 Buchst. b) letztlich nicht angekommen sei.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

I. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 26. August 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Beklagte hat die von der Klägerin beantragte Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV in der jeweils für den Vergütungszeitraum 2004 geltenden Fassung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Der erkennende Senat kann dabei zum einen offen lassen, ob die vom Beklagten vertretene Rechtsansicht, der Ablehnungsbescheid vom 26. August 2005 sei wegen Versäumung der Einspruchsfrist (§ 355 AO) materiell bestandskräftig geworden, zutreffend ist. Zum anderen kann auch unentschieden bleiben, ob der innerhalb der Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 2004 am 24. Juni 2005 beim Beklagten eingereichte Vergütungsantrag wegen fehlender eigenhändiger Unterschrift der Klägerin unwirksam war. Denn jedenfalls hat die Klägerin innerhalb der Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 2004 aus anderen Gründen keinen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag gestellt (vgl. unter 1.) und ihr ist insoweit auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. unter 2.).

1. Die Klägerin kann die beantragte Vergütung von Vorsteuerbeträgen nicht beanspruchen, da sie den Vergütungsantrag für den Vergütungszeitraum Juni bis Oktober 2004 nicht wirksam binnen der Frist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 2004 gestellt hat.

a) Nach dieser Vorschrift ist der Vergütungsantrag binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Bei dieser Sechs-Monats-Frist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999, V R 76/98, BStBl II 2000, 214; Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 18 UStG Rz. 881.2 m.w.N.).

b) Der von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch aus den in der Anlage zum Vergütungsantrag aufgeführten Rechnungen ist nach dem Vortrag der Klägerin im Jahr 2004 entstanden. Der Vergütungsantrag war daher bis Ende Juni 2005 zu stellen.

c) Die Klägerin hat diese Frist versäumt. Ihr Vergütungsantrag vom 21. Juni 2005, der am 24. Juni 2005 beim Beklagten einging, ist unwirksam, da die Klägerin nicht alle für einen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag erforderlichen Erklärungen abgegeben hat. Insoweit fehlen die notwendigen Angaben der Klägerin in Abschnitt 9 Buchst. a) und b) des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks.

aa) Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 des UStG 2004 kann zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG 2004) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG 2004, in einem besonderen Verfahren regeln.

bb) Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. der UStDV 2004 Gebrauch gemacht. Dabei bestimmt u.a. § 61 Abs. 1 UStDV 2004, dass der Unternehmer die Vergütung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Bundesamt für Finanzen oder bei dem nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 des Finanzverwaltungsgesetzes zuständigen Finanzamt zu beantragen hat.

(1) Ein Antrag auf Vergütung der Vorsteuerbeträge, der nicht alle Angaben und Erklärungen enthält, die nach dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck erforderlich sind, ist unwirksam. Dies gilt insbesondere für die in Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks geforderte Erklärung, dass die aufgeführten Gegenstände und sonstigen Leistungen für Zwecke des Unternehmens verwendet worden sind, sowie für die nach Abschnitt 9 Buchst. b) des Vordrucks notwendige Erklärung zu etwaigen umsatzsteuerrechtlich relevanten Tätigkeiten des Unternehmers (so im Ergebnis auch BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, BFHE 190, 239, BStBl II 2000, 214 zu einem Vorsteuervergütungsantrag, der entgegen dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck nicht die nach Abschnitt 9 Buchst. c) erforderliche Verpflichtungserklärung des Unternehmers enthielt, jeden unrechtmäßig empfangenen Betrag zurückzuzahlen). Durch diese inhaltlichen Anforderungen an den Vergütungsantrag wird sichergestellt, dass der innerhalb der Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 2004 abzugebende Antrag alle Angaben enthält, die die Finanzverwaltung im Regelfall als entscheidungserheblich ansieht. Ein Vergütungsantrag, der innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist nicht nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck gestellt worden ist bzw. in dem nicht alle vorgesehenen entscheidungserheblichen Angaben und Erklärungen abgegeben worden sind, ist daher abzuweisen (s.a. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, a.a.O., m.w.N.).

(2) Die in Abschnitt 9 Buchst. a) und b) des Vordrucks geforderten Erklärungen des Antragstellers sind für die Entscheidung über die beantragte Vorsteuervergütung erheblich.

Die Vergütung von Vorsteuerbeträgen nach § 18 Abs. 9 UStG 2004 i.V.m. §§ 59 ff. UStDV 2004 setzt u.a. zum einen voraus, dass die geltend gemachten Vorsteuerbeträge gemäß § 15 UStG 2004 abziehbar sind. Denn diese Vorschriften sehen für im Ausland ansässige Unternehmer abweichend von den für die im Inland ansässigen Unternehmer geltenden §§ 16, 18 Abs. 1 bis 4 UStG 2004 "lediglich" ein besonderes Vergütungsverfahren vor; sie lassen aber die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs unberührt (vgl. BFH-Urteil vom 18. Januar 2007 V R 22/05 BFHE 217, 24, BStBl II 2007, 426 m.w.N.). Deshalb muss der die Vergütung begehrende Steuerpflichtige darlegen und im Zweifelsfall auch nachweisen, dass die fraglichen Lieferungen und sonstigen Leistungen von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 2004). Diesem Darlegungszweck dient die vom Antragsteller der Vorsteuervergütung abzugebende Erklärung in Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks.

Zum anderen ist das besondere Vorsteuer-Vergütungsverfahren gemäß § 59 UStDV 2004 nur dann durchzuführen, wenn der Unternehmer im Vergütungszeitraum

1.         im Inland keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 des Gesetzes oder nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 3 des Gesetzes ausgeführt hat,

2.         nur Umsätze ausgeführt hat, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (§ 13b des Gesetzes) oder die der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5 und § 18 Abs. 5 des Gesetzes) unterlegen haben, oder

3.         im Inland nur innergemeinschaftliche Erwerbe und daran anschließende Lieferungen im Sinne des § 25b des Gesetzes ausgeführt hat.

Für die Entscheidung über eine geltend gemachte Vorsteuervergütung sind damit auch die in Abschnitt 9 Buchst. b) des Vordrucks geforderten Erklärungen des Antragstellers zum Vorliegen dieser Voraussetzungen für das besondere Vorsteuer-Vergütungsverfahren entscheidungserheblich.

cc) Diese Auslegung ist auch gemeinschaftsrechtlich geboten (vgl. zur richtlinienkonformen Auslegung der nationalen Vorschriften über das Vorsteuer-Vergütungsverfahren: BFH-Urteile vom 22. Mai 2003 V R 97/01, BFHE 203, 193, BStBl II 2003, 819; vom 22. Oktober 2003 V R 95/01, BFH/NV 2004, 828; vom 23. Oktober 2003 V R 48/01, BFHE 203, 531, BStBl II 2004, 196; vom 10. Februar 2005 V R 56/03, HFR 2005, 1208 und vom 18. Januar 2007 V R 23/05, BFHE 217, 32, BStBl II 2007, 430).

(1) Um die Erstattung zu erhalten muss ein Steuerpflichtiger gemäß Art. 3 Buchst. c) der Achten Richtlinie, der im Inland keine Gegenstände liefert oder Dienstleistungen erbringt, schriftlich erklären, dass er während des in Art. 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Sätze 1 und 2 bezeichneten Zeitraums (Vergütungszeitraum) im Inland keine Gegenstände geliefert und keine Dienstleistungen erbracht hat.

(2) Nach Art. 4 Buchst. b) der Achten Richtline muss ein Steuerpflichtiger, der im Vergütungszeitraum im Inland nur die in Art. 1 Buchst. a) und b) bezeichneten Umsätze bewirkt und sonst keine Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht hat, schriftlich erklären, dass er im Vergütungszeitraum nur die in Art. 1 Buchst. a) und b) bezeichneten Dienstleistungen erbracht hat.

(3) Auch das der Achten Richtline im Anhang A beigefügte Muster eines Vergütungsantrags enthält in Abschnitt 9 Buchst. a) und b) die im deutschen Vordruck enthaltenen Erklärungen des Antragstellers.

(4) Dies spricht insgesamt dafür, dass die Mitgliedsstaaten gemeinschaftsrechtlich verpflichtet sind, die Erstattung der geltend gemachten Vorsteuerbeträge vom Vorliegen der entsprechenden Erklärungen des Antragstellers abhängig zu machen (s.a. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, a.a.O., m.w.N. zu der nach Abschnitt 9 Buchst. c) erforderlichen Verpflichtungserklärung).

(5) Allerdings gilt die Achte Richtlinie nur für die Erstattung von Vorsteuern an im Gemeinschaftsbiet ansässige Steuerpflichtige. Auf die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen findet die Dreizehnte Richtlinie Anwendung. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Dreizehnten Richtlinie erfolgt die Erstattung der Mehrwertsteuer aber auch hier auf Antrag des Steuerpflichtigen. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Dreizehnten Richtlinie bestimmten die Mitgliedstaaten die Modalitäten für die Antragstellung einschließlich der Antragsfristen, des Zeitraums, auf den der Antrag sich beziehen muss, der für die Einreichung zuständigen Behörden und der Mindestbeträge, für die die Erstattung beantragt werden kann. Die Erstattung darf dabei nach Art. 3 Abs. 2 der Dreizehnten Richtlinie nicht zu günstigeren Bedingungen erfolgen als für in der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige.

Demnach sind die Mitgliedstaaten auch bei in Drittstaaten ansässigen Steuerpflichtigen verpflichtet, die Erstattung der Vorsteuerbeträge vom Vorliegen der entsprechenden Erklärungen des Antragstellers abhängig zu machen (s.a. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, a.a.O., m.w.N. zur nach Abschnitt 9 Buchst. c) erforderlichen Verpflichtungserklärung).

dd) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist es nicht entscheidungserheblich, dass die fehlenden Erklärungen in Abschnitt 9 Buchst. a) und b) ihres Vergütungsantrages für die Ablehnung des Antrages durch den Beklagten nicht ausschlaggebend waren. Denn unabhängig von der auf Seite 2 des Ablehnungsbescheids vom 26. August 2005 unter Tz. "293" vom Beklagten gegebenen, möglicherweise missverständlichen Begründung seiner Entscheidung kommt es insoweit nur auf die objektive Sachlage, d.h. die Unwirksamkeit des Vergütungsantrags vom 21. Juni 2005 an.

ee) Der Einwand der Klägerin, dass ihr im Hinblick auf die fehlenden Erklärungen in Abschnitt 9 Buchst. a) und b) ihres Vergütungsantrages Vertrauensschutz zu gewähren sei, greift ebenfalls nicht durch. Die Klägerin hat insoweit keinen Vertrauenstatbestand dargelegt, der im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung im Juni 2005 die Schlussfolgerung gerechtfertigt hätte, der Beklagte werde ihren Vergütungsantrag auch ohne die erforderlichen Angaben in Abschnitt 9 Buchst. a) und b) als ordnungsgemäß ansehen. Das von der Klägerin in diesem Zusammenhang genannte Schreiben vom 22. März 2007 (vgl. Kopie in der Gerichtsakte, S. 113 f.) war zum einen nicht an die Klägerin, sondern an einen anderen Antragsteller gerichtet. Zum anderen erging dieses Schreiben lange nach der im vorliegenden Fall streitigen Antragstellung. Das Schreiben des Beklagten vom 22. März 2007 stellt daher keinen Umstand dar, auf den die Klägerin bei ihrer Antragstellung hätte vertrauen können.

2. Der Klägerin ist im Hinblick auf die versäumte Ausschlussfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 2004 auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO zu gewähren.

a) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Satz 3 AO). Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 110 Abs. 2 Satz 4 AO). Nach einem Jahr seit Ende der versäumten Handlung kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 110 Abs. 3 AO).

b) Im Streitfall steht einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jedenfalls der Ablauf der Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO entgegen. Denn die Klägerin hat bis zum Ablauf der Jahresfrist am 30. Juni 2006 keinen wirksamen Vergütungsantrag beim Beklagten eingereicht. Auch der Vergütungsantrag vom 17. Januar 2006 enthielt nicht die in Abschnitt 9 Buchst. a) und b) geforderten Erklärungen der Klägerin. Erstmals mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 6. Dezember 2010 gab die Klägerin die Erklärung ab, dass sie "ausschließlich Leistungen nach § 13b UStG" erbracht habe.

aa) Diese Erklärung vom 6. Dezember 2010 erfolgte jedoch zum einen deutlich nach Ablauf der Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO. Die Klägerin hat insoweit auch keine entscheidungserheblichen Gründe vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sie infolge höherer Gewalt an der rechtzeitigen Abgabe der Erklärungen nach Abschnitt 9 Buchst. a) und b) des Vordruckformulars gehindert war. Der in der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2011 von ihrem Prozessbevollmächtigten vorgetragene Gesichtspunkt der "langen Bearbeitungsdauer" beim Beklagten allein reicht zur Annahme einer durch höhere Gewalt verursachten Verhinderung an der Abgabe der erforderlichen Erklärungen jedenfalls nicht aus (vgl. insoweit auch das Urteil des erkennenden Senats vom 9. November 2010 2 K 2047/08, Juris).

bb) Zum anderen enthält der genannte Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 6. Dezember 2010 wiederum keine Erklärung der Klägerin entsprechend Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordruckformulars.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.

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