FG Köln: Offenbare Unrichtigkeit bei unterbliebener Hinzurechnung der Gewerbesteuer als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe
FG Köln, Urteil vom 27.9.2018 – 11 K 2086/16
ECLI:DE:FGK:2018:0927.11K2086.16.00
Volltext BB-Online BBL2019-854-3
Nicht Amtlicher Leitsatz
Hat die Finanzverwaltung einen nicht bloß theoretisch denkbaren Rechtsanwendungsfehler des Steuerpflichtigen bzw. seines steuerlichen Beraters übernommen, stellt die Übernahme eines solchen Rechtsanwendungsfehlers die Anwendung des § 129 AO aus, da ein Rechtsanwendungsfehler auf der Ebene des Steuerpflichtigen durch die Übernahme im Rahmen der Veranlagungsarbeiten nicht zu einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO werden kann.
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte eine Korrektur des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2010 nach § 129 AO vornehmen durfte.
Die steuerlich beratene Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und besteht aus drei Gesellschaftern. Sie betrieb im Besteuerungszeitraum 2010 einen gewerblichen Grundstückshandel und erzielte daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Im Rahmen ihrer am 24.7.2012 beim Beklagten eingereichten Feststellungserklärung wies die Klägerin in der Anlage FE 1 in Kennziffer 100 laufende Einkünfte in Höhe von 270.475,47 Euro aus. Darüber hinaus gab sie in Kennziffer 158 den Gewerbesteuermessbetrag mit 8.974 Euro und in Kennziffer 212 die für das Jahr 2010 tatsächlich zu zahlende und auf den Messbetrag laut Kennziffer 158 entfallende Gewerbesteuer mit 40.383 Euro an. Für nähere Einzelheiten wird auf die in der Steuerakte des Beklagten befindliche Feststellungserklärung Bezug genommen.
In der ebenfalls eingereichten Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2010 wurde der Jahresüberschuss mit 270.475,47 Euro ausgewiesen. Bei der Ermittlung dieses Jahresüberschusses wurden vom Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in Höhe von 315.470,45 Euro die Gewerbesteuer mit 40.383 Euro sowie sonstige Steuern (Grundsteuer) mit 4.611,98 Euro abgezogen, so dass sich der Jahresüberschuss von 270.475,47 Euro ergab. Für nähere Einzelheiten wird auf die in der Steuerakte des Beklagten befindliche Gewinn- und Verlustrechnung Bezug genommen.
Im Rahmen der ebenfalls am 24.7.2012 beim Beklagten eingereichten Gewerbesteuererklärung wurde der Gewerbeertrag mit 310.858 Euro in Kennziffer 10 eingetragen. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Steuerakten des Beklagten befindliche Gewerbesteuererklärung Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 6.9.2012 stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß in Höhe von 270.475,47 Euro gesondert und einheitlich fest und verteilte sie entsprechend dem Aufteilungsschlüssel auf die einzelnen Beteiligten der Klägerin. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde ebenfalls erklärungsgemäß festgesetzt, wobei der Gewinn aus Gewerbebetrieb in diesem Zusammenhang mit 310.858 Euro zugrunde gelegt wurde.
Die Bescheide ergingen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und wurden bestandskräftig.
Im Rahmen einer internen Prüfung stellte der Beklagte in der Folgezeit fest, dass der Gewinn im Feststellungsbescheid 2010 um 40.383 Euro zu niedrig angesetzt wurde, weil die erforderliche Zurechnung der Gewerbesteuer als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe unterblieben war.
Vor diesem Hintergrund erließ der Beklagte mit Datum vom 5.11.2015 einen auf § 129 AO gestützten Änderungsbescheid, in dem er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 310.858,47 Euro ansetzte und auf die Beteiligten verteilte. Für nähere Einzelheiten wird auf den Steuerbescheid vom 5.11.2015 Bezug genommen.
Die Klägerin legte hiergegen mit Schreiben vom 20.11.2015 Einspruch ein und trug zur Begründung vor, dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO nicht gegeben seien.
In der Rechtsbehelfsakte des Beklagten befindet sich ein am 25.11.2015 erstellter Ausdruck einer Bildschirmdarstellung (Hardcopy), aus dem sich der Wortlaut einer Hinweismitteilung für den Zeitraum 2010 in der Rubrik „Feststellung von Einkünften“ mit der Bezeichnung „A“ und dem Text „Es liegt eine Differenz zwischen dem bei der Feststellung berücksichtigten laufenden Gewinn und dem gewerbesteuerlichen Gewinn vor. Die Differenz beträgt §§§§§§§§§§ EUR“ ergibt. Betragsmäßige Angaben enthält der Text nicht. Ein solcher Hinweis befindet sich in den Veranlagungsakten des Beklagten nicht. Für nähere Einzelheiten wird auf den Ausdruck Bezug genommen.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 4.7.2016 zurück und trug zur Begründung vor, dass die Berichtigung des Ursprungsbescheids nach § 129 AO habe erfolgen dürfen. Es sei für jeden offen erkennbar, dass der in der Feststellungserklärung angegebene Gewinn in Höhe von 270.475,47 Euro von dem in der Gewerbesteuererklärung angesetzten Gewinn in Höhe von 310.858 Euro abweiche. Zudem sei auch aus der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2010 offen erkennbar, dass die zwischen diesen beiden Beträgen bestehende Differenz in Höhe von 40.383 Euro „ausschließlich“ auf der Nichthinzurechnung der nicht als Betriebsausgaben abzugsfähigen Gewerbesteuer bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns beruhe. Ein unbeteiligter Dritter ohne steuerrechtliche Kenntnisse werde bei einer Einsichtnahme in die Gewinnermittlung sofort auf den Differenzbetrag „Gewerbesteuer“ stoßen.
Die offensichtliche Erkennbarkeit dieses fehlerhaften Ansatzes werde noch intensiviert durch einen im Rahmen der Prüfung der Feststellungserklärung vor der Freigabe des Bescheids vom Rechnerprogramm ausgegebenen Prüfhinweis. Dieser – sich unstreitig nicht in den Veranlagungsakten des Beklagten befindliche – Hinweis habe wie folgt gelautet: „Es liegt eine Differenz zwischen dem bei der Feststellung berücksichtigten laufenden Gewinn und dem gewerbesteuerlichen Gewinn vor. Die Differenz beträgt 40.383 Euro“. Dieser Hinweis sei vom Bearbeiter erkennbar ohne Beachtung geblieben. Der Bearbeiter habe vielmehr die in der Steuererklärung angegebenen Daten ungeprüft übernommen und die Freigabe veranlasst. Wäre der Hinweis überprüft worden, so wäre die Unrichtigkeit des erklärten Gewinns in der Feststellungserklärung aufgefallen. Dieser Fehler stehe einem mechanischen Versehen gleich, so dass eine Änderung nach § 129 AO erfolgen dürfe. Die Annahme eines Rechtsirrtums derart, dass der Bearbeiter bewusst die Entscheidung getroffen habe, die lediglich bis zum 31.12.2007 geltende Rechtslage auch zum Zeitpunkt der Bearbeitung der Feststellungserklärung im August 2012 anzuwenden, scheide bereits deshalb aus, weil die steuerrechtliche Behandlung der Gewerbesteuer als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 5 Buchst. b EStG bereits seit dem 1.1.2008 maßgeblich sei und kein Anlass zu der Annahme bestehe, dass diese Behandlung dem Bearbeiter bei der Bearbeitung der Feststellungserklärung im August 2012 nicht bekannt gewesen sei. Ohne eine entsprechende Kenntlichmachung in den Akten könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Bearbeiter die Hinzurechnung der nichtabzugsfähigen Gewerbesteuer bewusst außer Betracht habe lassen wollen. Bleibe ein Prüfhinweis unbeachtet, so werde dadurch lediglich der Eingabefehler des Bearbeiters verfestigt. Für nähere Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 4.7.2016 Bezug genommen.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren weiter und macht geltend, dass eine Änderung des ursprünglichen Feststellungsbescheids nicht habe erfolgen dürfen. Es habe sich bei dem Ansatz des Jahresüberschusses in der Feststellungserklärung nach Abzug der Gewerbesteuerzahlung anstelle des um die Gewerbesteuerzahlung erhöhten Ergebnisses nicht um einen rein mechanischen Fehler des Bevollmächtigten der Klägerin gehandelt. Dass die Hinzurechnung der Gewerbesteuer in der Gewerbesteuererklärung erfolgt sei, liege alleine an der softwaretechnischen Übernahme des Jahresergebnisses sowie aller gewerbesteuerlichen Kürzungen und der Zurechnungen bei der automatischen Programmverbindung des vom steuerlichen Berater genutzten DATEV-Jahresabschlussprogramms zur Gewerbesteuer. Durch diese Programmverbindung werde für die Gewerbesteuer automatisch aus den bei der Erstellung des Jahresabschlusses insgesamt eingegebenen Parametern der steuerliche Gewinn ermittelt und in die entsprechende Kennziffer eingetragen. Eine manuelle Ermittlung des Gewinns sei bei der Gewerbesteuer daher nicht erforderlich und finde nicht statt. Eine solche Programmverbindung existiere zu dem Programm „einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung“ nicht, so dass dort eine gesonderte manuelle Ermittlung des steuerlichen Gewinns aus dem Jahresüberschuss – mit der manuellen Hinzurechnung aller nichtabziehbaren Betriebsausgaben und dem manuellen Abzug der nichtsteuerpflichtigen Erträge – zu erfolgen habe, da verschiedene Positionen bei der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer unterschiedlich behandelt würden. Insofern liege kein einfacher Rechen- oder Übertragungsfehler vor, da von der beim steuerlichen Berater zuständigen Sachbearbeiterin rechtsfehlerhaft nicht erkannt worden sei, dass überhaupt eine Hinzurechnung habe vorgenommen werden müssen. Bei der Erstellung der Feststellungserklärung sei offensichtlich die bis Ende 2007 geltende Rechtslage rechtsfehlerhaft auch noch bei der Erstellung der Erklärung des Jahres 2010 angewandt worden. Die Ursache hierfür sei jetzt nicht mehr feststellbar. Vor diesem Hintergrund scheide eine Korrektur nach § 129 AO aus, da ein Fehler in der Rechtsanwendung vorliege, der im vorliegenden Fall nicht nur rein theoretisch in Betracht komme, sondern vielmehr offensichtlich sei. Da bereits bei der Erstellung der Feststellungserklärung eine fehlerhafte Rechtsanwendung und keine offenbare Unrichtigkeit vorgelegen habe, komme es auf das Verhalten des Sachbearbeiters des Beklagten nicht an. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der einkommensteuerliche Gewinn aus Gewerbebetrieb unter anderem z.B. wegen der Kürzung um den anteiligen Einheitswert des Grundbesitzes nicht identisch mit dem Gewerbeertrag sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2010 vom 5.11.2015 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung. Er trägt ergänzend vor, dass nach Lage der Akten davon auszugehen sei, dass der fragliche Prüfhinweis seinerzeit bereits bei Durchführung der Veranlagungsarbeiten programmgesteuert erteilt worden, von dem zuständigen Sachbearbeiter jedoch übersehen worden sei. Hausintern bestehe eine „Dienstanweisung“, wonach die Bearbeitung der Prüfhinweise zu dokumentieren sei. Für die Tatsache, dass der entsprechende Prüfhinweis bereits für den Veranlagungszeitraum 2010 programmiert gewesen und bei jeder relevanten Prüfberechnung für einen Feststellungsbescheid angezeigt worden sei, werde Beweis durch Zeugnis bzw. schriftliche Stellungnahme des Rechenzentrums NRW angeboten.
Aus den Gründen
1.
Die Klage ist begründet. Der Änderungsbescheid vom 5.11.2015 in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, da die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO nicht vorlagen.
Der Beklagte durfte den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 vom 6.9.2012 nicht nach § 129 AO berichtigen.
a)
Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit innerhalb der Verjährungsfrist berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen (§ 129 Satz 2 AO).
Offenbare Unrichtigkeiten im Sinne von § 129 AO sind mechanische Versehen wie beispielsweise Eingabe- oder Übertragungsfehler. Dagegen schließen Fehler bei der Auslegung oder Anwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts eine offenbare Unrichtigkeit aus. § 129 AO ist ferner nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht. Diese Möglichkeit darf allerdings nicht nur theoretischer Natur sein. Vielmehr muss sie sich durch vom Gericht festgestellte Tatsachen belegen lassen. Deuten die Gesamtumstände des Falles auf ein mechanisches Versehen hin und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Fehler auf rechtliche oder tatsächliche Erwägungen zurückzuführen ist, so kann berichtigt werden (vgl. BFH-Urteile vom 16.1.2018 VI R 41/16, BStBl. II 2018, 378 und vom 13.6.2012 VI R 85/10, BStBl. II 2013, 5).
Die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO setzt grundsätzlich voraus, dass der offenbare Fehler in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Finanzbehörde entstanden ist (vgl. nur BFH-Urteile vom 17.5.2017 X R 45/16, BFH/NV 2018, 10 und vom 16.9.2015 IX R 37/14, BStBl. II 2015, 1040). Da die Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein muss, ist die Vorschrift aber auch dann anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17.5.2017 X R 45/16, BFH/NV 2018, 10 m.w.N.). Dabei dürfen allerdings keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Veranlagungsbeamte rechtliche Überlegungen angestellt hat, insoweit ist der Anwendungsbereich des § 129 AO ausgeschlossen. Zudem setzt der Tatbestand des § 129 AO auch in den „Übernahmefällen“ voraus, dass es sich um eine einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche Unrichtigkeit und damit um einen nur „mechanischen“ Fehler handelt, der ebenso „mechanisch“, also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden kann (vgl. etwa BFH-Urteile vom 29.3.1990 V R 27/85, BFH/NV 1992, 711 und vom 12.4.1994 IX R 31/91, BFH/NV 1995, 1; FG München, Urteil vom 26.2.2018 7 K 1569/17, juris).
Ob ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung nach § 129 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls beurteilt werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Tatfrage, die der revisionsgerichtlichen Prüfung nur in eingeschränktem Umfang unterworfen ist (vgl. nur BFH-Urteile vom 17.5.2017 X R 45/16, BFH/NV 2018, 10, vom 3.8.2016 X R 20/15, BFH/NV 2017, 438 und vom 26.10.2016 X R 1/14, BFH/NV 2017, 257).
Liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, ist die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 Satz 1 AO nicht von Verschuldensfragen abhängig, weshalb die oberflächliche Behandlung eines Steuerfalls grundsätzlich eine Berichtigung nach dieser Vorschrift nicht hindert (vgl. nur BFH-Urteile vom 16.1.2018 VI R 41/16, BStBl. II 2018, 378 und vom 7.11.2013 IV R 13/11, BFH/NV 2014, 657). Anders ist dies erst, wenn sich die Unachtsamkeit bei der Bearbeitung des Falls häuft und Zweifeln, die sich aufdrängen, nicht nachgegangen wird (vgl. BFH-Urteil vom 16.1.2018 VI R 41/16, BStBl. II 2018, 378).
b)
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, lagen die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO nicht vor.
Der Beklagte hat einen nicht bloß theoretisch denkbaren Rechtsanwendungsfehler der Klägerin bzw. ihres steuerlichen Beraters übernommen. Die Übernahme eines solchen Rechtsanwendungsfehlers durch die Finanzbehörde schließt die Anwendung des § 129 AO aus. Denn ein Rechtsanwendungsfehler auf der Ebene des Steuerpflichtigen kann durch die Übernahme im Rahmen der Veranlagungsarbeiten nicht zu einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO werden.
Der steuerliche Berater der Klägerin hat – vom Beklagten unwidersprochen – sowohl in seinem Schriftsatz vom 13.9.2016 als auch in der mündlichen Verhandlung erläutert, wie die Eintragungen in der Feststellungserklärung einerseits und der Gewerbesteuererklärung andererseits vorgenommen wurden und dass lediglich hinsichtlich der Gewerbesteuer eine automatische Programmverbindung zu dem von ihm genutzten DATEV-Jahresabschlussprogramm bestand. Der für die Gewerbesteuer relevante Gewinn wurde daher anhand der vorliegenden Parameter automatisch – insbesondere unter Berücksichtigung der Gewerbesteuer als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe – ermittelt und in die Gewerbesteuererklärung eingetragen. Da eine solche Programmverbindung für die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung für das Streitjahr nicht bestand, war insoweit eine manuelle Ermittlung des Gewinns anhand der Angaben aus dem Jahresabschluss mit manueller Hinzurechnung u.a. des Gewerbesteuerbetrags erforderlich. Die Vornahme der Hinzurechnung setzt mit der Anwendung des § 4 Abs. 5 Buchst. b EStG eine rechtliche Wertung voraus. Die Nichthinzurechnung des Gewerbesteuerbetrags als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe kann zwar möglicherweise auf einem bloßen Versehen des steuerlichen Beraters bzw. der seinerzeit bei ihm tätigen Sachbearbeiterin beruht haben, z.B. wenn die Zurechnung aus rechtlichen Erwägungen hätte vorgenommen werden sollen und lediglich aus Unachtsamkeit unterblieben ist. Nach Auffassung des Senats besteht allerdings die mehr als nur theoretisch denkbare Möglichkeit, dass eine Hinzurechnung der Gewerbesteuer aufgrund fehlerhafter rechtlicher Erwägungen der seinerzeit für den steuerlichen Berater tätigen Sachbearbeiterin unterblieben ist. Der steuerliche Berater führte in diesem Zusammenhang unwidersprochen und für den Senat nachvollziehbar aus, dass im Zeitraum der Erstellung der vorliegenden Feststellungserklärung gleichzeitig auch noch Steuererklärungen und Steuerbescheide bearbeitet worden seien, die das bis zum 31.12.2007 geltende Recht betroffen hätten und eine fehlerhafte Rechtsanwendung für das Streitjahr vor diesem Hintergrund wahrscheinlich sei. Mit Blick auf diese Anhaltspunkte sowie den senatsbekannten Umstand, dass Rechtsanwendungsfehler gerade bei Änderungen der Rechtslage auch in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen noch vermehrt auftreten, besteht für den Senat die mehr als nur theoretische Möglichkeit, dass der vorliegende Fehler auf rechtliche Erwägungen zurückzuführen ist.
Bei dieser Fallgestaltung kommt es nicht mehr darauf an, ob dem Sachbearbeiter des Beklagten bei der Veranlagung – also erst in einem weiteren, sich anschließendem Schritt – durch die Übernahme und Freigabe des erklärten Gewinns eine offenbare Unrichtigkeit oder aber ein Rechtsanwendungsfehler unterlaufen ist. Die vom Beklagten angebotene Beweiserhebung war dementsprechend entbehrlich. Der Senat konnte es mangels Entscheidungserheblichkeit als wahr unterstellen, dass im Rahmen der Bearbeitung der Steuererklärung der vom Beklagten zitierte Hinweis angezeigt wurde. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte in der vorliegenden Konstellation die Beweislast für das Vorliegen der Berichtigungsvoraussetzungen des § 129 AO trägt.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.