FG Münster: Nichtigkeit eines Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung eines Grundbesitzwertes für Zwecke der Schenkungsteuer, der nicht alle Feststellungsbeteiligten benennt
FG Münster, Urteil vom 12.9.2019 – 3 K 22/17 F
ECLI:DE:FGMS:2019:0912.3K22.17F.00
BB-ONLINE: BBL2019-2710-3
Sachverhalt
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines nach § 129 Abgabenordnung (AO) berichtigten Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes für den Grundbesitz S-Straße 96, WE 26 in H-Stadt auf den 24.10.2012 für Zwecke der Schenkungsteuer.
Am 24.10.2012 übertrug S. T. seinem Sohn B. T. (Beigeladener) Anteile an der Schott N-AG (Klägerin) mit Sitz in X-Stadt. Die Klägerin hält diversen Grundbesitz. Schenkungsteuerfinanzamt ist das Finanzamt E-Stadt.
Unter Hinweis auf die schenkweise Übertragung von 51 % der Anteile an der Klägerin von S. T. an B. T. richtete das Finanzamt X-Stadt (Herr H.) am 21.05.2013 eine Anfrage nach Grundbesitzwerten für Schenkungsteuerzwecke an den Beklagten. Als betroffener Grundbesitz waren die Grundstücke C-Straße 70a (I. Bauabschnitt) und C-Straße 70 (II. Bauabschnitt) in H-Stadt angegeben. Ausweislich eines handschriftlichen Vermerks vom 13.06.2013 wurde die Anfrage nach Rücksprache mit Herrn H. umgedeutet auf S-Straße 96, H-Stadt (10 ETW).
Der Beklagte forderte daraufhin B. T. zur Abgabe einer Feststellungserklärung über den Bedarfswert auf.
Auf der Grundlage der Erklärung stellte der Beklagte durch Bescheid vom 02.08.2013 den Grundbesitzwert für den Grundbesitz S-Straße 96 in H-Stadt (WE 26) auf den 24.10.2012 gesondert und einheitlich auf 71.113 Euro fest. Weiter ergibt sich aus dem Bescheid, dass der übertragene Anteil am Grundbesitz 51 % betrage, was 36.267 Euro entspreche, und dass die Zurechnung bisher auf die Klägerin und nunmehr auf Herrn B. T. erfolge. Zu den Einzelheiten wird auf Blatt 4 ff. der Gerichtsakte hingewiesen.
Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 08.11.2013 erließ der Beklagte einen gemäß § 129 AO berichtigten Bescheid und stellte den Grundbesitzwert für den Grundbesitz S-Straße 96 (WE 26) auf 71.113 Euro fest. Als Grundstückseigentümerin ist die Klägerin und als Beteiligter am Besteuerungsverfahren Herr B. T. genannt. Unter Erläuterungen heißt es: „Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 02.08.2013.“ Weitere Hinweise enthält der Bescheid nicht. Auf den Bescheid vom 08.11.2013, Blatt 8 ff. der Gerichtsakte, wird Bezug genommen.
Gegen den Bescheid legte der Prozessbevollmächtigte am 11.11.2013 Einspruch ein. In der Betreffzeile ist die Klägerin mit „T-AG“ bezeichnet. Im Text des Schreibens heißt es „ … im Auftrag meines oben genannten Mandanten …“.
Der Bescheid vom 02.08.2013 könne mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht gemäß § 129 AO berichtigt werden. Im Übrigen seien neben der Feststellung über die Zurechnung Feststellungen zur Art der wirtschaftlichen Einheit, zum Wert (71.113 Euro) und zum übertragenen Anteil am Grundbesitz (36.267 Euro) getroffen worden. Zwar sei nicht die Feststellung über die Zurechnung, jedenfalls aber die Feststellung zum Wert des übertragenen Anteils am Grundbesitz für den Folgebescheid bindend. In der Sache sei der Grundbesitzwert in Höhe des gutachterlich ermittelten Werts festzustellen. Das dazu vorgelegte Verkehrswertgutachten von Herrn Dipl.-Ing. B. S. (Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken) ist auf den 04.07.2014 erstellt.
Nachdem der Beklagte zunächst die Auffassung vertreten hatte, eine Berichtigung gemäß § 129 AO sei möglich, weil bei Erlass des Bescheides vom 02.08.2013 versehentlich die Eingabe einer Kennziffer unterlassen worden sei, die zur zutreffenden Darstellung der Zurechnung und der Beteiligten im Bescheid geführt hätte, und ein Rechtsirrtum insofern nicht vorliege, wies er den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 02.01.2017 – nach Abstimmung mit der Oberfinanzdirektion – nunmehr mit folgender Argumentation als unbegründet zurück:
Die Bindungswirkung von Grundbesitzwertfeststellungen gemäß § 151 Abs. 1 Nr. 1 Bewertungsgesetz (BewG) erfasse nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 29.11.2006 II R 42/05; BStBl. II 2007, 319) lediglich die Wertfeststellung, nicht aber die Zurechnung. Eine derartige Bindungswirkung entfalte der Bescheid vom 02.08.2013 nicht, weil er in der Sache die Übertragung eines Grundstücksanteils von der Klägerin an Herrn B. T. darstelle, eine derartige Übertragung aber nicht stattgefunden habe und demgemäß auch nicht Gegenstand der Anfrage des Finanzamts X-Stadt gewesen sei. Demgegenüber beantworte der Bescheid vom 08.11.2013 die Anfrage des Finanzamts X-Stadt, die auf die Feststellung des Grundbesitzwerts für die schenkweise Übertragung eines Anteils an der grundbesitzhaltenden Gesellschaft gerichtet gewesen sei. Dieser Bescheid entfalte mit seinen Feststellungen erstmals Bindungswirkung gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO. Dass der Bescheid als gemäß § 129 AO berichtigter Bescheid bezeichnet gewesen sei, sei unschädlich. Eine entsprechende Umdeutung könne gemäß § 128 AO erfolgen.
Das vorgelegte Gutachten könne wegen des unzutreffenden Wertermittlungsstichtags nicht zugrunde gelegt werden.
Mit ihrer Klage vom 03.01.2017 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Aufhebung des Bescheides vom 08.11.2013 weiter. Die Auffassung des Beklagten, dass der Bescheid vom 08.11.2013 als Erstbescheid anzusehen sei, werde nicht geteilt. Eine Berichtigung des Bescheides vom 02.08.2013 scheide aus, denn der die Feststellung durchführende Beklagte habe offenbar nicht erkannt, dass nicht der Anteil an einem Grundstück sondern eine AG-Beteiligung übertragen worden sei. Ein Rechtsirrtum sei deshalb nicht ausgeschlossen.
Außerdem sei der Bescheid vom 08.11.2013 nichtig, weil er nicht alle Inhaltsadressaten – nämlich neben B. T. als Feststellungsbeteiligter gemäß § 154 Abs.1 Nr. 3 BewG die Klägerin als Feststellungsbeteiligte gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG – enthalte und deshalb nicht hinreichend bestimmt sei.
Schließlich sei die Wertfeststellung auf der Grundlage des Ergänzungsgutachtens vom 03.06.2019 vorzunehmen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts vom 08.11.2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.01.2017 aufzuheben,
hilfsweise den Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts vom 08.11.2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.01.2017 zu ändern und den Grundbesitzwert auf 51.000 Euro festzustellen,
weiterhin hilfsweise – im Fall des Unterliegens – die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
den Grundbesitzwert auf 51.000 Euro festzustellen und im Übrigen die Klage abzuweisen,
hilfsweise – im Fall des Unterliegens – die Revision zuzulassen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Zur Begründung bezieht der Beklagte sich auf seine Einspruchsentscheidung.
Bezüglich der Nennung der Beteiligten am Feststellungsverfahren im Bescheid vom 08.11.2013 sei es zwar zutreffend, dass auch die Klägerin als Feststellungsbeteiligte i. S. d. § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG zu benennen sei. Anders als B. T. sei sie jedoch nicht als Schuldnerin der Schenkungsteuer betroffen. Sie sei nicht „Primärinhaltsadressatin“ der Feststellung, so dass ihre fehlende Benennung den Bescheid vom 08.11.2013 ggfs. rechtswidrig, jedoch nicht nichtig mache. Dies werde auch werde auch aus den Gesetzesmaterialien deutlich (Bundestagsdrucksache 121/15 vom 27.03.2015). Der Gesetzgeber habe es als ausreichend erachtet, wenn der Bescheid über eine Feststellung dem regelmäßig Betroffenen, nämlich dem Steuerschuldner, bekannt gegeben werde. Weiteren Feststellungsbeteiligten könne der Bescheid auch nachträglich noch bekannt gegeben werden. Bezüglich der Benennung von Inhaltsadressaten könne nicht strenger verfahren werden.
Durch Beschluss vom 26.06.2019 ist B. T. zum Verfahren notwendig beigeladen worden. Zu den Einzelheiten wird auf den Beschluss (Blatt 48 bis 50 der Gerichtsakte) hingewiesen.
Der Senat hat am 12.09.2019 mündlich verhandelt. Zu den Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Aus den Gründen
30 Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts vom 08.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.01.2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO).
31 Der angefochtene Bescheid ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil eine Korrektur des Feststellungsbescheides vom 02.08.2013 nicht möglich ist. Zwar verweist die Klägerin zutreffend darauf, dass die Voraussetzungen des § 129 AO nicht vorliegen, da die Eingabe der Kennziffer in Sachbereich 11 zur Wahl der zutreffenden Darstellung des Vorgangs im Feststellungsbescheid eine rechtlich zutreffende Einordnung der Anfrage des die Bedarfsbewertung anfordernden Finanzamtes erfordert, so dass ein rein mechanisches Versehen in diesem Zusammenhang nicht bejaht werden kann.
32 Allerdings hält der Senat den Ansatz des Beklagten für zutreffend, den Bescheid vom 02.08.2013, der einen anderen Übertragungsvorgang als den vom Finanzamt X-Stadt angefragten – nämlich eine Grundbesitzbewertung für eine Grundbesitzübertragung statt eine Grundbesitzbewertung für eine Anteilsübertragung – darstellt, als ins Leere gehend anzusehen.
33 Damit ist der Bescheid vom 08.11.2013 als der auf die Anfrage des Finanzamts X-Stadt hin erteilte Erstbescheid zu qualifizieren, so dass es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 129 AO als Berichtigungsvorschrift nicht ankommt.
34 Dieser von der Klägerin angefochtene Bescheid vom 08.11.2013 verletzt die Klägerin in ihren Rechten, da er sie als Feststellungsbeteiligte nicht benennt und damit nichtig ist.
35 Dabei war die Klägerin befugt, gegen den Feststellungsbescheid vom 08.11.2013 Einspruch einzulegen, ohne dass ihr dieser Bescheid bekannt gegeben worden war (vgl. BFH, Urteil vom 25.06.1992 IV R 87/90, BFH/MV 1993, 457).
36 Nichtig ist gemäß § 125 AO ein Verwaltungsakt, der an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Verwaltungsakt inhaltlich nicht hinreichend bestimmt ist (§ 119 Abs. 1 AO). Dabei ist die Angabe des Inhaltsadressaten konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsaktes, denn es muss angegeben werden, wem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll. Ist der Inhaltsadressat in einem Verwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt angegeben, ist der Verwaltungsakt nichtig, ohne dass der Mangel in der Einspruchsentscheidung geheilt werden könnte (BFH, Urteil vom 30.09.2015 II R 31/13, BStBl. II 2016, 637 m. w. N.).
37 Inhaltsadressat eines Verwaltungsakts ist derjenige, gegen den er sich richtet, für den er bestimmt ist und gegen den er wirken soll (Seer in Tipke/Kruse AO FGO Kommentar, § 122 AO, Rz. 18). Bei Steuerbescheiden ist dies der Steuerschuldner, bei Feststellungsbescheiden der Feststellungsbeteiligte, gegen den sich die Feststellungen richten (§ 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Feststellungsbescheide müssen ebenso wie Steuerbescheide hinreichend deutlich erkennen lassen, für wen sie inhaltlich bestimmt sind (BFH, Urteile vom 30.09.2015 II R 31/13, BStBl. II 2016, 637; vom 07.07.2004 II R 77/01, HFR 2005, 94; vom 02.07.2004 II R 73/01, HFR 2005, 329; vom 17.09.1997 II R 49/95, BFH/NV 1998, 417). Der Feststellungsbeteiligte ist regelmäßig identisch mit demjenigen, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist (§ 179 Abs. 2 Satz 1 AO; BFH, Urteil vom 17.09.1997 II R 49/95, BFH/NV 1998, 417 m. w. N.).
38 Nach § 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG sind Grundbesitzwerte gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschafsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Vorliegend erfolgt die Wertfeststellung für eine Anteilsbewertung gemäß § 151 Abs. 1 Nr. 3 BewG auf Anforderung des insoweit gemäß § 152 Nr. 3 BewG zuständigen Betriebsstättenfinanzamts X-Stadt. Gemäß § 151 Abs. 2 Nr. 1 BewG sind darüber hinaus Feststellungen zur Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit zu treffen. Für die Wirkungen dieser Zurechnung hat der Bundesfinanzhof zur Vorgängervorschrift § 138 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BewG entschieden, dass sich die Zurechnung nach dieser Vorschrift allein auf das Feststellungsverfahren beschränke. Ihre Rechtswirkung erschöpfe sich in der Bestimmung des Inhaltsadressaten, d. h. der Person, für die der festgestellte Bedarfswert seinem Inhalt nach – wegen der Bedeutung für die Besteuerung der Person oder deren Verhältnis zum Feststellungsgegenstand – bestimmt ist (BFH, Urteil vom 29.11.2006 II R 42/05, BStBl. II 2007, 319; Hofmann in Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, Kommentar. 5. Auflage 2017, Rz. 33 zu § 151 BewG, die diese Zurechnung auch deshalb für erforderlich hält, weil derjenige, für dessen Besteuerung nach dem Erbschaft- oder Schenkungsteuergesetz die Feststellung erfolgt, auch über die Zugehörigkeit des Grundstücks zum Vermögen einer Personen- oder Kapitalgesellschaft unterrichtet sein muss (a. a. O., Rz. 34)).
39 Daneben regelt § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG, dass Beteiligte am Feststellungsverfahren diejenigen sind, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist. Mit der Beteiligteneigenschaft sind sowohl Pflichten (§§ 90, 91, 97 AO – Mitwirkung, Auskünfte, Unterlagen) als auch Rechte (§ 91 Abs. 1 AO – Anhörung) verbunden.
40 Vor Einführung des § 154 Abs. 1 Nr. 3 BewG waren von § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch diejenigen, die als Steuerschuldner (also insbesondere als Schuldner der Schenkung- oder Erbschaftsteuer) in Betracht kommen, erfasst. Dies entspreche der Auslegung der allgemein für Feststellungsbescheide geltenden Regelung des § 179 Abs. 2 Satz 1 AO. Danach richte sich ein Feststellungsbescheid gegen den Steuerpflichtigen, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen sei. Entscheidend seien danach die Auswirkungen des Feststellungsbescheides auf die Besteuerung des einzelnen Steuerpflichtigen. Die Feststellung über die Zurechnung der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit nach § 151 Abs. 2 Nr. 1 BewG sei in diesem Zusammenhang unerheblich (BFH, Urteil vom 06.07.2011 II R 44/10, BStBl. II 2012, 5).
41 Darüber hinaus erstreckt § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG den Kreis der Feststellungsbeteiligten auf die Eigentümer bzw. Inhaber von Vermögenswerten (Horn in Fischer/Pahlke/Wachter, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 6. Auflage 2017, Rz. 224 zu § 12 ErbStG). Damit wird sichergestellt, dass auch Personen zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen herangezogen werden können, die selbst nicht an dem steuerpflichtigen Erwerb beteiligt sind.
42 Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist vorliegend im Rahmen der Feststellung des Grundbesitzwertes eine Zurechnung auf die Klägerin vorzunehmen – und zwar sowohl nach § 151 Abs. 2 Nr. 1 BewG zur Kennzeichnung des Verhältnisses der Klägerin zum Feststellungsgegenstand (Eigentümerin des Grundbesitzes) als auch nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG als Beteiligte am Verfahren.
43 Diese Zurechnung und damit die Bestimmung als Inhaltsadressatin ist nach Auffassung des erkennenden Senats allein durch die Ausweisung der Klägerin als Eigentümerin des bewerteten Grundbesitzes im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend erfolgt. Denn nur durch die – letztlich informatorische – Bezeichnung ihrer Position als Eigentümerin des Grundbesitzes lässt sich dem Bescheid nicht die Rechtsstellung der Klägerin als Beteiligte am Feststellungsverfahren entnehmen, an die dieser Bescheid gerichtet ist und für die sich zwar keine erbschaft- und schenkungsteuerlichen Folgen, jedoch verfahrensrechtliche Rechte und Pflichten ergeben.
44 Da damit einer der Inhaltsadressaten im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend als derjenige bezeichnet ist, dem der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist, ist der Bescheid insgesamt nichtig. Dem Beklagten ist nicht darin zu folgen, dass der Beigeladene als steuerlich betroffener „Primäradressat“ zutreffend bezeichnet ist und dass dies für die Wirksamkeit des Bescheides ausreicht. Eine derartige, die Wirksamkeit der Feststellung nach § 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG beeinflussende Rangfolge der Inhaltsadressaten lässt sich weder Gesetz noch Rechtsprechung entnehmen. Aus der Rechtsprechung zu den Konsequenzen, falls der Feststellungsbescheid nicht allen Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben wird (vgl. BFH, Urteil vom 06.07.2011 II R 44/10, BStBl. II 2012,5), lassen sich für die hier vorliegende Problematik der fehlenden Bezeichnung eines von mehreren Inhaltadressaten keine Rückschlüsse ziehen. Denn die Bekanntgabe ist ein von der zutreffenden Erfassung des Inhaltsadressaten im Bescheid zu unterscheidender Vorgang. Deshalb verfängt nach Auffassung des Senats auch nicht der Hinweis des Beklagten auf die Gesetzesbegründung, die sich ebenfalls nur mit dem Aspekt der Bekanntgabe, nicht aber mit der Bezeichnung des Inhaltsadressaten im Bescheid befasst.
45 Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
46 Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Zum Verhältnis zwischen §§ 151 Abs. 2 Nr. 1 und 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG nach Einführung des § 154 Abs. 1 Nr. 3 BewG und den Rechtsfolgen der Nichtbenennung einer Person i. S. d. §§ 151 Abs. 2 Nr. 1 und 154 Abs. 1 Nr. 1 AO sind höchstrichterliche Entscheidung nach derzeitigem Stand nicht ersichtlich.