FG Düsseldorf: Nachversteuerung bei Änderung der Gesellschafterstellung
FG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 8.10.2012 - 11 K 1315/10 F
Sachverhalt
Streitig ist die Nachversteuerung nach § 15a Abs. 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG - im Fall des Wechsels von der Vollhafterstellung in die Stellung eines Kommanditisten.
Die Klägerin ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, deren Unternehmensgegenstand der Ankauf und die Verwaltung von Grundbesitz ist. Sie ist aus der formwechselnden Umwandlung der "GbR "C", an der die "A" Gesellschaft für modernen Wohnungsbau mbH - "A" GmbH - mit 80 %, "D" mit 15 % und "B" mit 5 % beteiligt waren, zum 1. Januar 2004 entstanden (vgl. Gesellschaftsvertrag vom 19. Dezember 2003, Handelsregistereintragung vom 27. April 2004). Dabei ist die "E" Hausverwaltung mbH -"E" mbH - als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft eingetreten. Zugleich ist die Stellung der bisherigen persönlich haftenden Gesellschafter "A" GmbH, "D" und "B" in die von Kommanditisten umgewandelt worden. Die "E" mbH ist am Vermögen der Klägerin nicht beteiligt, die Kommanditisten haben Einlagen i. H. v. 16.000 EUR ("A" GmbH), 3.000 EUR ("D" bzw. dessen Rechtsnachfolger) bzw. 1.000 EUR ("B") erbracht. Alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - befreite Geschäftsführer der Klägerin sind bzw. waren die Komplementär-GmbH sowie "D" Die "E" mbH erhält Aufwendungsersatz sowie eine Vergütung i. H. v. 5 % ihres eingezahlten Stammkapitals (§ 4 des Gesellschaftsvertrags vom 19. Dezember 2003).
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) erzielt. Auf der Ebene der "A" GmbH werden die Einkünfte in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert, so dass die Klägerin als sog. Zebragesellschaft anzusehen ist. Vor diesem Hintergrund ermittelt sie ihre Einkünfte nach Bilanzierungsgrundsätzen.
Mit Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 18. August 2005 stellte der Beklagte Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung i. H. v. 18.234,76 EUR (19.623,14 EUR laufende Einkünfte, 4.615,62 EUR Ergänzungsbilanzgewinne, 1.500 EUR Vergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage und 7.504 EUR Sonderwerbungskosten) fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Ab November 2005 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung eine Außenprüfung für das Jahr 2004 bei der Klägerin durch. Dabei kam die Betriebsprüfung zu der Erkenntnis, dass aufgrund der Umwandlung der GbR in eine GmbH & Co. KG unter Beitritt eines persönlich haftenden Gesellschafters eine Haftungsminderung für die ehemals vollhaftenden Gesellschafter eingetreten sei, wodurch die Rechtsfolgen des § 15a Abs. 3 EStG im Hinblick auf die "A" GmbH unmittelbar und im Hinblick auf "D" und "B" sinngemäß (§ 21 Abs. 1 Satz 2 EStG) gelten würden. Im Rückwirkungszeitraum 1994 bis 2003 hätten sich für die Einkünfte der Beteiligten folgende Salden ergeben:
"D" : 44.780 EUR
"B" : -858 EUR
"A" GmbH: -74.394 EUR
Positive Salden führten nicht zu einer Nachversteuerung, negative Salden seien zunächst mit einem ggf. vorhandenen positiven Steuerbilanz-Kapital zu verrechnen, ein übersteigender Negativbetrag unterliege der Nachversteuerung. Demnach ergäben sich folgende Nachversteuerungsbeträge (Tz. 2.4, 2.5 und 2.13 sowie Anlage 7 des Betriebsprüfungsberichts vom 27. Februar 2009):
"B" : 60,95 EUR
"A" GmbH: 74.393,59 EUR
Zudem gelangte die Betriebsprüfung zu der Erkenntnis, dass die an die "A" GmbH gezahlte Geschäftsführervergütung i. H. v. 1.500 EUR mangels schuldrechtlicher Regelung nicht als Werbungskosten der Klägerin und Sondereinnahmen der "A" GmbH zu behandeln seien. Die Geschäftsführung der früheren GbR habe der "A" GmbH oblegen, die Vergütung sei jedoch durch den 80 %igen Gewinnanteil abgegolten worden. Die Geschäftsführung erfolge nach dem Gesellschaftsvertrag ausschließlich durch die "E" mbH sowie "D". Es handele sich um Entnahmen der "A" GmbH bei der Klägerin. Dementsprechend seien der Gesamthandsgewinn um 1.500 EUR zu erhöhen und die Sondereinnahmen der "A" GmbH um 1.500 EUR zu mindern (Tz. 2.6 des Betriebsprüfungsberichts vom 27. Februar 2009).
Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 8. Mai 2009 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO - geänderten Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Darin wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i. H. v. 80.641,08 EUR (davon 14.408,04 EUR laufende Einkünfte, 6.184 EUR Ergänzungsbilanzgewinne und 72.417,04 EUR Vergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage) festgestellt.
Den rechtzeitig eingelegten Einspruch der Klägerin, mit dem sie sich gegen die Nichtberücksichtigung der an die "A" GmbH gezahlten Geschäftsführervergütung als Werbungskosten sowie die Nachversteuerung nach § 15a Abs. 3 EStG wendete, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23. März 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Hinblick auf § 15a EStG aus, als Folge der Umwandlung der Grundstücks-GbR in eine GmbH & Co. KG unter Beitritt eines persönlich haftenden Gesellschafters sei für die ehemals vollhaftenden Gesellschafter zivilrechtlich eine Haftungsbeschränkung eingetreten. Wären sie von Anfang an Kommanditisten gewesen, wären bei ihnen Verluste nach § 15a Abs. 1 EStG nur begrenzt ausgleichsfähig gewesen bzw. hätte die Reduzierung ihrer Hafteinlage zu einer Hinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG geführt. Berücksichtige man das in § 15a EStG deutlich werdende Bestreben des Gesetzgebers, den Kommanditisten so zu stellen, als hätte bereits im Verlustentstehungsjahr lediglich die geringere Einlage bzw. Außenhaftung bestanden und als wäre demzufolge der Verlust bereits im Verlustentstehungsjahr nur verrechenbar gewesen, sei es im Streitfall gerechtfertigt, in analoger Anwendung des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG eine Gewinnhinzurechnung bei den betreffenden Kommanditisten vorzunehmen. Diese Auslegung des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG werde durch die Literatur gestützt (vgl. Wilke, INF 2006, 69; darauf Bezug nehmend Wacker, in: Schmidt, EStG, 30. Aufl. 2011, § 15a Rn. 165). Des Weiteren sei die an die "A" GmbH gezahlte Geschäftsführervergütung zu Recht nur als Entnahme berücksichtigt worden. Weder im Gesellschaftsvertrag noch in einem besonderen Dienstvertrag sei ein Anspruch der "A" GmbH auf eine Dienstleistungsvergütung geregelt worden.
Die Klägerin hat am 20. April 2010 Klage erhoben, mit der sie sich allein gegen die Nachversteuerung im Sinne des § 15a Abs. 3 EStG für die Kommanditisten "A" GmbH und "B" wendet. Die Norm sei weder direkt noch analog anzuwenden. Zunächst lägen die Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 EStG nicht vor. Die Haftungsminderung werde in § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG als Minderung des Haftungsbetrags im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG legaldefiniert. Der Haftungsbetrag sei die Differenz aus der tatsächlich geleisteten und der im Handelsregister eingetragenen Hafteinlage (Haftsumme). Daher liege eine Haftungsminderung im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG vor, wenn der Unterschiedsbetrag zwischen tatsächlich geleisteter Einlage und im Handelsregister eingetragener Einlage negativ beeinflusst werde. Eine Herabsetzung der Hafteinlage gemäß § 174 des Handelsgesetzbuchs - HGB - führe deshalb dann zu einer Haftungsminderung, wenn der Kommanditist in diesem Zeitpunkt überhaupt hafte. Das sei nicht der Fall, wenn die Haftsumme seiner geleisteten Einlage entspreche. Dann bestehe keine Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB, die durch Herabsetzen der Haftsumme gemindert werden könnte. Die im Handelsregister eingetragene Haftsumme der "A" GmbH habe 16.000 EUR betragen. Sie sei in voller Höhe geleistet gewesen. Gleiches gelte für "B". Daher liege bereits keine Haftungsminderung vor. Auch die Beteiligungsumwandlung habe nicht zu einer Haftungsminderung im Sinne des § 15a Abs. 3 EStG geführt, sondern zu einer erstmaligen Begrenzung der Haftsumme.
Weitere Voraussetzung für die Zurechnung eines fiktiven Gewinns neben der Haftungsminderung sei ein vorangegangener erweiterter Verlustausgleich. In dem in § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG genannten 11-Jahres-Zeitraum müsse der vorgenommene Verlustausgleich auf der überschießenden Außenhaftung nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG beruhen. Es müsse dem Kommanditisten in einem dieser Wirtschaftsjahre ein Verlustanteil zugerechnet worden sein, der, obwohl er zu einem negativen Kapitalkonto geführt habe, ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen sei, weil der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft nach § 171 HGB hafte. Im Streitfall habe kein vorangegangener erweiterter Verlustausgleich der Kommanditisten "A" GmbH und "B" vorgelegen. Die Verluste aus den Vorjahren seien bei der "A" GmbH und bei "B" nicht aufgrund einer überschießenden Außenhaftung nach § 171 Abs. 1 HGB, sondern wegen Nichtanwendbarkeit des § 15a EStG ausgleichs- und abzugsfähig gewesen. Beide Gesellschafter seien damals vollhaftende GbR-Gesellschafter gewesen.
§ 15a Abs. 3 EStG könne auf den Wechsel der Gesellschafterstellung eines GbR-Gesellschafters in die Stellung eines Kommanditisten nicht analog angewendet werden. Es fehle bereits an einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. September 1994 IV R 85/93, BStBl II 1995, 67; vom 27. März 2007 VIII R 25/05, BStBl II 2008, 298, 301). Der Analogieschluss sei nicht zulässig, wenn der Gesetzgeber - wie hier - einen bestimmten Sachverhalt gerade deshalb von einer von ihm getroffenen Regelung ausgenommen habe, weil er ihn nicht jener Regelung entsprechend habe behandelt wissen wollen. Der Begriff der Haftungsminderung sei in § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG legaldefiniert. Damit habe der Gesetzgeber fest umrissen, welche Fälle den gesetzlichen Tatbestand erfüllen sollten. Der Fall des Wechsels von der Vollhafterstellung in die Kommanditistenstellung werde von dieser Legaldefinition nicht erfasst. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dagegen entschieden, diesen Fall in den Anwendungsbereich des § 15a EStG einzubeziehen.
Das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke werde dadurch untermauert, dass der Gesetzgeber in § 15a Abs. 5 EStG bewusst einen Katalog entsprechender Anwendungsfälle u.a. des § 15a Abs. 3 EStG normiert habe, in dem der Fall des Wechsels in die Kommanditistenstellung nicht aufgenommen worden sei. Zudem werde das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke durch die vom Beklagten in der Einspruchsentscheidung zitierte Rechtsprechung bestätigt. Der Beklagte führe selbst aus, dass der Gesetzgeber bewusst den erweiterten Verlustausgleich und -abzug nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG auf den Fall der Haftung des Kommanditisten nach § 171 Abs. 1 HGB beschränkt habe und daher mangels Unvollständigkeit des § 15a Abs. 1 EStG eine sinngemäße Anwendung der Regelung des § 15a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG auf andere Haftungsfälle ausscheide. Dies bedeute zugleich, dass der Gesetzgeber auch die Regelung des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG bewusst auf die Fälle beschränkt habe, in denen der Verlustausgleich auf der überschießenden Außenhaftung eben jenes § 171 Abs. 1 HGB beruhe. Die Ausführungen des Beklagten zur wirtschaftlichen Vergleichbarkeit der Fallkonstellationen überzeugten nicht. Entgegen der Auffassung des Beklagten finde auch die von ihm aufgegriffene Literaturauffassung (Wilke, INF 2004, 69) - soweit ersichtlich - weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur eine Stütze.
Schließlich würde sich eine analoge Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG als verfassungswidrig darstellen (Lindberg, Die Einschränkung der Verlustverrechnung nach § 15a EStG, Tz. 3.9.1; Baldi, in: Frotscher, EStG, § 15a Rn. 245).
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 8. Mai 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. März 2010 dahingehend abzuändern, dass eine Nachversteuerung im Sinne des § 15a Abs. 3 EStG für die Kommanditisten "A" GmbH und "B" unterbleibt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf die Einspruchsentscheidung Bezug. Ergänzend macht er geltend, mit § 15a Abs. 3 EStG solle verhindert werden, dass die aus § 15a Abs. 1 EStG folgende Begrenzung des Verlustausgleichs durch vorübergehende höhere Einlagen in das Gesellschaftsvermögen oder durch eine vorübergehende Erweiterung der Außenhaftung des Kommanditisten umgangen werde. Dem Kommanditisten werde zwar im Jahr des Entstehens des Verlustes dessen Ausgleich nach Maßgabe der höheren Einlage bzw. der erweiterten Außenhaftung belassen; im Jahr der Einlageminderung bzw. der Reduzierung der Außenhaftung habe der Kommanditist jedoch den entsprechenden Betrag als fiktiven laufenden Gewinn zu versteuern. Die Höhe der ausgleichs- und abzugsfähigen Verluste werde dadurch an die aktuelle Höhe der Haftsumme angepasst. In gleicher Höhe werde der früher ausgleichs- bzw. abzugsfähige Verlust in einen verrechenbaren Verlust umgewandelt. Hierdurch solle der Kommanditist so gestellt werden, als hätte bereits im Entstehungsjahr lediglich die geringere Einlage bzw. Außenhaftung bestanden und als wäre demzufolge der Verlust bereits im Entstehungsjahr nur verrechenbar gewesen (BT-Drucks. 8/3648, S. 17; BFH-Urteile vom 30. August 2001 IV R 4/00, BStBl II 2002, 458; vom 20. März 2003 IV R 42/00, BStBl II 2003, 798). Die Rechtfertigung für das Hinzurechnen des fiktiven Gewinns und für das Umwandeln des Verlusts liege darin begründet, dass die wirtschaftliche Belastung, die den früheren Verlustausgleich gerechtfertigt habe, nachträglich entfalle (von Beckerath, in: Kirchhof, EStG, 11. Aufl. 2012, § 15a Rn. 55).
Im Streitfall hätten die ehemals vollhaftenden Gesellschafter bewusst den Weg der identitätswahrenden Umwandlung der früheren Grundstücks-GbR in eine GmbH & Co. KG gewählt und damit planmäßig erreicht, dass sie als Kommanditisten den Gläubigern der Gesellschaft grundsätzlich nur noch eingeschränkt hafteten, nämlich nur in Höhe ihrer Kommanditeinlage. Den Gesellschaftern hätte es seinerzeit völlig freigestanden, für welchen Vertrags- und Gestaltungsweg sie sich entscheiden. Bewusst und freiwillig hätten sie den wirtschaftlich günstigsten Weg - die Einschränkung ihrer Haftung - gewählt und sich damit gleichzeitig auch in den Regelungs- und Verantwortlichkeitsbereich des § 15a EStG begeben. Die Besteuerung folge grundsätzlich der Entscheidung der Gesellschafter und knüpfe nach § 38 AO an den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt an, und zwar selbst dann, wenn die Gesellschafter nicht alle Konsequenzen ihrer Entscheidung hinreichend bedacht haben sollten.
Wären die Gesellschafter von Anfang an Kommanditisten gewesen, wären bei ihnen Verluste nach Maßgabe des § 15a Abs. 1 EStG nur begrenzt ausgleichsfähig gewesen bzw. hätte die Reduzierung ihrer Hafteinlage zu einer Hinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG geführt. Berücksichtige man das in der besonderen Abfassung des § 15a EStG deutlich werdende Bestreben des Gesetzgebers, den Kommanditisten so zu stellen, als hätte bereits im Verlustentstehungsjahr lediglich die geringere Einlage bzw. Außenhaftung bestanden und als wäre demzufolge der Verlust bereits im Verlustentstehungsjahr nur verrechenbar gewesen, so sei es im Streitfall gerechtfertigt, der Zielsetzung des Gesetzgebers zu folgen und in analoger Anwendung des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG eine Gewinnzurechnung bei den betreffenden Kommanditisten vorzunehmen. Letztlich diene diese Verfahrensweise auch dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Schließlich sei angemerkt, dass den Kommanditisten gemäß § 15a Abs. 3 letzter Satz EStG insoweit auch kein Nachteil entstehe, als die zugerechneten Beträge zukünftige positive Einkünfteanteile aus der KG minderten. Die zugerechneten Beträge gingen also nicht etwa verloren, sondern bildeten mögliches Steuerminderungspotential für den Kommanditisten hinsichtlich der Erträge aus seiner Beteiligung.
Ergänzend wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 28. August 2012 (mit Beispielen) verwiesen.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschrift vom 20. September 2012, sowie der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet.
Der Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 8. Mai 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. März 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat zu Unrecht eine Nachversteuerung im Sinne des § 15a Abs. 3 EStG für die Kommanditisten "A" GmbH und "B" durchgeführt.
Gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, der im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sinngemäß gilt (§ 21 Abs. 1 Satz 2 EStG), darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Haftet der Kommanditist am Bilanzstichtag den Gläubigern der Gesellschaft auf Grund des § 171 Absatz 1 HGB, so können abweichend von Satz 1 Verluste des Kommanditisten bis zur Höhe des Betrags, um den die im Handelsregister eingetragene Einlage des Kommanditisten seine geleistete Einlage übersteigt, auch ausgeglichen oder abgezogen werden, soweit durch den Verlust ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht (§ 15a Abs. 1 Satz 2 EStG). Satz 2 ist nur anzuwenden, wenn derjenige, dem der Anteil zuzurechnen ist, im Handelsregister eingetragen ist, das Bestehen der Haftung nachgewiesen wird und eine Vermögensminderung auf Grund der Haftung nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich ist (§ 15a Abs. 1 Satz 3 EStG).
Soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten durch Entnahmen entsteht oder sich erhöht (Einlageminderung) und soweit nicht auf Grund der Entnahmen eine nach § 15a Abs. 1 Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigende Haftung besteht oder entsteht, ist dem Kommanditisten der Betrag der Einlageminderung als Gewinn zuzurechnen (§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG). Der nach Satz 1 zuzurechnende Betrag darf den Betrag der Anteile am Verlust der Kommanditgesellschaft nicht übersteigen, der im Wirtschaftsjahr der Einlageminderung und in den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen ist (§ 15a Abs. 1 Satz 2 EStG). Wird der Haftungsbetrag im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG gemindert (Haftungsminderung) und sind im Wirtschaftsjahr der Haftungsminderung und den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren Verluste nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen, so ist dem Kommanditisten der Betrag der Haftungsminderung, vermindert um auf Grund der Haftung tatsächlich geleistete Beträge, als Gewinn zuzurechnen; Satz 2 gilt sinngemäß (§ 15a Abs. 3 Satz 3 EStG). Die nach den Sätzen 1 bis 3 zuzurechnenden Beträge mindern die Gewinne, die dem Kommanditisten im Wirtschaftsjahr der Zurechnung oder in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind (§ 15a Abs. 3 Satz 4 EStG).
I. Die Voraussetzungen des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG sind im Streitfall nicht erfüllt. Zwar fallen die "A" GmbH und "B" als Kommanditisten der Klägerin im Streitjahr 2004 in den subjektiven Anwendungsbereich des § 15a EStG (in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG). Es ist jedoch nicht aufgrund von Verlusten zur Entstehung bzw. Erhöhung eines negativen Kapitalkontos gekommen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
II. Auch § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG ist nicht einschlägig. Im Streitfall hat weder eine Minderung des Haftungsbetrags im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG stattgefunden noch sind im Wirtschaftsjahr der Haftungsminderung und den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren Verluste nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen.
1. Eine Haftungsminderung im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG ist die Minderung des Haftungsbetrags im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG. § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG setzt eine Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB voraus, d.h. die im Handelsregister eingetragene Einlage (Haftsumme) des Kommanditisten muss seine tatsächlich geleistete Einlage übersteigen. Eine derartige Haftungsminderung hat nicht stattgefunden. Die Umwandlung der Vollhafterstellung in die eines Kommanditisten hat zu einer erstmaligen Beschränkung - und nicht zu einer Minderung - der Haftung geführt. Zudem entsprachen die nach dem Wechsel in die Kommanditistenstellung tatsächlich geleisteten Einlagen der "A" GmbH und von "B" ihren im Handelsregister eingetragenen Einlagen. Auch dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
2. Des Weiteren sind im Streitjahr 2004 und den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren keine Verluste aufgrund überschießender Außenhaftung nach § 15a Abs.1 Satz 2 EStG ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen. Vielmehr unterlagen die Gesellschafter der Klägerin im Hinblick darauf, dass es sich bei ihr bis zum 31. Dezember 2003 um eine GbR handelte, nicht § 15a EStG, so dass die Verluste - nach allgemeinen Grundsätzen - unbeschränkt ausgleichs- und abzugsfähig waren. Sie fallen nicht unter § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG. Durch die Norm sollen nur die Folgen eines Verlustausgleichs revidiert werden, der auf einer Haftung beruht, die zugleich den Anforderungen des § 15a Abs. 1 Satz 3 EStG genügt, da eine Außenhaftung, bei der dies nicht der Fall ist, keinen Verlustausgleich ermöglicht hat und die Minderung des Haftungsbetrags somit ein für § 15a EStG irrelevanter Vorgang ist (Lüdemann, in: Hermann/Heuer/Raupach, § 15a Rn. 160). Dies bestätigt § 52 Abs. 33 Satz 5 EStG, der bestimmt, dass bei der Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG nur Verluste zu berücksichtigen sind, auf die § 15a Abs. 1 EStG anzuwenden ist.
III. Eine analoge Anwendung des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG kommt nicht in Betracht. Ungeachtet der Frage der Zulässigkeit einer steuerverschärfenden Analogie zu Lasten der Steuerpflichtigen fehlt es an der erforderlichen planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes. Ein Analogieschluss ist nicht zulässig, wenn der Gesetzgeber einen bestimmten Sachverhalt gerade deshalb von einer von ihm getroffenen Regelung ausgenommen hat, weil er ihn nicht jener Regelung entsprechend behandelt wissen wollte (BFH-Urteil vom 25. November 2009 I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471). Diese Situation liegt im Streitfall vor. Der Gesetzgeber hat die Konstellation des Formwechsels einer GbR in eine GmbH & Co. KG und des damit einhergehenden Wechsel des GbR-Gesellschafters in die Stellung eines Kommanditisten nach der Einschätzung des Senats bewusst nicht in § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG geregelt.
§ 15a Abs. 3 EStG dient dem Zweck, Manipulationsmöglichkeiten auszuräumen (von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15a Rn. E 10). Es soll die Umgehung des Ausschlusses des Verlustausgleichs durch nur vorübergehende höhere Einlagen in das Gesellschaftsvermögen und nur vorübergehende Haftungserweiterungen vermieden werden. Danach wird der Verlustausgleich im Jahr der Verlustentstehung nach Maßgabe des erhöhten Kapitalkontos bzw. der erweiterten Haftung zugelassen, später bei Einlage- oder Haftungsminderung aber nachversteuert. Dies geschieht nicht durch rückwirkende Änderung der Feststellung des Jahres der Verlustentstehung, sondern durch eine im Ergebnis etwa gleichwertige Bestimmung: Entnahmen in den folgenden Wirtschaftsjahren, die zu einem negativen Kapitalkonto führen oder dieses erhöhen (Einlageminderung im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG) und Beträge, um die in den folgenden Jahren die Haftung herabgesetzt wird (Haftungsminderung im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG), sind grundsätzlich bis zur Höhe der früher ausgleichs- und abzugsfähigen Verluste als fiktiver laufender Gewinn des Jahres der Einlage- oder Haftungsminderung zu versteuern, in gleicher Höhe wird der früher ausgleichs- und abzugsfähige Verlust in einen verrechenbaren Verlust umgewandelt, so als ob von vornherein eine geringere Einlage geleistet gewesen wäre oder eine geringere Haftung bestanden hätte und der Verlust bereits im Entstehungsjahr nur verrechenbar gewesen wäre. Der Kommanditist wird so gestellt, als ob von vornherein kein erhöhter Verlustausgleich nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG zulässig gewesen wäre (Wacker, in: Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 15a Rn. 150 und 173, m. w. N. zur Rechtsprechung).
Vorliegend ist eine Umgehung des Ausschlusses des Verlustausgleichs nach § 15a Abs. 1 EStG nicht zu befürchten. Soweit die Kommanditisten der Klägerin ihre Verluste in den Jahren vor 2004 ohne Beschränkung ausgleichen und abziehen konnten, beruht dies nicht auf einer Einlageerhöhung oder Haftungserweiterung, sondern auf ihrer Stellung als vollhaftende GbR-Gesellschafter und damit auf einer Nichtanwendbarkeit des § 15a Abs. 1 EStG. Sie haben keinerlei (vorübergehende) Maßnahmen ergriffen, die den Tatbestand des § 15a Abs. 1 EStG leer laufen lassen. Dementsprechend besteht kein Bedürfnis für eine analoge Anwendung des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG.
Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zur Umwandlung der Rechtsstellung des Kommanditisten in die eines persönlich haftenden Gesellschafters, wonach eine derartige Haftungserweiterung nicht zur Folge hat, dass verrechenbare Verluste der vorangegangenen Jahre im Jahr der Haftungserweiterung in ausgleichsfähige Verluste umgepolt werden (BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 38/02, BFHE 203, 477, BStBl II 2004, 115). Entsprechendes muss für den umgekehrten Weg der Umwandlung der Rechtsstellung des Vollhafters in die eines Kommanditisten gelten.
Zudem lässt sich die Rechtsfolge des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG nicht mit der hier einschlägigen Fallkonstellation in Einklang bringen. § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG sieht eine Gewinnzurechnung in Höhe des Betrags der Haftungsminderung (vermindert um auf Grund der Haftung tatsächlich geleistete Beträge) vor. Sofern an den Wechsel von der Vollhafter- in die Kommanditistenstellung angeknüpft werden soll, bestand jedoch vor der Haftungsbeschränkung eine unbeschränkte Haftung, so dass kein konkreter Haftungsminderungsbetrag ermittelt werden kann. Dies hätte zur Konsequenz, dass die Gewinnzurechnung stets den gesamten Betrag der Verlustanteile, der im Wirtschaftsjahr der Haftungsminderung und in den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen ist (§ 15a Abs. 3 Satz 2 EStG), umfassen würde. Dies widerspricht der Gesetzeskonzeption.
Die Gegenauffassung, die eine analoge Anwendung des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG befürwortet, ist abzulehnen. Sie weist im Wesentlichen darauf hin, dass der Wechsel von der Vollhafter- in die Kommanditistenstellung wirtschaftlich mit der Haftungsminderung im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG vergleichbar sei (Wilke, INF 2004, 69, 72). Dieses Argument überzeugt nicht. Denn § 15a Abs. 3 EStG stellt sich eben nicht als ein zu verallgemeinernder Rechtssatz des Inhalts dar, dass nachträgliche Änderungen der am Bilanzstichtag bestehenden Außenhaftung in allen Fällen zu Erhöhungen bzw. Minderungen der Ausgleichsmöglichkeit für in früheren Jahren erzielte Verluste führen. Eine Kongruenz von Haftungsumfang und Verlustausgleichsmöglichkeit soll gerade nicht in allen denkbaren Fällen gewährleistet werden (BFH-Urteil vom 14. Dezember 1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226; vgl. nunmehr § 15a Abs. 1a Satz 1 Alt. 1 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008, BGBl I 2008, 2794).
Die Übertragung der Ermittlung der festzustellenden Beträge auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Revisionsgründe des § 115 Abs. 2 FGO einschlägig ist.