FG München: Mehrfache Festsetzung der Gebühr für eine verbindliche Auskunft bei geplanter Übertragung von Grundbesitz auf eine noch zu gründende GmbH & Co. KG und anschließender schenkweiser Übertragung der GmbH- und KG-Anteile auf eine ebenfalls noch zu gründende Fa
FG München, Urteil vom 5.4.2017 – 4 K 2058/14
Volltext: BB-ONLINE BBL2017-1686-2
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Amtliche Leitsätze:
1. Beantragt der Steuerpflichtige eine verbindliche Auskunft für den Sachverhalt, dass er seinen Grundbesitz auf eine neu zu gründende GmbH & Co. KG übertragen und anschließend die Anteile der KG sowie der Komplementär-GmbH schenkweise auf eine ebenfalls neu zu gründende Familienstiftung übertragen würde, so ist jeweils von einem eigenständigen Antrag i. S. d. § 89 Abs. 3 Satz 1 AO auszugehen, soweit Gegenstand der verbindlichen Auskunft die künftige Besteuerung des Steuerpflichtigen selbst, die künftige Besteuerung der noch zu gründenden GmbH & Co.KG und die künftige Besteuerung der Stiftung ist. Die Finanzbehörde kann dann dreimal eine Gebühr nach § 89 Abs. 3 bis 5 AO für die verbindliche Auskunft betreffend drei unterschiedliche Steuerpflichtige festsetzen.
2. Der Senat teilt insoweit die Ansicht der Verwaltung in Tz. 4.1.3 Satz 2 des zu § 89 AO ergangenen Anwendungserlasses, wonach es sich jeweils um einen eigenständigen Antrag handelt, soweit sich die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts auf einen Steuerpflichtigen bezieht. Dies gilt auch in einem Fall wie dem Streitfall, in dem sich die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts auf drei Steuerpflichtige bezieht, der Antrag aber nur von einer einzigen Person – dem Steuerpflichtigen – gestellt worden ist, weil zwei der Steuerpflichtigen, deren künftige Besteuerung Gegenstand der verbindlichen Auskunft sein sollte, bei Antragstellung noch nicht existiert haben.
3. Beinhaltet eine Antragsschrift mehrere voneinander abgrenzbare Sachverhalte und werden zu jedem Sachverhalt konkrete Rechtsfragen gestellt, handelt es sich um mehrere Anträge auf Erteilung der verbindlichen Auskunft, die in einem Schriftsatz zusammengefasst sind.
AO § 89 Abs. 2, AO § 89 Abs. 3 S. 1, AO § 89 Abs. 4, AO § 89 Abs. 5 S. 1, AO § 89 Abs. 5 S. 2, GKG § 34, GKG § 39 Abs. 2, StAuskV § 1 Abs. 3
Sachverhalt
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides über die Festsetzung der Gebühr zur beantragten Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO).
Mit Schreiben vom 10. Mai 2013 stellte der Kläger beim Finanzamt X einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO). Dem Antrag lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war Eigentümer zahlreicher Immobilien. Ziel der im Antrag dargestellten Gestaltung war es, den Bestand des Immobilienvermögens in seiner jetzigen Form, unabhängig von Nachfolgefragen auch zukünftiger Generationen, zu sichern. Zur Erreichung dieses Ziels plante der Kläger den Immobilienbesitz, dessen wertvollster Teil sich in X befand, auf eine deutsche Familienstiftung übergehen zu lassen. Zunächst sollte das ausgewählte Immobilienvermögen in die noch zu gründende gewerblich geprägte A GmbH & Co.KG eingelegt werden. Alleingesellschafter der vermögensmäßig an der Kommanditgesellschaft nicht beteiligten Komplementär-GmbH, als auch alleiniger Kommanditist der KG sollte der Kläger werden. Im Anschluss sollte der Kläger die Anteile an der GmbH und der KG vollständig an die noch zu errichtende A Familienstiftung (A Stiftung) mit Sitz im Inland schenkweise übertragen. Zweck der A Stiftung sollte die Unterstützung der Abkömmlinge in gerader Linie des Stifters und deren Familien sowie die Erhaltung des Vermögens sein. Mit dem Antrag auf verbindliche Auskunft sollten neben einkommensteuerrechtlichen, schenkungsteuerrechtlichen und gewerbesteuerrechtlichen auch grunderwerbsteuerrechtliche Fragen, betreffend sowohl die Besteuerung des Klägers persönlich (Einkommensteuer, Grunderwerbsteuer, Schenkungsteuer), als auch die Besteuerung der noch zu gründenden A GmbH & Co.KG (Gewerbesteuer, Grunderwerbsteuer, Schenkungsteuer) und der noch zu gründenden A Stiftung (Grunderwerbsteuer, Schenkungsteuer) geklärt werden.
Bezüglich der Grunderwerbsteuer bat der Kläger um die Beantwortung folgender Rechtsfragen:
"Ist auf die Übertragung der unentgeltlich erworbenen Grundstücksteile gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten des Antragstellers in die Gesamthand, an welcher er zu 100 % vermögensmäßig beteiligt ist, die Steuervergünstigung des § 5 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes anwendbar, so dass durch diesen Vorgang keine Grunderwerbsteuer ausgelöst wird."
"Ist die schenkweise Übertragung der Anteile an der grundstücksbesitzenden GmbH & Co.KG von der Grunderwerbsteuer befreit."
Mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 übersandte das Finanzamt X dem beklagten Finanzamt (FA) den Antrag des Klägers auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und bat, bezüglich der grunderwerbsteuerrechtlichen Fragen in eigener Zuständigkeit zu entscheiden. Auch dem Finanzamt Y wurde der Antrag des Klägers übersandt, mit der Bitte, bezüglich der schenkungsteuerrechtlichen Fragen in eigener Zuständigkeit zu entscheiden.
Mit Schreiben vom 20. Januar 2014 teilte das FA dem Kläger mit, dass es für die Bearbeitung des Antrags in Sachen Grunderwerbsteuer zuständig sei. Ferner wies es den Kläger darauf hin, dass sich der Antrag des Klägers auf zwei Sachverhalte (Einbringung der Immobilien in die A GmbH & Co.KG sowie Übertragung der Anteile der A GmbH & Co.KG auf die A Stiftung) und zwei Steuerpflichtige (die A GmbH & Co.KG und die A Stiftung) beziehe, so dass für die Beurteilung der Sachverhalte in grunderwerbsteuerrechtlicher Hinsicht zweimal die Höchstgebühr festzusetzen sei.
Mit Bescheid vom 20. Januar 2014 setzte das FA die Gebühr zur beantragten Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO in Sachen Grunderwerbsteuer für die noch zu gründende A GmbH & Co.KG durch den Antragsteller i.H.v. 91.456 EUR fest.
Mit Bescheid ebenfalls vom 20. Januar 2014 setzte das FA die Gebühr zur beantragten Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO in Sachen Grunderwerbsteuer für die noch zu gründende A Stiftung durch den Antragsteller i.H.v. 91.456 EUR fest.
Mit Schreiben vom 4. Februar 2014 legte der Kläger gegen beide Gebührenbescheide Einspruch ein. Da weder die A GmbH & Co.KG noch die A Stiftung bei Antragstellung existent gewesen seien, läge im Streitfall nur ein einziger Antrag eines Steuerpflichtigen vor, so dass im Streitfall, unabhängig davon, dass sich der Sachverhalt auf mehrere Steuerarten auswirke, insgesamt lediglich einmal die Höchstgebühr anzusetzen sei. Schließlich seien die vorgenommenen Gebührenfestsetzungen jeweils auf den Höchstbetrag bereits in rechnerischer Hinsicht falsch. Im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuer sei lediglich von einer steuerlichen Auswirkung i.H.v. 4.709.000 EUR auszugehen. Die Gebühr in Sachen Grunderwerbsteuer belaufe sich daher nur auf 15.583 EUR.
Nach interner Absprache kamen die beteiligten Finanzämter überein, im Rahmen des Ermessens für alle drei betroffenen Steuerpflichtigen (den Kläger, die A GmbH & Co.KG und die A Stiftung) insgesamt zweimal die Höchstgebühr festzusetzen. Da allein dem Antrag betreffend die Einkommensteuer des Klägers ein Gegenstandswert von über 30.000.000 EUR zugrunde lag, sollte das Finanzamt X gegen den Kläger einmal die Höchstgebühr festsetzen. Die zweite Höchstgebühr sollte vom FA festgesetzt werden. Dazu sollten die vom FA am 20. Januar 2014 erlassenen Gebührenbescheide dergestalt geändert werden, dass für die A Stiftung eine Gebühr allein aus dem Gegenstandswert zur Grunderwerbsteuer und für die A GmbH & Co.KG eine Höchstgebühr abzügl. der für die A Stiftung festgesetzten Gebühr festgesetzt werden sollten. Das für die Bearbeitung des Antrags in schenkungsteuerrechtlicher Hinsicht zuständige Finanzamt Y sollte keine Gebühr gegen den Kläger festsetzen.
Mit Bescheid vom 26. Mai 2014 setzte deshalb das Finanzamt X gegen den Kläger die Gebühr zur beantragten Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO i.H.v. 91.456 EUR fest. Die Gebühr wurde nach einem Gegenstandswert von über 30.000.000 EUR berechnet. Zur Bemessung des Gegenstandswerts wurde die steuerliche Auswirkung bei allen die Besteuerung des Klägers persönlich betreffenden Steuerarten herangezogen.
Mit gem. § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO geändertem Bescheid vom 26. Mai 2014 setzte das FA die Gebühr zur beantragten Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO in Sachen Grunderwerbsteuer für die noch zu gründende A Stiftung durch den Antragsteller i.H.v. 15.706 EUR fest. Die Gebühr wurde nach dem vom Kläger für die Grunderwerbsteuer errechneten Gegenstandswert i.H.v. 4.709.000 EUR festgesetzt.
Mit gem. § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO geändertem Bescheid vom 26. Mai 2014 setzte das FA die Gebühr zur beantragten Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO in Sachen Grunderwerbsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die noch zu gründende A GmbH & Co.KG durch den Antragsteller i.H.v. 75.750 EUR fest. Die Gebühr errechnete das FA, das von einem Gegenstandswert von über 30.000.000 EUR ausging, indem es von der Höchstgebühr i.H.v. 91.456 EUR die Gebühr für den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO in Sachen Grunderwerbsteuer für die noch zu gründende A Stiftung i.H.v. 15.750 EUR abzog.
Gegen den Gebührenbescheid des Finanzamts X sowie gegen die geänderten Gebührenbescheide des FA legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein.
Am 17. Juni 2014 erteilte das FA dem Kläger als Antragsteller verbindliche Auskunft für die noch zu gründende A Stiftung i.S. Grunderwerbsteuer.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2014 wies das FA den Einspruch des Klägers vom 30. Mai 2014 gegen den Gebührenbescheid vom 26. Mai 2014, mit dem das FA die Gebühr für den Antrag des Klägers zur Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO in Sachen Grunderwerbsteuer für die noch zu gründende A Stiftung i.H.v. 15.706 EUR festgesetzt hatte, als unbegründet zurück. Die Einsprüche gegen die Gebührenbescheide des FA betreffend die A GmbH & Co.KG sowie des Finanzamts X brachte das FA mit Einverständnis des Klägers zum Ruhen.
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger nun gegen den geänderten Gebührenbescheid vom 26. Mai 2014 mit dem das FA die Gebühr für den Antrag des Klägers zur beantragten Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO in Sachen Grunderwerbsteuer für die noch zu gründende A Stiftung i.H.v. 15.706 EUR festgesetzt hat. Zur Begründung der fristgerecht eingelegten Klage trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Eine mehrfache Festsetzung der Höchstgebühr für eine verbindliche Auskunft, die –wie im Streitfall– einen einzigen Lebenssachverhalt betreffe, sei nicht zulässig. Ein steuerlicher Erwerbsvorgang nach § 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) sei nicht mit einem Sachverhalt i.S.v. § 89 AO gleichzusetzen. Unter dem Begriff des Sachverhalts sei ein einheitlicher Lebenssachverhalt zu verstehen, der sich aber aus mehreren Einzeltatsachen –wie z.B. mehreren Erwerbsvorgängen nach § 1 GrEStG– zusammensetzen könne. Daher könne ein Sachverhalt auch aus zeitlich auseinanderliegenden einzelnen Schritten bestehen. Auch beziehe sich der Antrag nur auf den Sachverhalt eines Steuerpflichtigen. Da die A GmbH & Co.KG und die A Stiftung bei Antragstellung noch nicht existent gewesen seien, könnten sie nicht als Steuersubjekte herangezogen werden.
Der Kläger beantragt,
den Gebührenbescheid vom 20. Januar 2014 in Sachen Grunderwerbsteuer für die noch zu gründende A Stiftung durch den Antragsteller in Gestalt des geänderten Gebührenbescheids vom 26. Mai 2014 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2014 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA ist der Ansicht, es seien zu Recht zwei Höchstgebühren für den Antrag des Klägers festgesetzt worden. Die Gebühr nach § 89 AO werde für jeden Antrag auf verbindliche Auskunft festgesetzt. Der Schriftsatz des Klägers vom 10. Mai 2013 beinhalte die Beurteilung mehrerer Sachverhalte für mehrere Steuerpflichtige und damit mehrere Anträge. Dass die unterschiedlichen Sachverhalte in einem einzigen Schreiben zusammengefasst worden seien und Antragsteller nur der Kläger sei, ändere daran nichts. Da für die Erteilung der Auskunft und für die Gebührenfestsetzung der Sachverhalt maßgebend sei, wie er sich bei Verwirklichung des Sachverhalts darstelle, könne hier nicht darauf abgestellt werden, dass die A GmbH & Co. KG und die A Stiftung im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht existent gewesen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gem. § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Grunderwerbsteuer- bzw. Rechtsbehelfsakte des FA sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Entscheidung ergeht im Einvernehmen der Parteien gem. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.
Aus den Gründen
II.
1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die streitige Gebührenfestsetzung gegenüber dem Kläger ist weder dem Grunde nach noch der Höhe nach zu beanstanden.
a)a)
Die Finanzämter können gemäß § 89 Abs. 2 AO auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht.
Gemäß § 89 Abs. 3 Satz 1 AO wird für die Bearbeitung eines Antrags nach Absatz 2 eine Gebühr nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 erhoben. Gem. § 89 Abs. 4 Satz 1 AO wird die Gebühr grundsätzlich nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Gem. § 89 Abs. 5 Satz 1 AO bestimmt sich die Gebühr in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes (GKG) mit einem Gebührensatz von 1,0. Gem. § 89 Abs. 5 Satz 2 AO i.V.m. § 39 Abs. 2 GKG beträgt der Höchstgegenstandswert 30.000.000 EUR. Die Gebührenpflicht trifft den Antragsteller als Gebührenschuldner. Als Antragsteller und zugleich Gebührenschuldner i.S.d. § 89 Abs. 3 bis 5 AO ist derjenige anzusehen, in dessen Namen der Antrag gestellt wird (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 9. März 2016 I R 66/14, BStBl II 2016, 706). Die verfahrensrechtliche Selbständigkeit der Besteuerung verschiedener Steuerpflichtiger im Hinblick auf die Steuerfestsetzung und das hieraus für jeden Adressaten einer solchen Festsetzung resultierende Erfordernis, für sich eine Auskunft zu erwirken, um eine Bindungswirkung herbeizuführen, nimmt der Gebührentatbestand auf, indem gegenüber jedem Antragsteller eine eigene Gebühr festzusetzen ist, auch wenn die Antragsteller die verbindliche Auskunft in Bezug auf denselben Sachverhalt beantragen (BFH-Urteil vom 9. März 2016 I R 66/14, BStBl II 2016, 706). Antragsteller und Steuerpflichtiger sind in der Regel identisch, wenn der Steuerpflichtige, dessen künftige Besteuerung Gegenstand der verbindlichen Auskunft sein soll, bei Antragstellung bereits existiert. Eine dritte Person hat in diesen Fällen im Regelfall kein eigenes berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung hinsichtlich der Besteuerung eines anderen bereits existierenden Steuerpflichtigen. Existiert der Steuerpflichtige –wie im Streitfall die A GmbH & Co.KG und die A Stiftung– bei Antragstellung noch nicht, kann bei berechtigtem Interesse auch ein Dritter –hier der Kläger– Antragsteller sein (§ 1 Abs. 3 StAuskV). Die dem Dritten erteilte verbindliche Auskunft entfaltet dann gegenüber dem künftigen Steuerpflichtigen Bindungswirkung. Beinhaltet eine Antragsschrift mehrere voneinander abgrenzbare Sachverhalte und werden zu jedem Sachverhalt konkrete Rechtsfragen gestellt, handelt es sich um mehrere Anträge auf Erteilung der verbindlichen Auskunft, die in einem Schriftsatz zusammengefasst sind.
b)b)b)b)
Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat das FA nach Ansicht des Senats zu Recht für die Erteilung der verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO in Sachen Grunderwerbsteuer für die noch zu gründende A Stiftung gegen den Kläger als Antragsteller eine Gebühr i.H.v. 15.750 EUR festgesetzt. Nach Ansicht des Senats handelt es sich um einen eigenständigen Antrag, soweit der Kläger die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts auf die künftige Besteuerung der A Stiftung bezogen hat. Für diesen Antrag konnte eine eigene Gebühr, der Höhe nach begrenzt durch den Gegenstandswert, festgesetzt werden.
aa) Zwar stimmt das Gericht mit dem Kläger überein, dass dem Antrag des Klägers nur ein einheitlicher Sachverhalt zugrunde gelegen hat. Denn bei einem Antrag auf verbindliche Auskunft bestimmt nach Ansicht des Senats nicht ein einzelner Steuertatbestand, sondern das vom Antragsteller geplante Vorhaben die Reichweite des Sachverhalts. Alle Schritte, die der Steuerpflichtige zur Vorbereitung und Umsetzung dieses Vorhabens vorzunehmen beabsichtigt, bilden zusammen einen Sachverhalt. Dies gilt nach Ansicht des Senats gerade in einem Fall wie dem Streitfall, bei dem zur Erreichung des angestrebten Ziels mehrere Teilschritte vollzogen werden müssen. Eine separate Auskunft über einen einzelnen Teilschritt, an dem der Steuerpflichtige isoliert kein wirtschaftliches Interesse hat, wäre dann wertlos. Deshalb bilden alle Schritte, die der Kläger zur Umsetzung seines Ziels, das Immobilienvermögen für zukünftige Generationen zu sichern, vorgenommen hat, also sowohl die vorbereitende Einbringung der Immobilien in die A GmbH & Co.KG, als auch die nachfolgende Übertragung der KG-Anteile in die A Stiftung, zusammen einen Sachverhalt.
bb) Jedoch handelt es sich nach Ansicht des Senats jeweils um einen eigenständigen Antrag i.S.d. § 89 Abs. 3 Satz 1 AO, soweit Gegenstand der verbindlichen Auskunft die künftige Besteuerung des Klägers selbst, die künftige Besteuerung der noch zu gründenden A GmbH & Co.KG und die künftige Besteuerung der A Stiftung gewesen ist. Der Senat teilt insoweit die Ansicht der Verwaltung in Tz. 4.1.3 Satz 2 des zu § 89 AO ergangenen Anwendungserlasses, wonach es sich jeweils um einen eigenständigen Antrag handelt, soweit sich die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts auf einen Steuerpflichtigen bezieht. Dies gilt nach Ansicht des Senats auch in einem Fall wie dem Streitfall, in dem sich die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts auf drei Steuerpflichtige bezieht, der Antrag aber nur von einer einzigen Person –dem Kläger– gestellt worden ist, weil zwei der Steuerpflichtigen, deren künftige Besteuerung Gegenstand der verbindlichen Auskunft sein sollte, bei Antragstellung noch nicht existiert haben. Nur weil die A GmbH & Co.KG und die A Stiftung bei Antragstellung noch nicht existiert haben, konnte der Kläger gem. § 1 Abs. 3 der Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) im Streitfall die Anträge betreffend die künftige Besteuerung der A GmbH & Co.KG und der A Stiftung stellen. Dieser Sonderfall kann nach Ansicht des Gerichts aus gebührenrechtlicher Sicht nicht anders behandelt werden, als wenn die A GmbH & Co.KG und die A Stiftung bei Antragstellung bereits existent gewesen wären. In diesem Fall wären Antragsteller und Gebührenschuldner neben dem Kläger auch die A GmbH & Co.KG sowie die A Stiftung gewesen und gegen jeden Antragsteller hätte eine eigene Gebühr, jeweils begrenzt durch den Gegenstandswert, festgesetzt werden können.
cc) Da es sich nach Ansicht des Senats um einen selbständigen Antrag i.S.d. § 89 Abs. 3 Satz 1 AO handelt, soweit die künftige Besteuerung der noch zu gründenden A Stiftung Gegenstand der verbindlichen Auskunft war, steht der Festsetzung der Gebühr i.H.v. 15.706 EUR für die beantragte Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO in Sachen Grunderwerbsteuer für die noch zu gründende A Stiftung durch das FA nicht entgegen, dass das Finanzamt X für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft betreffend die künftige Besteuerung des Klägers selbst bereits einmal die Höchstgebühr i.H.v. 91.456 EUR gegen den Kläger festgesetzt hat.
c)
Die vom FA mit Änderungsbescheid vom 26. Mai 2014 gegen den Kläger festgesetzte Gebühr i.H.v. 15.706 EUR für die beantragte Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO in Sachen Grunderwerbsteuer für die noch zu gründende B Stiftung entspricht § 89 Abs. 5 Satz 1 AO i.V.m. § 34 GKG. Der ihr zugrunde gelegte Gegenstandswert in Höhe von 4.709.000 EUR ist nicht zu beanstanden.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), weil zu den hier entschiedenen Fragen bislang noch keine bundesgerichtliche Rechtsprechung besteht.