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Steuerrecht
24.05.2013
Steuerrecht
FG Köln: Maßgeblichkeit der Grundbesitzwerte

FG Köln, Urteil vom 27.2.2013 - 4 K 1543/09

Sachverhalt

Am 1.12.2006 schlossen Frau J - in dem Vertrag als Veräußerin bezeichnet - und die Klägerin - in dem Vertrag als Erwerberin bezeichnet - vor dem Notar N (Notar) einen notariell beurkundeten Vertrag (UR-Nr a für 2006), den sie als „Auseinandersetzungsvertrag und Auflassung" bezeichneten. Die beiden anwesenden Ehemänner der beiden Vertragspartnerinnen genehmigten jeweils die Erklärungen ihrer Ehefrauen. Der Vertrag ist in die Abschnitte A - Grundstücks- und Gesellschaftsverhältnisse -, B - Auflösung und Auseinandersetzung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts - und C - Gemeinsame Regelungen - unterteilt.

In Abschnitt A ist ausgeführt, dass die Vertragspartnerinnen jeweils zur Hälfte an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligt sind und sie in dieser Eigenschaft Eigentümerinnen des im Grundbuch des Amtsgerichts C von F Bl. b verzeichneten Grundstücks Gemarkung F, Flur 1, Flurstück c, Gebäude- und Freifläche, auf dem Hügel d, Handel und Dienstleistungen, 302 qm (Grundstück) sind. Weiter ist ausgeführt, dass in Abteilung III des Grundbuchs Briefgrundschulden für die Sparkasse C i.H.v. 280.000 DM und 320.000 DM eingetragen sind und dass die, diesen Grundschulden zu Grunde liegenden Schuldverbindlichkeiten, von der Erwerberin nach Maßgabe der nachfolgenden Vereinbarungen übernommen werden.

In Abschnitt B ist unter I - Auflösung - ausgeführt, dass die zwischen den Vertragspartnerinnen bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Ablauf des 31.12.2006 aufgelöst wird.

Der Abschnitt B ist unter II - Auseinandersetzung - in zwei Abschnitte aufgeteilt. Im ersten Abschnitt wird vereinbart, dass das Grundstück zukünftig im Alleineigentum der Klägerin stehen soll. Im zweiten Abschnitt ist bestimmt, dass zwei Gesellschaftskonten mit einem Guthabenstand von insgesamt ca. 12.000 € mit Ablauf des 31.12.2006 zu kündigen sind und die vorhandenen Guthaben nach Abzug etwaiger Kosten geteilt werden.

In Abschnitt B unter III - Schuldübernahme, Übernahme von Belastungen - ist zunächst geregelt, dass die Erwerberin die den Grundpfandrechten zu Grunde liegenden Verbindlichkeiten in Höhe des hälftigen Anteils, der im Innenverhältnis zwischen den bisherigen Gesellschaftern von der Veräußerin zu erbringen ist, übernimmt. Neben weiteren Bestimmungen wird sodann ausgeführt, dass die Vertragspartnerinnen die voraussichtliche Höhe der zum 1.1.2007 noch bestehenden Verbindlichkeiten mit insgesamt etwa 230.756 € annehmen und dass, falls die Verbindlichkeiten zum genannten Zeitpunkt höher oder niedriger ausfallen sollten, sie im Innenverhältnis auszugleichen sind.

In Abschnitt B unter V - Besitzübergang, Mietverhältnisse - wird u. a. bestimmt, dass der mit den „Architekten T + J" bestehende Mietvertrag, der der heutigen Urkunde zu Beweiszwecken als Anlage beigefügt sei, einvernehmlich mit Ablauf des 31.12.2006 aufgehoben wird.

In Abschnitt B unter VI - Sach- und Rechtsmängel - wird u. a. ausgeführt, der Erwerber kenne den Grundbesitz genau und übernehme diesen in dem Zustand, in welchem er heute stehe und liege. Etwaige Mängelansprüche gegen den Mieter aus dem vorgenannten Mietvertrag werden an den Erwerber mit Wirkung zum Tage der Eigentumsumschreibung ohne Gewähr für Bestand und Durchsetzbarkeit abgetreten. Im übrigen wurden alle Ansprüche und Rechte wegen Sachmängeln am Kaufobjekt ausgeschlossen, ausgenommen bei Vorsatz. Der Veräußerer haftet insbesondere nicht für die Größe des Grundstücks, den Bauzustand bestehender Gebäude und für die Verwendbarkeit des Kaufobjekts für steuerliche Ziele oder sonstige Zwecke des Erwerbers.

In Abschnitt B unter VII - Auflassung, Grundbucherklärungen - ist u. a. bestimmt, dass die Beteiligten sich darüber einig sind, dass das Eigentum an dem in Teil A näher bezeichneten Grundbesitz gemäß den Vereinbarungen in Teil B Abschnitt II Ziffer 1 auf die Klägerin zu Alleineigentum übergeht. Die Beteiligten bewilligen und beantragen sodann die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch.

In Abschnitt C - Gemeinsame Regelungen - ist u. a. bestimmt, dass die Erwerberin die Grunderwerbsteuer trägt.

Bis zum 31.12.2006 hatten die Klägerin und Frau J in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts das Grundstück an eine Architektengemeinschaft vermietet, an der zuletzt die beiden Ehemänner der Grundstückseigentümerinnen beteiligt waren. Bei Erwerb des Grundstücks war an der Architektengemeinschaft noch ein dritter Architekt beteiligt gewesen. Dieser hatte das im Streitfall zu bewertende Grundstück ausgesucht. Für dieses Grundstück war beim Erwerb ein Preis von 250.000 € bezahlt worden. Die beiden Gesellschafterinnen der früheren GbR hatten über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren vergeblich versucht das Grundstück für einen ihrer Ansicht nach angemessenen Preis zu verkaufen. Dies war sowohl durch eigene Aktivitäten erfolgt (Schaltung von Anzeigen) als auch durch Beauftragung mehrerer Makler. Das höchste den beiden Gesellschafterinnen der früheren GbR unterbreitete Angebot betrug 200.000 €. Da die beiden Gesellschafterinnen der früheren GbR nicht einen derart hohen Verlust in Kauf nehmen wollten, einigten sie sich schließlich dahingehend, dass die Klägerin das Grundstück als Alleineigentümerin erhalten sollte und hierfür die gesamten auf dem Grundstück lastenden Schulden übernehmen sollte.

Das Finanzamt C bat das Finanzamt C1 mit Anfrage vom 13.2.2007, den Grundbesitzwert festzustellen, da ein Fall des § 1 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes der im Streitjahr geltenden Fassung (GrEStG) vorliege. Das Finanzamt C1 bat die Klägerin eine Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwertes vorzulegen. Diese Erklärung ging am 9.3.2007 im FA ein.

Das Finanzamt C1 erließ daraufhin den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 1.12.2006 für Zwecke der Grunderwerbsteuer vom 22.3.2007. In diesem stellte es den Wert der wirtschaftlichen Einheit mit 269.500 € fest. Es ermittelte diesen Wert mit dem nach § 146 Abs. 2 bis 6 des Bewertungsgesetzes der im Streitjahr geltenden Fassung (BewG) vorgesehenen Verfahren. Die Zurechnung erfolgte dergestalt, dass es das Grundstück bisher Frau J und der Klägerin zu je 1/2 mit 134.750 € und nachher der Klägerin zu 1/1 zurechnete.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Sie machte geltend, bei der Bewertung des Grundbesitzes sei unterstellt worden, dass die Gegenleistung unentgeltlich sei. Tatsächlich habe sie laut Kaufvertrag die Hälfte der Darlehenssalden zum 31.12.2006 übernommen. Diese setzten sich wie folgt zusammen:

Darlehen Sparkasse LC 512550336

21.948,58

Darlehen Sparkasse LC 512303561

208.756,13

Summe

230.704,71

davon 1/2

115.352,36

Insofern betrage der maßgebliche Grundbesitzwert zum 31.12.2006 230.704,71 € und der Wert des von ihr erworbenen Anteils 115.352,36 €.

Hierauf teilte das Finanzamt C1 mit, nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG sei der Grundstückswert für das bebaute Grundstück anhand des 12,5 fachen der durchschnittlich erzielten Jahresmiete, reduziert um eine Alterswertminderung anzusetzen. Betriebskosten und andere Belastungen seien nicht in diese Berechnung mit einzubeziehen. Die von der Klägerin im Einspruchsschreiben geltend gemachten Darlehensbelastungen seien eventuell im Grunderwerbsteuerfestsetzungsverfahren geltend zu machen. Bei der Grundbesitzwertfeststellung blieben sie außer Betracht.

Anschließend fragte das Finanzamt C1 beim Finanzamt C an, ob der Grundbesitzwertbescheid nicht aufgehoben werden kann. Es handele sich zwar um eine Personengesellschaft mit ursprünglich zwei Beteiligten, von denen einer jetzt im Besitz des gesamten Grundstücks sei. Die Übernahme der Darlehensschuld könnte jedoch als Gegenleistung, Kaufpreis (§ 8 Abs. 1 GrEStG) i.H.v. 115.352,36 € zu werten sein.

Hierauf antwortete das Finanzamt C, der der Besteuerung zu Grunde liegende Vertrag des Notars sei ein Vertrag über die Auflösung und Auseinandersetzung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Dieser Vorgang unterliege gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Besteuerungsgrundlage in solchen Fällen sei, da es sich um einen Vorgang auf gesellschaftsrechtlicher Basis handele, unabhängig von allen vertraglichen Vereinbarungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG der Grundbesitzwert.

Ausweislich eines Aktenvermerks des Beklagten vom 6.4.2009, war zu diesem Zeitpunkt das Urteil des FG Köln vom 12.12.2008, 5 K 3696/07 über die im Streitfall festgesetzte Grunderwerbsteuer bereits ergangen. Danach sei nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG ein Bedarfswert festzustellen. Der Vorgang sei grunderwerbsteuerpflichtig.

Das Finanzamt C1 wies den Einspruch als unbegründet zurück. Es führte in der abweisenden Einspruchsentscheidung u. a. aus, der Grundbesitzwert sei in zutreffender Höhe festgestellt worden.

Gemäß § 138 Abs. 3 BewG seien für die wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens die Grundstückswerte abweichend von § 9 BewG (gemeiner Wert) mit einem typisierenden Wert unter Anwendung der §§ 139 und 145-150 BewG zu ermitteln. Nach § 146 Abs. 2 BewG sei der Wert eines bebauten Grundstücks das 12,5 fache der für dieses im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt erzielten Jahresmiete, vermindert um die Wertminderung wegen des Alters. In der Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwertes sei für das Objekt eine übliche Miete von monatlich 2.249,68 € erklärt worden. Daraus ergebe sich eine durchschnittlich erzielte Jahresmiete in Höhe von 26.996 €. Dieser Mietwert sei bei der Berechnung des Grundbesitzwertes zu Grunde gelegt worden. Nach Abzug der Alterswertminderung ergebe sich ein Grundbesitzwert i.H.v. 269.500 €. Für die Ermittlung des Grundbesitzwertes nach §§ 139 und 145-150 BewG sei es unerheblich, ob bei einer Übertragung des Grundstücks eine Gegenleistung gezahlt worden sei oder nicht. Grundbesitzwerte würden nur im Bedarfsfall festgestellt. Die Entscheidung darüber, ob eine gesonderte Feststellung erforderlich sei, obliege dem für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt. Ob ein Grundbesitzwert für Zwecke der Grunderwerbsteuer festzustellen sei, sei daher von dem für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt, hier dem Finazamt C zu entscheiden. Hierzu werde auf das gegenüber der Klägerin ergangene Urteil des FG Köln vom 12.12.2008, 5 K 3696/07 verwiesen.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, der mit Bescheid vom 22.3.2007 festgesetzte Grundbesitzwert auf den 1.12.2006 für Zwecke der Grunderwerbsteuer betrage 269.000 €. Für den von ihr erworbenen Anteil sei ein Betrag von 134.750 € angesetzt worden. Als Bemessungsgrundlage sei aber die Gegenleistung zu Grunde zu legen, die sich aus der Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten, die auf der Immobilie lasteten, ergebe.

Diese bestünden aus:

Darlehen Sparkasse LC 512550336

21.948,58

Darlehen Sparkasse LC 512303561

208.756,13

Summe

230.704,71

davon 1/2

115.352,36

Die Schuldübernahme i.H.v. 115.352,36 € sei der Gegenstandswert des Kaufvertrags vom 1.12.2006. Der Beklagte habe bis zum heutigen Tag nicht darlegen können, was für die Erhöhung der vertragsmäßigen Gegenleistung, ausgedrückt durch den Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 1.12.2006 für Zwecke der Grunderwerbsteuer, verantwortlich sein solle.

Da sie und Ihre Mitgesellschafterin mehr als zwei Jahre vergeblich versucht hätten, das Grundstück zu einem angemessenen Preis zu verkaufen, hätten sie sich unter Druck auf die im Streitfall getroffene Vereinbarung geeinigt, da sie die zwischen ihnen bestehende Gesellschaft hätten beenden wollen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 1.12.2006 für Zwecke der Grunderwerbsteuer vom 22.03.2007 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 7.4.2009 dergestalt zu ändern, dass der Grundbesitzwert i.H.v. 230.704 € festgestellt wird und der von der Klägerin erworbene Anteil i.H.v. 115.152,36 angesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Rechtsansicht fest.

Mit Schreiben vom 30.11.2012 hatte der Berichterstatter bei dem Beklagten angefragt, ob der Klage abgeholfen werden könne, da ein niedrigerer Verkehrswert durch die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten in dem abgeschlossenen Auseinandersetzungsvertrag nachgewiesen worden sein könnte.

Hierauf hatte der Beklagte geantwortet, er halte an der in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest. Nach der Rechtsprechung finde § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 3 GrEStG Anwendung, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein Grundstück aufgrund einer von den gesetzlichen Regelungen abweichenden Vereinbarung im Sinne des § 731 BGB auf einen Gesellschafter übergehe (vgl. BFH-Urteil vom 11.6.2008, BStBl. II 2008, 879). Gemäß § 146 Abs. 7 BewG alter Fassung sei der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zulässig. Dieser könne gemäß R 177 ErbStR 2003 durch ein Gutachten oder einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommenen Kaufpreis erfolgen. Die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten im Auseinandersetzungsvertrag selbst stelle aber nicht einen derartigen Kaufpreis dar. Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung sei bei Verträgen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage - aus Vereinfachungsgründen - die Gegenleistung in einem besonderen Verfahren zu ermitteln bzw. zu überprüfen. Würde man die gesellschaftsvertragliche Bemessungsgrundlage übernehmen, liefe die gesetzliche Regelung ins Leere.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet. Denn die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstücks zum Bewertungsstichtag niedriger als der vom Finanzamt C festgestellte Grundbesitzwert war.

1. Zu Recht hat der Beklagte den Grundbesitzwert nach § 146 Abs. 2-6 BewG ermittelt.

a) Der Wert eines bebauten Grundstücks ist nach § 146 Abs. 2 S. 1 BewG das 12,5fache der für dieses im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt erzielten Jahresmiete, vermindert um die Wertminderung wegen des Alters des Gebäudes (§ 146 Abs. 4 BewG). Jahresmiete ist das Gesamtentgelt, das die Mieter für die Nutzung der bebauten Grundstücke aufgrund vertraglicher Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen haben (§ 146 Abs. 2 S. 2 BewG). Betriebskosten sind nicht einzubeziehen (§ 146 Abs. 2 S. 3 BewG). Wurde ein bebautes Grundstück an Angehörige (§ 15 der Abgabenordnung - AO -) des Eigentümers vermietet, tritt an die Stelle der Jahresmiete die übliche Miete (§ 146 Abs. 3 S. 1 BewG). Die übliche Miete ist die Miete, die für nach Art, Lage, Größe, Ausstattung und Alter vergleichbarer, nicht preisgebundener Grundstücke von fremden Mietern bezahlt wird; Betriebskosten sind hierbei nicht einzubeziehen (§ 146 Abs. 3 S. 2 BewG). Die Wertminderung wegen Alters des Gebäudes beträgt für jedes Jahr, das seit Bezugsfertigkeit des Gebäudes bis zum Besteuerungszeitpunkt vollendet worden ist, 0,5 vom 100, höchstens jedoch 25 vom 100 des Wertes nach den Abs. 2 und 3 (§ 146 Abs. 4 S. 1 BewG).

b) Der Beklagte hat sich in dem angefochtenen Bescheid an diese Bestimmungen gehalten. Er hat, der Erklärung der Klägerin folgend, eine durchschnittliche Jahresmiete von 26.996 € angesetzt, diese mit einem Vervielfältiger von 12,5 multipliziert und einen Ausgangswert von 337.450 € berücksichtigt. Von diesem hat er, da das Jahr der Bezugsfertigkeit das Jahr 1996 war, einen Abschlag von 67.490 € vorgenommen und einen Gebäudewert im Ertragswertverfahren von 269.960 € ermittelt und diesen, gerundet auf volle 500 € nach unten, als Wert der wirtschaftlichen Einheit i.H.v. 269.500 € festgestellt.

2. Demgegenüber hat die Klägerin nicht gemäß § 146 Abs. 7 BewG nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstücks niedriger als der nach den Abs. 2-6 ermittelte Wert war.

a) Nach § 9 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der einzelnen Wirtschaftsgüter bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Das ist bei Grundstücken regelmäßig der Verkehrswert (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26.4.2006 II R 58/04, BFHE 213, 207, BStBl II 2006, 793 m. w. N.). Dieser Nachweis kann regelmäßig durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah erzielten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück oder vergleichbare Grundstücke oder ein Sachverständigengutachten geführt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 14.12.2006, II B 53/06, BFH/NV 2007 S. 403).

b) Einen derartigen Nachweis hat die Klägerin im Streitfall nicht geführt.

aa) Die Klägerin hat nicht durch eine nach dem BewG zulässige Methode nachgewiesen, dass der Verkehrswert des Grundstücks zum Bewertungsstichtag niedriger als der vom Finanzamt C festgestellte Grundbesitzwert war.

Die Klägerin hat kein Sachverständigengutachten vorgelegt, durch das ein niedrigerer Verkehrswert nachgewiesen wird.

Die Klägerin hat einen niedrigeren Verkehrswert auch nicht durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah erzielten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück nachgewiesen.

Als gewöhnlicher Geschäftsverkehr ist der Handel nach den wirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage zu verstehen, bei dem die Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern in Wahrung ihrer eigenen Interessen handeln (BFH-Urteile vom 14.2.1969 III 88/65, BFHE 95, 334, BStBl II 1969, 395; vom 7.12.1979 III R 45/77, BFHE 129, 394, BStBl II 1980, 234; vom 28.11.1980 III R 86/78, BFHE 132, 482, BStBl II 1981, 353, vom 5.3.1986 II R 232/82, BFHE 146, 460, BStBl II 1986, 591 und vom BFH 26.4.2006, II R 58/04, BFHE 213, 207, BStBl. II 2006, 793).

Der von der Klägerin und Frau J abgeschlossene „Auseinandersetzungsvertrag und Auflassung" vom 1.12.2006 kann nicht einem im gewöhnlichen Geschäftsverkehr geschlossenen Kaufvertrag gleichgestellt werden.

Denn die Klägerin und Frau J standen sich nicht als fremde Dritte, sondern als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegenüber, die sie zu diesem Zeitpunkt auflösen wollten. Das Interesse der Frau J und der Klägerin lag deswegen nicht nur darin, einen angemessenen Ausgleich für die Grundstücksübertragung zu erzielen. Vielmehr lag es auch darin, die Gesellschaft mit einem für beide Gesellschafter befriedigenden Ergebnis zu beenden. Aus diesem Grund verfolgten die Partner des Auseinandersetzungsvertrag nicht nur ihre eigenen Interessen, die für die Veräußerin darin lagen, einen möglichst hohen Preis für die Überlassung des Grundstücks zu erhalten und für die Erwerberin darin bestanden, möglichst wenig für den Erwerb des Grundstücks zu bezahlen. Vielmehr hatten die Partner des Auseinandersetzungsvertrags auch gleichgerichtete Interessen. Diese lagen darin den Verlust, den sie durch den überhöhten Kaufpreis für den Erwerb des Grundstücks bezahlt hatten, auf beide Partner zu verteilen. Der von den Partnern des Auseinandersetzungsvertrags vereinbarte Kaufpreis orientierte sich deswegen nicht nur an dem am Markt erzielbaren Preis, sondern auch an dem ursprünglich bezahlten Ankaufspreis.

bb) Gegen die Heranziehung des in dem Auseinandersetzungsvertrag vereinbarten Kaufpreises für die Übertragung des hälftigen Grundstücksanteils als Grundlage für den Nachweis eines niedrigeren Verkehrswertes als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer spricht aber auch die Gesetzessystematik. Denn § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 3. Alt. GrEStG schließt bei Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage die Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung gerade aus und ordnet stattdessen die Bestimmung dieser Bemessungsgrundlage nach den Werten im Sinne des §§ 138 Abs. 2 oder 3 BewG an. Wollte man für die danach gemäß § 138 Abs. 3 BewG vorzunehmende Ermittlung des Grundstückswertes unter Anwendung der §§ 139 und 145-150 BewG unter dem Gesichtspunkt eines im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielten Kaufpreises auf ein in dem Auseinandersetzungsvertrag vereinbartes Entgelt für die Grundstücksübertragung zurückgreifen, so würde dies dem sich aus § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2  3. Alt. GrEStG ergebenden gesetzgeberischen Willen zuwider laufen. Denn im Ergebnis würde die Feststellung eines niedrigeren Verkehrswertes gemäß § 146 Abs. 7 BewG dann wieder auf dem Wert der Gegenleistung basieren und die Vorstellung des Gesetzgebers, bei Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nicht das vereinbarte Entgelt als Bemessungsgrundlage zu Grunde zu legen, auf dem Umweg über die Bewertung gemäß § 138 Abs. 3 BewG in ihr Gegenteil verkehrt.

cc) Schließlich kann der Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts durch den zwischen den ehemaligen Gesellschafterinnen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts abgeschlossenen Auseinandersetzungsvertrag auch deswegen nicht geführt werden, weil eine derartige Handhabung der Beurteilung des für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt C widersprechen würde.

aaa) Nach § 138 Abs. 5 S. 1 BewG (in der damaligen Fassung) sind die Grundbesitzwerte gesondert festzustellen, wenn sie für die Erbschaftssteuer oder Grunderwerbsteuer erforderlich sind (Bedarfsbewertung).

Hieraus hat die Rechtsprechung geschlossen, dass es nicht Aufgabe des für die Grundbesitzwertfeststellung zuständigen Finanzamts ist, die Erforderlichkeit dieser Bewertung eigenständig zu untersuchen. Vielmehr hat das Feststellungsfinanzamt regelmäßig davon auszugehen, dass die Wertfeststellung i.S. von § 138 Abs. 5 BewG „erforderlich" ist, wenn ein Finanzamt um die Feststellung eines solchen Werts für Zwecke einer beabsichtigten Steuerfestsetzung nachsucht. Denn über das Bestehen eines solchen „Bedarfs" und damit die „Erforderlichkeit" der Wertfeststellung entscheidet allein das für die Festsetzung der Steuer zuständige Finanzamt durch einen verwaltungsinternen Vorgang in Form der Anforderung des Grundbesitzwerts beim Lagefinanzamt. Dies schließt es im Regelfall aus, im Rechtsmittelverfahren gegen den Feststellungsbescheid die Steuerbarkeit betreffende materiell-rechtliche Einwände zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 10.2.2011 II S 39/10 (PKH), BFHE 232, 310, BStBl II 2011, 657 und BFH-Urteil vom 24.5.2005 II R 57/03, BFH/NV 2005, 1982). Dies gilt selbst dann, wenn die Rechtsansicht des für die Festsetzung der Steuer zuständigen Finanzamts fehlerhaft ist.

bbb) Aus diesem Grund war das Finanzamt C1 an die (geänderte) Rechtsansicht des Finanzamts C gebunden, dass im Streitfall der Übergang des Eigentums an dem Grundstück nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterlag. Dass diese Ansicht des Finanzamts C, das für den Übergang des Eigentums keine Auflassung für erforderlich hielt, derjenigen des beurkundenden Notars, der eine Auflassung beurkundete, widersprach, ist ohne Bedeutung. Da das Finanzamt C die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer aus § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 3. Alternative GrEStG ableitete, bemaß sich die Steuer nach den Werten im Sinne des § 138 Abs. 2 oder 3 des BewG. Diese Rechtsansicht beinhaltete aber die Auffassung, dass § 8 Abs. 1 GrEStG nicht einschlägig war und dass sich aus diesem Grund die Steuer nicht nach der Gegenleistung bemaß. An diese Beurteilung würde sich das beklagte Finanzamt C1 nicht halten, wenn es wegen der Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten den Verkehrswert in Höhe dieser Verbindlichkeiten feststellen würde. Denn es würde dann im Gegensatz zu dem die Steuer festsetzenden Finanzamt die vereinbarte Gegenleistung als gesetzlich zulässige Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer werten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen. Es liegt bisher nach Erkenntnis des entscheidenden Senats kein Urteil des BFH zu der Frage vor, ob und unter welchen Voraussetzungen das Entgelt für die Übertragung eines Grundstücks im Rahmen eines gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsvertrags einem im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielten Kaufpreis gleichgestellt werden kann bzw. ob eine solche Handhabung gegen § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 3. Alt GrEStG verstößt. Darüber hinaus bedarf es der höchstrichterlichen Untersuchung, ob die Tatsache, dass das für die Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt die Steuer gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG nach den Werten des § 138 Abs. 2 oder 3 BewG (heute § 138 Abs. 2-4 BewG) bemisst, für das Lagefinanzamt dazu führt, dass dieses dem Vertrag über den Erwerbsvorgang nicht die Vereinbarung einer Gegenleistung, durch die ein niedrigerer Verkehrswert nachgewiesen ist, entnehmen darf.

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