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Steuerrecht
09.12.2021
Steuerrecht
FG Baden-Württemberg: Kryptowährungen sind Wirtschaftsgüter

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.6.2021 – 5 K 1996/19, Rev. eingelegt (Az. BFH IX R 27/21)

ECLI:DE:FGBW:2021:0611.5K1996.19.00

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2021-2977-1

Nicht Amtliche Leitsätze

1. Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen sind als sonstige Einkünfte/Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu erfassen und zu versteuern.

2. Kryptowährungen erfüllen die Tatbestandsmerkmale des Begriffs anderes Wirtschaftsgut i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, weil sie einen vermögenswerten Vorteil darstellen, da im Blockchain der Kryptowährung dem Anleger verbindlich ein Anteil an der Währung zugerechnet wird, der allein ihm (dem Inhaber des öffentlichen und des privaten Schlüssels) zusteht, verbunden mit der Chance auf Wertsteigerung und/oder zum Einsatz der Kryptowährung als Zahlungsmittel. Hierfür wendet der Anleger etwas auf. Die Bewertung von Kryptowährungen steht außer Frage. Auf die technischen Details der Kryptowährungen kommt es für die rechtliche Bewertung als Wirtschaftsgut nicht entscheidend an.

3. Ein strukturelles Vollzugsdefizit steht der Besteuerung nicht entgegen.

4. Die Feststellungslast für Einkünfte auf Seiten des Finanzamtes führt nicht zu einer Verpflichtung zur detaillierten Ermittlung dieser. Das Finanzamt darf auf die Richtigkeit und Vollständigkeit einer Steuererklärung vertrauen.

EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 7; GG Art. 3 Abs. 1; AO § 117 Abs. 1, § 93 Abs. 7 S. 1 Nr. 4b, § 93b; KWG § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1b, Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 24c; GWG § 11; FGO § 135 Abs. 1, § 115 Abs. 2

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Steuerpflicht von Gewinnen aus der Veräußerung von sogenannten Kryptowährungen.

Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Einkommensteuererklärung 2017 gab er zudem Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 31.904 € an. Diese stammten aus dem Handel mit Kryptowährungen. Den Handel betrieb der Sohn des Klägers treuhänderisch für diesen. Gleichzeitig handelte der Sohn auch treuhänderisch für seine Mutter und in seinem eigenen Namen.

Der Beklagte berücksichtigte die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Einkommensteuerbescheid 2017 vom 14.05.2019 i.H.v. 32.244 €. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Nach einem Hinweis des Klägervertreters, dass von dem berücksichtigten Gewinn i.H.v. 32.244,09 € noch die erklärten Werbungskosten abzuziehen seien, änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung mit Bescheid vom 24.05.2019 und berücksichtigte nun die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften wie vom Kläger erklärt in Höhe von 31.904 €. Auch dieser Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 24.06.2019 Einspruch ein, welchen der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 16.07.2019 als unbegründet zurückgewiesen hat. Gleichzeitig hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Mit der fristgerecht erhobenen Klage trägt der Klägervertreter vor, dass der Sohn des Klägers, Herr A, seit 2015 für sich persönlich in Kryptowährungen investiere und sich dafür bei Handelsplattformen im Internet angemeldet habe. Im Jahr 2016 habe sich der Kläger an dem Portfolio seines Sohnes beteiligt. Hierfür habe der Kläger erstmalig am 10.05.2016 eine Zahlung in Höhe von 700 € an seinen Sohn geleistet, um einen prozentualen Anteil am Gesamtportfolio zu erwerben. Seine Beteiligung habe dem Verhältnis seiner Zahlung zum Gesamtwert des Portfolios einschließlich des Zahlungsbetrages entsprochen. Die Beteiligung habe sich aufgrund von weiteren Zahlungen durch den Kläger nachfolgend entsprechend geändert. Ab dem 13.04.2017 habe sich außerdem auch die geschiedene Frau des Klägers, Frau B, an dem Gesamtportfolio beteiligt. Weitere Beteiligte habe es nicht gegeben. Alle Beteiligten hätten im Streitjahr ihren Wohnsitz in Deutschland gehabt und der Handel von Kryptowährungen sei vom Inland aus betrieben worden.

Die Beteiligten seien sich über die jeweiligen Beteiligungsquoten an dem Gesamtdepot einig gewesen. Investitionsentscheidungen seien gemeinsam abgesprochen worden. Jeder der Beteiligten habe jederzeit das Recht gehabt, investierte Beträge durch den anteiligen Verkauf des Depots zu realisieren und seinen Anteil zurückzuerhalten. Das gemeinsam investierte Geld habe Herr A für die beiden Mitinvestoren jeweils treuhänderisch verwaltet. Er habe es zunächst über sein Bankkonto in US-Dollar (USD) getauscht. Sodann habe er mit diesen USD-Beträgen die Kryptowährung Bitcoin gekauft. Mit Teilen der Bitcoin-Bestände habe Herr A direkt gehandelt. Andere Bitcoin-Bestände habe er genutzt, um mit diesen andere Kryptowährungen zu erwerben, da deren Erwerb nur im Tausch gegen Bitcoin, nicht aber im Tausch gegen USD oder eine andere Geldwährung erworben werden könnten. Der Handel mit den verschiedenen Kryptowährungen sei auf internetbasierten Handelsplattformen getätigt worden.

Bis Ende 2017 habe Herr A die Handelsaktivitäten auf folgenden Plattformen betrieben:

Name

Domain

Land

Anteil an den Handelsaktivitäten

Po.

https://po...coni

USA

50,0%

Bi.

https://international.bi...com

Malta

38,0%

Co.

https://vvww.co...com

USA

4,0%

Kr.

https://www.kr...com

USA

3,8%

Bit.

https://bit...com

Italien

2,5%

Bin.

https://www.bin...com/de

China / Japan

0,4%

Ferner sei anzumerken, dass die Handelsplattform „Bit.“, die in Italien ansässig sei, in der Zwischenzeit Insolvenz angemeldet habe. Daher sei die genannte Domain zwar noch aktiv, aber dort existiere keine Handelsplattform mehr. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Handelsplattform „Bin.“ erst im Jahr 2017 gegründet worden sei. Sie sei im gleichen Jahr von China nach Japan verlagert worden und habe in der Zwischenzeit ihre Büros sowohl in Taiwan, als auch in Malta.

Im Streitjahr habe der Kläger einen Gewinn aus dem Handel mit Kryptowährungen i.H.v. 31.904 € erzielt. Der Beklagte habe diesen nach § 22 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert.

Um beim Handel mit Kryptowährungen zu einer Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu gelangen, müsste jedoch ein Veräußerungsgeschäft eines „anderen Wirtschaftsgutes“ vorliegen. Dies sei hier nicht der Fall.

Der Begriff des Wirtschaftsgutes sei steuerrechtlich mit dem handelsrechtlichen Begriff des Vermögensgegenstandes identisch. Beide Begriffe würden nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) umfassen, sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, das heiße sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lasse. Der Begriff des Wirtschaftsgutes sei auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Deshalb sei nicht jeder Vermögensgegenstand ein Wirtschaftsgut. Seine Greifbarkeit mache erst das Wirtschaftsgut aus. Er müsse als Einzelheit ins Gewicht fallen. Es müsse sich um eine objektiv werthaltige Position handeln, die selbstständig bewertbar sei. Dabei verlange das Vorsichtsprinzip die Berücksichtigung aller Risiken, die hinsichtlich der künftigen Erstarkung zu einer Zivilrechtsposition noch bestünden (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 07.08.2000 GrS 2/99, Bundessteuerblatt Teil II [BStBl II] 2000, 632). Diese Definition biete eine Zusammenfassung aller Voraussetzungen, die ein Wirtschaftsgut ausmachen würden, wenn keine Sache und kein Recht im Sinne des BGB vorlägen. Dies sei hier der Fall.

Die Software mit ihren darin vermerkten virtuellen Werteinheiten sei weder eine Sache, noch ein Recht. Die Software sei öffentlich frei zugänglich, ihr Quellcode sei offen und sie unterliege keinem Urheberrecht. Insbesondere werde kein Recht an dieser Software durch die Betreiber der „node“-Rechner begründet. Im vorliegenden Fall habe der Kläger auch keinen solchen Rechner betrieben.

Wenn aber kein Recht und keine Sache im Sinne des BGB vorliege, stelle sich die Frage, worin genau bei sogenannten Kryptowährungen das Wirtschaftsgut bestehen solle. Hierfür gebe es drei Anknüpfungspunkte: Die Software, die die virtuellen Werteinheiten in Datenblöcke aufführe und mit öffentlichen Schlüsseln („public key“) verknüpfe, der „public key“ selbst oder der „private key“ bzw. die Kombination aus „public key“ und „private key“.

Die auf den „node“-Rechnern laufende Software möge als solche ein Wirtschaftsgut sein. Jedoch erlange derjenige, der mit Kryptowährungen handele, diese Software nicht. Der Kläger betreibe keinen „node“-Rechner und habe die Software noch nicht einmal auf seinen Rechner heruntergeladen. Und selbst wenn er einen solchen Rechner betreiben würde, so würde er die frei verfügbare Software nicht erlangen, da er allein keinerlei Einfluss auf die weitere Entwicklung der Software und das dort geführte Kassenbuch habe. Sobald er seinen Rechner mit der Software aus dem Netzwerk abmelde, sei seine Softwareversion veraltet, da sie nicht mehr das aktuell gültige Kassenbuch enthalte. Die Software selbst sei daher nicht das Wirtschaftsgut, das der Kläger beim Handel mit Kryptowährungen erlange.

Die in der Software verzeichneten virtuellen Währungseinheiten seien dort dem sogenannten „public key“ zugeordnet. Hierbei handele es sich um eine Abfolge von Zahlen und Buchstaben. Diese Zeichenfolge sei öffentlich bekannt und zugänglich. Mit diesem „public key“ alleine sei keinerlei Möglichkeit verbunden. Es handele sich daher nicht um ein Wirtschaftsgut, da mit dieser Zeichenfolge keine Zuordnung virtueller Werteinheiten zu einem Schlüsselpaar geändert werden könne.

Dasselbe gelte vom sogenannten „private key“. Auch dabei handele es sich um eine Abfolge von Zeichen und Buchstaben, die für sich alleine genommen keine Möglichkeit ergäbe, Änderungen im zentralen Kassenbuch der Software vorzunehmen.

Es bleibe daher als mögliches Wirtschaftsgut nur die Kombination aus „public key“ und „private key“. Bei diesem Schlüsselpaar handele es sich zunächst einmal nur um zwei Zahlen- und Buchstabenabfolgen. Für sich allein genommen hätten sie weder einzeln noch gemeinsam einen Wert. Ihnen wohne auch keine Möglichkeit inne. Und sie würden, anders als ein Wirtschaftsgut, auch keine zivilrechtliche Position gegenüber einem Dritten gewähren. So gebe es bei Kryptowährungen keine Instanz, die virtuelle Einheiten für einen bestimmten Inhaber besitze. Eine Verfügung über diese Einheiten sei daher nicht unberechtigt, sondern berechtigt, wenn sie mit der Kombination aus „public key“ und „private key“ durchgeführt werde.

Eine solche Verfügung könne aber nicht nur mit dem Schlüsselpaar „public key“ und „private key“ allein durchgeführt werden. Es bedürfe dazu auch der auf den diversen „node“-Rechnern hinterlegten Software. Ohne diese Software bestehe das Schlüsselpaar nur aus wertlosen Zahlen- und Buchstabenreihen. Der wirtschaftliche Wert, der in der Praxis für Kryptowährungen gezahlt werde, ergebe sich also nur aus der Kombination aus dem Schlüsselpaar „public key“ und „private key“ und der auf den „node“-Rechnern gespeicherten Software. Bei einer Verfügung über Kryptowährungen würden daher auch keine virtuellen Währungseinheiten übertragen. Der Verfügende sorge lediglich dafür, dass in dem dezentralen Kassenbuch, welches in der Software geführt werde, eine Werteinheit mit einem neuen Schlüsselpaar aus „public key“ und „private key“ verknüpft werde. Dies könne der „Verfügende“ jedoch nicht alleine vollziehen. Er habe sich hierfür vielmehr eines “node“-Rechners zu bedienen, über den diese „Verfügung“ bei der Software angemeldet werde. Und nur und erst, wenn dieser „node“-Rechner, auf den der „Verfügende“ keinen Einfluss habe, eine Rechenaufgabe als erster von allen Rechnern im Netzwerk löse, könne diese neue Zuordnung der Werteinheit zu einem neuen Schlüsselpaar in dem dezentralen Kassenbuch festgeschrieben werden. Und erst, wenn mehrheitlich alle „node“-Rechner diese neue Version des Kassenbuches als die aktuelle übernähmen, sei die Zuordnung tatsächlich vollzogen. Daraus ergebe sich, dass die Parteien, die an einer „Verfügung“ über Kryptowährungen beteiligt seien, diese nicht alleine vollziehen könnten. Die „Verfügung“ stehe vielmehr unter einer mehrfachen Bedingung, nämlich, dass bestimmte Rechenoperationen in einer bestimmten Zeit von einem Rechner ausgeführt werden, dass dieser Vorgang von der Mehrheit der anderen Rechner validiert werde und dass die zugehörige Software in diesem Zeitpunkt auf den „node“-Rechnern noch vorhanden sei. Auf keine dieser Bedingungen habe ein gedachter „Inhaber“ von Kryptowährungen einen Einfluss. Er habe auch keinerlei durchsetzbare Rechte oder Ansprüche, die einen Dritten verpflichten würden, diese Bedingungen herbeizuführen. Letztlich habe er nur zwei Buchstaben- und Zahlenreihen in der Hand, die nur in Kombination mit einer von ihm nicht beeinflussbaren Software einen am Markt reflektierten wirtschaftlichen Wert ergäben. Kein Dritter wäre bereit, Geld für ein Schlüsselpaar aus Zahlen und Buchstaben zu zahlen. Erst die Kombination mit der Software der „node“-Rechner schaffe hier einen wirtschaftlichen Wert. Diese Kombination sei aber dem „Inhaber“ nicht eigen. Er könne darüber nicht verfügen und objektiv gesehen sei seine konkrete persönliche Position ohne jeden Wert. Er habe insbesondere keine Zivilrechtsposition inne, die einen Wert widerspiegeln würde.

Daher komme es für die Betrachtung des Begriffs „Wirtschaftsgut“ entscheidend darauf an, ob die Software für den „Inhaber“ eine konkrete Möglichkeit darstelle, deren Erlangung - gemeinsam mit dem Schlüsselpaar - sich ein Dritter etwas kosten lassen würde. Der „Inhaber“ einer Kryptowährung erlange die Software an sich nicht. Er habe auch keinen Einfluss auf die „node“-Rechner. Trotzdem habe er die Möglichkeit, die Software zu nutzen, solange sie auf den „node“-Rechnern gespeichert sei und dort eine Version des Kassenbuchs als aktuell hinterlegt sei, in der „seine“ Werteinheiten auch seinem Schlüsselpaar zugeordnet seien. Diese Möglichkeit hänge dabei vollständig von dem Netzwerk aus „node“-Rechnern ab, die das dezentrale Kassenbuch in der Software führten. Keiner der Eigentümer dieser Rechner sei aber verpflichtet, das Netzwerk weiter zu betreiben oder die Software weiter auf seinen Rechnern laufen zu lassen. Und ganz wesentlich für den Fortbestand der Software und damit des Kassenbuches, das darin geführt werde, sei der systemimmanente Mehrheitsmechanismus, mit dem die Software ihr eigenes Kassenbuch jeweils verifiziere. Werde bei einer Mehrheit der angeschlossenen Rechner eine neue Version des Kassenbuchs verifiziert, in der die ursprünglich einem „Inhaber“ zugerechneten Werteinheiten nicht mehr enthalten seien, dann sei das trotzdem die aktuelle und verifizierte, also die einzig gültige Version der Software und des Kassenbuches, die es gebe. Ein solcher Vorgang könne auch von außen herbeigeführt werden, wenn sich die Eigentümer von „node“-Rechnern mehrheitlich entscheiden, die Version der Software zu ändern oder auszutauschen. Dies sei ein systemimmanenter Vorgang, der nicht auf einem Eingriff in die Software oder das Kassenbuch beruhe. Auf einen solchen Vorgang habe der „Inhaber“ einer Werteinheit keinen Einfluss. Solche Vorgänge kämen jedoch regelmäßig bei verschiedenen Kryptowährungen vor.

Im Ergebnis stehe dem „Inhaber“ einer Kryptowährung somit kein Wirtschaftsgut zu, das Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung nach § 23 EStG sein könnte. Kryptowährungen gewährten keinerlei Ansprüche gegen Dritte und hätten keinen inhärenten Wert. Ein wirtschaftlicher Wert werde ihnen im Markt nur zugeschrieben, solange eine von Dritten unterhaltene und weiter entwickelte Software fortbestehe und damit auch die Datenblöcke weiter fortbestünden, in denen die Werteinheiten verzeichnet seien, die dem „Inhaber“ zustehen sollten. Beides hinge von der Entscheidung fremder Dritter ab, mit denen der „Inhaber“ keinerlei vertragliche Beziehung habe.

Ferner sei auch eine „Veräußerung“ eines zugedachten Wirtschaftsgutes nicht möglich. Eine Veräußerung, bei der einer digitalen Werteinheit ein neues Schlüsselpaar eines gedachten Erwerbers zugeordnet werde, setze voraus, dass nach dem Willen der Parteien eine Rechtsposition von einer auf eine andere Person übertragen werde. Eine solche Übertragung hänge aber im System der Kryptowährungen wiederum davon ab, dass Dritte eine solche Übertragung in das digitale Kassenbuch der Kryptowährungen auch übernähmen und diese neue Version nach dem Mehrheitsprinzip akzeptiert würde. Auf diesen Vorgang hätten die Parteien keinen Einfluss und auch keinen Anspruch auf die Durchführung einer solchen Transaktion.

Sollte nach dem Willen der Parteien die Veräußerung hingegen durch eine schlichte Weitergabe des Schlüsselpaares aus „public key“ und „private key“ erfolgen, ohne dass im digitalen Kassenbuch der Werteinheit ein neues Schlüsselpaar zugeordnet werde, so liege auch hierin keine Veräußerung. Denn diese Schlüssel seien beliebig kopierbar. Der gedachte „Veräußerer“ kopiere in diesem Fall bloß das Schlüsselpaar und gebe es weiter. Die Weitergabe des Schlüsselpaares räume dem Empfänger daher keine Rechtsposition ein, die der Übertragende vorher innehatte und dann nicht mehr innehabe. Vielmehr sei eine solche Weitergabe des Schlüsselpaares nur eine Vervielfältigung. Hierdurch gebe aber der ursprüngliche Inhaber seine Kenntnis des Schlüsselpaares nicht auf. Er entäußere sich daher nicht seiner gedachten Rechtsposition mit Blick auf die Werteinheiten in dem digitalen Kassenbuch.

Insgesamt habe der Kläger daher im Streitjahr zwar Kryptowährungen innegehabt. Diese seien jedoch - obgleich sie einen wirtschaftlichen Wert gehabt hätten - keine Wirtschaftsgüter im steuerrechtlichen Sinn.

Es werde zudem darauf hingewiesen, dass die Frage, ob ein Wirtschaftsgut beim Kläger vorgelegen habe, das unter die Besteuerung nach § 23 EStG falle, als steuererhöhende Tatsache vom Finanzamt zu ermitteln sei, welches insoweit auch die Feststellungslast trage.

Außerdem liege bei der Besteuerung von Einkünften aus dem Handel mit Kryptowährungen ein strukturelles Vollzugsdefizit vor. Die in § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG normierte Steuerpflicht sei ausschließlich von der Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen abhängig. Eine Verifikationsmöglichkeit durch das Finanzamt wäre zwar möglich, sei aber nicht normiert und tatsächlich nicht vorhanden. Das Entdeckungsrisiko im Fall einer Nichterklärung sei ausgesprochen gering. Insofern sei die verfassungsrechtlich erforderliche Gleichheit im Belastungserfolg der materiellen Steuernorm nicht gegeben. Die Besteuerung sei damit verfassungswidrig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sei ein Vollzugsdefizit strukturell, wenn der Vollzug einer Steuernorm in der Besteuerungspraxis im Rahmen gewöhnlicher Verwaltungsabläufe im Massenverfahren der Finanzämter im Großen und Ganzen nicht auf Gleichheit im Belastungserfolg angelegt und eine unzulängliche Erklärung nicht mit einem angemessenen Entdeckungsrisiko verbunden sei. Dies sei hier der Fall. Das Vollzugsdefizit beziehe sich auf sämtliche Steuerpflichtige, die mit Kryptowährungen handeln. Auch bei einem Handel über die Börse bitcoin.de sei die Besteuerungspraxis nicht auf eine Gleichheit im Belastungserfolg ausgelegt, da auch hier das Entdeckungsrisiko unerklärter Einkünfte sehr gering sei. Die Börse bitcoin.de sei nicht Gegenstand der Kontenabfragen durch das Finanzamt. Umso mehr sinke das Entdeckungsrisiko beim Handel an ausländischen Börsen. Denn diese löschten jeweils kurzzeitig ihre Daten. Ob ein Steuerpflichtiger dort angemeldet sei, erfahre das Finanzamt nicht. Dabei gehöre es zum Regelfall, dass ein deutscher Investor auch an ausländischen Kryptobörsen handele.

Eine Mitteilungspflicht über den Übergang von Bitcoin von oder auf einen Steuerpflichtigen sei nicht geregelt. Für den Handel mit Kryptowährungen gebe es keine Regelungen, die etwa § 18 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), §§ 33, 34 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) oder § 43 Geldwäschegesetz (GwG) entsprechen würden.

Auch die Dokumentations- und Auskunftspflichten des § 154 Abs. 2 Nr. 1 AO würden für Kryptobörsen nicht greifen, so dass eine Kryptobörse auch nicht dem automatisierten Kontenabruf nach § 24c Kreditwesengesetz (KWG) unterliege. Voraussetzung für die Identifikationsverpflichtung nach § 154 Abs. 2 Nr. 1 AO sei, dass ein Konto für einen anderen geführt oder Wertsachen eines anderen verwahrt würden. Eine Kryptobörse führe indes kein Konto für den Verkäufer, in dem Zu- und Abgänge von Kryptowährungen verbucht seien. Die Kryptobörse verwahre vielmehr die ihr übertragenen Kryptowährungsbeträge im Interesse sowohl des Käufers als auch des Verkäufers. Denn die Börse handele hier als Vermittler und erhalte die Beträge vom Verkäufer mit der Anweisung, diese dem Verkäufer zu übertragen, wenn dieser wiederum seine Gegenleistung an die Börse erbracht habe. Die Börse sei daher gegenüber beiden Parteien in einer treuhänderischen Vertrauensposition und nicht einseitig für eine Partei als Verwahrer tätig. Außerdem könne der Verkäufer über die übertragenen Beträge, die er zum Verkauf stelle, auch nicht wie auf seinem eigenen Konto verfügen, da diese dort für den Verkauf reserviert seien. Sie müssten daher dem Käufer übertragen werden, wenn dieser die Bedingungen des Verkäufers erfülle und die erbetene Gegenleistung zahle. Schließlich stünden Verkäufer und Kryptobörse auch nicht in einer laufenden Geschäftsbeziehung zueinander. Denn auch wenn der Verkäufer bei der Börse angemeldet und für Zwecke des GWG identifiziert sei, handele es sich bei jedem Kauf- und Verkaufsauftrag um separate Aufträge, den Kauf zu vermitteln. Es handele sich nicht um ein Dauerschuldverhältnis, sondern um eine Reihe von Einzelaufträgen, die voneinander unabhängig seien.

Etwas Anderes könne sich nur ergeben, wenn ein Kunde Kryptowährungen auf eine Börse übertrage und dort für sich verwahren lasse, ohne einen Verkaufsauftrag zu erteilen, oder er setze die Verwahrung bei der Börse fort, nachdem er die Kryptowährung über die Börse gekauft habe. In diesen Fällen verwahre die Börse die Kryptowährung für den Kunden. Auch dies sei aber keine Kontoverbindung im Sinne eines Bankkontos, auf dem Zu- und Abgänge gebucht würden. Im Vordergrund stehe hier die Verwahrung für den Kunden, der alleine über die Währungsbeträge verfüge und diese verkaufen oder auf eine seiner anderen Adressen übertragen könne. Kontotypische Übertragungen von der Börse an Dritte im Sinne einer Überweisung seien hier nicht möglich, wenn es sich nicht um einen Verkauf handele, der von der Börse vermittelt worden sei. Auch gebe es bei der Börse keine Möglichkeit, Zahlungen von Dritten auf das „Konto“ bei der Börse zu erhalten. Demnach verwahre die Börse solche Beträge für den Kunden im Sinne einer Einlage. Es liege aber keine Kontoverbindung im Sinne des § 154 AO vor.

Und schließlich verwahre die Kryptobörse für den Verkäufer auch keine Wertsachen im Sinne des § 154 AO. Hier zeige der Vergleich mit dem ebenfalls in § 154 AO genannten Bankschließfach, dass Wertsachen hier im Wortsinn als körperliche Gegenstände zu verstehen seien. Kryptowährungen seien aber keine Sachen im Sinne des § 90 BGB.

Insgesamt unterliege die Börse daher, selbst wenn sie ein Kreditinstitut im Sinne des KWG wäre, nicht der Pflicht, die Daten vorzuhalten und aufzubereiten, die für den Kontenabruf nach § 24c KWG zur Verfügung zu stellen seien.

Ebenso sei eine Kryptobörse nicht verpflichtet, Daten für einen Kontenabruf nach § 93b AO i.V.m. § 93 Abs. 7 und 8 AO bereit zu stellen. Auch dieser Abruf würde nur für Börsen gelten, die selbst Kreditinstitute seien und ein Konto im Sinne der Vorschrift führten. Bereits dies sei bei den Börsen aber nicht der Fall.

Außerdem sei nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 AO ein solcher Kontenabruf in Bezug auf Einkünfte aus § 23 Abs. 1 EStG nur bis zum Veranlagungsjahr 2008 möglich gewesen. Auch ein Kontenabruf nach § 93 AO scheide daher aus.

Das strukturelle Vollzugsdefizit sei dem Gesetzgeber auch zurechenbar. Der Handel mit Kryptowährungen sei im Inland im Wesentlichen seit 2011 möglich. Seit diesem Jahr sei der Handel über bitcoin.de möglich. Die Börse Kr. sei ebenfalls in 2011, die Börse Co. in 2012 und die Börse Po. in 2014 gegründet worden. Bereits im Juni 2013 habe der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler die Bundesregierung angefragt, ob diese sich in der Lage sehe, die geschuldeten Steuerforderungen vor dem Hintergrund der Anonymität von Transaktionen mit […] Bitcoin faktisch durchzusetzen. Demnach habe sich dem Gesetzgeber bereits deutlich vor dem Streitjahr aufgedrängt, dass im Hinblick auf den Handel mit Kryptowährungen offene steuerliche Fragen, insbesondere auch in der Erhebung und Veranlagung fälliger Steuern und damit in der Belastungsgleichheit zu lösen seien.

Dabei hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit, die für die Veranlagung der Gewinne aus dem Kryptohandel erforderlichen Angaben nach den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu verifizieren. So könnten die bei den Kryptobörsen für die Kunden verwahrten Kryptowährungen in den Geltungsbereich des internationalen Kontenabrufs nach der EU-Amtshilferichtlinie einbezogen werden. In den USA ansässige Kryptobörsen seien bereits verpflichtet, Nutzerinformationen an die amerikanische Steuerbehörde IRS zu übermitteln. Die Verpflichtung beziehe sich auf den Zeitraum ab 2013. Da die Kryptobörsen nicht dem inländischen Kontenabruf unterlägen, könne Deutschland entsprechende Information nicht an seine Vertragspartner liefern. Im Gegenzug könne Deutschland auch keine entsprechende Information aus dem Ausland, obwohl sie zumindest in den USA vorlägen, abrufen.

Soweit ersichtlich würden weder im Inland Kontenabrufe erfolgen, noch Informationsabfragen nach der EU-Amtshilferichtlinie oder nach dem FATCA-Abkommen vorgenommen.

Außerdem bleibe unklar, auf welcher Rechtsgrundlage der Beklagte die von ihm erwähnten Auskunftsersuchen an die Finanzverwaltung der Sitzstaaten der Kryptobörsen richten wolle. Auskunftsersuchen seien an ausländische Finanzverwaltungen zu richten, nicht etwa an die Kryptobörsen selbst. In der Regel würden die Auskunftsersuchen zum Beispiel nach der EU-Amtshilferichtlinie oder nach den großen Auskunftsklauseln der Doppelbesteuerungsabkommen Informationen betreffen, die bei der ausländischen Finanzbehörde vorlägen und für die Besteuerung im Inland relevant sein könnten.

Auf der einen Seite sei es dem Staat, der um eine Auskunft ersuche, dabei nicht erlaubt, Beweisausforschung zu betreiben. Deutschland könne daher nicht ins Blaue hinein über einen Steuerpflichtigen Auskünfte von anderen Staaten einholen. Zum anderen lägen der ausländischen Steuerverwaltung die gewünschten Informationen auch nicht selbst vor. Sie könne sich wiederum nur im Wege der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten ihres nationalen Steuerrechtes an die Kryptobörsen wenden und Auskunft über bestimmte Steuerpflichtige verlangen. Diese Mitwirkungspflichten bezögen sich aber auf das Besteuerungsverhältnis des Steuerpflichtigen, hier also der Kryptobörse selbst. Aus den Mitwirkungspflichten könne die Kryptobörse nicht verpflichtet werden, Auskünfte über Dritte, namentlich ihre Kunden, zu erteilen. Insofern sei ein Auskunftsersuchen an eine ausländische Finanzverwaltung wenig zielführend.

Im Streitfall habe der Kläger als wirtschaftlich Berechtigter an dem gemeinsamen Depot, Einkünfte aus dem Handel mit Kryptowährungen erzielt. Er selbst habe sich weder je bei einer Kryptobörse angemeldet, noch dort identifiziert. Sein Sohn, der für sich selbst, seine Mutter und für den Kläger das gemeinsame Depot verwaltet habe, habe sich auf insgesamt sechs verschiedenen Kryptobörsen angemeldet. Über diese Börsen habe er den Handel abgewickelt. Bei diesen Börsen lägen folgende Daten vor: Name und Anschrift des Kunden, die Bitcoin-Adresse und vergleichbare Adressen anderer Kryptowährungen, die dem Kunden erteilt worden seien und Daten der jeweiligen Handelsaktivitäten mit dem gehandelten Volumen und den vereinbarten Kauf- und Verkaufspreisen.

Die Behauptung des Beklagten, den Kryptohandelsbörsen läge die Kontonummer ihrer Kunden vor, sei falsch. Sofern der Beklagte gemeint haben sollte, den Handelsbörsen sei die Bankverbindung der Steuerpflichtigen bekannt, sei dies zwar möglich, aber nicht zwingend. Manche Börsen würden Einzahlungen auf ihren Handelsplätzen nur in Kryptowährungen erlauben. Insofern sei es nicht zwingend, dass den Börsen die Bankverbindung jedes Kunden vorliege. Auch bei den übrigen Börsen sei eine Kontoverbindung nicht erforderlich, um Handel zu betreiben. Insbesondere würden die Gebühren der Börse ebenfalls in Kryptowährungen gezahlt, so dass es keinen Zahlungsverkehr zwischen dem Steuerpflichtigen und der Börse selbst gebe. Dementsprechend würden die Kontodaten auch nicht zu den von den Börsen gespeicherten Kundendaten gehören. Die Kryptobörsen müssten schon das Bankkonto, von dem aus der Steuerpflichtige Geld in staatlicher Währung auf die Börse überweise, um damit Kryptowährungen zu kaufen, speichern. Das sei aber für die Transaktion an der Börse nicht erforderlich und werde auch nicht gemacht.

Nach Auskunft verschiedener Börsen würden die persönlichen Daten solange gespeichert, wie ein Kunde auf der Plattform angemeldet sei. Die Handelsdaten würden jedoch in der Regel nach drei Monaten gelöscht. Bereits bei Abgabe der Steuererklärung seien daher in der Regel keine Handelsdaten aus dem jeweiligen Veranlagungszeitraum mehr vorhanden, die das Finanzamt im Wege eines Auskunftsersuchens erhalten könnte. Außerdem würden Kunden- und Handelsdaten bei den Börsen gelöscht, sobald das Kundenkonto eines Steuerpflichtigen dort gelöscht werde. Daher könne das Finanzamt die in der Steuererklärung gemachten Angaben nicht verifizieren.

Die Börsen gäben den Kunden auch keine Erträgnisaufstellungen oder sonstige Zusammenstellungen der getätigten Käufe und Verkäufe und auch keine Übersicht über die Summe der mit den Transaktionen verbundenen Kosten. Diese Informationen lägen dem Kunden für jede Transaktion vor, sie würden aber nicht im Kalenderjahr oder ähnlichen Zeitabschnitten zusammengefasst und für den Kunden aufbereitet.

Zudem zeige das Beispiel der Kryptobörse Bit., dass ein Nutzer seine Kryptowährung einer Gefahr des Diebstahls aussetze, wenn er seine Kryptowährung nach dem Kauf bei der jeweiligen Börse lasse. Die Börse Bit. sei im Zeitraum von Juli bis Dezember 2017 Opfer einer Computerattacke geworden. Dabei seien rund 17 Mio. Kryptomünzen der Währung Nano im Wert von rund 170 Mio. USD gestohlen worden. Vergleichbare Diebstähle hätten sich in zahlreichen anderen Fällen ereignet. Gegen solche Diebstähle oder gegen den Verlust von Kryptowährungen durch Betrug einer Börse, könne sich ein Nutzer schützen, indem er seine Kryptowährung auf einen physischen Datenspeicher übertrage. Diese sogenannten „Wallets“ seien vor Computerangriffen geschützt, solange sie nicht mit einem Computer verbunden seien, der wiederum mit dem Internet verbunden sei. Aus diesem Grund sei es für alle Nutzer sinnvoll, jeweils einen größtmöglichen Teil ihrer Kryptowährungen nicht bei einer Börse, sondern in einem eigenen Datenspeicher zu verwahren. Die auf einer Börse vorhandenen Daten würden daher bei einem Verkauf eines Coins nichts darüber ausaussagen, zu welchem Preis und wann der Steuerpflichtige das Coin erworben habe. Das Finanzamt könne daher aus den bei den Börsen vorliegenden Daten nicht verifizieren, ob steuerpflichtige Einkünfte erzielt worden seien, oder nicht. Zudem würden Münzen einer Kryptowährung, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten und zu unterschiedlichen Kursen gekauft worden seien, in dem Wallet vermischt. Für den Nutzer folge daraus, dass er bei einer gewöhnlichen Handelstätigkeit üblicherweise eine Vielzahl von An- und Verkäufen tätige. Von diesen sei jeder Vorgang mit Gebühren der ausführenden Börse belastet. Auch bei der Übertragung von Kryptowährungen von einem Wallet zu einer Börse oder von Wallet zu Wallet fielen weitere Gebühren an, da jeweils Berechnungen im Rechnernetzwerk der Kryptowährung erstellt werden müssten, die die Transaktion verifizieren und die Übertragung in der Blockchain speichern würden.

Der Kläger sei im Streitjahr an rund 750 An- und Verkaufsvorgängen beteiligt gewesen. Auf jeden von diesen würden Gebühren entfallen, aus dem Handel selbst und aus den zugehörigen Übertragungen der Währung in oder von einem Wallet. Zusätzlich würden die Währungsbestände in einem Wallet miteinander vermischt.

Für die Zwecke der späteren Besteuerung müsse der Nutzer daher alle An- und Verkaufszeitpunkte und die jeweiligen Kurse festhalten und den jeweiligen Vorgängen die zugehörigen Gebühren zuordnen. Zugleich müsse er bei einem Verkauf prüfen, welches Anschaffungsdatum die zu verkaufenden Münzen einer Währung haben. Hierfür müsse er nach der Fifo-Methode des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG festlegen, welche Münze dieses Wallets er verkaufe. Bei dem Verkauf mehrerer Münzen, die zuvor in mehreren Wallets gespeichert gewesen seien, potenziere sich der Dokumentationsaufwand entsprechend. Hinzu komme, dass üblicherweise nicht jeweils eine ganze Münze einer Währung, sondern nur Bruchteile davon ge- und verkauft würden. Der Dokumentationsaufwand potenziere sich daher noch weiter, wenn eine Position nicht in Gänze wieder verkauft würde, sondern nur teilweise. Dementsprechend habe der Kläger im Streitfall auch deutlich mehr Einzeltransaktionen und zugehörige Daten zu dokumentieren, als „nur“ die rund 750 An- und Verkäufe, an denen er beteiligt gewesen sei.

Ob nun die so vom Kläger ermittelten und dokumentierten Einkünfte steuerlich erfasst würden, hinge alleine von seiner Bereitschaft ab, diese Einkünfte zu erklären.

Zwar sei die Bitcoin-Adresse und der so genannte Public-Key des Klägers für jede seiner Kryptopositionen bekannt. Jedoch sei außer ihm niemandem bekannt, dass es sich dabei um seine Adresse handele. Beim Handel mit Kryptowährungen über eine Börse würden zwar die entsprechenden Schlüssel ausgetauscht. Die Identität des Käufers oder Verkäufers bleibe aber unbekannt. Sie sei nur der jeweiligen Börse bekannt. Dort würden die zugehörigen Handelsdaten aber in der Regel nach drei Monaten gelöscht. Selbst wenn das Finanzamt im Rahmen einer Außenprüfung die Einkommensteuererklärung des Klägers geprüft hätte, hätte es lediglich die Vorlage seiner Kontoauszüge der inländischen Bankkonten verlangen können, die dem Finanzamt bekannt seien. Daraus hätte das Finanzamt lediglich erkennen können, dass der Kläger im Streitjahr seinem Sohn EUR 700,00 überwiesen habe.

Auch bei einem Steuerpflichtigen, der selbst in Kryptowährungen investiere, würden die inländischen Kontoauszüge keinen Hinweis auf Einkünfte aus dem Handel mit Kryptowährungen liefern. Der Nutzer müsse nämlich zunächst einen USD-Betrag an eine der Börsen überweisen, die eine Einzahlung einer regulären Währung akzeptiere. Die größte Börse - zurzeit Bin. - handele zum Beispiel ausschließlich Kryptowährungen gegen Kryptowährungen, nicht aber gegen staatliche Währungen. Hinter der Vielzahl der verschiedenen Handelsaktivitäten auf verschiedenen Börsen stünden daher im Normalfall eine oder nur wenige tatsächliche Überweisungen meist in USD an ein ausländisches Konto. Nur diese Überweisung sei im Rahmen einer Außenprüfung zu erkennen. Aus ihr ließen sich keine Erkenntnisse über steuerpflichtige Einkünfte ableiten.

Auch wenn man die erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten berücksichtige, ergebe sich kein anderes Bild. Denn diese Mitwirkungspflicht beziehe sich darauf, Unterlagen und Belege auch aus dem Ausland zu beschaffen. Das Finanzamt könne aber eine konkrete Anfrage hierzu nur stellen, wenn ihm ein Sachverhalt mit Auslandsbezug bekannt werde. Im Regelfall des Veranlagungsverfahrens sei dies aber - wie beschrieben - davon abhängig, dass der Steuerpflichtige selbst den Sachverhalt des Kryptohandels erkläre.

Die geltende Rechtslage zum Kontenabruf und die fehlende Verwaltungspraxis hätten im Streitjahr eine Verifikation der vom Steuerpflichtigen erklärten Einkünfte aus dem Handel mit Kryptowährungen verhindert. Dieser Zustand dauere bis heute an. Zudem reduziere die Verwaltungspraxis das Entdeckungsrisiko des Steuerpflichtigen erheblich. Zugleich ergäben die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften des § 23 EStG und die Fifo-Methode, dass der Nutzer seine Handelsaktivitäten sehr detailliert dokumentieren und bei jeder Transaktion, auch bei einer Übertragung von einer Börse zu einem Wallet oder von Wallet zu Wallet, die jeweiligen Anschaffungskosten und -zeitpunkte mit fortschreiben müsse. Nur dann könne er bei einem späteren Verkauf prüfen, ob ein Gewinn angefallen und ob dieser innerhalb oder außerhalb der Jahresfrist des § 23 EStG angefallen sei. Dadurch, dass außerdem bei jeder Transaktion Gebühren anfielen, die den einzelnen An- und Verkäufen zuzuordnen seien, ergebe sich ein erheblicher Dokumentations- und Berechnungsaufwand. Gepaart mit dem geringen Entdeckungsrisiko möge es sich daher einzelnen Steuerpflichtigen aufdrängen, Einkünfte aus dem Handel mit Kryptowährungen nicht zu erklären.

Der Kläger beantragt,

1.den Einkommensteuerbescheid 2017 vom 24.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.07.2019 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht berücksichtigt werden,

2.hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wie der Klägervertreter erläutert habe, könnten die Börsen jeden Nutzer identifizieren, da dort Name, Anschrift, Kontonummer, Ausweisnummer und die benutzten Bitcoin-Adressen bekannt seien. Somit sei es der Finanzverwaltung möglich, die Namen und Anschriften derjenigen, die sich am Handel mit Bitcoins beteiligen, mittels Auskunftsersuchen zu ermitteln, da die betroffenen Personen bei den Börsen registriert und somit identifizierbar seien. Aus diesem Grund bestünde aus Sicht des Beklagten kein strukturelles Vollzugsdefizit bezüglich der Besteuerung des Handels mit Kryptowährungen auch in den Fällen, in denen keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werde, und - wie im Streitfall - der Tatbestand des § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfüllt sei.

Überdies werde, wie bereits in der Einspruchsentscheidung vom 17.07.2019 ausgeführt worden sei, auf Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verwiesen. Ein formelles nachkonstitutionelles Gesetz wie § 23 EStG verliere seine Bindungswirkung gegenüber der Exekutive erst, wenn seine Nichtigkeit durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt worden sei. Somit sei das Finanzamt an § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG gebunden und könne, selbst wenn ein strukturelles Vollzugsdefizit vorliegen würde, keine andere Entscheidung, als die Anwendung der vorgenannten Vorschrift treffen.

Zudem werde auf den rechtskräftigen Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 20.06.2019 (13 V 13100/19, Betriebs-Berater [BB] 2020, 176) verwiesen. Bei Bitcoin bzw. anderen Kryptowährungen handele es sich nach diesem Beschluss um ein immaterielles Wirtschaftsgut, mit der Folge, dass der Verkauf von virtuellen Währungen durch eine Privatperson zu Einkünften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG führe, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als ein Jahr lägen. Die rechtliche Einordnung der Kryptowährungen als Wirtschaftsgut, sowie die sich daraus ergebende Besteuerung, führe hiernach nicht zu einem verfassungswidrigen Zustand. Dies gelte auch im Hinblick auf ein im vorliegenden Fall vom Klägervertreter behauptetes strukturelles Vollzugsdefizit. Der streitgegenständliche Einkommensteuerbescheid vom 24.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.07.2019 sei somit rechtmäßig.

Im Übrigen wird auf den streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid, die Einspruchsentscheidung, den weiteren Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.06.2021 sowie auf die dem Senat vorliegenden Akten des Beklagten (je ein Band Einkommensteuer- und Rechtsbehelfsakten) Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger somit nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung [FGO]).

Die Erträge aus dem Verkauf von Kryptowährungen wurden zu Recht als sonstige Einkünfte erfasst

1) Der Beklagte hat die vom Kläger erklärten Erträge aus dem Verkauf von Kryptowährungen zu Recht als sonstige Einkünfte / Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfasst und versteuert.

Kryptowährungen sind Wirtschaftsgüter

a) Gemäß § 22 Nr. 2 EStG sind sonstige Einkünfte solche aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG. Ein privates Veräußerungsgeschäft ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ein Veräußerungsgeschäft bei anderen Wirtschaftsgütern, bei dem der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Die Regelung betrifft alle Wirtschaftsgüter im Privatvermögen (BFH-Urteil vom 22.04.2008 IX R 29/06, BStBl II 2009, 296 [StB 2008, 270 Ls]). Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen (BFH-Urteil vom 12.03.2020 IV R 9/17, BStBl II 2021, 226 [BB 2020, 1841 Ls m. BB-Komm. Park]). Er umfasst neben Sachen und Rechte im Sinne des BGB auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, d.h. sämtliche vermögenswerten Vorteile, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt (BFH-Urteil vom 21.09.2004 IX R 36/01, BStBl II 2006, 12 m.w.N [BB 2005, 136, StB 2005, 41 Ls]) und die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind (BFH-Urteil vom 29.06.2004 IX R 26/03, BStBl II 2004, 995 [BB 2004, 2226]). Das Merkmal der selbständigen Bewertbarkeit wird üblicherweise weiter dahingehend konkretisiert, dass ein Erwerber des gesamten Betriebs in dem Vorteil einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtpreises ein ins Gewicht fallendes besonderes Entgelt ansetzen würde (BFH-Urteil vom 12.03.2020 IV R 9/17, BStBl II 2021, 226 [BB 2020, 1841 Ls m. BB-Komm. Park]). Der Begriff des Wirtschaftsguts setzt nicht voraus, dass es dem Betrieb einen Nutzen für mehrere Jahre bringt (BFH-Urteil vom 26.11.2014 X R 20/12, BStBl II 2015, 325 [BB 2015, 622 m. BB-Komm. Kleinmanns, StB 2015, 53 Ls]).

Nach diesen Grundsätzen, denen sich der Senat anschließt, sind die vom Kläger durch seinen Sohn gehandelten Kryptowährungen als anderes Wirtschaftsgut im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG anzusehen.

Beim Erwerb der streitgegenständlichen Kryptowährungen hat der Kläger nach Auffassung des erkennenden Senats zumindest einen vermögenswerten Vorteil erlangt. Im Blockchain der Kryptowährung wird dem Kläger verbindlich ein Anteil an der Währung zugerechnet, der allein ihm (dem Inhaber des öffentlichen und des privaten Schlüssels) zusteht. Damit verbindet sich zum einen eine Chance auf Wertsteigerung, zum anderen hat der Kläger aber auch die Möglichkeit, die Kryptowährung als - wenn auch nur von einigen Marktteilnehmern anerkanntes - Zahlungsmittel zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen zu verwenden. Hierfür hat der Kläger auch etwas aufgewendet. Dass die Kryptowährungen einer gesonderten Bewertung zugänglich sind, zeigt schon deren Handel an speziellen (Internet-)Börsen. Dort wird der Wert der Kryptowährung anhand von Angebot und Nachfrage ermittelt. Die dort in der Vergangenheit zum Teil erzielten hohen Preise zeigen deutlich, dass Marktteilnehmer sich den Erwerb der virtuellen Währung etwas kosten lassen. Zudem kann schon aus diesem Grund an einer Übertragbarkeit von Kryptowährungen nicht ernsthaft gezweifelt werden. Auf die technischen Details der Kryptowährungen, mit denen der Klägervertreter argumentiert, kommt es nach Ansicht des erkennenden Senats für die rechtliche Bewertung als Wirtschaftsgut somit nicht entscheidend an.

Auch die ganz herrschende Meinung in der Literatur vertritt die Auffassung, dass es sich bei Kryptowährungen um immaterielle Wirtschaftsgüter und damit um andere Wirtschaftsgüter im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG handelt (Loschelder in Schmidt, 40. Aufl. 2021, § 4 EStG Rn. 158; Weber-Grellet in Schmidt § 23 EStG Rn. 27; Krumm in Blümich, 157. El. Mai 2021, § 5 EStG Rn. 740; Ratschow in Blümich, § 23 EStG Rn. 66; Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, 303. El. April 2021, § 5 EStG Rn. 1817; Richter in Herrmann/Heuer/Raupach § 6 EStG Rn. 34; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach § 23 EStG Rn. 142; Reddig in Kirchhof/Seer, 20. Aufl. 2021, § 5 EStG Rn. 237; Schindler in Kirchhof/Seer § 6 EStG Rn. 11a; Kube in Kirchhof/Seer § 23 EStG Rn. 7; Korn u.a./Stöcker/Korn/Strahl/Mirbach/Bartone/Seifert/Feldgen/Stahl in Korn, 131. EL. Juni 2021, § 4 EStG Rn. 277.76; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2020 Rn. 8553; Siegel, Finanz-Rundschau [FR] 2018, 306; Krüger, Betriebs-Berater [BB] 2018, 1887; a.A. Schroen, Deutsches Steuerrecht [DStR] 2019, 1369).

Die Einkünfteerzielungsabsicht ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH beim Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht zu prüfen (BFH-Urteil vom 20.08.2013 IX R 38/11, BStBl II 2013, 1021, m.w.N. [StB 2013, 417 Ls]). Im Streitfall kann diese jedoch unterstellt werden, da der Kläger die Kryptowährungen erklärtermaßen mit dem Ziel erworben hat, aus Kurssteigerungen Gewinne zu erzielen.

Da es sich somit bei den streitgegenständlichen Kryptowährungen um Wirtschaftsgüter handelt und der Kläger diese - nach eigenen Angaben - über seinen Sohn innerhalb von einem Jahr angeschafft und wieder veräußert hat, ist der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG verwirklicht. Der Kläger hat die daraus erzielten Gewinne als sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG zu versteuern.

Ein strukturelles Vollzugsdefizit hindert die Besteuerung nicht

b) Die Besteuerung ist - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits verfassungswidrig.

Das Bundesverfassungsgericht hat schon entschieden, dass für Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bereits für den Veranlagungszeitraum 1999 ein dem Gesetzgeber zuzurechnendes strukturelles Vollzugsdefizit nicht mehr festzustellen ist, das zur Verfassungswidrigkeit der Norm führen könnte. Gegenüber dem Veranlagungszeitraum 1998, für den das BVerfG ein strukturelles Vollzugsdefizit festgestellt hatte, folgt die geänderte verfassungsrechtliche Beurteilung aus der Änderung verschiedener tatsächlicher und rechtlicher Rahmenbedingungen (BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse vom 07.05.2008 2 BvR 2392/07, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung [HFR] 2008, 1283, m.w.N. und vom 10.01.2008 2 BvR 294/06, HFR 2008, 387).

Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Ausgestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt (normatives Defizit), kann dies zu einem Gleichheitsverstoß führen. Dagegen bedeutet die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen noch keine Verletzung des Gleichheitssatzes (so BVerfG-Urteil vom 09.03.2004 2 BvL 17/02, BStBl II 2005, 56).

Ein normatives Defizit, also ein widersprüchlich auf Ineffektivität angelegtes Recht, liegt im Streitfall nicht vor. Eine strukturell gegenläufige Erhebungsregel zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nicht ersichtlich. Auch die Tatsache, dass sich die meisten Handelsplattformen für Kryptowährungen im Ausland befinden, ändert nichts an diesem Ergebnis. Die Finanzverwaltung ist bei Sachverhalten mit Auslandsberührung - wie auch die Vorschrift des § 90 Abs. 2 AO zeigt - generell auf eine erhöhte Mitwirkung der Steuerpflichtigen angewiesen. Auch kann sie zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe in Anspruch nehmen (vgl. § 117 Abs. 1 AO). Verbleibende Vollzugsdefizite bei steuerlichen Sachverhalten mit Auslandsberührung folgen aus den Grenzen der nationalstaatlichen Souveränität. Dies vermag der deutsche Gesetzgeber nicht zu verändern; es kann ihm deswegen auch nicht als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichmäßigkeit der Steuererhebung angelastet werden (BFH-Urteil vom 18.02.1997 VIII R 33/95, BStBl II 1997, 499 [BB 1997, 1509]). Die aus der Auslandsberührung eines steuerlichen Sachverhalts folgenden Vollzugsdefizite führen auch nicht dazu, dass im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann (BFH-Beschluss vom 18.11.2005 II B 23/05, BFH/NV 2006, 612 und BFH-Urteil vom 09.04.2008 II R 39/06, BFH/NV 2008, 1529, m.w.N.).

Auch der Umstand, dass die Veräußerung der Kryptowährungen bei den Internetbörsen möglicherweise anonym erfolgt, genügt nicht, um ein strukturelles, in der gesetzlichen Regelung selbst angelegtes Vollzugsdefizit zu begründen. Von Bedeutung ist insoweit vielmehr, dass - unabhängig von den Rahmenbedingungen der Veräußerung - für Finanzbehörden regelmäßig unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit besteht, z.B. im Rahmen von Sammelauskunftsersuchen, die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte auch bei Internethandelsplattformen einzuholen (BFH-Urteil vom 29.10.2019 IX R 10/18, BStBl II 2020, 258 [BB 2020, 858 Ls] mit Verweis auf § 93 Abs. 1, Abs. 1a AO und BFH-Urteil vom 16.05.2013 II R 15/12, BStBl II 2014, 225 [BB 2013, 2081 m. BB-Komm. Geuenich, StB 2013, 263 Ls]). Die Steuerbelastung bei privaten Veräußerungsgeschäften mit Kryptowährungen beruht somit nicht nahezu allein auf der Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen (vgl. dazu z.B. BVerfG-Urteil vom 27.06.1991 2 BvR 1493/89, BStBl II 1991, 654, unter C.I.2., beginnend ab Rz 113 [BB 1991, 1]).

Kryptobörsen sind als multilaterales Handelssystem gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG ein Finanzdienstleistungsinstitut. Als solches unterliegen sie der Identifizierungspflicht nach § 11 GWG. Damit sind zumindest die Namen, die Anschrift, der Geburtsort, das Geburtsdatum und die Staatsangehörigkeit der Kunden der Kryptobörsen bekannt. Diese Daten könnte die Finanzverwaltung zumindest bei inländischen Börsen erheben.

Sollte die Kryptobörse zudem Finanzkommissionsgeschäfte betreiben, ist sie gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG ein Kreditinstitut. Dann unterläge sie sogar dem Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4b AO i.V.m. § 93b AO und § 24c KWG.

Dem Kläger ist zwar zuzustimmen, dass sich private Veräußerungsgeschäfte mit Kryptowährungen durch die Finanzverwaltung nur schwer aufdecken lassen. Jedoch reicht dies für sich alleine noch nicht aus, um ein strukturelles Vollzugsdefizit zu begründen. Wie oben ausgeführt, ist dieses Vollzugsdefizit dem Gesetzgeber (zumindest im Streitjahr) nicht zuzurechnen.

Kryptowährungen gab es im Streitjahr erst seit ca. 8 Jahren. Der Bitcoin wurde als erste erfolgreiche Kryptowährung im Jahr 2009 der Öffentlichkeit präsentiert. Erst im Jahr 2012 setzte ein Aufwärtstrend ein und das streitgegenständliche Jahr 2017 war das Jahr mit dem bislang höchsten Kapitalzufluss (https://de.wikipedia.org/wiki/Bitcoin). Kryptowährungen waren somit in den Jahren bis 2017 zunächst eine Randerscheinung.

Der Gesetzgeber ist weder verpflichtet noch dazu in der Lage, auf jede (technische) Neuerung sofort regulatorisch zu reagieren. Er hat einen weiten Ermessenspielraum und darf zunächst deren erste Entwicklung abwarten. Er muss im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung erst dann reagieren, wenn sich gravierende Missstände zeigen. Solche bestanden nach Ansicht des Senats bis zum Streitjahr jedoch noch nicht.

Eine detaillierte Nachprüfungspflicht des Finanzamts für die Ermittlung der Veräußerungsgewinne ergibt sich nicht

c) Der Beklagte war - entgegen der Ansicht des Klägervertreters, welcher sich auf den Beschluss des Finanzgerichts Nürnberg vom 08.04.2020 (3 V 1239/19, Entscheidung der Finanzgerichte [EFG] 2020, 1074 [RdF-Entscheidungsreport Niedling, RdF 2020, 318, RdZ-Entscheidungsbericht Bünning, RdZ 2021, 65, StB 2020, 221]) beruft - nicht dazu verpflichtet, die Ermittlung der Veräußerungsgewinne durch den Kläger detailliert nachzuprüfen und gegebenenfalls eigene Ermittlungen anzustrengen. Das Finanzamt braucht eindeutigen Steuererklärungen nicht mit Misstrauen zu begegnen, sondern kann regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen (BFH-Beschluss vom 17.01.2005 VI B 4/04, BFH/NV 2005, 834, m.w.N.).

Die Kostenentscheidung fußt auf § 135 Abs. 1 FGO

2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird zugelassen

3) Die Revision wird zugelassen, da ein Zulassungsgrund im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Es gibt, soweit ersichtlich, keine höchstrichterliche Entscheidung zu den im vorliegenden Fall entschiedenen Rechtsfragen.

 

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