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Steuerrecht
20.01.2016
Steuerrecht
VG Arnsberg: Klagen gegen Erhöhung der Grundsteuer in Hamm abgewiesen

VG Arnsberg, Urteil vom 6.1.2016 – 5 K 520/15

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Grundsteuer B nach der mit Wirkung zum 1. Januar 2015 erfolgten Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes von 500 v.H. auf 600 v.H.

Die Beklagte stellt seit mehr als 15 Jahren ihren Haushalt im Rahmen der Haushaltskonsolidierung auf. Seit dem Jahr 2011 nimmt sie gemäß § 3 des Gesetzes zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz - StPG) als pflichtig teilnehmende Gemeinde an der Konsolidierungshilfe teil. Im Jahr 2014 wurden im Rahmen der Haushaltskonsolidierung 223 Maßnahmen mit einem Konsolidierungsvolumen von 34,9 Mio. EUR beschrieben und umgesetzt.

Mit Beschlussvorlage 0274/14 der Verwaltung vom 26. November 2014 an den Haupt- und Finanzausschuss sowie den Rat wurde die „Anhebung der Grundsteuer B zur Aktivierung für zusätzliche Investitionen“ vorgeschlagen. Zur Begründung war u.a. ausgeführt:

 „Die Bezirksregierung Arnsberg hat vorgegeben, dass die Investitionen im Haushalt der Stadt Hamm auf 50 % der ordentlichen Tilgung begrenzt sind. Da die Stadt Hamm in den vergangenen Jahren kontinuierlich ihre Investitionsverbindlichkeiten abgebaut hat, führt das dazu, dass die Tilgung sukzessive sinkt und somit auch die 50 % von einer sich immer weiter reduzierenden Basis berechnen. Die Auswirkungen sind auch im Haushalt entsprechend dargestellt.

Parallel dazu ergibt sich aber die Notwendigkeit zusätzliche investive Maßnahmen in der Stadt durchzuführen, die neben der Investition in die Substanz auch neue Projekte zulassen.

Diese finanziellen Mittel sind aufgrund der Beschränkungen des Stärkungspaktes und dem Erfordernis des strukturellen Haushaltsausgleiches ab dem Jahr 2016 nicht aus dem Haushalt selbst zu generieren.

Im Rahmen von verschiedenen Gesprächen mit der Bezirksregierung Arnsberg wurde auch thematisiert, wie das städtische Investitionsvolumen freiwillig erhöht werden kann. Dies ist nach übereinstimmender Meinung von Verwaltung und Kommunalaufsicht nachhaltig nur über eine Steigerung der Erträge im städtischen Haushalt zu realisieren.

Die derzeitigen Hebesätze der Realsteuern als wesentliche eigene Ertragsquellen betragen:

- Grundsteuer A = 225 v.H.(seit 2010 unverändert, davor 210 v.H. seit 1992)

- Grundsteuer B = 500 v.H.(seit 2010 unverändert, davor 465 v.H. seit 1995)

- Gewerbesteuer = 465 v.H.(seit 2010, davor 450 v.H. seit 1997)

Insgesamt befindet sich Hamm damit deutlich unter dem Schnitt vergleichbarer Städte. Dies trifft in besonderem Maße auf die Städte des Stärkungspaktes der Stufen 1 und 2 zu.

Die Verwaltung schlägt dem Rat daher eine Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B vor. Die weiteren Hebesätze sollen unverändert bleiben. Damit soll beispielsweise eine doppelte Belastung von Unternehmen durch eine höhere Grund- und Gewerbesteuer vermieden werden.

Es wird folgender Hebesatz vorgeschlagen:

Grundsteuer B (für die Grundstücke)     von 500 v.H. auf 600 v.H.

Aus der Erhöhung wären ca. 5,2 Mio. € Mehrerträge pro Jahr für den Haushalt zu generieren. Die Stadt Hamm wird sich auch nach dieser Anhebung noch unterhalb des Durchschnittswertes der Stärkungs-paktkommunen befinden. Weitere vergleichende Informationen sind der Mitteilungsvorlage Nr. 0027/14 zu entnehmen.

Diese Mehrerträge sind nach Auffassung der Bezirksregierung dann in vollem Umfang für aktivierbare Investitionen zu verwenden, um echte Vermögenswerte zu schaffen.“

Mit weiterer Beschlussvorlage 0272/14 vom 26. November 2014 an den Haupt- und Finanzausschuss sowie den Rat schlug die Verwaltung die „Gründung der Stadtentwicklungsgesellschaft Hamm mbH“ zum 1. Januar 2015 als 100 %ige Tochter der Stadt Hamm mit einem Stammkapital von 25.000,00 EUR vor. In der Beschlussvorlage wurde zur Begründung u.a. Folgendes ausgeführt:

 „Aufgabe der Gesellschaft

Gegenstand des Unternehmens ist die städtebauliche Entwicklung auf dem Gebiet der Stadt Hamm in den Bereichen mit besonderem Interventionsbedarf. Dieser wird durch Maßnahmen der Grundstücksentwicklung umgesetzt. Dazu gehört die Durchführung von Projektentwicklungs- und Steuerungsaufgaben, die Vermögensverwaltung- und Bewirtschaftung sowie der Erwerb, die Sanierung und die Vermietung und Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden.

Die Gesellschaft wird dort tätig, wo es zu städtebaulichen Fehlentwicklungen bzw. Sanierungsbedarf gekommen ist, der durch die am Markt agierenden Eigentümer, privaten Investoren und Unternehmen nicht in einem angemessenen Zeitraum aufgegriffen und beseitigt wird. Die Gesellschaft soll durch ihr Engagement Anreize dafür schaffen, dass sich auch private Investoren in den Hammer Gebieten mit eigenen Projekten engagieren. Mögliche Einsätze stellen der Grunderwerb und die Baureifmachung von Grundstücken dar; aber auch die Übernahme von Hochbau-Investitionen bis hin zur Vermarktung der Immobilien sind Aufgaben. Die Gesellschaft soll jedoch nicht langfristig Eigentümerin von Grundstücken und Immobilien sein, sondern diese an private oder öffentliche Akteure nach erfolgreicher Projektentwicklung veräußern.

     …

Ausstattung der Gesellschaft

     Die Gesellschaft wird kein eigenes Personal vorhalten. Die erforderlichen Dienstleistungen werden durch die vorhandenen Ressourcen der Stadtverwaltung bereitgestellt. Zur Erledigung der Aufgaben der Stadtentwicklungsgesellschaft wird es darüber hinaus erforderlich sein, externe Dienstleister, Bauunternehmen, Büros oder Gutachter zu beauftragen.

     …

     Finanzierung

     Die Finanzierung der Gesellschaft erfolgt durch entsprechende Kapitalzuführungen der Stadt Hamm. Diese wird im Haushaltsjahr 2015 in Höhe von 25.000 € für das Stammkapital und in Höhe von 4.975.000 € für die Kapitalrücklage der Gesellschaft investiv zur Verfügung gestellt. Für die Jahre 2016 bis 2021 soll die Gesellschaft jeweils 5.000.000 € jährlich an Kapitalzuführung durch die Stadt Hamm erhalten. Insgesamt werden der Gesellschaft bis zum Jahr 2021 35.000.000 € an Kapital zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2021 soll eine Evaluation dieses Investitions und Finanzierungsmodells erfolgen (vgl. Vorlage Nr. 0274/14).

     Die Mittel werden in der Finanzstelle 240_0902013010 SEG Gesellschaft investiv zur Verfügung gestellt.

     Zur Finanzierung der Kapitalzuführung wird die Grundsteuer B um 100 % Punkte auf 600 erhöht. Aus dieser Erhöhung werden jährlich Einzahlungen in Höhe der Kapitalzuführung erwartet. Die Erhöhung der Grundsteuer wird durch separate Änderung der Hebesatzsatzung beschlossen.

     Organe

     Die Organe der Gesellschaft sind die Geschäftsführung sowie die Gesellschafterversammlung. Die Gesellschafterversammlung setzt sich aus 15 Mitgliedern zusammen. Gemäß § 113 ist der Oberbürgermeister oder ein von ihm benannter Vertreter geborenes Mitglied.

     Als Geschäftsführer wird Herr A. bestellt.“

In der Ratssitzung vom 9. Dezember 2014 wurden die beiden Vorlagen beraten. Zunächst beschloss der Rat die Gründung der Stadtentwicklungsgesellschaft mbH (im Folgenden: SEG) und die Entsendung von Ratsmitgliedern in die Gesellschafterversammlung. Nachfolgend beschloss der Rat die Satzung über die Festsetzung der Hebesätze für die Realsteuern der Stadt Hamm (Hebesatzsatzung), durch deren § 2 Satz 1 Nr. 1.2 der Hebesatz für die Grundstücke (Grundsteuer B) auf 600 v.H. festgesetzt wurde. Die Hebesatzsatzung wurde aufgrund der Bekanntmachungsanordnung des Oberbürgermeisters vom 11. Dezember 2014 am 17. Dezember 2014 im Westfälischen Anzeiger bekannt gemacht und trat nach deren § 3 am 1. Januar 2015 in Kraft.

36

Durch Grundbesitzabgabenbescheid vom 22. Januar 2015 setzte der Oberbürgermeister der Beklagten gegenüber der Klägerin für das Veranlagungsobjekt Einfamilienhaus I.-hof u.a. Grundsteuer B von xxx EUR fest. Der Steuerberechnung für das Kalenderjahr 2015 waren ein Messbetrag von xx EUR und der Hebesatz von 600 % zugrunde gelegt. Dem Bescheid war ein Rundschreiben des Oberbürgermeisters der Beklagten beigefügt, mit dem dieser darauf hinwies, dass der Rat am 9. Dezember 2014 die Anhebung der Grundsteuer B um 100 Punkte beschlossen habe und diese zusätzliche Einnahme für die finanzielle Ausstattung einer Stadtentwicklungsgesellschaft genutzt werden solle, welche in den kommenden Jahren zusätzliche Investitionen in der Stadt vornehmen werde.

Am 18. Februar 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Zu deren Begründung macht sie u.a. geltend: Die Hebesatzsatzung verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen Recht und sei deshalb unwirksam. Zunächst liege ein Verstoß gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Gesamtdeckung vor, weil die Zweckbindung der Mittel aus der Hebesatzerhöhung für die Kapitalausstattung der SEG unzulässig sei. Dabei sei unerheblich, dass die Zweckbindungsabsicht nicht unmittelbar in dem Beschluss über die Hebesatzsatzung Niederschlag finde, denn die Diskussion der Beschlussgegenstände sei in der Ratssitzung formal verbunden worden. Hinzu komme die rechtswidrige Ausgliederung von Vermögensbildung und Investitionstätigkeit auf die SEG als zivilrechtliche Tochtergesellschaft. Die Tochtergesellschaft entziehe sich sowohl hinsichtlich der Mittelverwendung als auch mit Bezug auf das Vermögensergebnis den strengen Vorgaben des gemeindlichen Haushaltsrechts. Außerdem würden durch das von der Beklagten gewählte Konstrukt die Bindungen aus dem Stärkungspaktgesetz umgangen. Um zu verhindern, dass eine überschuldete und pflichtig am Stärkungspakt teilnehmende Gemeinde sich auf Kosten der Konsolidierungshilfen gesunder Gemeinden bereichere, sei ausdrücklich eine Beschränkung der Investitionsmöglichkeiten vorgesehen. Ferner bewirke die zusätzliche Zahlung von Entschädigungen an die in die Gesellschafterversammlung entsandten Ratsmitglieder einen Verstoß gegen die haushaltsrechtlichen Grundsätze der effizienten und sparsamen Wirtschaftsführung. Schließlich werde auch gegen Grundsätze des Haushaltsausgleichs verstoßen, weil die Grundsteuern vorrangig zur Eigenkapitalausstattung und Ausgleichsrücklage verwendet werden müssten.

Die Klägerin beantragt,

     den Grundbesitzabgabenbescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 22. Januar 2015 aufzuheben, soweit darin Grundsteuer B in Höhe von xxx EUR festgesetzt ist.

Die Beklagte beantragt,

     die Klage abzuweisen.

Zur Begründung macht sie u.a. geltend: Bei der Festsetzung von Hebesätzen bestehe ein weiter Entschließungsspielraum, der seine Grenzen lediglich in höherrangigem Recht finde. Dieser umfasse das Recht, die Hebesätze autonom nach den jeweiligen finanziellen Bedürfnissen festzusetzen. Steuersätze ließen sich nicht daran messen, auf welchen Gründen die kommunale Willensbildung beruhe. Deshalb komme es auf die Erwägungen und Beweggründe des Satzungsgebers nicht an. Hinzu komme, dass eine rechtliche Zweckbindung für die Erhöhung des Hebesatzes nicht gegeben sei. Die Erhöhung des Investitionsvolumens sei wie jede zusätzliche Ausgabe zu finanzieren. Die Finanzierung zusätzlicher Aufgaben sei allein durch Erhöhung der Erträge aus Steuereinnahmen möglich. Die Mehreinzahlungen würden investiv verwendet. Eine automatische Weiterleitung der Steuer zu einem bestimmten Zweck erfolge nicht. Im Übrigen stelle sich eine Zweckbindung der Steuer als grundsätzlich unbedenklich dar. Unabhängig davon sei die Gründung von Kapitalgesellschaften zulässig. Auch erfolge eine Abbildung der Gesellschaften im Haushalt. Die SEG sei als hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt uneingeschränkt durch den Rat kontrollierbar. Auch würden die Regelungen des Stärkungspaktgeset-zes befolgt; dies zeige die Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg in Bezug auf die Haushaltssatzung 2015 mit der dortigen Fortschreibung des Haushaltssanierungsplans.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der zur Kammersammlung überreichten Satzungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtene Grundsteuerfestsetzung in dem Grundbesitzabgabenbescheid vom 22. Januar 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Grundsteuerfestsetzung sind die §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 2 Satz 1, 10 Abs. 1, 13 ff., 25 Abs. 1 bis 3, 4 Satz 1 und 27 Abs. 1 Satz 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) in Verbindung mit § 2 Satz 1 Nr. 1.2 der Satzung vom 11. Dezember 2014 über die Festsetzung der Hebesätze für die Realsteuern der Stadt Hamm (Hebesatzsatzung) - im Folgenden: HS -. Danach ist die Klägerin in Höhe von xxx EUR für das Jahr 2015 grundsteuerpflichtig.

Die Klägerin unterliegt der Grundsteuerpflicht. Nach § 2 Nr. 2 GrStG unterfällt ihr Grundbesitz als Steuergegenstand der Grundsteuer (vgl. §§ 68, 70 des Bewertungsgesetzes - BewG). Gegen die Berechnungsgrundlage, die auf dem Grundsteuermessverfahren beruht, durch das zugleich gegenüber der die Grundsteuer festsetzenden Behörde über die sachliche Steuerpflicht entschieden worden ist (vgl. §§ 184 Abs. 1, 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung - AO), hat die Klägerin keine Einwände erhoben.

Die Festsetzung der Grundsteuer B findet ihre Rechtsgrundlage in der Hebesatzsatzung vom 11. Dezember 2014. Diese Satzung ist wirksam.

Das gilt zunächst in formeller Hinsicht. Die Satzung wurde am 9. Dezember 2014 vom Rat der Stadt Hamm beschlossen und aufgrund der Bekanntmachungsanordnung des Oberbürgermeisters vom 11. Dezember 2014 im Westfälischen Anzeiger vom 17. Dezember 2014 ortsüblich bekannt gemacht.

Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auf 600 v.H. als wirksam. Durch die Erhöhung des Hebesatzes wurde keine unzulässige Änderung der Abgabenart bewirkt und keine als Steuer getarnte Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion eingeführt (1). Die allgemeine Zweckbestimmung der Hebesatzsatzung führt auch unter Berücksichtigung des weiteren Zwecks der Finanzierung der SEG nicht zur Unwirksamkeit der Satzung (2). Ferner liegt kein rechtlich beachtlicher Verstoß gegen sonstige haushaltsrechtliche Bestimmungen vor (3). Die Steuerbelastung ist schließlich weder in ihrer Gesamthöhe noch mit dem Erhöhungsfaktor von 20 % (= 100 Prozentpunkten) verfassungsrechtlich unangemessen und ihr kommt auch keine Erdrosselungswirkung zu (4).

(1) Durch die Erhöhung des Hebesatzes wurde weder eine unzulässige Änderung der Abgabenart bewirkt (a) noch eine als Steuer getarnte Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion eingeführt (b).

(a) Durch die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B wurde die Abgabenart (Steuer) nicht in unzulässiger Weise geändert. Steuern sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)

vgl.     dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983- 2 BvR 1275/79 -, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 65, 325

in Anlehnung an den Steuerbegriff der Abgabenordnung (vgl. § 3 Abs. 1 AO) einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Hierzu gehört kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung gemäß § 3 Abs. 2 AO u.a. die Grundsteuer als Realsteuer, also auch die hier streitige Grundsteuer B. Sie wird nach Maßgabe des Grundsteuergesetzes und der Hebesatzsatzung ohne eine städtische Gegenleistung von allen Grundstückseigentümern im Satzungsgebiet erhoben.

(b) Daran ändert auch die der Beschlussfassung des Rates beigegebene Begründung für die Erhöhung des Hebesatzes nichts. Zwar verweist die Beschlussvorlage vom 26. November 2014 zur Zweckbestimmung für die erhöhte Grundsteuer B auf die „Aktivierung für zusätzliche Investitionen“. Hierdurch wird die Grundsteuer indes nicht zu einer als Steuer getarnten Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion. Eine Sonderabgabe in diesem Sinne zeichnet sich dadurch aus, dass sie vom Normgeber unter Inanspruchnahme von Kompetenzen außerhalb der Finanzverfassung geschaffen wird und einen Sachzweck verfolgt, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht.

Vgl.     BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2009 - 2 BvR 743/01 -, BVerfGE 123, 132 (141 f.) zu einer Abgabe zur Finanzierung der Holzabsatzförderung.

An beidem fehlt es hier: Die streitige Abgabe beruht auf dem Grundsteuergesetz und damit auf finanzverfassungsrechtlicher Kompetenzgrundlage (Art. 105 Abs. 2, 106 Abs. 6 des Grundgesetzes - GG). Sie dient - auch mit dem „Erhöhungsanteil“ von 100 Prozentpunkten - der Beschaffung allgemeiner Finanzmittel, wie sich aus der Beschlussbegründung zweifelsfrei ergibt, und zwar zur „Aktivierung für zusätzliche Investitionen“. Dabei ist es auch ohne Belang, dass die Grundsteuer nicht speziell der Gruppe der Grundbesitzer zugutekommt. Im Gegenteil belegt gerade auch dieser Umstand, dass es sich um eine Steuer und nicht um eine Sonderabgabe handelt.

Vgl.     hierzu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/14 -, Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 2014, 31.

Der Charakterisierung der streitigen Grundbesitzabgabe als Steuer steht auch nicht entgegen, dass keine Abgabepflicht der Allgemeinheit begründet wird, sondern ausschließlich Grundeigentümer abgabepflichtig sind. Einen Rechtssatz etwa des Inhalts, dass nur die Abgabe Steuer ist, die alle Einwohner zu entrichten haben, gibt es nicht. Die Erhebung der Steuer knüpft an die Erfüllung eines Steuertatbestandes, wie hier nach § 2 GrStG an den Grundbesitz, an. Damit wird die Entrichtung der Steuer nur einem bestimmten Personenkreis auferlegt, und zwar demjenigen, der den Steuertatbestand erfüllt.

Vgl.     OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 - a.a.O.

Die der Hebesatzerhöhung um 100 Prozentpunkte beigegebene weitere Zweckbestimmung, nach der die Mehrerträge von ca. 5,2 Mio. EUR „nach Auffassung der Bezirksregierung dann in vollem Umfang für aktivierbare Investitionen zu verwenden“ seien, „um echte Vermögenswerte zu schaffen“, ist mit Bezug auf die Bestimmung der Abgabenart als Steuer ebenfalls ohne rechtliche Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Zweckbestimmung im Hinblick auf den Begriff Steuer schon grundsätzlich unbedenklich.

Vgl.     etwa zur sogenannten Ökosteuer: BVerfG, Urteil vom 20. April 2004- 1 BvR 905/00 -, BVerfGE 110, 274 (294 f.).

Das gilt auch hier.

Hinzu kommt, dass die Einnahmen aus der Hebesatzerhöhung trotz der vorgenannten Begründung nicht zweckgebunden (zu verwenden) sind.

     Ebenso mit gleichem Ergebnis zu einer „Übernachtungssteuer“: OVG Thüringen, Beschluss vom 23. August 2011 - 3 EN 77/11 - , Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 2011, 236; zu einer „Kulturförderabgabe“ für Übernachtungen: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Mai 2011 6 C 11337/10 , ZKF 2011, 165.

Denn einerseits enthält die Hebesatzsatzung selbst keine solche Zweckbindung, andererseits dient der vorgenannte Teil der Beschlussvorlage lediglich der Begründung für die Erhöhung, ohne zugleich eine rechtsverbindliche Verwendungsentscheidung zu treffen. Damit fehlt es insgesamt an einer rechtlich verbindlichen Zweckbindung für das Steueraufkommen aus der (erhöhten) Grundsteuer B.

(2) Die der Hebesatzerhöhung allgemein beigegebene Zweckbestimmung führt auch unter Berücksichtigung des weiteren Zwecks der Finanzierung der SEG nicht zur Unwirksamkeit der Satzung.

In der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl.     Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 17. April 2002- 9 CN 1.01 -, KStZ 2002, 213 und vom 10. Dezember 2009 - 9 C 13.08 - (juris); OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - (www.nrwe.de und juris)

wie auch in derjenigen des erkennenden Gerichts

vgl.     Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg, Urteile vom 24. September 2013- 5 K 2417/12 -, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 2014, 59 = Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 2014, 79 und vom 17. Februar 2014 - 5 K 1205/13 -, Städte- und Gemeinderat (StGR) 2014, 33

ist geklärt, dass sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG bei der Prüfung satzungsrechtlicher Abgabenregelungen die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht beschränkt und nicht die Überprüfung nach Art ermessensgeleiteter Verwaltungsakte umfasst. Daraus folgt zugleich, dass die Wirksamkeit gemeindlicher satzungsrechtlicher Abgabenregelungen, soweit es an entsprechenden gesetzlichen Anordnungen fehlt, weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorganges abhängt. Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung erfolgt ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe, also die Motivation des Satzungsgebers, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an.

Vgl.     Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 2 S 1010/12 -, KStZ 2013, 116; OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - a.a.O. und Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 und 14 A 2761/12 - (jeweils www.nrwe.de und juris); OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. November 2010 - 9 LA 199/09 - (juris).

Gemeinden haben bei der Festsetzung der Hebesätze wegen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil der Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, einen weiten Entschließungsspielraum, der seine Grenzen lediglich in den allgemeinen Grundsätzen des Haushalts- und Steuerrechts findet. Im Rahmen dieses Entschließungsspielraums, der auch umfasst, auf welche Weise die Gemeinden ihre kommunale Aufgabenerfüllung finanzieren, kommt es der Gemeinde durch ihren Rat zu, die Hebesätze autonom nach den jeweiligen finanziellen Bedürfnissen festzusetzen.

Vgl.     OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 15 A 2324/07 -, KStZ 2009, 190; VG Münster, Urteil vom 1. Dezember 2010 - 9 K 1493/10 -, Der Gemeindehaushalt (GemHH) 2011, 47; VG Arnsberg, Urteile vom 24. September 2013 5 K 2417/12 - a.a.O. und vom 17. Februar 2014- 5 K 1205/13 - a.a.O.

Nach Maßgabe dessen ergibt sich für die streitgegenständliche Hebesatzerhöhung auf 600 v.H. Folgendes:

Bereits aus den vorstehenden Ausführungen (unter 1) folgt, dass zwar die Einnahmen aus der Hebesatzerhöhung trotz der Begründung aus der Beschlussvorlage nicht zweckgebunden (zu verwenden) sind, weil einerseits die Hebesatzsatzung selbst keine solche Zweckbindung enthält und andererseits die Beschlussvorlage lediglich der Begründung für die Erhöhung dient, ohne zugleich eine rechtsverbindliche Verwendungsentscheidung zu treffen.

Nichts Weitergehendes ergibt sich aus der Beschlussfassung des Rates über die Gründung der SEG und deren Finanzierung - aus dem erhöhten Grundsteueraufkommen. Dies folgt schon daraus, dass beide Beschlüsse nicht in einem - hier allerdings geltend gemachten - unauflösbaren rechtlichen Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang mag zwar sowohl politisch und als auch aus haushaltsrechtlichen Erwägungen gegeben gewesen sein, in rechtlicher Hinsicht besteht er indes nicht. Das ergibt sich - rein formal - schon daraus, dass die Beschlussfassungen des Rates auf der Grundlage von zwei verschiedenen Beschlussvorlagen der Verwaltung zeitlich nacheinander erfolgten und nicht „uno actu“. Einer einheitlichen Beschlussfassung stand unabhängig davon außerdem entgegen, dass unterschiedliche gesetzliche Handlungsformen einzuhalten waren: Während die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B ausschließlich in der Rechtsform einer Satzung erfolgen konnte und erfolgt ist, bedurfte es für die Gründung der SEG einer Beschlussfassung über die Rechtsform (hier: GmbH), deren Organisation und schließlich den Gesellschaftsvertrag.

Unabhängig davon kommt hinzu, dass selbst im Fall der Unwirksamkeit eines der Ratsbeschlüsse sich dieser Mangel nicht zwingend auf den anderen Beschluss auswirkte. Wird etwa angenommen, dass die Hebesatzsatzung unwirksam war, so hätte dies keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen auf die „wirksam gegründete“ SEG sondern allenfalls auf deren (Ersatz-)Finanzierung und ggfs. den Umfang des Geschäftsvolumens. Umgekehrt wirkte sich die Fehlerhaftigkeit der Gründung der SEG nicht unmittelbar auf die Hebesatzsatzung und den dadurch erhöhten Hebesatz aus sondern allenfalls auf die haushaltsrechtliche Verwendung der daraus erzielten Mehrerträge etwa zur Finanzierung anderer Investitionsvorhaben oder zur Schuldentilgung.

(3) Es liegt auch kein rechtlich beachtlicher Verstoß gegen sonstige haushaltsrechtliche Bestimmungen vor.

Es ist zunächst kein Verstoß gegen § 77 Abs. 2 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW) oder § 3 Abs. 2 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) feststellbar. § 77 Abs. 2 GO NRW bestimmt, dass die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und nur im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW sollen die Gemeinden Steuern nur erheben, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen, insbesondere durch Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt.

Das in diesen Vorschriften normierte Gebot der Subsidiarität der Steuern gegenüber den speziellen Entgelten kann nicht dazu führen, dass die Bemessung der Hebesätze an die Ausschöpfung des Gebührenrahmens für besondere Leistungen gebunden wird. Eine derartige Auslegung wäre mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes unvereinbar, denn das grundgesetzlich garantierte bundesrechtliche Hebesatzrecht der Gemeinden für die Grundsteuer nach Art. 106 Abs. 6 GG J. .V.m. § 25 Abs. 1 GrStG gewährt dem Landesgesetzgeber keine Kompetenz für eine entsprechende Einschränkung. Auch § 26 GrStG bildet keine Ermächtigung für eine materielle Beschränkung des örtlichen Hebesatzes im Verhältnis zu den sonstigen Einnahmen der Gemeinde.

Vgl.     BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 -, KStZ 1993, 193 (zur Gewerbesteuer).

Folglich binden die vorgenannten, dem Haushaltsrecht zuzuordnenden Vorschriften die Gemeinden zwar insofern, als auf Steuerquellen nur zurückgegriffen werden darf, soweit die sonstigen Einnahmen nicht zur Deckung des Haushalts ausreichen. Im Übrigen steht es aber im Ermessen der Gemeinden, in welchem Ausmaß sie zur Deckung ihres Finanzbedarfs Steuerquellen heranziehen wollen.

Vgl.     BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 - a.a.O.; VG Arnsberg, Urteil vom 14. September 2013 5 K 2417/12 - a.a.O.

Letzteres ist hier der Fall. Aus dem Vorbringen der Beklagten zur Haushaltssanierung ergibt sich, dass die sonstigen Finanzmittel schon zur Deckung des Haushalts bei weitem nicht ausreichten und somit erst recht keine zusätzlichen Investitionsausgaben zuließen. Unter Berücksichtigung dessen stand es im Entschließungsspielraum der Beklagten, zur Ermöglichung von mittelbar über die SEG zu erbringenden Investitionen Mehrerträge aus der Anhebung der Grundsteuer B zu generieren.

Auch ein Verstoß gegen § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift hat die Gemeinde den Haushalt wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen. Die sich daraus ergebende Grenze für gemeindliche Ausgaben ist erst dann überschritten, wenn ein Verbrauch von öffentlichen Mitteln festzustellen ist, der wirtschaftlich in keinem Fall mehr vertretbar ist und deshalb auch nicht mehr im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung liegt.

Vgl.     OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 14 A 1466/13 und 14 A 366/13 - (n.v.).

Derartiges ist hier mit Bezug auf die Hebesatzerhöhung für die Grundsteuer B weder substantiiert vorgetragen noch - auch nur ansatzweise - ersichtlich. Nach der der Hebesatzerhöhung beigegebenen Begründung sollen die Mehreinnahmen zur Aufwandsdeckung für zusätzliche Investitionen dienen. Hierbei handelt es sich offensichtlich um ein zumindest vertretbares Ausgabeverhalten. Dieses wurde zudem mit der Bezirksregierung Arnsberg als der für die Kommunalaufsicht zuständigen Behörde im Einzelnen abgestimmt.

Unabhängig davon wäre die Hebesatzfestsetzung selbst dann nicht rechtsfehlerhaft, wenn einzelne Ausgabenansätze wie insbesondere derjenige zur Finanzierung der SEG haushaltsrechtlich zu beanstanden wären. Denn die Beklagte wäre auch in einem solchen Fall aufgrund ihres weiten Entschließungsspielraums nicht verpflichtet, die durch entsprechende Kürzungen gewonnenen Einsparungen gerade auf das Grundsteueraufkommen anzurechnen. Insofern fehlt es bei den allgemein zur Erzielung von Einnahmen erhobenen Steuern - im Unterschied etwa zur Gebührenerhebung - bereits an einer im Abgabentatbestand vorgegebenen Verknüpfung zwischen den Steuersätzen und den Ausgabeansätzen.

So auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Oktober 2012 5 K 1137/12 , ZKF 2012, 288 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Urteil vom 19. September 1990 - 13 C 4/87 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1991, 907; Bayerischer VGH (BayVGH), Beschluss vom 20. Oktober 2011 - 4 ZB 11.1187 - (juris); ebenso VG Arnsberg, Urteil vom 14. September 2013 5 K 2417/12 - a.a.O.

Im Übrigen verstößt die Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auch nicht gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit bzw. den allgemeinen Gleichheitssatz. Weder die Höhe der Grundsteuer A bzw. der Gewerbesteuer noch das Verfahren zur Festsetzung der jeweiligen Hebesätze oder die Situation in anderen Gemeinden lassen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit oder den allgemeinen Gleichheitssatz hervortreten.

Vgl.     dazu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013

- 14 A 1466/13 und 14 A 366/13 - (n.v.).

Die im Übrigen geltend gemachten haushaltsrechtlichen Verstöße beziehen sich sämtlich auf die Gründung und den Gesellschaftszweck der SEG sowie deren Finanzierung aus dem Grundsteueraufkommen. Als solche mögen sie geeignet sein, die politische Entscheidung für die Gründung der SEG in Frage zu stellen. Sie sind hingegen wie bereits ausgeführt nicht geeignet, die Wirksamkeit der Hebesatzsatzung zu erschüttern.

(4) Die durch die Hebesatzsatzung ausgelöste Steuerbelastung ist weder in ihrer Gesamtheit noch mit dem Erhöhungsfaktor von 20 % (= 100 Prozentpunkten) verfassungsrechtlich unangemessen und ihr kommt auch keine Erdrosselungswirkung zu.

Mit der Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auf 600 v. H. wird kein „Spitzensteuersatz“ erreicht: Bereits im Jahr 2013 galten in sechs Kommunen in Nordrhein-Westfalen deutlich höhere Grundsteuerhebesätze von mehr als 700 v.H., darunter in der Stadt Unna mit einem Hebesatz von 769 v.H. und in der Nachbarstadt Werl von 800 v.H. In weiteren 14 Kommunen betrugen die Hebesätze für die Grundsteuer B 600 v.H. bis 699 v.H.

Vgl.     VG Arnsberg, Urteil vom 17. Februar 2014 5 K 1205/13 a.a.O. mit weiteren Nachweisen.

Die Hebesatzerhöhung führt auch im Übrigen nicht zu einer verfassungsrechtlich unangemessenen Steuerbelastung (vgl. u.a. Art. 20 Abs. 1 GG). Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 - (a.a.O.) ausgeführt:

„Richtig ist, dass die Gestaltungsfreiheit des Normgebers auch bei der Schrankenbestimmung durch Auferlegung von Steuerlasten, die an vermögenswerte Rechtspositionen anknüpfen, durch die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit begrenzt ist und dass dann, wenn im Einzelfall keine vermögenswerte Rechtsposition betroffen ist, der gleiche Maßstab zur Rechtfertigung einer Beeinträchtigung des Art. 2 Abs. 1 GG gilt. Die Steuerbelastung darf aus rechtsstaatlichen Gründen nicht übermäßig sein.

Vgl.     BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 -, BVerfGE 115, 97 (114 ff.); Beschluss vom 5. Februar 2002 2 BvR 305, 348/93 , BVerfGE 105, 17 (32).“

Das ist hier nicht der Fall. Ausgehend von der Beschlussvorlage für die Hebesatzfestsetzung und der ihr beigefügten Anlage 2 ergeben sich auf Basis der durchschnittlichen Steuerbeträge und unter Nutzungsart die folgenden Auswirkungen:

 

Durchschnitt Jahressteuer € bei

Mehrbetrag je

Nutzart

500 %

600 %

Monat

Einfamilienhaus

283,05 €

339,66 €

4,72 €

Zweifamilienhaus

407,55 €

489,06 €

6,79 €

Eigentumswohnung

219,70 €

263,64 €

3,66 €

Geschäftsgrund-stücke (ganz o. überwiegend ge-werblich)

3.241,16 €

3.889,39 €

54,02 €

Danach errechnen sich für den einzelnen Grundeigentümer unter Berücksichtigung der jeweiligen Nutzungsart außerhalb gewerblicher Nutzung eine durchschnittliche monatliche Mehrbelastung zwischen 3,66 EUR und 6,79 EUR sowie eine durchschnittliche monatliche Gesamtbelastung zwischen (263,64 EUR : 12 =) 21,95 EUR und (489,06 EUR : 12 =) 40,76 EUR. Eine solche durchschnittliche Belastung er-scheint nicht als unverhältnismäßig.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Belastung mit der Grundsteuer B auch nicht als erdrosselnd. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Erhöhung des Hebesatzes ein Ausmaß erreicht wird, durch das die Privatnützigkeit des Eigentums gefährdet oder gar aufgehoben würde. Vielmehr kann auch nach der Erhöhung des Hebesatzes sowohl bei ausschließlich selbst genutzten Objekten als auch bei vermieteten Liegenschaften die Grundsteuer aus den Grundstückserträgen erwirtschaftet werden, ohne dass es zu einer Vernichtung der Steuerquelle selbst käme.

Vgl.     hierzu: Finanzgericht (FG) Berlin, Urteil vom 6. Oktober 2004- 2 K 2386/02 -, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 390 und VG Arnsberg, Urteile vom 24. September 2013 5 K 2417/12 a.a.O. (zu einem Hebesatz für die Grundsteuer B von 720 v.H) und vom 17. Februar 2014 - 5 K 1205/13 - a.a.O. (zu einem Hebesatz für die Grundsteuer B von 800 v.H.).

Ist nach alledem die Hebesatzänderung für die Grundsteuer B nicht zu beanstanden, weist die angefochtene Grundsteuerfestsetzung im Bescheid vom 22. Januar 2015 auch im Übrigen keine Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

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