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Steuerrecht
20.05.2009
Steuerrecht
: Keine gesetzliche Grundlage für Vorlage des amtlichen Vordrucks „EÜR"

FG Münster, Urteil vom 17.12.2008 - 6 K 2187/08

leitsatz

Für Vorlage des amtlichen Vordrucks „EÜR" gibt es keine gesetzliche Grundlage.

AO § 149, § 150; EStDV 2000 § 60 Abs. 4



Tenor:

Der Bescheid vom 15.2.2008 über die Aufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR für den Veranlagungszeitraum 2006 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.


SACHVERHALT

Streitig ist, ob das beklagte Finanzamt den Kläger zu Recht zur Abgabe einer "Anlage Einnahmenüberschussrechnung" (Anlage EÜR) zur Einkommensteuer 2006 aufgefordert hat.

Der in V wohnende Kläger betreibt seit 1985 in G eine Schmiede und Hufschlagschmiede. Er ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmenüberschussrechnung.

Am 31.1.2008 reichte der Kläger seine Erklärung zur gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2006 beim Beklagten ein (Mantelbogen ESt 1 B sowie Anlage GSE). Der Erklärung war eine Einnahmenüberschussrechnung nach DATEV-Fassung beigefügt, die einen Gewinn i.H. von 27.303,58 EUR auswies.

Der Beklagte stellte den Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb mit (in gewissen Punkten vorläufigem, jedoch nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem) Feststellungsbescheid vom 15.2.2008 auf 27.303,- EUR fest. In einer Anlage zum Feststellungsbescheid wies der Bekagte den Kläger unter der Überschrift "Erläuterungen zu den Festsetzungen / Feststellungen" auf die seit dem Veranlagungszeitraum 2005 bestehende Pflicht zur Abgabe einer Anlage EÜR gemäß § 60 Abs. 4 EStDV hin und bat ihn, eine solche Anlage für das Jahr 2006 innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Gewinnfeststellungsbescheides nachzureichen.

Nachdem der Kläger dieser Bitte nicht Folge leistete, wies der Beklagte mit Schreiben vom 18.3.2008 auf die Anlage zum Gewinnfeststellungsbescheid 2006 hin und bat den Kläger erneut um die Abgabe der Anlage EÜR.

Mit Schreiben vom 27.3.2008 legte der Kläger Einspruch gegen die Erinnerung zur Abgabe der Anlage EÜR 2006 vom 18.3.2008 ein. Zur Begründung führte er aus: Für die Regelung des § 60 Abs. 4 EStDV und die daraus abgeleitete Aufforderung zur Abgabe einer Anlage EÜR fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Der Steuerpflichtige sei gesetzlich lediglich verpflichtet, seine steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünfte auf amtlichem Vordruck zu deklarieren und die hierzu notwendigen Erläuterungen und Aufklärungen zu geben. Dieser gesetzlichen Deklarations- und Mitwirkungspflicht sei er - der Kläger - durch Abgabe der Feststellungserklärung 2006 sowie einer Gewinnermittlung nach DATEV-Fassung nachgekommen, und zwar im Ergebnis sogar in größerem Umfang als dies durch die Anlage EÜR geschehen könnte. Die Einnahmenüberschussrechnung nach DATEV-Fassung enthalte wesentlich bessere und detaillierte Informationen und Erläuterungen als eine Anlage EÜR. Die Anlage EÜR sei eine Arbeitshilfe der Finanzverwaltung, die sich allenfalls an nicht beratene und deshalb nicht mit qualifizierten Auswertungen der getätigten Geschäftsvorfälle ausgestattete Steuerpflichtige richte. Für Steuerpflichtige, die bereits eine Gewinnermittlung nach DATEV-Grundsätzen erstellt hätten, bedeute das Ausfüllen und Einreichen der Anlage EÜR dagegen einen unverhältnismäßigen Mehraufwand. Es sei nicht ersichtlich, welchen erkennbaren Mehrwert die Anlage EÜR im Vergleich zur einer DATEV-Gewinnermittlung für die Finanzverwaltung habe. Vielmehr würde die Anlage EÜR in Fällen wie dem Vorliegenden sowohl auf Seiten der Finanzverwaltung als auch auf Seiten des Steuerpflichtigen mehr Fragen aufwerfen als steuerrelevante Sachverhalte aufklären. Es sei äußerst bürokratisch, im Rahmen einer Gewinnermittlung nach DATEV-Format erst Daten detailliert zu verbuchen, in übersichtlichen Aufstellungen zusammenzufassen und zu erläutern, um die gleichen Daten anschließend in der angeforderten Anlage EÜR wieder komprimieren und dann später auf An- bzw. Nachfrage der Finanzverwaltung möglicherweise erneut aufschlüsseln zu müssen.

Auf Rückfrage des Beklagten stellte der Kläger im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren mit Schreiben vom 28.4.2008 klar, dass sich sein Einspruch jedenfalls auch gegen die im Gewinnfeststellungsbescheid vom 15.2.2008 enthaltene Abgabeaufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR 2006 richte.

Der Beklagte wies zunächst den Einspruch des Klägers gegen die Erinnerung zur Abgabe der Anlage EÜR vom 18.3.2008 mit Einspruchsentscheidung vom 8.5.2008 als unzulässig zurück. Die Erinnerung zur Abgabe der Anlage EÜR stelle - im Gegensatz zu der eigentlichen Aufforderung zur Abgabe des Formulars durch die Anlage zum Gewinnfeststellungsbescheid 2006 vom 15.2.2008 - keinen anfechtbaren Verwaltungsakt i.S. des § 118 AO dar.

Mit weiterer Einspruchsentscheidung vom 8.5.2008 wies der Beklagte diesen Einspruch gegen die im Gewinnfeststellungsbescheid 2006 enthaltene Aufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR als unbegründet zurück. Der Gewinnfeststellungsbescheid vom 15.2.2008 habe bezogen auf den selbständigen Verwaltungsakt der Aufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Das Schreiben vom 28.4.2008, mit dem der Kläger seinen Einspruch auch auf die im Gewinnfeststellungsbescheid enthaltene Aufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR erweitert habe, sei innerhalb der Jahresfrist des § 356 AO eingegangen. Demnach sei der Einspruch zulässig. In der Sache könne der Einspruch jedoch keinen Erfolg haben. Die an den Kläger gerichtete Aufforderung, der Steuererklärung eine Gewinnermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Muster - Anlage EÜR - beizufügen, sei nicht zu beanstanden. Die Verpflichtung zur Vorlage einer Gewinnermittlung in Form der Anlage EÜR ergebe sich für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten, ausdrücklich aus § 60 Abs. 4 EStDV. Der in dieser Bestimmung enthaltenen Wortlaut "ist beizufügen" lasse eine Interpretation der Regelung als Wahlrecht oder Ermessensentscheidung nicht zu. Die Finanzverwaltung sei insofern an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Gesetz in diesem Sinne sei jede Rechtsnorm (§ 4 AO), mithin auch die Einkommensteuerdurchführungsverordnung. Sie sei in gleicher Weise für die Finanzverwaltung, die Steuerpflichtigen und die Finanzgerichte bindend.

Der Kläger hat am 10.6.2008 die vorliegende Klage erhoben und in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2008 sein Klagebegehren auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der im Gewinnfeststellungsbescheid 2006 vom 15.2.2008 enthaltenen Aufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung begrenzt.

Zur Begründung seiner Klage trägt er vor: Der Beklagte habe die gesonderte Gewinnfeststellung 2006 auf der Grundlage der eingereichten Steuererklärungsformulare und der beigefügten Gewinnermittlung nach DATEV-Fassung lediglich unter punktuellen Vorbehalten i.S. des § 165 AO, ansonsten aber endgültig durchgeführt. Der Gewinnfeststellungsbescheid vom 15.2.2008 habe nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestanden. Zweifel in Bezug auf den Umfang bzw. die Richtigkeit der deklarierten Besteuerungsgrundlagen habe es auf Seiten des Beklagten also offensichtlich nicht gegeben. Ansonsten hätte entweder keine Veranlagung erfolgen dürfen oder die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen hätte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchgeführt werden müssen (§ 164 Abs. 1 AO). Daraus sei im Ergebnis zu folgern, dass der in der Anlage zum Gewinnfeststellungsbescheid angeforderten Anlage EÜR für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gar keine Bedeutung mehr zukomme. Vor diesem Hintergrund sei die Aufforderung zur Abgabe einer Gewinnermittlung auf dem amtlichen Vordruck Anlage EÜR rechtswidrig. Denn von Gesetzes wegen seien Steuerpflichtige im Rahmen der §§ 88 ff. AO nur dazu verpflichtet, ihre steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünfte zu erklären und zu erläutern. Diesen steuerlichen Erklärungs- und Mitwirkungspflichten sei er - der Kläger - vollständig nachgekommen. Mehr könne von ihm nicht verlangt werden. Soweit die Anlage EÜR nicht der Durchführung der Besteuerung im konkreten Einzelfall diene, sondern lediglich die Speicherung von Daten zum Zwecke externer Betriebsvergleiche mit unbenannten Dritten im Rahmen des sog. Risiko-Management-Systems der Finanzverwaltung erleichtere, fehle es an einer gesetzlichen Grundlage für eine entsprechende Pflicht der Steuerpflichtigen zur Beisteuerung solcher Daten auf amtlichem Vordruck. Soweit sich der Beklagte auf die Regelung des § 60 Abs. 4 EStDV berufe, sei anzumerken, dass die Durchführungsverordnung über die einfachgesetzlichen Vorgaben hinaus nicht erweiternde Pflichten zu Lasten der Steuerpflichtigen regeln dürfe.

Darüber hinaus verweist der Kläger auf den Umstand, dass die Anlage EÜR eine unübersichtliche Zusammenfassung der bereits im Rahmen einer DATEV-Gewinnermittlung zusammengetragenen und verarbeiteten Informationen erfordere. Für Steuerpflichtige, die bereits eine Gewinnermittlung nach DATEV-Fassung durchführten, bedeute das zusätzliche Ausfüllen der Anlage EÜR einen erheblichen und vor allem sachlich nicht gerechtfertigten Mehraufwand. Um eine DATEV-Gewinnermittlung auf die Anlage EÜR zu ändern müssten im DATEV-Programm 60 neue Konten eingerichtet werden. Von einer Steuervereinfachung - wie vom Verordnungsgeber mit Einführung der Anlage EÜR erklärt - könne keineswegs gesprochen werden.

Hinsichtlich der Klagebegründung im Einzelnen wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 10.6., 11.08. und 22.10.2008 verwiesen.

Der Kläger beantragt, die Aufforderung zur Abgabe einer Anlage EÜR für den Veranlagungszeitraum 2006 vom 15.2.2008 und die Einspruchsentscheidung vom 8.5.2008 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte trägt im Rahmen seiner Gegenäußerung zunächst vor, dass sich die grundsätzliche Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR zulässiger Weise aus § 60 Abs. 4 EStDV ergebe. Hinsichtlich der mit der Anlage EÜR verfolgten Gesetzeszwecke der Steuervereinfachung sowie der ökonomischen und effizienten Steuerkontrolle verweist er auf die Stellungnahme der Bundesregierung bei Einführung des Vordrucks (BT-Drucks. 15/2920). Dem Einwand des Klägers, die Abgabe der Anlage EÜR mache nach durchgeführter Gewinnfeststellung für das Jahr 2006 keinen Sinn mehr, hält der Beklagte entgegen, dass auch nach Einreichung der Anlage EÜR noch eine Änderung der Feststellung gemäß §§ 129, 172 ff. AO möglich sei. Darüber hinaus eröffne die Anlage EÜR für ihn - den Beklagten - die Möglichkeit, maschinelle Abgleiche und Plausibilitätskontrollen in Bezug auf den konkreten Steuerfall des Klägers über mehrere Veranlagungszeiträume durchzuführen. Auch insofern sei die Abgabe der Anlage EÜR für das Jahr 2006 erforderlich.

Der 6. Senat des Finanzgerichts Münster hat am 17.12.2008 mündlich in der Sache verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

AUS DEN GRÜNDEN


Die Klage ist begründet.

Der Kläger  ist in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO, denn mit der Aufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR wird zu der Einkommensteuererklärung für 2006 eine Unterlage angefordert, für die es weder in den gesetzlichen Regelungen der Abgabenordnung (AO) und des Einkommensteuergesetzes (EStG) noch in der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV), insbesondere auch nicht in § 60 Abs. 4 EStDV, eine wirksame Grundlage gibt. Die Anlage EÜR ist mangels hinreichend bestimmter Ermächtigungsgrundlage (§ 60 Abs. 4 EStDV) rechtswidrig und bewirkt dadurch auch die Rechtswidrigkeit der Aufforderung, diese Anlage einzureichen.

Gemäß § 149 Abs. 1 AO kann die Finanzbehörde, hier also der Beklagte, einen Steuerpflichtigen, hier den Kläger, zur Abgabe der Steuererklärung auffordern, wenn die Steuergesetze eine entsprechende Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung enthalten. Nach § 150 Abs. 4 AO müssen den Steuererklärungen die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind, so dass sich die Aufforderung nach § 149 Abs. 1 i. V. m. § 150 Abs. 4 AO jedenfalls dann auf die Aufforderung beizufügender Unterlagen beschränken kann, wenn der Steuerpflichtige die Erklärung selbst bereits eingereicht hat. Im Streitfall enthält der Gewinnfeststellungsbescheid für 2006 in seinen Erläuterungen mit der dortigen Aufforderung, die nach Auffassung der Finanzverwaltung auf § 60 Abs. 4 EStDV beruhende Anlage EÜR für das Jahr 2006 einzureichen, eine Aufforderung im vorgenannten Sinne. Sie ist zwar äußerlich mit dem Gewinnfeststellungsbescheid verbunden, stellt jedoch für sich gesehen einen Verwaltungsakt (§ 118 AO) dar (BFH-Urteil vom 2.7.1997, I R 45/96, BFH/NV 1998, 18), der von dieser Gewinnfeststellung unabhängig ist.

Bei der Aufforderung sowohl zur Abgabe einer Steuererklärung als auch zur Abgabe von Anlagen zu einer Steuererklärung handelt es sich um Ermessensentscheidungen, die nach § 102 FGO (nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung unterliegen BFH-Urteil vom 2.7.1997, I R 45/96, BFH/NV 1998, 18). Das Gericht hat lediglich zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden (Ermessensüberschreitung) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (Ermessensfehlgebrauch). Ein Fall der Ermessensüberschreitung ist auch gegeben, wenn es für die angeforderte Anlage keine gesetzliche Grundlage gibt, denn dann fehlt auch der Aufforderung eine wirksame gesetzliche Grundlage, weil etwas eingefordert wird, zu dem der Steuerpflichtige im Rahmen der allgemeinen Steuererklärungspflichten nicht gezwungen werden kann. So liegt es auch im Streitfall.

Die gesetzlichen Regelungen der §§ 149, 150 AO stellen weder für eine Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen noch für eine Aufforderung zur Abgabe von beizufügenden Anlagen zur Steuererklärung eine originäre gesetzliche Grundlage dar, denn diese Regelungen fassen insoweit nur das noch einmal in einer allgemeinen Regelung zusammen, was in anderen Steuergesetzen diesbezüglich konkret normiert ist. Der in § 150 Abs. 1 Satz 1 AO enthaltene Hinweis auf einen "amtlich vorgeschriebenen Vordruck" besagt nichts anderes. Zum Einen ist der Inhalt eines derartigen Vordruckes in dieser Regelung nicht näher konkretisiert. Zum Anderen handelt es sich bei der vom Beklagten verlangten Anlage EÜR auch nicht um eine Steuererklärung, sondern um eine Unterlage i. S. d. § 150 Abs. 4 AO, die nur dann beizufügen ist, wenn sie auch nach den Steuergesetzen vorzulegen ist. Der Begriff Steuergesetze meint grundsätzlich Steuergesetze im materiellen Sinne (ebenso wie die Regelung in § 149 Abs. 1 S. 1 AO). Die Verpflichtung zur Beifügung von Unterlagen muss sich also nicht zwingend aus einem formellen Gesetz ergeben, sondern kann auch auf einer Rechtsverordnung beruhen (vgl. i. d. S. auch Tipke in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, § 150 AO Rdnr. 19 und 20 m. w. N.).

Gem. § 25 Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG sind Steuerpflichtige verpflichtet, für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum eine Steuererklärung abzugeben - beizufügende Unterlagen sind dort nicht genannt. § 51 Abs. 1 Nr. 1 a EStG ermächtigt die Bundesregierung, mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung des Einkommensteuergesetzes Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen die dort näher bezeichneten Zwecke - u.a. die Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung oder die Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens - eingehalten werden. Gleiches gilt hinsichtlich der den ESt-Erklärungen beizufügenden Unterlagen. In § 51 Abs. 4 Nr. 1 c EStG ist außerdem nochmals die Ermächtigung enthalten, u.a. die Erklärung zur Einkommensbesteuerung zu bestimmen. Von diesen Ermächtigungen wurde durch Erlass der EStDV Gebrauch gemacht. In § 60 EStDV ist aber nur teilweise bestimmt, welche Unterlagen der Steuererklärung beizufügen sind. Während § 60 Abs. 1 EStDV konkret die beizufügenden Unterlagen (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) für die Steuerpflichtigen nennt, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln (§§ 4 Abs. 1, 5, 5a EStG), schreibt der durch Artikel 2 Nr. 1 des Kleinunternehmerförderungsgesetzes vom 31.7.2003 (BGBl. I 2003, 1550) eingefügte § 60 Abs. 4 EStDV für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnungen nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, lediglich vor, dass der Steuererklärung eine Gewinnermittlung nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck beizufügen ist und zwar erstmals für ein nach dem 31.12.2004 beginnendes Wirtschaftsjahr (§ 84 Abs. 3 d EStDV).

Im Streitfall kommt nur die letztgenannte Regelung des § 60 Abs. 4 EStDV als Grundlage für die Aufforderung des Beklagten vom 15.2.2008 in Betracht, die Anlage EÜR für das Jahr 2006 einzureichen, denn der Kläger ermittelt seinen Gewinn für seine gewerblichen Einkünfte durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. § 51 Abs. 4 Nr. 1 c EStDV - Ermächtigung, die Erklärungen zur Einkommensbesteuerung zu bestimmen - scheidet als Rechtsgrundlage für die Anlage EÜR und als Grundlage für die dazu ergangene Aufforderung des Beklagten bereits deshalb aus, weil die Anlage EÜR nicht Inhalt der ESt-Erklärung ist, sondern als erläuternde Anlage der nach § 4 Abs. 3 EStG zu erklärenden Einkünfte ausgestaltet ist. Sie ist wie eine besondere Gewinnermittlung aufgebaut und gleicht ihr auch inhaltlich, so dass sie zu den beizufügenden Unterlagen i. S. d. Regelung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 a EStG zählt. Die letztgenannte Regelung und auch das Kleinunternehmerförderungsgesetz scheiden als direkte Anknüpfungspunkte für die hier streitige Aufforderung aus, weil dort der Begriff Unterlagen nicht näher konkretisiert ist. Abgesehen davon hätte es dann der eigenständigen Ermächtigungsgrundlage zur Abgabe der Anlage EÜR in § 60 Abs. 4 EStDV nicht bedurft, denn die Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen auf amtlichen Vordrucken resultiert bereits aus § 149 Abs. 1 S. 1 i.V. mit § 150 Abs. 1 S. 1 AO und den einschlägigen Erlassen des BMF (vgl. etwa BMF-Schreiben vom 27.11.1999, BStBl. I 1999, 1049).

Die zu § 60 Abs. 4 EStDV entwickelte Anlage EÜR hat nach Auffassung des Senats bereits in der zur Rechtsverordnung ermächtigenden Regelung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 a EStG - diese bleibt trotz der Einfügung des § 60 Abs. 4 EStDV durch das Kleinunternehmerfördergesetz alleinige Grundlage dieser neuen Regelung - keine wirksame Grundlage, denn diese Regelung lässt die Bestimmung beizufügender Unterlagen nur unter bestimmten, hier nicht gegebenen Voraussetzungen zu, u.a. zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens - nur diese Alternativen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 a EStG, die auch der Begründung des § 60 Abs. 4 EStDV im Kleinunternehmerfördergesetz dienten, kommen im Streitfall in Betracht.

Eine Vereinfachung der Besteuerung durch die Angaben in der Anlage EÜR ist nicht ersichtlich. Zwar wird man nicht bestreiten können, dass für einen (geringeren) Teil der Steuerpflichtigen (insbesondere für nicht beratene Steuerpflichtige) das Formular und die dazu erstellte Anleitung eine Hilfe beim Erstellen einer Einnahmenüberschussrechnung darstellen kann. Auch betont der Gesetzgeber in der Begründung zum Kleinunternehmerfördergesetz, dass der Vereinfachungseffekt des Vordrucks insbesondere in der zusammengefassten Darstellung der für die Einnahmenüberschussrechnung wesentlichen Fragen liege. Er spiegele das geltende Recht wieder und setze kein neues Recht. Der Vordruck (mit seiner Anleitung) erleichtere dem Steuerpflichtigen die Erfüllung seiner Erklärungs- und Auskunftspflichten. Er stelle eine zuverlässige Hilfestellung für eine ordnungsgemäße Gewinnermittlung gerade auch für nicht beratende Steuerpflichtige dar. Wer ihn gewissenhaft ausfülle, beuge Rückfragen und Beanstandungen der Finanzverwaltung vor. Diese Vereinfachung trifft aber nur für solche Steuerpflichtigen zu, die ihre Gewinnermittlungen bereits nach einem Schema vornehmen, das der jetzigen Anlage EÜR entspricht. Soweit Steuerpflichtige, wie der Kläger, schon bisher eine Einnahme-Überschuss-Rechnung nach bestimmten (elektronischen) Standards - hier DATEV - erstellen, bedeutet das Ausfüllen des amtlichen Vordruckes jedoch einen zusätzlichen Aufwand sowohl in zeitlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Das gilt jedenfalls für Steuerpflichtige, die nach dem DATEV-System arbeiten, denn die Gliederung nach DATEV und die nach der Anlage EÜR sind nicht deckungsgleich. Wie vom Bevollmächtigten des Klägers dargelegt, muss der Kontenrahmen nach DATEV dem System der Anlage EÜR angepasst werden - nach Angabe des Bevollmächtigten durch Schaffung von 60 neuen Konten. Das erfordert zusätzliche Zeit - auch deshalb, weil zwischenzeitlich auf neue Konten umgebucht werden muss, was eine zusätzliche Fehlerquelle darstellen kann - und verursacht außerdem zusätzliche Kosten für den Steuerpflichtigen. Soweit ein Steuerpflichtiger den nach § 4 Abs. 3 EStG maßgebenden Gewinn in anderer Weise ermittelt als durch ein Buchungssystem nach DATEV oder ein ähnliches System, ist ebenfalls keine Vereinfachung zu erkennen. Anders als bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich, bei dem auf handelsrechtliche Vorschriften und Grundsätze zurückgegriffen werden kann und muss, ist das System der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht gesetzlich vorgeschrieben. Ob der Steuerpflichtige Einnahmen und Ausgaben laufend (nach dem Zufluss- und Abflussprinzip) aufzeichnet und diese Aufzeichnungen als Grundlage für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nimmt, oder ob er etwa zum Jahresschluss anhand der von ihm gesammelten Belege zu den Einnahmen und Ausgaben unter Hinzusetzung weiterer Werte (z. B. Abschreibungen) den Gewinn als Ergebnis ermittelt, ohne ihn aufzugliedern, etwa als Ergebnis eines entsprechenden anlassbezogenen (Steuererklärung) Rechenstreifens, ist nach der gesetzlichen Regelung des EStG unerheblich. Das Gewinnermittlungsschema der Anlage EÜR verlangt schon allein aufgrund der dort vorgeschriebenen Differenzierung einen höheren Aufwand für den Steuerpflichtigen. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass nach bestimmten umsatzsteuerrechtlichen Regelungen bestimmte Aufzeichnungen ohnehin zu machen sind, denn das EStG schreibt generell keine derartigen besonderen Aufzeichnungen für Zwecke der Einkünfteermittlung vor, um die es bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG geht. Gleiches gilt für die Regelungen der AO. Nur zu bestimmten Arten von Aufwendungen müssen nach dem EStG besondere Aufzeichnungen gemacht werden.

Die Anlage EÜR ist auch nicht von dem Ermächtigungszweck der "Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung" gedeckt sind.

Der Gesetzgeber hat zwar durch Anhebung der Buchführungspflichtgrenzen eine große Zahl von Steuerpflichtigen aus der aufwändigeren Buchführungs- und Bilanzierungspflicht entlassen. Auch dürfte es im Interesse der Steuergerechtigkeit liegen, wenn auch bei Einnahmeüberschussrechnungen eine Transparenz mit der Folge von Kontrollmöglichkeiten geschaffen wird. Der Senat verkennt nicht, dass der neue Vordruck "Anlage EÜR" mit der Beifügung von Kennziffern hinsichtlich der Abfrage einzelner Werte maschinelle Abgleiche ermöglicht, die u.a. auf einen Plausibilitätsprüfung der Richtigkeit der Einkünfte hinauslaufen kann. So kann die private Geschäftswagennutzung durch Verprobung der erklärten Kfz-Kosten und Nutzungsentnahmen kontrolliert werden, ebenso wie die Einhaltung von Abzugsbeschränkungen von Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG, die Abziehbarkeit von Schuldzinsen (§ 4 Abs. 4 a EStG) und die generelle Möglichkeit der Aufdeckung von "Schwarzgeschäften" durch die Verprobung von Wareneinkauf und Fremdleistungen, das Verhältnis von Gewinn, Einlagen und Entnahmen und Mehrjahresvergleiche. Hinzu kommen die Überprüfung des Verhältnisses von Veräußerungserlösen und Entnahmewerten zu Restbuchwerten beim Ausscheiden von Wirtschaftsgütern, eine erleichterte Prüfbarkeit des § 3 Nr. 26 EStG, der Abgleich mit bestimmten Daten aus der Umsatzsteuererklärung, etwa der Überprüfung der Voraussetzungen umsatzsteuerlicher Kleinunternehmerschaft und die Kontrolle der Einhaltung der Buchführungsgrenzen. Ein derartiges Verfahren mag inhaltlich gesehen auch einem zeitgemäßen und zielführenden Risikomanagement durch die Finanzverwaltung (z.B. im Hinblick auf Betriebsprüfungen) dienen und kann die Finanzverwaltung darin unterstützen, ihrem verfassungsmäßigen Auftrag eines gesetzmäßigen und gleichmäßigen Steuervollzugs nachzukommen. Derartige Maßnahmen sind auch nach Auffassung des Senats prinzipiell geeignet, der Steuergerechtigkeit zu dienen. Auch hat der Gesetzgeber einen großen Gestaltungsrahmen, wie er diesem Auftrag gerecht wird. Aus dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit ist er daher nicht daran gebunden, auf in der Praxis bestehende Gewinnermittlungssysteme (z.B. DATEV), die ähnliche oder gar noch bessere Verprobungsmöglichkeiten bieten, Rücksicht zu nehmen. Angesichts des mit der Einführung der Anlage EÜR verfolgten Kontrollzweckes, durch den den Verfassungsrang zukommenden Grundsätzen der Gleichmäßigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung Rechnung getragen werden soll, kann auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, jedenfalls isoliert betrachtet, in Bezug auf die Verpflichtung zur Abgabe der Anlage EÜR als gewahrt angesehen werden. Dies gilt erst Recht in Zeiten, in denen die Finanzverwaltung zur Umsetzung eines sog. maßvollen Gesetzesvollzuges verstärkt auf die Instrumente der Zufallsauswahl, der Stichprobe und des Risikomanagements setzt, zumal die meisten Steuerpflichtigen von einem solchen maßvollen Gesetzesvollzug letztlich profitieren. Demgegenüber kann im Rahmen der Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes der mit dem Ausfüllen der Anlage EÜR verbundene Aufwand (etwa in zeitlicher und finanzieller Art) für den einzelnen Steuerpflichtigen vernachlässigt werden, denn zumindest in Zukunft ist zu erwarten, dass ein Großteil der Steuerpflichtigen sein Buchungsverhalten den Vorgaben der Anlage EÜR anpassen wird. Auch ist zu erwarten, dass gewerbliche Anbieter von Buchführungsprogrammen die Anlage EÜR in ihre Systeme einbeziehen werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass durch die gleichzeitige Anhebung der Buchführungsgrenzen für eine Reihe von Steuerpflichtigen unter dem Strich trotz Einführung der Anlage EÜR eine Erleichterung im Rahmen der Gewinnermittlung eingetreten sein kann.

Dennoch ist festzustellen, dass entsprechende, über Rechnerprogramme vorgenommene Plausibilitätsprüfungen für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln und für solche Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen, im laufenden Veranlagungsverfahren für den streitigen Zeitraum des Jahres 2006 nicht vorgesehen sind. Gegenüber dieser, ansonsten vergleichbaren Gruppe der Steuerpflichtigen wird die Kontrolldichte erhöht und damit eine Ungleichbehandlung gefördert. Bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln und bei Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen, ist die Finanzverwaltung im Veranlagungsverfahren auf das Instrumentarium von gesonderten Auskunftsverlangen nach den Regeln der § 90 ff. AO beschränkt, die zu ihrer Rechtfertigung jeweils konkrete Anlässe verlangen und das der Finanzverwaltung auch für Steuerpflichtige mit nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Einkünften zur Verfügung steht.

Selbst wenn man aber, entgegen der Auffassung des Senats, § 60 Abs. 4 EStDV und die darauf beruhende Anlage EÜR für Steuerpflichtige mit nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Einkünften als der Steuererklärung beizufügende Unterlage durch die Ermächtigungszwecke Vereinfachung und/oder Gleichmäßigkeit der Besteuerung - letzteres etwa deshalb, weil dem Gesetzgeber eine gewisse Übergangszeit der Ungleichbehandlung zuzubilligen sein könnte bis auch für die anderen Gewinneinkünfte ein vergleichbares Kontrollsystem eingeführt ist - für gerechtfertigt hält, findet die Anlage EÜR in § 60 Abs. 4 EStDV keine wirksame Grundlage. Denn in Rechtsverordnungen darf nicht mehr vorgeschrieben werden, als der Gesetzgeber in den diesen Rechtsverordnungen übergeordneten, in einem formellen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommenen Regelungen erlaubt. Der Verordnungsgeber darf sich mit seinen Regelungen insoweit nicht an die Stelle des Gesetzgebers stellen. Enthalten die im formellen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommenen Regelungen keine bestimmten oder bestimmbaren Verpflichtungen, dürfen sie vom Verordnungsgeber auch nicht erstmalig geschaffen werden. Im Streitfall hat die vom Beklagten angeforderte Anlage EÜR keine, den Steuerpflichtigen, hier den Kläger, bindende Wirkung, weil es für sie in den gesetzlichen Regelungen des EStG und ggf. anderer Gesetze (z.B. der AO) keine inhaltlich hinreichend bestimmte Grundlage gibt.

Die Regelung des § 4 Abs. 3 EStG verlangt, wie bereits ausgeführt, lediglich die Erklärung eines Überschusses, nicht jedoch einen bestimmten Abschluss und erst Recht nicht eine bestimmte Form der Überschusserklärung (so auch Weilbach, DB 2005, 578). Nach bisheriger Rechtslage existieren keine allgemeinen Aufzeichnungspflichten im Bereich der Einnahmenüberschussrechnung. Der Steuerpflichtige ist lediglich durch bestimmte Normen zu Einzelaufzeichnungen verpflichtet (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, München 2008, § 4 EStG Rz. 374). Nunmehr wird eine bestimmte Aufzeichnungsform durch § 60 Abs. 4 EStDV allgemein vorgeschrieben. Der Zweck der Regelung, neue Kontrollmöglichkeiten für einen gleichmäßigen Vollzug von Steuergesetzen zu schaffen, rechtfertigt nicht die Wahrnehmung von originären Gesetzgebungsbefugnissen durch die Verwaltung, den Verordnungsgeber. Mit der Anlage EÜR wird nämlich erstmalig von nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, eine bestimmte Form dieses Abschlusses verlangt. Auch wenn es sich um eine einfache Form handelt, gleicht sie von ihrem Sinngehalt her gesehen der Verpflichtung von Buchführungspflichtigen zur Erstellung einer Bilanz, die durch ein formell zustande gekommenes Gesetz ( Handelsgesetzbuch bzw. §§ 5, 4 Abs. 1 EStG) vorgeschrieben ist und daher nach § 60 Abs. 1 EStDV als der Steuererklärung beizufügende Unterlage angefordert werden darf. Für § 60 Abs. 4 EStDV fehlen dagegen entsprechende gesetzliche Grundlagen bezüglich der nunmehr nach amtlichem Vordruck einzureichenden besonderen Einnahmenüberschussrechnung. Insoweit wird erstmalig ein neuer selbständiger Standard gesetzt.

Daran ändert auch die Bestimmung in § 51 Abs. 1 Nr. 1 a EStG nichts, die lediglich von "beizufügenden Unterlagen" für eine ESt-Erklärung spricht, denn die entsprechende Grundregelung in § 150 Abs. 4 AO stellt ausdrücklich klar, dass es sich um Unterlagen handeln muss, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. Aus diesem Grunde kann auch § 60 Abs. 4 EStDV, der eine Gewinnermittlung nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck vorschreibt, keine bindende Regelung darstellen, da diese Bestimmung wiederum an den Regelungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 a EStG und des § 150 Abs. 4 AO zu messen ist. Entscheidend bleibt daher, dass die Steuergesetze für eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kein bestimmtes System vorschreiben, anders als für Einkünfte, die durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt werden, der seine Grundlage im Wesentlichen in den Regelungen des Handelsgesetzbuches hat sowie in der Normierung bestimmter Aufzeichnungspflichten und daraus zu entwickelnder Abschlüsse (ebenso Sailer in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, Band 18, Rdnr. C 14 - C 19).

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann offen bleiben, ob die Anlage EÜR auch deshalb nicht bindend ist, weil mit ihr für eine periodische Steuer im Rahmen des Gesetzesvollzuges auch Fragen gestellt werden, die sich auf Daten beziehen, die möglicherweise nicht den jeweiligen Steueranspruch des aktuellen Veranlagungszeitraumes beeinflussen, sondern periodenübergreifend sind (so Weilbach, DB 2005, 578) und weil dadurch in einer Art Rasterabfrage Umstände erfragt werden, die ansonsten nur im Rahmen von Einzelermittlungsmaßnahmen i.S. der §§ 90 ff. AO erfragt werden dürfen oder Gegenstand von Betriebsprüfungen sind. Mangels einer für den Steuerpflichtigen verbindlichen Anlage EÜR kann auch die vom Kläger in den Vordergrund gestellte Frage offen bleiben, ob es ermessensgerecht ist, einen Steuerpflichtigen zur Abgabe der Anlage EÜR aufzufordern, der eine nach DATEV-Programm gestaltete Gewinnermittlung eingereicht hat, die eine größere Differenzierung in Einzelwerte - wenn auch andere - vornimmt als sie nach der Anlage EÜR verlangt wird.

Das Gericht ist auch befugt, die entsprechende Regelung des § 60 Abs. 4 EStDV, auf die sich die Finanzverwaltung stützt, mit der Maßgabe zu verwerfen, dass darin keine wirksame Grundlage für die in der Anlage EÜR geforderten Angaben zu sehen ist. Insbesondere bedarf es nicht einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach § 100 Abs. 1 GG, denn die Überprüfung der Wirksamkeit von Rechtsverordnungen obliegt den Fachgerichten. Dabei ist unerheblich, dass der Bundesrat der Rechtsverordnung zustimmen musste, denn diese Zustimmung ändert nicht die Rechtsqualität der beschlossenen Regelungen. Sie bleiben Regelungen einer Rechtsverordnung (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27.9.2005 - 2 BvL 11,12,13/02, BVerfGE 114, 303, 311 ff. und vom 13.9.2005 - 2 BvF 2/03, BVerfGE 114, 196, 238 ff., jeweils m. w. N.). Die Vorlagepflicht nach Artikel 100 Abs. 1 GG, § 80 BVerfGG, bezieht sich lediglich auf die Überprüfung formeller Gesetze, zu denen Rechtsverordnungen nicht gehören.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Die durch Senatsbeschluss vom 15.1.2009 ergänzte Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 FGO, 709 ZPO.

Die Entscheidung zur Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren folgt aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

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