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Steuerrecht
20.06.2012
Steuerrecht
FG Münster: Keine erweiterte Kürzung für Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen

FG Münster, Urteil vom 8.3.2012 - 9 K 4197/08 G

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Klägerin, die im Jahr 2006 durch formwechselnde Umwandlung aus der X...... GmbH & Co. KG hervorgegangen ist, im Streitjahr 2003 die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG ) für Gewinne in Anspruch nehmen kann, die zwei ihrer Kommanditistinnen aus der Veräußerung von deren Mitunternehmeranteilen an der X...... GmbH & Co KG erzielt hatten.

Die X...... GmbH & Co. KG hat ein Erbbaurecht inne, dessen wesentlicher Bestandteil ... (zwecks Neutralisierung des Urteils gestrichener Text sinngemäß: eine Immobilie zur Durchführung von Veranstaltungen) war. Im Jahr 2002 war die Klägerin Betreiberin ... (zwecks Neutralisierung des Urteils gestrichener Text sinngemäß: der Immobilie zur Durchführung von Veranstaltungen) und erzielte Erlöse aus dem mit der Y..... abgeschlossenen Nutzungs- und Überlassungsvertrag, aus Werbemaßnahmen, aus dem Gastronomiebereich und aus dem Verkauf bestimmter Eintrittskarten.

Mit Schreiben vom 9.12.2002, eingegangen beim Beklagten am 10.12.2002, stellte die X...... GmbH & Co KG einen "Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft ... im Hinblick auf ein geplantes Leasing-Fondskonzept hinsichtlich ... (zwecks Neutralisierung des Urteils gestrichener Text sinngemäß: der Immobilie zur Durchführung von Veranstaltungen) in A-Stadt". Mit einem weiteren Schriftsatz, der ebenfalls das Datum 9.12.2002 und dieselbe Überschrift ausweist, aber erst am 20.12.2002 beim Beklagten einging, wurde die Anfrage inhaltlich teilweise abgeändert. Nach dem geänderten Antrag sollten u.a. die bisherigen Kommanditisten A.... AG und B.... AG ihre Kommanditanteile i.H.v. ... % veräußern, und zwar zu ... % bzw. zu ... % an eine Fonds-KG und zu ... % an eine weitere GmbH. Außerdem sollte die Y.... ... % ihrer nominellen Kommanditbeteiligung ebenfalls an die Fond-KG veräußern. Die Beteiligung natürlicher Personen an der X...... GmbH & Co KG zur Vermeidung einer gewerblichen Prägung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) war abweichend vom ursprünglichen Antrag nicht mehr vorgesehen. In der geänderten Anfrage wurde erneut betont, dass eine wesentliche Änderung im Rahmen der geplanten Fondskonzeption darin bestehe, dass es sich bei der X...... GmbH & Co KG nur noch um eine reine Immobilienbesitzgesellschaft handeln solle und sämtliche Betreiberkomponenten auf die Y.... übertragen würden. Die in dem geänderten Antrag benannte erste und zweite Rechtsfrage entsprachen im Wesentlichen dem ersten Antrag und bezogen sich auf die Absetzungen für Abnutzung der Immobilie und darauf, ob die X...... GmbH & Co KG im Falle einer Umsetzung der Leasingkonzeption wirtschaftliche Eigentümerin der Immobilie bleibe. Die dritte, nunmehr erstmals gestellte Rechtsfrage lautete: "Kann die X...... GmbH & Co. KG als gewerblich geprägte Gesellschaft die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen?". Die X...... GmbH & Co. KG führte zu dieser dritten Rechtsfrage im Rahmen des Abschnitts "Rechtliche Würdigung" näher aus, warum sie sich ab 1.1.2003 als reine vermögensverwaltende Gesellschaft einstufte, dass sie das Merkmal der "Ausschließlichkeit" für gewahrt hielt und dass der von ihr verwaltete Grundbesitz nach ihrer Auffassung auch nicht mittelbar oder unmittelbar einem ihrer Gesellschafter diente. Der Beklagte erteilte der X...... GmbH & Co. KG mit Schreiben vom 20.12.2002 antragsgemäß die verbindliche Auskunft. Wörtlich heißt es: "Ausgehend von der Vollständigkeit und Richtigkeit Ihrer Angaben... stimme ich Ihrer Rechtsauffassung wie folgt zu... 3. Die X... GmbH & Co. KG kann als gewerblich geprägte Gesellschaft die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen... Die Auskunft tritt außer Kraft, wenn die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, geändert werden". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden vorgenannten Anträge und auf die Auskunft des Beklagten vom 20.12.2002 Bezug genommen.

Der im Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft vom 9.12.2002 dargestellte Sachverhalt wurde in der Folgezeit, jedenfalls soweit er im Streitfall relevant ist, wie geplant umgesetzt. Mit Wirkung zum 1.1.2003 veräußerten die A.... AG und die B.... AG, ihre jeweils ... %igen Kommanditanteile an der X...... GmbH & Co. KG. Der dabei erzielte Veräußerungsgewinn belief sich auf insgesamt ... €. Davon entfielen ... € auf die A.... AG und ... € auf die B.... AG. Die X...... GmbH & Co KG stellte ... (zwecks Neutralisierung des Urteils gestrichener Text sinngemäß: die Immobilie zur Durchführung von Veranstaltungen) im Streitjahr 2003 nunmehr ohne Betriebsvorrichtungen und ohne zusätzliche Vermietung von sonstigen beweglichen Wirtschaftsgütern über einen Nutzungsvertrag der Y.... als Betreiberin der Immobilie zur Verfügung.

Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst entsprechend ihrer Steuererklärung zur Gewerbesteuer und berücksichtigte dabei antragsgemäß einen erweiterten Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Höhe von ... €. In dieser Summe war der Gewinn aus der Veräußerung der Kommanditanteile zum 1.1.2003 enthalten.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung, die den Zeitraum 1998 bis 2003 betraf, vertrat der Betriebsprüfer die Ansicht, der erweiterte Kürzungsbetrag § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG sei nicht für die Gewinne aus der Veräußerung der Kommanditanteile zu gewähren. Das stelle § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG klar, der durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 28.10.2004 (EURLUmsG, BGBl. I, 3310) eingeführt wurde. Der Gewinn aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an grundstücksverwaltenden Personengesellschaften gehöre nicht zur begünstigten grundstücksverwaltenden Tätigkeit. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 11.10.2006 Bezug genommen.

Der Beklagte erließ daraufhin am 19.1.2007 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewerbesteuermessbescheid 2003. Darin berücksichtigte er den Veräußerungsgewinn bei der erweiterten Kürzung nicht mehr.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, insbesondere mit der Begründung, § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG sei erst ab dem 1.1.2004 anzuwenden.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 7.10.2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft gehöre nicht zur Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im Sinne von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Da die Mitunternehmerschaft gewerbesteuerlich selbst Steuergegenstand sei, entfalte sie eine Abschirmwirkung dergestalt, dass die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft nicht zugleich als Veräußerung von Grundstücken verstanden werden könne. Der Veräußerungsgewinn falle auf Ebene des Gesellschafters an als Ausfluss aus seiner Beteiligung an der Mitunternehmerschaft. Davon zu unterscheiden sei die Ebene der Mitunternehmerschaft, die auf Grundlage ihrer grundstücksverwaltenden Tätigkeit ggf. eine erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen könne.

Vor der Einführung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GewStG im Jahr 2002 hätten Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen von vornherein nicht zum Gewerbeertrag gehört, auch wenn Mitunternehmer Kapitalgesellschaften gewesen seien. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GewStG sei geändert worden, um die gewerbesteuerfreie Realisierung von in Grundstücken enthaltenen stillen Reserven durch Kapitalgesellschaften als Mitunternehmer zu unterbinden. Ohne den Ausschluss der erweiterten Kürzung würde die Besteuerung nach § 7 Satz 2 Nr. 2 und 3 GewStG jedoch wieder neutralisiert. § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG fixiere lediglich klarstellend diese bisherige Rechtslage. Es liege keine echte Rückwirkung vor. § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG greife auch nicht in das Vertrauen des Steuerpflichtigen ein.

Im Klageverfahren macht die Klägerin geltend, § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG sei nach der allgemeinen Anwendungsvorschrift des § 36 Abs. 1 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2004 anzuwenden. Das Finanzministerium NRW habe in einer norminterpretierenden Verwaltungsvorschrift vom 1.12.2004 dieselbe Ansicht vertreten. Indem der Beklagte hiervon abweiche, verletze er den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Die Anwendung des im Jahr 2004 eingeführten § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG auf einen im Jahr 2003 vollständig verwirklichten Tatbestand sei eine verfassungswidrige echte Rückwirkung.

Ursprünglicher Zweck der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei die Gleichstellung von Grundstücksunternehmen, die nur wegen ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft gewerbesteuerpflichtig sind, mit vermögensverwaltenden Personengesellschaften gewesen. Wirtschaftlich handele es sich bei § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG um eine Steuerbefreiung. Die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im Sinne dieser Vorschrift umfasse auch die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer begünstigten Personengesellschaft als letzter Teil einer Tätigkeit, die auf Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz gerichtet sei.

Die Einführung von § 7 Satz 2 Nr. 2 und 3 GewStG durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz im Jahr 2002 habe dazu gedient, zu verhindern, dass eine Kapitalgesellschaft Wirtschaftsgüter auf eine Mitunternehmerschaft, an der sie beteiligt sei, ohne Aufdeckung stiller Reserven übertrage und danach den Mitunternehmeranteil gewerbesteuerfrei veräußere. Es sei um die Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen gegangen. Mit der Einführung des § 7 Satz 2 GewStG sei noch keine Abkehr von der Zielsetzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, vermögensverwaltende Gesellschaften rechtsformunabhängig gleichzustellen, verbunden gewesen. Erst durch die Einführung von § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG sei dieser Grundsatz eingeschränkt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2003 vom 19.1.2007, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7.10.2008, dahingehend zu ändern, dass der erweiterte Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG um ... € erhöht wird, allerdings unter Berücksichtigung der entsprechenden Änderungen bei der Gewerbesteuerrückstellung,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, der klarstellende Charakter des § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG komme auch darin zum Ausdruck, dass bei der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils durch eine natürliche Person gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab 2001 die gleichen Grundsätze wie im Streitfall anzuwenden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.3.2012.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

Der geänderte Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2003 vom 19.1.2007, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7.10.2008, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den erweiterten Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG um den durch die Veräußerung der Kommanditanteile erzielten Veräußerungsgewinn von ... € zu erhöhen.

1. Der Gewinn aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile durch die A.... AG und die B.... AG gehört nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG, da er nicht auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfällt, zum Gewerbeertrag.

2. Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kann die Klägerin nicht in Anspruch nehmen.

a) Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, an Stelle der Kürzung gemäß Satz 1 der Vorschrift (= 1,2 v.H. des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes) die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

b) Begünstigt sind nur die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes (Vermögensverwaltung). Zweck der sog. erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes der kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 19. Oktober 2010, I R 67/09 BFHE 232, 194, BStBl. 2011, 367, m.w.N.).

c) Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe von Mitunternehmeranteilen durch Kapitalgesellschaften werden von der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht erfasst.

aa) Die Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist insoweit allerdings umstritten.

Einigen Stimmen in der Literatur zufolge fallen Gewinne aus der Veräußerung bzw. Aufgabe von Mitunternehmeranteilen unter § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG, Rz. 234; Schnitter in Frotscher, § 9 GewStG, Rz. 99). Sie stützen sich im Wesentlichen auf das Argument, dass die Einfügung der Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG durch das EURLUmsG vom 28.10.2004 ansonsten nicht notwendig gewesen wäre.

Demgegenüber messen andere Teile der Literatur § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG im Ergebnis lediglich klarstellenden Charakter bei. Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe von Mitunternehmeranteilen durch Kapitalgesellschaften werden nach dieser Auffassung nicht von der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG erfasst (Gosch in Blümich, § 9 GewStG, Rz. 113; Jesse, FR 2004, 1085, 1096; Körner, INF 2005, 139, 140; vgl. auch Deloitte, GewStG, § 9 Nr. 1 Rz. 71). Schon nach dem Wortlaut der Norm, der auf die Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes abstelle, erfasse § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils nicht. Wegen des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer könne die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils nicht als anteilige Veräußerung der durch den Anteil repräsentierten Wirtschaftsgüter, insbesondere der Grundstücke, der Mitunternehmerschaft gesehen werden. Die Mitunternehmerschaft sei für Zwecke der Gewerbesteuer selbst Steuergegenstand und entfalte eine Abschirmwirkung. Sie müsse eine nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begünstigte Tätigkeit ausüben; auf die Tätigkeit des Mitunternehmers komme es insofern nicht an. Dementsprechend sei der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe einer Mitunternehmerschaft nicht Ausfluss einer begünstigten Grundstücksverwaltung, sondern Ausfluss der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft.

bb) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an, nach der es sich bei der Veräußerung bzw. Aufgabe von Mitunternehmeranteilen an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft nicht um die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG handelt.

(1) Hierfür spricht insbesondere, dass § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG lediglich eine partielle Steuerbefreiung für die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes gewährt. Daneben kann die betreffende Gesellschaft weitere, für die Gewährung der erweiterten Kürzung unschädliche, aber nicht begünstigte Tätigkeiten ausüben (Verwaltung und Nutzung eigenen Kapitalvermögens, Betreuung von Wohnungsbauten, Errichtung und Veräußerung von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen bzw. die Errichtung und Veräußerung von Teileigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in Verbindung mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen, wenn das Gebäude zu mehr als 66 2/3 vH Wohnzwecken dient, § 9 Nr. 1 Satz 3 GewStG). Würde die Veräußerung bzw. Aufgabe des Mitunternehmeranteils als (letzter) Akt der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes verstanden, würde der dadurch entstandene Gewinn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zur Gänze der erweiterten Kürzung unterliegen, obwohl er wirtschaftlich zumindest teilweise auf durch § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausdrücklich nicht begünstigte Tätigkeiten der Gesellschaft zurückzuführen wäre. Mit Sinn und Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist ein solches Ergebnis nicht vereinbar. Eine teleologische Reduktion des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG dahingehend, dass der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils nur insofern der erweiterten Kürzung unterläge, als er auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfiele, wäre indes nicht praktikabel. Ein solcher Anteil dürfte in der Regel kaum jemals zutreffend zu ermitteln sein. Eine Mitunternehmerstellung besteht typischerweise über mehrere Jahre. Es dürfte nicht ungewöhnlich sein, dass die Gesellschaft innerhalb dieser Zeitspanne beispielsweise auch für die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG schädliche Tätigkeiten ausübt bzw. dass sich das Gewicht der begünstigten und der unschädlichen, aber nicht begünstigten Tätigkeiten verschiebt.

(2) Auch aus § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG ergeben sich keine gegen die hier vertretene Ansicht durchgreifende Bedenken. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG ist eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG ausgeschlossen für den Teil des Gewerbeertrags, der auf Veräußerungs- oder Aufgabegewinne im Sinne des § 7 Satz 2 Nr. 2 und 3 GewStG entfällt. Im Streitjahr 2003 war § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG noch kein geltendes Recht. Die Vorschrift wurde durch das EURLUmsG eingeführt und trat gemäß Art. 22 Abs. 1 EURLUmsG am Tag nach der Gesetzesverkündung, welche im BGBl. I 2004 vom 15.12.2004 erfolgte, in Kraft. Dieie Gesetzgebungshistorie bzw. der Sinn und Zweck der des § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG stehen jedoch der vom Senat vertretenen Auffassung nicht entgegen, dass die Veräußerung oder Aufgabe von Mitunternehmeranteilen bereits vor Einfügung dieser Regelung keine Nutzung und Verwaltung eigenen Grundvermögens i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG war. § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG bezieht sich auf die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft. Es soll sichergestellt werden, dass die Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe von Mitunternehmeranteilen der Gewerbesteuer unterworfen werden (BFH-Urteil vom 30. November 2005, I R 54/04, BFH/NV 2006, 1148). Nach der Gesetzesbegründung soll § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG verhindern, dass der gesetzgeberische Zweck des § 7 Satz 2 GewStG durch entsprechende Gestaltungen unter Nutzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG umgangen werden kann. Der Gesetzgeber sah Regelungsbedarf, weil er davon ausging, dass eine Kapitalgesellschaft, die ein Grundstück in eine grundstücksverwaltende Personengesellschaft einbringt, den nach § 7 Satz 2 GewStG gewerbesteuerpflichtigen Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung an der Gesellschaft mittels Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG im Ergebnis wieder gewerbesteuerfrei stellen könne (Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Richtlinien-Umsetzungsgesetz -EURLUmsG, BT-Drs. 15/3677, S. 38). Zwar dürfte der Gesetzgeber bei diesen Ausführungen unterstellt haben, dass der Gewinn aus der Veräußerung bzw. Aufgabe eines Mitunternehmeranteils auf der Ebene der Mitunternehmerschaft anfällt und bei der Mitunternehmerschaft die Anwendung der erweiterten Kürzung möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 2005, I R 54/04, BFH/NV 2006, 1148 m.w.N. zur Kritik an diesen Vorgaben). Im Ergebnis ging es ihm jedoch in erster Linie darum, sicherzustellen, dass die Veräußerung bzw. Aufgabe des Mitunternehmeranteils Gewerbesteuer auslöst und nicht darum, den Anwendungsbereich des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, einer nach allgemeinen Grundsätzen eher restriktiv auszulegenden Ausnahmevorschrift, in möglichst weiter Form zu eröffnen.

d) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist die Klägerin zwar ein grundstücksverwaltendes Unternehmen, welches die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG insoweit erfüllt, als sie ausschließlich eigenen Grundbesitz in Gestalt ... (zwecks Neutralisierung des Urteils gestrichener Text sinngemäß: der Immobilie zur Durchführung von Veranstaltungen) nutzt und verwaltet. Jedoch stellt sich die Veräußerung der Mitunternehmeranteile nicht als Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes dar.

3. Einer Versagung der Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG steht die am 20.12.2002 erteilte verbindliche Auskunft nach Treu und Glauben nicht entgegen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH und Auffassung der Verwaltung (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. Dezember 2003 IV A 4-S 0430-7/03, BStBl I 2003, 742) waren die Finanzbehörden auch vor Inkrafttreten des § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu Zusagen außerhalb einer Außenprüfung berechtigt, deren Verbindlichkeit aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abzuleiten ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. September 2009 I R 20/09, BFH/NV 2010, 391).

b) Mit der verbindlichen Auskunft sagt die Finanzbehörde dem Antragsteller eine bestimmte zukünftige rechtliche Behandlung des in dem Antrag fixierten Sachverhalts, den sie nicht weiter verifiziert, zu. Zum Inhalt der verbindlichen Auskunft gehört der fixe Sachverhalt, seine rechtliche Würdigung sowie eine Angabe darüber, für welche Steuerart die Zusage gilt. Inhaltlich muss die verbindliche Auskunft hinreichend bestimmt sein, sich auf einen bestimmten Sachverhalt beziehen und die bestimmte rechtliche Behandlung dieses Sachverhalts aussagen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, § 89 AO, Rz. 48).

c) Eine von einer Finanzbehörde auf Antrag erteilte verbindliche Auskunft im Sinne der Verwaltungsregelung entfaltet im Umfang ihres Inhalts Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren. Der Inhalt und der Umfang sind durch Auslegung zu ermitteln. Zur Auslegung von Willenserklärungen des öffentlichen Rechts sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergänzend heranzuziehen. Nach § 133 BGB ist der wirkliche Wille des Erklärenden aus der Sicht des Erklärungsempfängers unter Berücksichtigung aller den Beteiligten bekannten und erkennbaren Umstände zu ermitteln (BFH-Urteil vom 16. November 2000, XI R 28/99, BFHE 193, 494, BStBl II 2001, 707; Finanzgericht Münster, Urteil vom 30. Juni 2003, 9 K 5219/99 K, 9 K 5222/99 K, EFG 2003, 1648).

d) Im Streitfall bezog sich der Inhalt der am 20.12.2002 erteilten verbindlichen Auskunft nicht auf die Rechtsfrage, ob die X...... GmbH & Co. KG für den Gewinn aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen durfte. Im Antragsschreiben war die Frage, ob § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch genommen werden kann, zwar ganz allgemein formuliert. Im Zuge ihrer näheren rechtlichen Ausführungen ging die Antragsstellerin jedoch ausschließlich darauf ein, ob sie mit ihrer laufenden Tätigkeit als Unternehmen zu klassifizieren sein würde, das ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Die geplanten Anteilsveräußerungen waren nicht Gegenstand der rechtlichen Ausführungen im Hinblick auf die zu § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gestellte Rechtsfrage. In dem Schreiben, mit dem der Beklagte die verbindliche Auskunft antragsgemäß gewährte, nahm er ausdrücklich auf das Antragsschreiben und die darin von der Antragstellerin vertretene Rechtsauffassung Bezug. Anhaltspunkte, auf Grund derer die X...... GmbH & Co. KG hätte entnehmen können, dass sich der Beklagte auch hinsichtlich der vorliegend streitentscheidenden speziellen Rechtsfrage zu § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG hätte binden wollen, bietet die erteilte verbindliche Auskunft nicht. Der Beklagte bestätigte mit der verbindlichen Auskunft lediglich die von der X...... GmbH & Co. KG dargelegten Rechtsausführungen zu deren laufender Tätigkeit.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

5. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

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