Hessisches FG: Keine Minderung der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage durch Zahlungen an ein Kreditinstitut mit 0-Prozent Finanzierung
FG Hessen, Urteil vom 12.2.2019 – 1 K 384/17
ECLI: ECLI:DE:FGHE:2019:0212.1K384.17.00
Volltext BB-Online BBL2019-1941-2
Sachverhalt
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Zahlungen der Klägerin an ein Finanzierungsinstitut, die diese bei ihren Kunden angebotenen sog.
0%-Finanzierungen vereinbarungsgemäß an ein Kreditinstitut leistet und
deren Höhe ihren Kunden bekannt ist, die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage der verkauften Gegenstände mindern.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der A und betreibt ein B.
Ihren Kunden bietet sie im Rahmen von Verkäufen eine sog.
0%-Finanzierung an, bei der diese trotz Ratenzahlung letztlich nur den Preis für die erworbenen C zahlen, den sie auch im Falle der sofortigen Barzahlung zu entrichten hätten. Zu diesem Zweck schloss die D(D) für die A mit der Bank (im Folgenden: Bank) einen „Rahmenvertrag Kreditvermittlung“. Darin ist geregelt, dass die Bank alle vermittelten Neufinanzierungen an Endverbraucher aus Warenverkäufen von D übernimmt. Ein Darlehensvertrag kommt danach nur direkt zwischen den Kunden von D und der Bank zustande. D kann bei der Vermittlung der Darlehen entweder einen Standardkredit mit einem Basiszinssatz von eff. ---% p.a. oder ein Sonderzinsdarlehen vermitteln, bei welchem der Basiszinssatz ebenfalls eff. --- % p.a. beträgt, dem jeweiligen Kunden aber ein Kundenzins von 0,00 % eff. p.a. gewährt wird. Für die Vermittlung von Standardkrediten zahlt die Bank an D eine Provision. Demgegenüber ist D zur Zahlung einer Subvention an die Bank verpflichtet, soweit sie Sonderzinsdarlehen vermittelt. Die Auszahlung der Darlehensvaluta erfolgte abzüglich etwaiger Subventionen an D.
Zwischen der Klägerin und ihren Kunden wurden Kaufverträge über die zu finanzierenden Gegenstände geschlossen. In Zusammenhang mit den
0%-Finanzierungen ist in den Kaufverträgen der Kaufpreis als Gesamtbetrag ausgewiesen. Über diesen Gesamtbetrag erteilte die Klägerin den Kunden eine Rechnung, in der der Nettobetrag genannt ist und die auf diesen entfallende Umsatzsteuer offen ausgewiesen ist. Die Rechnungen enthalten zudem den Hinweis auf die Zahlungsart: „Finanzkauf - 0%“, wobei der Finanzierungsbetrag dem Gesamtbetrag entspricht. Zudem enthalten die Rechnungen folgenden Hinweis: „Als Nachlass gewähren wir die seitens der finanzierenden Bank erhobenen Zinsen. Diese belaufen sich auf einen Betrag von EUR …. . Vereinbarungsgemäß zahlen wir den als Nachlass gewährten Betrag direkt an die finanzierende Bank. Einen Anspruch auf Barauszahlung des Nachlasses besteht nicht.“ Beispielhaft wird insoweit auf die Kaufverträge E vom 31.08.2015 und F vom 10.10.2015 (Bl. 68 f. und 70 f. der Prozessakte) Bezug genommen.
Die von der Klägerin vermittelten Darlehensverträge sind ausschließlich zwischen den Kunden und der Bank zustande gekommen. In den Darlehensabrechnungen wurden der Gesamtkaufpreis als Darlehensbetrag und der Jahreszins mit „eff. 0,00%“ angegeben.
In ihren Umsatzsteuererklärungen für die dem Streitjahr vorausgegangenen Jahre hatte die Klägerin ihre der Regelbesteuerung unterliegenden steuerpflichtigen Umsätze um diese Finanzierungsentgelte, d.h. die Zahlungen, die sie für sog. 0%-Finanzierungen an die Bank geleistet hatte, gemindert.
Im Rahmen einer im Zeitraum vom 01.09.2015 bis zum 04.05.2016 durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2011 bis 2014 gelangte der Prüfer zu der Überzeugung, dass die Klägerin zu Unrecht in ihren Steuererklärungen eine Minderung der Entgelte in Höhe der Finanzierungsaufwendungen berücksichtigt habe.
Für das Streitjahr gab die Klägerin am 18.05.2016 eine Umsatzsteuerjahreserklärung ab, die gemäß § 168 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand. Die Klägerin folgte in ihrer Erklärung zunächst der von dem Betriebsprüfer hinsichtlich der Beurteilung der Vorjahre vertretenen Auffassung und erklärte Umsätze zum allgemeinen Steuersatz in Höhe von … EUR und eine festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von … EUR.
Am 06.09.2016 reichte die Klägerin eine berichtigte Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr ein und beantragte die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO. Sie erklärte nunmehr nur noch Umsätze zum allgemeinen Steuersatz in Höhe von … EUR und eine festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von. … EUR.
Zur Begründung machte die Klägerin geltend, die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage ihrer steuerpflichtigen Umsätze sei entgegen der von dem Betriebsprüfer hinsichtlich der Vorjahre vertretenen Auffassung um die von ihr an die Bank entrichteten Finanzierungsentgelte zu mindern. Sie führte aus, dass sie im Rahmen der sog. 0%-Finanzierungen ihren Kunden die Übernahme der aufgelaufenen Zinsen zugesagt habe, sodass die Kunden letztlich nur in Höhe des Warenkaufpreises belastet worden seien. Durch die von ihr übernommenen Zinsen gewähre sie den Kunden einen Nachlass auf den Kaufpreis. Dieser Nachlass sei in jeder Rechnung vermerkt und der Höhe nach angegeben. Die Klägerin vertrat daher der Ansicht, dass das BMF-Schreiben vom 24.09.2013
(GZ. IV D 2 - S 7100/09/10003 :002, BStBl. I 2013, 1219) nicht einschlägig sei, weil die dort getroffenen Aussagen nur für die Fälle gälten, in denen der Kunde keine Rückschlüsse auf Art und Höhe des Zuzahlungsbetrages des Händlers ziehen könne. Zudem habe der Generalanwalt in seinem Schlussantrag vom 18.01.2001 zur Rechtssache C-34/99 beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zum Ausdruck gebracht, dass eine Entgeltminderung möglich sei, wenn dem Kunden die Kosten des Kredites offenbart würden.
Der vom Veranlagungsteilbezirk kontaktierte Prüfer teilte diesem mit, dass es sich im Rahmen der sog. 0%-Finanzierungen seines Erachtens um drei rechtlich selbständige Verträge handele. Erstens sei ein Kaufvertrag über das Konsumgut zwischen der Klägerin und den jeweiligen Kunden geschlossen worden. Zweitens sei ein Darlehensvertrag bezüglich der Finanzierung des Kaufpreises zwischen dem Kunden und der Bank als Finanzierungsinstitut zu einem Zinssatz von 0 % geschlossen worden. Drittens sei der Rahmenvertrag zwischen der Klägerin und der Bank zu berücksichtigen, wonach die Klägerin zur Zahlung einer Subvention an die Bank verpflichtet ist, soweit sie ihren Kunden ein Sonderzinsdarlehen mit Kundenzins von 0,00 % eff. p.a. vermittelte. Demzufolge seien die Subventionszahlungen der Klägerin an die Bank im Rahmen der sog. 0%-Finanzierungen als Entgelt von dritter Seite zu beurteilen, so dass die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage aus den Warenverkäufen nicht um die Finanzierungsentgelte zu mindern sei. Wegen der weiteren Ausführungen des Prüfers wird insoweit auf Bl. 18 ff. der Umsatzsteuerakte Bezug genommen.
Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) schloss sich dieser Auffassung an und setzte mit Bescheid vom 15.11.2016 die Umsatzsteuer (nochmals) auf … EUR fest und lehnte in einer Anlage zu diesem Bescheid den Antrag auf Änderung ab. Zur Ablehnung der begehrten Änderung verwies das FA zunächst darauf, dass es sich bei den Kauf- und Kreditgeschäften im Rahmen der sog.
0%-Finanzierungen um getrennte Rechtsgeschäfte handele. Während der Warenverkauf der Regelbesteuerung unterliege, sei die Kreditgewährung der Bank gegenüber den Kunden der Klägerin nach § 4 Nr. 8a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Die Subventionszahlungen der Klägerin an die D im Zusammenhang mit den sog. 0%-Finanzierungen seien daher als Entgelt von dritter Seite für die sonstigen Leistungen der Bank an den Kunden zu qualifizieren. Zudem liege hinsichtlich der Subventionszahlungen kein eigener Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und der Bank zugrunde. Vielmehr übernehme die Klägerin eine Verpflichtung, die eigentlich von den Kunden als Darlehensnehmer zu erbringen wäre. Demzufolge erhalte ein Kunde die Waren der Klägerin nicht zu einem geringeren Verkaufspreis, vielmehr werde mit der sog. 0%-Finanzierung die Möglichkeit geboten, bei der Bank als drittem Unternehmen eine Leistung zu beziehen, deren Entgelt bereits von dritter Seite – nämlich durch die Klägerin – entrichtet worden sei. Zudem beziehe sich der Leistungswille eines Kreditinstituts typischerweise ausschließlich auf den Abschluss von Kreditgeschäften. Dass die Kreditverträge mit den Kunden der Klägerin zustande gekommen seien und die Zahlung der Finanzierungsentgelte durch die Klägerin erfolgt sei, zeige die Entgeltlichkeit des Vorgangs, so dass die Kreditgewährung preisauffüllend einzuordnen sei.
Das FA ist im Übrigen der Ansicht, dass eine mögliche Kenntnis oder Unkenntnis der Kunden über eine Zuzahlung der Klägerin nicht entscheidungserheblich sein könne. Dies ergebe sich aus den Urteilsgründen des EuGH in der Rechtssache Primback vom 15.05.2001 C-34/99. Denn danach sei zur Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage in einem Drei-Personen-Verhältnis zwischen den Beziehungen zwischen Verkäufer und Käufer sowie denen zwischen Käufer und Kreditinstitut zu unterscheiden. Im Übrigen schulde die Klägerin selbst bei Annahme einer Entgeltsminderung zumindest aufgrund § 14c Abs. 1 UStG die in den Rechnungen offen ausgewiesenen Steuerbeträge.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Bl. 34 f. der Umsatzsteuerakte Bezug genommen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 18.11.2016 Einspruch. Zur Begründung trug sie wiederholend ihre mit dem Änderungsantrag vom 06.09.2016 geäußerte Auffassung vor. Insbesondere sei nach ihrer Ansicht der vorliegende Fall mit den Sachverhalten des o.g. BMF-Schreibens nicht vergleichbar und die genannte EuGH-Rechtsprechung zur Beurteilung des Entgelts im Fall der Einschaltung von Kreditkartenunternehmen nicht anwendbar, da ihre Kunden über Art und Höhe der Finanzierungsentgelte als gewährten Nachlass informiert gewesen seien. Ergänzend trug die Klägerin vor, dass die Finanzierungsentgelte wie gewöhnliche Preisnachlässe zu behandeln seien und damit das umsatzsteuerliche Entgelt minderten. Dies entspreche auch der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wonach sie mit der Übernahme der Finanzierungsentgelte dem Kunden einen weiteren Rabatt verschaffe. Andernfalls wirke der Lebenssachverhalt gekünstelt, da die Kunden die Übernahme des Finanzierungsentgeltes als Vorteil bei der Entscheidung über den Erwerb von Waren gedanklich berücksichtigten und diesen Wert vom Verkaufspreis abzögen. Außerdem liege entgegen der Ansicht des FA kein Fall eines unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 UStG vor, da in den Rechnungen die Darstellung des Kaufpreises unter Hinweis auf die Entgeltminderung zutreffend erfolgt sei. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 7 UStG müsse eine Rechnung u.a. das Entgelt für die Leistung sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts enthalten, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt sei. Daher müsse der ursprüngliche Verkaufspreis nicht um das Finanzierungsentgelt gemindert werden, weil sich dieses aus den Angaben der Rechnung ergebe. Zudem seien diese Angaben hinsichtlich der Höhe noch detaillierter als bei einer Skontovereinbarung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 UStG. Letztlich habe sie, die Klägerin, vorsorglich einen Teil der Rechnungen hinsichtlich der sog. 0%-Finanzierungen korrigiert, indem das Finanzierungsentgelt als „Nachlass“ ausgewiesen worden sei und dies den Rechnungsbetrag gemindert habe. Der Rechnungsbetrag teile sich dann in einen Nettobetrag und die Umsatzsteuer auf. Letztlich werde der Rechnungsbetrag um das Finanzierungsentgelt erhöht, was dem Zahl- und Finanzierungsbetrag entspreche. (vgl. beispielhaft die berichtigte Rechnung vom 22.12.2015 zum Kaufvertrag vom 18.09.2015, Bl. 43 ff. der Umsatzsteuerakte).
Die Klägerin hat insgesamt 11 Rechnungen vorsorglich berichtigt und die offen ausgewiesene Umsatzsteuer darin insgesamt um … EUR herabgesetzt (vgl. Kopien auf Bl. 78 bis 109 der Prozessakte).
Mit Einspruchsentscheidung vom 07.02.2017 wies das FA den Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass für die Frage der Bestimmung des Entgelts allein die Sichtweise des Leistungsempfängers, mithin der Kunden der Klägerin, entscheidend sei. Da die Kunden der Klägerin sowohl bei Bargeschäften als auch bei den sog. 0%-Finanzierungsgeschäften den gleichen Preis für die Waren hätten zahlen müssen, sei der vereinbarte Kaufpreis das Entgelt. Dass die Kunden diese Zahlungen nicht unmittelbar an die Klägerin, sondern im Form eines Ratenkredits an die Bank geleistet hätten, sei wegen § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG unerheblich. Zwar sei das Finanzierungsentgelt ertragssteuerlich als Betriebsausgabe der Klägerin zu erfassen, allerdings gelte dies nicht hinsichtlich der Umsatzsteuer, da insoweit die Zahlung nicht die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage mindere. Diese in der Rechtsprechung und der Literatur zutreffend vertretene Ansicht folge dem wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarungen. Zudem hält das FA weiterhin an der Anwendbarkeit des
BMF-Schreibens und des EuGH Urteils vom 15.05.2001 C-34/99 fest, da zum einen den Kunden der Klägerin nicht alle Einzelheiten der Rahmenvereinbarung zwischen der Klägerin und der Bank bekannt gewesen seien und zum anderen kein Grund dafür bestehe, dass die Kenntnis der Kunden über die umsatzsteuerliche Behandlung der Finanzierungsentgelte entscheide.
Hiergegen erhob die Klägerin am 24.02.2017 Klage. Zur Begründung wiederholt sie ihr im Verwaltungsverfahren erfolgtes Vorbringen und weist ergänzend darauf hin, dass sie nicht nur in den Rechnungen und Lieferscheinen, sondern auch bereits in den Kaufverträgen einen Hinweis auf die Höhe des Finanzierungsentgeltes angebracht habe. Zudem sei es nach ihrer Ansicht nicht erforderlich, dass ihre Kunden über sämtliche Vereinbarungen zwischen ihr und der Bank informiert seien, da es allein auf die Kenntnis der Kunden über die tatsächlichen Kosten des Kredites ankomme. Schließlich führt die Klägerin nochmals aus, dass auch die bisher nicht berichtigten Rechnungen keinen unberechtigten Steuerausweis enthielten und ein Teil der Rechnungen nur vorsorglich korrigiert worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid für 2015 vom 15. November 2016 unter
Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2017 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf … EUR herabgesetzt wird und
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt es im Wesentlichen die bereits im Verwaltungsverfahren erfolgten Ausführungen.
Die einschlägigen Verwaltungsvorgänge (1 Band Umsatzsteuerakte, 1 Sonderband Betriebsprüfungsberichte) lagen vor und waren Gegenstand der Beratung und Entscheidung.
Aus den Gründen
1. Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Das FA hat zu Recht die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage aus den Warenverkäufen im Zusammenhang mit sog. 0%-Finanzierungen nicht um die Finanzierungsentgelte gemindert.
a) Bemessungsgrundlage für Lieferungen und sonstige Leistungen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG das Entgelt.
Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ist Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer.
Zur Bestimmung des Entgelts ist somit auf die Sicht des Leistungsempfängers abzustellen.
b) Im Streitfall haben die Kunden der Klägerin als Leistungsempfänger unabhängig von der Art der Zahlung den durch die Klägerin ausgewiesenen Preis für den Erhalt der Waren gezahlt. Für die Kunden der Klägerin war der Preis für die Waren bei Barzahlung und bei Finanzierung identisch.
Dies hat nach der Überzeugung des Senats zur Folge, dass in beiden Fällen der volle von den Käufern entrichtete Kaufpreis abzüglich der Umsatzsteuer das Entgelt i.S.d. § 10 Abs. 1 UStG darstellt.
Denn entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung hat die Klägerin gegenüber ihren Kunden auch in den Fällen der sog. 0%-Finanzierungen nicht zwei umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilenden Leistungen in Gestalt der Lieferung der Waren und der Übernahme der sonst grundsätzlich den Kunden obliegenden Finanzierungskosten ausgeführt.
Vielmehr stellen die Lieferung der finanzierten Waren und die Übernahme der durch deren Finanzierung entstandenen Kosten durch die Klägerin eine einheitliche, dem Regelsteuersatz unterliegende Leistung dar.
aa) Zu der im Streitfall entscheidenden Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, gelten nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der Bundesfinanzhof (BFH) und der erkennende Senat angeschlossen haben, folgende Grundsätze (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 11.06.2009 C-572/07, RLRE Tellmer Property, Slg. 2009, I-4983; BFH-Urteile vom 20.08.2009 V R 21/08, BFH/NV 2010, 473; vom 25.06.2009 V R 25/07, BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239 unter II.2.b, und vom 17.04.2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, unter II.2.b, m.w.N.):
Jeder Umsatz ist in der Regel als eigenständige, selbständige Leistung zu betrachten; allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die einzelnen Elemente so ineinandergreifen, dass etwas selbständiges Drittes geschaffen wird (BFH-Urteil vom 25.06.2009 V R 25/07, BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239), hinter dem die einzelnen Leistungen zurücktreten (BFH-Beschluss vom 26.04.2010 V B 3/10, BFH/NV 2010, 1666).
Im Rahmen der dabei anzustellenden Gesamtbetrachtung (vgl. EuGH-Urteil vom 27.10.2005 C-41/04, Levob, Slg. 2005, I-9433) kommt dem Umstand, dass ein Gesamtpreis in Rechnung gestellt wird, zwar keine entscheidende Bedeutung zu, gleichwohl kann ein Gesamtpreis für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung sprechen (EuGH-Urteil vom 25.02.1999 C-349/96, Card Protection Plan (CPP), Slg. 1999, I-973). Dasselbe gilt für den Umstand, dass Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden (vgl. BFH-Urteile vom 19.03.2009 V R 50/07, BFHE 225, 224, BStBl II 2010, 78 und vom 31.05.2007 V R 18/05, BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206, m.w.N.).
bb) Im Streitfall sind der Kauf der Waren und deren Finanzierung sowie die Übernahme der Finanzierungskosten durch die Klägerin aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers als einheitliche Leistung anzusehen.
Die Finanzierung und deren Übernahme durch die Klägerin stellen Nebenleistungen zur steuerpflichtigen Lieferung der gekauften Waren als Hauptleistung dar und teilen somit deren steuerliches Schicksal. Sie erfüllen nämlich für die Kunden der Klägerin keinen eigenen Zweck, sondern dienen nur dazu, die Lieferungen unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können.
Dies wird insbesondere auch dadurch deutlich, dass für die Kunden der Klägerin kein Recht auf Auszahlung des „Nachlasses“ besteht, sondern eine Zahlung von der Klägerin ausschließlich an das finanzierende Kreditinstitut erfolgt.
cc) Diese Beurteilung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH.
Dieser hat bereits mit Urteil vom 28.01.1993 -V R 43/89- (BFHE 170, 288, BStBl II 1993, 360) entschieden, dass beim Verkauf von Waren im Versandhandel auch dann eine einheitliche Warenlieferung und nicht zum Teil eine steuerfreie Kreditgewährung vorliegt, wenn der Käufer von der ihm eingeräumten Möglichkeit der Ratenzahlung Gebrauch macht und dadurch einen Barzahlungsrabatt einbüßt.
dd) Auch das von der Klägerin zur Stützung der von ihr vertretenen Rechtsauffassung anführte EuGH-Urteil vom 15.05.2001 (C-34/99, Primback, Slg 2001,
I-3833) rechtfertigt keine andere Entscheidung; vielmehr stützt auch es die vom erkennenden Senat vorgenommene Beurteilung. Denn auch in dieser Entscheidung, der ein in weiten Teilen mit dem Streitfall gleicher Sachverhalt zugrunde liegt, führt der EuGH unter Rz. 44 ff. aus, dass eine ggfs. in der Kreditgewährung bestehende Dienstleistung jedenfalls als eine Nebenleistung zu dem Warenverkauf als der Hauptleistung angesehen werden müsse.
Zwar unterschied sich der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt von dem vorliegenden Streitfall dadurch, dass dort dem Kunden die Höhe der übernommenen Finanzierungskosten nicht bekannt war und ein Ausweis der vom Verkäufer übernommenen Finanzierungskosten in den Rechnungen nicht erfolgt war, jedoch ist für den Senat auch unter Beachtung der Ausführungen des Generalanwalts in seinen Schlussanträgen vom 18.01.2001 in dem Verfahren
C-34/99, Primback (Slg. 2001, I-3833) kein überzeugender Grund ersichtlich, weshalb allein der Ausweis des übernommenen Finanzierungsbetrages etwas an der oben dargelegten Beurteilung als einheitliche Leistung ändern sollte.
ee) Der Senat kann es bereits mangels Bindung an sog. norminterpretierende Verwaltungsanweisungen dahingestellt sein lassen, ob sich aus dem
BMF-Schreiben vom 24.09.2013 (IV D 2 - S 7100/09/10003:002, 2013/0840707, BStBl I 2013, 1219) tatsächlich – wie von der Klägerin geltend gemacht – eine andere Beurteilung ergeben könnte.
c) Unabhängig davon hat der erkennende Senat erhebliche Zweifel daran, dass die Entscheidung des EuGH vom 15.05.2001 (C-34/99, Primback, Slg 2001,
I-3833-3873) selbst bei Vorliegen von getrennt zu beurteilenden Leistungen geeignet wäre, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen.
aa) Dass das Entgelt vollumfänglich zu berücksichtigen ist, findet seine Begründung darin, dass die Kunden der Klägerin im Zusammenhang mit den sog. 0%-Finanzierungen den gesamten Warenpreis finanziert und im Ergebnis auch bezahlt haben. Dass die Zahlung der Waren hierbei nicht unmittelbar an die Klägerin, sondern aufgrund von Darlehensverträgen an die Bank erfolgte, ist unerheblich. Denn die Klägerin hat ihre Forderungen gegenüber den Kunden aufgrund des Rahmenkreditvertrages mit der Bank im Wege des Factorings mit der Folge veräußert, dass ihre Kunden die Finanzierungsraten an das Kreditinstitut zu zahlen hatten und sie von diesem den Warenpreis abzüglich der vereinbarten Vergütungen ausgezahlt bekam. Hieraus wird zwar die Entgeltlichkeit dieser weiteren Dienstleistung ersichtlich, die Gegenleistung ist aber nicht das, was der Forderungskäufer an den leistenden Unternehmer zahlt, sondern auch insoweit bleibt § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG maßgebend, wonach alles das Entgelt ist, was der Leistungsempfänger aufwendet. Die Einschaltung eines Dritten zur Finanzierung könnte daher nur dann die Bemessungsgrundlage mindern, wenn zuvor die weitere Dienstleistung zwischen der Klägerin und den Kunden das Entgelt erhöht hätte (vgl. Stadie, UStG Kommentar, 3. Aufl. 2015, § 10 UStG Rn. 41).
bb) Auch ein Vergleich des von der Klägerin ihren Kunden gewährten „Nachlasses“ mit Preisnachlässen in Form von Barzahlungsrabatten oder Skonti ist nicht geeignet, zu der von der Klägerin begehrten niedrigeren Bemessungsgrundlage zu führen. Zwar mindert die Inanspruchnahme eines Preisnachlasses in Form eines Skontos oder eines Barzahlungsrabattes die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage (BFH-Beschluss vom 10.03.1993 V B 46/80, BStBl II 1983, 389) und die von der Klägerin übernommenen Finanzierungskosten entsprechen wie in diesen Fällen aus der wirtschaftlichen Sicht der Klägerin der Differenz zwischen Barpreis und Zielpreis. Allerdings handelt es sich es bei der Zahlung des Finanzierungsentgelts durch die Klägerin aus der zur Bestimmung des Umfangs des Entgelts allein maßgeblichen Sicht der Kunden nicht um einen solchen Preisnachlass im klassischen Sinne. Denn die Kunden erhalten die Waren nicht zum einem verminderten Warenpreis; vielmehr ist für sie lediglich die zusätzliche Dienstleistung der Finanzierung kostenfrei. Die Kunden werden insoweit aber nicht von den Kosten der Finanzierung freigestellt, vielmehr erhalten sie von dem finanzierenden Kreditinstitut direkt ein zinsloses Darlehen. Um dies zu ermöglichen, hat die Klägerin im Wege einer Rahmenkreditvereinbarung mit dem Kreditinstitut einen Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 328 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zur Übernahme der Finanzierungskosten geschlossen, so dass aus Sicht der Kunden auch dieser Betrag zum Entgelt gehört, (Englisch in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, Umsatzsteuer, § 17 Rn. 247).
d) Schließlich handelt es sich bei den Finanzierungsentgelten auch nicht um einen durchlaufenden Posten i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG, der zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage für die Warenverkäufe führen könnte. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Klägerin die Finanzierungsentgelte im Namen und für Rechnung der Kunden verausgabt hätte. Aufgrund des Rahmenkreditvertrages war aber allein die Klägerin selbst gegenüber der Bank zur Zahlung der Finanzierungsentgelte verpflichtet.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.