FG Köln: Keine Ergänzung des Duldungsbescheids um die Vollstreckungsklausel nach § 14 AnfG im Klageverfahren
FG Köln, Urteil vom 11.10.2017 – 9 K 1566/14
ECLI:DE:FGK:2017:1011.9K1566.14.00
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von seinem Vater ein Grundstück in anfechtbarer Weise erworben hat sowie über die formelle Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheids.
Der Kläger erwarb mit notariellem Vertrag vom .... Februar 2010 (UR-Nr.: 1 des Notars B in C) von seinem Vater den im Grundbuch von D des Amtsgerichts E Bl. 2 verzeichneten Grundbesitz Gemarkung D Flur ..., „F-Straße ...“; hinsichtlich der näheren Bezeichnung wird auf den Notarvertrag Abschn. I. 1. verwiesen. Gemäß Abschn. II. 2. des Notarvertrags lag der Übertragung die Vereinbarung zu Grunde, dass der Kläger a) seinem Vater in der Vergangenheit ein Darlehen über 35.000 € gewährt habe, b) er ferner einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch in Höhe von ca. 20.000 € gegenüber seinem Vater für die Dauer seines Studiums habe, welches voraussichtlich noch 2,5-3 Jahre dauern werde, und c) weiterhin die Mutter des Klägers gegenüber seinem Vater einen Unterhaltsanspruch in Höhe von ca. 80.000 € habe, den sie an den Kläger abgetreten habe. Der Kläger verzichte als Gegenleistung für die Übertragung des Eigentums an dem vorbezeichneten Grundbesitz auf die Darlehensrückzahlung, seinen künftigen, näher bezeichneten Unterhaltsanspruch gegen seinen Vater sowie auf die ihm von seiner Mutter abgetretene Unterhaltsforderung gegenüber seinem Vater. Den Verkehrswert des übertragenen Grundbesitzes gaben die Vertragsparteien übereinstimmend mit 150.000 € an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom ... Februar 2010 verwiesen.
Mit Schreiben vom 23. September 2013 kündigte der Beklagte dem Kläger den Erlass eines Duldungsbescheids gemäß § 191 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 4 des Gesetzes über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (AnfG) an. Der Vater des Klägers als Vollstreckungsschuldner schulde dem Land Nordrhein-Westfalen Abgaben in Höhe von insgesamt 124.255,53 €. Soweit diese Steuern endgültig und unanfechtbar festgesetzt, fällig und vollstreckbar seien, beabsichtige er, die Übertragung des Eigentums an dem vorbezeichneten Grundstück aufgrund des notariellen Übertragungsvertrags vom .... Februar 2010 anzufechten. Zur Überprüfung der Entgeltlichkeit der Übertragung forderte er den Kläger auf, eine Kopie des Darlehensvertrags über 35.000 € und Belege über die tatsächliche Auszahlung vorzulegen, den behaupteten künftigen Unterhaltsanspruch über 20.000 € dem Grunde und der Höhe nach darzulegen, die Kopie des Vertrags über die Unterhaltsforderungen aus der Scheidungsfolgevereinbarung der Mutter i.H.v. 80.000 € sowie die Abtretungserklärung an ihn vorzulegen sowie darzulegen, wie der Verkehrswert des übertragenen Grundstücks i.H.v. 150.000 € ermittelt worden sei.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 trug der Kläger hierzu vor, dass der Vollstreckungsschuldner durch den notariellen Vertrag von verschiedenen Verbindlichkeiten ihm gegenüber befreit worden sei. So habe er dem Vollstreckungsschuldner im Laufe des Jahres 2003 zwei Darlehen i.H.v. 16.428 € bzw. 9.567,87 €, insgesamt 25.995,87 € gewährt, indem er für den Vollstreckungsschuldner zwei Steuerverbindlichkeiten beglichen habe. Bei einer Verzinsung dieser gewährten Beträge mit dem gesetzlichen Zinssatz von 4 % p.a. gemäß §§ 488 Abs. 1, 246 BGB ergebe sich für den Zeitraum zwischen der Zahlung bis zum Tag der notariellen Grundstücksübertragung ein Zinsbetrag i.H.v. 6.923,56 €, so dass zum Übertragungsstichtag seine Darlehensforderungen gegenüber dem Vollstreckungsschuldner insgesamt 32.919,43 € betragen hätten.
Daneben habe er eigene Unterhaltsansprüche gemäß §§ 1601 ff. BGB gegenüber dem Vollstreckungsschuldner bis zu dem Ende seiner Ausbildung gehabt. Der Vollstreckungsschuldner habe sich in der Scheidungsfolgevereinbarung mit der Mutter des Klägers vom .... November 1991 (Bl. 85 ff. d.A.) verpflichtet, für ihn Kindesunterhalt gemäß der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen. Zur Vermeidung von Auskunftsansprüchen habe der Vollstreckungsschuldner gegenüber dem Kläger den Tabellenhöchstbetrag zu zahlen gehabt, der in der Scheidungsfolgevereinbarung auf 1000 DM/511,29 € pro Monat begrenzt worden sei. Er, der Kläger, habe sein Studium der Sozialwissenschaften im Sommer 2013 abgeschlossen, seit September 2013 sei er erwerbstätig. Für die Zeit des Studiums habe er einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch in Höhe von insgesamt 21.474,18 € (42 Monate x 511,29 €).
Weiterhin sei der Vollstreckungsschuldner auch gegenüber der Mutter des Klägers zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet gewesen. In der Scheidungsfolgevereinbarung habe dieser sich verpflichtet, an die Mutter des Klägers nachehelichen Unterhalt i.H.v. 685,13 € pro Monat zu zahlen. Im Zeitpunkt der Übertragung der Immobilie sei der Vollstreckungsschuldner mit den Unterhaltszahlungen gegenüber der Mutter des Klägers im Rückstand gewesen. Unabhängig davon habe bereits für die Zukunft ein Unterhaltsanspruch der Mutter in Höhe von insgesamt 113.227,50 € bestanden. Diesen Anspruch habe die Mutter im Rahmen der Übertragungsvereinbarung an ihn, den Kläger abgetreten. Der Anspruch sei durch die Grundstücksübertragung erfüllt worden.
Die durch die Grundstücksübertragung getilgten Verbindlichkeiten des Vollstreckungsschuldners gegenüber dem Kläger seien in dem Übertragungsvertrag mit ca. 135.000 € bewertet worden. Tatsächlich seien seine Forderungen gegenüber dem Vollstreckungsschuldner auf mindestens 167.626,11 € – auch ohne Berücksichtigung der rückständigen Unterhaltsansprüche der Mutter – zu bewerten. Der Wert der Immobilie sei in der notariellen Übertragungsurkunde mit 150.000 € angegeben worden, da bei der Übertragung der Immobilie noch das Wohnrecht der Mutter auf dem Grundstück gelastet habe. Ausweislich eines im Jahr 2005 eingeholten Wertgutachtens zu der Immobilie sei von einem realistisch zu erzielenden Verkaufspreis in unbelasteten Zustand i.H.v. 180.000 € auszugehen. Aufgrund der vollständigen Entgeltlichkeit der Grundstücksübertragung sei für eine Anfechtung nach § 4 AnfG kein Raum.
Der Kläger legte seinem Schreiben zwei Kontoauszüge über die Zahlungen an das Finanzamt G, die Scheidungsfolgevereinbarung vom .... November 1991 sowie eine Auskunft über den Wert der Immobilie der Firma Immobilien H vom 13. Dezember 2005 bei.
Ohne weitere Erörterung erließ der Beklagte am 31. Januar 2014 den angekündigten Duldungsbescheid gemäß § 191 AO i.V.m. § 4 AnfG. Der Vollstreckungsschuldner schulde dem Land Nordrhein-Westfalen Abgaben in Höhe von insgesamt 141.112,30 €. Dabei handelte es sich um Zinsen zur Einkommensteuer 2008, Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2009, Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag nebst steuerlicher Nebenleistungen 2010, 2011 und 2012 sowie Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre 2011, 2012 und 2013. Diese Steuern seien endgültig und unanfechtbar festgesetzt, sie seien fällig und vollstreckbar; eine Bestimmung im Sinne des § 14 AnfG enthält der Bescheid trotz der enthaltenen rückständigen Einkommensteuervorauszahlungen nicht.
Wegen dieser rückständigen Abgaben werde gemäß § 4 AnfG die Übertragung des vorbezeichneten Grundbesitzes durch den notariellen Übertragungsvertrag vom .... Februar 2010 angefochten. Der Kläger habe das Grundstück gemäß § 11 AnfG dem Land Nordrhein-Westfalen zur Verfügung zu stellen, soweit es zur Befriedigung der bezeichneten Abgabenforderungen erforderlich sei und damit die Zwangsvollstreckung in die Grundstücke wegen des Betrages i.H.v. 141.112,30 € zu dulden. Gegen Zahlung dieses Betrages könne der Kläger die Vollstreckung abwenden. Das Land Nordrhein-Westfalen sei als Gläubiger durch die vollzogene Übertragung nach Maßgabe des § 1 AnfG benachteiligt worden, da das Grundstück dem Vollstreckungszugriff entzogen worden sei. Der Vollstreckungsschuldner habe das vorbezeichnete Grundstück auf den Kläger unentgeltlich übertragen. Der Kläger sei aufgefordert worden, die Entgeltlichkeit des Übertragungsvertrages nachzuweisen. Dies sei ihm nicht gelungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Duldungsbescheid vom 31. Januar 2014 verwiesen.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 25. Februar 2014 Einspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Mit Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2014 wies der Beklagte die Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück. Eine Bestimmung im Sinne des § 14 AnfG ist auch in der Einspruchsentscheidung nicht enthalten.
Gegen die Einspruchsentscheidung hat der Kläger am 6. Juni 2014 Klage erhoben, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Duldungsbescheids begehrt. Zur Begründung wiederholt und ergänzt er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren zur Frage des Verkehrswerts des übertragenen Grundstücks und zur Werthaltigkeit seiner Gegenansprüche gegen den Vollstreckungsschuldner, die durch die Grundstücksübertragung nach seiner Auffassung erfüllt wurden. Zudem rügt er Ermessensfehler des Beklagten bei Erlass des Duldungsbescheids.
Der Kläger beantragt,
den angefochtenen Duldungsbescheid vom 31. Januar 2014 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2014 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung. Insgesamt sei aus seiner Sicht eine Entgeltlichkeit der Leistung nicht gegeben.
Bei der Übertragung des Grundstücks handele es sich um eine unentgeltliche Übertragung. Diese ziele ausschließlich darauf ab, ihm als Gläubiger die Möglichkeit der Vollstreckung zu entziehen und ihn im Sinne des § 1 Abs. 1 AnfG zu benachteiligen.
Der Wert des übertragenen Grundstücks liege bei 220.000 €. Der vom Kläger behauptete Darlehensrückzahlungsanspruch sei weder schlüssig dargelegt noch nachgewiesen, der entgeltliche Verzicht auf Kindesunterhalt gemäß § 1614 Abs. 1 BGB unwirksam und die Unterhaltsansprüche der Mutter des Klägers der Höhe nach unschlüssig und hinsichtlich der Abtretung an den Kläger nicht nachgewiesen. Ermessensfehler lägen nicht vor.
In der mündlichen Verhandlung wurde erörtert, dass im Duldungsbescheid und in der Einspruchsentscheidung eine Bestimmung im Sinne des § 14 AnfG fehlt, obwohl die Duldung auch wegen Einkommensteuervorauszahlungen 2011, 2012 und 2013 angeordnet wurde.
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Duldungsbescheid vom 31. Januar 2014 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2014 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Aus diesem Grund war der Duldungsbescheid aufzuheben.
1. Der angefochtene Duldungsbescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind bereits in formeller Hinsicht rechtswidrig. Denn mit dem Bescheid wird eine Grundstücksübertragung auf den Kläger wegen Steuerrückständen des Vollstreckungsschuldners aus Einkommensteuervorauszahlungsbescheiden angeordnet, ohne dass im Bescheid oder in der Einspruchsentscheidung die Vollstreckung davon abhängig gemacht wird, dass die gegen den Vollstreckungsschuldner gerichteten Einkommensteuervorauszahlungsbescheide durch rechtskräftige Jahresbescheide ersetzt und damit endgültig werden.
a) Als Gläubiger der im angefochtenen Duldungsbescheid aufgeführten Steuerrückstände des Vollstreckungsschuldners war der Beklagte befugt, bei Vorliegen derVoraussetzungen des § 2 AnfG die Grundstücksübertragung vom .... Februar 2010 durch Erlass eines Duldungsbescheids anzufechten.
Den Anfechtungsanspruch nach dem AnfG kann die Finanzbehörde entweder mittels Klage vor dem Zivilgericht (a.A. BVerwG-Urteil vom 25. Januar 2017 9 C 30/15, Neue Juristische Wochenschau (NJW) 2017, 2635 unter Hinweis auf u.a. die BGH-Beschlüsse vom 27. Juli 2006 IX ZB 141/05, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP) 2006, 1603 und vom 21. September 2006 IX ZB 187/05, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (FamRZ) 2006, 1836, sowie OLG Celle, Beschluss vom 16. August 2012 13 W 64/12, Zeitschrift für das gesmate Insolvenzrecht (ZinsO) 2012, 2200: Anfechtung zwingend durch Duldungsbescheid) oder gemäß § 191 Abs. 1 Satz 2 AO durch Duldungsbescheid hoheitlich im Verwaltungsweg durchsetzen (BFH-Beschluss vom 1. Dezember 2005 VII B 95/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH/NV) 2006, 701; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 191 AO Rn. 147; Boeker, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 191 AO Rn. 190; Rüsken, in Klein, AO, 13. Aufl., § 191 Rn. 21; Dumke, in Schwarz, AO, § 191 Rn. 69a, jeweils m.w.N.).
Nach § 2 AnfG ist zur Anfechtung jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist. Vollstreckbare Schuldtitel sind auch Verwaltungsakte, die zu einer Geldleistung verpflichten, wie Steuerbescheide (BFH-Beschluss vom 9. Februar 1988 VII R 62/86 BFH/NV 1988, 752; BGH-Urteil vom 3. März 1976 VIII ZR 197/74, Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ) 66, 91; Boeker, a.a.O, Rn. 191). Auch vorläufig vollstreckbare Schuldtitel berechtigen gemäß § 2 AnfG zur Anfechtung. Liegt ein nur vorläufig vollstreckbarer Schuldtitel vor, so ist nach § 14 AnfG in dem Urteil, das den Anfechtungsanspruch für begründet erklärt, die Vollstreckung davon abhängig zu machen, dass die gegen den Schuldner ergangene Entscheidung rechtskräftig oder vorbehaltlos wird. Dies gilt auch für die Anfechtung durch Duldungsbescheid nach § 191 Abs. 1 Satz 2 AO (BFH-Beschluss vom 9. Februar 1988 VII R 62/86, BFH/NV 1988, 752; BGH-Urteil vom 3. März 1976 VIII ZR 197/74, Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ) 66, 91; Intemann, in König, AO, 3. Aufl., § 191 Rn. 136). Steuervorauszahlungsbescheide haben, auch wenn sie bestandskräftig sind, ebenfalls nur die Wirkung eines vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels (BGH-Urteil vom 3. März 1976 VIII ZR 197/74, BGHZ 66, 91; Boeker, a.a.O., Rn. 192; Rüsken, a.a.O., Rn. 26; Nacke, Haftung für Steuerschulden, 4. Aufl., Rn. 7.20; Huber, AnfG, 11. Aufl., § 14 Rn. 3; Kirchhof, Münchener Kommentar zum Anfechtungsgesetz, 2012, § 14 Rn. 5 m.w.N.). Die Vollstreckung ist daher im Duldungsbescheid von der Bestandskraft, Vorbehaltslosigkeit bzw. Endgültigkeit der Steuerfestsetzung abhängig zu machen. Es handelt sich dabei um eine Bedingung (BFH-Urteile vom 31. Mai 1983 VII R 7/81, Bundessteuerblatt Teil II (BStBl II) 1983, 545 und vom 9. Februar 1988 VII R 62/86, BFH/NV 1988, 752) im Sinne des § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO (Urteil des FG Stuttgart vom 9. April 1987 IX 282/82, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1988, 97; Boeker, a.a.O., Rn. 192; Dumke, a.a.O., Rn. 70a).
Fehlt diese Bedingung, so hat dies zwar nicht die Nichtigkeit des Duldungsbescheids (vgl. Urteil des Hessischen FG vom 19. Dezember 2000 6 K 1821/95, juris), wohl aber seine Rechtswidrigkeit zur Folge (Nacke, a.a.O., Rn. 7.21).
b) Aus diesem Grund ist im Streitfall der angefochtene Duldungsbescheid, durch den eine Grundstücksübertragung auf den Kläger – auch – wegen Einkommensteuer-vorauszahlungsbescheiden angefochten wird, insgesamt rechtswidrig. Denn eine Vollstreckungsklausel im Sinne des § 14 AnfG ist weder im Duldungsbescheid noch in der Einspruchsentscheidung enthalten. Die Rechtswidrigkeit umfasst den gesamten Duldungsbescheid, obwohl die Anfechtung nur teilweise wegen Vorauszahlungsbescheiden durch den Duldungsbescheid durchgesetzt wurde. Eine Aufteilung nach den zugrunde liegenden Steuerrückständen kann nicht erfolgen, da Gegenstand des Duldungsbescheids die Anfechtung der Grundstücksübertragung als solche ist.
Unerheblich ist nach Auffassung des erkennenden Senats dabei, ob im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die im Duldungsbescheid enthaltenen Rückstände aus Einkommmensteuervorauszahlungsbescheiden eventuell bereits durch Rückstände aus rechtskräftigen Einkommensteuerjahresbescheiden ersetzt wurden (a.A. Urteil des FG Stuttgart vom 9. April 1987 IX 282/82, EFG 1988, 97). Denn bei dem Erlass eines Duldungsbescheids handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (BFH-Beschluss vom 24. April 2006 VII B 120/05, BFH/NV 2006, 1609), deren Rechtmäßigkeit nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. bspw. die Nachweise bei Stapperfend, in Gräber, FGO, 8. Aufl., § 102 Rn. 8) zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung, der Einspruchsentscheidung, zu prüfen ist. Dementsprechend ist auch die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Finanzbehörde, einen Duldungsbescheid ohne Vollstreckungsklausel nach § 14 AnfG zu erlassen, mit dem die Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz wegen zugrunde liegender Steuervorauszahlungsbescheide durchgesetzt wird, im Zeitpunkt der letzten finanzbehördlichen Entscheidung zu überprüfen.
Aus der Behandlung einer fehlenden Vollstreckungsklausel nach § 14 AnfG im Rahmen eines zivilrechtlichen Anfechtungsurteils (vgl. hierzu sogleich unter 1.c) ergibt sich kein Grund dafür, die Rechtmäßigkeit des Duldungsbescheids erst im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu überprüfen.
c) Nach Auffassung des erkennenden Senats führt die aus dem Fehlen der Vollstreckungsklausel nach § 14 AnfG folgende Rechtswidrigkeit dazu, dass der rechtswidrige Duldungsbescheid aufzuheben ist; eine Ergänzung des Bescheids um die fehlende Vollstreckungsklausel kommt nicht in Betracht.
Anders ist dies bei der zivilrechtlichen Anfechtungsklage nach § 13 AnfG. Insoweit gilt, dass eine – auch versehentlich – unterbliebene Vollstreckungsklausel von Amts wegen dem Urteil, das den Anfechtungsanspruch für begründet erklärt, anzufügen ist; hierfür ist ein Antrag einer Partei nicht erforderlich und stellt kein teilweises Obsiegen des beklagten Anfechtungsgegners dar (vgl. die Nachweise bei Huber, a.a.O., § 14 Rn. 7; Kirchhof, a.a.O., Rn. 12).
Insoweit aber unterscheidet sich das Verfahren zur Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs im Verwaltungswege durch Duldungsbescheid nach § 191 Abs. 1 Satz 2 AO wesentlich vom zivilrechtlichen Verfahren der Anfechtungsklage nach § 13 AnfG. Denn während der Kläger des zivilrechtlichen Anfechtungsverfahrens davon abhängig ist, dass das angerufene Zivilgericht die formellen Voraussetzungen des § 14 AnfG beachtet, setzt die anfechtende Finanzbehörde im Verfahren nach § 191 Abs. 1 Satz 2 FGO ihren Anfechtungsanspruch im Verwaltungsverfahren selbst durch und hat dabei – auch formell – rechtmäßig zu handeln. Das Finanzgericht hat dabei nur die Rechtmäßigkeit des finanzbehördlichen Handelns zu überprüfen, nicht aber selbst die Rechtmäßigkeit dieses Handeln durch eigenes Eingreifen herbeizuführen. Hierzu wäre es auch nicht befugt. Denn bei der Vollstreckungsklausel nach § 14 AnfG n.F. (= § 10 AnfG a.F.) handelt es sich um eine Nebenbestimmung in Form der Bedingung (vgl. BFH-Urteil vom 9. Februar 1988 VII R 62/86, BFH/NV 1988, 752; Dumke in Schwarz, AO/FGO, § 191 AO Rn. 70a, Stand: 6/2009; Boecker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 191 AO Rn. 192, Stand: 3/2012, m.w.N.). Zuständig für den Erlass einer solchen Nebenbestimmung aber ist, wie auch für den Erlass des Duldungsbescheids selber, die Finanzbehörde, nicht aber das Finanzgericht, das weder Duldungsbescheide nach § 191 Abs. 1 Satz 2 AO noch Nebenbestimmungen für solche Duldungsbescheide erlässt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 709 ZPO.
3. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Zu der Rechtsfolge des Fehlens einer Vollstreckungsklausel nach § 14 AnfG in einem Duldungsbescheid nach § 191 FGO fehlt es bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung.