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Steuerrecht
08.04.2016
Steuerrecht
FG Münster: Keine Benachteiligung von Drittstaaten-Investitionen

FG Münster, Urteil vom 19.11.2015 – 9 K 1900/12 K

Nichtamtlicher Leitsatz

Kapitalrückzahlungen einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft, die nachweislich über keine ausschüttungsfähigen Gewinne verfügt, sind zu behandeln wie entsprechende Ausschüttungen von im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften oder von im EU-Ausland ansässigen Kapitalgesellschaften bei dem inländischen Gesellschafter erfolgsneutral mit dem Buchwert der Beteiligung verrechnet werden können.

Sachverhalt

Streitig ist, ob Zahlungen einer US-amerikanischen Tochtergesellschaft bei der Klägerin als Dividenden oder als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sind und im Falle einer Einlagenrückgewähr, ob diese gewinnneutral zu erfassen ist.

Die Klägerin ist die Obergesellschaft und körperschaftsteuerliche Organträgerin des A Konzerns. Im Streitjahr 2008 war sie noch in der Rechtsform einer AG tätig (AG C HRB …). Mit Beschluss vom … erfolgte die Umwandlung in die A [Körperschaft] (AG C HRB …).

Die Klägerin hielt (zumindest) seit dem Jahr 1975 100 % der Anteile an der A Inc., … [amerikanische Anschrift] (bis etwa … firmierend als E Inc.), einer nach dem Recht des amerikanischen Bundesstaates Delaware gegründeten Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz und den Ort ihrer Geschäftsleitung in G hat. Nach verschiedenen Kapitalerhöhungen verfügt die A Inc. seit dem … 1994 über ein Nennkapital i.H.v. … US-$. Die Klägerin leistete in den Jahren 1975 bis 2004 Einlagen in die A Inc. i.H.v. insgesamt 7.885.998 US-$ (nach Verrechnung mit Leistungen der A Inc. im Wirtschaftsjahr 1985/1986 und ohne die für die Aufstockung des Nennkapitals benötigten Einlagen). Die Gewinne/Verluste der A Inc. schwankten zwischen … US-$ und ./. … US-$. Im Streitjahr 2008 erhielt die Klägerin von der A Inc. Leistungen i.H.v. 1.000.000 US-$, deren Qualifikation zwischen den Beteiligten streitig ist. Damit ergab sich in den Jahren 2004 bis 2008 folgende Entwicklung (alle Beträge in US-$):

 

Gewinn/Verlust

Übriges Kapital

(ohne Nenn-kapital); Summe aus „Capital reserve“ und

„Retained earnings“ (ohne “Subscribed capital”)

Summe der Einlagen abzügl.

erbrachter Leistungen/Zahlungen der A Inc.; „Capital reserve“ in den Bilanzen der A Inc.

Differenz zwischen dem übrigen Kapital und der Summe der

Einlagen (abzügl. Leistungen)

und „Retained Earnings“ in der Bilanz der A Inc.

31.12.2004

118.996

lt. Anl. 9.725.870

lt. Bilanz          …

7.885.998

lt. Anlage  1.839.872

lt. Bilanz                …

31.12.2005

./. 2.033.050

7.692.820

7.885.998

./. 193.178

31.12.2006

./. 50.137

7.642.683

7.885.998

./. 243.315

31.12.2007

./. 314.679

7.328.003

7.885.998

./. 557.995

31.12.2008

./. 2.460.527

3.867.476

6.885.998

./. 3.018.521

 

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Schriftsatz der Klägerin 15.03.2015 beigefügte Anlage 1 („Entwicklung des Einlagenbestandes in US-Dollar“) Bezug genommen, allerdings ohne die in den Spaltenbezeichnungen vorgenommene Qualifikation als „Ausschüttbarer Gewinn“, „Einlagenkonto“, „Einlagenrückgewähr“. Außerdem wird auf die Bilanzen der A Inc. auf den … 1975 bis 31.12.2009 verwiesen.

Zu den vorgenannten Leistungen der A Inc. liegt ein in englischer Sprache abgefasster Beschluss mit Datum vom …. 2008 vor. Die Klägerin hat dazu eine Übersetzung in die deutsche Sprache eingereicht, deren Richtigkeit unstreitig ist:

„EINSTIMMIGE SCHRIFTLICHE ZUSTIMMUNG

DES EXEKUTIVAUSSCHUSSES

DES VERWALTUNGSRATS

ZU EINER KAPITALMASSNAHME [„CORPORATE ACTION“]

VON A, INC.

Anstelle einer Sondersitzung des Exekutivausschusses des Verwaltungsrats („Exekutivausschuss“) von A, INC, einer nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware gegründeten und eingetragenen Gesellschaft („der Gesellschaft“), erklären die Unterzeichneten, bei denen es sich um die Gesamtheit aller Mitglieder des Exekutivausschusses handelt, hiermit gemäß § 141(f) des allgemeinen Aktienrechts (General Corporation Law) des US-Bundesstaats Delaware, dass am heutigen Tag vom Exekutivausschuss der Gesellschaft die nachfolgend beschriebenen Maßnahmen zu beschließen sind und hiermit beschlossen werden.

NACHDEM der Exekutivausschuss festgestellt hat, dass (a) die Gesellschaft nicht zahlungsunfähig ist, (b) die Zahlung der nachfolgenden Ausschüttung [„the dividend described below“] nicht zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt, (c) durch die Festsetzung und Zahlung dieser Ausschüttung [„dividend“] keine in der Satzung der Gesellschaft enthaltenen Beschränkungen verletzt werden und (d) das nach der Festsetzung und Zahlung dieser Ausschüttung [„dividend“] verbleibende Reinvermögen der Gesellschaft mindestens dem Betrag des von ihr ausgewiesenen Nennkapitals entspricht.

ERGEHT DER

BESCHLUSS, hiermit für die ausgegebenen Stammaktien der Gesellschaft die Zahlung einer Ausschüttung [„a dividend“] in Höhe von … ($ 1.000.000) für fällig zu erklären, die an den einzigen am … 2008 eingetragenen Aktionär zu leisten ist.

DIES BESTÄTIGEN die Unterzeichneten am … 2008 durch die ordnungsgemäße Anbringung ihrer Unterschriften auf dieser einstimmigen schriftlichen Zustimmung des Exekutivausschusses zu der Kapitalmaßnahme im unmittelbaren Anschluss oder auf mehreren Ausfertigungen.

(unleserliche Unterschrift)                                               (unleserliche Unterschrift)

H                                                                            J“

Nachfolgend informierte K (Senior Vice President Treasury, Corporate Treasury & Finance) am …. 2008 weitere Personen per E-Mail darüber, dass eine …, also die A Inc., entschieden habe, eine teilweise Rückzahlung der „capital reserves“ an die Klägerin durchzuführen („a partial repayment of capital reserves to …“).

Die A Inc. fügte der gemeinsamen US-Körperschaftsteuererklärung der A Inc. und ihrer zur US consolidated tax group gehörenden subsidiaries als Anlage den Vordruck „Form 5452 Corporate Report of Nondividend Distributions“ für das Jahr 2008 bei und erklärte darin sowohl einen negativen Ergebnisvortrag wie ein negatives Ergebnis für das laufende Steuerjahr („Accumulated earnings and profits (since February 28, 1913)“ bzw. „Actual earnings and profits for the current tax year“). Außerdem bezifferte die A Inc. unter der Überschrift „E Corporate Distributions (see instructions)“ einen am …. 2008 gezahlten Betrag i.H.v. 1.000.000 US-$, der nicht aus dem Gewinn/Ertrag/Einkommen stamme („Amount Paid During Calender Year From Other Than Earnings & Profits Since February 28, 1913“) und zu 100 % steuerfrei/nichtsteuerbar („Percent Nontaxable“) sei. Die Leistung der 1.000.000 US-$ wurde außerdem in dem Formular „Form 1042-S „Foreign Person´s U.S. Source Income, Subjekt to Withholding“ mit dem „Income code 37“, d.h. als Kapitalrückzahlung (“Return of capital”) gegenüber der US-amerikanischen Steuerbehörde erklärt. In dem unterschriebenen Formular „Form 1042-T  Annual Summary and Transmittal of Forms 1042-S“ wurde die A Inc. als Steuerabzugsverpflichtete („withholding agent“) bezeichnet, die Summe der Bruttoeinkommen („Gross income“) laut allen Formularen 1042-S mit 1.021.768 US-$ beziffert und kein Betrag angegeben in der Zeile zur Höhe der einbehaltenen Steuern (Zeile „Total U.S. federal tax withheld on all paper Forms 1042-S (box 9) attached“).

Die Klägerin verrechnete die Zahlung der A Inc. in der Handelsbilanz ergebnisneutral gegen deren Buchwert, während sie den Betrag in der Steuerbilanz gewinnerhöhend berücksichtigte. In ihrer Steuerbilanz zum 31.12.2008 wies die Klägerin die Beteiligung an der A Inc. mit einem um … € (nach der späteren Betriebsprüfung: … €) höheren Betrag als in der Handelsbilanz aus, in dem die hier streitige Einlagenrückgewähr mit einem Betrag i.H.v. 790.326 € (auch nach der späteren Betriebsprüfung) enthalten ist. Handelsrechtlich wurde diese Buchung allerdings nachfolgend korrigiert, indem der Kursgewinn von 437 € als laufender Gewinn erfasst wurde. Die Korrektur wurde in der Steuerbilanz nicht berücksichtigt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Auf die Steuerbilanz der Klägerin vom 31.12.2008 nebst Anlage „+/- Rechnung ab 2006, Anteile an verbundenen Unternehmen“ und den E-Mail-Wechsel zwischen der Klägerin (durch L) und dem späteren Betriebsprüfer (M) vom 16./17.11.2015 wird Bezug genommen.

In ihrer Körperschaftsteuererklärung 2008 wurde die Zahlung der A Inc. gewinnerhöhend berücksichtigt und über die Anlage AE anschließend als erhaltener Bezug i.S.v. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei gestellt. Im Ergebnis führte diese Handhabung zu einer Einkommenserhöhung i.H.v. 39.516 € (5 % der Zahlung der A Inc. i.H.v. 790.326 €, vgl. „Anlage zur Anlage AE der KSt-Erklärung für 2008“ und „Zusammensetzung des Beteiligungsergebnisses per 31.12.2008“). Der Beklagte führte die Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung insoweit erklärungsgemäß durch (Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 09.04.2010).

Mit Antrag vom 23.06.2010 begehrte die Klägerin eine Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 2008 und eine Rückgängigmachung der o.g. Einkommenserhöhung, weil eine erfolgsneutral zu behandelnde Rückzahlung von Anschaffungskosten vorliege.

Eine nachfolgende Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 2008 vom 14.10.2010 erfolgte (nur) zur Anpassung des Bescheides an den Vorjahresbescheid. Mit Datum vom 06.05.2011 erging ein weiterer geänderter Körperschaftsteuerbescheid 2008, um den Verlustvortrag an das Ergebnis der Betriebsprüfung für die Jahre 2003 bis 2005 anzupassen. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen.

Mit Datum vom 20.10.2011 lehnte der Beklagte die begehrte Änderung der Körperschaftsteuerfestsetzung 2008 ab. Eine steuerneutrale Leistung einer in einem Drittstaat ansässigen Kapitalgesellschaft an ihre inländischen Gesellschafter sei in der beantragten Form nicht möglich. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) setze die Behandlung von Bezügen als nicht steuerbare Einnahmen materiell-rechtlich voraus, dass diese aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammten, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto i.S. des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) als verwendet gälten. Das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 04.06.2003 (BStBl I 2003, 366) sei für Leistungen einer Kapitalgesellschaft, die nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) der unbeschränkten Steuerpflicht unterliege, auch nach Inkrafttreten des § 27 Abs. 8 KStG weiterhin anzuwenden. Die Nichteinbeziehung von in Drittstaaten ansässigen Kapitalgesellschaften in den Wortlaut des § 27 Abs. 8 KStG beruhe auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers. Eine analoge Anwendung dieser Regelung sei ausgeschlossen.

Die dagegen erhobene Sprungklage war mangels Zustimmung des Beklagten als außergerichtlicher Rechtsbehelf zu behandeln. Diesen wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 08.05.2012, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, als unbegründet zurück.

Mit Datum vom 21.05.2012 erließ der Beklagte zwecks Anpassung an die Werte des Vorjahres erneut einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2008, der weiter unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand.

Die Klägerin hat am 31.05.2012 Klage erhoben mit dem Begehren, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 20.10.2011 und der Einspruchsentscheidung vom 08.05.2012 zu verpflichten, den Körperschaftsteuerbescheid vom 06.05.2011 nach § 164 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer unter Minderung der Einkünfte um 39.516 € herabgesetzt werde. Mit Schriftsatz vom 11.06.2012 hat sie ihren Änderungsantrag auf den Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 21.05.2012 bezogen. Nachdem am 20.06.2012 nochmals unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts der Nachprüfung ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid 2008 zur Anpassung an die Vorjahreswerte erging, hat die Klägerin ihren Antrag mit Schriftsatz vom 02.07.2012 auf diesen Bescheid bezogen.

Ein weiterer geänderter Körperschaftsteuerbescheid 2008 – unverändert unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – datiert vom 19.07.2012.

In Auswertung der Feststellungen des Betriebsprüfungsberichts für die Jahre 2006 bis 2008 erließ der Beklagte mit Datum vom 08.10.2012 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2008. Hinsichtlich der Höhe der ausländischen Bezüge nach § 8b Abs. 1 KStG und der nicht abziehbaren Ausgaben i.S. des § 8b Abs. 5 KStG wurden darin keine Änderungen vorgenommen. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dieser Bescheid sei entsprechend § 68 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Rein vorsorglich hat sie gegen diesen Bescheid jedoch auch Einspruch eingelegt. Ein weiterer Änderungsbescheid erging mit Datum vom 12.04.2013.

Schließlich wurde der Körperschaftsteuerbescheid 2008 mit Datum vom 16.09.2014 erneut gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Der letztgenannte Bescheid führte zwar zu einer Änderung der im Steuerbescheid insgesamt ausgewiesenen ausländischen Bezüge nach § 8b Abs. 1 KStG und der nicht abziehbaren Ausgaben i.S. des § 8b Abs. 5 KStG, doch betraf die ausweislich der Erläuterungen zum Bescheid (Änderungen bei dem N-Konzern und der Fa. O AG & Co KG), nicht den hier in Rede stehenden Streitpunkt. Die Körperschaftsteuer 2008 wurde nunmehr ausgehend von einem Gesamtbetrag der Einkünfte i.H.v. … €, einem Verlustabzug i.H.v. … € (bei abzugsfähigen Verlusten i.H.v. … €) und einem zu versteuernden Einkommen i.H.v. … € mit … € abzüglich anzurechnender ausländischer Steuer i.H.v. … €, d.h. im Ergebnis mit … € festgesetzt.

Bereits zuvor hatte die A Inc. mit Schreiben vom 18.11.2011 vorsorglich beim Bundeszentralamt für Steuern entsprechend § 27 Abs. 8 KStG für die Jahre 2008 und 2010 einen Antrag auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr in entsprechender Anwendung der § 27 Abs. 1-6, § 38 und § 29 KStG gestellt. Mit Bescheid vom 28.02.2012 lehnte das Bundeszentralamt für Steuern den Antrag auf gesonderte Feststellung ab, weil die A Inc. nicht in einem anderen Mitgliedstaat der EU der unbeschränkten Steuerpflicht unterliege und damit nicht antragsberechtigt gemäß § 27 Abs. 8 Satz 3 KStG sei. Weiter wird in dem Ablehnungsbescheid ausgeführt:

„Da für die A Inc. kein Feststellungsverfahren nach § 27 Abs. 8 KStG in Betracht kommt, ist folglich im Rahmen der Veranlagungsverfahren der inländischen Anteilseigner zu eruieren, ob es sich bei den in 2008 getätigten Leistungen um eine steuerfreie Rückgewähr von Einlagen oder um Gewinnausschüttungen handelt, die bei den inländischen Anteilseignern zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen.“

Gegen den vorgenannten Ablehnungsbescheid legte die A Inc. am 15.03.2012 Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren ruht im Hinblick auf das vorliegende Klageverfahren (Schreiben des Bundeszentralamts für Steuern vom 10.01.2013).

Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin geltend, die erfolgte Kapitalrückgewähr sei als Rückzahlung früherer Anschaffungskosten unmittelbar und steuerneutral in der Handels- und Steuerbilanz der Klägerin vom Buchwert der Beteiligung an der A Inc. abzuziehen. Es handele sich damit nicht um Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, so dass für eine Anwendung des § 8b Abs. 1, 5 KStG und damit für den Ansatz fiktiver nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben in Höhe von 5 % der Kapitalrückzahlung kein Raum bleibe. Im Einzelnen:

1. Nach Auffassung der Klägerin sind die geänderten Körperschaftsteuerbescheide, die nach der Klageerhebung ergangen sind, gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden; das Verpflichtungsbegehren sei auf eine Anfechtungsklage umzustellen.

2. Die Ablehnung des von der A Inc. höchst vorsorglich beim Bundeszentralamt für Steuern gestellten Antrags auf gesonderte Feststellung einer Einlagenrückgewähr entfalte keine „Bindungswirkung“ für die Klägerin. Dies folge bereits daraus, dass es keine Rechtsgrundlage für eine solche Feststellung gebe. Denn ein solches Feststellungsverfahren sei in § 27 Abs. 8 KStG lediglich für Körperschaften vorgesehen, die in anderen Mitgliedsstaaten der EU (aber nicht wie hier in einem Drittstaat, also den USA) der unbeschränkten Steuerpflicht unterlägen. Eine Bindungswirkung könne nach § 182 Abs. 1 AO aber nur eintreten, wenn ein Feststellungsbescheid ergehe. Das sei nach § 179 Abs. 1 AO aber nur der Fall, wenn in der AO oder anderen Steuergesetzen eine Feststellung gesetzlich angeordnet sei, woran es hier fehle. Dementsprechend habe das Bundeszentralamt für Steuern die Durchführung eines Feststellungsverfahrens auch abgelehnt und einen sog. negativen Feststellungsbescheid erteilt. In einem derartigen Fall müsse das für den Erlass des Steuerbescheids zuständige Finanzamt den Sachverhalt ermitteln. Aus diesem Grund ruhe auch das beim Bundeszentralamt für Steuern geführte Einspruchsverfahren im Hinblick auf das vorliegende Verfahren. Letztlich wäre es eine verfassungswidrige Perversion des Steuerrechts, wenn man eine materiell-rechtlich erfolgende Einlagenrückgewähr daran scheitern lassen würde, dass die Drittstaatengesellschaft einen gesetzlich nicht vorgesehenen Antrag zu stellen habe.

3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erhöhten Einzahlungen eines Gesellschafters in die Kapitalrücklage einer Gesellschaft die Anschaffungskosten der Beteiligung. Eine spätere gegenläufige Kapitalherabsetzung stelle rechtlich und wirtschaftlich keinen Ertrag dar, sondern eine Rückzahlung des Kapitals. Der Betriebsvermögensmehrung aufgrund der Kapitalrückzahlung stehe daher eine entsprechende Minderung des Buchwertansatzes der Beteiligung gegenüber. Diese Grundsätze gälten unabhängig davon, ob die Kapitalrückführung wegen einer Herabsetzung des Nennkapitals oder wegen einer Rückzahlung von Kapitalrücklagen erfolge (vgl. BFH-Urteil vom 20.10.2010 I R 117/09, BFH/NV 2011, 669). Entscheidend sei also, dass es sich nach dem ausländischen Gesellschaftsstatut um eine Kapitalrückzahlung handele. Dieses „Heimatrecht“ sei für Zwecke der Anwendung des deutschen Ertragsteuerrechts zu respektieren (vgl. BFH-Urteil vom 20.10.2010, a.a.O.).

Die vorgenannten Grundsätze seien auch nicht durch die Einführung des § 27 Abs. 8 KStG überholt. Zum einen gelte unverändert die Maßgeblichkeit des handelsrechtlichen Anschaffungskostenbegriffs in § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) für den steuerrechtlichen Begriff, und zwar einschließlich der Regelung in § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB, wonach die Rückführung von Anschaffungskosten den Buchwert des angeschafften Wirtschaftsguts entsprechend reduziere. § 27 Abs. 8 KStG ordne keine Durchbrechung dieses Maßgeblichkeitszusammenhangs an. Zum anderen würden die oben dargestellten richterlichen Grundsätze durch § 27 Abs. 8 KStG nicht tangiert. Diese Norm sehe eine spezielle Regelung für die Einlagenrückgewähr von Gesellschaften vor, die in der EU unbeschränkt steuerpflichtig seien. Daraus lasse sich aber nicht der Umkehrschluss ziehen, das Kapitalrückzahlungen aller anderen ausländischen Gesellschaften nunmehr beim inländischen Anteilseigner einen steuerpflichtigen Ertrag darstellen sollten. Einen derartigen Umkehrschluss lasse der Wortlaut des § 27 Abs. 8 KStG nicht zu. Denn zum einen beschränke sich dieser auf in der EU unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaften. Zum anderen gehe § 27 Abs. 8 Satz 9 KStG gerade nicht davon aus, dass im Falle fehlender Feststellungen nach § 27 Abs. 8 Satz 1 KStG Gewinnausschüttungen vorlägen, sondern dass in diesem Fall nur fiktiv von Gewinnausschüttungen auszugehen sei („… Leistungen … gelten … als Gewinnausschüttungen“). Des Weiteren entspreche es auch nicht der Intention des Gesetzgebers, Kapitalrückzahlungen als steuerpflichtigen Ertrag zu erfassen. Vielmehr werde in der Ausschussempfehlung zu der gesetzlichen Neuregelung (Bundesrats-Drucksache 542/1/06) ausdrücklich ausgeführt, dass bei Einlagenrückzahlungen von Körperschaften aus Drittstaaten außerhalb der EU die Rechtsprechungsregeln weiterhin angewandt werden sollten. Im Übrigen stelle § 27 Abs. 8 KStG selbst nach Auffassung der Finanzverwaltung keine vollständig abschließende Regelung dar, weil die Finanzverwaltung die vorgenannte Norm auch auf die Einlagenrückgewähr durch Gesellschaften mit unbeschränkter Steuerpflicht in EWR-Staaten anwende, obwohl diese vom Wortlaut der Vorschrift nicht erfasst würden.

Im Ergebnis berufe die Klägerin sich auf eine Anwendung der anerkannten allgemeinen richterlichen Grundsätze der Steuerneutralität der Rückführung von Einlagen und nicht etwa auf eine analoge Anwendung des § 27 Abs. 8 KStG.

4. Falls § 27 Abs. 8 KStG dahingehend auszulegen sein sollte, dass er Drittstaatenfälle allgemein ausklammere und mit einer Strafbesteuerung von 5 % belege, würde das gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 ff. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –, vormals Art. 56 ff. des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften – EGV –) verstoßen.

Der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit sei eröffnet, weil § 27 Abs. 8 KStG unabhängig von einer Mindestbeteiligungshöhe an der ausländischen Beteiligungsgesellschaft gelte. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verdränge in diesem Fall die nur innerhalb der EU geltende Niederlassungsfreiheit die auch im Drittstaatenfall greifende Kapitalverkehrsfreiheit nicht.

Sofern § 27 Abs. 8 KStG eine verdrängende Wirkung im Sinne der vorgenannten Ausführungen zukommen sollte, verstoße die Norm gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Denn sie würde dann eine Diskriminierung von Steuerinländern bewirken, die mit ihrer Beteiligung an einer Gesellschaft in einem Drittstaat aufgrund der Steuerpflicht von Kapitalrückführungen schlechter gestellt würden als solche Steuerinländer, die Beteiligungen an einer inländischen Gesellschaft oder an EU-Gesellschaften hielten und die sich auf § 27 KStG berufen könnten. Für eine derartige Diskriminierung seien keine Rechtfertigungsgründe erkennbar. Insbesondere finde die sogenannte Stillhalteklausel (Art. 57 Abs. 1 EGV, Art. 64 Abs. 1 AEUV) keine Anwendung, weil § 27 Abs. 8 KStG erst mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2006 eingeführt worden sei.

5. Die A Inc. habe weder zum 31.12.2007 noch zum 31.12.2008 über einen ausschüttbaren Gewinn verfügt. Vielmehr habe sich das Einlagenkonto zum 31.12.2007 auf US-Dollar 7.885.998 belaufen. Die Leistung aufgrund des Beschlusses vom ... 2008 habe also zwingend nur durch eine Rückführung von Kapital finanziert werden können. Nach Auskunft des Leiters der Steuerabteilung der A Inc., Herrn J und der Bestätigung des Herrn P aus dem Büro der Q in R [Stadt in den USA] könnten Dividenden nach den US federal income tax principles nur aus früheren oder gegenwärtigen Gewinnen/Erträgen/Einkommen („current or accumulated earnings and profits“) der A Inc. Gruppe geleistet werden, und weil es an derartigen Gewinnen/Erträgen gefehlt habe, handele es sich bei dem in Rede stehenden Betrag um eine Kapitalrückzahlung und nicht um eine Dividende („…constituted a return of capital and not a dividend“). Nach Überprüfung durch die Q US-Anwälte in R entspreche dies auch dem Gesellschaftsrecht des hier maßgeblichen US-Bundesstaates Delaware; es handele sich um eine Rückzahlung der Kapitalrücklage. Da in den USA der Grundsatz der Selbstveranlagung gelte, könne die Klägerin nicht durch die Vorlage eines Steuerbescheides nachweisen, dass die US-Steuerbehörden der Steuererklärung der A Inc. gefolgt seien. Die der Klägerin zur Verfügung stehenden Unterlagen habe sie jedoch vorgelegt. Wegen der US-amerikanischen Rechtslage werde außerdem auf das Sachverständigengutachten Bezug genommen, welches in dem beim Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz unter dem Az. 5 K 1227/11 geführten Klageverfahren vorgelegen habe und im vorliegenden Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 17.11.2015 eingereicht worden sei.

Die Berichterstatterin hat mit Schreiben vom 10.04.2015 auf das Urteil des FG Nürnberg vom 12.06.2013  5 K 1552/11 (EFG 2014, 188) zur Einlagenrückgewähr durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften hingewiesen und die Beteiligten um eine Stellungnahme dazu gebeten, ob wegen der gegen diese Entscheidung anhängigen Revision (Az. des BFH: VIII R 47/13) ein Ruhen des Verfahrens als sachdienlich angesehen werde. Der Beklagte hat Letzteres verneint.

Die Klägerin weist zum Revisionsverfahren VIII R 47/13 darauf hin, dass das BMF diesem beigetreten sei. Die Stellungnahme des BMF vom 06.05.2015 liege der Klägerin zwar vor, dürfe von ihr im vorliegenden Verfahren jedoch nicht vorgelegt werden. In der Sache werde zur Einlagenrückgewähr durch das BMF ausgeführt, dass das BFH-Urteil vom 20.10.2010 I R 117/08 (BFH/NV 2011, 669) eine „unzulässige Rechtsfortbildung“ durch den I. Senat sei, der der VIII. Senat aus Sicht des BMF nicht folgen solle. Ansonsten seien die Rechtsprechungsgrundsätze nach Ansicht des BMF zumindest durch den „abstrakten Anwendungsvorrang“ des § 27 Abs. 8 KStG im Streitjahr 2008 überholt. Das BMF vertrete weiter die Auffassung, dies verstoße nicht gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit und es bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, denn § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002 sei eine gesetzliche Ausnahme von dem Grundsatz, dass alle Auskehrungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter steuerbare Vorgänge seien. Inzidenter gehe auch das BMF davon aus, dass die Entscheidung über die vorgenannten Fragen allein im Klageverfahren der Anteilseigner zu erfolgen habe.

Der Senat hat den Rechtsstreit am 19.11.2015 mündlich verhandelt. Der Beklagte hat den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 2008 in der mündlichen Verhandlung im Einvernehmen mit der Klägerin teilweise gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 und 4 AO in Bezug auf einen nicht mit der vorliegenden Streitfrage zusammenhängenden Punkt für vorläufig erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 19.11.2015 (d.h. inhaltlich den Bescheid in der Fassung vom 16.09.2014 zzgl. des in der mündlichen Verhandlung nunmehr beigefügten Vorläufigkeitsvorbehaltes) dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer 2008 ausgehend von einer Minderung des steuerlichen Buchwerts der Beteiligung an der A Inc. sowie der steuerfreien ausländischen Bezüge nach § 8b Abs. 1 KStG um jeweils 790.326 € und ausgehend von einer Minderung der nicht abziehbaren Ausgaben i.S. des § 8b Abs. 5 KStG um 39.516 € festgesetzt wird,

hilfsweise, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 20.10.2011 und der Einspruchsentscheidung vom 08.05.2012 den Beklagten zu verpflichten, den Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 19.11.2015 nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer 2008 ausgehend von einer Minderung des steuerlichen Buchwerts der Beteiligung an der A Inc. sowie der steuerfreien ausländischen Bezüge nach § 8b Abs. 1 KStG um jeweils 790.326 € und ausgehend von einer Minderung der nicht abziehbaren Ausgaben i.S. des § 8b Abs. 5 KStG um 39.516 € festgesetzt wird,

weiter hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

dem Klageantrag insoweit zu entsprechen, als der steuerliche Buchwert der Beteiligung an der A Inc. sowie die steuerfreien ausländischen Bezüge nach § 8b Abs. 1 KStG um jeweils 437 € und die nicht abziehbaren Ausgaben im Sinne des § 8b Abs. 5 KStG um 22 € zu mindern sind, und die Klage im Übrigen abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung führt der Beklagte – teilweise unter Verweis auf die Einspruchsentscheidung – Folgendes aus:

1. Die verfahrensrechtlichen Bedenken gegen eine Anwendung des § 68 FGO würden aufgrund der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht weiter verfolgt.

2. Die Ablehnung des Antrags der A Inc. auf gesonderte Feststellung einer Einlagenrückgewähr entsprechend § 27 Abs. 8 KStG durch das Bundeszentralamt für Steuern mit Bescheid vom 28.02.2012 entfalte Bindungswirkung auch für die Klägerin als Anteilseignerin (§ 179 Abs. 1, § 182 Abs. 1 Satz 1, § 181 Abs. 1 Satz 1, § 166 AO, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, § 27 Abs. 8 Sätze 3 bis 9 KStG; BFH-Urteil vom 19.05.2010 I R 51/09, BFHE 230, 128, BStBl II 2014, 937). Ein vermeintlicher Verstoß von § 27 Abs. 8 KStG gegen die EU-rechtliche Kapitalverkehrsfreiheit sei daher im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die Ablehnung der gesonderten Feststellung einer Einlagenrückgewähr gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern geltend zu machen (vgl. zur geltungserhaltenden Reduktion einer Vorschrift z.B. BFH-Urteil vom 03.02.2010 I R 21/06, BFHE 228, 259, BStBl II 2010, 692, sowie zum Recht auf Drittanfechtung durch die Klägerin die BFH-Urteile vom 08.06.2011 I R 79/10, BFHE 234, 101, BStBl II 2012, 421 und vom 25.04.2012 I R 2/11, BFH/NV 2012, 1649). Ein eventuelles Versäumnis der ggf. zu beachtenden Antragsfrist nach § 27 Abs. 8 Satz 4 KStG – worauf die Ausführungen in der Klagebegründung zu Tz. II.2.7 hindeuteten – könne damit nicht im Verfahren der Körperschaftsteuerfestsetzung für die Klägerin geheilt werden.

3. Selbst wenn – entgegen der Auffassung des Beklagten – der Entscheidung des Bundeszentralamts für Steuern keine Bindungswirkung beizumessen sein sollte, könne die Klage keinen Erfolg haben. Die streitgegenständliche Mittelzuführung aus einer US-Tochtergesellschaft stelle einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar, welcher der Anwendung des § 8b Abs. 1, 5 KStG unterliege, und somit zum Ansatz nicht abziehbarer Betriebsausgaben in Höhe von 5 % des Bezuges führe. Dies gelte unabhängig davon, dass es sich– wie nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung einzuräumen sei – im Streitfall um eine Kapitalrückführung handele.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG setze die Behandlung von Bezügen als nicht steuerbare Einnahmen materiell-rechtlich voraus, dass diese aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammten, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S. des § 27 KStG als verwendet gälten. Das BMF-Schreiben vom 04.06.2003 (BStBl I 2003, 366) sei für Leistungen einer Kapitalgesellschaft, die nicht in einem Mitgliedstaat der EU der unbeschränkten Steuerpflicht unterliege, auch nach Inkrafttreten des § 27 Abs. 8 KStG weiterhin anzuwenden. Die Nichteinbeziehung von in Drittstaaten ansässigen Kapitalgesellschaften in den Wortlaut des § 27 Abs. 8 KStG beruhe auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers. Eine analoge Anwendung dieser Regelung sei ausgeschlossen. Durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (SEStEG) sei § 27 KStG umfassend überarbeitet worden. In der Vergangenheit sei es nach Verwaltungsauffassung möglich gewesen, bei bestimmten handels- oder gesellschaftsrechtlich als Einlagenrückgewähr zu qualifizierenden Leistungen einer Körperschaft einen Direktzugriff auf das Einlagenkonto vorzunehmen (vgl. Tz. 29 des BMF-Schreibens vom 04.06.2003). Dies sei nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht mehr zulässig (eigenständige körperschaftsteuerliche Definition der als Einlagenrückgewähr zu betrachtenden Leistungen unabhängig von der handelsrechtlichen Einordnung). Auf Drittstaaten (außerhalb der EU) finde § 27 Abs. 8 KStG keine Anwendung, zumal eine weltweite Ausdehnung der Regelung zur Einlagenrückgewähr nicht zu administrieren gewesen wäre. Gegenteiliges könne auch nicht aus den von der Klägerin zitierten gemeinsamen Empfehlungen des Wirtschafts- und des Finanzausschusses vom 11.09.2006 (Bundesrats-Drucksache 542/1/06) gefolgert werden, denn der Bundestag habe die Ausführungen der Ausschüsse nicht in seine Begründung zum Gesetzentwurf vom 25.09.2006 übernommen (Bundestags-Drucksache 16/2710). Vielmehr werde in dieser Gesetzesbegründung einleitend klargestellt, dass Leistungen einer Körperschaft beim Empfänger grundsätzlich zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führten (Bundestags-Drucksache 16/2710, S. 32 zu Buchstabe d). Als einzige Ausnahme würden im Folgenden Leistungen genannt, für die das steuerliche Einlagenkonto als verwendet gelte. Weiterhin werde ausgeführt, dass durch Neuschaffung des § 27 Abs. 8 KStG auch in der EU ansässige Körperschaften die Möglichkeit erhielten, das Vorliegen einer steuerneutralen Einlagenrückgewähr nachzuweisen. Dies impliziere, dass weitere Ausnahmen von dem o.g. Grundsatz vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen seien. Die Nichtanwendung des § 27 Abs. 8 KStG habe zur Folge, dass Leistungen einer in einem solchen Staat ansässigen Körperschaft auf der Seite des inländischen Anteilseigners nicht als steuerfreie Einlagenrückgewähr behandelt werden könnten.

4. Höherrangige Normen stünden der vorgenannten Gesetzesauslegung nicht entgegen.

Das in Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vorgesehene Schachtelprivileg schließe die Anwendung des § 8b Abs. 1, Abs. 5 KStG grundsätzlich nicht aus. Völkerrechtliche Normen seien nicht „automatisch“ vorrangig. Auch der BFH habe in seinen Urteilen vom 14.01.2009 I R 47/08 (BFHE 224, 126, BStBl II 2011, 131) und vom 23.06.2010 I R 71/09 (BFHE 230, 177, BStBl II 2011, 129) das Nebeneinander der Freistellungen nach § 8b Abs. 1 KStG und nach DBA unterstrichen.

Ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 ff. AEUV scheide bereits deshalb aus, weil der Schutzbereich dieser Grundfreiheit nicht betroffen sei. Das von der Klägerin zitierte EuGH-Urteil vom 13.11.2012 C-35/11 (DStRE 2013, 596) beziehe sich auf Dividenden und könne schon deshalb nicht auf die vorliegend streitige Frage einer Einlagenrückgewähr übertragen werden.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet. Die Klägerin wird durch den Körperschaftsteuerbescheid 2008 in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Unrecht 5 % der Kapitalrückzahlung der A Inc. i.H.v. 1.000.000 US-$ gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG als nichtabziehbare Betriebsausgaben angesetzt.

I. Einer Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits stehen keine verfahrensrechtlichen Hinderungsgründe entgegen. Weder ist eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO geboten noch kommt die Anordnung einer Verfahrensruhe in Betracht.

1. Eine Aussetzung des vorliegenden Klageverfahrens ist nicht bereits deshalb erforderlich, weil unter dem Az. 9 K 3400/13 ein weiteres Verfahren der Klägerin anhängig ist, aufgrund dessen der dort angefochtene Bescheid betreffend die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 (Grundlagenbescheid i.S. des § 10d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes – EStG –) zu ändern sein könnte. Zwar ist es regelmäßig geboten, den Rechtsstreit betreffend einen Folgebescheid gemäß § 74 FGO auszusetzen, bis das Verfahren über den Grundlagenbescheid (ggf. zeitgleich) entschieden worden ist; eine Aussetzung des Verfahrens betreffend den Folgebescheid ist aber nicht notwendig, wenn eine vorgreifliche Entscheidung im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid nicht zu erwarten ist (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 74 FGO Tz. 12 m.w.N.). Eine derartige Ausnahmesituation liegt hier vor. Denn die Höhe des abzugsfähigen Verlustvortrags im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung für das Jahr 2008 richtet sich bei der Klägerin ohnehin nach der Begrenzung des Verlustvortrags durch § 10d Abs. 2 EStG. Die Streitfrage, ob die Verlustfeststellung zum 31.12.2006 sich noch erhöht, ist deshalb ohne Auswirkung auf die Höhe der Körperschaftsteuer 2008.

2. Über die Rechtsfrage, wie Kapitalrückzahlungen von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften steuerlich zu beurteilen sind, wird der BFH zwar möglicherweise auch in dem dort anhängigen Revisionsverfahren VIII R 47/13 zu entscheiden haben. Eine Verfahrensaussetzung gem. § 74 FGO ist jedoch wegen eines Musterverfahrens beim BFH nicht zulässig (BFH-Beschluss vom 24.09.2012 VI B 79/12, BFH/NV 2013, 70). Die Anordnung einer Verfahrensruhe gemäß § 155 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Beklagte hatte dies vor der mündlichen Verhandlung abgelehnt und die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung eine Sachentscheidung beantragt.

3. Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO ist auch nicht wegen des noch offenen Einspruchsverfahrens beim Bundeszentralamt für Steuern geboten. Das dortige Verfahren ist aus den nachfolgend unter III.4.e) dargestellten Gründen für das vorliegende Klageverfahren nicht vorgreiflich.

II. Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist der Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 19.11.2015. Die Klägerin hat ihren Klageantrag (Hauptantrag) zu Recht dahingehend angepasst, dass sie im Wege der Anfechtungsklage eine Änderung dieses Körperschaftsteuerbescheides 2008 begehrt.

Die Klägerin hat zunächst beim Beklagten einen Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 AO gestellt und diesen trotz nachfolgender Änderungsbescheide bis zur Ablehnung des Antrags durch den Beklagten aufrechterhalten. Damit bezogen sich der Änderungsantrag und dessen nachfolgende Ablehnung sinngemäß auch auf die zwischenzeitlichen Änderungsbescheide. Bei der nachfolgend erhobenen Klage handelte es sich somit zunächst um eine Verpflichtungsklage.

Die später ergangenen Körperschaftsteuerbescheide 2008 vom 16.09.2014 und 19.11.2015 sind gleichwohl (nacheinander) gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens; ein Einspruch ist insoweit ausgeschlossen (§ 68 Sätze 1, 2 FGO). Angefochtener Verwaltungsakt war vorliegend zwar ursprünglich ein Ablehnungsbescheid. Sinn des § 68 FGO ist es jedoch, zu vermeiden, dass der Kläger aus dem Verfahren hinausgeworfen und auf den Ausgangspunkt zurückversetzt werden kann (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 68 FGO Tz. 3). Seinem Vereinfachungszweck entsprechend ist § 68 FGO auch auf Verpflichtungsklagen anzuwenden (BFH-Urteil vom 22.09.2011 IV R 8/09, BFHE 235, 287, BStBl II 2012, 183; BFH-Beschluss vom 18.04.2005 IV B 90/03, BFH/NV 2005, 1817; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 68 FGO Tz. 6). Aus diesem Grund kann die Klägerin ihr – nunmehr als Hilfsantrag gestelltes – Verpflichtungsbegehren aufrechterhalten.

Zulässigerweise durfte die Klägerin ihren Antrag wegen der während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheide aber auch auf ein Anfechtungsbegehren – entsprechend dem jetzigen Hauptantrag – umstellen. Denn wenn die Grundentscheidung getroffen worden ist, dass ein Änderungsbescheid gemäß § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens betreffend ein Verpflichtungsbegehren wird, muss es auch möglich sein, diesen Änderungsbescheid in demselben Umfang zu überprüfen, wie es im Fall eines (zusätzlichen) Einspruchs gegen den Änderungsbescheid möglich wäre. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Änderungsbescheid dem ursprünglichen Änderungsbegehren nicht entsprochen hat. Die zeitgleiche Führung von zwei Rechtsbehelfsverfahren (Einspruch und Klage) gegen ein und denselben Steuerbescheid (hier: Körperschaftsteuerbescheid 2008) ist ausgeschlossen, und wie bereits dargelegt, ist es gerade Sinn und Zweck des § 68 FGO, den Steuerpflichtigen nach einer bereits erfolgten Klageerhebung nicht erneut in ein Einspruchsverfahren zurückdrängen zu können (i. Erg. ähnlich zur Untätigkeitsklage BFH-Urteil vom 19.04.2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315 und FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.03.2009  1 K 510/04, EFG 2009, 1313; s.a. BFH-Urteil vom 27.04.2004 X R 28/02, BFH/NV 2004, 1287). Es ist Sache des Klägers, seinen Antrag bezogen auf den neuen Verfahrensgegenstand neu zu bestimmen (BFH-Beschluss vom 29.06.2010 XI E 1/10, BFH/NV 2010, 2087). Dabei kann er das Klagebegehren auch über das ursprüngliche Klagebegehren hinaus erweitern (Paetsch in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 68 FGO Rz. 43).

III. Die Klage hat hinsichtlich des Hauptantrags Erfolg. Der Beklagte hat zu Unrecht 5 % der Kapitalrückzahlung der A Inc. i.H.v. 1.000.000 US-$ (d.h. 39.516 €) gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG als nichtabziehbare Betriebsausgaben angesetzt. Vielmehr bewirkt die Kapitalrückzahlung – wie die Klägerin im Rahmen ihres Hauptantrags selbst berücksichtigt hat – eine (erfolgsneutrale) Minderung des steuerlichen Buchwerts der Beteiligung der Klägerin an der A Inc. um 790.326 €. Dabei kann im Streitfall offen bleiben, ob sich die vorgenannten Rechtsfolgen bereits allein aus den einfachgesetzlichen nationalen Regelungen ergeben oder ob es einer geltungserhaltenden Reduktion derselben im Hinblick auf die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 EGV (jetzt Art. 63 AEUV) bedarf.

1. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1, 2 KStG in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung gehören zu den gewerblichen Einkünften einer Kapitalgesellschaft u.a. Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien oder aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die Bezüge zählen nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG als verwendet gelten. § 27 Abs. 1 KStG sieht die Führung eines steuerlichen Einlagekontos für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften vor. § 27 Abs. 7 KStG erweitert dies auf andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG. Nach dem durch das SEStEG eingefügten § 27 Abs. 8 Satz 1 KStG können auch Körperschaften oder Personenvereinigungen, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, eine Einlagenrückgewähr erbringen. § 27 Abs. 8 Sätze 2 ff. KStG enthält dazu nähere Verfahrensregeln und sieht eine Feststellung der Einlagenrückgewähr vor, für die – sofern kein Finanzamt für die Drittstaaten-Kapitalgesellschaft zuständig ist – das Bundeszentralamt für Steuern zuständig ist. Der Antrag muss nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bis zum Ende des Kalenderjahres gestellt werden, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Leistung erfolgt ist. Soweit Leistungen nicht als Einlagenrückgewähr i.S. des § 27 Abs. 8 Satz 1 KStG festgestellt worden sind, „gelten“ sie gemäß § 27 Abs. 8 Satz 9 KStG als Gewinnausschüttung, die beim Anteilseigner zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG führen. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG betrifft Kapitalrückzahlungen aufgrund einer handelsrechtlich wirksamen Nennkapitalherabsetzung (vgl. BFH-Urteil vom 20.10.2010 I R 117/08, BFH/NV 2011, 669).

2. Ausgehend allein vom Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1, 3 EStG können (sonstige) „Bezüge“, die zu Einkünften führen, auch dann vorliegen, wenn Einlagen in eine Kapitalgesellschaft später zurückgezahlt werden. Eine Ausnahme sieht § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (nur) nach Maßgabe des Satzes 3 vor, d.h. soweit die Bezüge aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG als verwendet gelten. Dies bedeutet im Rückschluss, dass nach dem Wortlaut der Norm „Bezüge“ i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch solche Beträge sein können, die aus einer Einlagenrückgewähr stammen. Denn andernfalls liefe die verfahrensrechtliche Bedeutung des Feststellungsverfahrens nach § 27 KStG zumindest für Bezüge aus inländischen Kapitalgesellschaften leer, weil eine Einlagenrückgewähr unabhängig von einer Feststellung nach § 27 KStG stets zu keinen steuerpflichtigen Einkünften führen würde. Anders als § 27 Abs. 8 Satz 9 KStG, der die Einlagenrückgewähr von Körperschaften betrifft, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat der unbeschränkten Körperschaft unterliegen, fehlt es hinsichtlich des steuerlichen Einlagekontos in § 27 Abs. 1 bis 8 KStG an einer Regelung, welche bei einer Einlagenrückgewähr eine Gewinnausschüttung fingiert, sofern es an Feststellungen i.S. des § 27 KStG fehlt.

Insbesondere im Hinblick auf den Wortlaut der Normen wurde zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1, 3 EStG i.V.m. § 27 KStG i.d.F. vor dem SEStEG und wird zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1, 3 EStG i.V.m. § 27 KStG i.d.F. seit dem SEStEG von Teilen des Schrifttums und der Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, § 27 KStG sei eine abschließende Regelung betreffend die Nichterfassung einer Einlagenrückgewähr. Hiervon ausgehend würde § 27 KStG i.d.F. seit dem SEStEG keine Regelung zur Einlagenrückgewähr von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften treffen und dies hätte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1, 3 EStG zur Folge, dass eine Einlagenrückgewähr durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften zu Bezügen und Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen würde (so im Ergebnis Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 27 KStG Rz. 260 f. – zum Recht vor dem SEStEG – und Rz. 267 f. zur Rechtslage nach dem SEStEG; Oellerich in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 27 KStG Rz. 81; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 27 Rz. 128, wonach bezüglich Drittstaaten-Körperschaften keine Regelungslücke, sondern eine bewusste negative gesetzliche Regelung vorliege).

3. Die Frage, ob aufgrund einer einfachgesetzlichen Auslegung über den Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG hinaus auch Kapitalrückzahlungen außerhalb der Herabsetzung von Nennkapital bei Drittstaaten-Kapitalgesellschaften nicht zu besteuern sind, sofern unter Heranziehung des einschlägigen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrechts von einer Rückzahlung aus einer Kapitalrücklage auszugehen ist (vgl. dazu nachfolgend), kann der Senat im Streitfall allerdings letztlich wegen des Anwendungsvorrangs der europarechtlich gewährleisteten Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV, jetzt Art. 63 AEUV) offen lassen (vgl. zu Letzterem unter III. 4.).

a) Der BFH hat eine derartige, über den Wortlaut der Norm hinausgehende Auslegung in Bezug auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in der im zeitlichen Anwendungsbereich des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens geltenden Fassung für Kapitalrückzahlungen ausländischer Kapitalgesellschaften (auch außerhalb der Herabsetzung des Nennkapitals) bejaht (BFH-Urteil vom 20.10.2010 I R 117/08, BFHE 232, 15, BFH/NV 2011, 669 m.w.N.) und insoweit eine erfolgsneutrale Minderung der Anschaffungskosten der Beteiligung angenommen (vgl. BFH-Urteil vom 27.04.2000 I R 58/99, BFHE 192, 428, BStBl II 2001, 168). Nach der damaligen Fassung dieser Vorschrift gehörten die (sonstigen) Bezüge u.a. aus Aktien oder GmbH-Anteilen nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft stammten, für die Eigenkapital im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. (EK 04) als verwendet galt. Unter den vorgenannten Teilbetrag des Eigenkapitals fielen Einlagen der Anteilseigner, welche das Eigenkapital in nach dem 31.12.1976 abgelaufenen Wirtschaftsjahren erhöht hatten. Das jetzige steuerliche Einlagekonto i.S. des § 27 Abs. 1 bis 7 KStG ist im Kern eine Fortführung der Feststellung des früheren EK 04.

b) Den Gesetzesmaterialien zum SEStEG lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob der Gesetzgeber § 27 KStG i.d.F. des SEStEG nunmehr als abschließende Regelung der „Einlagenrückgewähr“ verstanden wissen wollte oder ob es für die Einlagenrückgewähr durch Drittstaaten-Körperschaften bei den allgemeinen durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen verbleiben sollte, die der BFH seinem vorgenannten späteren Urteil vom 20.10.2010 I R 117/08 (BFHE 232, 15, BFH/NV 2011, 669) zum KStG a.F. zugrunde gelegt hatte.

Die Bundesrats-Drucksache 542/1/06 vom 11.09.2006 (Empfehlungen des Finanzausschusses und des Wirtschaftsausschusses) spricht dafür, dass die Rückgewähr von Einlagen an den Gesellschafter durch Drittstaaten-Körperschaften weiterhin nicht als Dividende behandelt werden sollte, sondern lediglich die Einführung einer Sonderregelung für EU-Körperschaften beabsichtigt war. Wörtlich wird dort ausgeführt: „Die Rückgewähr von Einlagen an den Gesellschafter soll nicht als steuerpflichtige Dividende behandelt werden. Dies wird für Einlagerückzahlungen inländischer Körperschaften durch die §§ 27 bis 29 KStG sichergestellt. Für Einlagerückzahlungen ausländischer Körperschaften greifen vergleichbare Regeln, die überwiegend auf Richterrecht beruhen … § 27 Abs. 8 KStGE zielt nun darauf ab, dass ausländische Körperschaften des EU-Raums anstelle der richterlichen Grundsätze auf Antrag die §§ 27 ff. KStG entsprechend anwenden. … Bei Einlagerückzahlungen von Körperschaften aus Drittstaaten außerhalb der EU sollen die Rechtsprechungsregelungen ohnehin weiter angewendet werden.“ Die zeitlich spätere Bundestags-Drucksache 16/2710 vom 25.09.2006 (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, S. 31 f.) ist weniger eindeutig. Zwar wird zum einen ausgeführt, dass die Regelungen zum steuerlichen Einlagekonto auf das Gebiet der EU ausgedehnt werden, und diese Formulierung könnte dafür sprechen, dass für Drittstaaten-Körperschaften keine Änderung der bisherigen Rechtslage beabsichtigt war. Andererseits sollte die „Einlagenrückgewähr“ legal definiert und ein unmittelbarer Abzug einer Leistung vom Einlagekonto (Direktzugriff) nicht mehr zugelassen werden, weil die Ausdehnung der Regelungen zum steuerlichen Einlagekonto auf Sachverhalte im Ausland es sonst erforderlich machen würde, ausländische Rechtsordnungen darauf zu überprüfen, ob in einzelnen Fällen ein Direktzugriff möglich sei oder nicht. Speziell zu § 27 Abs. 8 des damaligen KStG-Entwurfs wird in der vorgenannten Bundestags-Drucksache wörtlich ausgeführt: „Leistungen einer Körperschaft führen beim Empfänger grundsätzlich zu Einnahmen aus Kapitaleinkünften, die im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens zu versteuern sind. Ausgenommen sind Leistungen, für die das steuerliche Einlagekonto als verwendet gilt (Einlagenrückgewähr). Die Regelungen des § 27 KStG sehen bisher die Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos nur für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften vor. Für Leistungen einer nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft kann daher nicht im Wege der Differenzrechnung ermittelt werden, ob eine Einlagenrückgewähr vorliegt. Für diese Körperschaften wird nunmehr für den Bereich der Europäischen Union die Möglichkeit eröffnet, nachzuweisen, dass eine Zahlung an den Anteilseigner nach den Grundsätzen der Differenzrechnung als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist. …“. Die vorstehende Begründung in der Bundestags-Drucksache könnte darauf hinweisen, dass für Drittstaaten-Gesellschaften die Feststellung einer „Einlagenrückgewähr“ als ausgeschlossen und § 27 KStG nunmehr als abschließende Regelung angesehen wurde (vgl. auch Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 27 KStG Rz. 267: weltweite Ausdehnung der Regelung zur Einlagenrückgewähr wäre nicht zu administrieren gewesen).

c) Der Senat kann aus den nachfolgend unter III.4. dargestellten Gründen offen lassen, ob sich unter Berücksichtigung der vorstehend unter a) und b) dargestellten Erwägungen zum Wortlaut und zur historischen Entwicklung der hier in Rede stehenden Normen sowie aus deren Sinn und Zweck ableiten lässt, dass die bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze für Kapitalrückzahlungen durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften trotz der Änderungen des § 27 KStG durch das SEStEG fortgelten.

Erkennbar wollte der Gesetzgeber mit der neuen Fassung des § 27 Abs. 1 Satz 3, 5 KStG grundsätzlich einen Direktzugriff auf das Einlagekonto ausschließen und mit der steuerlichen Verwendungsfiktion eine einheitliche und damit gleichheitsgerechte Handhabung einer zumindest häufig nicht eindeutig entscheidbaren Zuordnungsfrage sicherstellen (vgl. BFH-Urteile vom 30.01.2013 I R 35/11, BFHE 240, 304, BStBl II 2013, 560; vom 11.02.2015 I R 3/14, BFHE 249, 448, BStBl II 2015, 816). Die vorgenannte Zielsetzung sollte für EU-Kapitalgesellschaften mittels des § 27 Abs. 8 KStG lediglich auf einem „technisch“ etwas abweichenden Wege verwirklicht werden. Angesichts des klaren Gesetzeswortlauts und den in den Gesetzesmaterialien erkennbaren Differenzierungen kommt für Drittstaaten-Kapitalgesellschaften aber weder eine Anwendung des § 27 Abs. 1-7 KStG noch eine analoge Anwendung des § 27 Abs. 8 KStG in Betracht (zu Letzterem ebenso FG Nürnberg, Urteil vom 12.06.2013 5 K 1552/11, Rev. VIII R 47/13). Verbliebe es bei den bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen, stünden Drittstaaten-Körperschaften damit unter Umständen besser als inländische Gesellschaften (kein Verbot des Direktzugriffs) oder als EU-Kapitalgesellschaften (kein Verbot des Direktzugriffs; keine Notwendigkeit zur Einhaltung der Antragsfrist nach § 27 Abs. 8 KStG). Würde § 27 KStG hingegen nunmehr als abschließende Regelung für Kapitalrückzahlungen außerhalb einer Herabsetzung des Nennkapitals verstanden, käme es gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei Drittstaaten-Körperschaften zu einer systemwidrigen Besteuerung von zurückgezahlten Einlagen, und zwar (bezogen auf das Streitjahr 2008) nicht stets nur in Form des Ansatzes nichtabziehbarer Betriebsausgaben i.H.v. 5 % gemäß § 8b Abs. 1, Abs. 5 KStG, sondern unter Umständen auch zu einer deutlich höheren Besteuerung nach Maßgabe des Halbeinkünfteverfahrens, falls es sich bei dem Gesellschafter um eine natürliche Personen handelt. Ob aufgrund dessen einfachgesetzlich der Schluss zu ziehen ist, dass es mangels einer eindeutigen Regelung für Drittstaaten-Gesellschaften bei den bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen verbleibt (so i. Erg. FG Nürnberg vom 12.06.2013 5 K 1552/11, EFG 2014, 188, Rev. VIII R 47/13; Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.09.2012 8 K 179/10, EFG 2013, 2002; Sedemund/Fischer, BB 2008, 1656; Graf, NZG 2011, 379; Peschke/Herrmann, IStR 14, 371; Bauschatz in Gosch, KStG, 3. Aufl., § 27 Rz. 48; Nordmeyer in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 27 Rz. 171; Antweiler in Ernst & Young, KStG, § 27 Rz. 374), oder ob die bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze zwar weiterhin anzuwenden, aber in Anlehnung an die in § 27 Abs. 1 Sätze 3, 5 KStG vorgesehene Zugriffsreihenfolge zu modifizieren sind (so Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG § 27 Rz. 220 f.), oder ob § 27 KStG als abschließende Regelung für Kapitalrückzahlungen außerhalb einer Herabsetzung des Nennkapitals anzusehen ist (so Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 27 KStG Rz. 267; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 27 Rz. 128; Oellerich in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 27 KStG, Rz. 81), kann im Streitfall offen bleiben. Denn selbst wenn einfachgesetzlich die letztgenannte Auslegung zutreffend wäre, würde die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 EGV (jetzt Art. 63 AEUV) eine geltungserhaltende Reduktion des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 27 KStG dahingehend gebieten, dass in den Fällen, in denen einen Drittstaaten-Kapitalgesellschaft nachweislich über keine ausschüttungsfähigen Gewinne verfügt, eine Kapitalrückzahlung erfolgsneutral mit dem Buchwert der Beteiligung zu verrechnen ist (vgl. dazu nachfolgend unter III. 4.).

4. Die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. § 56 EGV (jetzt 63 AEUV) erfordert eine Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 27 KStG dahingehend, dass Kapitalrückzahlungen einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft, die nachweislich über keine ausschüttungsfähigen Gewinne verfügt, wie entsprechende Ausschüttungen von im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften oder von im EU-Ausland ansässigen Kapitalgesellschaften bei dem inländischen Gesellschafter erfolgsneutral mit dem Buchwert der Beteiligung verrechnet werden können.

a) Die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV, Art. 63 AEUV) gewährleistet den freien Kapital- und Zahlungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten (Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, 4.46 ff.). Allerdings werden durch Art. 57 Abs. 1 EGV (jetzt Art. 64 Abs. 1 AEUV) solche auf Drittstaaten bezogene Beschränkungen ausgenommen, die bereits zum 31.12.1993 im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestanden (sog. Stand-still-Klausel). Für die Abgrenzung der Kapitalverkehrsfreiheit von der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV, Art. 49 AEUV) ist nach gefestigter EuGH-Rechtsprechung auf den Gegenstand der betreffenden Regelung (abstrakter Normgegenstand) abzustellen. Eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeit zu bestimmen (Kontrollbeteiligung bzw. Direktinvestition), fällt in den Anwendungsbereich des Art. 43 EGV (jetzt Art. 49 AEUV) über die Niederlassungsfreiheit, während nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll (Streubesitzbeteiligung bzw. Portfoliobeteiligung), ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen sind (EuGH-Entscheidungen vom 11.09.2014 Rs. C-47/12, IStR 2014, 724 – Kronos International Inc. –, Rz. 29 ff., m.w.N.; vom 10.06.2015 Rs. C-686/13, IStR 2015, 557 – X AB –, Rz. 18 ff.). Nur bei innergemeinschaftlichen Sachverhalten soll u.U. auch die tatsächliche Beteiligungshöhe zu berücksichtigen sein, wenn der Gegenstand der in Rede stehenden Rechtsvorschriften es nicht ermöglicht zu bestimmen, ob sie vorwiegend unter Art. 43 EGV (jetzt Art. 49 AEUV) oder unter Art. 56 EGV (jetzt Art. 63 AEUV) fallen (EuGH-Entscheidungen vom 11.09.2014 Rs. C-47/12, IStR 2014, 724, – Kronos International Inc. –, Rz. 37 ff., m.w.N.; vom 10.06.2015 Rs. C-686/13, IStR 2015, 557 – X AB – Rz. 22 ff.).

b) § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und § 27 KStG betreffen die Abgrenzung zwischen einer Gewinnausschüttung und einer Einlagenrückgewähr. Die Normen knüpfen nicht an eine bestimmte Beteiligungshöhe an. Deshalb ist im vorliegenden Streitfall der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit grundsätzlich eröffnet. Auch kommt die Stand-still-Klausel nicht zum Zuge, weil zumindest im zeitlichen Anwendungsbereich des Anrechnungsverfahrens eine erfolgsneutrale Einlagenrückgewähr auch durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften möglich war (vgl. unter III.3.a) und diese Möglichkeit allenfalls (frühestens) mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens bzw. mit der Neufassung des § 27 KStG durch das SEStEG entfallen ist.

c) Der Ausschluss der Drittstaaten-Kapitalgesellschaften von der Möglichkeit einer erfolgsneutralen Einlagenrückgewähr würde Drittstaaten-Investitionen bzw. die Gesellschafter von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften im Vergleich zu inländischen oder EU-Sachverhalten benachteiligen.

d) Rechtfertigungsgründe für eine derartige Benachteiligung sind nicht ersichtlich.

Die Grundfreiheiten des EGV (jetzt AEUV) können zwar eingeschränkt werden, wenn zwingende Gründe des Allgemeininteresses dies gebieten. Die Beschränkung muss aber geeignet sein, die Erreichung des erfolgten Ziels zu gewährleisten und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist (vgl. EuGH-Entscheidung vom 18.10.2012 Rs. C-498/10, IStR 13, 26 – X NV –).

In Bezug auf die vorliegend in Rede stehenden Vorschriften des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 27 KStG mag es zwar gerechtfertigt sein, in Drittstaaten-Sachverhalten hohe Anforderungen an den Nachweis einer Einlagenrückgewähr i.S. der für Inlandssachverhalte geltenden sachlichen Kriterien des § 27 Abs. 1 Sätze 3, 5 KStG zu stellen. Es sind jedoch keine hinreichend tragfähigen Gründe erkennbar, die es vertretbar erscheinen lassen könnten, dem inländischen Gesellschafter (wie hier der Klägerin) einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft (wie hier der A Inc.) von vornherein die Möglichkeit abzuschneiden, eine derartige Einlagenrückgewähr nachzuweisen.

e) Führt – wie im vorliegenden Streitfall – die einfachgesetzliche Auslegung einer Norm zu keinem eindeutigen Ergebnis und verstößt eine der denkbaren Auslegungsmöglichkeiten gegen die Grundfreiheiten des EGV (bzw. jetzt des AEUV), so ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts der Auslegungsmöglichkeit der Vorzug zu geben, die mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. auch allgemein zur Auslegung i.S. einer geltungserhaltenden Reduktion BFH-Urteile vom 05.05.2010 I R 104/08, BFH/NV 2010, 2043; vom 02.07.2014 I R 57/12, BFH/NV 2015, 11). Dementsprechend ist § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts dergestalt auszulegen, dass Kapitalrückzahlungen von Drittstaaten-Gesellschaften, die über keine ausschüttungsfähigen Gewinne verfügen, erfolgsneutral unter Verrechnung mit dem Buchwert der Beteiligung zu erfassen sind, sofern der Gesellschafter den entsprechenden Sachverhalt nachweist.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist dieser Nachweis nicht zwingend nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Regelungen des § 27 Abs. 8 KStG zu führen. Diese gelten eindeutig nur für EU-Kapitalgesellschaften und sind – wie bereits dargelegt – mangels einer versehentlichen Regelungslücke auch nicht analog anwendbar. Dementsprechend ist die Entscheidung des Bundeszentralamtes für Steuern, welche sich ausschließlich auf die Anwendung des § 27 Abs. 8 KStG bezieht, nicht vorgreiflich für das vorliegende Klageverfahren (vgl. zur Anwendung spezieller Verfahrens- und Zuständigkeitsfragen – wenngleich dort in einem anderen Zusammenhang – BFH-Urteil vom 26.06.2013 I R 48/12, BFHE 242, 195, BStBl II 2014, 367).

5. Im Streitfall hat die Klägerin nachgewiesen, dass die in Rede stehende Leistung der A Inc. i.H.v. 1.000.000 US-$ eine Kapitalrückführung und keine Gewinnausschüttung ist. Dies folgt bereits daraus, dass die A Inc. in den Jahren 2007 und 2008 über keine ausschüttungsfähigen Gewinne, Gewinnvorträge oder aus Gewinnen gebildete Kapitalrücklagen verfügte. Darüber hinaus hat die Klägerin ein – wenngleich zu einem anderen Verfahren erstelltes – Gutachten zum amerikanischen Recht vorgelegt, wonach im amerikanischen Recht nur dann von einer Gewinnausschüttung/Dividende ausgegangen wird, wenn das Unternehmen über Einkünfte und Profite verfügt. Des Weiteren sprechen die von der A Inc. in den USA abgegebenen und unstreitig unbeanstandet gebliebenen Steuererklärungen, in denen die Leistung der A Inc. als „Return of capital“ und zu 100 % „Nontaxable“ bezeichnet wurden, für eine Kapitalrückzahlung. Dementsprechend sind die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend von einer Kapitalrückzahlung ausgegangen. Weitere Ausführungen erübrigen sich deshalb dazu.

Des Weiteren ist im Streitfall eine Verrechnung der Kapitalrückführung mit den Anschaffungskosten sowie mit dem steuerlichen Buchwert der Beteiligung der Klägerin an der A Inc. möglich und von der Klägerin beantragt, so dass auch insoweit einer erfolgsneutralen Erfassung der Kapitalrückführung keine Hinderungsgründe entgegenstehen.

IV. Die Berechnung der festgesetzten Körperschaftsteuer 2008 wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

VI. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3, § 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

VII. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.

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