FG Hamburg: Kein steuerfreier Sanierungsgewinn bei Erlass einer Forderung aus ausschließlich eigennützigem Interesse des Gläubigers
FG Hamburg, Urteil vom 12.6.2020 – 5 K 160/17
– Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt – BFH-Az. X B 63/20
Volltext:BB-ONLINE BBL2021-1684-5
Leitsätze
1. Zur Auslegung des § 3a EStG können sowohl die zu § 3 Nr. 66 EStG alte Fassung (a. F.) als auch die zum sogenannten Sanierungserlass ergangene Rechtsprechung und Verwaltungspraxis herangezogen werden.
2. Ein steuerfreier Sanierungsertrag im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EStG liegt nicht vor, wenn es dem Gläubiger an der erforderlichen Sanierungsabsicht fehlt. Ein Gläubiger hat jedenfalls dann keine Sanierungsabsicht, wenn er die Forderung erlässt, weil es ihm allein auf die Erzielung möglichst hoher Erträge aus der Abwicklung eines Kreditengagements ankommt. Ein Erlass oder eine Stundung der aus dem steuerpflichtigen Sanierungsertrag resultierenden Steuern kommt dann aufgrund des bloßen Forderungserlasses nicht in Betracht.
§ 3a Abs 1 S 1 EStG 2009 vom 27.06.2017, § 3a Abs 2 EStG 2009 vom 27.06.2017, § 52 Abs 4a S 3 EStG 2009, § 227 AO, § 222 S 1 AO, EStG VZ 2010, EStG VZ 2013
Sachverhalt
Der Kläger begehrt in erster Linie die Änderung von Einkommensteuerbescheiden für 2010 und 2013, weil ein Gläubiger ihm Forderungen erließ und der daraus resultierende Gewinn nach Ansicht des Klägers als Sanierungsertrag steuerfrei zu stellen ist. Hilfsweise begehrt der Kläger den Erlass bzw. die Stundung der entsprechenden Steueransprüche.
Der im ... 1945 geborene, verheiratete Kläger ist seit ... 1991 als ... selbständig tätig. In den Streitjahren ermittelte er seinen Gewinn als ... durch Bestandsvergleich. Seine im ... 1949 geborene Ehefrau ist nicht erwerbstätig.
Von 1993 bis 1995 erwarb der Kläger in der Stadt A mindestens vier Mietwohngrundstücke, um sie zu sanieren. Anschließend wollte er die Immobilien an Geschäftspartner veräußern, wobei ihm nach seinen Angaben die Geschäftspartner in nicht bindender Form zugesagt hatten, die Immobilien zu erwerben. Später nahmen die Geschäftspartner nach Angaben des Klägers von ihren Erwerbszusagen Abstand.
Die Immobilien wurden im Wesentlichen von der Bank B (jetzt: Bank C) finanziert.
Die Bank B kündigte die Geschäftsverbindung mit dem Kläger im Dezember 1998 und stellte ihre Gesamtforderung gegen den Kläger in Höhe von ca. 9 Millionen DM sofort fällig. Auf das Schreiben der Bank B vom ... wird Bezug genommen.
Im Jahr 2001 buchte die Bank C bestimmte Darlehen, für die die Grundpfandrechte auf den Immobilien in A als Sicherheit dienten, auf ein Abwicklungskonto.
Mit Schreiben vom ... 2010 teilte die Bank C mit, dass sie bereit sei, nach Zahlung eines Ablösebetrages in Höhe von insgesamt 960.000 € bis zum 31. Juli 2010 die auf den verbliebenen Objekten für sie eingetragenen Grundpfandrechte freizugeben. Nach Eingang des Ablösebetrages würden aus den abgetretenen Miet-/Pachtzinsforderungen keine weiteren Rechte mehr hergeleitet. Bedingung sei der Eingang des Ablösebetrages bis zum 31. Juli 2010.
Nach Verhandlungen mit dem Kläger modifizierte die Bank C mit Schreiben vom ... 2010 den Vergleichsvorschlag dahingehend, dass der gesamte Betrag in Höhe von 960.000 € bis zum 31. August 2010 vollständig eingegangen sein müsse.
Die letzten vier Objekte des Klägers wurden mit Kaufverträgen vom ... 2010, ... 2010 (zwei Kaufverträge) und vom ... 2010 verkauft. Der Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten erfolgte am ... 2010, ... 2010 sowie für die letzten beiden Objekte am ... 2010.
Aus den Kaufpreisen wurde ein Betrag in Höhe von insgesamt 945.000 € an die Bank C gezahlt. Die Bank C teilte mit Schreiben vom ... 2010 dem Kläger mit, dass Generalquittung erst nach Eingang eines Gesamtablösebetrages in Höhe von 960.000 € erteilt werden könne, sodass noch ein Restbetrag in Höhe von 15.000 € zu zahlen sei, bevor die Restforderung erlassen werde.
Mit Schreiben vom ... Dezember 2011 bat die Bank C um Zahlung des noch offenen Restbetrages in Höhe von 15.000 € bis spätestens zum 29. Februar 2012. Erst wenn dieser Betrag eingegangen sei, werde hinsichtlich der dort noch offenen Restforderung Generalquittung erteilt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben der Bank C vom ... 2010, ... 2010, ... 2010 und ... 2011 verwiesen.
Der Kläger befand sich ausweislich eines Liquiditätsprüfungsberichts des Finanzamtes Hamburg-1 aus April 2011 jedenfalls seit 2008 mit sechsstelligen Beträgen (Einkommensteuer[-Vorauszahlungen], Umsatzsteuer) bei dem Beklagten in Vollstreckung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Liquiditätsprüfungsbericht vom ... 2011 verwiesen.
Am ... Dezember 2011 erfolgte eine Besprechung zwischen dem Kläger, dem Zeugen D und dem Beklagten. Dabei sollte die bisherige Vollstreckungsregelung mit dem Beklagten - eine Gesamtabtretung der Forderungen des Klägers gegen seinen Hauptauftraggeber mit monatlicher Freigabe des Beklagten für die laufenden Geschäftsausgaben und übrigen Verbindlichkeiten - bereits seit der abgeschlossenen Liquiditätsprüfung einem allgemeinen Regulierungsplan unter Einbeziehung der Gläubiger des Klägers weichen. Der Beklagte erstellte hierfür eine Formulierungshilfe für den Kläger.
Der Beklagte stimmte - wie unter anderem (u. a.) auch die Bank C, die mit einem einmaligen Zahlbetrag in Höhe von 15.000 € aufgeführt war, aber letztlich nicht alle im Regulierungsplan erwähnten Gläubiger des Klägers - dem Regulierungsplan Anfang Februar 2012 zu.
Der Kläger zahlte an die Bank C in dem Zeitraum von Juni 2012 bis Anfang März 2013 insgesamt 11.000 €.
Mit Schreiben vom ... April 2013 schlug der Kläger dem Beklagten zur Regulierung seiner Gesamtverbindlichkeiten im Rahmen eines Sanierungskonzeptes einen neuen Regulierungsplan vor. Der Beklagte stimmte dem Regulierungsplan am ... April 2013 zu. Sämtliche anderen Gläubiger, die in dem Regulierungsplan aufgeführt waren, stimmten dem Regulierungsplan im April 2013 zu. Auch die Bank C, für die im Regulierungsplan ein einmaliger Zahlbetrag in Höhe von 4.000 € bei einer Verbindlichkeit des Klägers ihr gegenüber in Höhe von 1.059.978,43 € vorgesehen war, stimmte zu.
Der Kläger zahlte den Betrag in Höhe von 4.000 €, der für die Bank C vorgesehen war, in Raten vom 9. April 2013 bis zum 1. Juli 2013.
Im steuerlichen Festsetzungsverfahren reichte der Kläger am ... 2011 seine Einkommensteuererklärung für 2010 ein, in der er u. a. einen Gewinn aus seiner ...tätigkeit in Höhe von 41.187 € erklärte.
Den Jahresabschluss seines Grundstückshandels zum 31. Dezember 2010, den der Kläger am ... 2013 festgestellt hatte, reichte der Kläger am ... 2013 ein. In dem Jahresabschluss wies er u. a. Verbindlichkeiten gegenüber der Bank C in Höhe von insgesamt 1.024.414,47 € aus. Den Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke behandelte er als laufenden Gewinn. Aus seinem gewerblichen Grundstückshandel erklärte er für 2010 einen Gewinn in Höhe von insgesamt 351.146 €.
Der Beklagte erließ am ... 2013 einen Einkommensteuerbescheid für 2010 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, in dem er den erklärten Gewinn des Klägers aus dessen Grundstückshandel berücksichtigte.
In seiner Einkommensteuererklärung für 2012, die der Kläger im November 2014 einreichte, erklärte er u. a. einen Gewinn aus seiner ...tätigkeit in Höhe von 163.130 €.
Am ... 2015 reichte der Kläger die Einkommensteuererklärung für 2013 ein. Für seine ...tätigkeit erklärte er einen Gewinn in Höhe von 93.913 €. Des Weiteren erklärte er einen Gewinn aus der Aufgabe seines Grundstückshandels zum 31. Juli 2013, wobei er den Forderungserlass berücksichtigte.
Der Beklagte war jedoch der Auffassung, der Forderungserlass sei als rückwirkendes Ereignis im Veranlagungszeitraum 2010 zu berücksichtigen, da der Kläger in diesem Veranlagungszeitraum wegen der seinerzeit erfolgten Veräußerung der Immobilien seinen gewerblichen Betrieb "Grundstückshandel" aufgegeben hätte. Der Beklagte ermittelte einen Aufgabegewinn zum 31. Dezember 2010 in Höhe von insgesamt 1.016.104,94 €. Den Betrag, um den der Forderungserlass den im Rahmen der Betriebsaufgabe berücksichtigten Forderungsbetrag der Bank C per 31. Dezember 2010 überstieg, nämlich 31.116,31 €, berücksichtigte der Beklagte als laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb im Jahr 2013.
Dementsprechend erließ der Beklagte am ... Dezember 2015 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010, in dem er einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.016.105 € berücksichtigte und den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob.
Ebenfalls am ... Dezember 2015 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid für 2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, wobei er dem erklärten Verlust aus dem Grundstückshandel in Höhe von 8.371 € einen laufenden Gewinn in Höhe von 31.116 € hinzurechnete und damit einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 22.745 € zugrunde legte. Zugleich setzte der Beklagte Verspätungszuschlag, Solidaritätszuschlag und Zinsen fest. Es verblieb eine Zahllast nur für die Einkommensteuer 2013 in Höhe von 27.431 €.
Am ... Januar 2016 legte der Kläger u. a. gegen die Einkommensteuerbescheide 2010 und 2013 vom ... Dezember 2015 Einspruch ein. In dem Einspruchsschreiben bezog sich die steuerliche Bevollmächtigte des Klägers hinsichtlich des Bescheides für 2010 auf ein Telefonat mit der Sachbearbeiterin des Beklagten, in dem die steuerliche Bevollmächtigte des Klägers den besonderen Steuersatz für den Veräußerungsgewinn/Aufgabegewinn begehrt hatte.
Der Beklagte berücksichtigte für den Aufgabegewinn im Jahr 2010 die ermäßigte Besteuerung und erließ am ... Januar 2016 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010, wobei er zugleich Zinsen und Solidaritätszuschlag festsetzte. In den Erläuterungen des Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass der Antrag im Sinne des § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entsprechend des Telefonats vom ... Januar 2016 berücksichtigt worden sei. Auf den "Aufgabegewinn" entfiel eine Einkommensteuer in Höhe von 243.189 €. Abzüglich einer Zahlung vom Dezember 2015 verblieb eine Zahllast zum Fälligkeitstag Ende Januar 2016 für die Einkommensteuer 2010 in Höhe von insgesamt 214.894,24 € und für den Solidaritätszuschlag in Höhe von 11.935,96 €.
Den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom ... Dezember 2015 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom ... Juni 2016 zurück. Eine Äußerung zum Vorbehalt der Nachprüfung enthielt die Einspruchsentscheidung nicht. Klage wurde hiergegen nicht erhoben.
Im steuerlichen Erhebungsverfahren wurde auf die Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber dem Beklagten im Dezember 2013 ein Betrag in Höhe von 368.726,77 € gezahlt. Dieser Betrag resultierte aus der Veräußerung eines Grundstücks (X-Weg, ... Hamburg), das der Ehefrau des Klägers allein gehörte und auf dem sich u. a. das ...büro des Klägers befindet, an die gemeinsame Tochter im Jahr 2013.
Am ... 2016 erfolgte eine fruchtlose Pfändung, wobei der Vollziehungsbeamte die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers feststellte. Der Kläger gab dort lediglich seine selbständige Tätigkeit als ..., ein Konto bei der Bank E und ein ihm hälftig gehörendes Grundstück (Y-Straße, ... Hamburg) an.
Am ... November 2016 beantragte der Kläger bei dem Beklagten in einem Schreiben, in dem er sich gegen einen Antrag des Beklagten auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wendete, ihm eine angemessene Teilzahlungsvereinbarung zu gewähren. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 29. November 2016 ab. Am 6. Januar 2017 legte der Kläger Einspruch u. a. mit dem Begehren ein, die Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2010 zu stunden. Am 15. Februar 2017 modifizierte der Kläger seinen Stundungsantrag, indem er u. a. beantragte, die rückständigen Steuerforderungen unter bestimmten Bedingungen gegen quartalsweise zu leistende Ratenzahlungen in Höhe von jeweils rund 30.000 € bis zum 31. Dezember 2018 zu stunden.
Nach einer im März 2017 eingereichten Einkommens- und Vermögensübersicht erzielte der Kläger nach eigenen Angaben monatliche Nettoeinnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 17.000 € und hatte er Rentenansprüche in Höhe von monatlich 2.759 €. Dem standen private Ausgaben in Höhe von insgesamt 3.196 € gegenüber, die sich aus monatlichen Hauskosten inkl. Energiekosten in Höhe von ca. ... €, Krankenversicherungskosten in Höhe von monatlich ... €, Darlehenszinsen in Höhe von ... € sowie monatlichen Lebensführungskosten in Höhe von ... € (inkl. Telefon) zusammensetzten, so dass dem Kläger monatlich ein Betrag in Höhe von 16.563 € verblieb. Per 31. Dezember 2016 hatte der Kläger nach seinen Angaben Guthaben auf Privat-Girokonten in Höhe von ... €, die zum 1. März 2017 noch ... € betrugen. Als weiteres einziges Vermögen wies der Kläger auf das seinerzeit mit seiner Ehefrau selbst bewohnte Reihenhausgrundstück (Y-Straße) mit einem behaupteten Verkehrswert von ca. 360.000 € nebst valutierender Belastung in Höhe von ca. 53.500 € hin. Der Kläger unterbreitete zugleich einen Tilgungsvorschlag von 30.000 € pro Quartal.
Im Juni 2017 reichte der Kläger seine Einkommensteuererklärung für 2014 ein, in der er u. a. einen Gewinn aus seiner ...tätigkeit in Höhe von 173.257 € erklärte.
Mit Einspruchsentscheidung vom 15. September 2017 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers gegen die Ablehnung der Stundung "für Steuerrückstände im wesentlichen [sic] aus dem Jahr 2010" zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, es fehle an der Stundungswürdigkeit des Klägers. Ferner sei auch der Steueranspruch gefährdet.
Der Kläger hatte zuvor am 4. Mai 2017 beantragt, die mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom 25. Januar 2016 festgesetzte Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag zu erlassen, "soweit diese ... auf dem ... Forderungserlass der Bank C" beruhten.
Mit Bescheid vom 15. September 2017 lehnte der Beklagte den beantragten Erlass ab. Zur Begründung führte er allein aus, die Voraussetzungen des sogenannten Sanierungserlasses (Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 27. März 2003, IV A 6 - S 2140-8/03, Bundessteuerblatt Teil I - BStBl I - 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des BMF vom 22. Dezember 2009, IV C 6 - S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18) lägen nicht vor. Hiergegen legte der Kläger am 29. September 2017 Einspruch ein und trug vor, auch der entsprechende Teil der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags für 2013 sei zu erlassen. Gleiches gelte für die Säumnis- und Verspätungszuschläge sowie die "Verzugszinsen", die auf diese Steuerforderungen berechnet seien.
Am 18. Oktober 2017 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er zunächst die Verpflichtung des Beklagten begehrt hat, die Einkommensteuerforderungen und den Solidaritätszuschlag für 2010 und 2013, soweit diese auf dem Forderungserlass beruhten, sowie die "darauf berechneten Säumniszuschläge, Verspätungszuschläge und Zinsen" zu erlassen, "hilfsweise mit dem Ziel des Erlasses unter Widerrufsvorbehalt zu stunden", weiter "hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger hinsichtlich" der nach Auffassung des Klägers zu erlassenden Steuerforderungen "- notfalls gegen Sicherheitsleistung - eine angemessene Ratenzahlung zu bewilligen".
Der Kläger leistete nach Erlass der hier streitigen Bescheide auf Einkommensteuer 2010 ab März 2016 bis einschließlich Dezember 2016 Zahlungen in Höhe von insgesamt 61.014,56 €. Im August 2017 wurde ein Betrag in Höhe von insgesamt 9.052,18 € auf die Einkommensteuer 2010 umgebucht, so dass per 6. Dezember 2017 eine Restschuld in Höhe von 144.827,50 € offen war. Im Mai 2016 erfolgte eine Zahlung in Höhe von 20.000 € auf die Einkommensteuer 2013. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den im Erörterungstermin vom 11. Dezember 2017 zum Verfahren ... eingereichten Kontoauszug der Steuerkasse Hamburg vom 6. Dezember 2017 verwiesen. Weitere Zahlungen auf die hier streitigen Steuern erfolgten bis zum 12. März 2018 nicht.
Während des Klageverfahrens wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. März 2018 den Einspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15. September 2017 über die Ablehnung des Antrages auf Teilerlass "von mit Bescheid vom 25. Januar 2016 festgesetzter Einkommensteuer sowie Solidaritätszuschlag für den Veranlagungszeitraum ... 2010" zurück.
In der Begründung der Einspruchsentscheidung führte der Beklagte aus, dass keine sachliche Unbilligkeit vorliege, weil die Voraussetzungen des Sanierungserlasses nicht vorlägen. Es komme zudem nicht darauf an, ob der Beklagte im Fall eines Insolvenzverfahrens mit einer geringeren Befriedigungsquote hätte rechnen müssen. Ein Insolvenzverfahren sei tatsächlich nicht eröffnet worden, so dass diesbezügliche hypothetische Überlegungen außer Betracht blieben. Im Übrigen könne das Finanzamt auch dann einen Insolvenzantrag stellen, wenn es der einzige Gläubiger sei, da anderenfalls die Regelungen über das Insolvenzverfahren überflüssig wären. Des Weiteren sei der Kläger weder erlassbedürftig noch erlasswürdig. Es sei nicht ersichtlich, dass dem Kläger die Mittel fehlten, um seinen notwendigen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Auch in einem möglichen Insolvenzverfahren blieben dem Kläger derartige Mittel. Ferner hätte sich der Kläger auf die Zahlungstermine der Steuerforderungen einstellen können, da ihm die Entstehung eines Gewinns aufgrund des Forderungserlasses bewusst gewesen sei. Auch habe der Kläger wiederholt erheblich verspätet seine Steuererklärungen eingereicht.
Die Frage, ob Sanierungsgewinne zu erlassen sind, war Gegenstand gerichtlicher Verfahren und gesetzgeberischer Reaktionen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied mit Beschluss vom 28. November 2016 (GrS 1/15), der am 8. Februar 2017 veröffentlicht wurde, dass der sogenannte Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt und danach auf dieser Grundlage Steuern nicht erlassen werden dürfen.
Durch Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (Bundesgesetzblatt Teil I - BGBl I - 2017, 2074, verkündet am 4. Juli 2017) wurde sodann § 3a des Einkommensteuergesetzes (EStG) eingeführt, der die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen regelt und auf alle Fälle angewendet werden sollte, in denen die Schulden nach dem 8. Februar 2017 ganz oder teilweise erlassen wurden (§ 52 Abs. 4a EStG in der Fassung des Gesetzes vom 27. Juni 2017). Die Vorschrift sollte an dem Tag in Kraft treten, an dem die Europäische Kommission durch Beschluss feststellt, dass diese Regelung entweder keine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) oder eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe darstellt (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017).
Für Fälle, in denen die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden (sogenannte "Altfälle"), sollte nach Auffassung der Finanzverwaltung der sogenannte Sanierungserlass weiter gelten (BMF, Schreiben vom 27. April 2017, IV C 6-S 2140/13/10003, BStBl I 2017, 741; so auch Bundestags-Drucksache - BT-Drs. - 18/12128, S. 33).
Diese Auffassung der Finanzverwaltung verwarf der BFH mit Urteilen vom 23. August 2017 (I R 52/14 und X R 38/15). Die Finanzverwaltung blieb bei ihrer Auffassung (BMF-Schreiben vom 29. März 2018, IV C 6-S 2140/13/10003, BStBl I 2018, 588), die der BFH mit Beschlüssen vom 16. April 2018 (X B 13/18) und vom 8. Mai 2018 (VIII B 124/17) erneut verwarf.
Durch Art. 2 Nr. 5 Buchst. b des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2018 (BGBl I 2018, 2338 [2340]) wurde schließlich in § 52a Abs. 4a EStG folgender Satz angefügt: "Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist § 3a auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden." § 52a Abs. 4a EStG trat am 15. Dezember 2018 in Kraft (Art. 20 Abs. 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018, BGBl I 2018, 2338). § 3a EStG in der Fassung des Gesetzes vom 27. Juni 2017 trat am 5. Juli 2017 in Kraft (Art. 19 Satz 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018).
Im Vorgriff auf das zu verkündende Gesetz zur Anwendung des § 3a EStG auf sogenannte Altfälle beantragte der Kläger am 3. Dezember 2018, die Einkommensteuerbescheide 2010 und 2013 in der Weise zu ändern, dass der Gewinn aus dem Forderungsverzicht steuerfrei gestellt wird.
Der Beklagte lehnte den Antrag auf Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen für 2010 und 2013 mit Bescheid vom 19. Februar 2019 ab. Mit Schreiben vom 21. Februar 2019, bei dem Beklagten eingegangen am 22. Februar 2019, legte der Kläger hiergegen Einspruch ein.
Mit Schriftsatz vom 13. März 2019 hat der Kläger im Wege der Klageänderung beantragt, den Ablehnungsbescheid aufzuheben und die Einkommensteuer 2010 und 2013 unter Berücksichtigung einer Steuerfreiheit des Forderungserlasses neu festzusetzen.
Der Beklagte wies den Einspruch gegen die Ablehnung der Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen 2010 und 2013 mit Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2019 zurück.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger nunmehr in erster Linie eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen für 2010 und 2013, wobei seiner Auffassung nach der Gewinn aus dem Forderungserlass der Bank C steuerfrei zu stellen ist.
Die Klageänderung sei sachdienlich, weil sich das Ziel der Klage in der Sache nicht ändere.
Die Festsetzungen könnten erfolgen, da noch keine Festsetzungsverjährung, insbesondere hinsichtlich der Einkommensteuer 2010, eingetreten sei.
Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 21. Dezember 2015, mit dem die Bilanz für 2010 hinsichtlich des Wertansatzes für die Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Bank C erstmals korrigiert worden sei, sei als rückwirkendes Ereignis anzusehen, so dass die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des 31. Dezember 2015 begonnen habe. Zudem sei die Steuer, soweit sie auf den Sanierungsgewinn entfalle, erst mit der Wirksamkeit des Erlasses im Kalenderjahr 2013 entstanden. Die Anlaufhemmung ende erst mit Ablauf des 31. Dezember 2015, da er, der Kläger, die Einkommensteuererklärung, auf deren Grundlage der Beklagte den Wertansatz für die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Bank C, die in der Bilanz des gewerblichen Grundstückshandels für 2010 ausgewiesen waren, geändert habe, erstmals im Jahr 2015 eingereicht habe. Zudem habe der Kläger stets begehrt, von den Steuern befreit zu werden, die auf den Sanierungsgewinn entfielen, und hemme daher die Klage, die am 18. Oktober 2017 erhoben wurde, den Ablauf der Festsetzungsfrist in analoger Anwendung der Regelungen zur Ablaufhemmung bei Einspruchseinlegung oder Klageerhebung.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3a EStG lägen vor.
Hilfsweise verfolgt der Kläger mit seiner Klage den Erlass der Steuerforderungen, soweit sie auf dem Forderungserlass der Bank C beruhen.
Es handele sich insoweit um einen begünstigten Sanierungsgewinn. Die Bank C habe sich mit der Vereinbarung über den Erlass erhofft, einen deutlich höheren Erlös als aus etwaigen Zwangsversteigerungen zu erzielen. Er, der Kläger, habe ohne den Erlass durch die Bank C sein ...büro nicht fortführen können.
Zudem liege im Übrigen auch deshalb eine sachliche Unbilligkeit vor, weil der hohen Steuerschuld kein Zuwachs an Leistungsfähigkeit zugrunde liege. Des Weiteren widerspreche es dem Zweck des Steuererhebungsverfahrens, wenn der Fiskus als einziger Gläubiger ein Insolvenzverfahren erzwinge und sich durch den dadurch bedingten Verlust eines Steuerschuldners die Einnahmen des Staates verringerten. Er, der Kläger, könne die laufenden Steuerschulden tilgen. Die Steuererhebung führe im Streitfall nur zur Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz des Klägers.
Ihm, dem Kläger, sei die Steuer auch aus persönlichen Billigkeitsgründen zu erlassen. Er habe letztlich sein gesamtes Vermögen einschließlich seiner Altersvorsorge veräußert. Ihm blieben neben seiner wirtschaftlichen Tätigkeit als ... noch Rentenzahlungen in Höhe von ca. 25.000 € jährlich (Gesamtbetrag des steuerfreien und steuerpflichtigen Teils). Mit Schriftsatz vom 29. September 2017 in dem Verfahren ... hat der Kläger vorgetragen, sein Gewinn als ... habe 43.396 € im Jahr 2011, 163.130 € im Jahr 2012, 93.913 € im Jahr 2013, 173.250 € im Jahr 2014 und 110.780 € im Jahr 2015 betragen. Insgesamt werde danach trotz eines Nettojahreseinkommens im Kalenderjahr 2015 von 70.000 € bis 75.000 € seine wirtschaftliche Existenz durch die Steuerforderungen bedroht. Ein Erlass käme nur dem Kläger und keinem anderen Gläubiger zugute. Nicht zuletzt sei der Kläger angesichts seines Alters bereits überobligationsmäßig erwerbstätig und habe der Beklagte im Jahr 2013 aus dem Verkauf des Grundstücks seiner Ehefrau (X-Weg) an die gemeinsame Tochter, von wo aus er, der Kläger, seine Tätigkeit als ... betreibe, Beträge erhalten, die der Beklagte sonst nicht erhalten hätte. Auch aus dem im November 2018 erfolgten Verkauf des seinerzeit selbstbewohnten Reihenhausgrundstücks (Y-Straße) habe der Beklagte erhebliche Beträge erhalten. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die verspätet eingereichten Erklärungen der seinerzeitigen Situation mit den Grundstücksangelegenheiten geschuldet seien.
Weiterhin hilfsweise seien ihm, dem Kläger, die entsprechenden Steueransprüche mit dem Ziel des Erlasses zu stunden, hilfsweise die entsprechenden Steuerforderungen gegen eine angemessene Ratenzahlung zu stunden.
Die Einziehung bedeute für ihn eine unbillige Härte. Allerdings dürften die Raten seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht überfordern. Zudem seien bei der Bemessung etwaiger Raten die schon geleisteten Zahlungen einzubeziehen und sei für den Fall der Aufgabe der ...tätigkeit die Herabsetzung der Raten erforderlich. Aufgrund des Forderungserlasses seien ihm, dem Kläger, keine Mittel zugeflossen, mit denen er die Steuerforderungen hätte begleichen können. Die übrigen Verbindlichkeiten würden durch Ratenzahlungen infolge des Regulierungsplans erfüllt.
Der Beklagte hat aus hier nicht streitigen Gründen am 12. Oktober 2018 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2013 erlassen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 19. Februar 2019 über die Ablehnung der Änderungsfestsetzung der Einkommensteuer 2010 und 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2019 aufzuheben
und den Beklagten zu verpflichten, die Bescheide über Einkommensteuer 2010 vom 25. Januar 2016 und über Einkommensteuer 2013 vom 12. Oktober 2018 in der Weise zu ändern, dass bei der Einkommensteuer 2010 der "Veräußerungsgewinn" in Höhe von 1.016.105 € und bei der Einkommensteuer 2013 die saldierten Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 22.745 € unberücksichtigt bleiben,
hilfsweise
den Bescheid vom 15. September 2017 über die Ablehnung des Erlassantrages vom 4. Mai 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2018 aufzuheben
und den Beklagten zu verpflichten, die Einkommensteuer 2010 und 2013 gemäß Einkommensteuerbescheiden vom 25. Januar 2016 (für 2010) und vom 12. Oktober 2018 (für 2013), soweit sie für 2010 auf einem "Veräußerungsgewinn" des Klägers in Höhe von 1.016.105 € und für 2013 auf Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers in Höhe von 22.745 € beruhen, sowie den entsprechenden Solidaritätszuschlag, die entsprechenden Säumniszuschläge, Verspätungszuschläge und Zinsen zu erlassen,
hilfsweise
den Bescheid vom 29. November 2016 über die Ablehnung des Antrags auf Stundung der vorgenannten Steueransprüche vom 25. November 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2017 aufzuheben
und den Beklagten zu verpflichten, die vorgenannten Steueransprüche mit dem Ziel des Erlasses zu stunden,
hilfsweise
den Beklagten zu verpflichten, - notfalls gegen Sicherheitsleistung - die vorgenannten Steueransprüche gegen angemessene Ratenzahlung zu stunden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, die Klageänderung sei nicht sachdienlich. Eine Klage hinsichtlich Einkommensteuer 2010 sei nicht zulässig, da Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Eine Einbeziehung des Streits wegen Einkommensteuer 2013 sei nicht prozessökonomisch, da dies nicht zu einer Reduzierung des Gesamtaufwands führe. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen der Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns nicht vor.
Ein Erlass komme nicht in Betracht. Es fehle an sachlichen Billigkeitsgründen, da die Voraussetzungen des Sanierungserlasses nicht vorlägen. Persönliche Erlassgründe seien aus den Gründen der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2018 nicht gegeben.
Des Weiteren mangele es an der Stundungswürdigkeit des Klägers und sei der Steueranspruch gefährdet, wie sich aus der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2017 ergebe.
Das Gericht hat nach Einholung einer schriftlichen Auskunft der Bank C (...) Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen F (Justiziar der Bank C) und D (für die frühere Steuerberaterin des Klägers tätig), und zwar zu den Vorgängen im Zusammenhang mit der Darlehensabwicklung und dem Regulierungsplan. Auf die Protokolle der Erörterungstermine vom 11. Dezember 2017, vom 20. November 2019 sowie der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2020 und vom 12. Juni 2020 wird Bezug genommen.
...
Aus den Gründen
I.
Die Klage hat nach dem Hauptantrag keinen Erfolg.
Hinsichtlich des Hilfsantrages auf Erlass ist die Klage unzulässig, soweit der Kläger den Erlass der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags 2013 sowie der Zinsen und Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 2010 und 2013 und des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2013 begehrt. Im Übrigen sind die Hilfsanträge zwar zulässig, aber unbegründet.
II.
1. Der Hauptantrag ist zulässig.
Die Klageänderung (§ 67 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) ist zulässig.
a) Die allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen für das am 13. März 2019 geänderte Klagebegehren liegen vor. Insbesondere ist das grundsätzlich erforderliche Vorverfahren (§ 44 Abs. 1 FGO) infolge der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2019 abgeschlossen und die Klage insoweit in die Zulässigkeit "hineingewachsen".
b) Die Klageänderung ist sachdienlich im Sinne des § 67 Abs. 1 FGO.
Sachdienlich ist eine Klageänderung, wenn und soweit ihre Zulassung bei objektiver Beurteilung der zügigen Erledigung des Verfahrens dient, vor allem den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt (Herbert in Gräber, FGO, 9. Auflage - Aufl. - 2019, § 67 Randnummer - Rn. - 25, mit weiteren Nachweisen - m. w. N. -).
Dies ist vorliegend der Fall. Inhaltlich begehrt der Kläger, den Forderungserlass der Bank C im Ergebnis steuerlich unberücksichtigt zu lassen. Dies könnte durch die Steuerfreiheit im Festsetzungsverfahren gemäß § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG in Verbindung mit (i. V. m.) § 3a EStG oder durch einen - weiterhin hilfsweise begehrten - Billigkeitserlass gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) im Erhebungsverfahren erfolgen. Mit der Klageänderung würde ein weiterer gesonderter Prozess über denselben Lebenssachverhalt - Forderungserlass der Bank C gegenüber dem Kläger - vermieden werden. Ob eine Änderung der Steuerfestsetzung, sei es infolge Eintritts der Festsetzungsverjährung, sei es mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3a EStG, zu versagen ist, ist indes eine Frage der Begründetheit der Klage, nicht eine Frage der Zulässigkeit der Klageänderung.
III.
Der Hauptantrag ist unbegründet.
Der Bescheid vom 19. Februar 2019 über die Ablehnung der Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen 2010 und 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2019 ist rechtmäßig (§ 101 Satz 1 FGO). Der Kläger hat aufgrund des Forderungserlasses der Bank C keinen Sanierungsertrag gemäß § 52a Abs. 4a Satz 3, § 3a Abs. 2 EStG erzielt.
Weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Sanierungsertrags im Sinne des § 3a EStG nicht vorliegen, kann dahin gestellt bleiben, ob für den Veranlagungszeitraum 2010 Festsetzungsverjährung eingetreten sowie ob und in welcher Höhe ein steuerfreier Sanierungsertrag wegen einer etwaigen Betriebsaufgabe auf die Veranlagungszeiträume 2010 und 2013 aufzuteilen ist.
1. § 3a EStG in der Fassung des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl I 2017, 2074), der gemäß Art. 19 Satz 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl I 2018, 2338) rückwirkend am 5. Juli 2017 in Kraft trat, ist anzuwenden.
§ 52a Abs. 4a Satz 3 EStG, der die Anwendung des § 3a EStG in sogenannten Altfällen vorsieht und der erst im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens in Kraft getreten ist, ist im Streitfall einschlägig. Maßgebend für die gerichtliche Entscheidung ist hierfür die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Es handelt sich bei dem Hauptantrag um eine Verpflichtungsklage auf Erlass einer gebundenen Entscheidung der Finanzbehörde (vergleiche - vgl. - zum insoweit maßgebenden Zeitpunkt BFH, Urteil vom 14. März 2012, XI R 33/09, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 236, 283, Bundessteuerblatt Teil II - BStBl II - 2012, 477, Rn. 26, m. w. N.).
2. Gemäß § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG ist auf Antrag des Steuerpflichtigen § 3a EStG auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden - wie im Streitfall infolge der Zahlung der letzten Rate im Jahr 2013 an die Bank C aufgrund des Regulierungsplans - vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden. Zwar hat der Kläger den Antrag schon am 3. Dezember 2018 ausdrücklich gestellt und damit bereits vor Inkrafttreten des § 52a Abs. 4a Satz 3 EStG am 15. Dezember 2018 (Art. 20 Abs. 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018, BGBl I 2018, 2338, verkündet am 14. Dezember 2018). Indes ist rechtsschutzgewährend davon auszugehen, dass der Kläger seinen Antrag infolge seines Verhaltens im außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren unmittelbar mit Inkrafttreten des Gesetzes gestellt und aufrechterhalten hat. Im Übrigen hat der Kläger im Erörterungstermin vom 20. November 2019 klargestellt, dass er die Anwendung des § 3a EStG im Streitfall beantragt.
3. Der Forderungserlass der Bank C führt nicht zu einem Sanierungsertrag im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EStG.
Gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG sind Betriebsvermögensmehrungen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung im Sinne des § 3a Abs. 2 EStG (Sanierungsertrag) steuerfrei. Eine unternehmensbezogene Sanierung liegt gemäß § 3a Abs. 2 EStG vor, wenn der Steuerpflichtige für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist. Da sich § 3a EStG eng an die Voraussetzungen des sogenannten Sanierungserlasses des BMF anlehnt, können sowohl die zu § 3 Nr. 66 EStG alte Fassung (a. F.) als auch die zum sogenannten Sanierungserlass ergangene Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zur Auslegung der Vorschrift herangezogen werden (Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3a EStG Anmerkung - Anm. - 1, Stand August 2019; BT-Drs. 18/12128, S. 31; Böing in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 3a Rn. 16, Stand Februar 2019; Seer in Kirchhof, EStG, 19. Aufl. 2020, § 3a Rn. 19).
Im Streitfall fehlt es an der Sanierungsabsicht.
a) Gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG muss der Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung erfolgt sein, der Gläubiger also Sanierungsabsicht gehabt haben.
Zur Voraussetzung der Sanierungsabsicht der Gläubiger war die BFH-Rechtsprechung nicht einheitlich. Teilweise wurde vertreten, die Sanierungsabsicht sei zu verneinen, wenn der Gläubiger Schulden erlasse, weil er erkennbar besonders an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen mit dem Schuldner interessiert sei oder er durch einen Teilerlass den Erhalt der Restforderung sichern wolle. Demgegenüber hieß es in anderen Entscheidungen, an das Vorliegen der Sanierungsabsicht seien keine strengen Anforderungen zu stellen; vielmehr sei es ausreichend, wenn neben eigennützigen Motiven des Gläubigers wie etwa der Rettung eines Teils der Forderung oder des Erhalts der Geschäftsverbindungen die Sanierungsabsicht mitentscheidend gewesen sei. Bei einem gemeinschaftlichen Erlass mehrerer Gläubiger sei die Sanierungsabsicht in der Regel zu unterstellen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. November 2016, GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rn. 64, m. w. N.; Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3a EStG, Jahreskommentierung 2018 Anm. J 17-9, Stand Juni 2018; Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3a EStG Anm. 15, Stand August 2019; Böing in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 3a Rn. 24, Stand Februar 2019; Seer in Kirchhof, EStG, 19. Aufl. 2020, § 3a Rn. 27).
Eigennützige Motive des Gläubigers können danach unschädlich sein, soweit die Sanierungsabsicht zumindest mitentscheidend ist (Seer in Kirchhof, EStG, 19. Aufl. 2020, § 3a Rn. 27). An der Sanierungsabsicht fehlt es allerdings, wenn es dem Gläubiger mangels Interesses am weiteren Schicksal des Schuldnerunternehmens primär darum geht, das bestmögliche Ergebnis für sich zu erzielen (BFH, Urteil vom 26. Februar 1988, III R 257/84, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1989, 436, juris Rn. 24 ff.). Werden Schulden von einem oder einzelnen Gläubigern ganz oder zum Teil erlassen, muss im Einzelfall geprüft werden, ob dem Schuldenerlass die Absicht der Gläubiger zugrunde gelegen hat, die Gesundung der Gesellschaft herbeizuführen oder diese vor dem Zusammenbruch zu bewahren (Reichsfinanzhof - RFH -, Urteil vom 2. März 1937, I A 305/36, Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des RFH - RFHE - 41, 111, 112 f.).
b) Nach diesen Grundsätzen hatte die Bank C bei Würdigung der Gesamtumstände nicht die Absicht, ein Unternehmen des Klägers zu sanieren. Der Erlass der Bank C diente allein der Realisierung ihrer Forderung.
Insgesamt zeigt sich, dass eine Sanierungsabsicht nicht einmal mitentscheidend für den Forderungserlass war. Vielmehr ging es der Bank C allein um eigennützige Motive, nämlich um die Abwicklung ihres eigenen Engagements und um die Erzielung eines bestmöglichen Ergebnisses hieraus. Die Fortführung des ...betriebs des Klägers spielte für die Bank C keine Rolle, da es aus ihrer Sicht keine weiteren Beitreibungsmöglichkeiten gab. Nach Zahlung des letzten Restbetrages war die Geschäftsverbindung der Bank C mit dem Kläger beendet. Eine zukunftsgerichtete Sanierungsabsicht ist dem Erlass der Bank C nicht zu entnehmen (vgl. auch BFH, Beschluss vom 4. März 1998, XI S 1/98, BFH/NV 1999, 21, juris Rn. 20).
aa) Zunächst ist festzustellen, dass die Bank B bereits im Jahr 1998 die Geschäftsverbindung mit dem Kläger kündigte und seinerzeit eine Gesamtforderung gegen den Kläger von über 9 Millionen DM sofort fällig stellte. Im Jahr 2001 buchte sie Darlehen auf sogenannte Abwicklungskonten, was nach Würdigung des Gerichts im Zusammenhang mit der vorherigen Kündigung der Gesamtabwicklung des Engagements diente.
bb) Sodann folgt aus der weiteren Abwicklung und Beendigung der gesamten Geschäftsverbindung der Bank C mit dem Kläger, dass es der Bank allein um die Erzielung möglichst hoher Tilgungsbeträge für das ursprünglich umfangreiche Engagement ging, ohne dass sie Einblick in die übrigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers, insbesondere aus dessen ...betrieb, trotz verschiedener Vollstreckungsmaßnahmen bekommen hatte. Die Bank hatte nicht einmal am Rande die Absicht, ein Unternehmen des Klägers zu sanieren. Die betriebliche oder berufliche Zukunft des Klägers war für die Bank bei ihrer Entscheidung über den Erlass ohne Bedeutung. Sie wirkte auch nicht mit anderen Gläubigern des Klägers zusammen, um diesem eine betriebliche oder berufliche Zukunft bzw. die Fortführung seines ...betriebs zu ermöglichen.
aaa) Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren Angaben des nach dem persönlichen Eindruck des Gerichts glaubwürdigen Zeugen F, der das Abwicklungsengagement als Bearbeiter bei der Bank C Mitte 2004 übernahm und bis zur endgültigen Beendigung der Geschäftsverbindung durch den Forderungserlass betreute.
Dieser bekundete, ein Großteil der Abwicklungsforderungen sei nicht abgesichert gewesen, weshalb eine Einzelwertberichtigung erforderlich gewesen sei. Sein Ziel sei es gewesen, von der erfolgten Einzelwertberichtigung möglichst viel wieder aufzulösen, das heißt (d. h.) möglichst hohe Tilgungsbeträge zu erzielen.
Der Kläger habe sich zwar bemüht, die Kredite bei der Bank C abzulösen, dies sei jedoch tatsächlich nicht erfolgt. Soweit Mieteinnahmen aus den Objekten in A an die Bank C abgetreten waren, habe dies zu keiner angemessenen Befriedigung geführt, zumal die Bank keine Übersichten über die Höhe der regelmäßigen Eingänge erhalten habe. Von Zwangsversteigerungsmaßnahmen der Immobilien in A habe die Bank C abgesehen, da - wie er selbst 2007 vor Ort bestätigt gesehen habe - nennenswerte Gebote nicht zu erwarten gewesen wären. Zwangsverwaltungsmaßnahmen bei den Immobilien in A habe die Bank im Jahr 2007 nach Verhandlungen mit der zuständigen Immobilienfirma über monatliche Mindesteingänge aufgehoben.
Um die jahrelange "Hängepartie" zu beenden und die Abwicklung wieder voranzubringen, seien Vollstreckungsmaßnahmen der Hamburger Immobilien der Ehefrau des Klägers und des Klägers eingeleitet worden, die - so betreffend das Grundstück X-Weg - jedoch teilweise allein für Forderungen der Bank gegen die Ehefrau des Klägers als Sicherheit gedient hätten. Zur Verhinderung der Zwangsversteigerung des Objekts X-Weg sei im Dezember 2006 eine Ablösungsvereinbarung hinsichtlich der Forderungen der Bank gegen die Ehefrau des Klägers getroffen worden, die in mehreren Teilbeträgen hauptsächlich 2007 und letztlich Anfang Februar 2009 tatsächlich endgültig erfüllt worden sei. Eine Restforderung sei der Ehefrau des Klägers dann erlassen worden.
Der Kläger sei dann im Oktober 2009 auf die Bank C zugekommen, um gegen Zahlung eines Ablösebetrags in Höhe von 960.000 € die Freigabe der Grundpfandrechte, mit denen die Immobilien in A belastet waren, zu erreichen. Für die Annahme des Angebots sei ihm, dem Zeugen F, aufgrund eines Vorstandsbeschlusses ein Spielraum hinsichtlich des Ablösebetrages von 900.000 € bis 960.000 € eingeräumt gewesen. Diesen Spielraum habe er in der Weise genutzt, dass er einen Erlass gegen Zahlung in Höhe von 960.000 € in Aussicht gestellt habe. Nach dem Verkauf der Objekte im Jahr 2010 sei noch ein Restbetrag in Höhe von 15.000 € offen gewesen, dessen Zahlung zäh und schleppend verlaufen sei. Er habe Druck ausüben und mit dem Rücktritt von der Erlassvereinbarung drohen müssen. Dies hätte er zwar tun können, er sei aber großzügig gewesen und habe die Sache abschließen wollen.
Aus seiner Sicht sei der Kläger unpfändbar gewesen. Die Einnahmesituation des ...betriebs sei für ihn "mysteriös" gewesen. Der Kläger habe keine aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertungen und/oder Bilanzen vorgelegt.
Für die Entscheidung über den Erlass habe der ...betrieb des Klägers keine Rolle gespielt. Ebenso seien für ihn andere Gläubiger des Klägers, die er, der Zeuge, im Übrigen nicht ins Spiel gebracht habe, bedeutungslos gewesen. Er habe den Regulierungsplan erhalten und gesehen, dass dort der Betrag in Höhe von 4.000 €, der von dem Restbetrag in Höhe von 15.000 € noch offen war, enthalten war und deshalb seinen "Haken" an den Plan gemacht.
bbb) Diese Angaben sind glaubhaft. Sie werden durch vorliegende Unterlagen bestätigt.
Die Entwicklung des Abwicklungsengagements hat der Zeuge F durch die Vorlage der Forderungsaufstellungen der Bank C belegt. Insbesondere ist hieraus ersichtlich, dass die eingehenden Mieteinnahmen bei weitem nicht ausreichten, das Engagement zurückzuführen.
Das Abwicklungsengagement beschränkte sich schließlich ab Mitte 2009 auf die wirtschaftliche Verwertung der Grundpfandrechte, mit denen die Immobilien in A belastet waren, nachdem ausweislich der Forderungsaufstellungen die Forderungen der Bank C gegen die Ehefrau des Klägers ab Anfang Februar 2009 getilgt bzw. erlassen waren.
Die Bank C teilte ihr Einverständnis mit der vorgeschlagenen Regelung dem Kläger mit Schreiben vom 21. April 2010 mit. Da die Veräußerungen der Grundstücke nicht in der vorgesehenen Frist bis zum 31. Juli 2010 abgeschlossen waren, verlängerte die Bank C mit Schreiben vom 21. Juni 2010 die Frist zur Zahlung der vereinbarten 960.000 € bis zum 31. August 2010. Nachdem alle Objekte verkauft waren und ein Betrag in Höhe von 945.000 € eingegangen war, forderte die Bank C mit Schreiben vom 19. Oktober 2010, den Restbetrag in Höhe von 15.000 € zu zahlen, bevor die Restforderung erlassen werden könne. Diese Restzahlung erfolgte schleppend. Zunächst zahlte der Kläger ausweislich der Forderungsaufstellungen keine weiteren Beträge, obwohl die Bank C noch mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 um Zahlung des noch offenen Restbetrages in Höhe von 15.000 € bis spätestens zum 29. Februar 2012 bat. Sodann erteilte die Bank C im Februar 2012 ihr Einverständnis mit dem ersten Regulierungsplan. Erst im Juni 2012 erfolgte eine weitere Zahlung des Klägers, der dann - nach Druck aufgrund der fruchtlosen Pfändung im Oktober 2012 - weitere unregelmäßige Ratenzahlungen folgten. Noch im Februar 2013 erfolgte für einen anderen Gläubiger ein Haftbefehl zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung.
Einblicke in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers hatte die Bank C nicht, was sich durch die vorgelegten Unterlagen über die fruchtlose Pfändung im ...büro des Klägers im Oktober 2012 bestätigt. Vollstreckungsmöglichkeiten, die sich - wie für den Beklagten - etwa aus dem ...betrieb hätten ergeben können, waren für die Bank C nicht ersichtlich.
ccc) Der äußere Ablauf und die Beendigung der Geschäftsverbindung des Klägers mit der Bank C wird auch im Kern durch die Angaben des Zeugen D bestätigt.
Dieser bekundete, seinerzeit gemeinsam mit der Bank C die Darlehensverbindlichkeiten den einzelnen Objekten zugeordnet und den Kläger buchhalterisch als freier Mitarbeiter von dessen steuerlichen Beraterin begleitet zu haben. Nach Aussage des Zeugen D in der mündlichen Verhandlung am 26. Februar 2020 war der "Vergleich" mit der Bank C seinerzeit schon geschlossen. Dies bezieht sich nach Auffassung des Gerichts auf einen Zeitpunkt schon vor dem ersten Regulierungsplan. Denn der Zeuge D war bereits bei der Besprechung mit dem Beklagten am 29. Dezember 2011 zugegen, bei der die Bank C mit einem einmaligen Zahlbetrag in Höhe von 15.000 € in den Regulierungsplan aufgenommen war.
ddd) Die Bank C wirkte nicht mit anderen Gläubigern im Rahmen des Regulierungsplans zusammen. Der Erlass mit der Bank C war zeitlich bereits vor dem ersten Regulierungsplan vereinbart und im Übrigen auch unabhängig von der Zustimmung anderer Gläubiger zu dem Regulierungsplan.
Der Regulierungsplan entstammt einer Formulierungshilfe, die der Beklagte für den Kläger erst nach einer Besprechung zwischen dem Kläger und dem Beklagten Ende Dezember 2011 erstellt hatte. Hintergrund war die "Vollstreckungsgeschichte" des Klägers bei dem Beklagten, wobei sich der Kläger jedenfalls seit 2008 mit sechsstelligen Beträgen bei dem Beklagten in Vollstreckung befand. Die Ende Dezember 2011 erfolgte Übereinkunft zwischen dem Kläger und dem Beklagten sollte die bis dahin geltende Vollstreckungsregelung des Klägers mit dem Beklagten - eine Gesamtabtretung der Forderungen des Klägers gegen seinen Hauptauftraggeber mit aufwändiger monatlicher Freigabe des Beklagten für die laufenden Geschäftsausgaben und übrigen Verbindlichkeiten - durch einen allgemeinen Regulierungsplan unter Einbeziehung der Gläubiger des Klägers ersetzen. Zu diesem Zeitpunkt existierte jedoch schon die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Bank C und war nur noch ein Restbetrag von 15.000 € offen.
Die Vereinbarung der Bank C war auch unabhängig von dem Einverständnis der anderen Gläubiger zu dem Regulierungsplan.
Der Zeuge F hat glaubhaft bekundet, er habe den Regulierungsplan abgehakt, weil dort die noch offene Forderung der Bank C als noch zu begleichen verzeichnet war. Die anderen Gläubiger seien für ihn bedeutungslos gewesen. Er sei auch großzügig gewesen, habe aber dennoch Druck aufbauen müssen, um die Restzahlung zu erreichen.
Auch wenn die Bank C danach die theoretische Möglichkeit gehabt hätte, von der Vereinbarung zurückzutreten, stand die Ausübung dieser Möglichkeit nach Würdigung des Gerichts nicht ernsthaft im Raum. Die Vorgehensweise des Zeugen F war durch seine glaubhafte Angabe zum Vorstandsbeschluss abgedeckt. Ende des Jahres 2010 war nur noch ein Restbetrag in Höhe von 15.000 € offen. Indes musste der Zeuge F Druck auf den Kläger ausüben, damit dieser überhaupt Zahlungen gemäß der getroffenen Vereinbarung leistet. Die großzügige Handhabung durch den Zeugen F und das Festhalten der Bank an der getroffenen Vereinbarung zeigt sich auch in den Schreiben der Bank C nach Zahlung der 945.000 €. Die fruchtlose Pfändung im Oktober 2012 erfolgte nach Würdigung des Gerichts zur weiteren Druckausübung, um den Fall für die Bank C abschließen zu können, und erst, nachdem der Kläger - ausweislich der Forderungsaufstellung - zunächst nur eine Teilzahlung im Juni 2012 geleistet hatte. Ab November 2012 erfolgten dann - schleppend - weitere Ratenzahlungen des Klägers.
Dass der Erlass der Bank C unabhängig von der Zustimmung der anderen Gläubiger zum Regulierungsplan war, zeigt sich auch darin, dass der Kläger es selbst in der Hand gehabt hätte, den Erlass jedenfalls schon im Jahr 2012 durch Zahlung des Restbetrages zu erreichen. Damit hätte er der Bank C zudem die Grundlage entzogen, ihn unter Druck zu setzen. Auch wenn der Kläger im Jahr 2011 aus seiner ...tätigkeit nur einen Gewinn in Höhe von 43.396 € erklärte, erzielte er im Jahr 2012 bereits einen Gewinn in Höhe von 163.130 €, was ihm die Zahlung des Restbetrages ermöglicht hätte. Indes war dem Kläger auch bewusst - wie die im September 2015 eingereichte Einkommensteuererklärung für 2013 zeigt -, dass er einen Aufgabegewinn grundsätzlich - nach Meinung des Klägers im Jahr des Wirksamwerdens des Erlasses - zu versteuern hatte, was als Motiv für die nicht erfolgte Tilgung im Jahr 2012 nicht ausgeschlossen werden kann.
cc) Da es auf die Sanierungsabsicht des Gläubigers ankommt, ist es unerheblich, wenn der Kläger aus seiner Sicht mit dem Erlass für sich das Ziel verfolgte, seinen ...betrieb fortführen zu können. Es reicht für die Steuerbefreiung auch nicht aus, dass im Streitfall aus der Sicht des Klägers der Erlass die Umsetzung eines Sanierungskonzepts gefördert haben mag (vgl. auch BFH, Urteil vom 17. November 2004, I R 11/04, BFH/NV 2005, 1027, juris Rn. 17).
dd) Soweit der Kläger meint, das Urteil des BFH vom 10. April 2003, IV R 63/01 (BFHE 202, 452, BStBl II 2004, 9), führe dazu, eine Sanierungsabsicht anzunehmen, weil diese auch bei einer nur sukzessiven Beteiligung der verschiedenen Gläubiger bestehe, ist diese Entscheidung auf den Streitfall nicht zu übertragen.
Es fehlt an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte. In dem Fall, den der BFH zu entscheiden hatte, erarbeitete eine Bank mit der dortigen Steuerpflichtigen einen Sanierungsplan unter Einbeziehung der Forderungen anderer Gläubiger, dem schließlich auch der Hauptgläubiger, der einen Teilerlass gewähren sollte, zustimmte. Der Plan kam dort unter Mitwirkung aller auf Forderungen verzichtenden Gläubiger zustande, die über einen längeren Zeitraum schrittweise auf Forderungen verzichten sollten.
Anders ist dies im Streitfall, in dem der Erlass der Bank C bereits vor deren Zustimmung zum Regulierungsplan vereinbart und von diesem Regulierungsplan unabhängig war.
IV.
Das Verfahren ist hinsichtlich des Hilfsantrages auf Erlass nicht auszusetzen.
Der Hilfsantrag auf Erlass ist in Bezug auf Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2013, Zinsen und Säumniszuschläge für 2010 und 2013 sowie Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 2013 unzulässig. Im Übrigen ist er unbegründet (§ 101 Satz 1 FGO).
1. Das Verfahren ist hinsichtlich des Hilfsantrages auf Erlass nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen.
Die vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erhobene Verfassungsbeschwerde, Az. 2 BvR 2637/17 (betreffend das Urteil des BFH vom 23. August 2017, I R 52/14), wurde mit Beschluss vom 17. Juli 2019 nicht zur Entscheidung angenommen und ist damit erledigt. Im Übrigen liegen schon mangels Sanierungsabsicht die Voraussetzungen eines Erlasses nach dem sogenannten Sanierungserlass nicht vor.
Anhaltspunkte für andere Aussetzungsgründe sind nicht ersichtlich.
2. Der Hilfsantrag auf Erlass ist in Bezug auf die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag für 2013 sowie in Bezug auf die Säumniszuschläge und Zinsen, jeweils zur Einkommensteuer 2010 und 2013, und den Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 2013 unzulässig.
Es fehlt insoweit bereits an einem Bescheid über die Ablehnung eines Erlasses in Bezug auf die vorgenannten Steuerforderungen. Infolgedessen mangelt es an einem abgeschlossenen Vorverfahren (§ 44 Abs. 1 FGO). Dass die Voraussetzungen einer Klage ohne Vorverfahren (§§ 45, 46 FGO) vorliegen, ist gleichfalls nicht erkennbar.
Der Kläger hatte am 4. Mai 2017 lediglich beantragt, die mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom 25. Januar 2016 festgesetzte Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag zu erlassen, "soweit diese ... auf dem ... Forderungserlass der Bank C" beruhten. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15. September 2017 ab.
Zwar hat der Kläger mit seinem Einspruch vom 29. September 2017 vorgetragen, auch der entsprechende Teil der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags für 2013 sei zu erlassen, was auch für die Säumnis- und Verspätungszuschläge sowie die "Verzugszinsen", die auf diese Steuerforderungen berechnet seien, gelte. Indes hat der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. März 2018 ausdrücklich nur den Einspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15. September 2017 über die Ablehnung des Antrages auf Teilerlass "von mit Bescheid vom 25. Januar 2016 festgesetzter Einkommensteuer sowie Solidaritätszuschlag für den Veranlagungszeitraum ... 2010" zurückgewiesen. Eine darüber hinaus gehende Bescheidung enthält die Einspruchsentscheidung vom 28. März 2018 hingegen gerade nicht.
Erst mit der am 18. Oktober 2017 erhobenen Klage begehrt der Kläger darüber hinaus, die Einkommensteuerforderungen und den Solidaritätszuschlag auch für 2013, soweit diese auf dem Forderungserlass beruhten, sowie die "darauf berechneten Säumniszuschläge, Verspätungszuschläge und Zinsen" zu erlassen. Insoweit fehlt es jedoch für die Zulässigkeit der Klage (vgl. § 46 FGO) an einem Untätigkeitseinspruch gem. § 347 Abs. 1 S. 2 AO hinsichtlich des Erlasses des "entsprechenden Teils" der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags 2013 sowie der erwähnten Nebenforderungen, den der Kläger nicht eingelegt hat.
3. Soweit der Hilfsantrag auf Erlass zulässig ist (Einkommensteuer sowie Solidaritätszuschlag für 2010), ist er unbegründet.
Die Ablehnung des Antrags auf Erlass mit Bescheid vom 15. September 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2018 ist rechtmäßig (§ 101 Satz 1 FGO). Die Ablehnung des Billigkeitserlasses seitens des Beklagten ist ermessensfehlerfrei. Der Kläger hat insoweit gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Erlass der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags für 2010, soweit sie auf dem Forderungserlass durch die Bank C beruhen.
a) Gemäß § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge angerechnet werden.
Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO).
Das Ermessen der Finanzverwaltung ist jedoch nicht voraussetzungslos. Der Erlass nach § 227 AO setzt voraus, dass die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Besteuerung kann sich nach allgemeiner Auffassung aus sachlichen oder persönlichen Gründen ergeben (BFH-Beschluss vom 28. November 2016, GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393).
Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer nach ständiger Rechtsprechung, wenn sie im Einzelfall mit dem Sinn und Zweck des zu Grunde liegenden Gesetzes nicht vereinbar ist. Dies ist der Fall, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Eine Unbilligkeit kann sich deshalb nicht aus Umständen ergeben, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat. Anderenfalls würde durch die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen die vorgesehene Besteuerung außer Kraft gesetzt (BFH, Beschluss vom 12. September 2007, X B 18/03, BFH/NV 2008, 102, m. w. N.). Gründe außerhalb des Steuerrechts wie zum Beispiel (z. B.) wirtschafts-, arbeits-, sozial- oder kulturpolitische Gründe können einen Billigkeitsentscheid nicht rechtfertigen (BFH, Beschluss vom 28. November 2016, GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, m. w. N.).
Der Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen setzt Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit voraus. Für einen derartigen Erlass müssen beide Voraussetzungen erfüllt sein (Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 227 AO Rn. 86, Stand Februar 2018). Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall weder sachliche noch persönliche Billigkeitsgründe vor.
b) Für die gerichtliche Überprüfung einer Ermessensentscheidung bei einer Verpflichtungsklage ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen. Nur im Fall einer Ermessensreduzierung auf null kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Finanzgerichts an (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 5 AO Rn. 77, m. w. N., Stand Oktober 2018; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 227 AO Rn. 145, m. w. N., Stand Juli 2017; Oellerich in Gosch, AO/FGO, § 163 AO Rn. 227, m. w. N., Stand Januar 2017; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rn. 388 und 379, m. w. N., Stand Januar 2016; z. B. BFH, Urteil vom 11. Oktober 2017, IX R 2/17, BFH/NV 2018, 322, juris Rn. 19 f., m. w. N.)
Von diesen Rechtsgrundsätzen ist auch im vorliegenden Verfahren auszugehen. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren grundsätzlich eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung, auch wenn es sich nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen handelt (BFH, Beschluss vom 28. November 2016, Grs 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rn. 98). Das Gericht prüft nur, ob die Behörde die Entscheidung auf Grund einer einwandfreien und erschöpfenden Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts getroffen hat und nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung Ermessensfehler vorliegen (Oellerich in Gosch, AO/FGO, § 163 Rn. 226, m. w. N., Stand Januar 2017). Der Steuerpflichtige muss demgegenüber die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten gründlich erfüllen, an die im Erlassverfahren erhöhte Anforderungen zu stellen sind, weil die entscheidungserheblichen Tatsachen regelmäßig in seinem Wissens- und Einflussbereich liegen (von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rn. 380, m. w. N., Stand Januar 2016).
Der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ist maßgeblich, auch wenn der hier in Rede stehende Begriff der Unbilligkeit im Sinne von § 227 AO und § 163 AO ein gerichtlich überprüfbarer Rechtsbegriff und die gesetzliche Voraussetzung einer behördlichen Ermessensentscheidung ist (BFH, Urteil vom 27. Februar 2019, VII R 34/17, BFHE 264, 563, juris Rn. 17; BFH, Beschluss vom 28. November 2016, GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rn. 106) und auch wenn im Übrigen im Fall der Unbilligkeit ggf. eine Ermessensreduzierung auf null anzunehmen wäre (so wohl Rüsken in Klein, AO, § 227 AO Rn. 55, 14. Aufl. 2018; für den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung als maßgebenden Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung auch Niedersächsisches FG, Urteil vom 10. März 2017, 14 K 285/16, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2017, 970, juris Rn. 15, 21 f.; FG Münster, Urteil vom 15. Mai 2019, 13 K 2520/16 AO, EFG 2019, 1401; BFH, Urteil vom 17. Juli 2019, III R 64/18, BFH/NV 2020, 7).
Demnach ist im Streitfall auf die Sach- und Rechtslage am 28. März 2018 abzustellen, dem Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung über den Erlassantrag des Klägers.
In den Fällen der Erstattung ist der maßgebende Zeitpunkt für die Beurteilung derjenige, zu dem die Abgaben gezahlt wurden (von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rn. 335, m. w. N.).
c) Nach den vorstehenden Grundsätzen (IV.2.a] und b]) liegt im Streitfall kein sachlicher Billigkeitsgrund vor.
aa) Eine sachliche Unbilligkeit ergibt sich nicht daraus, dass die in Rede stehenden Steuern auf einem Forderungserlass der Bank C gegenüber dem Kläger beruhen.
Soweit sich der Kläger für einen möglichen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen auf das Schreiben des BMF vom 27. März 2003, IV A 6 - S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des BMF vom 22. Dezember 2009, IV C 6 - S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sogenannter Sanierungserlass) und das Schreiben des BMF vom 27. April 2017 (IV C 6 - S 2140/13/10003, BStBl I 2017, 741) zur Anwendung des sogenannten Sanierungserlasses auf "Altfälle" beruft, führt dies zu keiner sachlichen Unbilligkeit.
Es liegen bereits die Voraussetzungen des sogenannten Sanierungserlasses nicht vor, da die Bank C keine Sanierungsabsicht hatte. Im Übrigen beruht die Entstehung von Steuern aufgrund eines Forderungserlasses von Gläubigern des Steuerpflichtigen gerade auf einer entsprechenden steuerrechtlichen Wertung des Gesetzgebers. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf die Gründe der Entscheidungen des BFH vom 28. November 2016 (GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393) und vom 23. August 2017 (I R 52/14, BFHE 259, 20; X R 38/15, BFHE 259, 28), die den Beteiligten bekannt sind und denen sich der Senat insoweit anschließt.
Ob im Rahmen eines Erlasses gemäß § 227 AO (sei es aus sachlichen, sei es aus persönlichen Billigkeitsgründen) neben § 3a EStG, insbesondere neben § 3a Abs. 5 EStG, noch Raum bleibt für die sogenannte unternehmerbezogene Sanierung (so Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3a EStG, Anm. 11, Stand August 2019; anderer Ansicht - a. A. Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner, EStG, 3. Aufl. 2018, § 3a Rn. 8; Bodden in Korn, EStG, § 3a Rn. 27, Stand Januar 2019; Kanzler, Neue Wirtschaftsbriefe - NWB - 2017, 1078 [1081], der einem Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen Raum lässt; für § 3a EStG als lex specialis gegenüber § 227 AO Seer in Kirchhof, EStG, 18. Aufl. 2019, § 3a Rn. 12), kann im Streitfall offenbleiben, da im Streitfall die Voraussetzungen einer begünstigten Sanierung schon mangels Sanierungsabsicht der Bank C nicht vorliegen.
Zudem kann ein Fall der (sachlichen oder persönlichen) Unbilligkeit nicht auf den bloßen Rechtsgedanken des § 3a EStG gestützt werden. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich dafür entschieden, die Steuerfreiheit eines Sanierungsertrags im Festsetzungsverfahren zu regeln. Bei Ablehnung eines Antrags auf Anwendung des § 3a EStG soll dem Steuerpflichtigen in den sogenannten Altfällen der Rechtsweg offenstehen (BT-Drs. 19/5595, S. 73). Ein Erlass kommt danach im Fall eines - im Streitfall im Übrigen auch nicht vorliegenden - Sanierungsertrags nicht in Betracht (zweifelnd auch Jüdes, EFG 2019, 1405).
bb) Die Einziehung der Steuern ist nicht deshalb sachlich unbillig, weil der Beklagte im Fall eines Insolvenzverfahrens mit einer geringeren Tilgung von Steuerforderungen hätte rechnen müssen oder weil - nach Auffassung des Klägers - der Beklagte als einziger Gläubiger im Streitfall keinen Insolvenzantrag stellen dürfe.
Diese Gesichtspunkte führen zu keiner sachlichen Unbilligkeit. Das Steuerrecht und das Insolvenzrecht stellen jeweils eigenständige Rechtsbereiche dar, wobei sich gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 AO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Geltendmachung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis gegen den Insolvenzschuldner oder gegen die Insolvenzmasse nach den Regeln des jeweils anzuwendenden Insolvenzverfahrens vollzieht (Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 251 AO Rn. 5, Stand Februar 2018). Danach führt ein potentielles Insolvenzverfahren aufgrund dieser gesetzgeberischen Entscheidung im Rahmen eines Erlassverfahrens nach § 227 AO nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit.
cc) Zwar kann das Zusammenwirken verschiedener Regelungen, das zu einer hohen Steuerschuld führt, obgleich dem kein Zuwachs an Leistungsfähigkeit zugrunde liegt, im Einzelfall zu sachlicher Unbilligkeit führen (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 26. Oktober 1994, X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297). Indes liegt ein derartiger Sachverhalt im Streitfall nicht vor. Denn hier ist allein zu berücksichtigen, dass die Steuerschulden auf einem Forderungserlass eines Gläubigers beruhen, dem ein (früherer) Zuwachs an Leistungsfähigkeit zugrunde liegt (vgl. BFH, Beschluss vom 28. November 2016, GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393). Dass die Einziehung der Steuerschuld des Klägers aufgrund anderer steuerrechtlicher Regelungen unbillig wäre, ist danach nicht erkennbar.
Soweit in der Literatur vertreten wird, dass sachliche Billigkeitsgründe dann vorlägen, wenn der zu erlassende Betrag niedriger ist als zukünftig zu erwartende Einnahmen (Roth, Zeitschrift für das gesamte Insolvenz- und Sanierungsrecht - ZInsO - 2017, 2417 [2419]), kann dem im Streitfall nicht gefolgt werden. Gegen diese Auffassung spricht, dass der Staat bei einer derartigen Abwägung in den Wettbewerb der Steuerpflichtigen eingriffe und Steuerpflichtige, denen er einen Erlass aus derartigen Gründen gewährte, finanziell günstiger stellte als andere Steuerpflichtige. Daran ist der Staat aber wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gehindert. Denn Steueransprüche, die nach dem Gesetz entstanden sind, müssen geltend gemacht werden. Vollstreckungsbehörden sind verpflichtet, die geschuldeten Steuern im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit im Verwaltungsweg zu vollstrecken (Kruse in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 249 AO Rn. 11, m. w. N. Stand Februar 2018). Zudem greift auch nicht der Gedanke ein, es sei zu prüfen, ob der Staat sich in gleicher Weise verhalten dürfe wie ein privater Kapitalgeber ("Privatinvestortest"; so aber Roth, ZInsO 2017, 2417 [2419]). Soweit hier die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) erwähnt wird, ist darauf hinzuweisen, dass der EuGH bei Anwendung dieses Kriteriums klar zwischen der Tätigkeit des Staates zum einen als Anteilseigner eines Unternehmens und zum anderen als Träger hoheitlicher Gewalt trennt. Das Kriterium des privaten Kapitalgebers kommt indes nur bei der wirtschaftlichen Tätigkeit des Staates als Anteilseigner in Betracht, nicht hingegen bei der Ausübung staatlicher Gewalt (EuGH-Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C-124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 81), wie es gerade im Streitfall in Rede steht. Im Übrigen liefe die Berücksichtigung eines derartigen Kriteriums im Rahmen sachlicher Billigkeitsgründe auf die Berücksichtigung außersteuerlicher Gründe, nämlich wirtschaftspolitischer Erwägungen, hinaus, die einen Billigkeitserlass gerade nicht rechtfertigen können (BFH, Beschluss vom 28. November 2016 GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393).
d) Es liegen keine persönlichen Billigkeitsgründe in der Weise vor, dass der Beklagte zu verpflichten wäre, die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag 2010, soweit sie auf dem Forderungserlass der Bank C beruhen, zu erlassen.
aa) Erlassbedürftigkeit des Klägers lag zu den maßgebenden Zeitpunkten nicht vor. Maßgebender Zeitpunkt ist grundsätzlich der Erlass der Einspruchsentscheidung am 28. März 2018, bei früherer Zahlung der jeweilige Zahlungszeitpunkt (IV.3.b]). Dabei konnte der Beklagte für seine Entscheidung über den Erlass auf die im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung vorliegenden Erkenntnisse hinsichtlich der jeweils maßgebenden Zeitpunkte abstellen.
aaa) Persönliche Unbilligkeit in Gestalt der Erlassbedürftigkeit liegt vor, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Das ist der Fall, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann. Zum notwendigen Lebensunterhalt gehören die Mittel für Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Behandlung und für die sonst erforderlichen Ausgaben des täglichen Lebens. Auch Unterhaltsleistungen für die mit dem Steuerpflichtigen in Hausgemeinschaft lebenden Angehörigen, soweit sie von ihm unterhalten werden müssen, rechnen dazu (BFH, Urteil vom 26. Februar 1987, IV R 298/84, BFHE 149, 126, BStBl II 1987, 612). Dem Steuerpflichtigen ist es dabei zumutbar, sein Leben in einem bescheidenen Umfang zu führen (BFH, Urteil vom 29. April 1981, IV R 23/78, BFHE 133, 489, BStBl II 1981, 726). Ihm sollte es hiernach ermöglicht sein, ein menschenwürdiges Dasein zu führen (von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rn. 298, m. w. N., Stand Januar 2016). Dem Steuerschuldner ist es zuzumuten, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel, notfalls auch mit Hilfe von Kreditaufnahme und Ratenzahlungen, zur Begleichung seiner Abgabenschuld einzusetzen (auch diejenigen der mit ihm zusammenlebenden Familienmitglieder; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rn. 303, m. w. N., Stand Januar 2016).
Die Frage der Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts bei Eheleuten ist nicht ohne Berücksichtigung der Grundsätze des Familienunterhaltsrechts zu beurteilen. Dies gilt jedenfalls bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten und einem Erlassantrag nicht getrenntlebender Eheleute, wobei danach die persönliche Erlassbedürftigkeit für die Ehegatten unter Einbeziehung ihrer gemeinsamen Einkommens- und Vermögenslage zu würdigen ist (BFH, Urteil vom 26. Oktober 2011, VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552, m. w. N.).
bbb) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist im Streitfall nicht erkennbar, dass die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Klägers im oben genannten Verständnis durch die Steuererhebung gefährdet oder vernichtet wird bzw. wurde. Dem Kläger blieben ausreichende Mittel, um ein menschenwürdiges Dasein zu führen.
In Übereinstimmung mit der Einschätzung des Beklagten in der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2018 über den Einspruch gegen den Bescheid vom 15. September 2017 über die Ablehnung des Erlassantrages ist eine Erlassbedürftigkeit nicht ersichtlich. Der Kläger kann bzw. konnte trotz der Erhebung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags 2010, soweit diese infolge des Forderungserlasses entstanden waren, jedenfalls in bescheidener und menschenwürdiger Art sein Leben führen.
Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob die Einbeziehung der gemeinsamen Einkommens- und Vermögenslage bei Ehegatten auch für den Fall gilt, in dem - wie hier - aufgrund von Aufteilungsbescheiden die Vollstreckung der Steuerzahlungen allein auf den Kläger beschränkt ist. Selbst wenn Vermögen der nicht erwerbstätigen Ehefrau des Klägers nicht zu berücksichtigen sein sollte, ist der Kläger, soweit hier die Einkommensteuer und der Solidaritätszuschlag 2010 infolge des Forderungserlasses betroffen sind, zu den maßgebenden Zeitpunkten aus Sicht des Zeitpunktes des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung, der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2018, nicht erlassbedürftig.
Dies gilt hinsichtlich der noch im Dezember 2015 erfolgten Zahlung, da im März 2016 - soweit nach Aktenlage ersichtlich - bis auf die hier streitigen Steuern im Übrigen nur noch geringe Einkommensteuervorauszahlungsbeträge offen waren (ca. 5.700 €) und der Kläger für das Jahr 2015 neben seinen Renteneinkünften in Höhe von ca. 25.000 € jährlich (Gesamtbetrag des steuerfreien und steuerpflichtigen Teils) ausweislich seiner im November 2017 eingereichten und dem Beklagten damit bei Erlass der Einspruchsentscheidung bekannten Einkommensteuererklärung 2015 einen Gewinn aus seiner ...tätigkeit in Höhe von 110.780 € erzielt hatte. Denn ein (Teil-)Erlass war zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig, um dem Kläger ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen, weil der Kläger infolge seiner laufenden Renteneinkünfte und seiner selbständigen Tätigkeit, aus der er erhebliche Gewinne erzielte, sowie unter Berücksichtigung einer möglichen Beleihung angesichts der noch bestehenden Darlehensvaluta und des behaupteten Verkehrswertes des selbstbewohnten Reihenhauses (Y-Straße) in der Lage war, die Steuerforderungen in absehbarer Zeit zu tilgen.
Entsprechendes gilt für die Zeitpunkte der jeweiligen Zahlungen von März 2016 bis einschließlich Dezember 2017 in Höhe von insgesamt ca. 71.000 € (ca. 61.000 € auf Einkommensteuer 2010, 20.000 € auf Einkommensteuer 2013) sowie der im August 2017 erfolgten Umbuchung in Höhe von ca. 9.000 € auf Einkommensteuer 2010. Hier kommt hinzu, dass der Kläger nach seiner im März 2017 selbst eingereichten Einkommens- und Vermögensübersicht unter Berücksichtigung der Kosten seiner privaten Lebensführung monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von über 16.000 € erzielte. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass beispielsweise im November 2016 neben den hier streitigen Steuern noch Umsatzsteuer- und Einkommensteuervorauszahlungsbeträge offen waren, die mittels seiner laufenden Einkünfte, so wie er sie selbst angegeben hatte, hätten getilgt werden können. Es ist in diesem Zusammenhang zudem bemerkenswert, dass sich der noch Ende Dezember 2016 auf einem privaten Girokonto vorhandene Guthabenbetrag in Höhe von ... € innerhalb von zwei Monaten auf ... € verringerte. Zahlungen auf die hier in Rede stehenden Steuerbeträge erfolgten in diesem Zeitraum jedenfalls nicht. Dieser Abfluss lässt sich auch nicht mit dem vom Kläger selbst angegebenen privaten Bedarf in Höhe von 3.196 € monatlich erklären.
Der Kläger ist auch zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2018 nicht erlassbedürftig. Hier gelten die vorgenannten Ausführungen entsprechend (Renteneinkünfte, Einkünfte aus ...tätigkeit, mögliche Beleihung des selbstbewohnten Reihenhauses). Dem Kläger standen laufend Mittel zur Verfügung, die deutlich über dem Existenzminimum lagen. Zudem übte er seine ...tätigkeit in Büroräumen des Gebäudes auf dem Grundstück X-Weg aus, das nach dem im Jahr 2013 erfolgten Verkauf durch seine Ehefrau der gemeinsamen Tochter gehört, so dass insoweit jedenfalls keine unmittelbare Existenzgefährdung drohte. Zudem kommt hinzu, dass nach Abschluss des Regulierungsplans der Beklagte der einzige wesentliche Gläubiger des Klägers war. Eine persönliche Erlassbedürftigkeit im Streitfall ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt, älteren Steuerpflichtigen den Aufbau einer Altersversorgung zu ermöglichen (vgl. BFH, Urteil vom 26. Februar 1987, IV R 298/84, BFHE 149, 126, BStBl II 1987, 612). Der Kläger hat bereits entsprechende Renteneinkünfte.
Ebenso wenig kann eine persönliche Unbilligkeit im Streitfall deshalb festgestellt werden, weil etwa die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit des Klägers durch die Steuererhebung gefährdet wäre. Dies käme ggf. dann in Betracht, falls der Kläger aufgrund der Steuerrückstände gehindert wäre, seine Erwerbstätigkeit fortzusetzen und dann von Sozialhilfeleistungen wirtschaftlich abhängig wäre (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 27. September 2001, X R 134/98, BFHE 196, 400, BStBl II 2002, 176). Indes kann Derartiges angesichts der Einkommens- und Vermögenssituation des Klägers zu den maßgebenden Zeitpunkten nicht ohne Weiteres angenommen werden und hätte auch vom Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten dargelegt werden müssen.
ccc) Dass der Beklagte in der Einspruchsentscheidung nicht explizit die verschiedenen Zeitpunkte der Ermessensentscheidung deutlich machte, ist angesichts der dem Beklagten bei seiner Entscheidung zugrundeliegenden umfassenden Aktenlage unschädlich.
Dem Beklagten waren die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu den maßgebenden Zeitpunkten bekannt. Kurz nach Fälligkeit der hier in Rede stehenden Steuerschulden erfolgte am ... 2016 eine fruchtlose Pfändung, wobei der Vollziehungsbeamte die - vom Kläger unvollständig angegebenen - Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers feststellte. In seiner Einkommens- und Vermögensübersicht vom 13. März 2017 teilte der Kläger mit, über Nettoeinkünfte in Höhe von ca. 16.000 € monatlich verfügen zu können. Die Einkommensteuererklärung für 2015 hatte der Kläger im November 2017 eingereicht.
Es ist zudem nicht entscheidend, dass der Beklagte nicht noch kurz vor Erlass der Einspruchsentscheidung den Kläger aufforderte, seine seinerzeit aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen. Zum einen waren diese dem Beklagten in ihren wesentlichen Zügen aufgrund der "Vollstreckungsgeschichte" des Klägers bekannt. Zudem hätte es dem Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten oblegen, wesentliche Veränderungen dem Beklagten mitzuteilen.
bb) Soweit der Kläger vorträgt, ein mögliches Insolvenzverfahren führe zu einer Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz und der Beklagte dürfe als einziger Gläubiger keinen Insolvenzantrag stellen, führt dies zu keinem Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen.
Ob und in welcher Art und Weise das Finanzamt die vorgebrachten Gründe und vorhandene Vollstreckungsmöglichkeiten zu berücksichtigen hat, wenn es beantragt, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers zu eröffnen, ist nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens. Vielmehr wären derartige Gesichtspunkte bei der Entscheidung des Finanzamtes, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, im Rahmen der dortigen Ermessenserwägungen zu prüfen (vgl. z. B. BFH, Beschluss vom 25. Februar 2011, VII B 226/10, BFH/NV 2011, 1017, m. w. N.; BFH, Beschluss vom 31. August 2011, VII B 59/11, BFH/NV 2011, 2105, m. w. N.).
cc) Ob der Kläger angesichts der verspäteten Abgabe von Steuererklärungen auf der einen und seiner dauernden Erwerbstätigkeit sowie der Zahlung seiner Ehefrau aufgrund des allein ihr gehörenden Grundstücks auf der anderen Seite erlasswürdig ist, ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht entscheidungserheblich.
V.
1. Entsprechend dem hilfsweise geltend gemachten Klagebegehren auf Stundung ist im Ergebnis auch der Antrag im Vorverfahren dahingehend auszulegen, dass der Kläger die Stundung der Einkommensteuer, des Solidaritätszuschlags, der Zinsen und Säumniszuschläge, jeweils für 2010 und 2013, soweit sie auf dem Forderungserlass der Bank C beruhen, sowie des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2013 begehrt.
Entsprechend legt der Senat auch die Entscheidung des Beklagten in dessen Bescheid vom 29. November 2016 über die Ablehnung des Antrags des Klägers vom 25. November 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2017 aus. Der Kläger hatte in seinem Schreiben vom 25. November 2016 beantragt, ihm eine angemessene Teilzahlungsvereinbarung zu gewähren, was als allgemeines Stundungsbegehren ausgelegt werden konnte. Auch wenn der Kläger seinen Einspruch hiergegen zunächst nur auf die Stundung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags für 2010 richtete, modifizierte er sein Einspruchsbegehren nachfolgend auf die rückständigen Steuerforderungen. Der Beklagte entschied in seiner Einspruchsentscheidung auch - ohne nähere Begrenzung - über die Ablehnung der Stundung "für Steuerrückstände im wesentlichen [sic] aus dem Jahr 2010".
2. Das Begehren auf Stundung ist einheitlich zu betrachten. Dieses Begehren hat der Kläger lediglich durch bestimmte Modalitäten der Stundung, nämlich Ratenzahlung, modifiziert und unterschiedlich begründet.
Soweit der Kläger beantragt, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die vorgenannten Steueransprüche mit dem Ziel des Erlasses zu stunden, richtet sich dieser Antrag auf eine Stundung, die auflösend bedingt durch einen Erlass der Steuern sein soll. Der weitere hilfsweise gestellte Antrag, den Beklagten zu verpflichten, - notfalls gegen Sicherheitsleistung - die Steueransprüche gegen eine angemessene Ratenzahlung zu stunden, richtet sich auf eine Neubescheidung des Stundungsantrags des Klägers, die in dem Verpflichtungsantrag auf Stundung enthalten ist.
3. Der zulässige Hilfsantrag auf Stundung ist unbegründet. Der Bescheid vom 29. November 2016 über die Ablehnung des Antrags auf Stundung vom 25. November 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2017 ist rechtmäßig (§ 101 Satz 1 FGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die hilfsweise beantragte Stundung gemäß § 222 Satz 1 AO.
Nach § 222 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn deren Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Stundung setzt mithin voraus, dass die Einziehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis für den Steuerpflichtigen eine momentane besondere "erhebliche" Härte bedeutet.
Auch wenn § 222 AO der Finanzbehörde Ermessen einräumt, handelt es sich - wie bei § 227 AO - nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen (vgl. auch Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 222 AO Rn. 19, m. w. N., Stand Februar 2019; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 222 AO Rn. 80, Stand August 2016). Das Gericht kann danach über die vom Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung vom 15. September 2017 genannten Gründe hinaus eigenständig prüfen, ob die Einziehung für den Kläger eine erhebliche Härte bedeutete.
Die erhebliche Härte kann auf sachlichen oder persönlichen Gründen beruhen. Im Streitfall bedeutete die Einziehung der Steueransprüche aus Sicht des maßgebenden Zeitpunktes des Erlasses der Einspruchsentscheidung (15. September 2017) keine erhebliche Härte, da mangels ersichtlicher sachlicher Stundungsgründe der Kläger jedenfalls nicht stundungsbedürftig war. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zur Erlassbedürftigkeit des Klägers verwiesen (IV.3.d]bbb]), die entsprechend auf die Stundungsbedürftigkeit des Klägers zu übertragen sind. Dass die Einkommensteuererklärung für 2015 im maßgebenden Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung über die Stundung noch nicht vorlag, ist unerheblich, da der Kläger schon angesichts der übrigen Erkenntnisse zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht stundungsbedürftig war. Aus den gleichen Gründen kommt im Hinblick auf den begehrten Erlass eine Stundung gegen Ratenzahlung nicht in Betracht.
Andere eigenständige Gründe für die Stundung der Forderung mit oder ohne Ratenzahlung sind nicht ersichtlich.
VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Insbesondere basiert die Entscheidung auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls und kommt deshalb im Streitfall zu dem Ergebnis der fehlenden Sanierungsabsicht des Gläubigers.