FG Rheinland-Pfalz: Kapitalauszahlung der Pensionskasse darf nur ermäßigt besteuert werden
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.5.2015 – 5 K 1792/12
Volltext: //BB-ONLINE BBL2015-1686-5
unter www.betriebs-berater.deFG
Nichtamtliche Leitsätze
Das FG Rheinland-Pfalz hat die bislang gerichtlich noch nicht geklärte Frage entschieden, ob Arbeitnehmer, die sich beim Eintritt in den Ruhestand für eine Kapitalauszahlung ihrer betrieblichen Altersversorgung entscheiden, diesen Betrag nur ermäßigt versteuern müssen. Das FG hat diese Frage zugunsten der Arbeitnehmer entschieden, allerdings wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Frage die Revision zum BFH zugelassen.
Das FG war der Auffassung, dass die Zahlung der Pensionskasse nur nach der Fünftelregelung (§ 34 EStG) besteuert werden dürfe. Dies sei – so das FG – nicht nur nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, sondern auch mit Rücksicht auf die Neuregelung der Rentenbesteuerung durch das Alterseinkünftegesetz geboten. Es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz), wenn man Kapitalzahlungen aus der sog. Basisversorgung (z.B. gesetzliche Rentenversicherung) und Zahlungen aus der beruflichen Altersversorgung (z.B. Pensionskasse) unterschiedlich behandle. Für entsprechende (Einmal-)Kapitalzahlungen aus der sog. Basisversorgung habe der Bundesfinanzhof (BFH) nämlich bereits entschieden, dass sie nicht mit dem vollen Steuersatz, sondern nur nach der Fünftelregelung besteuert werden dürften.
Sachverhalt
Streitig ist, ob es sich bei der Kapitalauszahlung in Höhe von gerundet 16.924,- € um außerordentliche Einkünfte handelt, da sie eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit darstellt.
Die am 6. September 1949 geborene Klägerin wurde in den Veranlagungsjahren 2007 bis 2009 mit ihrem Ehemann zusammen veranlagt. Im Kalenderjahr 2007 bezog sie einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 22.951,- €, im Kalenderjahr 2008 in Höhe von 21.900,- € und im Kalenderjahr 2009 in Höhe von 23.096,- €. Hiervon brachte sie jeweils den Arbeitnehmerpauschbetrag in Höhe von 920,- € in Abzug.
Im Streitjahr 2010 beantragte die Klägerin Einzelveranlagung nach § 26a EStG. Zum 1. Januar 2010 trat die Klägerin, die bis zum 31. Dezember 2009 bei der Kreissparkasse beschäftigt war, in den Ruhestand. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 vom 3. November 2011 erklärte die Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 11.467,- €. Diese setzten sich aus dem Bruttoarbeitslohn in Höhe von 1.711,- € und der Abfindung für ihren vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand zum 1. Januar 2010 in Höhe von 9.756,- € zusammen. Zudem bezog sie Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 10.831,- €, aus einem Altersvorsorgevertrag eine Leibrente in Höhe von 2.393,- € und die allein im Streit befindliche Leistung aus einem Altersvorsorgevertrag in Höhe von 16.924,- €. Während sich der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte im Jahr 2007 auf 21.714,- €, im Jahr 2008 auf 20.980,- € und im Jahr 2009 auf 22.176,- € belief, betrug er im Streitjahr 2010 34.392,- €. Der Einkommensteuererklärung lag das Schreiben der Sparkassen-Pensionskasse AG vom 3. November 2010 bei, aus dem sich ergab, dass sie aus der betrieblichen Altersvorsorge einen Auszahlungsbetrag in Höhe von 16.924,- € erhalten hatte.
Der Altersvorsorgeleistung in Höhe von 16.924,- € lag die Vereinbarung zur Entgeltumwandlung zwischen der Klägerin und der Kreissparkasse vom 12. August 2003 zugrunde. Zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung der Klägerin wurde ihr Gehaltsanspruch in Höhe von monatlich 100,- € mit Wirkung ab dem 1. September 2003 in einen Anspruch auf Versicherungsschutz in Form von Beiträgen zur Pensionskassenversorgung im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt. Hinsichtlich ihres Anspruchs auf Entgeltumwandlung bis zu 4% der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung wählte sie die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 63 EStG. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2009 teilte die Kreissparkasse der Sparkassen-Pensionskasse AG mit, dass die Klägerin gebeten habe, ihre betriebliche Altersversorgung zum 1. November 2010 durch eine Kapitalauszahlung abzufinden. Ausweislich des Teilversicherungsscheines vom 30. September 2003 war die Kreissparkasse Versicherungsnehmer und die Klägerin versicherte Person. Ursprünglich war vereinbart, dass spätestens ab dem 1. Januar 2015 die monatlichen Rentenzahlungen beginnen sollten. Die Rente war für 10 Jahre garantiert.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 2. Januar 2012 setzte der Beklagte Einkommensteuer in Höhe von 5.453,- € fest. Bei den sonstigen Einkünften erfasste der Beklagte die Leistung aus dem Altersvorsorgevertrag in Höhe von 16.923,88 €. In den Erläuterungen führte der Beklagte aus, dass die Werte zur Besteuerung von Renten als sonstige Einkünfte auf Daten beruhen, die der Rentenversicherungsträger der Finanzverwaltung mitgeteilt habe. Es sei eine getrennte Veranlagung nach § 26a EStG durchgeführt worden.
Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch. Die Abfindungszahlung der Sparkassen-Pensionskasse AG sei nach § 34 EStG tarifermäßigt zu besteuern.
Mit Schreiben vom 19. Januar 2012 wies der Beklagte darauf hin, dass die bescheinigte Leistung in Höhe von 16.923,88 € aus dem Altersvorsorgevertrag gemäß § 82 EStG in vollem Umfang der Besteuerung unterliege. Da es sich bei der Einmalkapitalauszahlung nicht um außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 2 EStG (weder eine Entschädigung noch eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit) handele, komme eine Anwendung der Fünftelregelung des § 34 EStG nicht in Betracht.
Hierauf erwiderte die Klägerin, dass ihr aus dem seit dem 1. September 2003 bestehenden Vertrag am 3. November 2010 einmalig 16.924,- € ausgezahlt worden seien. Die Beiträge seien aus Gehaltsbestandteilen der Jahre 2003 bis 2009 geleistet worden. Ihr Arbeitslohn sei im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend gemindert gewesen. § 34 Abs. 2 EStG besage, dass Vergütungen, die für mehrjährige Tätigkeiten gewährt würden, nicht mit dem normalen, sondern dem Steuersatz zu belegen seien, der sich ergebe, wenn dieses außerordentliche, zusammengeballte Einkommen linear auf fünf Jahre verteilt werde. Hierdurch solle der Progressionseffekt, der ohne die Verteilung voll beim Bezug der außerordentlichen Einkünfte durchschlage, abgemildert werden. Es könne steuerlich nicht hingenommen werden, die Begünstigung des § 34 EStG bei einer einmaligen Kapitalauszahlung - wie vorliegend geschehen - zu verweigern.
Mit Schreiben vom 2. März 2012 wies der Beklagte darauf hin, dass sich die Höhe der zu versteuernden Bezüge danach richte, wie die Beiträge in der Anwartschaftsphase steuerlich behandelt worden seien. Sehe die Versorgungsvereinbarung eine Kapitalauszahlung vor, müsse hinsichtlich der Besteuerung danach differenziert werden, wie die Beiträge in der Anwartschaftsphase behandelt worden seien. Keine Besteuerung erfolge, soweit die Beiträge pauschal oder nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte versteuert worden seien. Die Kapitalauszahlung sei nicht steuerbar. Voll versteuert werde die Ablaufleistung nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG, soweit die Kapitalauszahlung auf Beiträgen beruhe, die nach § 3 Nr. 63 EStG von der Besteuerung freigestellt worden seien. Die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG komme nicht in Betracht. Er verweise auf das BMF-Schreiben vom 31. März 2010 (BStBl I, 270 ff. Rn. 329 und 330).
Mit Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.
Mit ihrer bei Gericht am 21. Juni 2012 eingegangenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen dasselbe wie im Einspruchsverfahren geltend. Die mildernde Progressionswirkung des § 34 EStG gelte grundsätzlich für alle Einkommensarten, somit auch für den § 22 EStG. Die Spezifikation der geforderten „außerordentlichen Einkünfte“ ergebe sich aus der abschließenden Auflistung in § 34 Abs. 2 EStG. Nachzahlungen von Ruhegehaltsbezügen und aus der betrieblichen Altersversorgung (sog. Betriebsrenten) würden ebenfalls als außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG angesehen werden.
Die Klägerin beantragt,
1. den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 2. Januar 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2012 dahin gehend zu ändern, dass die anzusetzende Einkommensteuer auf die Kapitalauszahlung in Höhe von 16.924,- € nach der Fünftelmethode gemäß § 34 Abs. 1 S. 2 EStG berechnet wird,
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte tritt der Klage entgegen und macht geltend, dass die Einmalkapitalauszahlung im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit darstelle. Die steuerliche Behandlung von Einmalkapitalauszahlungen sei im BMF-Schreiben vom 31. März 2010 (BStBl I, S.270 ff.) in den Rz. 329 und 330 geregelt.
Aus den Gründen
Die Klage hat Erfolg. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit der Beklagte die einmalige Kapitalauszahlung in Höhe von 16.924,- € nicht tarifermäßigt besteuert hat (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Obwohl es sich bei der Einmalkapitalauszahlung an die Klägerin aus dem im November 2010 aufgelösten betrieblichen Altersvorsorgevertrag um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten gehandelt hat, hat der Beklagte sie, ohne die Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, zu Unrecht in voller Höhe der Besteuerung unterworfen.
I. Bei der Einmalkapitalleistung in Höhe von 16.924,- € an die Klägerin durch die Sparkassen-Pensionskasse AG hat es sich um eine Leistung aus einem Altersvorsorgevertrag gehandelt, die zunächst auf eine monatliche Rente ab dem Januar 2015 gerichtet gewesen ist.
1. Gemäß § 22 Nr. 5 S. 1 EStG gehören zu den sonstigen Einkünften die Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen. Erfolgt eine Kapitalauszahlung, ist diese nachgelagert voll zu versteuern (BT-Drucks. 16/2712, S. 50). Nur soweit nach § 22 Nr. 5 S. 2 EStG Leistungen auf nicht geförderten Beiträgen beruhen, greift bei einer Kapitalauszahlung § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, d. h. der Unterschiedsbetrag zwischen der Leistung und der Summe der Beiträge ist zu versteuern. Vorliegend greift § 22 Nr. 5 S. 2 EStG schon deshalb nicht, weil die Beiträge der Klägerin gemäß § 3 Nr. 63 EStG steuerbefreit, d. h. gefördert gewesen sind.
§ 22 Nr. 5 S. 1 EStG sieht vor, dass Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, aus Pensionsfonds, aus Pensionskassen und aus Direktversicherungen in voller Höhe der Besteuerung unterliegen. Der Begriff der Leistungen ist umfassend und erstreckt sich grundsätzlich auf sämtliche Auszahlungen (Renten, Kapitalauszahlungen, Auszahlungsplanraten im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AltZertG). Auch soweit mit dem Auszahlungsbetrag Beitragsleistungen, gewährte Zulagen und erwirtschaftete Erträge zurückfließen, greift die Besteuerung nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG (BT-Drucks. 14/4595, 66).
Nach § 82 Abs. 1 EStG sind geförderte Altersvorsorgebeiträge im Rahmen der in § 10a EStG genannten Grenzen Beiträge, die der nach § 79 EStG Zulageberechtigte bis zum Beginn der Auszahlungsphase zugunsten eines auf seinen Namen lautenden Vertrages leistet, der nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifiziert ist (Altersvorsorgevertrag). Zu den Altersvorsorgebeiträgen gehören nach § 82 Abs. 2 Buchst. b EStG auch die Beiträge des Arbeitnehmers und des ausgeschiedenen Arbeitnehmers, die dieser im Fall der zunächst durch Entgeltumwandlung finanzierten und nach § 3 Nr. 63 oder § 10a EStG und diesem Abschnitt geförderten kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe des § 1a Abs. 4 und § 1b Abs. 5 S. 1 Nr. 2 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) selbst erbringt, wenn eine Auszahlung der zugesagten Altersvorsorgeleistung in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans vorgesehen ist.
2. Vorliegend hat der Arbeitgeber der Klägerin durch Entgeltumwandlung von monatlich 100,- € gemäß § 3 Nr. 63 EStG ab September 2003 steuerbefreite Leistungen in der Ansparphase in den mit der Pensionskasse geschlossenen Altersvorsorgevertrag eingezahlt. Nachdem sich die Klägerin ab dem 1. Januar 2010 im Ruhestand befand und bereits am 23. Oktober 2009 um Kapitalabfindung ihres Altersvorsorgevertrages gebeten hatte, wandelte sie ihren ab Januar 2015 vorgesehenen monatlichen Rentenanspruch aus dem Altersvorsorgevertrag auf ihren Wunsch in eine Einmalauszahlung um. Am 3. November 2010 wurde die Kapitalabfindung ausgezahlt.
3. § 22 Nr. 5 S. 1 EStG ist gegenüber anderen Vorschriften lex specialis für Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen sowie für Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen. Die steuerliche Beurteilung dieser Produkte ist abschließend in § 22 Nr. 5 EStG geregelt (vgl. Weber-Grellet in: Schmidt, EStG-Kommentar, 34. Aufl., § 22 Rn.125). Hiernach hat § 22 Nr. 5 S. 1 EStG Vorrang vor § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, der zudem erst für nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossene Verträge greift.
II. Die gemäß § 22 Nr. 5 S. 1 EStG voll zu versteuernde Kapitalabfindung ist jedoch nach der Fünftelregelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG tarifbegünstigt. Bei der Einmalkapitalauszahlung aus dem aufgelösten Entgeltumwandlungsvertrag vom 12. August 2003 handelt es sich im Sinne höchstrichterlicher Rechtsprechung zum einen um zusammengeballte Einkünfte und zum anderen um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne von 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.
1. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 EStG ist die auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 S. 2 bis 4 EStG zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte kommen nur die in § 34 Abs. 2 EStG aufgeführten Einkünfte in Betracht. Das bedeutet aber nicht, dass die hier im Streitjahr vereinnahmte Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit ohne weiteres ermäßigt zu besteuern ist. Vielmehr ist der Wortlaut des § 34 Abs. 2 EStG entsprechend dem Normzweck, die Auswirkungen des progressiven Tarifs abzuschwächen, auf solche Einkünfte zu beschränken, die „zusammengeballt" zufließen. Davon ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum einschließlich einer bspw. erfolgten Entschädigung insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge erhalten hätte (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 2010, IX R 31/09, BStBl 2011, 28).
a) Die dafür notwendige, hypothetische und prognostische Betrachtung orientiert sich grundsätzlich an den Verhältnissen des Vorjahres, das dem Veranlagungszeitraum, in dem die Entschädigung zufließt, am nächsten liegt. Sie gilt für den Normalfall, in dem die Verhältnisse des Vorjahres -- z. B. im Zuge einer normalen Gehaltsentwicklung -- auch diejenigen des Folgejahres mit großer Wahrscheinlichkeit abbilden. Sie gilt aber dann nicht, wenn die Einnahmesituation des Vorjahres durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt ist und sich daraus keine Vorhersagen für den (unterstellten) normalen Verlauf bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ableiten lassen. So beanstandet es der BFH insbesondere bei variablen Gehaltskomponenten nicht, wenn im Wege einer Prognoseentscheidung (auch) auf die Vorjahre zurückgegriffen wird.
b) Im Rahmen der Vergleichsberechnung sind zwei Größen einander gegenüberzustellen: die „Ist-Größe“, also das, was der Steuerpflichtige in dem betreffenden Veranlagungszeitraum (Streitjahr) einschließlich der Entschädigung insgesamt erhält, und die „Soll-Größe", nämlich die Einkünfte, die der Steuerpflichtige bei ungestörter Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses (bei normalem Ablauf der Dinge) erhalten hätte (BFH-Beschluss vom 9. März 2011, IX R 9/10, BFH/NV 2011, 1320). Übersteigt die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlte Entschädigung die bis zum Ende des Veranlagungszeitraums entgehenden Einnahmen nicht, ist das Merkmal der Zusammenballung von Einkünften nur erfüllt, wenn der Steuerpflichtige weitere Einnahmen bezieht, die er bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht bezogen hätte (BFH-Urteil vom 4. März 1998, XI R 46/97, BStBl II 1998, 787).
c) Nach dem Normzweck ist im Rahmen der Vergleichsberechnung zur Ermittlung der Ist-Größe nicht die Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder die Art der vereinnahmten Einkünfte im Streitjahr maßgebend, sondern die potenziell progressionssteigernde Wirkung der tatsächlich bezogenen Einkünfte.
d) Zwar ist die am Normzweck des § 34 EStG orientierte Rechtsprechung des BFH im Wesentlichen zu Entschädigungen im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG entwickelt worden. Sie ist nach Überzeugung des Gerichts aber auch zu beachten, wenn es um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten geht. Der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte Vergleich von „Ist-Größe“, also dem, was die Klägerin im Streitjahr 2010 einschließlich der Entschädigung insgesamt erhalten hat, d. h. hier ihren Einkünften in Höhe von insgesamt 34.392,- € im Jahr 2010 und der „Soll-Größe", d. h. den Einkünften, die sie bei ungestörter Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses weiter erhalten hätte, d. h. ihrem Bruttoarbeitslohn in Höhe von rund 23.096,- €, zeigt, dass insbesondere durch die Vergütung für ihre mehrjährigen Altersvorsorgebeiträge im Jahr 2010 eine Zusammenballung von Einkünften eingetreten ist. Hinzu kommt, dass die Klägerin die im Jahr 2010 erzielten sonstigen Einkünfte, d. h. insbesondere die gesetzliche Altersrente und die Einmalzahlung aus der betrieblichen Altersvorsorge, bei Fortsetzung ihres Arbeitsvertrages mit der Kreissparkasse nicht bezogen hätte.
2. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 EStG ist die auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach besonderen Regeln zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG „Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten“ in Betracht. Die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit liegt vor, wenn sie länger als zwölf Monate dauert und sich wenigstens über zwei Veranlagungszeiträume erstreckt.
a) Gemäß Ziffer 329 des BMF-Schreibens vom 31. März 2010 zur steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung (BStBl I, 270 ff.) erfolgt die steuerliche Behandlung von Leistungen aus einer Direktversicherung, einer Pensionskasse und einem Pensionsfonds in der Auszahlungsphase nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG. Hierbei hängt der Umfang der Besteuerung davon ab, inwieweit die Beiträge in der Ansparphase steuerbefreit gewesen sind.
Ziffer 330 des BMF-Schreibens gibt vor, dass im Fall von Teil- bzw. Einmalkapitalauszahlungen es sich nicht um außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 EStG handelt. Es liegt – so Ziffer 330 – weder eine Entschädigung noch eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vor. Daher kommt die Anwendung der Fünftelregelung des § 34 EStG auf diese Zahlungen nicht in Betracht.
b) Nach Sieker erfasst § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG sämtliche Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1-7 EStG (Sieker in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, Band 15 [§§ 31-34g], § 34, Rn. B 125). Nach Wacker sollte § 34 Abs. 4 Nr. 2 EStG auch auf Kapitaleinkünfte (nachträglicher Eingang von Zinsen) und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Nachzahlung von Nutzungsvergütungen) angewendet werden, da sich auch hier für zusammengeballte Nachzahlungen grundsätzlich derselbe Progressionsanstieg wie bei anderen Einkunftsarten ergibt (Wacker in: Schmidt, EStG-Kommentar, 33. Aufl., § 34 Rn. 39 mit weiteren Literaturnachweisen und Hinweis auf das BFH-Urteil vom 17. Juni 2009, VI R 69/06). Weiter führt Wacker aus, dass § 34 Abs. 4 Nr. 2 EStG auch auf nachträgliche Nachzahlungen von Ruhegehaltsbezügen und die nachträgliche Zahlung von Leibrenten im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG anzuwenden ist (Wacker in: Schmidt, EStG-Kommentar, 33. Aufl., § 34 Rn. 45). Mit Urteil vom 25. Februar 2014 hat der BFH entschieden (X R 10/12, BStBl II 2014, 668, juris-Ausdruck Rn.37, 38), dass § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auch bei Einkünften aus Gewerbebetrieb zur Anwendung kommt.
c) Mit Urteilen vom 23. Oktober 2013 hat der BFH entschieden (BFH-Urteile vom 23. Oktober 2013, X R 3/12, BStBl II 2014, 58 und X R 21/12, BFH/NV 2014, 330), dass seit der Ersetzung des Begriffs „Entlohnung“ durch den der „Vergütung“ § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auch für Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 EStG gilt (vgl. R 34.4 Abs. 1 Satz 2 EStR; Sieker in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 34 Rn. B 125; HHR/Horn, § 34 EStG Rn. 60; Mellinghoff in Kirchhof, a. a. O., § 34 Rn. 27; Schmidt/Wacker, a. a. O., § 34 Rn. 45).
Da die mehrjährige Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG jedes sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckende, der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1-7 EStG dienende Verhalten ist, muss bei den Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) aa) EStG auf die Beitragszahlungen in die Einrichtungen der Basisversorgung (u. a. gesetzliche Rentenversicherungen, berufsständische Versorgungseinrichtungen) abgestellt werden. Nur aufgrund dieser Beitragsleistungen können später Leibrenten und andere Leistungen vereinnahmt werden. Aus der maßgeblichen Sicht des Alterseinkünftegesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl I, 1427) - AltEinkG - kann kein Zweifel am Vorliegen eines mehrjährigen, auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Verhaltens bestehen, da die Kapitalzahlung des Versorgungswerks auf den vom Kläger in dem vom BFH entschiedenen Fall in der Zeit von 1981 bis einschließlich 2004 geleisteten Beiträgen beruht (BFH-Urteil vom 23. Oktober 2010, X R 3/12, a. a. O., juris-Ausdruck Rn.70).
3. Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG muss der Gesetzgeber wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandeln. Dies gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird hier, insbesondere im Bereich des Einkommensteuerrechts, vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes. Dies gilt auch für die Ausgestaltung der Steuertarife. Im Hinblick auf die Belastungsgleichheit macht es keinen Unterschied, ob Einkünfte, welche die gleiche Leistungsfähigkeit repräsentieren, in unterschiedlicher Höhe in die Bemessungsgrundlage einfließen oder ob sie einem unterschiedlichen Tarif unterworfen werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 2010, IX R 56/09, BStBl II 2011, 409, juris-Ausdruck Rn. 23 und 24 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen des BVerfG).
4. Unter Beachtung dieser Grundsätze sowie der BFH-Urteile vom 23. Oktober 2013 zu § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) aa) EStG i. V. m. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ist die infolge der von der Klägerin gewählten Kapitalauszahlung ihres Altersvorsorgevertrages zum 3. November 2010 erfolgte Einmalauszahlung des bis dahin angesparten Kapitals in Höhe von 16.923,88 € dem ermäßigten Tarif nach der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG zu unterwerfen, zumal der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, auch die streitige Kapitalauszahlung des Altersvorsorgevertrages dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1 EStG zu unterwerfen.
a) Im Streitfall hat die Klägerin für ihre externe betriebliche Altersversorgung über acht Veranlagungszeiträume seit September 2003 hinweg in Form von umgewandeltem Entgelt Beitragszahlungen an die Pensionskasse geleistet. Da die mehrjährige Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG jedes sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckende, der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1-7 EStG dienende Verhalten ist, muss auch bei den Einkünften gemäß § 22 Nr. 5 S. 1 EStG auf die Beitragszahlungen in Altersvorsorgeverträge, Pensionsfonds und Pensionskassen und Direktversicherungen abgestellt werden. Diese stellen zwar keine Einrichtungen der Basisversorgung (wie die gesetzliche Rentenversicherungen, berufsständische Versorgungseinrichtungen), aber Formen der externen betrieblichen Altersversorgung dar (Weber-Grellet in: Schmidt, EStG-Kommentar, 34. Aufl., § 22 Rn. 125). Aus der Sicht des AltEinkG handelt es sich - wie bei den Beitragszahlungen in die Basisversorgung - auch bei den Beiträgen des Steuerpflichtigen in betriebliche Altersvorsorgeformen um auf die Erzielung von sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 5 S. 1 EStG gerichtetes Verhalten, das über einen mehrjährigen Zeitraum angelegt ist.
Dass die Beitragszahlungen in die Basisversorgung und die betriebliche Altersversorgung gleich zu behandeln sind, ergibt sich aus der Neuregelung der Besteuerung der Renten durch das AltEinkG. In diesem hat der Gesetzgeber im sog. „Drei-Schichten-Modell“ die Besteuerung der Altersrenten geregelt. In der 1. Schicht hat er die Basisversorgung, d. h. die Besteuerung der Versorgung durch die gesetzliche Rentenversicherung, die landwirtschaftlichen Alterskassen, die berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die sog. Rürup-Rente geregelt. Ihre (Voll)-Besteuerung ergibt sich aus § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) aa) EStG. In der 2. Schicht ist die Zusatzversorgung durch die betriebliche Altersvorsorge und die Riester-Rente geregelt worden. Ihre (Voll)-Besteuerung ergibt sich aus § 22 Nr. 5 S. 1 EStG. In der 3. Schicht sind die sog. Kapitalanlageprodukte geregelt, die der Alterssicherung dienen können, es im Gegensatz zu den beiden vorgenannten aber nicht müssen. Ihre Besteuerung erfolgt gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) bb) EStG mit dem Ertragsanteil, der vom Beginn der Rente und der Vollendung des Lebensjahres des Rentenberechtigten abhängt (vgl. Weber-Grellet in: Schmidt, EStG-Kommentar, 34. Aufl., § 22 Rn. 3).
b) Dass die sonstigen Einkünfte der Klägerin vorliegend als außerordentlich zu qualifizieren sind, ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei der Einmalkapitalauszahlung um eine einmalige Vergütung im Rahmen der sonstigen Einkünfte handelt, die das zusammengeballte Ergebnis ihrer infolge der Entgeltumwandlung in die Pensionskasse in den vorangegangenen acht Jahren geleisteten Beiträge gewesen ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 12. November 2013, VIII R 36/10, BStBl II 2014, 168). Überdies entspricht die Zusammenballung der Einkünfte im Streitfall nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der von der Klägerin in Form von monatlichen Rentenleistungen ab dem 1. Januar 2015 beabsichtigten Einkünfteerzielung im Sinne von § 22 Nr. 5 S. 1 EStG. Allein der vorzeitige Eintritt der Klägerin in den Ruhestand zum 1. Januar 2010, der Bezug der Kapitalabfindung nach § 4 Abs. 7 der allgemeinen Versicherungsbedingungen für eine betriebliche Versorgung zum Teilversicherungsschein der Klägerin auf Vorschlag ihres Arbeitgebers und der Sparkassen-Pensionskasse AG (FG-Akte, Bl.141,142) und die infolgedessen von ihr am 23. Oktober 2009 gemeinsam mit der Kreissparkasse gewählte Kapitalauszahlung zum 3. November 2010 hat zu der vorzeitigen und atypischen Kapitalauszahlung der vertraglich zunächst ab Januar 2015 vorgesehenen monatlichen Rentenzahlungen geführt. Dass es sich bei der Einmalauszahlung an die Klägerin um einen atypischen Verlauf des Altersvorsorgevertrages gehandelt hat, ergibt sich zum einen daraus, dass dieser in der Auszahlungsphase zunächst auf Rentenzahlungen ausgerichtet gewesen ist (vgl. § 3 Abs. 2 BetrAVG und § 4 Abs. 1 und 2 des Teilversicherungsscheines; FG-Akte, Bl.141) und dass die Kapitalabfindung zum anderen nach § 4 Abs. 7 i. V. m. § 4 Abs. 2 des Teilversicherungsscheines von ihrem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer und der Sparkassen-Pensionskasse AG unter Verzicht auf die in § 4 Abs. 7 i. V. m. Abs. 2 des Teilversicherungsscheines aufgeführte Dreijahresfrist bereits am 3. November 2010 ausgezahlt worden ist. Im Sinne des BFH-Urteils vom 23. Oktober 2013 X R 3/12 zur Basisversorgung hat die Zusammenballung der sonstigen Einkünfte der Klägerin im Streitfall im Jahr 2010 deshalb nicht dem geplanten typischen Ablauf entsprochen, weil nach § 4 Abs. 1 des Teilversicherungsscheines zunächst beabsichtigt gewesen ist, die sonstigen Einkünfte ab der Vollendung des 65. Lebensjahres als Altersrente auszubezahlen. Hinzu kommt, dass - wie bei der Basisversorgung – wesentliches Charakteristikum auch der nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG zu versteuernden Einkünfte ist, dass sie neben der Basisversorgung ergänzend der Lebenshaltungssicherung des Steuerpflichtigen nach dem Erreichen der Altersgrenze von 65 Lebensjahren dienen bzw. bei Berufsunfähigkeit nach Vollendung des 60. Lebensjahres gezahlt werden. Dies zeigt, dass die betriebliche Altersvorsorge wie die Basisvorsorge typischerweise nach der Grundkonzeption des AltEinkG darauf ausgerichtet ist, als Altersrente der Lebensunterhaltssicherung zugute zu kommen (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 2013, X R 3/12, a. a. O., juris-Ausdruck Rn.74 und 75).
c) Ebenso wie Beitragszahlungen in der Ansparphase in die Basisversorgung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu behandeln sind, muss dies auch bei Beitragsleistungen in externe betriebliche Altersversorgungssysteme gelten. Andernfalls könnten Beitragsleistungen in Basisversorgungssysteme tarifermäßigt besteuert werden, während Leistungen in (externe) betriebliche Altersversorgungssysteme nicht tarifermäßigt behandelt werden könnten, obgleich der Gesetzgeber nach dem 3 Schichten Modell des AlteinkG gerade die Basisversorgung und die Zusatzversorgung durch die betriebliche Altersversorgung weitgehend gleichstellen wollte.
Mit der Tarifermäßigung will der Gesetzgeber bei außerordentlichen Einkünften, die mit laufenden Einkünften zusammentreffen, die durch die außerordentlichen Einkünfte ausgelöste Progressionswirkung, der keine nachhaltige Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zugrunde liegt, abmildern (vgl. Wacker in: Schmidt, EStG-Kommentar, 33. Aufl. § 34 Rn. 1). Die unterschiedliche Behandlung bei Einmalauszahlungen von Beitragsleistungen der Basisversorgung einerseits und der betrieblichen Altersversorgung andererseits bei sonst gleichen Verhältnissen, die zur Zusammenballung von sonstigen Einkünften führen, hätte zur Folge, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip und das Gebot der Folgerichtigkeit nicht beachtet würden. Eine solche Ungleichbehandlung innerhalb der sonstigen Einkünfte, die daran anknüpft, dass Beiträge in die Basisversorgung tarifbegünstigt wären, während Beiträge in die betriebliche Altersvorsorge nicht tarifbegünstigt wären, würde eingedenk des AltEinkG ohne sachlichen Grund erfolgen, wäre nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren und widerspräche dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, zumal in der Auszahlungsphase sowohl die Bezüge aus der Basisversorgung als auch einer betrieblichen Altersversorgung zum einen nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst a) aa) EStG und zum anderen nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG als sonstige Einkünfte zu versteuern sind.
d) Eine ungleiche Behandlung der sonstigen Einkünfte gemäß § 22 Nr. 5 S. 1 EStG gegenüber den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) aa) EStG, für die im Falle ihrer Zusammenballung bei einer Einmalkapitalauszahlung § 34 EStG anzuwenden ist, während dies bei den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 5 S. 1 EStG nach dem BMF-Schreiben vom 32. März 2010 ausgeschlossen sein soll, ist durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt. Das BMF-Schreiben enthält insofern keinerlei Anhaltspunkte. Solche sind auch nicht ersichtlich. Als sachlicher Grund kommt insbesondere nicht in Betracht, dass es sich bei der im vom BFH entschiedenen Fall X R 3/12 erfolgten Kapitalauszahlung, die nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) aa) EStG besteuert worden ist, um eine solche gehandelt hat, die im Rahmen der Basisversorgung erfolgt ist. Wesentliches Merkmal der Basisversorgung ist, dass die grundsätzlich auszuzahlende Rente erst bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze bzw. Erwerbsunfähigkeit gezahlt wird und als Entgeltersatzleistung der Lebenshaltungssicherung zugute kommen soll. Dies wird grundsätzlich dadurch sichergestellt, dass die Rentenversicherungsansprüche nicht beleihbar, nicht vererblich, nicht veräußerbar, nicht übertragbar und nicht kapitalisierbar sind (BFH-Urteile vom 23. Oktober 2013, X R 3/12, a. a. O., juris-Ausdruck Rn. 75 und vom 14. Juli 2010, X R 37/08, BStBl II 2011, 628 juris-Ausdruck Rn. 25 ff.).
Die betriebliche Altersvorsorge, die zur 2. Schicht der kapitalgedeckten Zusatzversorgung gehört, ist im BetrAVG geregelt und ist der Basisversorgung weitgehend angenähert. Auch sie hängt grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 BetrAVG vom Erreichen einer Regelaltersgrenze ab und ist nicht vererblich, d. h. die Hinterbliebenen haben nach § 2 Abs. 1 BetrAVG nur einen eigenen, nicht etwa ererbten Anspruch gegen den Versicherungsträger. Insbesondere im Fall der im Streitfall vorliegenden Entgeltumwandlung ist nach § 1b Abs. 5 S. 1 Nr. 3 BetrAVG das Recht zur Verpfändung, Abtretung oder Beleihung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 1 BetrAVG dürfen die unverfallbaren Anwartschaften im Sinne des § 1b Abs. 1 S. 1 BetrAVG nur unter den Voraussetzungen der Abs. 2 ff. übertragen werden. Und schließlich dürfen unverfallbare Anwartschaften, d. h. solche, bei denen das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles, jedoch nach Vollendung des 25. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage mindestens fünf Jahre bestanden hat, nur unter den in den nach § 3 Abs. 2 ff. BetrAVG aufgeführten Voraussetzungen durch gesonderten Ausweis und Einmalzahlung (vgl. § 3 Abs. 6 BetrAVG) abgefunden werden.
Nach der gesetzlichen Konzeption des BetrAVG ist demnach die Rentenzahlung im Rahmen der ergänzenden betrieblichen Altersvorsorge die Regel, während die Einmalzahlung gemäß § 3 Abs. 6 BetrAVG die Ausnahme darstellt. Damit handelt es sich bei der Kapitalabfindung - wie bei der Basisversorgung und wie bereits ausgeführt – um einen atypischen Verlauf und die tatsächliche Verwendung der betrieblichen Altersversorgung als Altersversorgung wird wie bei der Basisversorgung grundsätzlich dadurch sichergestellt, dass auch die betrieblichen Versorgungsansprüche nicht beliehen, nicht vererbt, nicht veräußert, nicht übertragen und nicht kapitalisiert werden können. Demnach ist die betriebliche Altersversorgung vom Grundsatz her, als zweite Säule der Altersversorgung, die neben der Basisversorgung als Entgeltersatzleistung ebenfalls ergänzend der Lebensunterhaltungssicherung dient, nach den gesetzlichen Vorgaben des AltEinkG und des BetrAVG mit der Basisversorgung gleich zu behandeln. Allein die dritte Schicht der Kapitalanlageprodukte, d. h. insbesondere die kapitalgedeckten Lebensversicherungen, die vererblich, übertragbar, beleihbar und kapitalisierbar sind, können demnach nicht mit der Basisversorgung gleich behandelt werden. Dies zeigt sich im Übrigen schon daran, dass sie - da in der Regel aus versteuertem Einkommen aufgebaut - gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) bb) EStG nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden.
Dass der Gesetzgeber auch im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge ein Bedürfnis nach progressionsmildernden Regelungen für den Fall des Bezugs von Einmalleistungen gesehen hat, zeigen zudem die Beratungen zum AlteinkG. Im Rahmen dieser hatte der Finanzausschuss zunächst vorgesehen, bei Einkünften aus Kapitallebensversicherungen, die gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG steuerpflichtig sein sollten, die eintretende Progressionswirkung durch Schaffung eines § 34 Abs. 2 Nr. 6 EStG abzumildern. Im Vermittlungsausschuss wurde dem indes weitgehend dadurch Rechnung getragen, dass anstelle des § 34 Abs. 2 Nr. 6 EStG unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG lediglich die Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge anzusetzen ist (vgl. Anlage zu BT-Drucks. 15/3230 und BFH-Urteil vom 23. Oktober 2013, X R 3/12, a. a. O., juris-Ausdruck, Rn.77).
e) Dass die auf die Basisversorgung bezogenen Entscheidungen des BFH vom 23. Oktober 2013 auf die betriebliche Altersversorgung zu übertragen sind und § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG bei Einmalkapitalauszahlungen aus einer betrieblichen Zusatzversorgung, bei denen es sich um außerordentliche Einkünfte handelt, entgegen Ziffer 330 des BMF-Schreibens vom 31. März 2010 aufgrund der Zusammenballung von Einkünften greift, ergibt sich zudem aus einem Vergleich von nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG zu besteuernden „Rentenbezügen“ aus einer betrieblichen Altersversorgung und einer „Einmalkapitalauszahlung“. Während Rentenbezüge nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG in der Auszahlungsphase jährlich im jeweiligen Veranlagungszeitraum besteuert werden, würden Einmalkapitalauszahlungen ohne Berücksichtigung des § 34 EStG trotz der durch die einmalige Zusammenballung erhöhten Steuerbelastung der sonstigen Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 5 S. 1 EStG nach der vom Beklagten und vom BMF vertretenen Auffassung im Jahr ihrer Auszahlung ohne Tarifermäßigung besteuert.
Auch dies ist mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, da ansonsten unter Außerachtlassung des § 34 EStG die sonstigen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG i. V. m. § 22 Nr. 5 S. 1 EStG anders behandelt würden als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG i. V. m. § 19 EStG oder - wie bereits dargelegt - als die sonstigen Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) aa) EStG oder als die gewerblichen Einkünfte gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG i. V. m. § 15 EStG, ohne dass ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Grund für die unterschiedliche Behandlung innerhalb der Einkunftsarten vorläge.
f) Da § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG allein an die in der Auszahlungsphase eingetretene Zusammenballung von sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG anknüpft, kann der Anwendung der Tarifermäßigung schließlich auch nicht entgegenstehen, dass die Klägerin im Rahmen der am 12. September 2003 vereinbarten Entgeltumwandlung in der Ansparphase nach § 3 Nr. 63 EStG die Steuerfreiheit der von ihr geleisteten Beiträge gewählt hat. Der vom Gesetzgeber zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung durch Art. 1 Nr. 2 c) des AltEinkG eingeführte § 3 Nr. 63 EStG, der die Steuerfreiheit der Arbeitgeberbeiträge in das jeweilige Altersvorsorgesystem in der Ansparphase regelt, kann nicht zur Folge haben, dass die Anwendung des § 34 EStG, der allein darauf gerichtet ist, die durch die Zusammenballung von Einkünften höhere Progressionswirkung abzumildern, in der Auszahlungsphase ausgeschlossen ist.
g) Nach alledem ist auf die Einmalkapitalauszahlung in Höhe von 16.923,88 €, die nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG zu versteuern ist, die Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden. Die Berechnung der Tarifermäßigung wird nach § 100 Abs. 2 S. 2 FGO dem Beklagten aufgegeben.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der von der Beklagten zu tragenden Kosten ergibt sich aus §§ 151 Abs. 2 und 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzung für die Zulassung der Revision liegen vor (§ 115 Abs. 2 FGO). Mit Urteil vom 23. Oktober 2013 hat der BFH die Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG auf die sonstigen Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) aa) EStG angewendet (BFH-Urteile vom 23. Oktober 2013, X R 3/12 und X R 21/12 a. a. O.). Um höchstrichterlich zu klären, ob die Tarifermäßigung auch im Fall sonstiger Einkünfte gemäß § 22 Nr. 5 S. 1 EStG greift, hat das Gericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Hierbei hat es auch berücksichtigt, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Verabschiedung des AltEinkG seinerzeit zunächst selbst erwogen hatte, § 34 Abs. 2 EStG bei Kapitallebensversicherungen, bei denen die Erträge zusammengeballt zufließen, um eine Nr. 6 zu erweitern (BT-Drucks. 15/3004, S. 21 und BFH-Urteil vom 23. Oktober 2013, X R 3/12, a. a. O., juris-Asdruck, Rn. 77). Auch das BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014 und insbesondere die Rz. 204 zur Basisversorgung und zu § 34 Abs. 1 EStG ändern hieran nichts (BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014, BStBl I, S. 70 ff. Rz.204 <S.74>).