VG Freiburg: Haftung des Gesellschafters für eine Gewerbesteuerschuld der GbR
VG Freiburg, Urteil vom 13.1.2015 – 5 K 2543/13
Leitsätze
1. Durch einen wirksam bekanntgegebenen und bestandskräftig gewordenen GewSt-Meßbescheid wird für die Verwaltungsgerichte u. a. verbindlich geregelt, ob eine GbR durch Übertragung aller Gesellschaftsanteile mit der Wirkung einer Gesamtrechtsnachfolge des Erwerbers beendet wurde oder hinsichtlich der GewSt-Schuld als Steuerpflichtige fiktiv fortbesteht.
2. Der Gesellschafter einer GbR haftet gem. § 128 HGB analog für GewSt-Schulden der Gesellschaft auch nach der Beendigung oder Abwicklung der Gesellschaft.
3. Der Gesellschafter kann im Haftungsverfahren nach Rechtskraft des gegen die Gesellschaft ergangenen Urteils keine Einwände mehr gegen die Gesellschaftsschuld geltend machen.
4. Die für die Gesellschafterhaftung nach § 191 Abs. 4 AO maßgebliche 3-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt erst mit dem späteren Erlass des Steuerbescheids und nicht etwa bereits mit der früheren Entstehung des zivilrechtlichen Haftungsanspruchs zur Zeit der Verwirklichung
des Besteuerungstatbestands.
5. Eine Begrenzung der Nachhaftung des Gesellschafters i. S. v. §§ 159, 160 HGB findet nicht statt, solange die Gesellschaft zur Abwicklung ihrer steuerrechtlichen Verhältnisse fiktiv fortbesteht und daher weder eine Auflösung der Gesellschaft noch ein Ausscheiden des Gesellschafters zu berücksichtigen ist.
6. Eine fehlerhafte vorangegangene Aufhebung des Steuerbescheids wegen vermeintlich fehlender Steuerpflicht der Gesellschaft ist nicht geeignet, zugunsten des Gesellschafters einen Vertrauenstatbestand i. S. einer Verwirkung des Haftungsanspruchs zu begründen, solange die Gesellschaft noch als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen werden kann.
Sachverhalt
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Haftung für Gewerbesteuer für das Jahr 2ooo.
Die Klägerin, eine GmbH, war zu einem Drittel Gesellschafterin der T &F GbR (künftig nur GbR) mit ursprünglich drei Gesellschaftern. Die GbR war zu dem Zweck gegründet worden, ein bebautes Grundstück zu erwerben, zu entwickeln und zu verwerten. Der Kauf kam am 18.5.2000 zustande. Der Abbruch der Altgebäude und deren Entsorgung war nach dem Kaufvertrag im Wesentlichen Angelegenheit der Erwerberin. Von dem Gesamtkaufpreis in Höhe von 2,95 Mio DM zahlten die Gesellschafter 500.000,- DM an.
Mit Wirkung vom 22.09.2000 schied die dritte Gesellschafterin aus; ihr Anteil wurde von der anderen Gesellschafterin übernommen. Am selben Tag schlossen die verbliebenen Gesellschafterinnen mit einer Aktiengesellschaft einen notariell bekundeten. Kauf- und Abtretungsvertrag". ln § 2 des Vertrags heißt es, die Gesellschafterinnen verkauften ihre Stellung an der GbR im Wege der Abtretung. Das Unternehmen der GbR gehe ohne Liquidation mit allen Vermögenswerten auf den Käufer über. Der Käufer trete damit auch in alle Rechte und Pflichten aus dem früheren Kaufvertrag ein, soweit in diesem Kauf- und Abtretungsvertrag keine abweichende Bestimmung getroffen sei, wie insbesondere zu der Mitwirkungsverpflichtung der Gesellschafterinnen bei der Räumung des Grundstücks. Vorsorglich werde auch der Auflassungsanspruch an den Käufer abgetreten. ln § 3 Nr. 5 des Vertrags wurde geregelt. Dass die sich aus dem Grundstückskaufvertrag ergebenden Pflichten bezüglich der Räumung des Grundstücks bei den Gesellschafterinnen verbleiben sollten und die Gesellschafterinnen gegenüber dem jetzigen Käufer zur Räumung des Grundstücks verpflichtet seien. Der Vertrag wurde vollzogen.
Nachdem ein Gewerbesteuermessbescheid gegen die GbR vom 23.01.2003 vom Finanzamt als nichtig beurteilt und ein dementsprechend erlassener Gewerbesteuerbescheid der Beklagten vom gleichen Tage aufgehoben war und die von der GbR gezahlte Gewerbesteuer erstattet worden war), erließ das Finanzamt gegen die Erwerberin der Gesellschaftsanteile einen Gewerbesteuermessbescheid, den es jedoch am 18.09.2006 wieder aufhob. Stattdessen erließ das Finanzamt am 20.12.2006 gegenüber der GbR erneut einen Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2000 über 4.193,13 EUR.
Mit Gewerbesteuerbescheid vom 06.11.2007 setzte die Verwaltungsgemeinschaft für die Beklagte die von der GbR für das Jahr 2000 zu bezahlende Gewerbesteuer auf 16.596,53 EUR zzgl. Zinsen (für .die Zeit vom 01.04.2002 bis zum 09.11.2007) von 5.544,- EUR fest. Mit Bescheid vom gleichen Tag setzte sie die Vollziehung aus. Die GbR erhob keinen Widerspruch.
Mit weiterem Bescheid vom 25.10.2011 hob die Verwaltungsgemeinschaft für die Beklagte die Aussetzung der Vollziehung auf und setzte Aussetzungszinsen in Höhe von 3.723,- EUR fest.
Nunmehr legte die GbR am 28.11.2011 Widerspruch gegen die Aufhebung der Aussetzung der Vollziehung ein und machte geltend, der Gewerbesteuerbescheid sei nichtig.
Mit Bescheid vom 14.12.2011 lehnte die Verwaltungsgemeinschaft es für die Beklagte ab, festzustellen, dass ihr Gewerbesteuerbescheid vom 06.11.2007 nichtig sei. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Landratsamt mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2012 zurück.
Das Finanzgericht wies die Klage der GbR gegen den Gewerbesteuermessbescheid mit Urteil vom 24.03.2011 (3 K1562/08) zurück und führte aus: Der Ertrag aus der mit Vertrag vom 22.09.2000 vereinbarten Veräußerung unterliege der Gewerbesteuer. Die GbR sei hierfür steuerpflichtig. Die Erwerberin sei nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der GbR. Bei dem Kauf- und Abtretungsvertrag handele es sich entgegen seiner Bezeichnung nicht um einen Vertrag über den Verkauf von Gesellschaftsanteilen, sondern um einen Kauf- und Abtretungsvertrag über Teile des Gesellschaftsvermögens. Deshalb gelte die GbR gegenüber dem Finanzamt bzw. der gewerbesteuererhebenden Gemeinde so lange als fortbestehend, wie noch Ansprüche hinsichtlich der Gewerbesteuer abzuwickeln seien. Die Beschwerde der GbR wegen Nichtzulassung der Revision gegen das genannte Urteil des Finanzgerichts wies der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 15.03.2012 (IV B 123/11) als unbegründet zurück
Ein Antrag der GbR auf Aussetzung der Vollziehung des Gewerbesteuerbescheids und des Bescheids über Aussetzungszinsen hatte bei der Kammer und beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg keinen Erfolg (5 K 200/12; 2 S 733/12).
Die GbR erhob wegen der festgesetzten Gewerbesteuer und der festgesetzt n Aussetzungszinsen jeweils Klage, welche die Kammer mit Urteilen vom 20.09.2013 abwies (5 K 766/12, 5 K 791/12). Die Anträge der GbR auf Zulassung der Berufung hatten keinen Erfolg (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.08.2014 - 2 S 2258/13 und 2 S 2311/13).
Am 06.09.2012 unternahm die Verwaltungsgemeinschaft für die Beklagte einen erfolglosen Vollstreckungsversuch gegenüber der GbR.
Mit dem hier angefochtenen Haftungsbescheid vom 19.12.2012 nahm die Verwaltungsgemeinschaft für die Beklagte die Klägerin als ehemalige Gesellschafterin und Haftungsschuldnerin für die Gewerbesteuerschuld (16.596,53 EUR) nebst Säumniszuschlägen für die Zeit vom 12.11.20.11 bis 11.01.2013 (2.310,- EUR), Zinsen zur Gewerbesteuer (5.5.44,- EUR), Aussetzungszinsen für die Zeit vom 11.12.2007 bis zum 10.09.2011), eine Mahngebühr wegen Mahnung der GbR vom 19.01.2012 (75,- EUR) und Gerichtsvollzieherkosten (20,50 EUR) in Höhe von insgesamt 28.269,03 EUR in Anspruch und forderte sie zur Zahlung auf. ln Anspruch genommen wurden auch der Geschäftsführer der Klägerin sowie die andere Gesellschafterin der GbR und deren Geschäftsführer.
Die Klägerin erhob am 14.01.2013 Widerspruch, den das Landratsamt mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2013 zurückwies.
Die Klägerin hat am 04.12.2013 Klage erhoben. Sie trägt vor:
Eine Steuerschuld der GbR sei nicht entstanden; jedenfalls sei sie verjährt. Als ehemalige Gesellschafterin hafte sie auch nicht für die etwa entstandene Steuerschuld der GbR. Insbesondere seien die Voraussetzungen für eine akzessorische Gesellschafterhaftung nicht gegeben. Denn die Gewerbesteuerschuld sei erst am 31.12.2000 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt sei sie aber nicht mehr Gesellschafterin der GbR gewesen, da diese schon am 22.09.2000 durch Übertragung aller ihrer Gesellschaftsanteile erloschen gewesen sei. Insoweit hülfen auch die Vorschriften über die Auseinandersetzung der Gesellschaft nicht weiter.
Weiter sei die evtl. entstandene Steuerschuld jedenfalls gegenüber der GbR verjährt, da ihr gegenüber bis zum 31.12.2007 wirksam kein Steuerbescheid bekanntgegeben worden sei. Darauf könne sie sich als Haftungsschuldnerin berufen.
Griffen diese Einwände nicht durch, habe die Beklagte jedenfalls deshalb ermessensfehlerhaft gehandelt, weil sie die Steuer nicht gegenüber der zahlungsfähigen Erwerberin der Gesellschaftsanteile festgesetzt habe. Insoweit könne der Klägerin nicht etwa vorgehalten werden, dass sie nicht auf eine Begleichung der Steuerschuld durch die GbR hingewirkt habe, weil sie bei Entstehung der Steuerschuld nicht mehr Gesellschafterin gewesen sei.
Im Übrigen sei ihre Nachhaftung gemäß § 160 BGB auf fünf Jahre nach dem Ausscheiden begrenzt. Die Vorschrift sei auch auf den Fall des Ausscheidens bei einer zweigliedrigen GbR durch Vereinigung aller Anteile in einer Hand anwendbar. Auf die Festsetzung der Steuer gegenüber der GbR vom 06.11.2007 sei insoweit nicht abzuheben, weil die Fünf-Jahres-Frist ab Kenntnis des Gläubigers von der Beendigung der Gesellschafterstellung laufe. Diese Kenntnis habe die Beklagte spätestens im Jahr 2005 durch Mitteilung des Finanzamts Freiburg-Land erhalten.
Schließlich sei ein etwa entstandener Haftungsanspruch bei seiner Festsetzung gegenüber der Klägerin nach jeder denkbaren Betrachtungsweise verjährt oder jedenfalls verwirkt gewesen. Daran ändere der Festsetzungsbescheid vom 06.11.2007 nichts, weil es der Beklagten verwehrt sei, einen bestandskräftigen Bescheid (hier den aus dem Jahr 2003) nur deshalb zu wiederholen, um eine Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist zu bewirken. Für eine Verwirkung spreche der lange Zeitablauf bis zu ihrer Inanspruchnahme der Klägerin und der Umstand, dass die Beklagte den ersten Gewerbesteuerbescheid wieder aufgehoben gehabt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid nebst Zahlungsaufforderung der Verwaltungsgemeinschaft vom 19.12.2012 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts vom 04.11.2013 aufzuheben;
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, den angefochtenen Haftungsbescheid zu widerrufen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Begründung der angefochtenen Bescheide.
ln der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten mitgeteilt, dass die Klägerin am 19.12.2013 auf die Gewerbesteuerschuld der GbR gezahlt habe.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 13.01.2015 vorgetragen, der Anfechtungsklage sei schon deshalb stattzugeben, weil sie vor Rechtskraft des Haftungsbescheids 19.12.2013 gezahlt habe.
Der Kammer liegen je ein Heft Gewerbesteuerakten des Gemeindeverwaltungsverbands und des Landratsamts sowie Gerichtsakten in den Verfahren 5 K 766/12 und 5 K 791/12 vor.
AUS DEN GRÜNDEN
Über die Klage entscheidet der Vorsitzende als Einzelrichter(§ 6 VwGO).
Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz gibt der Kammer keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Denn damit unterstreicht die Klägerin nur eine Rechtsauffassung, die sie bereits in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hatte.
Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet; denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für den Haftungsbescheid ist § 191 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AO. Die Klägerin haftet zwar nicht nach den Steuergesetzen, aber zivilrechtlich als Gesellschafterin der GbR für deren Steuerschuld.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Übertragungsvertrag vom 22.09.2000 nicht zur Beendigung der GbR bzw. zu einer Gesamtrechtsnachfolge der Erwerberin geführt. Die GbR bestand und besteht vielmehr (nur) hinsichtlich der gewerbesteuerrechtlichen Ansprüche (fiktiv) fort. Das regelt der bestandskräftig gewordene Gewerbesteuermessbescheid. ln den zu diesem ergangenen finanzgerichtlichen Entscheidungen ist auch festgestellt, dass der Gewerbesteuermessbescheid durch Bekanntgabe an die GbR wirksam geworden ist. An den Gewerbesteuermessbescheid und die dazu ergangene Rechtsprechung der Finanzgerichte sind die Verwaltungsgerichte gebunden (vgl. Kammerurt. v. 20.09.2013 5 K 766/12 - und VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.08.2014 2 S 2258/13 - juris - sowie schon VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.06.2012 - 2 S 733/12- NVwZ-RR 2012, 942; auf die dortigen Ausführungen kann die Kammer Bezug nehmen).
Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften die Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§ 705 ff. BGB) für die Gesellschaftsschulden akzessorisch (§ 128 HGB entsprechend; vgl. Schäfer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., 2013, § 714 Rdnr. 35 m.w.N.; vgl. auch Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl., 2012, § 69 Rdnr. 166). Diese Haftung ist durch den so bezeichneten Verkauf der Anteile im September 2000 oder jedenfalls durch die Abwicklung der GbR (nach der im Kaufvertrag bestimmten Räumung des Grundstücks und Auflösung der Konten) nicht etwa beendet worden; denn die GbR besteht nach den in den oben genannten Entscheidungen ausgeführten Grundsätzen solange fiktiv fort, bis die steuerrechtlichen Pflichten erfüIIt (oder etwa durch Verjährung erloschen) sind.
Ins Leere geht damit auch der Einwand der Klägerin, ein Haftungsbescheid habe ihr gegenüber im Jahr 2012 nicht mehr ergehen können, weil zu diesem Zeitpunkt die Gewerbesteuerschuld der GbR jedenfalls verjährt gewesen sei .(vgl. § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO). Denn mit der Bestandskraft des Gewerbesteuerbescheids vom 06.11.2007 steht fest, dass die Gewerbesteuerschuld bei ihrer Festsetzung gegenüber der GbR nicht verjährt (und damit nicht nach § 47 AO erloschen) war; seither lief gegenüber der GbR die fünfjährige Zahlungsverjährung (§ 228 Satz 2, § 229 AO), die zudem durch einen vergeblichen Vollstreckungsversuch unterbrochen worden war (§ 231 Abs. 1 AO).
Dass die Klägerin Einwände gegen die Gesellschaftsschuld nicht mehr geltend machen kann, ergibt sich im Übrigen schon aus der Rechtskraft des gegen die GbR ergangenen Urteils (vgl. § 129 Abs. 1 HGB und hierzu Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl. 2014,§ 129 Rdnr. 7).
Dass die Beklagte die Klägerin ermessensfehlerhaft als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen hätte, ist nicht ersichtlich. Aus einer Verschonung der Erwerberin der Gesellschaftsanteile kann dies nicht folgen; denn diese war nach den oben angeführten Entscheidungen nicht Rechtsnachfolgerin der GbR und damit auch nicht Schuldnerin der bis zum 31.12.2000 gegenüber der GbR angefallenen Gewerbesteuer. Sämtliche in Frage kommenden Haftungsschuldner - das sind die beiden Gesellschafter der GbR und ihre Geschäftsführer - hat die Beklagte in Anspruch genommen.
Die gesellschaftsrechtliche Haftung der Klägerin ist auch nicht etwa bei Erlass des Haftungsbescheids im Sinne von§ 191 Abs. 4 AO (nach zivilrechtlichen Vorschriften) verjährt gewesen.
Zwar ist insoweit grundsätzlich § 195 BGB (dreijährige Verjährung) einschlägig (Rüsken a.a.O. Rdnr. 101a). Diese Frist begann aber erst mit Erlass des Gewerbesteuerbescheids vom 06.11.2007. Richtig ist zwar, dass eine Haftungsforderung gemäß § 191 Abs. 1 AO vor der Steuerschuld entstehen kann. Haftungsgrund ist aber nicht ein vor der Entstehung der Steuerschuld gegebenes Verhalten der Klägerin, sondern die Steuerschuld der GbR als solche; ihr folgt die gesellschaftsrechtliche Haftung der Klägerin.
Die Verjährung der Steuerschuld wurde durch die Aussetzung der Vollziehung bis zum 25.10.2011 unterbrochen (§ 231 Abs. 1 AO). Diese Unterbrechung der Verjährung wirkte auch gegenüber den Gesellschaftern der GbR (§ 129 Abs. 1 HGB; vgl. auch Rüsken a.a.O. § 191 Rdnr. 102) und damit gegenüber der Klägerin.
Auf die Sonderverjährungsvorschriften des § 159 Abs. 1 oder des § 160 HGB (entsprechend) kann sich die Klägerin nicht berufen. Denn weder wurde die GbR nach den hier maßgeblichen steuerrechtlichen Betrachtung aufgelöst noch ist die Klägerin bei ihr ausgeschieden. Vielmehr bestand und besteht die GbR von Rechts wegen fiktiv fort; ein Rechtsübergang der GbR als solche auf die Erwerberin fand nicht statt.
Die Beklagte hat den Haftungsanspruch auch nicht verwirkt. Es fehlt - neben dem erforderlichen Zeitmoment - jedenfalls an einem Umstand, mit dem die Beklagte gegenüber der Klägerin ein Vertrauen begründet hätte, diese nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Dass die Beklagte im Jahr 2005 den ersten Gewerbesteuerbescheid infolge der damaligen Erkenntnis des Finanzamts, die GbR schulde die Gewerbesteuer für das Jahr 2000 nicht, vielmehr ihre Erwerberin, gegenüber der Beklagten aufgehoben hatte, stellt keinen solchen Umstand dar. Vielmehr durfte die GbR und damit auch die Klägerin als ihr Gesellschafter vor einer abschließenden Beurteilung des Finanzamts dazu, ob die GbR oder aber die Erwerberin des Grundstücks (als Anteilserwerberin) Schuldner der Gewerbesteuer sein werde und vor einer bestandskräftigen Regelung durch einen Gewerbesteuermessbescheid, schutzwürdig nicht erwarten, nicht mehr zur Gewerbesteuer für das Jahr 2000 herangezogen zu werden; seit Erlass des Gewerbesteuerbescheids vom 06.11.2007 gegenüber der GbR musste die Klägerin sogar sicher damit rechnen, als Haftungsschuldner herangezogen zu werden.
Der Haftungsanspruch der Beklagten ist auch nicht durch die Zahlung der Klägerin auf die Gewerbesteuerschuld der GbR erloschen. Denn diese Zahlung war der Sache nach unter Vorbehalt erfolgt, wie sich daraus ergibt, dass die GbR und die Klägerin ihre gerichtlichen Verfahren danach fortgesetzt haben. Die Klägerin hat auch nicht etwa in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Gewerbesteuerschuld der GbR nunmehr anzuerkennen und auf eine Rückforderung des Betrags nunmehr zu verzichten; ggf. könnte sie dies auch noch bis zur Rechtskraft dieses Urteils erklären mit der Folge, dass der Rechtsstreit ggf. durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet und das Urteil für unwirksam erklärt werden könnte.
Eigenständige rechtliche Mängel der selbständig anfechtbaren (vgl. Rüsken a.a.O., § 219 Rdnr. 2; FG Bad.-Württ., Urt. v. 25.08.2006 - 3 KO 1/02 - juris) Zahlungsaufforderung, sind nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich; insbesondere fehlt es nicht an einem vorausgegangen erfolglosen Vollstreckungsversuch gegenüber der GbR.
Mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag, die Beklagte zu verpflichten, den Haftungsbescheid zu widerrufen, ist die Klage unzulässig; eine solche Verpflichtungsklage setzt, wie der Wortlaut des § 42 Abs. 1 VwGO zeigt („abgelehnt oder unterlassen“) voraus, dass zuvor ein Antrag bei der Behörde gestellt worden ist); dies ist hier nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht (§ 124a Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor.