R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Steuerrecht
13.12.2019
Steuerrecht
FG München: Grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung von Grundstücken an eine Obergesellschaft – Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002

 

FG München, Urteil vom 24.10.20184 K 1101/15

Volltext: BB-ONLINE BBL2019-3045-1

Sachverhalt

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheids über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer (GrESt) und insbesondere, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) vorliegen… Mit notarieller Vereinbarung vom … 2011, auf die wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, trat Y die beiden einzigen Geschäftsanteile an der ABC GmbH sowie den einzigen Kommanditanteil an der ABC KG - jeweils mit Wirkung zum … 2011 - an die ABC S.e.c.s., eine luxemburgische Personengesellschaft, gegen Gewährung neuer Anteile an der ABC S.e.c.s. ab. Weder die ABC GmbH noch die ABC KG haben Grundbesitz. Das Gesellschaftsvermögen der ABC S.e.c.s. hielt auch zuvor allein Y. Weiterer Gesellschafter der ABC S.e.c.s. war die ABC S.a.r.l., eine Kapitalgesellschaft luxemburgischen Rechts, deren Anteile ebenfalls von Y gehalten wurden.

Die ABC KG war wiederum als Kommanditistin zu 100% an der Klägerin, einer inländischen KG, beteiligt, welche wiederum Alleingesellschafterin verschiedener Tochtergesellschaften ist, die Eigentümer von Grundstücken sind. Die Z AG … ist eine dieser grundbesitzenden Tochtergesellschaften der Klägerin.

Die Z AG wurde im Rahmen einer Bargründung durch die Klägerin und durch … natürliche Personen mit notarieller Urkunde vom …… errichtet. Von den … Inhaberaktien der Z AG übernahm die Klägerin … 99,97%. … Im Zeitraum …nach der Bargründung erwarb die Z AG die streitgegenständlichen … Grundstücke.

Mit Kaufverträgen vom … 2002 übernahm die Klägerin die (bislang nicht von ihr gehaltenen) … Aktien an der Z AG, so dass sie ab diesem Zeitpunkt zu 100% an der Z AG beteiligt war.

Infolge dieser oben dargestellten Konzernumstrukturierung … erließ das beklagte FA (FA) am 22. November 2013 … einen an die Klägerin gerichteten Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die GrESt (Feststellungsbescheid), der mit dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) versehen war. In diesem Bescheid stellte das FA fest, dass die im Vermögen der Z AG befindlichen Grundstücke grunderwerbsteuerlich zum Vermögen der Klägerin gehören und die oben dargestellte Konzernumstrukturierung … im Hinblick auf die (in die ABC S.e.c.s. …) Grundstücke der Z AG nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG steuerbefreit ist. …

Mit Vertrag vom … 2013 verkaufte die Klägerin 5,1% der Anteile … an der Z AG … an die luxemburgische Kapitalgesellschaft DEF S.a.r.l. … …

Mit notariellem Vertrag vom … 2013 wurde die ABC KG in die Rechtsform einer KGaA formgewechselt …

Am 4. April 2014 erließ das FA einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten, die GrESt betreffenden Feststellungsbescheid. Hierbei ging das FA davon aus, dass eine Änderung des Bescheids vom 22. November 2013 veranlasst wäre. So hätte sich der Anteil von Y am Vermögen der ABC S.e.c.s. durch den Anteilsverkauf vom … 2013 durch die Klägerin an DEF S.a.r.l. innerhalb von fünf Jahren um 5,1% vermindert. Des Weiteren hätte Y durch den Formwechsel … seine restliche gesamthänderische (sachenrechtliche) Mitberechtigung an den Grundstücken der Z AG innerhalb von fünf Jahren verloren. Die restliche (94,9%) Begünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG wäre daher rückwirkend zu versagen.

Gegen den Änderungsbescheid vom 4. April 2014 legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 9. April 2014 Einspruch ein. … Den gegen den Änderungsbescheid vom 4. April 2014 mit Schriftsatz vom 9. April 2014 eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 25. März 2015 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die am 28. April 2015 bei Gericht eingegangene Klage, zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vorträgt: So seien - ausgehend vom gerichtlichen Hinweis vom 29. August 2018 - die Grundstücke der Z AG der Klägerin nicht zuzurechnen, so dass bereits aus diesem Grund durch die mittelbare Einbringung der Anteile an der Klägerin in die ABC S.e.c.s. nicht der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht werden konnte. So habe die Klägerin zunächst mit der Bargründung der Z AG 99,97% der Anteile an der Z AG erworben. Erst nach erfolgter Gründung der Z AG habe die Z AG Grundstücke erworben, so dass in Bezug auf die Grundstücke der Z AG durch die Klägerin zu keinem Zeitpunkt ein unter § 1 GrEStG fallender Erwerbsvorgang verwirklicht worden sei und daher eine grunderwerbsteuerliche Zurechnung der Grundstücke der Z AG zur Klägerin ausscheide. Daran ändere auch die zum 1. Januar 2002 erfolgte Absenkung der Schwelle für eine steuerbare Anteilsvereinigung von 100% auf mindestens 95% (in § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) nichts, da die Klägerin bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung mehr als 95% der Anteile an der Z AG gehalten habe. … Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 4. April 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. März 2015 aufzuheben,

hilfsweise, für den Fall der Klageabweisung, die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, für den Fall der Klagestattgabe, die Revision zuzulassen.

Das FA verweist zur Klageerwiderung auf die Einspruchsentscheidung vom 25. März 2014 und trägt ergänzend im Wesentlichen Folgendes vor: Die weiteren Erwerbe der … Z AG-Anteile durch die Klägerin im Jahr 2002, die zu einer 100% Beteiligung der Klägerin an der Z AG geführt hatten, seien als Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG anzusehen. Die Grundstücke der Z AG seien daher spätestens ab diesem Zeitpunkt der Klägerin grunderwerbsteuerlich zuzurechnen. Daran ändere auch die Absenkung der Beteiligungshöhe durch die Gesetzesänderung zum 1. Januar 2000 nichts. Der Gesetzgeber habe nämlich durch die Absenkung der Beteiligungshöhe auf 95% den Bereich der steuerbaren Anteilsvereinigungen nicht einschränken, sondern erweitern wollen. Das, was bisher schon der Steuer unterlegen habe, nämlich die Vereinigung aller Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in einer Hand, sollte auch nach dem 31. Dezember 1999 der Steuer unterliegen. Dass eine grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung infolge einer gesetzlichen Neuregelung unterbleibe, könne nicht Intention des Gesetzgebers gewesen sein. Da im Streitfall die Klägerin als Gründungsgesellschafterin mit 99,97% an der Z AG beteiligt gewesen sei, seien die Grundstücke der Z AG der Klägerin auch aus diesem Grund grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen. … Wegen der weiteren Einzelheiten wird nach § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Grunderwerbsteuerakte des FA, die Gerichtsakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Aus den Gründen

II.

1. Die zulässige, da insbesondere fristgerecht erhobene, Klage ist begründet.

a) Der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 4. April 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. März 2015 ist rechtswidrig.

b) Die Klägerin ist nicht Steuerschuldnerin im Sinne des § 13 Nr. 6 GrEStG hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundstücken der Z AG. Denn durch die Übertragungen der beiden einzigen Geschäftsanteile an der ABC GmbH sowie des einzigen Kommanditanteils an der ABC KG durch Y an die ABC S.e.c.s. aufgrund des Vertrags vom … 2011 hat die Klägerin bezüglich der streitgegenständlichen Grundstücke der Z AG nicht den grunderwerbsteuerlichen Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt. Die streitgegenständlichen Grundstücke der Z AG waren der Klägerin - mangels vorherigen Erwerbs - grunderwerbsteuerrechtlich nicht zuzurechnen. Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats aus nachfolgenden Erwägungen:

aa) Die Rechtsansicht des FA, dass allein die Stellung der Klägerin als Gründungsgesellschafterin der Z AG (i.H.v. 99,97%) eine Zurechnung der streitgegenständlichen Grundstücke der Z AG an die Klägerin erlaubt, ist unzutreffend (irreführend hierzu Pahlke, GrEStG, 5. Aufl. 2014, § 1 Rn. 278 m.w.N.) und nicht vom Gesetz gedeckt. So lässt sich die grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung nicht vom grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbstatbestand trennen, sondern setzt letzteren gerade voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gehört im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG ein Grundstück dann einer Personengesellschaft, wenn es ihr aufgrund eines unter § 1 Abs. 1, 2, 3 oder 3a GrEStG fallenden Erwerbsvorganges grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2014 II R 26/12, BFHE 247, 343, BStBl II 2015, 402); entsprechendes gilt für eine grundbesitzende Kapitalgesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG (vgl. BFH-Urteile vom 25. August 2010 II R 65/08, BFHE 231, 239, BStBl II 2011, 225 und vom 29. September 2004 II R 14/02, BFHE 207, 59, BStBl II 2005, 148). Die grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung des im zivilrechtlichen Eigentum einer (Unter-)Gesellschaft stehenden Grundvermögens an deren Obergesellschaft setzt demnach voraus, dass letztere aufgrund eines (früheren) unter § 1 GrEStG fallenden Erwerbsvorganges als Erwerberin des Grundvermögens anzusehen ist. Im Streitfall jedoch besaß die Z AG bei ihrer Gründung im Jahr 1994 noch keine Grundstücke. Vielmehr hat die Z AG die von dem klagegegenständlichen Feststellungsbescheid vom 4. April 2014 erfassten Grundstücke … seinerzeit selbst aufgrund eines unter § 1 Abs. 1 GrEStG fallenden Erwerbsvorganges erworben. Dieser Erwerb der Grundstücke durch die Z AG ist aber kein grunderwerbsteuerlicher Erwerb durch die Klägerin. Insbesondere hat die Mehrheitsbeteiligung (i.H.v. 99,97%) die Klägerin nicht zur Erwerberin der streitgegenständlichen Grundstücke gemacht.

bb) Auch konnte allein die gesetzliche Verschärfung bzw. Absenkung der Beteiligungsgrenze für Anteilserwerbe (i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) ab dem 1. Januar 2000 durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999/2000/2002 (BGBl. I 1999, 402) im Streitfall nicht zu einer Besteuerung (und damit einer grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnung der Grundstücke der Z AG an die Klägerin) führen. Es fehlt insoweit an einem Akt des Rechtsverkehrs im Sinne eines Erwerbstatbestandes nach dem GrEStG.

cc) Schließlich wurde auch mit dem Erwerb der restlichen 0,03% der Z AG Anteile durch die Klägerin und durch die damit verbundene Aufstockung der Beteiligung auf 100% in 2002 der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht verwirklicht:

- Zwar setzt der für Beteiligungserwerbe seit dem 1. Januar 2000 (vgl. § 23 Abs. 6 Satz 2 GrEStG) und damit auch im Jahr 2002 geltende Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nur mehr eine Beteiligung von mindestens 95% voraus.

- Jedoch versteht der Senat den für Beteiligungserwerbe seit dem 1. Januar 2000 geltenden Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht in dem Sinne, dass jeder Übertragungsakt, an dessen Ende eine Vereinigung von mindestens 95% der Anteile steht, steuerbar ist, wenn bereits vor dem Zeitpunkt des Absenkens der Beteiligungsgrenze (d.h. spätestens am 31. Dezember 1999) die kritische Grenze von 95% überschritten war. Nach Auffassung des Senats liegt vielmehr gerade kein i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbarer Vorgang vor, wenn bereits vor dem Erwerb weiterer Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft die qualifizierte Mehrheit von mindestens 95% erreicht war. Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats bereits aus dem Wortlaut („durch die Übertragung“) des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG (in der „verschärften“ Fassung des StEntlG 1999/2000/2002), der eine Kausalität zwischen Beteiligungserwerb und Überschreiten der 95%-Grenze voraussetzt (so auch Pahlke, a.a.O, § 23 Rn. 29). Nach Ansicht des Senats verlangt der Gesetzeswortlaut die „erstmalige Vereinigung von mindestens 95%“ als Folge der Anteilsübertragung; so im Übrigen auch der BFH in seinem Urteil vom 23. März 1977 (II R 18/74, BFHE 122,162, BStBl. II 1977, 565). Hierin hat der BFH bereits - bei einer dem Streitfall parallelen Rechtslage und bei einem dem Streitfall entsprechenden Sachverhalt - entschieden, dass keine Grunderwerbsteuerpflicht eintritt, wenn eine Gesellschaft, die bereits (im Zeitpunkt vor der Absenkung der Beteiligungsgrenze von 100% auf mindestens 95%) zu mindestens 95% an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt war, einen weiteren Anteil erwirbt.

- Diese Auffassung wird im Übrigen ersichtlich auch von der Finanzverwaltung geteilt, die überdies in Tz. 1 der gleichlautenden Ländererlasse (BStBl. 1999, 991) auch auf das BFH-Urteil in BFHE 122,162 verweist.

- Schließlich wird die Auffassung des Senats nahezu einhellig durch das Schrifttum gestützt (vgl. hierzu beispielsweise: Hofmann, GrEStG. 8. Aufl. 2004, § 23 Rn 17; Behrens in Behrens/Wachter, GrEStG, 1. Aufl. 2018, § 1 Rn. 488 m.w.N.; Heine, UVR 1999, 282, 291 f.; Rösel, DStR 1999, 1844; Eggers/Fleischer/Wischott DStR 1999, 1301).

- Soweit ersichtlich, vertritt in der Literatur allein Viskorf die Auffassung, dass in Konstellationen wie im Streitfall eine steuerbare Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorliegt (vgl. Viskorf in Boruttau, 17. Auflage 2011, § 23 Rn. 69). Er stützt sich dabei auf das durchaus nicht abwegige Argument, dass der Gesetzgeber durch die Gesetzesänderung infolge des StEntlG 1999/2000/2002 (Absenkung der Beteiligungsgrenze auf 95%) eine Verschärfung der steuerbaren Anteilserweiterung und gerade keine Lockerung erreichen wollte.

- Nach Ansicht des Senats besteht jedoch eine Regelungslücke für diejenigen Gesellschaften, die das Beteiligungsverhältnis in der verschärften Gesetzesfassung von mindestens 95% bereits vor der Absenkung der Beteiligungsgrenze (von 100% auf 95%) erfüllt haben. Zwar ist nach der Übergangsregelung des § 23 Abs. 6 Satz 2 GrEStG die Vorschrift des § 1 Abs. 3 GrEStG „erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1999 verwirklicht werden“. Jedoch ist der vorliegende Fall, dass eine Anteilsvereinigung nach den Vorschriften des neuen Rechts bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes eingetreten wäre, wenn das neue Recht damals bereits gegolten hätte, nicht explizit geregelt worden.

- Der Senat sieht sich daran gehindert, den Wortlaut des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG im Wege einer „teleologischen Extension“ dahingehend auszulegen, dass allein die Aufstockung einer (bereits vor dem 1. Januar 2000 bestehenden und mehr als 95%igen jedoch weniger als 100%igen) Beteiligung auf eine dann 100%ige Beteiligung nach dem 31. Dezember 1999 steuerbar ist. So reicht es für eine teleologische Extension zum einen nicht aus, dass eine gesetzliche Regelung rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig („rechtspolitische Fehler“) anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 02. Dezember 2015 V R 25/13, BFHE 251, 534, BStBl II 2017, 547 m.w.N.). Zum anderen wäre die o.g. teleologische Extension die Schaffung eines neuen, vom Gesetzgeber bislang ungeregelten Besteuerungstatbestandes. Die Schaffung von Besteuerungstatbeständen ist jedoch ausschließlich dem Gesetzgeber vorbehalten.

- Schließlich ist nach Auffassung des Senats (auch unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien) unklar und kann mithin auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Fälle der „Aufstockung“ bewusst nicht (im Sinne einer Steuerbarkeit) regeln wollte und damit bewusst eine Regelungslücke in Kauf genommen hat. So sollten durch die Herabsetzung der Anteilsgrenze des § 1 Abs. 3 GrEStG von 100% auf 95% mit Wirkung ab 1. Januar 2000 durch das StEntlG 1999/2000/2002 jedenfalls „bisher bestehende nicht gerechtfertigte Unterschiede im Vergleich zu § 1 Abs. 2a bezüglich der Höhe des steuerrelevanten Anteils“ ausgeräumt werden (BT-Drucks. 14/265, 204). Im Vordergrund gestanden haben dürfte auch die Befürchtung von Steuerausfällen durch Zurückbehaltung bzw. Übertragung von Zwerganteilen auf fremde Personen (BT-Drucks. 14/265, 204).

c) Da - ausgehend von den obigen Erwägungen - die Grundstücke der Z AG der Klägerin grunderwerbsteuerrechtlich nicht zugerechnet werden können und damit nicht i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG gehören, konnte die Klägerin auch - entgegen der unzutreffenden Rechtsauffassung des FA - nicht Steuerschuldnerin i.S.v. § 13 Nr. 6 GrEStG im Hinblick auf die Grundstücke der Z AG sein. Mithin ist der streitgegenständliche Feststellungsbescheid vom 4. April 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. März 2015 rechtswidrig, verletzt die Klägerin dadurch i.S.d. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO in ihren Rechten und ist daher aufzuheben.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und dem Vollstreckungsschutz folgt aus §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

4. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dies gilt insbesondere für die Fragen der grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnung von Grundstücken an eine Obergesellschaft sowie des Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002.

stats