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Steuerrecht
21.06.2018
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Grenzüberschreitendes Reihengeschäft eine innergemeinschaftliche, steuerfreie Lieferung?

FG Düsseldorf, Urteil vom 4.5.2018 – 1 K 2413/16 U

ECLI:DE:FGD:2018:0504.1K2413.16U.00

Volltext: BB-ONLINE BBL2018-1494-5

unter www.betriebs-berater.de

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Lieferung von Ersatz-/ Maschinenteilen im Rahmen eines grenzüberschreitenden Reihengeschäftes (drei Lieferungen, vier Beteiligte) von der Klägerin zu Recht als umsatzsteuerfrei behandelt wurde.

Die Klägerin betreibt ein Einzelunternehmen. Gegenstand des Unternehmens ist Aufzählung technischer Anwendungen/Techniken - Vertrieb- und Service; Aufzählung technischer Arbeiten.

Im September 2012 wurde die Klägerin von der in Großbritannien ansässigen „B (Ltd.)“ mit der Lieferung von Ersatzteilen für eine …maschine beauftragt. Die „B (Ltd.)“ war zuvor von der Firma „C (Inc.)“ aus den USA mit der Lieferung beauftragt worden. Deren Bestellung erfolgte wiederum für die Firma „D (S.A.)“ aus Peru. Die Lieferung der Ware sollte unmittelbar von Deutschland nach Peru erfolgen.

Am 11.10.2012 erteilte die Klägerin der „B (Ltd.)“ eine Abschlagsrechnung („Proforma Invoice“ No. 01-10/2012, …) über „Ersatzteile – … Maschine Peru Angebot – Quotation Pos./Item …“. Danach sollte die „B (Ltd.)“ eine A-Conto-Zahlung in Höhe von 30.438,36 EUR leisten. Umsatzsteuer wurde nicht berechnet („Tax 0%“). In der Rechnung heißt es weiter: „Conditions of payment: 30% payment when all goods are ready to ship, 10% payment when all goods have arrived Peru“ (…). Die „B Ltd.“ zahlte den geforderten Betrag (30.438,36 EUR) in zwei Raten (`15.219,18 EUR am 16.10.2012 und am 17.10.2012).

Am 17.12.2012 fakturierte die Firma „B (Ltd.)“ gegenüber ihrem Abnehmer, der Firma „C (Inc.)“, über die Lieferung der Maschinenteile in Höhe von 77.409,28 USD ohne Umsatzsteuer („Final Invoice“, „Invoice Number 1283/01“, „VAT Breakdown“, „Zero rated @ 0.00%“) (…).

Am 19.12.2012 stellte die Klägerin der Firma „B (Ltd.)“ die Lieferung von „Ersatzteile –… Maschine Peru Angebot - Quotation Pos./Item …“ (vgl. Rechnung vom 19.12.2012 Rechnungsnummer 290/1212 (…)) zum Preis von 50.649,90 EUR in Rechnung. Abzüglich der bereits geleisteten A-Conto-Zahlungen war noch ein Restbetrag von 20.211,54 EUR zu zahlen. Umsatzsteuer wurde in der Rechnung nicht gesondert ausgewiesen. Die Rechnung enthielt vielmehr die Zusätze: „Steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 6 UsStG i. V. mit § 4 Nr. 1 a UsSTG“ und „Taxfree delivery“ „Tax 0%“ „Bewegte Lieferung“ und die UStIdNr. der Abnehmerin (GB ...). Die „B (Ltd.)“ zahlte den gesamten ausstehenden Betrag (20.211,54 EUR) am 19.12.2012 an die Klägerin.

Der Ehemann der Klägerin nahm Kontakt mit der Speditionsfirma E, Stadt F, wegen des Transports der Maschinenteile auf dem Seeweg nach Peru auf. Die Maschinenteile sollten bei einer Verpackungsfirma transportfähig verpackt werden. In der E-mail vom 20.12.2012 an E heißt es u.a.: „Wir benötigen das Angebot für Versendung unverzollt und unversteuert- Kosten zu Lasten des Empfängers oder unseres Auftraggebers in England. Für uns ist das eine – Bewegte Lieferung – Steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 6 UsSTG i. V. m. § 4 Nr. 1a UsSTG.“ (…).

Mit Datum vom 20.12.2012 erstellte die Klägerin einen Lieferschein Nr. 959/1212 (5 Seiten) über die einzelnen Maschinenersatzteile (3 Packstücke, Lieferanschrift: „D (S.A.)“, durch Auftrag: „B (Ltd.)“, Rechnungsanschrift: „C (Inc.)“, „Abholung, Versandart: Sped. E“ „ab Werk – Unfreisendung – EXW“) (...).

Am 03.01.2013 teilte die Firma „C (Inc.)“ der Speditionsfirma (E) mit, dass im Hinblick auf die Lieferung der Maschinenteile nach Peru die Firma „C (Inc.)“ als Versender im Frachtbrief aufgeführt sein müsse. Alle Dokumente sollten an „C (Inc.)“ adressiert werden. Die Fracht sollte als vorausbezahlt ausgezeichnet werden. Ein Beispielsfrachtbrief wurde als Anlage beigefügt (…).

Mit E-Mail vom 10.01.2013 und 15.01.2013 bat die Speditionsfirma (E) die Klägerin, ihr die ausgefüllte Zollvollmacht zukommen zu lassen, damit das ABD (Ausfuhrbegleitdokument) für die Klägerin erstellt werden könne. Die Klägerin erteilte der Speditionsfirma am 17.01.2013 eine Zoll-Vollmacht. Am 23.01.2013 wurde der Klägerin vom IWM Zoll, Dresden, eine EORI-Nummer erteilt.

Am 05.02.2013 teilte die Speditionsfirma der Klägerin mit, dass die Empfänger bislang noch keine Kosten bestätigt hätten. Da es sich um eine ab Werk Lieferung handle, müsse sich die Firma schriftlich die Kosten für den Transport sichern, bevor die Sendung abgeholt und verschifft werde. Auch die Kosten für die Erstellung der Ausfuhrbegleitdokumente müssten bestätigt werden. Da die Ware nun verpackt bei Verpackungsfirma in H (…) zur Abholung bereit stehe, sei Eile geboten.

Die Speditionsfirma teilte der Firma „C (Inc.)“ mit, dass sie zum Versand der Ware eine Absender-Ausfuhrerklärung (Shipper Export Declaration) benötige. Da „C (Inc.)“ der Auffassung war, dass diese Papiere immer vom Verkäufer erstellt würden, und sie von den USA aus nicht in der Lage seien, dies zu regeln, wurde die Firma „B (Ltd.)“ gebeten, mit der Klägerin Kontakt aufzunehmen.

Die Firma „B (Ltd.)“ (Herr G) informierte die Klägerin über die das Problem hinsichtlich der Ausfuhrpapiere und stellte noch einmal klar, dass es sich bei dem von „B (Ltd.)“ abgerechneten Betrag um einen „Ab Werk“ Preis gehandelt habe, ohne Versandkosten (…).

Am 19.02.2013 bestätigte die Speditionsfirma den Auftrag (Lieferbedingungen „EXW in H“, Ladehafen I – Löschhafen J, Absender: „Unternehmensbezeichnung der Klägerin“, Notify „C (Inc.)“, ETS 02.03.2013, ETA 31.03.2013, 3 Pallets 1.337,3 kg, LS-NO 959/1212, INVOICE-NR. 1283/01) (…).

Am 11.03.2013 erhielt die Klägerin von der Speditionsfirma den Ausgangsvermerk für die streitgegenständliche Lieferung nach Peru vom 02.03.2013. Dort ist die Klägerin als Absender der Sendung (Kz. 2) und als Anmelder (Kz. 14) aufgeführt (Kz. 7 Bezugsnummer … - technik 959/1212, Kz. 17 Bestimmungsland Peru, Kz. 20 Lieferbedingung EXW H, Kz. 22 Währung u. in Rechn. gestellter Gesamtbetr. USD 77.409,28 , Kz. 35 Rohmasse(kg) 1.337,3). (…)

Eine Rechnung der Speditionsfirma (E) an die Klägerin existiert nicht. Die Frachtkosten wurden von der „Firma C (Inc.)“ getragen, die – wie nunmehr zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist – die Speditionsfirma mit der Abholung der Maschinenteile in H und dem Transport nach Peru beauftragt hat.

Im April 2013 wurde über das Vermögen der Firma „B (Ltd.)“ in Großbritannien das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Firma wurde aufgelöst.

Die Steuererklärung für das Jahr 2012 reichte die Klägerin am 04.02.2014 beim Finanzamt ein. Sie erklärte eine festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von 45.335,95 EUR und steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von 75.132,- EUR. In diesem Betrag waren 50.649,90 EUR wegen der streitgegenständlichen Lieferung der Maschinenteile an „B (Ltd.)“ enthalten.

Der Beklagte stimmte der Erklärung nicht zu und ordnete für den Zeitraum 2011 und 2012 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung an, welche mit Bericht vom 19.08.2015 endete. Die Prüferin stellte fest (…), dass es sich bei der Lieferung an „B (Ltd.)“ um eine Lieferung in einem Reihengeschäft handle. Sie war der Auffassung, dass die Versendung der Ware nur der Lieferung an „C (Inc.)“ oder an den Abnehmer in Peru zugeordnet werden könne, weil die „C (Inc.)“ die Waren versendet hätte. In beiden Fällen sei die Lieferung der Klägerin an „B (Ltd.)“ die ruhende Lieferung, welche in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig sei. Die erklärten innergemeinschaftlichen (steuerfreien) Umsätze seien daher um 50.649,90 EUR zu mindern und die steuerpflichtigen Umsätze um 42.562,94 EUR (= 50.649,90 EUR : 1,19 EUR) zu erhöhen. Auf den weiteren Inhalt des Prüfungsberichtes wird verwiesen.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Prüferin an und setzte die Umsatzsteuer 2012 abweichend von der Erklärung auf 53.422,92 EUR fest. Der Umsatzsteuerbescheid vom 17.11.2015 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie zunächst vortrug, dass der Versand der Ware einzig und allein von der Klägerin ausgelöst worden sei. Die Bezahlung der Speditionsfirma sei dabei unerheblich. Die erste Lieferung sei von der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Lieferer ausgeführt worden. Es handle sich daher um eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. In Großbritannien sei ein innergemeinschaftlicher Erwerb zu versteuern. Die Lieferung von an „B (Ltd.)“ an „C (Inc.)“ sei nach den Vorschriften des britischen Steuerrechts zu werten. Die Klägerin verfüge über keine weiteren Unterlagen zur Transportabwicklung und Auftragserteilung an die Spedition. Sie habe während der Umsatzsteuersonderprüfung und im Einspruchsverfahren sämtliche Unterlagen hierzu vorgelegt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 19.07.2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, dass die streitige Lieferung zutreffend als umsatzsteuerpflichtig behandelt worden sei. Die Zuordnung der Versendung zu einer der Lieferungen des Reihengeschäftes müsse einheitlich für alle Beteiligten getroffen werden. Aus den Unterlagen müsse sich eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben, wer die Beförderung durchgeführt habe. Im Fall der Versendung sei dabei auf die Auftragserteilung an den Spediteur abzustellen. Sollte sich aus den Geschäftsunterlagen nichts anderes ergeben, sei auf die Frachtzahlerkonditionen abzustellen. Nach den Unterlagen könne die Versendung nicht der Lieferung der Klägerin, sondern nur der Lieferung an oder von „C (Inc.)“ zugeordnet werden, da diese Firma die Ware versendet habe. Hierfür spreche auch die Lieferkondition „EXW“. Die „C (Inc.)“ habe aufgrund der mit der „B (Ltd.)“ getroffenen Vereinbarung Gefahr und Kosten der Beförderung/Versendung übernommen. Damit seien die Risiken bereits bei Beginn der Versendung auf die „C (Inc.)“ übergegangen. Zudem seien die Frachtkosten zweifelsfrei von der „C (Inc.)“ getragen worden.

Mit der hiergegen erhobenen Klage trägt die Klägerin nunmehr vor: Sie habe die Speditionsfirma (E) nicht mit der Durchführung des Transports beauftragt. Auftraggeber der Speditionsfirma sei vielmehr die Firma „C (Inc.)“ gewesen. Die der streitgegenständlichen Rechnung zu Grunde liegende Ware habe aufgrund des Versandes Deutschland verlassen. Die Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, sei vereinbarungsgemäß mit vollständiger Kaufpreiszahlung an „B (Ltd.)“ übergegangen. Die Firma „B (Ltd.)“ sei sich auch im Klaren gewesen, dass sie Eigentümerin der Waren nach Kaufpreiszahlung geworden sei. Der damalige Geschäftsführer der „B (Ltd.)“, Herr G, könne bestätigen, dass er zum Zeitpunkt der vollständigen Kaufpreiszahlung auch die eigentümergleiche Verfügungsgewalt inne gehabt habe und entsprechend sodann gegenüber der Firma „C (Inc.)“ bzw. der Firma „D (S.A.)“ verfügt habe. Die konkreten Inhalte der Vereinbarungen zwischen den Firmen „B (Ltd.)“ und „C (Inc.)“ seien der Klägerin nicht bekannt. Hieraus ergebe sich, dass die Lieferung der Ware von der Klägerin umsatzsteuerfrei zu behandeln sei. Aufgrund der Rechnungslegung und dem vollständigen Ausgleich der Forderung zum 19.12.2012 sei der Vorgang bei der Klägerin abgeschlossen gewesen. Die Parteien seien sich einig gewesen, dass für die weiteren Abwicklungshandlungen ausschließlich die Firma „B (Ltd.)“ verantwortlich sei. Die etwaigen vorliegenden Mitwirkungshandlungen der Klägerin als Absender im Rahmen des Speditionsvertrages mit der Firma E seien lediglich Hilfshandlungen gewesen, nach Übergang der vollumfänglichen Verfügungsmacht von der Klägerin an „B (Ltd.)“. Es bestehe letztlich Vertrauensschutz für die Klägerin im Hinblick auf die Umsatzsteuerfreiheit der von ihr getätigten Lieferung. Es werde auf die Entscheidung des BFH vom 25.02.2015 XI R 15/14 hingewiesen, wonach bei verbleibenden Zweifeln die streitgegenständliche Lieferung als umsatzsteuerfrei zu behandeln sei. Weitere Papiere seien nicht vorhanden. Es sei unmöglich, Steuerdaten der Firma „B (Ltd.)“ zu erhalten.

Die Klägerin beantragt,

1. den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 17.11.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2016 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 8.086,96 EUR herabgesetzt wird;

2. hilfsweise: die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor: Es handle sich vorliegend um ein internationales Reihengeschäft. Eine innergemeinschaftliche Lieferung liege nicht vor, da der Gegenstand der Lieferung in keinen anderen Mitgliedstaat gelangt sei.

Die Klägerin bestätige im Klageverfahren, dass sie den Versand der Waren nicht in Auftrag gegeben habe. Insoweit verbleibe es bei der bisherigen Rechtsauffassung, dass die bewegte Lieferung nicht der Lieferung der Klägerin zugeordnet werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und auf die vom Beklagten überlassenen Steuerakte Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

I. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 17.11.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die Lieferung der Maschinenteile durch die Klägerin an „B (Ltd.)“ ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG im Inland steuerbar. Der Umsatz ist mit dem Regelsteuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Er ist nicht als innergemeinschaftliche Lieferung gemäß § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG i. V. m. § 6 a UStG oder als Ausfuhrlieferung gemäß § 4 Nr. 1 Buchstabe a UStG i. V. m. § 6 UStG umsatzsteuerfrei.

1. Der streitige Umsatz ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG im Inland umsatzsteuerbar.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer u.a. Lieferungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmers ausführt.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

a) Die Klägerin hat als Unternehmerin im Rahmen ihres Unternehmens (Aufzählung technischer Anwendungen/Techniken - Vertrieb- und Service; Aufzählung technischer Arbeiten) die im Lieferschein Nr. 959/1212 im einzelnen aufgeführten Ersatzteile für eine …maschine gegen Zahlung von 50.649,90 EUR geliefert. Die Lieferung erfolgte in einem sog. Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG), da hier vier Unternehmer, und zwar die Klägerin, die Firma „B (Ltd.)“ (Erstabnehmer), die Firma „C (Inc.)“ (Zweiterwerber/Zwischenabnehmer) und die Firma „D (S.A.)“ (Endabnehmer), über denselben Gegenstand (Maschinenteile) Umsatzgeschäfte abgeschlossen haben und der Gegenstand der Lieferung bei der Versendung (durch die Speditionsfirma E) unmittelbar vom ersten Unternehmer (Klägerin) an den letzten Abnehmer (Firma „D (S.A.)“) gelangt ist.

b) Die Klägerin führte die Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) im Inland aus.

Der Ort der Lieferung richtet sich nach den Absätzen 6 und Abs. 7 des § 3 UStG (§ 3 Abs. 5 a UStG).

Gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt, wenn der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet wird. Bei einem Reihengeschäft ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG). Lieferungen, die bei einem Reihengeschäft der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG). Lieferungen, die bei einem Reihengeschäft der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG).

Da die Klägerin die erste Unternehmerin in einem Reihengeschäft ist, handelt es sich bei der Lieferung der Klägerin an die Firma „B (Ltd.)“ entweder um die Versendungslieferung (sog. „bewegte Lieferung“) (vgl. § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG i. V. m. § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG) oder um eine sog. ruhende Lieferung nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG i. V. m. § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG, die der Versendungslieferung vorangeht. Für die Bestimmung des Ortes der Lieferung ist insoweit eine Entscheidung entbehrlich. In beiden Fällen gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Versendung des Gegenstands (Maschinenteile) beginnt, also in Deutschland.

2. Der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Umsatz ist auch umsatzsteuerpflichtig.

a) Eine Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b i. V. m. § 6 a UStG kommt im Streitfall nicht in Betracht.

Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 6a UStG) nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG liegt nur dann vor, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer den Liefergegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet, der Abnehmer Unternehmer ist und den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat und der Erwerb des Liefergegenstandes beim Abnehmer in dem anderen Mitgliedstaat der Umsatzbesteuerung unterliegt. Das physische Verbringen der Gegenstände von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat ist für die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG eine unverzichtbare Voraussetzung (vgl. auch BFH, Urteil vom 25.02.2015 XI R 30/13, BFH/NV 2015, 760 Rn. 30 ff m.w.N.).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat der Abnehmer „B (Ltd.)“ die Maschinenteile unter Angabe der UStIdNr: GB … erworben, jedoch ist der Liefergegenstand nicht in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden, sondern nach Peru.

b) Der Beklagte hat auch zu Recht eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 1 Buchstabe a UStG i. V. m. § 6 UStG (Ausfuhrlieferung) versagt.

Nach § 4 Nr. 1 Buchstabe a UStG sind unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallende Umsätze umsatzsteuerfrei, wenn es sich um Ausfuhrlieferungen im Sinne des § 6 UStG handelt. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 UStG liegt eine Ausfuhrlieferung nur dann vor, wenn bei einer Lieferung

 „Nr. 1.              der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, befördert oder versendet hat oder

Nr. 2.              der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist oder

Nr. 3.              der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete befördert oder versendet hat und der Abnehmer weitere unter Buchstabe a) oder b) des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG näher bezeichnete Voraussetzungen erfüllt.“

Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 146 Abs. 1 Buchstabe a und b MwStSystRL.

Danach befreien die Mitgliedstaaten folgende Umsätze von der Steuer:

 „a) die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer oder für dessen Rechnung nach Orten außerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden;

b) die Lieferungen von Gegenständen, die durch den nicht in ihrem jeweiligen Gebiet ansässigen Erwerber oder für dessen Rechnung nach Orten außerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden.“

aa) Die Steuerbefreiungsvorschrift § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (Art. 146 Abs. 1 Buchstabe a MwStSystRL) ist vorliegend nicht anwendbar, weil die Maschinenteile – wie zwischen den Beteiligten nunmehr auch unstreitig ist - nicht auf Veranlassung der Klägerin als leistende Unternehmerin befördert oder versendet worden sind.

Zwar liegt hier ein von der Zollbehörde am 02.03.2013 ausgestellter Ausgangsvermerk vor (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV, siehe auch BFH, Urteil vom 21.01.2015 XI R 12/14, BFH/NV 15, 957 Rn. 39 zu von den Zollbehörden ausgestellten Dokumenten), in dem die Klägerin in Kz. 2 als Versender/Ausführer aufgeführt wird. Insoweit könnte dieses Dokument für eine grenzüberschreitende Versendung auf Veranlassung der Klägerin sprechen. Im Streitfall hat die Klägerin die Spedition E jedoch nicht mit der Versendung der Maschinenteile nach Peru beauftragt. Die Spedition ist tatsächlich für den Zwischenerwerber, die Firma „C (Inc.)“ tätig worden. Die Klägerin wurde lediglich deshalb in den Zollpapieren als Versender aufgeführt, weil die „C (Inc.)“ von den USA aus nicht in der Lage war, mit dem deutschen Spediteur die zollrechtlichen Formalien abzuwickeln. Die Klägerin fungierte – wie sie im Klageverfahren auch vorträgt - bei der zollrechtlichen Abwicklung nur als „Hilfsperson“ für die „C (Inc.)“. Die Firma „C (Inc.)“ wendete sich wegen der Abwicklungsprobleme mit dem Spediteur mit E-Mail vom 05.02.2013 an ihren Lieferer „B (Ltd.)“ und bat darum, Kontakt mit der Klägerin in Deutschland aufzunehmen. Die Firma „B (Ltd.)“ ersuchte die Klägerin insoweit um Hilfe und machte aber deutlich, dass mit „C (Inc.)“ ein „ab Werk Preis“ vereinbart worden sei und dass deshalb die Firma „C (Inc.)“ als Versender die Probleme mit der Spedition lösen müsse. Die Klägerin kam insoweit nur der Bitte ihres Abnehmers nach, der „C (Inc.)“ bei der zollrechtlichen Abwicklung Hilfe zu leisten. Sie hat hierdurch die Versendung der Maschinenteile nicht im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG veranlasst.

bb) Die Steuerbefreiungsvorschrift § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ist ebenfalls nicht einschlägig. Die Maschinenteile sind in ein Drittland (nach Peru) und nicht - wie die Regelung in Nr. 3 des § 6 Abs. 1 Satz 1 UStG erfordert - in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (= Freihäfen und Gewässer und Watte zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie) befördert oder versendet worden.

cc) Auch die Steuerbefreiungsvorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG i. V. m. § 4 Nr. 1 Buchstabe a UStG (Art. 146 Abs. 1 Buchstabe b MwStSystRL), die für eine Ausfuhrlieferung voraussetzt, dass der ausländische Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet (ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG) befördert oder versendet hat, greift im Streitfall nicht ein.

(1) Zwar handelt es sich bei dem Abnehmer der Klägerin („B (Ltd.)“) um einen ausländischen Abnehmer im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG, denn zum umsatzsteuerrechtlichen „Ausland“ gehören nicht nur das Drittlandsgebiet, sondern auch das „übrige Gemeinschaftsgebiet“. Der (direkte) Abnehmer der Klägerin hat jedoch nicht die Versendung der Maschinenteile nach Peru veranlasst, sondern die Maschinenteile sind im Rahmen eines Reihengeschäftes auf Veranlassung des Abnehmers der „B (Ltd.)“, der Firma „C (Inc.)“ versendet worden, welche die Gegenstände wiederum an die Firma „D (S.A.)“ weiterveräußert hat. Gleichwohl sind auch bei einem Reihengeschäft (steuerfreie) Ausfuhrlieferungen denkbar (vgl. BFH, Urteil vom 21.01.2015 XI R 12/14, BFH/NV 15, 957; Treiber in Sölch/Ringleb § 6 UStG Rz. 24).

(2) Eine Ausfuhrlieferung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG liegt nur dann vor, wenn der Gegenstand der Lieferung „befördert oder versendet“ wird. Ein Reihengeschäft besteht aber aus mindestens zwei Lieferungen (hier sogar drei Lieferungen bei vier Beteiligten). Gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 2. HS UStG ist bei einem Reihengeschäft die grenzüberschreitende Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der (hier: drei) Lieferungen zuzuordnen. Nur hinsichtlich derjenigen Lieferung in einem Reihengeschäft, der der Warentransport in das Drittland zuzuordnen ist, kann eine umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung vorliegen. Bei den übrigen (hier: zwei) Lieferungen wird der Gegenstand der Lieferung nicht (über die Grenze in ein Drittland) befördert und versendet. Für diese sog. ruhenden (nicht warenbewegten) Lieferungen kommt eine Steuerbefreiung als Ausfuhrlieferung nach § 6 UStG (mangels Ausfuhr) nicht in Betracht.

Für die Entscheidung, welcher der Lieferungen im Reihengeschäft der Warentransport zuzuordnen ist, stellt die Verwaltung (vgl. Abschn. 3.14 Abs. 7 UStAE) auf die Transportverantwortung ab, die vorliegend bei der Firma „C (Inc.)“ liegt, weil diese den Spediteur – wie nunmehr unstreitig ist - mit dem Transport der Maschinenteile von Deutschland nach Peru beauftragt hat. Da die „C (Inc.)“ zugleich Abnehmer in dem Reihengeschäft ist, ist nach Auffassung des Beklagten der Warentransport daher, nicht der Lieferung der Klägerin, sondern unter Berücksichtigung der Regelung in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG nur der Lieferung von B (Ltd.), an „C (Inc.)“ oder von „C (Inc.)“ an „D (S.A.)“ zuzuordnen.

Die Verwaltungsauffassung, die für die Zuordnungsentscheidung allein auf die Transportverantwortung abstellt, steht jedoch nach der neuen Rechtsprechung des XI. Senates des BFH (vgl. Urteile vom 25.02.2015 XI R 15/14, BFH/NV 2015, 772 und XI R 30/13, BFH/NV 2015, 769) im Widerspruch zum Unionsrecht. Zwar sind im Unionsrecht keine dem deutschen Recht entsprechende oder sonstige Regelungen zu Lieferungen im Reihengeschäft vorgesehen. Die allgemeinen Vorschriften zu „Lieferungen von Gegenständen“ und zu „Lieferungen von Gegenständen mit Beförderungen“ in Art. 14 MwStSystRL und Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL unterscheiden aber nicht danach, wer die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung übernommen hat (Transportverantwortung), sondern wann und wo die Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, übertragen wurde. Deshalb sind die Regelungen zum Reihengeschäft – insbesondere § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG - unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass es für die Zuordnung der Warenbewegung darauf ankommt, wann und wo welchem Beteiligten die Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, übertragen wurde. Dabei ist eine Gesamtwürdigung aller objektiven Umstände vorzunehmen. Subjektive Erwägungen spielen bei der Beurteilung der Frage, welcher Beteiligter im Reihengeschäft bei Grenzübertritt der Ware die eigentümergleiche Verfügungsmacht innehatte, keine Rolle. Auch die Vermutungsregelung des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht (Beginn der Beförderung) ist unbeachtlich. Bei der Verschaffung der Verfügungsmacht und der Warenbewegung handelt es sich um separate Tatbestandsmerkmale. Die eigentümergleiche Verfügungsmacht erfordert, dass dem Erwerber die wirtschaftliche Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen wird. Die Besitzübertragung allein ist nicht ausreichend. Die Incoterms (hier: EXW H) regeln lediglich die Gefahrtragung und sind nur mittelbar ein Indiz für die Verschaffung der Verfügungsmacht, sind aber nicht notwendigerweise mit dem zivilrechtlichen Eigentumsübergang verbunden (vgl. auch Bunjes/ Leonard UStG § 3 Rz. 212 ff m.w.N.). Auch die zivilrechtlichen Vorgaben können allein und unmittelbar nicht maßgebend sein. Die Transportverantwortung ist nur als ein weiteres Indiz für die Zuordnungsentscheidung zu berücksichtigen.

Auch in den Fällen, in denen – wie vorliegend - der Zweiterwerber eine Spedition mit der Abholung von Waren beim Unternehmer beauftragt, ist nach der Rechtsprechung des XI. Senates des BFH (vgl. Urteil vom 25.02.2015 (XI R 30/13, BFH/NV 2015, 769) eine Steuerbefreiung der (ersten) Lieferung des Unternehmers an den Ersterwerber möglich, wenn der Zweiterwerber die Verfügungsmacht der Waren erst erhalten hat, nachdem diese das Inland verlassen haben. Dies sei bei der Beförderung durch eine vom Zweiterwerber beauftragte Spedition zwar eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen (vgl. BFH, Pressemitteilung Nr. 25 vom 08.04.2015).

In der Literatur (vgl. Nieskens in UR 2018, 261 (265), zugleich Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 21.02.2018 C-628/16 - Kreuzmayr -, UR 2018 282) wird hingegen die Auffassung vertreten, dass im Fall der Transportverantwortung durch den zweiten Erwerber die Verschaffung der Verfügungsmacht ausnahmslos vor Grenzübertritt an den Zweiterwerber erfolgt, so dass die erste Lieferung im Abgangsland als nicht warenbewegte Lieferung steuerpflichtig ist.

(3) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin keine nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG i. V. m. § 4 Nr. 1 Buchstabe a UStG steuerfreie Ausfuhrlieferung an die „B (Ltd.)“ ausgeführt, weil die Warenbewegung der Ersatz-/Maschinenteile von Deutschland nach Peru im Reihengeschäft nicht der (ersten) Lieferung zwischen der Klägerin und „B (Ltd.)“ zugeordnet werden kann. Entsprechend handelt es sich bei der Lieferung der Klägerin an die „B (Ltd.)“ um eine sog. ruhende (nicht warenbewegte) Lieferung, welche die Tatbestandsvoraussetzung einer Ausfuhrlieferung („den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet (ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG) befördern oder versenden“) nicht erfüllt.

Die Gesamtumstände des Streitfalls ergeben auch nicht – ausnahmsweise – etwas Abweichendes. Als die Firma „C (Inc.)“ die Maschinenteile durch den durch sie beauftragten Spediteur über die Grenze bewegte, waren weder die Klägerin noch die „B (Ltd.)“ Inhaber der Verfügungsmacht. Die anschließende Frage, ob die Warenbewegung der zweiten Lieferung (Ersterwerber an Zweiterwerber) oder der dritten Lieferung (Zweiterwerber an Enderwerber) zuzurechnen ist, ist vorliegend nicht streiterheblich und kann deshalb offen bleiben.

Der Firma „C (Inc.)“ (Zweiterwerber) wurde die Verfügungsmacht bereits im Inland von der Firma „B (Ltd.)“ (Ersterwerber) verschafft, welche zuvor die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Maschinenteile zu verfügen, von der Klägerin erhalten hatte.

Zwar sind die Regelungen zwischen der „B (Ltd.)“ mit der Firma „C (Inc.)“ im Einzelnen nicht bekannt. Da die „B (Ltd.)“ nach Durchführung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wurde, hat der damalige Verantwortliche der Firma, Herr G, insoweit auch keinen Zugriff mehr auf entsprechende Unterlagen, die er der Klägerin zur Verfügung stellen könnte (…).

Eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes im Hinblick auf den genauen Wortlaut der Vereinbarungen zwischen der „B (Ltd.)“ und der „C (Inc.)“, beispielsweise unter Einbeziehung der britischen Insolvenzverwalterin, ..., ist vorliegend jedoch nicht angezeigt. Wie sich bereits eindeutig aus der E-Mail des G vom 05.02.2013 ergibt, hatte die „B (Ltd.)“ mit der Firma „C (Inc.)“ hinsichtlich der Maschinenteile eine „ab-Werk-Vereinbarung“ ohne Transportkosten getroffen. Die „B (Ltd.)“ wollte keine Transportkosten tragen. Die Gefahr des Übergangs sollte bei Abholung (ab Werk) auf die „C (Inc.)“ übergehen. Um Verschiffungskosten von Deutschland nach Großbritannien zu vermeiden, war „C (Inc.)“ damit einverstanden, die verpackten Maschinenteile in Deutschland abzuholen. Diese Umstände indizieren, dass mit der Aushändigung der verpackten Gegenstände an den von der „C (Inc.)“ beauftragten Spediteur die wirtschaftliche Substanz, Wert und Ertrag an den Maschinenteilen an die „C (Inc.)“ übergegangen sind. Entsprechend verschaffte die Firma „B (Ltd.)“ der „C (Inc.)“ (spätestens) zu dem Zeitpunkt, als die Firma „C (Inc.)“ die Ware beim Verpackungsunternehmer in H durch den Spediteur abgeholt hat, die Verfügungsmacht. Der Umstand, dass die „B (Ltd.)“ ihrerseits die Lieferung in der Rechnung vom 17.12.2012 (Final Invoice) ohne britische Umsatzsteuer abgerechnet hat, spricht auch nicht gegen diese Beurteilung, da der Ort der Lieferung der „B (Ltd.)“ – unabhängig von der Zuordnungsentscheidung hinsichtlich der Warenbewegung - jedenfalls nicht in Großbritannien liegen kann, sondern entweder in Deutschland oder in Peru.

Die Firma „B (Ltd.)“ war auch in der Lage, die Verfügungsmacht im Inland an die „C (Inc.)“ zu übertragen, weil sie diese – wie die Klägerin auch selbst auch vorträgt - bereits vor Beginn der physischen Warenbewegung im Inland von der Klägerin erhalten hatte. Die „B (Ltd.)“ ist nach der (mündlichen) Vereinbarung mit der Klägerin bereits mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises im Dezember 2012 rechtliche Eigentümerin der Maschinenteile geworden. Durch die Lieferbedingungen „EXW H“ hatte die Klägerin zudem auch ihren Teil des Liefervertrages erfüllt. Aufgrund dieser Umstände steht im Streitfall fest, dass die Klägerin die Verfügungsmacht spätestens zu dem Zeitpunkt übertragen hat, als die Maschinenteile nach vollständiger Kaufpreiszahlung durch die „B (Ltd.)“ zum Verpackungsunternehmer in H gebracht und zur Verschiffung bereitgestellt wurden.

Auch die übrigen Umstände des Streitfalls ergeben keine abweichende Beurteilung hinsichtlich der Verschaffung der Verfügungsmacht.

Zwar sollte die Firma „B (Ltd.)“ nach den in der Abschlagsrechnung vom 11.10.2012 (Proforma Invoice No. 01-10/1012) aufgeführten Zahlungsbedingungen, die letzten 10% des Kaufpreises erst zahlen, wenn die Gegenstände in Peru angekommen sind. Diese Vereinbarung könnte dafür sprechen, dass die Klägerin nach der ursprünglichen Geschäftskonzeption die Verfügungsmacht über die Maschinenteile solange behalten sollte, bis die Gegenstände in Peru angekommen sind. Da die Firma „B (Ltd.)“ aber abweichend von diesen Zahlungsbedingungen den Kaufpreis am 19.12.2012 vollständig bezahlt hatte, hatte die Klägerin – wie sie selbst auch einräumt – bereits vor der Verschiffung der Gegenstände nach Peru im März 2013 das Eigentum und die wirtschaftliche Substanz, den Wert und den Ertrag im Hinblick auf die Maschinenteile auf die „B (Ltd.)“ übertragen.

Auch der Umstand, dass die Klägerin im Ausgangsvermerk vom 02.03.2013 (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV) als Versender der Waren bezeichnet wurde, kann nicht dahingehend gewürdigt werden, dass die Klägerin die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Maschinenteile zu verfügen, noch während des grenzüberschreitenden Transports innehatte. Wie die Klägerin selbst einräumt, ist sie insoweit nur als „Hilfsperson“ für die „C (Inc.)“ zur Erfüllung der zollrechtlichen Formalien in Erscheinung getreten. Auf die (umsatzsteuerrechtliche) Verschaffung der Verfügungsmacht an den Maschinenteilen auf die „B (Ltd.)“ hatte dies keinen Einfluss. Die Verfügungsmacht und das rechtliche Eigentum an den Maschinenteilen waren bereits vor Grenzübertritt auf die „C (Inc.)“ übergegangen.

3. Da vorliegend keine Steuerbefreiungsvorschrift eingreift, ist die von der Klägerin ausgeführte Lieferung der Maschinenteile der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Die Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 1 UStG) beträgt 42.562,94 EUR (= 50.649,90 EUR : 1,19 EUR) und die Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 UStG) entsprechend 8.086,96 EUR (= 42.562,94 EUR x 19%).

Der Beklagte hat die Umsatzsteuer zu Recht bereits bei der Steuerfestsetzung des Streitjahres 2012 berücksichtigt, da die Steuer gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 4 UStG aufgrund Vereinnahmung des Abschlagsbetrages von 30.438,36 EUR mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums 10/2012 und aufgrund der Vereinnahmung des Restbetrages in Höhe von 20.211,54 EUR mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums 12/2012 entstanden ist.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO zugelassen.

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