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Steuerrecht
20.01.2022
Steuerrecht
Niedersächsisches FG: Gewerbesteuerhinzurechnung für Adresskäufe

Niedersächsisches FG, Urteil vom 9.12.2021 – 10 K 10124/18

ECLI:DE:FGNI:2021:1209.10K10124.18.00

Volltext BB-Online BB-ONLINE BBL2022-150-2

Amtlicher Leitsatz

Aufwendungen für die Überlassung von Adressdaten unterliegen grundsätzlich nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 f GewStG

§ 8 Nr 1f GewStG

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für den Erwerb von Adressen dem Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 1 f GewStG hinzuzurechnen sind.

Die Klägerin ist eine GmbH, die im Bereich des sog. fundraising Direktmarketing-Dienstleistungen erbringt. Sie entwickelt datenbankgestützte, integrierte Kampagnen für Unternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Zu diesem Zweck bezieht die Klägerin Adressdaten von verschiedenen Adressvermarktern, die sie mit einer von der Fa. X entwickelten Datenverarbeitungssoftware für Anschreiben weiterverarbeitet und kampagnenspezifisch auswählt. Die Datenverarbeitungssoftware der Fa. X GmbH ließ die Klägerin an die Bedürfnisse des deutschen Marktes anpassen und nutzte diese als Lizenznehmerin. Als Kosten für die Lizenzüberlassung sowie die laufende Wartung und Anpassung zahlte die Klägerin für 2011 160.000 €, 2012 178.160 €, 2013 318.160 €, 2014 118.160 € und 2015 118.160 €.

Des Weiteren bezog die Klägerin in den Streitjahren Adressdaten von diversen Anbietern zur Nutzung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 30.05.2018 (Bl. 57 ff. FGA) Bezug genommen. Die Aufwendungen für die Adresskäufe betrugen insgesamt für 2011 567.830,22 €, für 2012 783.618,81 €, für 2013 1.103.369,44 €, für 2014 1.226.991,70 € und für 2015 1.836.194,44 €.

Aufgrund einer Außenprüfung bei der Klägerin in der Zeit von November 2016 bis August 2017 für die Zeiträume 2011 bis 2015 stellte die Prüferin u. a. fest, dass die Klägerin Aufwendungen für die einmalige bzw. befristete Überlassung von Adressen zur Durchführung von Mailings, die Nutzung von Datenbanken und die Nutzung von Datenbank-Software einschließlich der Kosten für die Nutzung der Datenbank-Software der Fa. X als Betriebsausgaben gebucht hatte und zwar wie folgt:

Jahr   

2011   

2012   

  2013

2014   

 2015 

Datenbank/Adressen (2011 einschl. 160.000 € M&W GmbH

       721.443,67

534.272,85

        

        

        

Adressen

        

        

 11.700,91

1.666,00

1.666,00

Adressen

        

        

   683..989,11

770.038,98

 898.785,31

Datenbanken

        

 70.525,55

        

        

        

Datenbanken

        

        

 109.758,84

95.837,09

91.526,00

Leistungen ausl. Unternehmen

        

178.160,00

318.160,00

118.160,00

118.160,00

Summe 

 721.443,67

782.958,40

1.123.608,86

985.702,07

1.110.137,31

Die Prüferin ging davon aus, dass es sich bei den Aufwendungen um Kosten für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten i.S.d. § 8 Nr. 1f GewStG handelt. Der Beklagte folgte der Auffassung der Prüferin und rechnete dem Gewerbeertrag ¼ der Entgelte hinzu (2011 180.360 €, 2012 195.739 €, 2013 280.902 €, 2014 246.425 €, 2015 277.534 €). Dementsprechend geänderte Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2011 bis 2015 erließ der Beklagte am 11.01.2018. Die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidungen vom 16.03.2018 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin eine Reduzierung der Hinzurechnung wegen der Adresskosten. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 f GewStG sei zu Unrecht erfolgt, da es an einem subjektiven Recht der Überlassenden fehle. Die Klägerin sei zur Verwirklichung ihres Unternehmensgegenstands nach § 87a Abs. 2 UrhG selbst als Herstellerin einer Datenbank anzusehen. Sie betreibe eine unternehmensnotwendige Datenbank und nutze hierfür die Datenverarbeitungssoftware der Fa. X. Die hierfür gezahlten Lizenzgebühren seien unstreitig nach § 8 Nr. 1 f GewStG hinzuzurechnen. Die jeweils erworbenen Adressdaten selbst erfüllten jedoch nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG. Es fehle den Adressdatensätzen am allgemeinen Schutzzweck des gesetzlichen Urheberrechts. Die Klägerin sei insoweit keine Lizenznehmerin. Die Adressdaten seien schlicht nach Vor- und Zuname, Alter, Geschlechtern und Postanschrift aufgelistet. Eine persönliche geistige Schöpfung des überlassenden Sammlers gebe es nicht. Demzufolge seien die überlassenen Adressdaten auch kein Sammelwerk iSd. § 4 Abs. 1 UrhG und kein Datenbankwerk iSd. § 4 Abs. 2 UrhG.

Diese Differenzierung zwischen geschützten und ungeschützten Rechten kenne auch die Finanzverwaltung wie sich dem Erlass vom 02.07.2012 (BStBl. I, 630, TZ. 33 ff.) entnehmen lasse. Die erworbenen Adressdaten seien jedenfalls kein geistiges Eigentum mit geschützter Rechtsposition, sondern ungeschützte Adresslisten. Ein solche Adressdatensatz könne eine Datenbank iSd. § 87a Abs. 1 UrhG darstellen, sei jedoch kein urheberrechtsfähiges Datenbankwerk iSd. § 4 Abs. 2 UrhG. Erst die Datenverarbeitung mit Software durch die Klägerin machten die Adressdaten verfügbar. Die Adressdateien seien daher mit einem Kundenstamm vergleichbar. Die vom Beklagten vorgenommenen Hinzurechnungen seien folglich für 2011 um 561.443 €, für 2012 um 604.798 €, für 2013 um 805.448 €, für 2014 um 867.542 € und für 2015 um 991.977 € zu kürzen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten erfolge die Selektion nicht durch die Adressbroker. Die Klägerin bestimme die Kriterien nach denen der jeweilige Adresslieferant die Adressen zusammenstelle. Sofern man die Auswahl als schöpferische Leistung ansehe, werde diese von der Klägerin erbracht.

Die Auffassung des Beklagten zu § 87a UrhG ändere an der rechtlichen Beurteilung nichts. § 87a UrhG definiere lediglich die Begriffe Datenbank und Datenbankhersteller. Die Rechte des Datenbankherstellers seien in § 87b UrhG geregelt. Hier werde letztlich die Datenbank lediglich vor unberechtigtem Zugriff Dritter geschützt. Der Schutzbereich des § 87b UrhG werde durch die Mailings der Klägerin nicht berührt.

Die Klägerin beantragt,

die Gewerbesteuermessbescheide für 2011 bis 2015 jeweils vom 11.01.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.03.2018 dergestalt zu ändern, dass für 2011 ein Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 42.010 €, für 2012 ein Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 66.416 €, für 2013 ein Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 146.608 €, für 2014 ein Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 88.095 € und für 2015 ein Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 110.001 € festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid. Ergänzend trägt er vor, dass entgegen der Auffassung der Klägerin die Daten aufgrund einer persönlichen schöpferischen Leistung gesammelt worden seien, da zu entscheiden sei, welche konkreten Daten nach welchen Kriterien aufgenommen würden. Um die Adressdaten zielgerecht verwenden zu können, sei eine zielgerichtete Auswahl nach dem Zweck des Einsatzes erforderlich.

Die AGB der Adresshändler enthielten entsprechende Ausführungen zum Urheberrecht, so dass davon auszugehen sei, dass die zugrundeliegenden Leistungen geschützt seien.

Auch wenn man den Adressdaten generell die Eigenschaft als Datenbankwerk abspräche, käme jedenfalls ein Schutzrecht nach § 87a UrhG zum Tragen. Anders als der Schutz nach § 4 UrhG schützten die §§ 87a ff UrhG nicht die schöpferische Auswahl und Anordnung des Dateninhalts, sondern die Investition in die Beschaffung, Sammlung, Überprüfung, Aufbereitung und Darbietung des Inhalts an sich. Damit dürfte es sich bei den Adressen um eine Sammlung unabhängiger Elemente handeln, die systematisch und methodisch angeordnet seien. Laut Rechnungen seien die Adressen nach unterschiedlichen Kriterien selektiert abgespeichert worden, so dass sie systematisch oder methodisch geordnet auf einer Datenbank zugänglich seien.

Der Schutz der Datenbank setze voraus, dass die Beschaffung. Überprüfung oder Darstellung der Elemente eine nach Art und Umfang wesentliche Investition erfordere, die nicht notwendig finanzieller Natur sein müsse. So reiche eine Investition, die bei objektiver Betrachtung keine ganz unbedeutenden, von jedermann leicht zu erbringenden Aufwendungen erforderten, um die Datenbank zu erstellen. So seien etwa in der Datenbank der Fa. Y über 300 Zusatzmerkmale je Einzeladresse erfasst, die einen passgenauen Einsatz zur Neukundengewinnung möglich machten. Zur Aufbereitung der Daten stünden mehr als 100 Mitarbeiter bei der Firma zur Verfügung.

Aus den Gründen

I. Die Klage ist begründet. Die Gewerbesteuermessbescheide für 2011 bis 2015 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO. Der Beklagte hat ein Viertel der Aufwendungen für die Nutzung der Adressdaten zu Unrecht gem. § 8 Nr. 1 f GewStG dem Gewerbeertrag hinzugerechnet.

1. Die Klägerin hat keine Schutzrechte erworben, sondern lediglich Inhalte aus Datensammlungen und für deren Verwendung bzw. Nutzung gezahlt. Derartige Nutzungsentgelte unterfallen nicht dem Regelungsinhalt des § 8 Nr. 1 f GewStG.

a) Rechte iSd. § 8 Nr. 1 f S. 1 GewStG sind Immaterialgüterrechte, dh. subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigem Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition – ein Abwehrrecht – besteht (BFH in BFH/NV 2012, 996 Rn. 11; Keß in Lenski/Steinberg aaO, § 8 Nr. 1 Buchst. f Rn. 16; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 7. Aufl., § 8 Nr. 1f Rn. 3; Blümich/Hofmeister, § 8 GewStG Rn. 274; Clemens in Deloitte, GewStG, § 8 Nr. 1f Rn. 16; Rapp FR 2017, 563, 565). Die geschützte Rechtsposition vermittelt zivilrechtlich ein absolutes Abwehrrecht, das gegenüber jedem Dritten wirkt und nicht lediglich aus einer schuldrechtlichen Verpflichtung zwischen den Vertragsparteien erwächst.

Demgemäß werden ungeschützte Positionen, die gegenüber nicht berechtigten Personen kein Abwehrrecht gewähren, so dass Letztere von der Nutzung nicht ausgeschlossen werden können, nicht vom Rechtebegriff des § 8 Nr. 1 f GewStG umfasst. So sind zB Aufwendungen für die Überlassung gesetzlich ungeschützten Erfahrungswissens technischer, gewerblicher, wissenschaftlicher oder auch betriebswirtschaftlicher Art (Know-how) nicht nach § 8 Nr. 1 f GewStG hinzuzurechnen (BFH v. 12.1.2017 – IV R 55/11, BFHE 256, 533, BStBl. II 2017, 725). Entgelte für die Benutzung von Strom- und Gasversorgungsnetzen, für die Nutzung des sog. Grünen Punktes (Duales System Deutschland GmbH), die Maut für die Benutzung von Bundesfernstraßen sowie die Rundfunkgebühr unterliegen ebenfalls nicht der Hinzurechnung (Gleichl. Ländererlass in BStBl. I 2012, 654). Der Begriff der Rechte iSv § 8 Nr. 1 f S. 1 GewStG ist somit enger als der Begriff der immateriellen Wirtschaftsgüter (zB § 5 Abs. 2 EStG), der auch tatsächliche Positionen von wirtschaftlichem Wert wie zB Know-how, ungeschützte Erfindungen und den Geschäftswert umfasst (Blümich/Hofmeister, § 8 GewStG Rn. 274).

b) Die erworbenen Adressdaten sind weder in ihrer Gesamtheit noch als überlassene Teilmenge als Datenbankwerk geschützt.

Datenbankwerke iSv § 4 Abs. 2 UrhG sind nach S. 1 als Unterfälle der Sammelwerke nach § 4 Abs. 1 UrhG dadurch gekennzeichnet, dass ihre Elemente systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind. Dem Begriff der Datenbankwerke unterfallen sowohl elektronische wie auch nicht elektronische Datenbanken (amtl. Begr. BT-Drs. 13/7385, 39). Urheberrechtlich als eigenständiges Werk geschützt ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen allerdings nur dann, wenn der Auswahl oder Anordnung der Elemente der Sammlung eine persönliche geistige Schöpfung iSv § 2 Abs. 2 UrhG zugrunde liegt (vgl. Dreier/Schulze, Kommentar zum Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2018, § 4 Rn. 17, 19). Auswahl beschreibt den Vorgang des Sammelns und Aufnehmens, des Sichtens, Bewertens und Zusammenstellens von Elementen zu einem bestimmten Thema im Hinblick auf bestimmte Auswahlkriterien. Anordnung bedeutet die Einteilung, Präsentation und Zugänglichmachung der ausgewählten Elemente nach einem oder mehreren Ordnungssystemen. Eine Sammlung wird dann zu einem Sammelwerk iSv § 4 Abs. 1 UrhG, wenn die Auswahl oder die Anordnung der einzelnen Elemente eine persönliche geistige Schöpfung darstellt. Entscheidend ist, dass sich in Auswahl oder Anordnung ein geistiger Gehalt manifestiert, der über die bloße Summe der Inhalte der einzelnen Elemente hinausgeht (vgl. Dreier/Schulze, Kommentar zum Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2018, § 4 Rn. 19). Im Ergebnis liegt eine persönliche geistige Schöpfung im Rahmen von § 4 UrhG immer dann vor, wenn der Sammlung ein individueller Sammlungsschwerpunkt oder ein individuelles Ordnungsprinzip zugrunde liegt, das sie von anderen Sammlungen oder Sammlungen anderer Urheber unterscheidet, also wenn sie nicht nur das Ergebnis einer rein schematischen oder routinemäßigen Tätigkeit ist. Vielmehr muss der Sammler die Beiträge nach einem gewissen Leitgedanken sammeln und sichten oder ordnen und aufeinander abstimmen. Der Sammlung muss also ein individuelles Ordnungsprinzip zugrunde liegen, das sie von anderen Sammlungen unterscheidet (vgl. Möhring/Nicolini/Ahlberg, Kommentar zum Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl. 2020, § 4 Rn. 25) und sie deshalb dem Sammelnden persönlich zugerechnet werden kann. Entscheidend ist jedenfalls stets der Gesamteindruck (vgl. BGH GRUR 1990, 669, 673).

2. Die im Streitfall in Anspruch genommenen Adresssammlungen stellen mangels hinreichender persönlicher geistiger Schöpfung kein Datenbankwerk iSd. § 4 Abs. 2 UrhG dar. Die Sammlung von Adressdaten erfolgte nicht aufgrund einer bestimmten Auswahl und/oder Anordnung bei den jeweiligen Adresshändlern. Vielmehr sammeln die Adresshändler alle erreichbaren Datensätze unsystematisch in der Weise, dass sämtliche Daten zunächst elektronisch erfasst werden. Die Aufnahme in die Sammlung erfolgt lediglich unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um eine Adresse einer tatsächlich existierenden Person handelt, die als potentieller Kunde für andere Marktteilnehmer in Betracht kommt. Die Sammlung von Adressdaten wird demgemäß nicht von einem übergeordneten individuellen Ordnungsprinzip geprägt, das eine Unterscheidbarkeit zu anderen Adressdatensammlungen ermöglicht. Vielmehr gibt es – wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - zahlreiche Überschneidungen von Adressdaten in den verschiedenen Datenbanken, die durch die Klägerin mittels eines Abgleichs der erworbenen Adressdaten zur Vermeidung von Doppelerfassungen aufgesucht werden. Eine Sammlung und Sichtung der Adressdaten folgt demgemäß nicht einem übergeordneten Leitgedanken des Datensammlers, sondern ist ausschließlich von dem Ziel bestimmt, eine möglichst vollständige Erfassung veräußerbarer Adressdaten zu erfassen.

Die jeweilige Adressdatensammlung ist als solche auch nicht nach einem übergeordneten Prinzip geordnet oder aufeinander abgestimmt, sondern lediglich in elektronischer Form aufbereitet, um mittels eines Suchprogramms auf Anforderung des jeweiligen Kunden bestimmte gewünschte Datensätze herauszusuchen. Die Ablage bestimmter Daten in elektronischer Form nach den Bedürfnissen einer anzuwendenden Software zur Nutzbarmachung der Daten stellt keine Ordnung oder Abstimmung in diesem Sinne dar. Denn die Anordnung der einzelnen Daten auf dem Datenträger ist regelmäßig technisch durch die verwendete Software zum Betrieb der Datenbank bestimmt. § 4 Abs. 2 S. 2 UrhG stellt zudem ausdrücklich klar, dass ein Computerprogramm, das zur Schaffung eines Datenbankwerkes verwendet wird, oder das den Zugang zu dessen Elementen ermöglicht, nicht Bestandteil des Datenbankwerkes ist, sondern ein eigenständiger Schutzgegenstand bleibt. Damit stellt die Datensammlung des jeweiligen Adresshändlers kein Datenbankwerk iSv. § 4 UrhG dar, da die persönliche geistige Schöpfung des Adresshändlers fehlt. Hiervon sind die jeweiligen Adressbroker offensichtlich selbst auch ausgegangen, da sie sich in ihren Geschäftsbedingungen lediglich auf einen Urheberrechtsschutz nach §§ 87a ff. UrhG beziehen.

3. Allerdings handelt es sich nach Auffassung des Senats bei den Adressdatenbanken der Adressbroker um eine Datenbank iSd. § 87a UrhG. Ob dies auch für die Datensammlungen der Einzelhandelsunternehmen, die Teile ihrer Kundenstammdaten veräußern, gilt, kann nach Ansicht des Senats offenbleiben. Denn aus §§ 87a UrhG folgt kein Schutzrecht, welches § 8 Nr. 1 f GewStG unterfällt.

a) Die Datenbankrichtlinie hat in ihren Art. 7 ff. Datenbank-RL parallel zum Schutz von Datenbankwerken einen sog. sui-generis-Schutz für solche Datenbanken geschaffen, bei denen die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung des Inhalts erhebliche Investitionen erfordert haben. Dieser Schutz ist in den §§ 87a ff. UrhG umgesetzt. Im Gegensatz zum Schutz von Sammel- und Datenbankwerken nach § 4 UrhG setzen die §§ 87a ff. UrhG keine persönliche geistige Schöpfung hinsichtlich Auswahl oder Anordnung des Inhalts der Datenbank voraus (Dreier/Schulze, Kommentar zum Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2018, Vorbem. zu §§ 87a ff. Rz. 1 ff.).

b) Demnach ist auch die Sammlung von Adressdaten mit der Zuordnung weiterer Zusatzdaten zur Selektion nach bestimmten Kriterien als Datenbank iSd. § 87a UrhG anzusehen. Allerdings umfasst der Schutzgegenstand nicht die überlassenen Datensätze. Schutzgegenstand ist die Datenbank als Gesamtheit des unter wesentlichem Investitionsaufwand gesammelten Inhalts, nicht hingegen der Inhalt selbst (Schricker/Loewenheim/Vogel, Kommentar zum Urheberrechtsgesetz, 6. Aufl. 2020, Vor § 87a ff. Rn. 29, § 87a Rn. 32). Gleichwohl besteht auch der Schutz nach den §§ 87a ff. UrhG an der Datenbank selbst und ist ebenso wie der urheberrechtliche Schutz eines Datenbankwerkes von einem etwaigen Schutz an Elementen des Datenbankinhalts zu unterscheiden. Weder begründet der Schutz von Elementen des Inhalts den Datenbankschutz, noch erstreckt sich der Datenbankschutz auf die Elemente des Inhalts einer Datenbank. Demzufolge ist zwar die Datenbank als solche vor einem unberechtigten Zugriff auf wesentliche Teile des Inhalts geschützt. Die Überlassung von Inhalten ist indes keine Rechteüberlassung, sondern eine schuldrechtlich eingeräumte einmalige oder mehrmalige Nutzungsbefugnis der jeweiligen überlassenen Elemente der Datenbank. Dies zeigt sich auch insbesondere bei den Verträgen mit Adressbrokern, die einen zeitlich beschränkten Zugriff auf die Datenbank des Adressbrokers erlauben. In diesen Fällen durchsucht die Klägerin – nach den Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung - mit ihrer eigenen Software den gesamten Datenbestand der Datenbank des Adressbrokers und filtert die für eigene Zwecke geeigneten Daten heraus. Diese Daten werden mittels Analysesoftware durch die Klägerin weiter aufbereitet, um einerseits Doppelerfassungen aus anderen Datenbanken sowie nicht verwendbare Datensätze, deren Verwendung durch die Adressgeber untersagt wurde, herauszufiltern und andererseits anhand eines Inhaltsabgleichs nach eigenen Parametern „statistische Zwillinge“, also besonders geeignete Datensätze herauszufinden. Die Zahlung an den Adressbroker bemisst sich sodann nach den tatsächlich verwendeten Daten. Damit erwirbt die Klägerin nach Auffassung des Senats nicht ein urheberrechtlich geschütztes Recht oder ein sonstiges eigenständiges Recht, sondern lediglich die Nutzungsmöglichkeit zur Verwendung einzelner vom Adressbroker gesammelter Datensätze. Dies gilt erst recht, wenn der Klägerin lediglich einzelne Adressdatensätze aus einem Gesamtdatenbestand (Kundenstamm) zur Nutzung überlassen werden. Die Aufwendungen zum Erwerb dieser Nutzungsmöglichkeit unterfallen nicht § 8 Nr. 1 f GewStG.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus §§ 709, 711 ZPO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

 

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