FG Köln: Gesellschafter-Darlehen als Finanzplandarlehen bei Auflösungsverlust gemäß § 17 EStG
FG Köln, Urteil vom 19.12.2013 - 10 K 2113/10
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Höhe eines Auflösungsverlusts gemäß § 17 EStG im Veranlagungszeitraum 2007, insbesondere darüber, ob ein Gesellschafter-Darlehen als Finanzplandarlehen zu qualifizieren ist.
Mit Vertrag vom 18.2.2005 des Notars A wurde die B Beteiligungsgesellschaft mbH(B-GmbH) gegründet, an deren Stammkapital der Kläger mit 12.500 € (entsprechend 50 %) beteiligt war. Die B-GmbH hatte noch 3 weitere Gesellschafter, u.a. Herrn G (G) mit einem Geschäftsanteil von 7.150 €, der auch zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt war. Gegenstand des Unternehmens war die Beteiligung an und die Führung von gastronomischen und medienkonzeptionellen Gesellschaften sowie sämtliche damit zusammenhängenden und den Gesellschaftszweck fördernden Geschäfte.
Hintergrund war nach Angaben des Klägers die Absicht zur Renovierung und zum anschließenden gewinnbringenden Betrieb der Diskothek "C" in D, in der die Gesellschafter ein hohes Ertragspotenzial sahen. Da der Kläger brachenfremd war, sollte er nur als Kapitalgeber fungieren. Mit der später geplanten operativen Tätigkeit sollte er nichts zu tun haben. Der Plan sei deshalb gewesen, dass die B-GmbH als Holding eine weitere Gesellschaft zum Betrieb der Diskothek gründete. Diese Betriebsgesellschaft sollte die erwarteten Gewinne dann plangemäß an die B-GmbH ausschütten, so dass der Kläger letztlich - neben einer geringen Verzinsung des darlehensweise ausgegebenen Kapitals - über die von Seiten der B-GmbH zu erwartenden Gewinnausschüttungen von seiner Kapitalüberlassung profitieren sollte.
Diese Planung wurde allerdings aufgrund des abredewidrigen Verhaltens von G nicht umgesetzt. Denn G gründete die Betriebsgesellschaft (E GmbH, - E-GmbH -) zum Zwecke des Betriebs der Diskothek "C" entgegen den getroffenen Absprachen nicht als Tochtergesellschaft der B-GmbH, sondern am 21.2.2005 zusammen mit einem weiteren dritten Gesellschafter in der Weise, dass vom Stammkapital (25.000 €) auf G ein Geschäftsanteil von 10.000 € und auf den dritten Gesellschafter ein solcher von 15.000 € entfiel; Geschäftsführer der E-GmbH war ebenfalls der G. Zwischen den Beteiligten besteht vor diesem Hintergrund Einigkeit darüber, dass die Feststellung des Insolvenzverwalters, die B-GmbH habe 100% der Anteile an der E-GmbH gehalten, unzutreffend ist und ihre Grundlagen in den unwahren Angaben des G gegenüber dem Insolvenzverwalter hat.
Die Kapitalüberlassung durch den Kläger erfolgte dann aufgrund eines Darlehensvertrags vom 28.2.2005, mit welchem der Kläger der B-GmbH ein mit 4% verzinsliches Darlehn i.H.v. 237.500 € gewährte, welches in 60 Monatsraten á 4.500 € ab dem Monat der Darlehensauszahlung getilgt werden sollte. Für den Fall des Verzugs sollte sich der Darlehenszins für die Verzugszeit um 0% erhöhen. Als Sicherheit wurde die Vorabbefriedigung der offenen Darlehensforderung bei Verkauf der Beteiligung oder Gesellschaftsaufgabe vereinbart; weitere Sicherheiten wurden nicht gestellt. Vereinbarungen zur Kündigung oder eine Rangrücktrittsvereinbarung enthielt der Vertrag nicht.
Die Darlehenssumme wurde mit einem weiteren Darlehensvertrag vom gleichen Tage von der B-GmbH an die E-GmbH weitergereicht, wobei allerdings in diesem Vertrag annähernd marktkonforme Zinskonditionen von 8% vereinbart wurden. Als weitere Abweichung wurde außerdem für den Fall des Verzugs ein Verzugszins von 4% p.a. festgelegt. Während das Gesellschafterdarlehen des Klägers bereits ab dem 1.3.2005 vereinbarungsgemäß hätte getilgt werden müssen, sollte die erste Darlehensrate der E-GmbH an die B-GmbH erst am 5.11.2005 geleistet werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Feststellung des Beklagten im Verwaltungsverfahren, das Darlehen sei in gleicher Höhe und zu gleichen Zins- und Tilgungsbedingungen an die E-GmbH weitergereicht worden, unzutreffend ist.
Die ab 1.3.2005 vereinbarten Tilgungsraten an den Kläger flossen von Anfang an nicht wie vorgesehen. Am 7.12.2005 wurden lediglich 2.500 € und am 30.12.2005 weitere 1.000 € geleistet. Weitere Zahlungen von jeweils 1.000 € erfolgten am 13., 19. und 30. Januar sowie am 16.2.2006. Danach wurden keine Zahlungen mehr geleistet. Auch insoweit besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten über die Unrichtigkeit der diesbezüglichen Feststellungen des Insolvenzverwalters F (Bl. 4 der Anlage zum Insolvenzgutachten), es sei nur eine Tilgungsrate i.H.v. 4.500 € auf den Darlehensvertrag an den Kläger geleistet worden.
Parallel zur Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2006 kam es bei der E-GmbH zu dramatischen Umsatz- und Ertragsrückgängen, die diese nicht auszugleichen in der Lage war (Bl. 6 Insolvenzgutachten). Unter dem 17.8.2006 berief der Kläger für den 1.9.2006 eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der B-GmbH ein, mit dem Zweck, den Geschäftsführer dazu anzuhalten, seinen Informationspflichten nachzukommen. Der Kläger habe bis dahin keinerlei Informationen zum Geschäftsverlauf, zu Aktivitäten der Gesellschaft und zum Abschluss wichtiger Verträge erhalten. Sämtliche Verträge, insbesondere auch Darlehens-, Miet- und Beteiligungsverträge seien vorzulegen. Auch Informationen zur bisherigen Nichterfüllung des mit der B-GmbH abgeschlossenen Darlehensvertrags habe der Kläger nicht erhalten.
Im weiteren Verlauf stellte G dann im Oktober 2006 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E-GmbH (1 bzw. 2). Am 19.12.2006 stellte der Kläger das Darlehen gegenüber der B-GmbH zur Rückzahlung fällig. Daraufhin stellte die B-GmbH ihren Betrieb ein (vgl. Bl. 5 Insolvenzgutachten); am ...12.2006 wurde von G ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch über das Vermögen der B-GmbH gestellt; der Antrag ging am ...1.2007 bei Gericht ein (3). Mit Gutachten vom 25.4.2007 stellte der Insolvenzverwalter der B-GmbH, Herr Rechtsanwalt F, den Insolvenzgrund der Überschuldung, die Zahlungsunfähigkeit der B-GmbH und den Eintritt der Insolvenzreife fest. Die B-GmbH tilge ihre fälligen Geldverbindlichkeiten nicht mehr. Eine die Verfahrenskosten deckende Masse sei nicht vorhanden und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B-GmbH mangels Masse abzulehnen. Aus dem gleichen Grund war zuvor bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E-GmbH mangels Masse abgelehnt worden (Eintragung im Handelsregister betreffend die E-GmbH am ....4.2007 und betreffend die B-GmbH am ....8.2007). Zum Darlehen des Klägers wird ausgeführt, dass aufgrund der Insolvenz der E-GmbH eine Realisierung des verbleibenden Darlehensbetrags nicht mehr möglich und eine vollständige Wertberichtigung durchzuführen sei (Bl. 4 der Anlage zum Insolvenzgutachten F).
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2007 berücksichtigte der Beklagte einen Verlust nach § 17 EStG in Höhe der verlorenen Stammeinlage von 12.500 €, von denen im Einkommensteuerbescheid vom 3.6.2009 vor dem Hintergrund des Halbeinkünfteverfahrens bzw. des Halbabzugsverbots (§ 3c EStG) zunächst nur 6.250 € als Verlust berücksichtigt wurden. Dagegen wandten sich die Kläger mit ihrem Einspruch und begehrten, wegen eines ausgefallenen Finanzplankredits einen Auflösungsverlust aus § 17 EStG i.H.v. 250.000 € zu berücksichtigen.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 4.11.1997 - VIII R 18/94 (BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, DB 1998, 113) aus, ein Finanzplandarlehen sei nicht gegeben. Von den neun von der Rechtsprechung geforderten Kriterien für ein Finanzplandarlehn sei im Streitfall nur das in zeitlicher Nähe zur Gesellschaftsgründung gewährte Darlehen gegeben. Es bestünden bereits Zweifel, ob das Darlehen für den Geschäftsbetrieb der B-GmbH zwingend erforderlich gewesen sei. Es sei vielmehr in gleicher Höhe und zu gleichen Bedingungen an die L GmbH weitergereicht worden. Dort habe es zwar möglicherweise der Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs gedient, es lägen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die E-GmbH kreditunwürdig gewesen sei und kein Fremdkapital für den Betrieb der Diskothek hätte erhalten können. Nachweise für die Ablehnung von Darlehensanfragen seien weder für die B-GmbH noch für die E-GmbH eingereicht worden. Insbesondere sei die erforderliche Mindest-Bindungsdauer von 10 Jahren nicht gegeben, da die Tilgung in 60 Monatsraten vereinbart gewesen sei. Diese Vertragsbestimmung werde auch durch die Klausel für den Verzugsfall (0 % Verzugszins) nicht außer Kraft gesetzt, wenn es sich insoweit auch um eine marktunübliche Kondition handle. Da mit der Rückzahlung auch begonnen worden sei, könne die Vereinbarung über die Tilgung in 60 Monatsraten entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht als unrealistisch und von vornherein undurchführbar gewertet werden. Ebenso wenig sei keine Auslegung der Vertragsbestimmung dahin möglich, dass das Darlehen auf unbestimmte Zeit gewährt sei. Wäre ein Darlehen auf unbestimmte Zeit gewollt gewesen, wäre auch die Einberufung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 17.8.2006 nicht erklärlich, in der die vertragsgerechte Erfüllung des Darlehensvertrags erneut angemahnt worden sei. Auch von einer fehlenden Kündigungsmöglichkeit durch den Kläger als Darlehensgeber könne keine Rede sein. Wegen der übrigen Einzelheiten zur Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Der Kläger macht geltend, er sei als Dachdeckermeister branchenunkundig gewesen. Nur G habe über einschlägige Branchenkenntnis verfügt. Die Diskothek "C" in D sei zwar dringend modernisierungsbedürftig gewesen, habe aufgrund ihres Standortes und ihrer langjährigen Bekanntheit aber über erhebliches Potenzial verfügt. Durch die umfassende Modernisierung sei die Diskothek dann auch wieder attraktiv geworden.
In zeitlichem Zusammenhang mit der Gründung der B-GmbH habe der Kläger mit dieser den Darlehensvertrag über 237.500 Euro abgeschlossen. Als einzige Sicherheit habe sich die B-GmbH als Darlehensnehmer verpflichtet, bei einem Verkauf der Beteiligung oder bei Gesellschaftsaufgabe vor einer internen Auseinandersetzung zuerst die noch ausstehenden Ansprüche des Klägers als Darlehensgeber zu befriedigen. Dabei sei ein Leerlaufen dieser Sicherungsabrede für den Fall der Insolvenz offensichtlich gewesen, weil die Ansprüche der Gesellschafter nachrangig gegenüber Drittgläubigern seien. Eine werthaltige Besicherung des Gesellschafter-Darlehens sei daher von Anfang an nicht vorgesehen gewesen. Auch die Annahme des Beklagten, das Darlehen sei zu gleichen Bedingungen an die E-GmbH durchgereicht worden, stelle einen Verstoß gegen dessen Verpflichtung zur gründlichen Ermittlung des Sachverhalts dar.
Die Finanzbuchhaltung der E-GmbH sei dem Kläger erstmals im Oktober 2010 zugänglich gemacht geworden. Bis zur Fußball-WM des Jahres 2006 hätten sich die Umsätze der Diskothek erwartungsgemäß entwickelt, danach seien sie jedoch dramatisch eingebrochen. Der Umstand, dass nur geringfügige Tilgungsleistungen erfolgt seien, belege, dass die Darlehensrückzahlung nicht an den vertraglichen Vereinbarungen, sondern an der Liquiditätslage der B-GmbH ausgerichtet gewesen sei. Ein solches Verhalten dulde nur ein Gesellschafter, der seiner Gesellschaft das zum Geschäftsbetrieb notwendige Kapital zur Verfügung stellen wolle. Der Kläger habe im Anschluss an die dann folgenden Insolvenzanträge der Gesellschaften keine Möglichkeit zur Realisierung seiner Darlehensforderung gehabt. Entgegen dem insofern nicht zutreffenden Ausweis in der Steuererklärung belaufe sich der Gesamtverlust aus der Beteiligung allerdings nicht auf 250.000 €, sondern auf 242.500, deren Berücksichtigung als Auflösungsverlust begehrt werde.
Sämtliche Indizien für ein Finanzplandarlehen lägen vor (Unentbehrlichkeit des Darlehens für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks, fehlende Bereitschaft eines außenstehenden Kreditgebers zur Darlehensgewährung, Darlehensgewährung zu nicht marktüblichen Konditionen, kein Ausgleich eines nur vorübergehenden Finanzbedarfs der Gesellschaft). Das Ziel der Gesellschaft sein ohne das Darlehen nicht zu verwirklichen gewesen (Hinweis auf FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.11.2002 - 2 K 114/00: Bei einem Gesellschafterdarlehen über 450.000 DM sei ein Finanzplankredit anzunehmen). Der Zinssatz im Streitfall sei mit 4% zudem marktunüblich günstig gewesen. Die unterschiedlichen Regelungen über den Verzugsfall im Darlehensvertrag des Klägers mit der B-GmbH und im Darlehensvertrag zwischen der B-GmbH und der E-GmbH und ebenso die fehlende Besicherung des Darlehns des Klägers machten erkennbar, dass die Darlehensmittel faktisch nicht innerhalb von 5 Jahren vollständig hätten zurückgeführt werden sollen. Es habe somit von vornherein festgestanden, dass eine Rückführung des Darlehens an den Kläger in absehbarer Zeit nicht vorgesehen war und es sich damit letztlich um eine Einlage handelte, welches den Gesellschaftsgläubigern wie haftendes (Stamm-) Kapital zur Verfügung gestanden habe.
Die Pflicht des Klägers zur langfristigen Belassung des Kapitals folge de facto aus dem vertraglichen Fehlen eines zusätzlichen Verzugszinses. Außerdem sehe der Darlehensvertrag keine einseitige Kündigungsmöglichkeit durch den Kläger vor. Eine Rückführung der Darlehenssumme sei im Streitfall nicht garantiert und vor dem Hintergrund einer fehlenden Sanktion für den Fall des Verzuges faktisch nicht vorgesehen. Deshalb könne sich der Beklagte für seine Auffassung auch nicht darauf berufen, dass der Darlehensvertrag nicht auf unbestimmte Zeit geschlossen gewesen sei. Denn das Darlehen habe erkennbar den von Anfang an bestehenden Geldbedarf solange ausgleichen sollen, bis entsprechende Eigenmittel der GmbH erwirtschaftet worden seien. Hätte der Kläger die Darlehenstilgungen entsprechend der vertraglichen Vereinbarung ernsthaft fällig gestellt, hätte dies unweigerlich die Zahlungsunfähigkeit und somit die Insolvenz der B-GmbH zur Folge gehabt. Auch der Darlehensvertrag zwischen B-GmbH undE-GmbH sei von Anfang an nicht eingehalten worden; auch insoweit seien - jeweils bemessen an der Liquiditätslage - nur geringfügige Tilgungsleistungen erfolgt.
Angesichts der erheblichen Zeit des Duldens könne auch die Einberufung der Gesellschafterversammlung im August 2006 zu keiner anderen Auslegung der ursprünglichen Erwartung der Parteien führen. Die Finanzierung von Aufbau und Anlauf der Diskothek hätten von Anfang an Vorrang vor der Bedienung von Gesellschafterdarlehen gehabt, auch wenn der Diskothekenbetrieb in den ersten Monaten erwartungsgemäß gut gelaufen sei. Hintergrund der Einberufung sei keine plötzliche Meinungsänderung des Klägers gewesen, sondern der Umstand, dass G seinen wesentlichen Informationspflichten gegenüber den Mitgesellschaftern nicht nachgekommen sei. So seien Bilanzen nicht erstellt und auch die satzungsmäßig vorgesehenen regelmäßigen Gesellschafterversammlungen nicht einberufen worden. Auch die im Darlehensvertrag der B-GmbH und der E-GmbH vereinbarten Sicherungsübereignungen an die B-GmbH seien nicht nachgewiesen worden.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung in Übereinstimmung mit dem Kläger erklärt, dass inzwischen ein Änderungsbescheid ergangen sei, in welchem der Verlust der Kapitaleinlage des Klägers nicht nur zur Hälfte sondern in voller Höhe als gewerblicher Verlust gemäß § 17 EStG berücksichtigt worden sei, weil es sich um eine sog. ertraglose Einlage gehandelt habe.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerfestsetzung für 2007 in Gestalt des letzten Änderungsbescheids dahin zu ändern, dass das vom Kläger an die B-GmbH gewährte Gesellschafterdarlehen i.H.v. 237.500 € abzüglich Teilzahlungen i.H.v. 7.500 € als nachträgliche Anschaffungskosten gewertet und somit der Veräußerungsverlust i.S. § 17 EStG mit insgesamt 242.500 € berücksichtigt wird,
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich dazu im Wesentlichen auf die Begründung in der Einspruchsentscheidung. Aus den zwischenzeitlich angeforderten Verträgen über die Gründung der E-GmbH habe sich - entgegen den Aussagen des Geschäftsführers im Insolvenzverfahren - ergeben, dass die B-GmbH nicht an der E-GmbH beteiligt gewesen sei. G sei weder bei der B-GmbH noch bei der E-GmbH Mehrheitsgesellschafter gewesen; seine Abberufung als Geschäftsführer sei jederzeit möglich gewesen. Auf Grund des fehlenden Unternehmensverbundes könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Darlehensgewährung von der B-GmbH an die E-GmbH dem Unternehmenszweck der B-GmbH gedient habe. Bei der Darlehensgewährung an die E-GmbH habe es sich weder um eine Beteiligung seitens der B-GmbH gehandelt, noch habe dieB-GmbH unternehmerischen Einfluss auf die Geschäfte der E-GmbH erhalten.
Aus den Gründen
Die Klage ist unbegründet. Bei dem vom Kläger an die B-GmbH gewährten Darlehen handelt es sich nicht um einen Finanzplankredit, weil das Darlehen für den Kläger nicht unkündbar war.
1. Nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft zu mindestens 1 vom Hundert beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Entsprechendes gilt für die aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste. Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG ist dabei der Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Kosten (entsprechend den Veräußerungskosten nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) sowie seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen (BFH-Urteile vom 19.8.2008 - IX R 63/05, BFHE 222, 474, BStBl II 2009, 5, DB 2008, 2571, vom 4.11.1997 - VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, DB 1998, 113; ferner BFH-Urteil vom 29.5.2008 - IX R 62/05, BFHE 221, 227, BStBl II 2008, 856, DB 2008, 1889: Veranlagungszeitraumbezogene Auslegung der Wesentlichkeitsgrenze).
a) Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Dazu gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen neben (verdeckten) Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind. Das ist bei einem Darlehen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft der Fall, wenn und insoweit es Eigenkapital ersetzt. Maßgebend dafür ist, ob ein Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem er der Gesellschaft als ordentlicher Kaufmann Eigenkapital zugeführt hätte (Krise), stattdessen ein Darlehen gewährt. Finanzierungshilfen eines Gesellschafters zugunsten seiner Gesellschaft rechnen danach zu den nachträglichen Anschaffungskosten, wenn sie funktionales Eigenkapital darstellen, weil sie als Ersatz für Eigenkapital zu betrachten und deshalb wie dieses gebunden sind (BFH-Urteile vom 19.8.2008 - IX R 63/05, BFHE 222, 474, BStBl II 2009, 5, DB 2008, 2571, vom 29.5.2008 - IX R 62/05, BFHE 221, 227, BStBl II 2008, 856, DB 2008, 1889, vom 22.4.2008 - IX R 75/06, BFH/NV 2008, 1994, vom 7.12.2010 - IX R 16/10, BFH/NV 2011, 778, vom 4.11.1997 - VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, DB 1998, 113).
b) Für krisenbestimmte Darlehen hat der BFH wiederholt ausgeführt, dass auf den Zeitpunkt des Kriseneintritts und der diesbezüglichen Kenntniserlangung durch den Gesellschafter verzichtet werden kann, wenn der Gesellschafter wie in Fällen einer Rangrücktrittsvereinbarung mit bindender Wirkung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftsgläubigern erklärt, dass er das Darlehen auch in der Krise stehenlassen werde. Denn zu einer solchen Erklärung wäre ein Darlehensgeber, der nicht auch Gesellschafter ist, mit Rücksicht auf das ihm bei Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs regelmäßig zustehende außerordentliche Kündigungsrecht im allgemeinen nicht bereit (BFH-Urteile vom 13.7.1999 - VIII R 31/98, BFHE 189, 390, BStBl II 1999, 724, DB 1999, 2190, vom 4.11.1997 - VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, DB 1998, 113).
Gleiches gilt für ein sog. Finanzplandarlehen, welches von vornherein in die Finanzplanung der Gesellschaft in der Weise einbezogen ist, dass die zur Aufnahme der Geschäfte erforderliche Kapitalausstattung der Gesellschaft durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll. Solche von den Gesellschaftern gewährten "finanzplanmäßigen" Kredite zur Finanzierung des Unternehmenszwecks werden nach Gesellschaftsrecht den Einlagen gleichgestellt (BGH-Urteile in BGHZ 104, 33, 38 ff., und vom 14. Dezember 1992 II ZR 298/91, BGHZ 121, 31, 41 ff.). Liegt ein in diesem Sinne krisenunabhängiges Finanzplandarlehen vor, ist es nicht nur von vornherein, also bereits mit seiner Hingabe gesellschaftsrechtlich als Haftkapital gebunden; es ist auch für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung davon auszugehen, dass es mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis gewährt wurde mit der Folge, dass sich im Falle seines Verlustes die Anschaffungskosten der Beteiligung nicht nur in Höhe seines Wertes im Zeitpunkt der Krise erhöhen, sondern in Höhe seines Nennwertes im Zeitpunkt Hingabe in der Gründungsphase der Gesellschaft (grundsätzlich BFH-Urteil vom 4.11.1997 - VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, DB 1998, 113 insbesondere auch mit Ausführungen zur Bewertung der Anschaffungskosten; ferner BFH-Urteil vom 13.7.1999 - VIII R 31/98, BFHE 189, 390, BStBl II 1999, 724, DB 1999, 2190, in welchem der BFH die Voraussetzungen eines sog. Finanzplankredits als nicht erfüllt ansah).
c) Die in der Rechtsprechung verwandten Ausdrücke "krisenbestimmtes Darlehen" und "Finanzplandarlehen" bezeichnen daher eine Situation, in der die Darlehensgewährung in der Weise in die Finanzplanung der Gesellschaft einbezogen ist, dass die zur Aufnahme der Geschäfte notwendige Kapitalausstattung durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll (BFH-Urteil vom 7.12.2010 - IX R 16/10, BFH/NV 2011, 778, BFH-Beschluss vom 16.3.2012 - IX B 142/11, BFH/NV 2012, 1124). Ob ein Kredit in eine planmäßige Gesellschafterfinanzierung eingebunden ist, lässt sich nur aufgrund einer Abwägung der Umstände des Einzelfalls beurteilen, deren rechtliche Bewertung das Darlehen als Risikokapital und damit als eigenkapitalgleiche Gesellschafterleistung ausweist. Dazu ist neben den zunächst maßgeblichen vertraglichen Konditionen des Kredits vor allem zu berücksichtigen, ob zumindest nach Einschätzung der Gesellschafter das Darlehen für die Verwirklichung der gesellschaftsvertraglichen Ziele unentbehrlich war, sowie ob eine Verpflichtung zur langfristigen Belassung des Kapitals bestand (BFH-Urteil vom 13.7.1999 - VIII R 31/98, BFHE 189, 390, BStBl II 1999, 724, DB 1999, 2190). Unverzichtbares Kennzeichen einer solchen Finanzierungsmaßnahme ist ferner, dass das Darlehen seiner Bestimmung nach auch in der Krise der Gesellschaft stehen gelassen werden soll; es ist nicht einseitig vom Gesellschafter kündbar (BFH-Urteil vom 7.12.2010 - IX R 16/10, BFH/NV 2011, 778, BFH-Beschluss vom 16.3.2012 - IX B 142/11, BFH/NV 2012, 1124). Nur im Falle einer solchen - auch bei Rangrücktrittsvereinbarungen zu beachtenden - rechtlichen Bindung des Darlehensgebers, den Kredit auch in der Krise stehen zu lassen, d.h. im Falle des Ausschlusses des Rechts sowohl zur ordentlichen als auch zur außerordentlichen Kündigung bei Eintritt der Krise ist das Darlehen als kapitalersetzend zu behandeln (BFH-Urteil vom 13.7.1999 - VIII R 31/98, BFHE 189, 390, BStBl II 1999, 724, DB 1999, 2190; für eine Auflistung der Typisierungsmerkmale, die für eine finanzplanmäßige Gesellschafterfinanzierung sprechen können, vgl. ferner BFH-Urteil vom 4.11.1997 - VIII R 18/94 (BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, DB 1998, 113).
d) Verbleibt dem Darlehensgeber dagegen die rechtliche Möglichkeit zur Kündigung des Darlehens und ist seine Rechtsposition auch sonst nicht durch einen ausdrücklich erklärten Rangrücktritt eingeschränkt, mit der Folge, dass der Darlehensgeber allenfalls im Insolvenzverfahren nach dessen besonderen Wertmaßstäben hinter die anderen Gläubiger zurückzutreten hat, er im übrigen aber unter Wahrung der gesetzlichen Bestimmungen über die Kündigung des Darlehens den Zugriff auf die Darlehensvaluta behält, kann grundsätzlich nicht angenommen werden, dass das Darlehen der Gesellschaft langfristig belassen werden und damit der Gesellschaft als Haftungsmasse zur Verfügung stehen soll, so dass die Annahme Finanzplankredites ausscheidet (BFH-Urteil vom 13.7.1999 - VIII R 31/98, BFHE 189, 390, BStBl II 1999, 724, DB 1999, 2190; ferner BFH-Urteil vom 7.12.2010 - IX R 16/10, BFH/NV 2011, 778: Kein Finanzplandarlehen, wenn dem Gesellschafter eine Möglichkeit zur Kündigung des Darlehens etwa aus wichtigem Grund wie Zahlungseinstellung oder Insolvenz verbleibt).
e) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem von Kläger an die B-GmbH gewährten Darlehen i.H.v. 237.500 € nicht um einen Finanzplankredit. Dabei kann auch im Streitfall offen bleiben, ob - wie teilweise im Schrifttum vertreten - im Falle eines Gründungsdarlehens von einem Finanzplankredit nur bei Vereinbarung einer Mindest-Bindungsdauer von 10 Jahren ausgegangen werden kann (BFH-Urteil vom 13.7.1999 - VIII R 31/98, BFHE 189, 390, BStBl II 1999, 724, DB 1999, 2190). Denn der Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der B-GmbH enthielt weder einen Ausschluss des Kündigungsrechts des Darlehensgebers noch eine Regelung dahin, dass der Kläger hinsichtlich seiner Rückzahlungsansprüche gegenüber anderen Gläubigern derB-GmbH zurückzutreten habe. Zwar folgte das Recht des Klägers zu Kündigung des Darlehensvertrags im Streitfall nicht aus § 608 Abs. 2 BGB, da die Parteien eine Regelung zur Laufzeit des Darlehens aufgenommen hatten, die Darlehenslaufzeit also nicht unbestimmt war. Dem Kläger unbenommen war jedoch das außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehens aus wichtigem Grund gemäß § 314 Abs. 1 BGB, welches entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht dadurch entfiel, dass eine werthaltige Besicherung des Gesellschafter-Darlehens nicht vorgesehen war und der Kläger im Anschluss an die später gestellten Insolvenzanträge keine Möglichkeit zur Realisierung seiner Darlehensforderung hatte.
Das Gericht folgt dem Kläger auch nicht darin, dass ein Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts bzw. eine Pflicht des Klägers zur langfristigen Belassung des Kapitals aus der fehlenden vertraglichen Regelung eine Kündigungsmöglichkeit folge. Denn einer Regelung eines außerordentlichen Kündigungsrechts bedurfte es angesichts der gesetzlichen Regelung in § 314 Abs. 1 BGB nicht. Der Annahme des Klägers, dass ein Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts bzw. eine Pflicht des Klägers zur langfristigen Belassung des Kapitals de facto aus dem vertraglichen Fehlen eines zusätzlichen Verzugszinses folge, fehlt der notwendige Rückbezug zum Gesetz.
f) Wegen des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund und wegen des auch nicht erklärten Rücktritts hinter das Forderungsrecht anderer Gläubiger war eine Würdigung des Darlehens des Klägers als faktisches Haftkapital der B-GmbH nicht möglich. Daher kam es auf die Frage der möglicherweise nicht vorhandenen Kreditwürdigkeit der B-GmbH ohne Finanzierung durch den Gesellschafter nicht mehr an. Zwar hat es der BFH in seinem Urteil vom 4.11.1997 - VIII R 18/94 (BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, DB 1998, 113) im Falle eines signifikanten Kapitalstrukturrisikos für die Annahme eines Finanzplankredits als unschädlich angesehen, dass das Darlehen gemäß einem Tilgungsplan zurückbezahlt werden sollte. Der dort zu entscheidende Fall wies jedoch die Besonderheit eines außerordentlich hohen Verschuldungsgrades vom 125-fachen des Stammkapitals auf (20.000 DM; Gesellschafterdarlehen: 2,5 Mio. DM), welcher den des Streitfalls um das zehnfache überstieg. Mangels vergleichbarer struktureller Ausfallgefahr des Gesellschafters im Streitfall war eine solche Evidenzprüfung nicht vorzunehmen (vgl. insoweit auch das BFH-Urteil vom 13.7.1999 - VIII R 31/98, BFHE 189, 390, BStBl II 1999, 724, DB 1999, 2190: Indizielle Bedeutung des Verhältnisses von Eigen- und formellem Fremdkapital für das Vorliegen eines Finanzplankredits nur in besonderen Ausnahmefällen).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.