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Steuerrecht
06.03.2025
Steuerrecht
EuGH: Freier Kapitalverkehr – Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren

– Befreiung der von einem solchen Organismus erzielten Einkünfte von der Körperschaftsteuer (Polnisches Vorabentscheidungsersuchen)

EuGH, Urteil vom 27.2.2025 – C-18/23; F S.A. gegen Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej

ECLI:EU:C:2025:119

Volltext BB-Online BBL2025-597-1

Tenor

Art. 63 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, die vorsehen, dass nur ein von einem externen Rechtsträger verwalteter Organismus für gemeinsame Anlagen, der auf der Grundlage einer Zulassung durch die Finanzmarktaufsichtsbehörden seines Sitzstaats tätig ist, von der Körperschaftsteuer für von diesem Organismus erzielte Kapitaleinkünfte befreit werden kann, und die daher eine solche Befreiung nicht für intern verwaltete Organismen für gemeinsame Anlagen gewähren, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründet wurden, wenn das Recht des ersten Mitgliedstaats nur die Gründung von extern verwalteten Organismen für gemeinsame Anlagen zulässt.

 

Aus den Gründen

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 2009, L 302, S. 32) sowie der Art. 18, 49 und 63 AEUV.

2          Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der F S.A., einer Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts (im Folgenden: Fonds F), und dem Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej (Direktor der nationalen Steuerinformationsbehörde, Polen) (im Folgenden: Steuerbehörde) über die Besteuerung der von dieser Gesellschaft erzielten Kapitaleinkünfte.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3          Der 83. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/65 lautet:

„Diese Richtlinie hat keine Auswirkungen auf nationale steuerliche Regelungen sowie Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten gegebenenfalls eingeleitet wurden, um die Einhaltung dieser Regelungen auf ihrem Hoheitsgebiet zu gewährleisten.“

4          Art. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)       Diese Richtlinie gilt für die im Gebiet der Mitgliedstaaten niedergelassenen Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW).

(2)        Für die Zwecke dieser Richtlinie und vorbehaltlich des Artikels 3 bezeichnet der Ausdruck ‚OGAW‘ Organismen,

a)         deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapieren und/oder anderen in Artikel 50 Absatz 1 genannten liquiden Finanzanlagen zu investieren, und

b)         deren Anteile auf Verlangen der Anteilinhaber unmittelbar oder mittelbar zu Lasten des Vermögens dieser Organismen zurückgenommen oder ausgezahlt werden. Diesen Rücknahmen oder Auszahlungen gleichgestellt sind Handlungen, mit denen ein OGAW sicherstellen will, dass der Kurs seiner Anteile nicht erheblich von deren Nettoinventarwert abweicht.

Die Mitgliedstaaten können eine Zusammensetzung der OGAW aus verschiedenen Teilfonds genehmigen.

(3)        Die Organismen im Sinne von Absatz 2 können die Vertragsform (von einer Verwaltungsgesellschaft verwaltete Investmentfonds), die Form des Trust (‚unit trust‘) oder die Satzungsform (Investmentgesellschaft) haben.

(7)        Unbeschadet dieses Kapitels können die Mitgliedstaaten die in ihrem Gebiet niedergelassenen OGAW strengeren Vorschriften als den in dieser Richtlinie vorgesehenen sowie zusätzlichen Vorschriften unterwerfen, vorausgesetzt, dass diese Vorschriften allgemein gelten und nicht dieser Richtlinie widersprechen.“

5          Art. 3 der Richtlinie bestimmt:

„Diese Richtlinie gilt nicht für folgende Organismen:

a)         Organismen für gemeinsame Anlagen des geschlossenen Typs,

b)         Organismen für gemeinsame Anlagen, die sich Kapital beschaffen, ohne ihre Anteile beim Publikum in der Gemeinschaft oder einem Teil der [Europäischen] Gemeinschaft zu vertreiben,

…“

6          Art. 6 Abs. 1 und 2 der Richtlinie sieht vor:

„(1)       Für den Zugang zur Tätigkeit einer Verwaltungsgesellschaft ist die vorherige Zulassung durch die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates der Verwaltungsgesellschaft erforderlich. Die gemäß dieser Richtlinie erteilte Zulassung einer Verwaltungsgesellschaft ist in allen Mitgliedstaaten gültig.

(2)        Eine Verwaltungsgesellschaft darf keine andere Tätigkeit als die der Verwaltung von gemäß dieser Richtlinie zugelassenen OGAW ausüben; ausgenommen hiervon ist die zusätzliche Verwaltung anderer Organismen für gemeinsame Anlagen, die nicht unter diese Richtlinie fallen und für die die Verwaltungsgesellschaft einer Aufsicht unterliegt, deren Anteile jedoch nicht in anderen Mitgliedstaaten gemäß dieser Richtlinie vertrieben werden können.

Die Tätigkeit der Verwaltung von OGAW schließt für die Zwecke dieser Richtlinie die Aufgaben ein, die in Anhang II genannt sind.“

7          Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2009/65 bestimmt:

„Unbeschadet sonstiger allgemein geltender Bedingungen des nationalen Rechts erteilen die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats der Investmentgesellschaft einer Investmentgesellschaft eine Zulassung nur, wenn diese eine Verwaltungsgesellschaft benannt hat oder wenn sie mit einem ausreichenden Anfangskapital von mindestens 300 000 [Euro] ausgestattet ist.

Hat eine Investmentgesellschaft keine gemäß dieser Richtlinie zugelassene Verwaltungsgesellschaft benannt, gelten außerdem folgende Bedingungen:

a)         Eine Zulassung wird nur erteilt, wenn dem Antrag auf Zulassung ein Geschäftsplan beigefügt wird, aus dem zumindest der organisatorische Aufbau der Investmentgesellschaft hervorgeht;

b)         die Geschäftsleiter der Investmentgesellschaft müssen ausreichend gut beleumdet sein und auch in Bezug auf die Art der ausgeübten Geschäftstätigkeit der Investmentgesellschaft über ausreichende Erfahrung verfügen; zu diesem Zweck sind die Namen der Geschäftsleiter sowie jeder Wechsel dieser Geschäftsleiter den zuständigen Behörden unverzüglich mitzuteilen; über die Geschäftspolitik der Investmentgesellschaft müssen mindestens zwei Personen, die die genannten Bedingungen erfüllen, bestimmen; ‚Geschäftsleiter‘ sind die Personen, die die Investmentgesellschaft aufgrund der gesetzlichen Vorschriften oder der Satzung vertreten oder die Ausrichtung der Tätigkeit der Investmentgesellschaft tatsächlich bestimmen, und

c)         die zuständigen Behörden erteilen die Zulassung nur dann, wenn etwaige enge Verbindungen, die zwischen der Investmentgesellschaft und anderen natürlichen oder juristischen Personen bestehen, sie nicht bei der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufsichtsfunktionen behindern.

Die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats der Investmentgesellschaft erteilen ferner die Zulassung nicht, wenn sie bei der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufsichtsfunktionen durch die Rechts- und Verwaltungsvorschriften eines Drittlandes, denen eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen unterstehen, zu denen die Investmentgesellschaft enge Verbindungen besitzt, oder durch Schwierigkeiten bei deren Anwendung behindert werden.

Die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats der Investmentgesellschaft schreiben vor, dass die Investmentgesellschaft ihnen die benötigten Angaben übermittelt.“

Polnisches Recht

Körperschaftsteuergesetz

8          Art. 6 der Ustawa o podatku dochodowym od osób prawnych (Gesetz über die Körperschaftsteuer) vom 15. Februar 1992 (Dz. U. 1992, Pos. 86) in der durch die Ustawa – Przepisy wprowadzające ustawę o Krajowym Ośrodku Wsparcia Rolnictwa (Gesetz mit Bestimmungen zur Einführung des Gesetzes über das Nationale Unterstützungszentrum für die Landwirtschaft) vom 10. Februar 2017 geänderten Fassung (Dz. U. 2017, Pos. 614) (im Folgenden: Körperschaftsteuergesetz) sieht vor:

„1.        Befreit sind

10)       offene Investmentfonds und offene Spezialfonds, die nach dem Investmentfondsgesetz errichtet wurden, mit Ausnahme offener Spezialfonds, die die für geschlossene Investmentfonds geltenden Vorschriften und Beschränkungen anwenden;

10a)     Organismen für gemeinsame Anlagen, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als der Republik Polen oder in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, wenn sie kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllen:

a)         Sie sind in ihrem Sitzstaat mit ihren gesamten Einkünften, gleich welcher Herkunft, körperschaftsteuerpflichtig;

b)         einziger Zweck ihrer Tätigkeiten ist die gemeinsame Anlage von Finanzmitteln, die durch das öffentliche Angebot zum Erwerb ihrer Anlagetitel aufgebracht werden, in Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten oder anderen Vermögensrechten;

c)         sie üben ihre Tätigkeiten aufgrund einer von den Finanzmarktaufsichtsbehörden ihres Sitzstaats erteilten Zulassung aus;

d)         ihre Tätigkeiten unterliegen der unmittelbaren Aufsicht durch die Finanzmarktaufsichtsbehörden ihres Sitzstaats;

e)         sie haben eine Verwahrstelle für die Verwahrung ihres Vermögens benannt;

f)          sie werden von Rechtsträgern verwaltet, die für die Ausübung ihrer Tätigkeit über eine von den Finanzmarktaufsichtsbehörden ihres Sitzstaats erteilte Zulassung verfügen.

4.         Die in Absatz 1 Nr. 10a genannte Befreiung gilt nicht für:

1)         Organismen für gemeinsame Anlagen,

a)         die in Form von Organismen für gemeinsame Anlagen des geschlossenen Typs oder Organismen für gemeinsame Anlagen des offenen Typs auf Grundlage der Vorschriften und Beschränkungen für Anlagen in Organismen für gemeinsame Anlagen des geschlossenen Typs tätig sind, oder

b)         deren Anlagetitel gemäß ihrer Satzung nicht öffentlich angeboten werden, nicht zum Handel an einem geregelten Markt oder über ein alternatives Handelssystem zugelassen werden und von natürlichen Personen nur erworben werden können, wenn sie einmalig Anlagetitel im Wert von mindestens 40 000 Euro erwerben.

…“

9          Art. 17 Abs. 1 Nr. 58 dieses Gesetzes bestimmt:

„Von der Steuer befreit sind

58)       Einkünfte (Einnahmen) der in Art. 6 Abs. 4 Nr. 1 genannten Organismen für gemeinsame Anlagen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums als der Republik Polen, die die in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. a und d bis f genannten Voraussetzungen erfüllen, mit Ausnahme der in Nr. 57 Buchst. a bis g genannten Einnahmen.“

Investmentfondsgesetz

10        Art. 1 der Ustawa o funduszach inwestycyjnych i zarządzaniu alternatywnymi funduszami inwestycyjnymi (Gesetz über Investmentfonds und die Verwaltung von alternativen Investmentfonds) vom 27. Mai 2004 (Dz. U. 2004, Pos. 1546) in der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung (im Folgenden: Investmentfondsgesetz) sieht vor:

„Das Gesetz bestimmt die Grundsätze für die Gründung und die Betätigung von Investmentfonds mit Sitz im Hoheitsgebiet der Republik Polen und die Grundsätze für die Betätigung von ausländischen Fonds und von Verwaltungsgesellschaften im Hoheitsgebiet der Republik Polen.“

11        Art. 1a Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmt:

„Das Gesetz bestimmt auch die Grundsätze der Funktionsweise der Verwalter alternativer Investmentfonds mit Sitz im Hoheitsgebiet der Republik Polen und die Grundsätze der Funktionsweise der Verwalter alternativer Investmentfonds mit Sitz in einem Mitgliedstaat oder einem Drittstaat im Hoheitsgebiet der Republik Polen.“

12        Art. 3 des Gesetzes lautet:

„(1)       Investmentfonds sind juristische Personen, bei denen die Anlage von Finanzmitteln, die durch Angebot zum Erwerb von Anlagetiteln oder Investmentzertifikaten aufgebracht werden, in Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten oder anderen Vermögensrechten, wie sie gesetzlich definiert sind, einziger Zweck ihrer Tätigkeit ist.

(3)        Investmentfonds üben ihre Tätigkeit unter besonderer Berücksichtigung der Interessen der Anteilinhaber aus und beachten dabei die gesetzlich festgelegten Grundsätze zur Minderung der Anlagerisiken.

(4)        Ein Investmentfonds kann tätig sein als

1)         offener Investmentfonds;

2)         alternativer Investmentfonds: offener Spezialfonds oder geschlossener Investmentfonds.“

13        Art. 4 Abs. 1 und 1a dieses Gesetzes lauten:

„(1)       Die Gesellschaft errichtet einen Investmentfonds, verwaltet ihn und vertritt den Fonds im Verhältnis zu Dritten.

(1a)      Die Gesellschaft kann durch eine Vereinbarung, die zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedarf, die Verwaltung eines offenen Investmentfonds und die Führung seiner Geschäfte einer im Hoheitsgebiet der Republik Polen tätigen Verwaltungsgesellschaft übertragen.“

14        Art. 14 Abs. 1 des Investmentfondsgesetzes sieht vor, dass ein Investmentfonds nur von einer Gesellschaft errichtet werden kann.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

15        Fonds F meldete bei der Steuerbehörde an, dass sie in Luxemburg steueransässig sei und dort der unbeschränkten Steuerpflicht unterliege.

16        Nach seinen Angaben arbeite der Fonds F nach luxemburgischem Recht, genauer gesagt nach der Loi du 13 février 2007 relative aux fonds d’investissement spécialisés (Gesetz vom 13. Februar 2007 über Spezialfonds) (Mémorial A 2007, S. 13), unter dem Status eines Spezialfonds. Er habe von der Commission de surveillance du secteur financier (Aufsichtsbehörde für den Finanzsektor, Luxemburg) (im Folgenden: CSSF) eine Zulassung erhalten und unterliege ihrer direkten Aufsicht, da der Fonds von der CSSF als regulierter Investmentfonds registriert worden sei.

17        Gemäß seiner von der CSSF genehmigten Satzung werde der Fonds F intern von einem Verwaltungsrat verwaltet, der auch in die von der CSSF geführte Liste der Verwalter alternativer Investmentfonds eingetragen worden sei.

18        Ausschließlicher Zweck des Fonds F sei die gemeinsame Anlage von Finanzmitteln, die durch ein nicht öffentliches Angebot zum Erwerb von Fondsanteilen aufgebracht würden, in Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten und anderen Vermögensrechten.

19        Gemäß der Zulassung der CSSF kann der Fonds F in Aktien von Gesellschaften, die an Börsen, einschließlich der Giełda Papierów Wartościowych w Warszawie (Warschauer Börse, Polen) notiert sind, in Anleihen von Kapitalgesellschaften, einschließlich solcher mit Sitz in Polen, sowie in Staatsanleihen, darunter die von der Republik Polen ausgegebenen, investieren.

20        Der Fonds F beantragte bei der Steuerbehörde einen Steuervorbescheid, um festzustellen, ob die von ihm für ein künftiges Ereignis erklärten Einkünfte unter die in Art. 17 Abs. 1 Nr. 58 des Körperschaftsteuergesetzes vorgesehene Steuerbefreiung fallen.

21        Der Fonds F war der Ansicht, dass dies der Fall sein sollte. Zum einen habe er die sich aus Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. a, d und e dieses Gesetzes ergebenden Anforderungen erfüllt. Zum anderen war der Fonds F hinsichtlich der Erfüllung der in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. f dieses Gesetzes genannten Anforderungen, nämlich der Anforderung, dass der Investmentfonds von einem Rechtsträger verwaltet werden muss, der für die Ausübung seiner Tätigkeit über die Zulassung der Finanzmarktaufsichtsbehörden seines Sitzstaats verfügt, der Ansicht, dass ein intern verwalteter Fonds als Verwalter eines alternativen Investmentfonds die Voraussetzungen für die in Art. 17 Abs. 1 Nr. 58 dieses Gesetzes vorgesehene Steuerbefreiung erfülle.

22        In ihrem Steuervorbescheid vom 6. Juni 2022 vertrat die Steuerbehörde die Auffassung, dass der Fonds F zwar die Voraussetzungen in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. a und c bis e des Körperschaftsteuergesetzes erfülle, jedoch nicht die Voraussetzung in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. f dieses Gesetzes, da er nicht von einem externen Rechtsträger verwaltet werde.

23        Fonds F erhob beim Wojewódzki Sąd Administracyjny w Gliwicach (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Gliwice, Polen) dem vorlegenden Gericht, Klage auf Aufhebung dieses Vorbescheids.

24        Dieses Gericht weist darauf hin, dass die in Rede stehende Regelung die steuerliche Behandlung der von Organismen für gemeinsame Anlagen erzielten Kapitaleinkünften berühre. Der Rechtsstreit betreffe die Frage, ob ein intern von seinem Verwaltungsrat verwalteter Fonds, der von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats seines Sitzstaats zu diesem Zweck zugelassen worden sei, bei dieser Behörde als zugelassener Verwalter alternativer Investmentfonds eingetragen worden sei und in der Liste der Verwalter alternativer Investmentfonds aufgeführt sei, die in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. f des Körperschaftsteuergesetzes vorgesehene Voraussetzung erfülle.

25        Die Aufnahme von Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a in dieses Gesetz habe zum Ziel gehabt, die Gleichbehandlung polnischer und in anderen Mitgliedstaaten ansässiger Investmentfonds im Hinblick auf die für Investmentfonds vorgesehene Befreiung von der Körperschaftsteuer zu gewährleisten. Im Übrigen habe die Europäische Kommission nach der Aufnahme und anschließenden Änderung von Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. a bis e dieses Gesetzes und dem Einfügen eines Buchst. f in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a dieses Gesetzes das auf die Art. 49 und 63 AEUV gestützte, wegen einer angeblichen steuerlichen Diskriminierung von Investmentfonds mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten als der Republik Polen gegen die Republik Polen eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren eingestellt.

26        Aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 des Investmentfondsgesetzes ergebe sich, dass nach dem in Polen gewählten Modell die Investmentfonds von einer von ihnen getrennten juristischen Person, nämlich einer Investmentfondsgesellschaft, verwaltet würden und dass sie nicht einer internen Verwaltung, wie beispielsweise einer durch einen Verwaltungsrat ausgeübten Verwaltung, unterliegen könnten. Im Übrigen ergebe sich aus diesem Gesetz, dass nur extern verwaltete ausländische Organismen für gemeinsame Anlagen auf polnischem Hoheitsgebiet tätig sein dürften.

27        Das vorlegende Gericht weist ferner darauf hin, dass die Regelung in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. f in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 Nr. 58 des Körperschaftsteuergesetzes ein objektives Kriterium einführe, das dazu führe, dass eine Befreiung von der Körperschaftsteuer nur gebietsfremden Organismen für gemeinsame Anlagen gewährt werde, die von externen Rechtsträgern verwaltet würden, die durch die zuständigen Behörden zugelassen seien, und dass intern verwaltete Fonds von dieser Befreiung ausgenommen seien.

28        Aus der Richtlinie 2009/65, insbesondere aus ihren Art. 6 und 29 sowie ihrem Anhang II, ergebe sich allerdings zum einen, dass diese Richtlinie die Möglichkeit, aber keine Verpflichtung vorsehe, eine Verwaltungsgesellschaft zu errichten, und dass der Umfang der von einem externen Rechtsträger erbrachten Dienstleistungen dem Umfang der Dienstleistungen in Bezug auf die Verwaltung eines Organismus für gemeinsame Anlagen durch seinen Verwaltungsrat entspreche. Zum anderen seien diese gemäß den Anforderungen dieser Richtlinie gegründeten Organismen als vergleichbar anzusehen.

29        Daher stelle sich die Frage, ob das Unionsrecht dem entgegenstehe, dass der nationale Gesetzgeber, geleitet vom Grundsatz der Vergleichbarkeit inländischer und ausländischer Rechtsträger, zur Minderung des Anlagerisikos eine formale Voraussetzung einführe, wie sie sich aus Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. f in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 Nr. 58 des Körperschaftsteuergesetzes ergebe, wonach die Befreiung von der Körperschaftsteuer Investmentfonds und Organismen für gemeinsame Anlagen vorbehalten sei, die von einem externen Rechtsträger verwaltet würden.

30        Vor diesem Hintergrund hat der Wojewódzki Sąd Administracyjny w Gliwicach (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Gliwice) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind die Bestimmungen der Richtlinie 2009/65 und insbesondere Art. 29 Abs. 1 dieser Richtlinie in Verbindung mit den Art. 18, 49 und 63 AEUV dahin gehend auszulegen, dass sie dem entgegenstehen, dass in nationalen Rechtsvorschriften formale Anforderungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden für die Inanspruchnahme der Befreiung von der Körperschaftsteuer durch in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums als der Republik Polen ansässige Organismen für gemeinsame Anlagen aufgestellt werden, d. h. die Anforderung, dass sie von externen Rechtsträgern verwaltet werden, die ihre Tätigkeit auf der Grundlage einer Zulassung durch die Finanzmarktaufsichtsbehörden ihres Sitzstaats ausüben?

Verfahren vor dem Gerichtshof

31        Mit Entscheidung vom 21. November 2023 hat der Präsident des Gerichtshofs auf gemeinsamen Vorschlag der Berichterstatterin und der Generalanwältin dem vorlegenden Gericht Fragen nach dem auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren polnischen Recht sowie zu bestimmten im Vorabentscheidungsersuchen wiedergegebenen Behauptungen des Fonds F gestellt.

32        Am 18. Dezember 2023 hat das vorlegende Gericht dem Gerichtshof seine Antwort übermittelt, aus der sich erstens ergibt, dass das Investmentfondsgesetz die Errichtung eines Investmentfonds mit interner Verwaltung oder mit einer ähnlichen Struktur wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Fonds F, der die Form einer Société d’Investissement à Capital Variable (Investmentgesellschaft mit variablem Kapital) habe, ausschließe und dass ein solcher Fonds ohne externe Verwaltung seinen Sitz nicht nach Polen verlegen könne.

33        Zweitens ziele die Voraussetzung, dass die Verwaltung eines Investmentfonds einem anderen Rechtsträger und nicht natürlichen Personen zu übertragen sei, d. h. die Voraussetzung der externen Verwaltung dieses Fonds, darauf ab, die Rechtssicherheit der Tätigkeit des Fonds als Organismus für gemeinsame Anlagen zu gewährleisten, der sich von den Einzelinteressen der einzelnen Anteilinhaber an diesem Fonds unterscheide. Diese Voraussetzung ziele auch darauf ab, die Vermögenswerte dieser Anteilinhaber von denen des verwaltenden Rechtsträgers zu trennen, der selbständig für die Verwaltung des Investmentfonds verantwortlich sei, so dass die vermögensrechtliche Haftung der Verwaltungsgesellschaft nicht die Vermögenswerte des Fonds selbst berühre.

34        Drittens bestätigte das vorlegende Gericht auch, dass das Ausgangsverfahren nur die Frage betreffe, ob der Fonds F die in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. f des Körperschaftsteuergesetzes vorgesehene Voraussetzung der Verwaltung durch einen externen Rechtsträger erfüllen müsse.

Zur Vorlagefrage

35        Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV die Aufgaben des Gerichtshofs und die des vorlegenden Gerichts klar getrennt sind und es ausschließlich Sache des vorlegenden Gerichts ist, das nationale Recht auszulegen (Urteil vom 17. März 2022, Daimler, C-232/20, EU:C:2022:196, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36        Es ist also nicht Sache des Gerichtshofs, im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens über die Auslegung nationaler Vorschriften zu befinden. Der Gerichtshof hat im Rahmen der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Unionsgerichten und den nationalen Gerichten von dem sachlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die Vorlagefragen einfügen, auszugehen, den das vorlegende Gericht in eigener Verantwortung festlegt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. März 2022, Daimler, C-232/20, EU:C:2022:196, Rn. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 9. November 2023, Keolis Agen, C-271/22 bis C-275/22, EU:C:2023:834, Rn. 38).

37        Ferner ist die Frage, ob die Prämissen, auf die sich das vorlegende Gericht in seiner Frage stützt, unrichtig sind oder nicht, eine Frage des sachlichen Rahmens, dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat (Beschluss vom 6. September 2018, Gmalieva u. a., C-79/17, EU:C:2018:687‚ Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38        Im vorliegenden Fall geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass das vorlegende Gericht sich auf die Prämisse stützt, dass ein Organismus für gemeinsame Anlagen wie der Fonds F für die in Art. 17 Abs. 1 Nr. 58 des Körperschaftsteuergesetzes vorgesehene Befreiung in Betracht kommen könne, sofern er die in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. f dieses Gesetzes vorgesehene Voraussetzung erfülle.

39        Ferner hat das vorlegende Gericht ausgeführt, dass die Festlegung der Voraussetzung der externen Verwaltung eines Organismus für gemeinsame Anlagen durch den Umstand begründet sei, dass in Polen nur eine solche Art der Verwaltung für Organismen für gemeinsame Anlagen zulässig sei.

40        Daher ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner Vorlagefrage im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2009/65 in Verbindung mit den Art. 18, 49 und 63 AEUV dahin auszulegen ist, dass er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, die vorsehen, dass nur ein von einem externen Rechtsträger verwalteter Organismus für gemeinsame Anlagen, der auf der Grundlage einer Zulassung durch die Finanzmarktaufsichtsbehörden seines Sitzstaats tätig ist, von der Körperschaftsteuer für von diesem Organismus erzielte Kapitaleinkünfte befreit werden kann, und die daher eine solche Befreiung nicht für intern verwaltete Organismen für gemeinsame Anlagen gewähren, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründet wurden, wenn das Recht des ersten Mitgliedstaats nur die Gründung von extern verwalteten Organismen für gemeinsame Anlagen zulässt.

Zu den einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts

41        Als Erstes ist, da die polnische Regierung und die Kommission Zweifel an der Relevanz der Richtlinie 2009/65 für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits geäußert haben, zu prüfen, ob diese Richtlinie auf diesen Rechtsstreit anwendbar ist.

42        Wie sich zunächst aus ihrem Art. 1 Abs. 1 ergibt, gilt die Richtlinie 2009/65 für die im Gebiet der Mitgliedstaaten niedergelassenen OGAW.

43        Sodann bezeichnet nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2009/65 für die Zwecke dieser Richtlinie der Ausdruck „OGAW“ Organismen, deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapieren und/oder anderen in Art. 50 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten liquiden Finanzanlagen zu investieren.

44        Schließlich gilt, wie sich aus Art. 3 Buchst. b der Richtlinie 2009/65 ergibt, diese Richtlinie nicht für Organismen für gemeinsame Anlagen, die sich Kapital beschaffen, ohne ihre Anteile beim Publikum in der Union oder einem Teil der Union zu vertreiben.

45        Somit ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 Buchst. a und Art. 3 Buchst. b dieser Richtlinie, dass Organismen für gemeinsame Anlagen, die sich Kapital beschaffen, ohne ihre Anteile beim Publikum zu vertreiben, nicht unter diese Richtlinie fallen.

46        Im vorliegenden Fall geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass ausschließlicher Zweck des Fonds F die gemeinsame Anlage von Finanzmitteln, die durch ein nicht öffentliches Angebot zum Erwerb von Fondsanteilen aufgebracht werden, in Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten und anderen Vermögensrechten ist.

47        Der Umstand, dass der Fonds F nach seinen im Vorabentscheidungsersuchen wiedergegebenen eigenen Angaben die Finanzmittel aufgebracht hat, ohne seine Anteile beim Publikum zu vertreiben, führt zum Ausschluss der Anwendbarkeit der Richtlinie 2009/65 auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens.

48        Als Zweites ist, da sich das vorlegende Gericht in seiner Vorlagefrage auf die Art. 18, 49 und 63 AEUV bezieht, zu prüfen, ob diese Bestimmungen auf diesen Fall anwendbar sind.

49        Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Art. 18 AEUV, in dem der allgemeine Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verankert ist, eigenständig nur bei unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen zur Anwendung kommen soll, für die der AEU-Vertrag keine besonderen Diskriminierungsverbote vorsieht (Urteil vom 18. Juni 2019, Österreich/Deutschland, C-591/17, EU:C:2019:504, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50        Im Bereich der Niederlassungsfreiheit ist das Diskriminierungsverbot aber durch Art. 49 AEUV umgesetzt worden (Urteil vom 3. März 2020, Tesco-Global Áruházak, C-323/18, EU:C:2020:140, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der AEU-Vertrag sieht zudem in seinem Art. 63 auf dem Gebiet des freien Kapitalverkehrs ein besonderes Diskriminierungsverbot vor (Urteil vom 18. März 2021, Autoridade Tributária e Aduaneira [Steuer auf Veräußerungsgewinne aus Immobilien], C-388/19, EU:C:2021:212, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51        Darüber hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung für die Feststellung, ob eine nationale Regelung unter die eine oder die andere der nach dem AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten fällt, auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen (Urteil vom 4. Oktober 2024, Staatssecretaris van Financiën [Zinsen für ein gruppeninternes Darlehen], C-585/22, EU:C:2024:822, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52        So fällt eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, in den Anwendungsbereich von Art. 49 AEUV (Urteil vom 4. Oktober 2024, Staatssecretaris van Financiën [Zinsen für ein gruppeninternes Darlehen], C-585/22, EU:C:2024:822, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53        Hingegen sind nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54        Im vorliegenden Fall geht es, wie aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervorgeht, im Ausgangsrechtsstreit um die Frage, ob der Fonds F die in Art. 17 Abs. 1 Nr. 58 des Körperschaftsteuergesetzes vorgesehene Befreiung für Einkünfte in Anspruch nehmen kann, die er aus seinen Investitionen in Aktien von an der Warschauer Börse notierten Gesellschaften, in Anleihen von Kapitalgesellschaften mit Sitz in Polen sowie in Anleihen des polnischen Staates erzielt.

55        Diese Rechtsvorschriften nehmen zwar Situationen nicht von ihrem Anwendungsbereich aus, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, und die daher unter die Niederlassungsfreiheit fielen, zielen aber auf die steuerliche Behandlung von Einkünften aus gemeinsamen Kapitalanlagen ab, ohne dass im Sinne der in Rn. 53 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll. Sie können daher vorwiegend den freien Kapitalverkehr beeinträchtigen. Die etwaigen aus diesen Rechtsvorschriften resultierenden Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit würden eine unvermeidliche Folge der möglichen Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen und damit keine eigenständige Prüfung der Regelung anhand von Art. 49 AEUV rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56        Nach alledem ist die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Situation ausschließlich anhand der Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr zu prüfen.

Zum Vorliegen einer Beschränkung des freien Kapitalverkehrs

57        Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den Maßnahmen, die Art. 63 Abs. 1 AEUV als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verbietet, solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die in diesem Mitgliedstaat Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58        Insbesondere ist der Umstand, dass ein Mitgliedstaat Einkünfte von gebietsfremden Organismen für gemeinsame Anlagen ungünstiger behandelt als Einkünfte, die gebietsansässigen Organismen für gemeinsame Anlagen zufließen, geeignet, die in einem anderen Staat als diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Organismen davon abzuhalten, in diesem Mitgliedstaat zu investieren, und stellt daher eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die nach Art. 63 AEUV grundsätzlich verboten ist (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59        Werden Einkünfte, die ein gebietsfremder Organismus für gemeinsame Anlagen bezieht, im Unterschied zu den Einkünften eines gebietsansässigen Organismus für gemeinsame Anlagen von einer Steuerbefreiung ausgeschlossen, so stellt dies eine weniger günstige Behandlung dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60        Im vorliegenden Fall geht aus den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts erstens hervor, dass die Einkünfte von Investmentfonds mit Sitz in Polen von der Körperschaftsteuer befreit sind.

61        Zweitens geht aus diesen Erläuterungen hervor, dass Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a des Körperschaftsteuergesetzes, der auf Organismen für gemeinsame Anlagen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Staat, der Partei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) ist, anwendbar ist und die Voraussetzungen für die Befreiung von der Körperschaftsteuer enthält, auf die Art. 17 Abs. 1 Nr. 58 dieses Gesetzes verweist, erlassen wurde, um die Gleichbehandlung dieser Organismen für gemeinsame Anlagen und der Fonds mit Sitz in Polen zu gewährleisten.

62        Drittens weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass das Investmentfondsgesetz die Errichtung eines intern verwalteten Investmentfonds in Polen gänzlich ausschließe.

63        Nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. f des Körperschaftsteuergesetzes können jedoch nur Organismen für gemeinsame Anlagen, die von Rechtsträgern verwaltet werden, die für die Ausübung ihrer Tätigkeit über eine von den Finanzmarktaufsichtsbehörden ihres Sitzstaats erteilte Zulassung verfügen, von dieser Steuer für Einkünfte aus ihren Anlagetätigkeiten befreit werden. Nach der Auslegung dieser Bestimmung durch das vorlegende Gericht verlangt diese Voraussetzung, dass ein Organismus für gemeinsame Anlagen von einem externen Rechtsträger verwaltet werde, um von dieser Steuer für solche Einkünfte befreit werden zu können.

64        Eine solche Voraussetzung begründet somit eine Ungleichbehandlung nicht nach dem Sitzstaat des Organismus für gemeinsame Anlagen, sondern nach der Art seiner Verwaltung.

65        Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine nationale Regelung, die unterschiedslos für gebietsansässige und gebietsfremde Wirtschaftsteilnehmer gilt, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen kann. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich nämlich, dass selbst eine auf objektiven Kriterien beruhende Differenzierung de facto grenzüberschreitende Sachverhalte benachteiligen kann (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66        Dies ist u. a. der Fall, wenn nationale Regelungen, die unterschiedslos für gebietsansässige und gebietsfremde Wirtschaftsteilnehmer gelten, die Gewährung eines Steuervorteils daran knüpfen, dass ein Wirtschaftsteilnehmer Voraussetzungen oder Verpflichtungen erfüllt, die ihrer Art nach oder de facto für den inländischen Markt spezifisch sind, so dass nur die auf dem inländischen Markt tätigen Wirtschaftsteilnehmer sie erfüllen können und gebietsfremde Wirtschaftsteilnehmer vergleichbarer Art diese Voraussetzungen im Allgemeinen nicht erfüllen (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67        Daher hat der Gerichtshof entschieden, dass, da das Unionsrecht insoweit nicht harmonisiert ist, es den Mitgliedstaaten zwar freisteht, die Rechtsform festzulegen, in der Fonds in ihrem Hoheitsgebiet errichtet werden können, dem freien Kapitalverkehr jedoch seine Wirkung genommen würde, wenn einem gebietsfremden Organismus für gemeinsame Anlagen, der in der Rechtsform errichtet wurde, die von den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem er niedergelassen ist, erlaubt oder vorgeschrieben wird, und der nach diesen Rechtsvorschriften tätig ist, in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er investiert, nur deshalb ein Steuervorteil vorenthalten wird, weil seine Rechtsform nicht der für die Organismen für gemeinsame Anlagen in diesem letzteren Mitgliedstaat erforderlichen Rechtsform entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 57 und 61).

68        Der Gerichtshof hat überdies in Bezug auf Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die nur geschlossenen Fonds einen Steuervorteil gewähren, entschieden, dass, in Anbetracht dessen, dass nur Immobilienfonds, die dem Recht anderer Mitgliedstaaten unterliegen, in der Form offener Investmentfonds gegründet werden können und ihnen deshalb die Gewährung des Steuervorteils versagt werden kann, die Anwendung des auf der „offenen“ oder „geschlossenen“ Art der Investmentfonds beruhenden Unterscheidungskriteriums zur Folge hat, dass Immobilienfonds, die dem Recht anderer Mitgliedstaaten unterliegen, benachteiligt werden, wodurch eine Ungleichbehandlung zu ihren Lasten geschaffen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2021, UBS Real Estate, C-478/19 und C-479/19, EU:C:2021:1015, Rn. 42).

69        Im vorliegenden Fall können, wie in Rn. 62 des vorliegenden Urteils im Wesentlichen ausgeführt worden ist, Investmentfonds in Polen nur gegründet werden, wenn sie sich für eine externe Verwaltung entscheiden. Daher besteht die unvermeidliche und sichere Folge einer Voraussetzung wie der in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. f des Körperschaftsteuergesetzes vorgesehenen darin, dass nur in einem anderen Mitgliedstaat gegründete Organismen für gemeinsame Anlagen die Voraussetzung der externen Verwaltung nicht erfüllen und aus diesem Grund nicht von der Steuer auf ihre Einkünfte befreit werden können (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Oktober 2024, Staatssecretaris van Financiën [Zinsen für ein gruppeninternes Darlehen], C-585/22, EU:C:2024:822, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

70        Wie in Rn. 67 des vorliegenden Urteils ausgeführt, steht es den Mitgliedstaaten, da das Unionsrecht insoweit nicht harmonisiert ist, frei, die Art der Verwaltung festzulegen, die für die in ihrem Hoheitsgebiet errichteten Investmentfonds gilt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 57).

71        Es steht den Mitgliedstaaten auch frei, zur Förderung der Nutzung von Organismen für gemeinsame Anlagen eine besondere Steuerregelung für diese Organismen und für von ihnen bezogene Dividenden und andere Einkünfte vorzusehen und festzulegen, welche materiellen und formellen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer solchen Regelung erfüllt sein müssen (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72        Gewährt ein Mitgliedstaat bestimmten Organismen für gemeinsame Anlagen einen Steuervorteil, dürfen jedoch die Bedingungen, unter denen dieser Vorteil gewährt wird, keine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73        In Anbetracht der in Rn. 67 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung würde dem freien Kapitalverkehr seine Wirkung genommen, wenn einem gebietsfremden Organismus für gemeinsame Anlagen, der eine Art der Verwaltung gewählt hat, die von den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem er niedergelassen ist, erlaubt wird, und der nach diesen Rechtsvorschriften tätig ist, ein auf Einkünfte aus seiner Anlage in einem anderen Mitgliedstaat anwendbarer Steuervorteil allein deshalb vorenthalten wird, weil seine Art der Verwaltung nicht der für die in diesem letzteren Mitgliedstaat niedergelassenen Organismen für gemeinsame Anlagen erforderlichen Art der Verwaltung entspricht.

74        Rechtsvorschriften, die eine solche Voraussetzung einführen, sind geeignet, gebietsfremde Organismen für gemeinsame Anlagen davon abzuhalten, in Aktien von an der Warschauer Börse notierten Gesellschaften, in Anleihen von Kapitalgesellschaften mit Sitz in Polen sowie in Anleihen des polnischen Staates zu investieren, und stellen daher eine nach Art. 63 Abs. 1 AEUV grundsätzlich verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.

75        Nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV berührt Art. 63 AEUV allerdings nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln.

76        Nach ständiger Rechtsprechung ist Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV jedoch als Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs eng auszulegen. Diese Bestimmung kann somit nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Staat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne Weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77        Die nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV zulässigen Ungleichbehandlungen dürfen nämlich nach Art. 65 Abs. 3 AEUV weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung darstellen. Daher hat der Gerichtshof entschieden, dass solche Ungleichbehandlungen nur zulässig sind, wenn sie Situationen betreffen, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder, anderenfalls, wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zum Vorliegen objektiv vergleichbarer Situationen

78        Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Prüfung der Vergleichbarkeit einer grenzüberschreitenden Situation mit einer mitgliedstaatsinternen Situation das mit den fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgte Ziel sowie ihr Zweck und ihr Inhalt zu berücksichtigen (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79        Im Übrigen sind für die Beurteilung, ob die unterschiedliche Behandlung aufgrund einer derartigen Regelung einem objektiven Unterschied der Situationen entspricht, nur die von der betreffenden Regelung aufgestellten maßgeblichen Unterscheidungskriterien zu berücksichtigen (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80        Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass, wie sich aus Art. 17 Abs. 1 Nr. 58 des Körperschaftsteuergesetzes ergibt, der auf die in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. a und d bis f dieses Gesetzes genannten Voraussetzungen verweist, diese Bestimmungen bezwecken, die Einkünfte von Organismen für gemeinsame Anlagen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Staat, der Partei des EWR-Abkommens ist, von der Steuer zu befreien.

81        Daraus folgt, dass sich die fragliche Befreiung auf Einkünfte von Organismen bezieht, die spezifische Tätigkeiten ausüben, die, wie sich u. a. aus Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. d des Körperschaftsteuergesetzes ergibt, der Aufsicht der Finanzmarktaufsichtsbehörden ihres Sitzstaats unterliegen. Diese Rechtsvorschriften bezwecken nicht die Befreiung von Einkünften von Gesellschaften, die Geschäftstätigkeiten ausüben, die einer solchen Aufsicht nicht unterliegen.

82        Als Zweites weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass die in den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtsvorschriften vorgesehene Voraussetzung der externen Verwaltung des Organismus für gemeinsame Anlagen das Anlagerisiko mindern solle. Unter Berücksichtigung des mit den Tätigkeiten der Organismen für gemeinsame Anlagen verbundenen Anlagerisikos befinden sich nach Ansicht der polnischen Regierung daher extern verwaltete Organismen für gemeinsame Anlagen nicht in der gleichen Situation wie intern verwaltete Organismen. Die polnische Regierung macht geltend, die Anforderung einer externen Verwaltung habe den Zweck, dieses Risiko zu begrenzen.

83        Um beurteilen zu können, ob die Höhe des Risikos, das mit den Tätigkeiten dieser Organismen je nach der Art ihrer Verwaltung verbunden ist, einem objektiven Unterschied entspricht, der die alleinige Steuerbefreiung von Einkünften von Organismen, die von einem externen Rechtsträger verwaltet werden, rechtfertigt, muss jedoch der Zweck dieser Befreiung bestimmt werden.

84        Insoweit weist das vorlegende Gericht zwar, wie in Rn. 60 des vorliegenden Urteils ausgeführt, darauf hin, dass die Rechtsvorschriften, die eine Befreiung der von einem Organismus für gemeinsame Anlagen bezogenen Einkünfte vorsehen, die der Fonds F in Anspruch nehmen möchte, darauf abzielen, die Gleichbehandlung von Organismen für gemeinsame Anlagen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Staat, der Partei des EWR-Abkommens ist, und den Fonds mit Sitz in Polen sicherzustellen, doch beschreibt das Gericht nicht das Ziel, das mit der Befreiung von der Körperschaftsteuer verfolgt wird, die gebietsansässigen Investmentfonds gewährt wird.

85        Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das allein für die Auslegung des nationalen Rechts unter Berücksichtigung aller Bestandteile der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Steuerregelung und aller betreffenden nationalen Steuerrechtsvorschriften zuständig ist, das mit einer solchen Befreiung verfolgte Ziel zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Januar 2020, Köln-Aktienfonds Deka, C-156/17, EU:C:2020:51, Rn. 79, und vom 16. Dezember 2021, UBS Real Estate, C-478/19 und C-479/19, EU:C:2021:1015, Rn. 55).

86        Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass, auch wenn das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass durch diese Befreiung verhindert werden soll, dass die Einkünfte aus Investitionen doppelt – nämlich sowohl auf der Ebene des Anlageinstruments als auch auf der Ebene der Anteilsinhaber des Anlageinstruments – besteuert werden, und dafür gesorgt werden soll, dass die über einen Organismus für gemeinsame Anlagen getätigten Investitionen steuerlich in gleicher Weise behandelt werden wie Direktinvestitionen, der Umstand, dass ein solcher Organismus von einem internen Rechtsträger verwaltet wird, ihn nicht zwangsläufig in eine andere Situation versetzt als die eines Organismus, der von einem externen Rechtsträger verwaltet wird. Ein solches Ziel kann nämlich unabhängig von der Art der Verwaltung des Anlageinstruments erreicht werden, da dieses Ziel von der Steuerregelung abhängt, die für die von einem solchen Organismus erzielten und ausgeschütteten Einkünfte gilt, ohne dass sich die Art der Verwaltung selbst auf die Besteuerung dieser Einkünfte auswirkt.

87        Auch wenn aus Erwägungen zu den unterschiedlich hohen Risiken im Zusammenhang mit den Tätigkeiten der Organismen für gemeinsame Anlagen je nach der Art ihrer Verwaltung die Gründe hervorgehen, die den nationalen Gesetzgeber dazu veranlasst haben können, zu verlangen, dass gebietsansässige Investmentfonds mit externer Verwaltung errichtet werden, lassen sich anhand solcher Erwägungen folglich keine erheblichen Unterschiede in der Situation von Organismen für gemeinsame Anlagen mit externer und solchen mit interner Verwaltung im Hinblick auf die im Körperschaftsteuergesetz vorgesehene Befreiung von der Körperschaftsteuer feststellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C-342/20, EU:C:2022:276, Rn. 76).

88        Daher ist davon auszugehen, dass sich ein intern verwalteter Organismus für gemeinsame Anlagen in Bezug auf nationale Rechtsvorschriften, mit denen die Einkünfte von Organismen für gemeinsame Anlagen von der Steuer befreit werden sollen und mit denen die mittels solcher Organismen getätigten Investitionen steuerlich den Direktinvestitionen gleichgestellt werden sollen, nicht in einer objektiv anderen Situation befindet als ein extern verwalteter Organismus für gemeinsame Anlagen.

89        Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob die mit den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften eingeführte Beschränkung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein kann.

Zum Bestehen eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses

90        Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs zulässig, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels in kohärenter und systematischer Weise zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 12. Oktober 2023, BA (Erbschaft – Soziale Wohnungspolitik in der Union), C-670/21, EU:C:2023:763, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

91        Im vorliegenden Fall geht, wie in Rn. 82 des vorliegenden Urteils ausgeführt, aus den Angaben des vorlegenden Gerichts und der polnischen Regierung hervor, dass die Voraussetzung bezüglich der externen Verwaltung die Interessen der Anleger schützen soll. Sie ziele also darauf ab, das Kapital der Anleger, das in dem Investmentfonds zusammengefasst ist, vom Vermögen der Verwaltungsgesellschaft zu trennen und auf diese Weise die Anlagerisiken von den Risiken zu trennen, die mit der Gründung und Verwaltung des Investmentfonds verbunden sind.

92        Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der Anlegerschutz ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel der Union darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. August 2022, HOLD Alapkezelő, C-352/20, EU:C:2022:606, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93        Somit kann ein Ziel des Anlegerschutzes grundsätzlich einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen, der eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs rechtfertigen kann.

94        Nach der oben in Rn. 90 dargestellten Rechtsprechung ist allerdings noch zu prüfen, ob die durch die in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften bedingte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels in kohärenter und systematischer Weise zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

95        Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein Organismus für gemeinsame Anlagen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Staat, der Partei des EWR-Abkommens ist, nur dann die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Befreiung in Anspruch nehmen kann, wenn er die in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. a und d bis f des Körperschaftsteuergesetzes genannten Voraussetzungen erfüllt.

96        Wie in Rn. 81 des vorliegenden Urteils ausgeführt, sieht Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. d dieses Gesetzes vor, dass die Tätigkeiten der Fonds der unmittelbaren Aufsicht der Finanzmarktaufsichtsbehörden ihres Sitzstaats unterliegen müssen.

97        Eine solche Voraussetzung stellt bereits sicher, dass die Befreiung nur für Einkünfte von Organismen gewährt wird, die in ihrem Sitzstaat den Bestimmungen unterliegen, die durch die Zulassung durch diese Behörden und deren Aufsicht über diese Organismen den Schutz der Anleger gewährleisten.

98        Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Mitgliedstaat vorsieht, dass nur extern verwaltete Investmentfonds in seinem Hoheitsgebiet errichtet werden dürfen, um ein von ihm als angemessen erachtetes Niveau des Anlegerschutzes zu gewährleisten.

99        Die Verhältnismäßigkeit der von einem Mitgliedstaat erlassenen Bestimmungen ist nämlich nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil er andere Schutzregelungen als ein anderer Mitgliedstaat erlassen hat; diese Bestimmungen sind allein im Hinblick auf die von den nationalen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das Schutzniveau zu beurteilen, das sie gewährleisten sollen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Oktober 2012, X, C-498/10, EU:C:2012:635, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Erstens hat jedoch – vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfungen – die Gewährung einer Steuerbefreiung für die Einkünfte eines Organismus für gemeinsame Anlagen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat keine Auswirkungen auf die Rechtsformen der Fonds, die dieser Mitgliedstaat in seinem eigenen Hoheitsgebiet zulassen kann, und zwingt diesen Mitgliedstaat nicht dazu, die Errichtung intern verwalteter Investmentfonds zu genehmigen.

101    Insoweit hat die polnische Regierung auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt, inwiefern es das von den nationalen Behörden verfolgte Ziel des Anlegerschutzes gefährden würde, wenn einem intern verwalteten Organismus für gemeinsame Anlagen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat die Befreiung von der Körperschaftsteuer gewährt würde.

102    Zweitens kann zwar davon ausgegangen werden, dass eine günstigere steuerliche Behandlung der Einkünfte eines extern verwalteten Organismus für gemeinsame Anlagen die Anleger dazu veranlassen könnte, solche Organismen in Anspruch zu nehmen, doch kann daraus nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, dass eine weniger günstige steuerliche Behandlung in Form der Weigerung, die Einkünfte eines intern verwalteten Fonds von der Körperschaftsteuer zu befreien, Anleger vor Investitionen in solche Fonds schützen kann.

103    Folglich kann eine steuerliche Maßnahme, die Investitionen eines Organismus für gemeinsame Anlagen, der seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat und dort der Aufsicht der Finanzmarktaufsichtsbehörden unterliegt, aber intern verwaltet wird, weniger attraktiv machen soll, nicht als geeignet angesehen werden, das angestrebte Ziel des Anlegerschutzes zu erreichen.

104    Zudem hat die polnische Regierung in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass mit den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtsvorschriften auch Missbrauch verhindert werden solle.

105    Da sich diese Regierung jedoch darauf beschränkt, ohne nähere Angaben auf eine solche Rechtfertigung hinzuweisen, ohne einen Zusammenhang zwischen der Art der Verwaltung eines Organismus für gemeinsame Anlagen und einer etwaigen Missbrauchsgefahr herzustellen, kann ihr Vorbringen keinen Erfolg haben.

106    Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 63 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, die vorsehen, dass nur ein von einem externen Rechtsträger verwalteter Organismus für gemeinsame Anlagen, der auf der Grundlage einer Zulassung durch die Finanzmarktaufsichtsbehörden seines Sitzstaats tätig ist, von der Körperschaftsteuer für von diesem Organismus erzielte Kapitaleinkünfte befreit werden kann, und die daher eine solche Befreiung nicht für intern verwaltete Organismen für gemeinsame Anlagen gewähren, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründet wurden, wenn das Recht des ersten Mitgliedstaats nur die Gründung von extern verwalteten Organismen für gemeinsame Anlagen zulässt.

Kosten

107    Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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