Hessisches FG: Forderungsverluste bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
Hessisches FG, 12.4.2018 – 9 K 1053/15, Rev. eingelegt (Az. BFH IX R 17/18)
ECLI:DE:FGHE:2018:0412.9K1053.15.00
Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2019-869-1
Leitsatz der Redaktion
Nicht von § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG erfasst werdenVerluste aus dem Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften (gegen BFH Urteil vom 11.07.2017 IX R 35/15).
EStG § 17 Abs. 2 S. 1, Abs. 4, § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Nr. 7, § 52 Abs. 28 S. 16
Sachverhalt
Die Kläger werden als Ehegatten zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger zu 1. (Ehemann), der im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht, war mit Aktien an der X-AG beteiligt, was einer Beteiligungsquote von 4,87 % entspricht.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2011 machten die Kläger einen Verlust nach § 17 Einkommensteuergesetz - EStG - aus der Beteiligung des Klägers an dieser Gesellschaft in Höhe von 410.135,47 Euro geltend. Dieser Verlust setzt sich zusammen aus dem Veräußerungspreis in Höhe von 1,- Euro sowie der Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 25.000,- Euro. Demgegenüber stehen Anschaffungskosten in Höhe von 231.574,83 Euro für den Kauf der Aktien sowie ein hingegebenes Darlehen (einschließlich Zinsen) in Höhe von 203.561,64 Euro. Der Darlehensvertrag wurde am 17.11.2008 abgeschlossen; die Auszahlung der Darlehensvaluta erfolgte bereits am 14.11.2008.
Nachdem mit Einkommensteuerbescheid 2011 vom 05.04.2013 der Verlust wegen noch bestehender Unklarheiten zunächst nicht anerkannt worden war, erkannte der Beklagte nach Vorlage weiterer Unterlagen mit Bescheid vom 04.09.2013 einen Verlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 138.944,- Euro (60 % von 231.574,- Euro) an. In der Anlage zum Bescheid wurde dies dahingehend erläutert, dass der aus der Veräußerung der Anteile resultierende Verlust in Höhe von 231.574,- Euro unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens anerkannt werde. Der Verlust des Darlehens sei nicht anzuerkennen, da das zugewandte Darlehen keinen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt habe. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Darlehensgeber unternehmerisch an der Aktiengesellschaft beteiligt sei, wovon erst ab einer Beteiligungsquote von mindestens 10 % auszugehen sei. Der Kläger sei daher nicht unternehmerisch tätig gewesen. Daher könne das Darlehen im Rahmen des § 17 EStG nicht berücksichtigt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zum Einkommensteuerbescheid vom 04.09.2013 Bezug genommen.
Hiergegen haben die Kläger Einspruch eingelegt und vorgetragen, das Gesellschafterdarlehen gehöre zu den Anschaffungskosten. Vorliegend habe es sich um einen relativ kleinen Kreis von Anteilseignern gehandelt, der in regelmäßigem Abstand mit der Geschäftsleitung in Verbindung gestanden habe. Der sich in der Krise befindenden Gesellschaft hätten einige Anteilseigner Darlehen gegeben, was als eigenkapitalersetzende Finanzierungsmaßnahme zu werten sei. Die Zufuhr „frischen Kapitals“ in der Krise bedeute immer eine Finanzierungsentscheidung für die Fortführung der Gesellschaft. Die mit der Beteiligung in Zusammenhang stehenden Aufwendungen seien - unabhängig von der Höhe der Beteiligung - dann auch im Rahmen des § 17 EStG abziehbar. Die bisherige Rechtsprechung zur Problematik der nachträglichen Anschaffungskosten habe sich streng am Zivilrecht orientiert. Die durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 grundlegende Änderung der Zivilrechtslage habe jedoch keinen Einfluss auf die im Rahmen des § 17 EStG vorzunehmende zivilrechtliche Betrachtungsweise. Das objektive Nettoprinzip sei weiterhin zu beachten mit der Folge, dass hingegebene Mittel im Verlustfall ebenso als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG abziehbar seien wie bei „echtem“ Stammkapital. Der Entscheidung des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 20.08.2013 - IX R 43/12 sei daher nicht zu folgen. Schließlich käme auch - hilfsweise - ein Abzug der Aufwendungen nach § 20 Abs. 4 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG in Betracht, gegebenenfalls auch ein Abzug der aus dem Forderungsausfall resultierenden Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG.
Der BFH habe mit Urteil vom 06.05.2014 - IX R 44/13 [BB 2014, 2096 m. BB-Komm. Kleinmanns] im Übrigen die Finanzierungshilfen eines nicht geschäftsführenden und nicht unternehmerisch an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafters als nachträgliche Anschaffungskosten anerkannt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 07.05.2015 wurde der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Nur die Fiktion des Eigenkapitalersatzes könne überhaupt zur Berücksichtigung des Darlehens führen, denn ohne Eigenkapitalersatzrecht wäre der Ausfall von Darlehen immer als Verlust auf privater Vermögensebene zu berücksichtigen. Da der Kläger mit weniger als 10 % und auch nicht an der Geschäftsführung der AG beteiligt sei, erfülle er den zivilrechtlichen Begriff des Kleinanlegers, der gegenüber der Gesellschaft eine vom Gesetzgeber gewollte andere Rechtsstellung innehabe als derjenige, der unternehmerisch beteiligt sei, und damit entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben könne.
Durch das MoMiG vom 23.10.2008 habe sich die Rechtslage zum Eigenkapitalersatzrecht dahingehend geändert, dass nunmehr in § 39 Abs. 1 Nr. 5 Insolvenzordnung - InsO - eine einheitliche Regelung unabhängig von der Gesellschaftsform getroffen worden sei. Vor dem MoMiG sei für eine GmbH § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F. anwendbar gewesen; für eine Aktiengesellschaft sei eine Beteiligungsquote von 25 % maßgeblich gewesen. Unter dem MoMiG sei nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO eine Anerkennung des Ausfalls grundsätzlich möglich, wobei Beteiligte mit einem Anteil unter 10 % ausgenommen seien (Kleinanlegerprivileg). Dies entspreche weiterhin der alten Rechtslage (BFH Urteil vom 20.08.2013 - IX R 43/12). Hiervon könne nur abgewichen werden, wenn der Steuerpflichtige auf das Kleinanlegerprivileg bei Hingabe des Darlehens ausdrücklich verzichte und sich freiwillig für den Fall einer Insolvenz einem Rangrücktritt unterwerfe. Das Darlehen müsse ausdrücklich wie Eigenkapital behandelt werde, woran es im Streitfall fehle.
Im Übrigen sei ein Forderungsausfall auch kein Veräußerungstatbestand im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG. Seit der Einführung der Abgeltungssteuer 2009 sei auch ein Abzug von Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeschlossen.
Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie ihr Anliegen weiter verfolgen.
Die Kläger tragen vor, aus dem objektiven Nettoprinzip folge, dass die Verluste anzuerkennen seien. In § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sei der Veräußerungsgewinn, in § 255 Abs. 1 Handelsgesetzbuch - HGB - seien die Anschaffungskosten legal definiert. Es sei eine weite Auslegung des § 17 EStG geboten, sodass alle durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Aufwendungen erfasst seien. Dazu gehöre auch das vorliegende Gesellschafterdarlehen, das im Zeitpunkt der Krise hingegeben worden sei. Das BFH Urteil vom 20.08.2013 (IX R 43/12) sei durch das Urteil vom 06.05.2014 (IX R 44/13 [BB 2014, 2096 m. BB-Komm. Kleinmanns]) überholt.
Im letzteren Urteil habe der BFH deutlich gemacht, dass ein Gesellschafter, der sich bewusst gegen eine Fremd- und für eine Eigenkapitalfinanzierung entscheide, nicht dem Kleinunternehmerprivileg unterfalle. Im Streitfall habe sich der Kläger entsprechend verhalten, denn in der Vereinbarung über die Darlehenshingabe seien eindeutig der Grund und die Situation der Gesellschaft benannt worden. Auch habe der BFH im Urteil vom 06.05.2014 entschieden, dass § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG einer steuerlichen Berücksichtigung des Darlehensausfalls nicht entgegenstehe.
Außerdem schränke die Entscheidung BFH Urteil vom 20.08.2013 das objektive Nettoprinzip in unzulässiger Weise ein und sei auch wegen des Abstellens auf feste Beteiligungsgrenzen nicht sachgerecht. Hilfsweise könne auch eine Berücksichtigung bei § 20 EStG erwogen werden.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 04.09.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.05.2015 dahingehend zu ändern, dass ein Verlust nach § 17 EStG in Höhe von 246.081,- Euro berücksichtigt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält an seiner außergerichtlichen Rechtsauffassung fest.
Wegen Einzelheiten des jeweiligen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die einschlägigen Steuerakten haben dem Senat vorgelegen.
Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angegriffene Bescheid vom 04.09.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.05.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO).
Eine Berücksichtigung der mit der Klage geltend gemachten Anschaffungskosten kommt weder nach § 17 EStG noch nach § 20 EStG in Betracht.
Auflösung einer Kapitalgesellschaft – Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens einem Prozent beteiligt war. Nach § 17 Abs. 4 EStG gilt als Veräußerung im Sinne des Absatzes 1 auch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft.
Berücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten scheitert an Sperrminorität
Mit Urteil vom 11.07.2017 IX R 36/15, BFH/NV 2017, 1501 [BB 2017, 2478 m. BB-Komm. Seppelt] hat der BFH entschieden, dass mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG die Grundlage für die bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG entfallen sei. Die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen seien jedoch weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum Tag der Veröffentlichung des Urteils (27.09.2017) geleistet habe oder wenn eine Finanzierungshilfe eines Gesellschafters bis zum diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden sei.
Im Streitfall hat der Kläger den Darlehensvertrag am 17.11.2008 abgeschlossen und den Betrag von 200.000 Euro bereits am 14.11.2008 überwiesen. Daher sind die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen auch auf den Streitfall anwendbar.
Nach den bisherigen Grundsätzen war bei der Bestimmung von Anschaffungskosten im Sinne des § 17 EStG im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen darauf abzustellen, ob diese gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Dies ist der Fall, wenn das Darlehen nach Zivilrecht kapitalersetzend ist (BFH Urteil vom 02.04.2008 - IX R 46/06, BStBl. II 2008, 706). Bei einer GmbH war dabei auf § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG abzustellen, wonach die Regelungen über einen Eigenkapitalersatz nicht für die geschäftsführenden Gesellschafter gelten, die mit 10 % oder weniger am Stammkapital beteiligt sind.
Bei einer AG ist auf einen Anteilsbesitz von mehr als 25 % abzustellen (BFH IX R 76/06 a.a.O.). Ein geringerer Anteilsbesitz reicht nur aus, wenn besondere Umstände vorliegen, die dem Kläger in Verbindung mit seinem Aktienbesitz Einfluss auf die Unternehmensleitung der AG verliehen haben.
Für Letzteres sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, sodass eine Berücksichtigung der nachträglichen Anschaffungskosten schon an der Sperrminorität von 25 % scheitert, denn der Kläger hat nur einen Aktienanteil von unter 5 % an der AG.
Soweit der BFH mit Urteil vom 06.05.2014 (IX R 44/13, BStBl. II 2014, 781 [BB 2014, 2096 m. BB-Komm. Kleinmanns]) entschieden hat, dass für einen nichtunternehmerischen Gesellschafter als Darlehensgeber, der mit der Gesellschaft vereinbart hat, dass das Darlehen als Eigenkapital behandelt werden soll und sich die Beteiligten im Insolvenzfall auch an diese Absprache gehalten haben, die 10% - Grenze nicht gelten soll, können diese Grundsätze auf den Streitfall schon deswegen nicht übertragen werden, weil hier eine entsprechende Abrede im Darlehensvertrag fehlt.
Auch eine Berücksichtigung der Anschaffungskosten nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG kommt nicht in Betracht.
Forderungsverlust unterfällt nicht den Regelungen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 und § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG
Dabei kann dahinstehen, ob die Anwendung des § 20 EStG bereits durch die Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG ausgeschlossen ist.
Jedenfalls scheitert eine Berücksichtigung der Anschaffungskosten sowohl daran, dass ein Forderungsverlust nicht unter die Regelungen der § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG fällt, als auch (hinsichtlich einer Berücksichtigung nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG) an der Anwendungsregelung des § 52 Abs. 28 Satz 16 EStG.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Ein Forderungsverlust wie im Streitfall stellt jedoch keinen Ertrag einer Forderung dar.
Nach § 20 Abs. 2 Nr. 7, Satz 2 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen ebenfalls der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG; als Veräußerung gelten auch Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft.
Nach § 52 Abs. 28 Satz 16 EStG ist jedoch für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die zum Zeitpunkt des vor dem 01.01.2009 erfolgten Erwerbs zwar Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 31.12.2008 anzuwendenden Fassung, nicht aber Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG in der am 31.12.2008 anzuwendenden Fassung sind, § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG nicht anzuwenden.
Im Streitfall wurde die Darlehensforderung durch Vertrag vom 17.11.2008 begründet; die Auszahlung der Darlehensvaluta erfolgte am 14.11.2008, sodass es sich um eine Kapitalforderung handelt, die vor dem 01.01.2009 erworben worden ist. Bei dieser Darlehensforderung handelt es sich auch nicht um eine Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG, da es sich nicht um den Gewinn aus einer Veräußerung von Wirtschaftsgütern handelt, die Erträge im Sinne des Abs. 1 Nr. 4 (Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter bzw. aus partiarischem Darlehen) erzielt, denn der Kläger hat nichts veräußert. Das gegebene Darlehen ist auch eine Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, denn es waren die Rückzahlung des Darlehens bis 31.01.2009 sowie die Zahlung von Zinsen in Höhe von jährlich 10 % vereinbart.
Danach ist eine Anwendung des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG im Streitfall nicht möglich.
Ohnehin fallen Forderungsverluste nicht unter § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG.
Zwar hat der BFH mit Urteil vom 24.10.2017 (VIII R 13/15; BFHE 259, 535 [BB 2018, 99 m. BB-Komm. Hahne, RdF-Entscheidungsreport Mihm, RdF 2018, 167]) auch den endgültigen Ausfall einer Kapitalforderung unter § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG subsumiert und dies damit begründet, dass mit der Einführung der Abgeltungssteuer durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2007 eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden sollte und damit die traditionelle quellentheoretische Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgegeben worden sei. Dies sei ausdrücklich in der Übergangsvorschrift des § 52 Abs. 28 Satz 16, Halbsatz 3 EStG niedergelegt, wonach Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG in der am 31.12.2008 anzuwendenden Fassung künftig auch dann vorliegen, wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich erscheine.
Aufgrund dieses Paradigmenwechsels müsse der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einem nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 EStG berücksichtigungsfähigen Verlust führen. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung in § 20 Abs. 2 EStG folge, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem berücksichtigungsfähigen Verlust führe. Dies ergebe sich auch aus dem Gebot der Folgerichtigkeit, denn wenn eine Rückzahlung der Kapitalforderung über dem Nennwert zu einem Gewinn führe, der nach § 20 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 4 EStG erfasst sei, müsse auch eine Rückzahlung unter dem Nennwert zu einem steuerlich berücksichtigungsfähigen Verlust führen. Zudem führe auch eine Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter ohne Gegenleistung zu einem Veräußerungsverlust, sodass auch insoweit eine Gleichstellung des Ausfalls einer Rückzahlung geboten sei.
Dieser Rechtsprechung des BFH folgt der Senat nicht.
Schon nach dem Wortlaut der Vorschrift fällt ein Forderungsausfall - sofern hierdurch keine verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft erfolgt, was hier nicht der Fall ist - nicht unter § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2015 - 7 K 3661/14, DStRE 2016, 523 [BB 2015, 1639 m. BB-Komm. Hahne] [FG Düsseldorf 11.03.2015 - 7 K 3661/14 E]; FG Köln, Urteil vom 18.01.2017 - 9 K 267/14, EFG 2017, 988; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.01.2016 – 14 K 14040/13, BB 2016, 2405 [m. BB-Komm. Weiss]).
Auslegung über den eindeutigen Wortlaut scheidet aus
Eine Auslegung über den eindeutigen Wortlaut hinaus scheidet nach Ansicht des Senats aus, weil keine planwidrige und auslegungsbedürftige Regelungslücke vorliegt. Denn aus § 20 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz EStG, wonach Währungsschwankungen bei der Ermittlung des Gewinns zu berücksichtigen sind, ergibt sich, dass dem Gesetzgeber das Problem der Wertveränderungen beim Kapital bewusst war. Damit scheidet aber eine (verfassungskonforme) Auslegung aus. Denn es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass der Gesetzgeber die Vermögenssphäre umfassend berücksichtigen wollte.
Verlustberücksichtigung ist im Gesetz abschließende geregelt
Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Verlustberücksichtigung nur auf die im Gesetz ausdrücklich genannten Tatbestände eingeschränkt sein soll (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.01.2016 - 14 K 14040/13, BB 2016, 2405 [m. BB-Komm. Weiss]; FG Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2015 - 7 K 3661/14, DStRE 2016, 523 [BB 2015, 1639 m. BB-Komm. Hahne]; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.10.2013 - EFG 2014, 136). Angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bestehen Bedenken wegen einer Einschränkung des objektiven Nettoprinzips nicht.
Der Werbungskostenabzug ist bei Einkünften aus Kapitalvermögen auf den Sparerfreibetrag - der bei beiden Klägern im angegriffenen Bescheid berücksichtigt worden ist - beschränkt (§ 20 Abs. 9 EStG); eine Berücksichtigung des Forderungsausfalls im Wege eines Werbungskostenabzuges ist daher nicht möglich.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens (§ 135 Abs. 1 FGO).
Die Revision wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Gegen die vorgenannten Entscheidungen der Finanzgerichte Berlin-Brandenburg und Köln sind Revisionsverfahren beim BFH anhängig. Dabei wird u.a. nochmals die Frage zu klären sein, ob ein Forderungsausfall unter § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG fällt.