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Steuerrecht
24.05.2013
Steuerrecht
FG Köln: Finanzunternehmen i. S. d. § 8b Abs. 7 KStG 2002

FG Köln, Urteil vom 22.3.2012 - 10 K 2002/10

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ein Finanzunternehmen im Sinne des § 8b Abs. 7 KStG ist mit der Folge, dass die Einnahmen steuerpflichtig sind.

Die Klägerin ist eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft.

Im Rahmen einer für die Streitjahre 2004 bis 2006 stattgefundenen Betriebsprüfung stellte der Prüfer u.a. Folgendes fest:

Mit Gesellschafterbeschluss vom 29. Dezember 2003 änderte die Klägerin ihren Gesellschaftszweck wie folgt:

„Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung von Unternehmen und Beteiligung an anderen Unternehmen sowie die Verwaltung eigenen Vermögens; die Verwaltung, Verpachtung und Vermarktung von Medien-Rechten und Gütern; Herausgabe, Herstellung und Vertrieb von Printmedien, Audio-Visuellen Medien und Online-Medien; der Handel mit Waren aller Art, soweit hierfür keine besondere Genehmigung erforderlich ist; die Errichtung von Zweigniederlassungen im In- und Ausland, der Erwerb gleicher oder gleichartiger Unternehmen".

In der Gesellschafterversammlung vom 9. August 2004 beschloss der Alleingesellschafter der Klägerin eine Kapitalerhöhung von 400 €. Der Erhöhung der Stammeinlage wurde durch Einbringung des Einzelunternehmens „E ... M-Verwaltung" aufgrund des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2003 geleistet. Im Rahmen dieser Übertragung wurden Guthaben bei Kreditinstituten (Wertpapierdepots) in Höhe von insgesamt 1.495.538 € eingebracht. Die Klägerin wies in ihren Jahresabschlüssen zum 31. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2006 die übernommenen Wertpapierdepots jeweils im Umlaufvermögen unter der Position „Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks" aus.

Im Prüfungszeitraum erzielte die Klägerin Erlöse aus der Verpachtung des Anlagevermögens und der Verlagsrechte an die mit Vertrag vom 29. Dezember 2003 gegründeten X-Verlag GmbH und dem Handel mit Wertpapieren. Dabei ergaben sich nach den Feststellungen der Betriebsprüfung folgende Erlöse:

 

2005

2006

Mieterlöse

447.091 €

238.234 €

Summe Wertpapier-Käufe und Verkäufe:Portfolio 6791 V-Bank

7.895.682 €

13.511.955 €

Portfolio 6792 V-Bank

8.441.285 €

18.857.886 €

Summe

16.336.967 €

32.369.841 €

davon ca. die HälfteErlöse aus Wertpapierverkäufen

8.168.483 €

16.184.920 €

In Relation zu den Gesamterlösen

94,8 %

97,1 %

Für den Zeitraum 2004 wurden keine Umsatzübersichten vorgelegt.

Der Betriebsprüfer gelangte zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Klägerin um ein Finanzunternehmen im Sinne des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG handele. Er versagte deshalb die Anwendung des § 8b Abs. 1 bis 6 KStG.

Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 2.1 des Betriebsprüfungsberichts vom 30. Oktober 2008 Bezug genommen.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ entsprechend geänderte Körperschaftsteuerbescheide für 2004 bis 2006 sowie geänderte Bescheide zur Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 ff. KStG vom 18. Februar 2009.

Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2010, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbe-gründet zurück.

Mit der Klage trägt die Klägerin vor:

§ 8b Abs. 7 sei auf Betreiben der Finanzwirtschaft eingefügt worden. Daraus ergebe sich, dass er nur für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes gelte. Es sollen nur die Unternehmen, die in der Finanzwirtschaft tätig sind bzw. der Finanzwirtschaftlich ähnliche Unternehmen in den Geltungsbereich des § 8b Abs. 7 einbezogen werden.

§ 8b Abs. 7 Satz 2 KStG fordere das Vorliegen eines Eigenhandels. Da der Fremdhandel mit Aktien erlaubnispflichtig sei und diese Erlaubnis nur den Kreditinstituten oder Finanzdienstleistungsinstituten erteilt werde, sei jedes Aktiengeschäft bei anderen Unternehmen Eigenhandel. Daher könne von der Vorschrift nur der tatsächliche Handel mit Aktien erfasst werden. Ertragsteuerlich könne eine Handelsaktivität nur vorliegen, wenn eine originäre gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 EStG vorliege. Das Vorliegen dieser gewerblichen Tätigkeit durch den An- und Verkauf von Aktien und Wertpapieren sei durch die höchstrichterliche Rechtsprechung weitgehend geklärt. Insoweit werde auf das BFH-Urteil vom 30. Juli 2003 X R 7/99, Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Bescheide mit der Maßgabe zu ändern, dass die Gewinnhinzurechnungen gemäß Tz. 2.1 des Betriebsprüfungsberichts vom 30. Oktober 2008 rückgängig gemacht werden,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Aus den Gründen

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -.

Der Beklagte hat zu Recht im Streitfall § 8b Abs. 7 KStG in der in den Jahren 2004 bis 2006 geltenden Fassung - KStG a.F. - angewendet.

Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG a.F. bleiben Bezüge u.a. im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - außer Ansatz. Dieselbe Rechtsfolge tritt nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG a.F. ein für Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft- oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu bestimmten Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 EStG gehören. Die vorgenannten Vorschriften sind allerdings nach § 8b Abs. 7 Satz 1 KStG a.F. (in den Streitjahren gilt noch die Fassung vor Änderung durch Gesetz zur Umsetzung der neugefassten Bankenrichtlinie und der neuen Kreditadäquanzrichtlinie vom 17. November 2006, BGBl I 2006, 2606, Bundessteuerblatt - BStBl - I 2007, 2) nicht auf Anteile anzuwenden, die bei Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten nach § 1 Abs. 12 des Gesetzes über das Kreditwesen in der in den Streitjahren gültigen Fassung (KWG a.F.) dem Handelsbuch zuzurechnen sind. Gleiches gilt nach § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG a.F. für Anteile, die von Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs erworben werden.

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 12. Oktober 2011 I R 4/11 (BFH/NV 2012, 453, 454, Rz. 20 ff.; vgl. auch FG Hamburg, Urteil vom 31.1.2011 2 K 6/10, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2011, 1091 mit Anmerkung Hennigfeld) zu der Streitfrage wie folgt Stellung genommen:

„Finanzunternehmen im Sinne von § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 KWG a.F. sind u.a. solche Unternehmen, die weder Kreditinstitute noch Finanzdienstleistungsinstitute sind und deren Haupttätigkeit u.a. darin besteht, mit Finanzinstrumenten für eigene Rechnung zu handeln. ...  Finanzinstrumente sind gemäß § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG a.F. Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Devisen oder Rechnungseinheiten sowie Derivate. Wertpapiere sind nach Satz 2 der Vorschrift, auch wenn keine Urkunde über sie ausgestellt sind, Aktien, Zertifikate, die Aktien vertreten, Schuldverschreibungen, Genussscheine, Optionsscheine und andere Wertpapiere, die mit Aktien oder Schuldverschreibungen vergleichbar sind, wenn sie an einem Markt gehandelt werden können; Wertpapiere sind auch Anteile an Investmentvermögen, die von einer Kapitalanlagegesellschaft oder einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben werden. Übt das Unternehmen auch Tätigkeiten aus, die nicht dem „Finanzsektor" betreffen, muss ermittelt werden, ob die Haupttätigkeit in diesem Sinne finanzunternehmerisch ist.

Der Begrifft der Eigenhandelsabsicht setzt eine Handelsabsicht mit dem Zweck des ggf. kurzfristigen Wiederverkaufs aus dem eigenen Bestand voraus, die darauf abzielt, bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen Kauf- und Verkaufspreis zu nutzen und dadurch einen Eigenhandelserfolg zu erzielen. Diese Absicht muss im Erwerbszeitpunkt bestehen. Im Übrigen bestehen keine Einschränkungen: Weder bedarf es des Handels im Rahmen eines organisierten, staatlich geregelten und überwachten Marktes noch erforderte § 8b Abs. 7 KStG 2002 das Vorliegen eines Eigenhandels als Finanzdienstleistung für Dritte im Sinne von § 1 Abs. 1a Nr. 4 KWG a.F.. Vielmehr umfasst der Begriff des Eigenhandelserfolges der Erfolg aus jeglichem „Umschlag" von Anteilen im Sinne von § 8b Abs. 1 KStG 2002 auf eigene Rechnung. Soweit ein solcher Erfolg im eigenen Vermögensbereich des Steuerpflichtigen eintritt, muss er sich entsprechende Absichten eines eigenständig handelnden Vertreters (Banken 1 und 3) als eigene zurechnen lassen".

Der Bundesfinanzhof weist außerdem darauf hin, dass trotz der zunächst bankenspezifischen Zielrichtung des § 8b Abs. 7 KStG a.F. eine einschränkende Auslegung dieser Regelung nicht mit Rücksicht darauf in Betracht kommt, dass die persönlichen Voraussetzungen je nach Tätigkeitsbereich durch vermögensverwaltende Gesellschaften erfüllt werden können. Es ist auch ausgeschlossen, die bei § 15 EStG für die Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und gewerblichem Wertpapierhandel maßgebenden Kriterien bei § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 tatbestandseinengend heranzuziehen (Rz. 22 des vorgenannten Urteils, vgl. hierzu auch Urteil vom 26. Oktober 2011 I R 17/11, juris).

Unter Berücksichtigung der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der erkennende Senat anschließt, handelte es sich bei der Klägerin um ein Finanzdienstleistungsunternehmen. Auch hat die Klägerin die Wertpapiere mit der Absicht, einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg zu erzielen, erworben.

Finanzunternehmen im Sinne des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG a. F. sind alle Unternehmen, deren Zweck u.a. der Erwerb und das Halten von Beteiligungen ist. Zwar übt die Klägerin mit der Verpachtung des Anlagevermögens und der Verlagsrechte auch Tätigkeiten aus, die nicht den Finanzsektor betreffen. Da aber die den Finanzsektor betreffenden Erlöse 94 bis 97 % der Gesamterlöse ausmachen, ist die Haupttätigkeit der Klägerin finanzunternehmerisch.

Die Klägerin hat die jeweiligen Wertpapiere auch mit der Absicht erworben, einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg zu erzielen. Dafür spricht entscheidend die Zuordnung der Wertpapiere zum Umlaufvermögen. Zwar führt die zeitnahe Zuordnung der erworbenen Wertpapiere zum Umlaufvermögen nicht zwingend zu einem Rückschluss auf die tatbestandsmäßige Eigenhandelsabsicht (BFH, a.a.O., Rz. 27). Allerdings hat die Betriebsprüfung von der Klägerin unwidersprochen festgestellt, dass teilweise täglich mit den Wertpapieren gehandelt wurde. Dies bringt zur Überzeugung des Senats zum Ausdruck, dass die Klägerin die Aktien kurzfristig wieder veräußern wollte, um aus dem Unterschied zwischen Kauf- und Verkaufspreis einen Gewinn zu erzielen. Hätte die Klägerin die Wertpapiere längerfristig halten wollen, so hätte sie diese ins Anlagevermögen umgliedern müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da der Senat der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs folgt und diese auf einen Einzelfall anwendet.

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