R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Steuerrecht
26.08.2021
Steuerrecht
Abgewiesene Klage im Verfahren um Körperschaftsteuerbescheid: FG München

FG München, Urteil vom 14.12.2020 – 7 K 899/19

Volltext des Beschlusses://BB-ONLINE BBL2021-2014-1

unter www.betriebs-berater.de

Leitsätze (der Redaktion)

1. Wenn dem Sicherungsnehmer im Rahmen einer „strukturierten Wertpapierleihe“ aufgrund vertraglicher Gestaltung und tatsächlicher Durchführung der wechselseitigen Austauschgeschäfte keinerlei sinnhafte Nutzung der Aktien möglich war und es den Vertragsparteien lediglich darum ging, eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, eine „leere Eigentumshülle“ zu übertragen, um die steuerlichen Vorteile in Form der Steuerfreistellung der Dividendenerträge nach § 8b Abs. 1 KStG zu erreichen, die dem Sicherungsgeber als Kreditinstitut für Handelsgeschäfte nach § 8b Abs. 7 KStG verwehrt waren, erfolgt kein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums der sicherungsübereigneten Aktien.

2. Werden im Rahmen von Kompensationszahlungen an die Bank als wirtschaftliche Eigentümerin von Aktien Dividenden bezogen und weitergleitet, sind diese beim Sicherungsnehmer wie ein durchlaufender Posten zu behandeln.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft (AG). Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb des Versicherungsgeschäfts … Der Körperschaftsteuerbescheid 2006 erging zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung stellte das Finanzamt (FA) fest, dass die Klägerin mit der A - Bank von Mai 2006 bis Mitte 2007 echte Wertpapierpensionsgeschäfte mit gleichzeitigen Wertpapierdarlehen (Wertpapierleihe) durchgeführt hatte. Dem Abschluss vorausgegangen war ein von der A-Bank erstelltes Präsentationspapier „strukturierte Wertpapierleihe Diskussionspapier für die …“, in dem auf Grundlage eines Musterportfolios die Struktur der Transaktionen dargestellt wurde. Mit Datum vom 10.5.2006 übersandte die A-Bank der Klägerin ein Angebot, das von der Klägerin durch Rücksendung des gegengezeichneten Angebots angenommen wurde. Gleichzeitig schloss die Klägerin mit der A-Bank am 10.5.2006 einen Rahmenvertrag für Finanzgeschäfte „Besondere Bestimmungen“. Dieser Rahmenvertrag bezieht in Ziff. 2 den Rahmenvertrag für Finanzgeschäfte „Allgemeine Bestimmungen“ Ausgabe Januar 2001 der Bankvereinigung der europäischen Union, den „Produktanhang für Pensionsgeschäfte, Ausgabe Januar 2001“, den „Produktanhang für Wertpapierdarlehen, Ausgabe Januar 2001“, den „Sicherheitenanhang für Pensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehen Ausgabe Januar 2001“ der Bankvereinigung der Europäischen Union, in seine Geltung ein. Auf den Inhalt dieser Verträge und Unterlagen wird hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen.

Im Streitjahr 2006 wurden mehrere zeitlich hintereinander geschaltete Wertpapierpensionsgeschäfte mit anschließender Wertpapierleihe durchgeführt und wie folgt abgewickelt:

Im Rahmen der jeweils für die Dauer eines bestimmten Zeitraums durchgeführten Wertpapierpensionsgeschäfte gemäß § 340b Abs. 2 HGB erwarb die Klägerin von der A-Bank festverzinsliche Wertpapiere in Höhe von 123.230.000 €. Die Klägerin erhielt von der A-Bank einen Repozins in Höhe von insgesamt 454.263,11 €.

Während der Laufzeit der Pensionsgeschäfte wurde zwischen der Klägerin und der A-Bank jeweils eine Wertpapierleihe über die im Rahmen des Pensionsgeschäftes erworbenen festverzinslichen Wertpapiere vereinbart. Die A-Bank entrichtete hierfür eine Leihgebühr in Höhe von 0,02% bezogen auf den ausmachenden Betrag der verliehenen festverzinslichen Wertpapiere. Die Klägerin verbuchte im Jahr 2006 eine Leihgebühr von 2.874,09 € als Ertrag.

Zur Absicherung der von der Klägerin verliehenen Wertpapiere erhielt diese von der A-Bank ein Aktien-Collateral an börsennotierten britischen Aktiengesellschaften.

Der Rahmenvertrag sieht dazu im „Sicherheitenanhang für Pensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehen“ (im folgenden: Sicherheitenanhang) folgendes vor:

1. „Nettoausfallrisiko

(1) … Übersteigen zu einem Zeitpunkt, zu dem das Nettoausfallrisiko nach Abs. 2 berechnet wird, die Verbindlichkeiten einer Partei (des Sicherungsgebers) aus Pensionsgeschäften, Wertpapierdarlehen oder Sicherheitsleistungen nach diesem Anhang die Verbindlichkeiten der anderen Partei (des Sicherungsnehmers) aus solchen Geschäften, kann der Sicherungsnehmer durch Erklärung an den Sicherungsgeber diesen auffordern, ihm einen Geldbetrag oder Wertpapiere… zu übertragen, der … mindestens den Betrag des Nettoausfallrisikos entspricht…“.

(2) … Die von den Parteien für diesen Zweck benannte Person oder mangels einer solchen Benennung jede Partei … berechnet das Nettoausfallrisiko an jedem Bewertungstag bis 11:00 Uhr…“

Die Regelung zur Art der Sicherheit in Ziff. 2.(3) des Sicherheitenanhangs wurde in den besonderen Bestimmungen zum Rahmenvertrag in II.(2) durch folgende Bestimmung ersetzt:

„Der Sicherungsnehmer und der Sicherungsgeber entscheiden im Einvernehmen über die Art der zu leistenden Sicherheiten, es sei denn, der Sicherungsnehmer hat zuvor Barsicherheit geleistet oder Wertpapiersicherheiten übertragen, die an ihn noch nicht zurückgezahlt bzw. zurückgeliefert wurden; in diesem Fall kann der Sicherungsnehmer vom Sicherungsgeber verlangen, dass dieser zunächst die Barsicherheit zurückzahlt oder die Wertpapiersicherheiten zurückliefert. … Nachdem über die Art der Sicherheiten im Einvernehmen entschieden wurde, bestimmt der Sicherungsnehmer über die Wertpapiere der betreffenden Art. Der Sicherungsgeber kann einer Sicherungsleistung widersprechen … Eine Übertragung von Wertpapiersicherheiten begründet eine Verpflichtung des Sicherungsnehmers gegenüber dem Sicherungsgeber, die betreffenden Wertpapiere gemäß dem Sicherheitenanhang zurück zu liefern. Nach Erfüllung aller Verpflichtungen einer Partei aus Geschäften, für die Sicherheiten zu leisten sind, sind sämtliche zuvor erbrachten und nicht zurück gewährten Sicherheiten an die Partei, die diese geleistet hatte, zurückzugewähren. Nr. 3 gilt entsprechend nicht bezogen auf Wertpapierdarlehen.“

In der in Bezug genommenen Nr. 3 des Sicherheitenanhangs ist - u.a. - folgendes geregelt:

„Nr. 3 des Pensionsanhangs (betreffend die Ersetzung von Pensionspapieren) … und 3 des Wertpapierdarlehensanhangs (betreffend … Ausschüttungen …) gelten entsprechend für aufgrund dieses Anhangs geleistete Wertpapiersicherheiten, jedoch mit der Maßgabe, dass die Zustimmung des Sicherungsnehmers nicht erforderlich ist, wenn der Sicherungsgeber früher geleistete Wertpapiersicherheiten durch neue, nach Nr. 2 Abs. 5 akzeptable Wertpapiersicherheiten ersetzt …“.

In Nr. 3 des Pensionsanhangs ist folgendes geregelt:

„(1) allgemeiner Grundsatz) Der Verkäufer kann mit Zustimmung des Käufers Pensionspapiere auf seine Kosten durch andere Wertpapiere („neue Wertpapiere „) ersetzen, die zum Zeitpunkt der Einigung der Parteien über die Ersetzung einen Marktwert mindestens in Höhe des Marktwerts der durch sie ersetzten Pensionspapiere haben. …“

In Nr. 3 des Wertpapierdarlehensanhangs ist folgendes geregelt:

„(1) (Barausschüttungen) erfolgt während der Laufzeit eines Wertpapierdarlehens eine Ausschüttung von Geld durch den Emittenten an die Inhaber der Darlehenspapiere, zahlt der Darlehensnehmer an den Darlehensgeber am Tag der Ausschüttung einen Betrag in der Währung und in Höhe des von den Inhabern aufgrund der Ausschüttung bezogenen Betrags.

(2) (Quellen Steuern, Steuergutschriften) unterliegt eine Ausschüttung einer Quellensteuer oder führt sie zu einer Steuergutschrift, so entspricht der vom Darlehensnehmer nach Abs. 1 zu zahlende Betrag dem vollen Betrag, der den Darlehensgeber nach seiner zuvor gemachten diesbezüglichen Erklärung aufgrund dieser Ausschüttung zustehen würde, wenn er Eigentümer der Darlehenspapiere wäre, einschließlich des Betrags (a) einer anwendbaren Quellensteuer, soweit der Darlehensgeber eine Ausnahme von dieser Steuer oder deren Erstattung beanspruchen könnte, und (b) einer den Darlehensgeber zustehenden Steuergutschrift. …“

Weiter ist im „Sicherheitenanhang für Pensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehen“ geregelt:

Nr. 2 (6) „(Sicherheitenschwellen) Außer im Fall einer Rückgewähr von Sicherheiten nach Abs. 7 erfolgt eine Leistung von Sicherheiten nur,

(a) soweit das Nettoausfallrisiko den gegebenenfalls von den Parteien vereinbarten Schwellenwert überschreitet und (b) falls der Marktwert der zu erbringenden Sicherheitsleistung den gegebenenfalls dafür vereinbarten Mindestbetrag (den „Mindesttransferbetrag“) überschreitet .…“.

Im Rahmenvertrag für Finanzgeschäfte „Besonderen Bestimmungen“ vom 10. Mai 2006 und in der Ergänzungsvereinbarung vom 06.07.2006 ist der Mindesttransferbetrag für beide Parteien auf jeweils 1 Million € festgelegt.

Die als Sicherheit auf die Klägerin übertragenen britischen Aktien wurden einem Wertpapierdepot der Klägerin bei der A-Bank gutgeschrieben und in ihrer Buchführung als Bestand zum Kurs der Aktien bei Übertragung verbucht. In gleicher Höhe wurde eine Verbindlichkeit für die Rückübertragungsverpflichtung am Ende der Leihe verbucht (Buchung: Aktien an Verbindlichkeitskonto). Beim Austausch der Aktien bzw. bei der Beendigung der Wertpapierleihe wurden die Aktien zum ursprünglichen Kurs ausgebucht, so dass - ohne einen Verkauf der Aktien an Dritte - ihre Ein- und Ausbuchung bei der Klägerin keine Gewinnauswirkung hatte. Da die Aktien nicht über den Bilanzstichtag gehalten wurden, war nicht darüber zu entscheiden, ob bei gesunkenen Kursen eine Wertberichtigung auf die Aktien geboten sein könnte. Der Marktwert des jeweils übertragenen Aktienportfolios richtete sich nach dem Wert der verliehenen Wertpapiere. Kursschwankungen der Aktien wurden bei Überschreitung des Schwellenwerts von 1 Mio. € über Marginzahlungen ausgeglichen, d.h. bei Sinken des Aktienkurses musste die A-Bank die Differenz über eine Barzahlung (Marginzahlung) ausgleichen, bei Steigen des Aktienkurses musste die Klägerin ihrerseits mit einer Marginzahlung an die A-Bank die Differenz ausgleichen. Das Margin-Konto hatte die Funktion eines Verrechnungskontos (Ausgleich von Forderungen und Verbindlichkeiten). Das Margin-Konto wurde verzinst und führte bei der Klägerin im Streitjahr zu einem Zinsaufwand in Höhe von 2.269,91 €. Am Ende der Wertpapierleihe wurde das Margin-Konto wieder auf Null zurückgeführt, d.h. die auf dem Konto verbuchten Gelder wurden zurückgezahlt, da die Sicherheitengestellung beendet war. Für die Übertragung des Aktien-Collaterals hatte die Klägerin eine Arrangierungsgebühr in Höhe von 2,2% der unter den Aktien effektiv gezahlten Dividenden an die A-Bank zu zahlen (Angebotsschreiben der A-Bank vom 10.05.2006). Die Klägerin entrichtete im Streitjahr an die A-Bank eine Arrangierungsgebühr in Höhe von 143.072,80 €. Die Arrangierungsgebühr ist ausweislich eines internen Dokuments der Klägerin … wirtschaftlich die Prämie dafür, dass die A-Bank die Aktien während der Laufzeit des Wertpapier-Darlehens nicht (oder im Rahmen eines Leerverkaufes nur mit zusätzlichem Risiko) verkaufen konnte und zudem auch noch den Kursverlust aufgrund der Dividendenzahlung hinnehmen musste … Sie fiel nur an, wenn während der Laufzeit der Sicherheitengestellung eine Dividendenzahlung angefallen ist. Die Auswahl der als Sicherheit übertragenen Aktien erfolgte durch die Klägerin (Schreiben der A-Bank vom 10.5.2006), die Übertragung erfolgte kurz vor dem Dividendenstichtag. Nach der Dividendenausschüttung wurden die Aktien regelmäßig gegen andere Aktien aus dem Bestand der A-Bank getauscht, für die eine Dividendenzahlung anstand. Die Auswahl erfolgte durch Herrn S, einem Mitarbeiter der Wertpapierabteilung der Klägerin. Der Zeitraum, den die Klägerin die ihr übertragenen Aktien hielt, betrug zwischen wenigen Tagen und maximal drei Wochen. Das Gesamtvolumen der verschiedenen Aktien, die der Klägerin nach und nach zur Sicherheit überlassen wurden, betrug - bedingt durch den häufigen Tausch der Aktien - im Streitjahr 360.709.517 €. Die Klägerin vereinnahmte Dividenden in Höhe von 6.502.342,72 € und leistete in gleicher Höhe Kompensationszahlungen an die A-Bank. Die Übertragung der britischen Aktien erfolgte im CRESTBörsensystem. Hinsichtlich des Verfahrens der Abwicklung des Aktienhandels über das CREST legten die Klägerin einen Aktenvermerk der Rechtsanwälte X LLP. vom 15.8.2006 vor, auf den hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird. Stimmrechte auf den Hauptversammlungen der übertragenen Aktien hat die Klägerin nicht ausgeübt.

Die bezogenen Dividenden wurden bei der Klägerin als nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei behandelt. Gemäß § 8b Abs. 5 KStG erfolgte eine Hinzurechnung von 325.117 €. Die Kompensationszahlung behandelte die Klägerin in voller Höhe als Betriebsausgaben. Im Jahresabschluss der Klägerin wurde das Pensionsgeschäft und die Wertpapierleihe als einheitliches Geschäft behandelt, aus dem sich per Saldo ein Ertrag von 311.794,49 € (vor Steuern) ergab (Ertrag Repozins 454.263,11 €, Ertrag Leihgebühr 2.874,09 €, Dividendenertrag 6.502.342,72 €, Aufwendungen für Zinsen auf Marginzahlung 2.269,91 €, Aufwendungen Arrangierungsgebühr 143.072,80 €, Kompensationszahlung 6.502.342,72 €).

Das beklagte Finanzamt (FA) hielt die Gestaltung für rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 42 AO in der im Streitjahr geltenden Fassung. Es liege eine unangemessene rechtliche Gestaltung vor, denn die Wertpapierleihe diene keinem wirtschaftlichen Zweck, sondern führe nur durch die Ausnutzung der Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 1 KStG zu einer positiven Rendite. Ohne die steuerliche Komponente sei bezüglich der Wertpapierleihe ein wirtschaftlicher Verlust entstanden. Das durch die Klägerin angestrebte Ziel, die Anlagestrategie bei den kurzfristigen Kapitalanlagen breiter aufzustellen und dabei auf die Rendite und das Rating der Kapitalanlagen zu achten, sei bereits durch das durchgeführte Wertpapierpensionsgeschäft erreicht worden. Der Abschluss der Wertpapierleihe habe diesen wirtschaftlichen Zweck durch die hierfür zu entrichtenden Gebühren hingegen verringert. Die Wertpapierleihe werde nur durch die Steuervorteile bezüglich der Dividenden aus dem zur Sicherheit erhaltenen Aktien-Collateral wirtschaftlich sinnvoll. Die übertragenen Sicherheiten würden direkt nach Bezug der Dividenden durch neue Sicherheiten, bei denen der Dividendenstichtag bevorstehe, getauscht. Die Sicherheitenbestimmung habe, in Abwandlung der sonst gültigen allgemeinen Rahmenverträge über Finanzgeschäfte, dem Sicherungsnehmer oblegen und nicht dem Sicherungsgeber. Für die Wertpapierleihe an sich hätte es grundsätzlich keiner Sicherheit bedurft. Das Risiko hätte darin bestanden, dass der Entleiher die festverzinslichen Wertpapiere am Ende der Wertpapierleihe nicht zurückgeben könne. Dann wäre aber auch die Verpflichtung der Klägerin entfallen, die Wertpapiere am Ende des Pensionsgeschäfts der A-Bank zurück zu liefern, da diese bereits in deren Besitz gewesen sei. Somit sei der im Rahmen des echten Pensionsgeschäfts aufgewendete Kaufpreis abgesichert gewesen. Für das Pensionsgeschäft allein sei normalerweise keine Sicherheit benötigt worden. Erst die Kombination mit der Wertpapierleihe habe die Hereinnahme der Aktien als Sicherheiten und somit das Entstehen des Steuervorteils ermöglicht. Ein vernünftig wirtschaftender Dritter hätte für eine nicht benötigte Sicherheit keinen wirtschaftlichen Verlust hingenommen. Die Unangemessenheit der Gestaltung zeige sich in diesem Zusammenhang auch an dem stetigen Austausch der Sicherheiten nach dem Dividendenstichtag. Zwar habe der BFH die Ausnutzung eines steuerlichen relevanten Stichtags im Grundsatz als legitim anerkannt. Allerdings könne - so der BFH im Urteil vom 11.10.2000, I R 99/96 - eine stichtagsbezogene Gestaltung dem § 42 AO unterfallen, wenn eine vor dem Stichtag erfolgte Maßnahme alsbald nach dem Stichtag rückgängig gemacht oder wesentlich abgeändert werde und sich damit als nur kurzfristig vorgeschoben erweise. Im Streitfall sei der häufige Wechsel der Sicherheiten nur durchgeführt worden, um eine möglichst große Zahl von Dividendenstichtagen zu erhalten. Es sei auch im Hinblick auf die den einschlägigen Regelungen zugrunde liegenden gesetzgeberischen Wertungen von einer Steuerumgehung auszugehen. Ursache für die steuerliche Attraktivität der Wertpapierleihe sei § 8b Abs. 7 KStG, wonach die Steuerfreiheit von Dividenden nach § 8b KStG nicht für Kreditinstitute gelte. Durch das Wertpapierverleihgeschäft hätten die negativen Auswirkungen der steuerlichen Behandlung von Aktien und Derivaten auf den institutionellen Aktien- und Derivatehandel vermieden werden sollen, da es für Kreditinstitute keinen Unterschied mache, ob sie Dividenden unmittelbar vereinnahmten oder aber eine dem Wert der Dividende entsprechende Zahlung von anderer Seite erhielten. Für sie lägen in beiden Fällen steuerpflichtige Betriebseinnahmen vor. Wenn die Dividenden im Wege der Wertpapierleihe bzw. hier im Wege der damit zusammenhängenden Sicherheitengestellung den Umweg über eine der Befreiungsvorschrift des § 8b Abs. 1 KStG unterliegende Körperschaft nähmen, würden bei dieser durch die bloße Weiterleitung der Dividendenzahlungen als Kompensation künstlich steuererhebliche Betriebsausgaben konstruiert. Denn nach § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG gelte § 3c EStG in diesem Bereich nicht, sodass die an das Kreditinstitut weitergeleiteten Dividenden als Betriebsausgaben abgezogen werden könnten und lediglich 5% der Dividenden nach § 8b Abs. 5 KStG als nicht abziehbar Betriebsausgaben fingiert würden. Der steuerlichen Verlustentstehung stünde in wirtschaftlicher Hinsicht allerdings kein entsprechender Verlust gegenüber. Aus wirtschaftlicher Sicht sei die Weiterleitung der Dividende mit einem durchlaufenden Posten zu vergleichen. Der wirtschaftliche Wert der Dividende solle von vornherein allein dem unter § 8b Abs. 7 KStG fallenden Kreditinstitut zugutekommen. Zwar könnten außersteuerliche Gründe für eine Gestaltung grundsätzlich die Annahme eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs ausschließen. Das angegebene Ziel, aus dem Pensionsgeschäft einen Ertrag zu erzielen und die kurzfristigen Kapitalanlagen breiter aufzustellen, könne aber bereits durch das Pensionsgeschäft an sich erreicht werden, ohne dass hierfür eine Wertpapierleihe erforderlich sei. Es lägen auch keine anderen aufsichtsrechtlichen Vorgaben vor, die den Abschluss des Pensionsgeschäfts ohne Wertpapierleihe unmöglich gemacht hätten. Somit seien keine außersteuerlichen Gründe erkennbar. Da ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch vorliege, sei der Steueranspruch gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2 AO so entstanden, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstehe.

Das FA erließ am 05.02.2016 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2006 und erhöhte das zu versteuernde Einkommen um die bisher als steuerfrei behandelten Dividendeneinkünfte in Höhe von 6.177.225 € (6.502.342 € abzüglich nicht abziehbare Ausgaben von 325.117 €).

Dagegen erhob die Klägerin Einspruch. Sie trug vor, dass die Pensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehen auf einem Gesamtkonzept basierten und gemeinsam und aufeinander abgestimmt abgeschlossen worden seien. Die Wertpapierdarlehensgeschäfte seien von den Pensionsgeschäften abhängig, da sie die Wertpapiere, die sie im Zuge der Wertpapierdarlehen an die A-Bank verliehen habe, erst im Rahmen der Pensionsgeschäfte erhalten habe. Zwar sei es richtig, dass sie die Pensionsgeschäfte auch ohne die Wertpapierdarlehen hätte abschließen können. Umgekehrt gelte dies jedoch nicht. Dies sei schon deshalb nicht möglich gewesen, weil sie keine anderen geeigneten Wertpapiere für die Wertpapierdarlehen in ihrem Bestand gehabt habe. Für die Geschäfte habe es ein einheitliches Angebot der A-Bank gegeben, das beide Geschäfte als Gesamtpaket vorgesehen habe. Sie verwies auf das Angebot der A-Bank vom 10.05.2006. Die Vertragskonditionen und die Geschäfte seien aufeinander abgestimmt worden. Es sei ein gemeinsamer fremdüblicher Rahmenvertrag für die Pensionsgeschäfte und die Wertpapierdarlehen abgeschlossen worden. Die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der Transaktionen sei für die Pensionsgeschäfte und die Wertpapierdarlehen als Einheit geprüft worden. Bei den Pensionsgeschäften und Wertpapierdarlehen habe es sich um absolute Standardgeschäfte zu geschäftsüblichen Konditionen auf der Basis der am Markt üblichen Standard-Rahmenverträge gehandelt. Sie hätten dazu gedient, der Klägerin eine attraktive Geldanlage mit kurzer Duration zu verschaffen, die im Vergleich zu normalen Festgeldanlagen wirtschaftlich attraktiv gewesen sei und sich zusätzlich mit einem Steuervorteil ausgestalten habe lassen. In 2006 seien kurzfristige Geldanlagen attraktiv gewesen, weil der Markt seinerzeit noch davon ausgegangen sei, dass die Zinsen kurz- bis mittelfristig wieder steigen würden. Dieses Ziel habe sich mit den Pensionsgeschäften erreichen lassen. Eine dazu vergleichbare Kapitalanlage seien normale Festgeldanlagen gewesen. Im Vergleich zu den Alternativen seien die erwarteten Zinserträge der Pensionsgeschäfte aus dem Angebot der A-Bank unter Berücksichtigung der besseren Bonität der A-Bank im Vergleich zu anderen Anbietern risikoarm und vergleichsweise hoch gewesen. Daneben hätten die Pensionsgeschäfte den Vorteil gehabt, dass mit ihnen die Kapitalanlage durch die Ergänzung um die Wertpapierdarlehen zusätzlich steuerlich optimiert hätte werden können. Trotzdem sei es auch ohne den Steuereffekt zu einem positiven Ergebnis gekommen. Dass bei der Entscheidung für die Transaktionen auch das Motiv Steuern zu sparen eine Rolle gespielt habe, habe das Geschäft jedoch nicht unangemessen i.S.v. § 42 AO gemacht. Es genüge, dass die aneinander gekoppelten Transaktionen auch ohne Berücksichtigung des steuerlichen Vorteils einen wirtschaftlich vernünftigen, gewichtigen Zweck gehabt hätten und kein ungewöhnlicher Weg gewählt worden sei, um diesen zu erreichen. Dementsprechend seien die Pensionsgeschäfte und die Wertpapierdarlehen im Jahr 2007 noch bis Ende Juni verlängert worden, obwohl bereits bekannt gewesen sei, dass sie im Jahr 2007 wegen der Einführung des § 8b Abs. 10 KStG keinen Steuervorteil mehr haben würden. Das Argument, dass der häufige Austausch der Aktien aus dem Collateral verdeutliche, dass die Sicherheitengestellung bei den Aktien nicht im Vordergrund gestanden habe, sondern es um die Vereinnahmung der Dividenden gegangen sei, führe zu keinem anderen Ergebnis, da sowohl die Gestellung von Sicherheiten für den Rückforderungsanspruch des Verleihers, auch in Form von Wertpapieren, marktüblich gewesen sei und insbesondere der häufige Umschlag von Aktien fremdüblich sei. Es werde zwar nicht bestritten, dass bei der Auswahl der Sicherheit darauf geachtet worden sei, diese steuerlich zu optimieren, dies führe jedoch nicht zu einer Unangemessenheit der Gestaltung. Der Austausch der Aktien habe den Sicherheitszweck auch nicht beeinträchtigt, das Collateral habe seinen wirtschaftlichen Zweck beibehalten und auch erfüllt.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 29.3.2019). Nach Auffassung des FA sei § 42 AO auf die Wertpapierleihe vor Einführung des § 8b Abs. 10 KStG anzuwenden. Es treffe nicht zu, dass die Transaktion auch ohne den steuerlichen Vorteil einen vernünftigen wirtschaftlichen Zweck gehabt habe. Das angestrebte Ziel, die Anlagestrategie bei den kurzfristigen Kapitalanlagen breiter aufzustellen, sei bereits durch das durchgeführte Wertpapierpensionsgeschäft erreicht worden. Durch den Abschluss der Wertpapierleihe habe sich dieser wirtschaftliche Zweck dagegen aufgrund der dadurch entstandenen Kosten wieder verringert. Erst durch die Nutzung des Steuervorteils sei die Wertpapierleihe für die Klägerin wirtschaftlich interessant geworden. Auch habe bei den übertragenen Aktien der angegebene Sicherungszweck nicht im Vordergrund gestanden, was schon daraus ersichtlich sei, dass diese - nach dem Dividendenbezug - ständig ausgetauscht worden seien, um so den steuerlichen Vorteil zu maximieren. Damit sei die Gestaltung als unangemessen anzusehen. Darüber hinaus ergebe sich aus der Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 18.8.2015, I R 88/13 (BStBl II 2016, 961), dass die Klägerin nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Aktien geworden sei. Auch aus diesem Grund könne es nicht zur Anwendung des § 8b KStG bei gleichzeitigem Abzug der Kompensationszahlungen als Betriebsausgaben kommen.

Dagegen richtet sich die Klage, die wie folgt begründet wird:

Das FA nehme zu Unrecht an, dass das wirtschaftliche Eigentum der überlassenen britischen Aktien bei der A-Bank verblieben sei. Die Klägerin und die A-Bank hätten vereinbart, dass durch die Wertpapierübertragung mit der Einbuchung der Wertpapiere in das Depot der Klägerin das wirtschaftliche Eigentum in Übereinstimmung mit der Auffassung des BMF in seinem Schreiben vom 11.11.2016, BStBl I 2016, 1324 Tz. 11 übergegangen sei. Die Übertragung der britischen Aktien im CRESTBörsensystem ermögliche dem Kunden eine unverbriefte Aktieninhaberschaft und einen Abwicklungsdienst für elektronisch verwaltete Aktien. Wenn ein Aktienhandel abgewickelt sei, nehme CREST die Aktienübertragung in ihren Büchern auf. Die Inhaberschaft an den Aktien wechsle elektronisch zu dem Zeitpunkt, zu dem CREST die Übertragung veranlasse. Der Archivar der ausschüttenden Gesellschaft aktualisiere automatisch das Register mit den Aktionären. Ob einem Aktionär das Stimmrecht und das Recht auf Dividende zustehe, richte sich nach der Eintragung in dem Register zu dem jeweils maßgeblichen Stichtag. Dividenden würden von britischen Gesellschaften an die Person ausgezahlt, die als Aktionär am Stichtag der jeweiligen Ausschüttung registriert sei. Die Klägerin habe die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über die Aktien erworben. Sie habe im gegenseitigen Einvernehmen mit der A-Bank über die Art der zu übertragenden Aktien entschieden. Die Auswahl der konkreten Wertpapiere habe die Klägerin allein getroffen. Am Ende der Leihe bzw. bei einem vorzeitigen Austausch der Aktien hätten lediglich Aktien gleicher Art und Güte und gleichen Werts zurückübertragen werden müssen. Die A-Bank als Sicherungsgeber habe nicht das Recht gehabt, die als Sicherheit gewährten Aktien nach eigenem Ermessen zurückzufordern oder auszutauschen. Somit sei die A-Bank für die Dauer der Sicherheitsgestellung von einer Einwirkungsmöglichkeit auf die Aktien ausgeschlossen gewesen. Gegen eine Steuerumgehung i.S.v. § 42 AO spreche, dass aufgrund des einheitlichen Vertragsangebots der A-Bank und des einheitlichen Rahmenvertrages im Sinne des vorgenannten BMF-Schreibens zusammenhängende Geschäfte vorgelegen hätten. Mit ihrer Hilfe habe die Klägerin einen wirtschaftlichen Vorteil in Gestalt einer positiven Vorsteuerrendite erzielt. Durch eine isolierte Würdigung der Wertpapierleihe setze sich das FA in Widerspruch zur vorstehenden Beurteilung durch den BMF. Die Versagung der Steuervergünstigung des § 8b Abs. 1 KStG habe nach dem Gesetzeszweck eigentlich die überlassende Körperschaft als Kreditinstitut i.S.v. § 8b Abs. 7 KStG treffen sollen. Mit der Anwendung des § 42 AO auf die entleihende Person, die nicht unter § 8b Abs. 7 KStG falle, werde folglich die falsche Person bestraft. § 42 AO sei, jedenfalls noch im Streitjahr 2006, subjektbezogen. Dass auch ein Dritter Begünstigter des Steuervorteils sein könne, finde sich erst in der Definition der Steuerumgehung in § 42 Abs. 2 AO i.d.F. von 2008. Mithilfe des § 42 AO versuche das FA das durch das UntStRefG 2008 eingeführte Abzugsverbot für Kompensationszahlungen des § 8b Abs. 10 KStG auf das Streitjahr 2006 in verfassungswidriger Weise zurückzubeziehen.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 2006 vom 5.2.2016 und die hierzu erlassene Einspruchsentscheidung vom 29.3.2019 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um 6.177.225 € gemindert und die Körperschaftsteuer entsprechend herabgesetzt wird, hilfsweise die Zulassung der Revision.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Zulassung der Revision und beruft sich zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung.

Auf das Protokoll über den Erörterungstermin vom 18.05.2020 und die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2020 wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht sind die streitgegenständlichen Ausschüttungen weder als steuerfreie Dividenden gem. § 8b Abs. 1 KStG, noch die damit im Zusammenhang stehenden Kompensationszahlungen als abziehbare Betriebsausgabe zu berücksichtigen, da die Aktien der Klägerin nicht steuerlich zuzurechnen sind.

1. Nach § 8b Abs. 1 KStG bleiben u.a. Bezüge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, dazu gehören Dividenden aus Aktien, bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens außer Ansatz. Bezüge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG bezieht nach § 20 Abs. 2a EStG a.F. nur der Anteilseigner. Anteilseigner ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an dem Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 16.04.2014, I R 2/12, BFH/NV 2014, 1813 zu Cum-Ex-Gestaltungen).

a) Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter regelmäßig dem (zivilrechtlichen) Eigentümer zuzurechnen. Dies gilt nicht, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann. Für diesen Fall ist ihm als wirtschaftlichen Eigentümer das Wirtschaftsgut anstelle des zivilrechtlichen Eigentümers zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO). Bei Treuhandverhältnissen sind die Wirtschaftsgüter dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO). Ein Wirtschaftsgut kann dabei nur einem oder mehreren Steuersubjekten gemeinsam und nicht zugleich einem oder mehreren anderen zurechenbar sein (vgl. Ratschow in Klein, Kommentar zur Abgabenordnung, 13. Aufl., § 39 AO Rn. 10 m.w.N.). Abweichend von der Regelvermutung, dass der zivilrechtliche Eigentümer auch gleichzeitig wirtschaftliches Eigentum über das Wirtschaftsgut innehat, ist das Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen, wenn dieser kraft seiner tatsächlichen Sachherrschaft den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Bei Aktien erwirbt der Erwerber wirtschaftliches Eigentum im Allgemeinen ab dem Zeitpunkt, von dem ab er nach dem Willen der Vertragspartner über die Wertpapiere verfügen kann. Das ist in der Regel der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten, insbesondere die mit Wertpapieren gemeinhin verbundenen Kursrisiken und -chancen auf den Erwerber übergegangen sind (BFH-Urteile vom 15.12.1999 I R 29/97, BStBl II 2000, 527 vom 10.3.1988 IV R 226/85, BStBl. II 1988, 832).

b) Im Streitfall hat die Klägerin unstreitig das zivilrechtliche Eigentum an den ihr zur Sicherheit übertragenen und auf ihrem Wertpapierdepot verbuchten britischen Aktien erlangt, wobei die sachenrechtlichen Rechtsgrundlagen für den Eigentumsübergang offenbleiben können. Die Übertragung der unverbrieften britischen Aktien erfolgte im elektronischen CREST-Börsensystem, welches eine unverbriefte Aktieninhaberschaft und einen Abwicklungsdienst für elektronisch verwaltete Aktien ermöglicht. Die Inhaberschaft wechselt, sobald CREST die Übertragung auf elektronischen Weg veranlasst. Zu dieser Eigentumsübertragung zum Zwecke der Leistung von Wertpapiersicherheiten bei Vorliegen eines Nettoausfallrisikos des Darlehensgebers haben sich die Vertragsparteien in den zwischen ihnen abgeschlossenen Verträgen (Rahmenvertrag für Finanzgeschäfte - Sicherheitenanhang für Pensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehen in Verbindung mit den besonderen Bestimmungen im Rahmenvertrag für Finanzgeschäfte vom 10. Mai 2006) verpflichtet, sodass an einem entsprechenden dinglichen Einigungswillen für das Gericht keine Zweifel bestehen.

c) Abweichend von der Regelvermutung des § 39 Abs. 1 AO hat die Klägerin durch die Übertragung der Aktien jedoch nicht das wirtschaftliche Eigentum erlangt, da sie bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände nach Überzeugung des Gerichts die A-Bank wirtschaftlich nicht von der Einwirkung auf die Aktien ausschließen konnte. Ihr wurde im Streitfall lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, eine „leere Eigentumshülle“, an den übertragenen Aktien verschafft, während die wesentlichen mit den Anteilen verbundenen Rechte sowie Risiken und Chancen einer Wertminderung bzw. -steigerung bei der A-Bank verblieben sind.

aa) Der BFH hat in seiner Entscheidung zu Cum-/ex-Geschäften bei einer Wertpapierleihe den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bei Vorliegen eines Gesamtvertragskonzepts verneint, wenn das gesamte wirtschaftliche Risiko beim Verleiher verblieben ist (BFH vom 16.04.2014, I R 2/12, BFH/NV 2014, 1813). Bei seiner Beurteilung hat er im Wesentlichen auf das Tragen der Kursrisiken und Kurschancen der Aktien, die Erhaltung der wesentlichen wirtschaftlichen Fruchtziehung, das Verhindern einer abredewidrigen Verfügung aufgrund der vertraglichen Konstruktion und die Nutzung der mit dem Aktienbesitz verbundenen Verwaltungs- und Vermögensrechte abgestellt. Daran anknüpfend hat er in seinem Urteil vom 18.08.2015, I R 88/13 (BStBl II 2016, 961) auch für eine Gestaltungsvariante bei Cum-/cum-Geschäften im Rahmen einer Wertpapierleihe entschieden, dass zwar - unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 17.10.2001, I R 97/00 - bei einer Wertpapierleihe regelmäßig mit dem Übergang des zivilrechtlichen Eigentums auch das wirtschaftliche Eigentum übergehe, das wirtschaftliche Eigentum aber dann beim Verleiher verbleibe, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, eine leere Eigentumshülle, an den Aktien verschafft werde. Dabei legte der BFH zur Beurteilung des fehlenden Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums im Wesentlichen folgende Kriterien zugrunde:

Die Transaktionen sind nicht darauf angelegt, dem Entleiher in einem wirtschaftlichen Sinne die Erträge aus den Aktien zukommen zu lassen;

für den Entleiher entstehen aus den Geschäften keine Liquiditätsvorteile;

angesichts des kurzfristigen Umschlags und des Austauschs der Aktien ist nicht erkennbar, dass es dem Entleiher darauf ankommt, Stimmrechte auszuüben oder das Darlehenskapital wirtschaftlich zu nutzen;

die Chancen und Risiken der Wertpapiere werden nicht mit übertragen, so dass sich weder Wertsteigerungschancen noch Wertminderungsrisiken aus dem Geschäft im abstrakten Sinne ergeben.

bb) Der Senat folgt dieser auf den bisherigen Grundsätzen des BFH aufbauenden Rechtsprechung, der sich zwischenzeitlich auch mehrere Finanzgerichte, auch in mit dem Streitfall vergleichbaren Fallkonstellationen angeschlossen haben (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 07.06.2016 1 K 904/14, EFG 2017, 59; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 2 K 2672/17; Hessisches FG, Urteil vom 29.01.2020 4 K 890/17, EFG 2020, 1160) und gelangt unter Zugrundelegung der Kriterien des BFH im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass das wirtschaftliche Eigentum der von der A-Bank als Sicherheitsleistung zur Verfügung gestellten Aktien bei der A-Bank verblieben ist, so dass der A-Bank - und damit nicht der Klägerin - die Aktien als Anteilseigner zuzurechnen sind und die Dividendenerträge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt.

Vorliegend waren sowohl die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der A-Bank und der Klägerin über die wechselseitigen Austauschgeschäfte wie auch deren tatsächliche Umsetzung darauf angelegt, dass durch die Klägerin weder eine wirtschaftliche Fruchtziehung aus den überlassenen Aktien erfolgen sollte, noch eine wirtschaftliche Zwischennutzung der Papiere bzw. ein Übergang der wirtschaftlichen Chancen und Risiken auf die Klägerin beabsichtigt war.

aaa) Die Klägerin leistete für sämtliche Dividendenausschüttungen Kompensationszahlungen an die A-Bank in Höhe des Bruttobetrags der Ausschüttungen. Zwar ist in den zwischen der Klägerin und der A-Bank vereinbarten besonderen Bestimmungen zum Rahmenvertrag vom 10. Mai 2006 unter Nr. 5. II. (2) geregelt, dass Nr. 3 (aus dem Kontext, insbesondere aus der Überschrift in II., ergibt sich, dass damit die Nr. 3 des Sicherheitenanhangs „Bestimmungen für Pensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehen“ gemeint ist), „entsprechend nicht bezogen auf Wertpapierdarlehen“ gilt. Dies bedeutet - da es sich bei den übertragenen Aktien um die für ein Wertpapierdarlehen geleisteten Sicherheiten handelt - an sich, dass damit auch die in Nr. 3 des Sicherheitenanhangs geregelte entsprechende Anwendung von Nr. 3 des Wertpapierdarlehensanhangs, welche die Kompensationszahlungen bei Ausschüttungen während der Laufzeit eines Wertpapierdarlehens durch den Emittenten an die Inhaber der Darlehenspapiere regelt, im Rahmen der hier geleisteten Wertpapiersicherheiten nicht entsprechend gilt. Entgegen der von der Klägerin im Schriftsatz vom 26.11.2020 geäußerten Auffassung ist dagegen nicht der ebenfalls in Nr. 3 des Sicherheitenanhangs enthaltene Verweis auf den Pensionsanhang maßgebend, denn Sicherheiten wurden unstreitig nur für die Wertpapierdarlehen, nicht aber für die Pensionsgeschäfte geleistet. Die Regelung wurde von den Beteiligten jedoch so verstanden, dass auch für die Dividendenausschüttungen, die aus den als Sicherheit für die Wertpapierleihe übertragenen Aktien geflossen sind, Kompensationszahlungen zu leisten sind, da tatsächlich Kompensationszahlungen entsprechend Nr. 3 des Sicherheitenanhangs für die an die Klägerin für die ausgeschütteten Dividenden aus den ihr zur Sicherheit übertragenen Aktien geleistet worden sind und sich die Klägerin auch dazu verpflichtet sah. Das haben die Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch glaubhaft versichert. Allem Anschein nach konnte aufgrund der zahlreichen Verweisungen, Mehrfachverweisungen und Ausnahmeregelugen dazu und der unsystematischen und unübersichtlichen Gliederung des Rahmenvertrags (römische Ziffern werden den arabischen Ziffern hierarchisch untergeordnet!) dieses ineinander verschachtelte Vertragskonstrukt von den Beteiligten selbst nicht mehr in allen Konsequenzen nachvollzogen werden, so dass sie entsprechend falsch interpretiert wurde. Da die Dividendenzahlungen aus den überlassenen Aktien von der Klägerin an die A-Bank vollständig zurückflossen, blieb die Fruchtziehung aus diesen Aktien weiterhin bei der A-Bank.

bbb) Auch entstanden zugunsten der Klägerin keinerlei Liquiditätsvorteile, weil die Zahlungen zeit- und beitragsgleich erfolgten. Selbst wenn es zwischen dem Zufluss der Dividenden bei der Klägerin und deren Weiterleitung an die A-Bank im Rahmen der Kompensationszahlungen einen geringen zeitlichen Abstand gegeben haben sollte, wurden diese geringen Liquiditätsvorteile durch die von der Klägerin an die A-Bank für die Übertragung des Aktien-Collaterals gezahlte Arrangierungsgebühr in Höhe von 2,2% der gezahlten Dividenden wieder mehr als ausgeglichen.

ccc) Es erfolgte auch kein endgültiger Übergang der Chancen und Risiken, die mit dem Eigentum an Wertpapieren typischerweise verbunden sind. Die Übertragung der Aktien auf die Klägerin, die jeweils kurz vor dem Dividendenstichtag erfolgte, war darauf ausgelegt, dass diese nach der Dividendenausschüttung und nach einer Haltezeit von maximal drei Wochen im Austausch gegen neue Aktien wieder auf die A-Bank zurück übertragen werden. Beim Austausch der Aktien bzw. bei der Beendigung der Wertpapierleihe wurden die Aktien in der Buchführung der Klägerin zum ursprünglichen Kurs, d.h. dem Kurswert bei Übertragung der Aktien durch die A-Bank, ausgebucht, so dass ihre Ein- und Ausbuchung bei der Klägerin keine Gewinnauswirkung hatte. Da die Aktien nicht über den Bilanzstichtag gehalten wurden, musste die Klägerin auch nicht darüber entscheiden, ob bei gesunkenen Kursen eine Wertberichtigung auf die Aktien geboten sein könnte. Da üblicherweise der Wert der Aktien unmittelbar nach dem Dividendenstichtag sinkt, da sie bei einem Erwerb keinen (zeitnahen) Anspruch auf eine Dividendenausschüttung mehr vermitteln, wäre für die Klägerin bei einer Rückgabe der Aktien an sich ein Verlust entstanden. Dieses Kursrisiko hat die Klägerin aber - ebenso wie andere Kursrisiken - tatsächlich nie getragen. Zwar wurden Kursschwankungen der Aktien bei Überschreitung des Schwellenwerts von 1 Mio. € über Marginzahlungen ausgeglichen. Am Ende der Wertpapierleihe wurde das Margin-Konto jedoch stets wieder auf Null zurückgeführt, d.h. die auf dem Konto verbuchten Gelder zurückgezahlt, da die Sicherheitengestellung beendet war. Lediglich aufgrund der Verzinsung des Margin-Kontos kam es bei der Klägerin im Streitjahr zu einem geringfügigen Zinsaufwand in Höhe von 2.269,91 €. Chancen und Risiken aus Kursveränderungen ergaben sich dadurch für die Klägerin nicht. Vielmehr blieben sämtliche Chancen und Risiken aus den zur Sicherheit übertragenen Aktien weiterhin bei der A-Bank. Dies zeigt sich insbesondere auch dadurch, dass die Klägerin der A-Bank eine sog. Arrangierungsgebühr in Höhe von 2,2% der unter den Aktien effektiv gezahlten Dividenden zu zahlen hatte. Die Arrangierungsgebühr stellte wirtschaftlich die Prämie dafür dar, dass die A-Bank die Aktien während der Laufzeit des Wertpapier-Darlehens nicht (oder im Rahmen eines Leerverkaufes nur mit zusätzlichem Risiko) verkaufen konnte und zudem auch noch den Kursverlust aufgrund der Dividendenzahlung hinnehmen musste. Die A-Bank wird damit ungeachtet der formalen Eigentumsübertragung noch wirtschaftlich als derjenige angesehen, dem die Chancen und Risiken aus den Aktien zustehen.

Auch wenn die Klägerin als zivilrechtliche Eigentümerin der Aktien über diese zweifelsohne uneingeschränkt verfügungsbefugt gewesen ist, war ein endgültiger Übergang von Chancen und Risiken bei den der Klägerin überlassenen Aktien bereits deshalb nicht möglich, weil sie spätestens nach Ablauf der Laufzeit der Wertpapierleihe bzw. bei Wegfall des Sicherungszwecks zur Rückgewähr der Aktien verpflichtet war (Ziff. 5. II. (2) des Rahmenvertrags). Dass lediglich Aktien gleicher Art und Menge zurück zu gewähren waren, ändert bei der durchzuführenden wirtschaftlichen Betrachtung nichts, da es sich bei den Aktien um eine Gattungsschuld handelt. Ohne Zwischenverfügung wäre jedenfalls keine Wertsteigerung in Form eines dauerhaften Verkaufs der Aktien erzielbar gewesen. Im Hinblick auf eine solche Zwischenverfügung gab es zwar keine Sicherungsvereinbarung, aufgrund derer die Klägerin daran gehindert gewesen wäre, die Aktien vor der Rückgabe an die A-Bank zu veräußern um lediglich gattungsgleiche Aktien rechtzeitig zurückzukaufen und zurückzuübertragen. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine theoretische Möglichkeit, welche nicht im Interesse der Klägerin war, da nach dem Willen der Beteiligten die Klägerin die Dividenden aus den ihr übertragenen Aktien beziehen sollte und nach der Dividendenausschüttung die Aktien wieder, im Austausch gegen andere Aktien, zurückübertragen werden sollten. Tatsächlich hat ein permanenter Austausch der Aktien gegen andere Aktien der A-Bank stattgefunden, so dass die Klägerin die Aktien nur einen Zeitraum von teils wenigen Tagen, bis maximal drei Wochen gehalten hat. Unter diesen Umständen hatte die Möglichkeit eines Zwischenhandels für die Klägerin keine praktische Bedeutung, sie hatte keine für einen Zwischenhandel hinreichend feste Rechtsposition inne. Damit fand kein endgültiger Übergang der Chancen und Risiken aus den übertragenen Aktien statt. Ohne Bedeutung ist hierbei auch der Umstand, dass nach dem Vortrag der Vertreter der Klägerin die Klägerin die Forderung aus dem Wertpapierdarlehensvertrag deshalb ihrem Sicherungsvermögen zuordnen durfte, weil sie durch Aktien gesichert war. Eine im Sinne des BFH-Urteils vom 15.08.2015 I R 88/13 sonstige wirtschaftlich sinnhafte „Benutzung“ der Aktien und des von Ihnen verkörperten Werts, welche der Ausnutzung der Chancen und Risiken, die mit dem Eigentum an den Wertpapieren üblicherweise verbunden sind, gleichstehen würde, lässt sich daraus nicht begründen. Dadurch, dass eine mit Aktien abgesicherte Darlehensforderung dem Sicherungsvermögen nach § 125 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) zugeführt werden kann, verwirklicht sich lediglich der Sicherungszweck der der Klägerin zur Sicherheit übertragenen Aktien, da eine ungesicherte Forderung gegenüber der A-Bank nicht dieselbe Bonität gehabt hätte wie die festverzinslichen Wertpapiere, die Gegenstand der Wertpapierleihe waren. Der Umstand, dass die Darlehensnehmerin eine Sicherheit in Form von Aktien zu leisten hatte, um eine gleichwertige Bonität herzustellen, stellt jedoch keine Ausnutzung der Chancen und Risiken im Hinblick auf das Kurspotenzial der übertragenen Aktien dar.

ddd) Die Klägerin ist nicht deshalb als wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien anzusehen, weil es ihr bei dem Erwerb der Aktientitel um die Ausübung von Stimmrechten in der Hauptversammlung der jeweiligen Aktiengesellschaft ging. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob es aufgrund der zeitlichen Nähe der Übertragungen vor dem Dividendenstichtag für die Klägerin in jedem Fall möglich war, an der Hauptversammlung teilzunehmen und ihr Stimmrecht auszuüben. Zwar erfolgt bei der im Streitfall vorgenommenen Abwicklung des Aktienhandels durch das CREST-Börsensystem gemäß dem vorgelegten Aktenvermerk der Kanzlei X LLP vom 15. August 2006 der Wechsel der Inhaberschaft zu dem Zeitpunkt, in dem CREST die Übertragung veranlasst, gleichzeitig wird automatisch das elektronisch geführte Register der betreffenden Aktiengesellschaft, in dem diese ihre Aktionäre erfasst, aktualisiert, sodass diese sofort von dem Inhaberwechsel informiert wird. Dadurch braucht die betreffende Aktiengesellschaft nur ihr Register einzusehen, um zu ermitteln, wem die Rechte aus ihren Aktien zustehen, wer Vorteile erhalten und Mitgliedschaftsrechte ausüben darf, wie etwa das Stimmrecht oder das Recht auf Zuteilung neuer Aktien. Allerdings kann ein Stichtag kurz vor einer Aktionärsversammlung, typischerweise ein oder zwei Tage, angesetzt werden, um festzustellen wer berechtigt ist, auf der Versammlung mit abzustimmen. Bei einem Inhaberwechsel nach diesem Stichtag können die Stimmrechte noch von der zum Stichtag tatsächlich eingetragenen Person ausgeübt werden. Daher ist nicht sichergestellt, dass bei den im Streitfall vorgenommenen Übertragungen kurz vor dem Dividendenstichtag in jedem Fall die Ausübung der Stimmrechte in der Hauptversammlung möglich gewesen wäre. Selbst in Fällen, in denen die Möglichkeit bestanden hätte, die Stimmrechte auszuüben, hat die Klägerin dies nicht getan und damit gezeigt, dass es ihr darauf ersichtlich nicht ankam.

eee) im Rahmen einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände hat der Senat im Streitfall keinerlei Zweifel daran, dass aufgrund der vertraglichen Gestaltung und tatsächlichen Durchführung der wechselseitigen Austauschgeschäfte keinerlei wirtschaftlich sinnhafte Nutzung der überlassenen Aktien möglich war und es den Vertragsparteien lediglich darum ging, eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, eine leere Eigentumshülle zu übertragen, um die steuerlichen Vorteile in Form der Steuerfreistellung der Dividendenerträge nach § 8b Abs. 1 KStG zu erreichen, die der A-Bank als Kreditinstitut für ihre Handelsgeschäfte nach § 8b Abs. 7 KStG verwehrt waren. Das hat zur Folge, dass nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien nicht auf die Klägerin übergegangen ist. Dass die Beteiligten neben dem Übergang des zivilrechtlichen Eigentums auch den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums vereinbart haben, ist nicht maßgeblich. Ob der zivilrechtliche Eigentümer auch wirtschaftlicher Eigentümer geworden ist, steht nicht zur Disposition der Vertragspartner, sondern richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Die Klägerin ist damit kein Anteilseigner im Sinne des § 20 Abs. 2a EStG (a.F.) geworden und erzielte in den Streitjahren keine Dividendeneinkünfte, die nach § 8b Abs. 1 KStG bei der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens außer Ansatz bleiben. Auf die Frage, ob die Steuerfreiheit der Dividendeneinkünfte nach § 8b Abs. 1 KStG wegen eines Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO zu versagen ist, kommt es somit nicht an.

2. Da die Klägerin somit nicht nach § 20 Abs. 2a EStG a.F. als Anteilseignerin der ihr übertragenen Aktien anzusehen ist, führt dies zu dem Ergebnis, dass die Dividenden bei ihr nicht dem Grunde nach zu den Einkünften i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören und nicht nach § 8 Abs. 2 KStG i.V.m. § 20 Abs. 3 EStG zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen, die nach § 8b Abs. 1 KStG i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG im Ergebnis zu 95% steuerfrei wären. Vielmehr ist der Bezug der Dividenden und deren Weiterleitung im Rahmen der Kompensationszahlungen an die A-Bank als die wirtschaftliche Eigentümerin der Aktien bei der Klägerin wie ein durchlaufender Posten zu behandeln. Dies führt dazu, dass die von der Klägerin vorgenommene Behandlung der Dividendenbezüge als steuerpflichtig in Höhe von 5% nach § 8b Abs. 5 KStG rückgängig zu machen ist. Dadurch vermindert sich der Gewinn um 325.117 €. Gleichzeitig sind die Kompensationszahlungen in Höhe von 6.502.342,72 € nicht als Betriebsausgabe zu berücksichtigen, sodass sich eine entsprechende Gewinnerhöhung ergibt. Per Saldo ist damit der Gewinn um 6.177.225 € zu erhöhen. Dies entspricht der Behandlung durch das Finanzamt im Rahmen des angefochtenen Änderungsbescheids. Die Behandlung des Repozinses im Rahmen des Wertpapierpensionsgeschäfts als Betriebseinnahme hat das Finanzamt dagegen zu Recht anerkannt, da hinsichtlich des Pensionsgeschäfts keine Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch nach § 42 AO vorliegen. Ob dies auch für die Wertpapierleihe gilt und das Finanzamt damit zu Recht die Zinsen für die Marginzahlung (2.269,91 €) und die Arrangierungsgebühr (143.072,80 €) als Betriebsausgabe und die Leihgebühr (2.874,09 €) als Betriebseinnahme anerkannt hat, kann dahingestellt bleiben, da sich diese steuerliche Behandlung zugunsten der Klägerin ausgewirkt hat und der Senat zu einer Verböserung nicht befugt wäre (Ratschow in Gräber, FGO, 9. Auflage, § 96 Rz. 51).

3. Dem Beweisantrag der Klägerin, Herrn S als Zeugen zu vernehmen zum Beweis der Tatsache, dass der Abschluss des Pensionsgeschäfts nur in Kombination mit dem Darlehensvertrag zur Diskussion stand und von der A-Bank nur in diesem Gesamtpaket angeboten wurde sowie dass die Auswahl der Aktien allein durch die Klägerin erfolgt ist, brauchte das Gericht nicht nachkommen. Ob die A-Bank den Abschluss des Pensionsgeschäfts nur als Gesamtpaket zusammen mit dem Wertpapierdarlehensvertrag angeboten hat, ist für die Frage, ob die Klägerin wirtschaftliche Eigentümerin der zur Sicherheit übertragenen Aktien geworden ist, unerheblich. Dass die Auswahl der zur Sicherheit übertragenen Aktien bzw. der nach der Dividendenzahlung neu eingetauschten Aktien allein durch Herrn S als Mitarbeiter der Klägerin erfolgte, kann als richtig unterstellt werden und entspricht auch der Regelung in Ziff. II (2) des Rahmenvertrages vom 10. Mai 2006, wenngleich nach dieser Regelung der Sicherungsgeber einer Sicherheitenleistung widersprechen kann. Am fehlenden Übergang der Chancen und Risiken aus den Aktien ändert sich daran jedoch nichts.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

stats