FG Köln: EuGH-Vorlage – höhere Schenkungsteuer für die Errichtung einer ausländischen Familienstiftung europarechtswidrig
FG Köln, Beschluss vom 30.11.2023 – 7 K 217/21
ECLI:DE:FGK:2023:1130.7K217.21.00
Volltext BB-Online BBL2024-662-2
Sachverhalt
I. Sachverhalt und Streitstand
Die Klägerin ist eine rechtsfähige Familienstiftung mit Sitz und Geschäftsleitung in Z, Fürstentum Liechtenstein. Sie wurde am ....2014 nach liechtensteinischem Recht durch die Stifterin, Frau Y, in Liechtenstein errichtet. Die Stifterin wohnt in Deutschland und hatte auch zum Zeitpunkt der Errichtung der Stiftung ihren Wohnsitz in Deutschland. Zweck der Stiftung ist laut der Stiftungssatzung die Förderung und Unterstützung der gemeinsamen Abkömmlinge der Stifterin und ihres verstorbenen Ehegatten Herrn Y1. Ermessensbegünstigte der Stiftung (Destinatäre) sind die Stifterin sowie die mit der Stifterin in gerader absteigender Linie verwandten Abkömmlinge im Rahmen der Generationennachfolge. Dabei handelte es sich um die ... Kinder der Stifterin sowie deren Kinder. Die Stifterin stattete die Klägerin im Zuge der Errichtung am ....2014 mit einem Stiftungsvermögen in Höhe von ... EUR aus. Nach den einschlägigen Regelungen in § 5 Abs. 1 der Stiftungssatzung vom ....2014 (siehe Steuerakten des beklagten Finanzamtes) konnte die Klägerin über das ihr übertragene Vermögen der Stifterin gegenüber frei verfügen. Der Stifterin waren nach den getroffenen Vereinbarungen und Regelungen keine Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen der Klägerin vorbehalten. Der Stifterin wurden in der Stiftungssatzung und den ergänzenden Regelungen insbesondere keine Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf die Anlage und Verwendung des Vermögens eingeräumt. Sie hatte auch keine Möglichkeit, ganz oder teilweise die Rückübertragung des Vermögens zu verlangen. Die Klägerin war der Stifterin gegenüber insoweit keinerlei Weisungen unterworfen (vgl. § 5 Abs. 1 der Stiftungssatzung). Zudem regelte die Stiftungssatzung in § 13 Abs. 7 ausdrücklich, dass auch Satzungsänderungen in keinem Fall dazu führen dürfen, dass das Stiftungsvermögen der Verfügungsmacht der Stifterin rechtlich oder tatsächlich nicht mehr entzogen ist.
Mit Schreiben vom 16.04.2015 zeigte die Klägerin den Vorgang gegenüber dem beklagten Finanzamt an und reichte eine Schenkungsteuererklärung ein. Erläuternd führte sie aus, dass die Stiftung vorliegend wesentlich im Interesse der Familie der Stifterin errichtet worden sei, so dass gemäß § 15 Abs. 2 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BeitrRLUmsG) vom 07.12.2011 (BGBl I 2011, 2592 – kurz: ErbStG) bei der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zur Stifterin zugrunde zu legen sei (so genanntes „Steuerklassenprivileg“). Die Abkömmlinge der Stifterin fielen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ErbStG unter die Steuerklasse I. Die Enkelkinder der Stifterin hätten gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG einen Freibetrag von ... EUR. Der steuerpflichtige Erwerb der Stiftung betrage danach ... EUR (= ... EUR abzüglich ... EUR); der Steuersatz betrage gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG 19%, somit sei die Schenkungsteuer auf ... EUR festzusetzen.
Der in der nationalen Vorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG für das Steuerklassenprivileg enthaltene Vorbehalt der Errichtung der Familienstiftung „im Inland“ sei wegen eines nicht zu rechtfertigenden Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 40 EWR-Abkommen unbeachtlich.
Das beklagte Finanzamt setzte mit Bescheid vom 22.11.2018 und mit Verweis darauf, dass die bisherige Rechtslage weiterhin Gültigkeit habe, die Schenkungsteuer auf den ....2014 auf ... EUR fest. Dabei berücksichtigte es das Verwandtschaftsverhältnis der Begünstigten zu der Stifterin nicht und legte einen steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) in Höhe von ... EUR zugrunde. Dabei wandte er die Steuerklasse III an, so dass er von dem Wert des Erwerbs in Höhe von ... EUR lediglich einen Freibetrag in Höhe von ... EUR (§16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG) zum Abzug brachte sowie einen Steuersatz von 30% (19 Abs. 1 ErbStG) anwandte.
Hiergegen legte die Klägerin am 19.12.2018 mit dem wiederholten Verweis auf einen Verstoß gegen Art. 40 EWR-Abkommen Einspruch ein.
Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 06.01.2021 als unbegründet zurück. Dabei stützte es sich insbesondere darauf, dass die Beschränkung des Steuerklassenprivilegs des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG auf inländische Familienstiftungen und eine damit womöglich einhergehende Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit aufgrund der Kohärenz zwischen dem Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 ErbStG und der Ersatzerbschaftsteuer des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG hinreichend gerechtfertigt sei. Das Steuerklassenprivileg bei Errichtung einer inländischen Familienstiftung korrespondiere damit, dass inländische Familienstiftungen alle 30 Jahre der Ersatzerbschaftsteuer (§1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) unterlägen. Bezugnehmend auf die Rechtsentwicklung vor bzw. bis zur Einführung der Ersatzerbschaftsteuer führte das Finanzamt aus, dass sich die Ersatzerbschaftsteuer und das Steuerklassenprivileg spiegelbildlich gegenüberstünden, auch wenn sie nicht zeitgleich eingeführt worden seien. Erstere würde für sich alleine zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung inländischer Familienstiftungen gegenüber solchen mit Sitz im Ausland führen. Das Steuerklassenprivileg wirke hier, auch wenn es mit einer abweichenden Intention des Gesetzgebers eingeführt worden sei, als Korrektiv. Ein solches Korrektiv hätte ansonsten aus Gleichheitsgründen zusammen mit der Ersatzerbschaftsteuer eingeführt werden müssen, da es für eine einseitige Benachteiligung inländischer Familienstiftungen gegenüber ausländischen offenkundig keinen Rechtfertigungsgrund gebe. Weil hier aber bereits ein Ausgleich vorhanden gewesen sei, habe der Gesetzgeber bei Einführung der Ersatzerbschaftsteuer auf die Schaffung eines (weiteren) Ausgleichs verzichten dürfen.
Das Steuerklassenprivileg gelte nach dem eindeutigen Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht, wenn eine Familienstiftung im Ausland errichtet werde, weil diese mangels Sitz im Inland nicht von der deutschen Ersatzerbschaftsteuer erfasst werden könne.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer am 05.02.2021 erhobenen Klage ihr Begehren, das Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG unmittelbar auf sie anzuwenden, weiter. Dabei stützt sie sich insbesondere darauf, dass eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliege, die nicht gerechtfertigt sei. Mit Verweis auf die gesetzliche Entstehungsgeschichte und die Tatsache, dass es eine dem § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG vergleichbare Vorschrift bereits gab, bevor die Ersatzerbschaftsteuer im Jahr 1974 eingeführt wurde, lehnt die Klägerin den für eine Kohärenz erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Steuerklassenprivileg und der Ersatzerbschaftsteuer im Sinne einer spiegelbildlichen Logik ab.
Das beklagte Finanzamt tritt der Klage mit seiner Begründung aus der Einspruchsentscheidung entgegen.
Aus den Gründen
II. Der Senat legt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die im Tenor bezeichnete Frage zur Auslegung des Art. 40 EWR-Abkommen gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV zur Vorabentscheidung vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichthofs (EuGH) aus.
Die Anrufung des EuGH ist nach Art. 267 Abs. 2 AEUV geboten, weil das Verständnis der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 40 EWR-Abkommen) für den Streitfall zweifelhaft ist und die Entscheidung von der Beantwortung der Vorlagefrage abhängt. Für die Beantwortung der Vorlagefrage hält der Senat den EuGH für zuständig, da das EWR-Abkommen integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung ist und es sich bei dem Rechtsstreit um eine Frage der Besteuerung einer Transaktion zwischen Staatsangehörigen von Vertragsstaaten dieses Abkommens handelt (vgl. EuGH-Urteil vom 28.10.2010 C-72/09 -Etablissements Rimbaud, IStR 2010, 842 Rn. 19 m.w.N.).
Der Senat hat Zweifel, ob es mit Art. 40 EWR-Abkommen vereinbar ist, dass bei der Errichtung einer Familienstiftung im Ausland stets die höchste Steuerklasse III zugrunde gelegt wird, während sich im entsprechenden Fall bei einer inländischen Familienstiftung die Steuerklasse nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Schenker (Stifter) richtet, was bei der inländischen Familienstiftung zur Anwendung der günstigeren Steuerklassen I oder II führt. Wäre diese Begünstigung der Steuerklasse für inländische Familienstiftungen nicht mit europäischem Recht vereinbar, hätte die Klage der Klägerin Erfolg, weil dann das Verwandtschaftsverhältnis der Destinatäre der Klägerin zu der Stifterin berücksichtigt würde, wonach die Steuerklasse I sowie ein Freibetrag in Höhe von ... EUR zugrunde gelegt würden.
1. Der Vorlagefrage liegt im maßgeblichen Streitjahr 2014 folgender rechtlicher Rahmen zugrunde
Nationales Recht und DBA-Liechtenstein
a) Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz
Für die Entscheidung über die Vorlagefrage sind die nachstehenden Vorschriften des deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BeitrRLUmsG) vom 07.12.2011 (BGBl I 2011, 2592 – kurz ErbStG) von Bedeutung:
Trotz der vom Bundesverfassungsgericht durch Urteil vom 17.12.2014 ausgesprochenen Unvereinbarkeit der §§ 13a, 13b und 19 ErbStG 2009 mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ist das ErbStG im Zeitpunkt der Steuerentstehung, der Erstausstattung der Stiftung am ....2014, aufgrund der Fortgeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichtes (bis zum 30.06.2016) noch anwendbar (BVerfG-Urteil vom 17.12.2014 1 BvL 21/12, BStBl II 2015, 50, BVerfGE 138, 136):
§ 1 Steuerpflichtige Vorgänge
(1) Der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) unterliegen
1. der Erwerb von Todes wegen;
2. die Schenkungen unter Lebenden;
3. die Zweckzuwendungen;
4. das Vermögen einer Stiftung, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist, und eines Vereins, dessen Zweck wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem in § 9 Abs. 1 Nr. 4 bestimmten Zeitpunkt.
(2) ...
§ 2 Persönliche Steuerpflicht
(1) Die Steuerpflicht tritt ein
Nr. 1. in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9) ein Inländer ist, für den gesamten Vermögensanfall (unbeschränkte Steuerpflicht).
² Als Inländer gelten
a) natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) …
Nr. 2 in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4, wenn die Stiftung oder der Verein die Geschäftsleitung oder den Sitz im Inland hat;
Nr. 3 …
§ 7 Schenkungen unter Lebenden
(1) Als Schenkungen unter Lebenden gelten
Nr. 1 …
Nr. 8 der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden. ² Dem steht gleich die Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist;
§ 9 Entstehung der Steuer
(1) Die Steuer entsteht
Nr. 1 …
Nr. 2 bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung;
Nr. 3 …
Nr. 4 in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung oder auf den Verein. ² Fällt bei Stiftungen oder Vereinen der Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf den 1. Januar 1954 oder auf einen früheren Zeitpunkt, entsteht die Steuer erstmals am 1. Januar 1984. ³ Bei Stiftungen und Vereinen, bei denen die Steuer erstmals am 1. Januar 1984 entsteht, richtet sich der Zeitraum von 30 Jahren nach diesem Zeitpunkt.
§ 10 Steuerpflichtiger Erwerb
(1) 1Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist ...
7In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 tritt an die Stelle des Vermögensanfalls das Vermögen der Stiftung oder des Vereins.
§ 15 Steuerklassen
(1) Nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker werden die folgenden drei Steuerklassen unterschieden:
Steuerklasse I:
1. der Ehegatte und der Lebenspartner,
2. die Kinder und Stiefkinder,
3. die Abkömmlinge der in Nummer 2 genannten Kinder und Stiefkinder,
4. die Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen;
Steuerklasse II
1. die Eltern und Voreltern, soweit sie nicht zur Steuerklasse I gehören,
2. die Geschwister,
3. die Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern,
4. die Stiefeltern,
5. die Schwiegerkinder,
6. die Schwiegereltern,
7. der geschiedene Ehegatte und der Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft;
Steuerklasse III:
alle übrigen Erwerber und die Zweckzuwendungen.
(1a) …
(2) 1In den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und § 7 Abs. 1 Nr. 8 ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist. ² … 3In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 wird der doppelte Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 gewährt; die Steuer ist nach dem Prozentsatz der Steuerklasse I zu berechnen, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würde.
(3) …
§ 16 Freibeträge
(1) Steuerfrei bleibt in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 2 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3) der Erwerb
Nr. 1 des Ehegatten und des Lebenspartners in Höhe von 500 000 Euro;
Nr. 2 der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 und der Kinder verstorbener Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 400 000 Euro;
Nr. 3 der Kinder der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 200 000 Euro;
Nr. 4 der übrigen Personen der Steuerklasse I in Höhe von 100 000 Euro;
Nr. 5 der Personen der Steuerklasse II in Höhe von 20 000 Euro;
Nr. 6 (weggefallen)
Nr. 7 der übrigen Personen der Steuerklasse III in Höhe von 20 000 Euro.
§ 19 Steuersätze
(1) Die Erbschaftsteuer wird nach folgenden Prozentsätzen erhoben:
Wert des steuerpflichtigenErwerbs (§ 10)bis einschließlich… Euro |
Prozentsatz in der Steuerklasse |
||
I |
II |
III |
|
75 000 |
7 |
15 |
30 |
300 000 |
11 |
20 |
30 |
600 000 |
15 |
25 |
30 |
6 000 000 |
19 |
30 |
30 |
13 000 000 |
23 |
35 |
50 |
26 000 000 |
27 |
40 |
50 |
über 26 000 000 |
30 |
43 |
50 |
(2) …
b) DBA-Liechtenstein
Die Bundesrepublik Deutschland und das Fürstentum Liechtenstein haben am 17.11.2011 das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen abgeschlossen (DBA Liechtenstein). Der Bundestag hat diesem am 05.12.2012 (BGBl II 2012, 1462) zugestimmt. Nach Art. 2 DBA Liechtenstein bezieht sich das Abkommen zwar auf Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, Art. 24 Abs. 6 DBA Liechtenstein erweitert den Anwendungsbereich bezüglich des Verbots von Diskriminierungen aber auf Steuern jeder Art und Bezeichnung und kann insoweit für die Schenkungsteuer herangezogen werden (siehe hierzu Hessisches FG, Urteil vom 7.3.2019 10 K 541/17, EFG 2019, 930).
Art. 3 Allgemeine Begriffsbestimmungen
(1) Im Sinne dieses Abkommens, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert,
...
bedeutet der Ausdruck „Staatsangehöriger“
aa)
in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland
alle Deutschen im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland sowie alle juristischen Personen, Personengesellschaften und anderen Personenvereinigungen, die nach dem in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Recht errichtet worden sind;
bb)
in Bezug auf das Fürstentum Liechtenstein
jede natürliche Person, die die Staatsangehörigkeit des Fürstentums Liechtenstein besitzt;
jede juristische Person, Personengesellschaft und andere Personenvereinigung, die nach dem in dem Fürstentum Liechtenstein geltenden Recht errichtet worden ist;
Art. 24 Gleichbehandlung
(1) Staatsangehörige eines Vertragsstaates dürfen im anderen Vertragsstaat keiner Besteuerung oder damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender ist als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen Staatsangehörige des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen, insbesondere hinsichtlich der Ansässigkeit, unterworfen sind oder unterworfen werden können. Diese Bestimmung gilt ungeachtet des Artikels 1 auch für Personen, die in keinem Vertragsstaat ansässig sind.
...
2. Beurteilung des Streitfalls nach nationalem Recht
Unter Zugrundelegung des nationalen Rechts sind der Erbschaftsteuerbescheid vom 22.11.2018 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 06.01.2021 rechtmäßig. Da es sich bei der Klägerin um eine ausländische (liechtensteinische) Stiftung handelt, kommt das sog. Steuerklassenprivileg nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht zur Anwendung. Die Klage wäre dementsprechend abzuweisen.
Die Übertragung des Betrages von ... EUR von der Stifterin auf die Klägerin aufgrund des Stiftungsgeschäftes vom ....2014 stellt eine Schenkung unter Lebenden i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG dar, die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG der Schenkungsteuer unterliegt.
Dabei setzt die Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG bei der Übertragung von Vermögen auf eine liechtensteinische Stiftung voraus, dass die Stiftung über das auf sie übergegangene Vermögen im Verhältnis zum Stifter tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann (vgl. BFH-Urteil vom 28.06.2007 II R 21/05, BStBl. II 2007, 669) und es sich nicht um eine sog. transparente Stiftung handelt. Diese Voraussetzung ist nach den maßgeblichen Vereinbarungen zur Gründung der Stiftung in § 5 Abs. 1 und § 13 Abs. 7 der Stiftungssatzung vom ....2014 erfüllt, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.
Die Steuer ist gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit der Übertragung des Vermögens (Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung) am ....2014 entstanden.
Als Erwerberin des Stiftungskapitals ist die Klägerin nach § 20 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. ErbStG auch Steuerschuldnerin der inländischen Schenkungsteuer. Zwar erfüllt die Klägerin nicht die Voraussetzungen der persönlichen Steuerpflicht des § 2 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. ErbStG, da sie zum Zeitpunkt ihrer Errichtung Sitz und Geschäftsleitung in Liechtenstein hatte und damit keine Inländerin im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 d) ErbStG war. An der Errichtung der Klägerin war neben der Klägerin selbst als Erwerberin aber auch die Stifterin als Schenkerin beteiligt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG tritt die Steuerpflicht nach dem deutschen Erbschaftsteuergesetz auch dann ein, wenn der Schenker zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung ein Inländer ist. Als Inländer gelten dabei unter anderem natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 a) ErbStG). Dies trifft auf die Schenkerin (Stifterin) zu, die zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in Deutschland hatte.
Der steuerpflichtige Erwerb der Klägerin gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG ist nach § 15 Abs. 1 ErbStG in der Steuerklasse III zu besteuern. Die Steuerklassen I oder II kommen nicht zur Anwendung. § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG, wonach für Stiftungen, die wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet wurden (Familienstiftung), das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Schenker (Stifter) bei der Ermittlung der Steuerklasse zugrunde zu legen ist, ist im Streitfall nicht anwendbar.
Zwar handelt es sich bei der Klägerin nach ihrem Stiftungszweck und ihrer Satzung unstreitig um eine Familienstiftung i.S. des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG, da das Wesen der Klägerin nach der Satzung und dem Stiftungsgeschäft darin besteht, der Familie der Stifterin zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen zu nutzen und die Stiftungserträge aus dem gebundenen Vermögen an sich zu ziehen (siehe hierzu Hessisches FG, Urteil vom 7.3.2019 10 K 541/17, EFG 2019, 930, m.w.N.). Eine Anwendung der Privilegierung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG scheidet nach geltendem nationalen Recht im Streitfall aber gleichwohl aus, weil die Klägerin als nach liechtensteinischem Recht gegründete liechtensteinische Stiftung mit Sitz und Geschäftsleitung in Z nicht im Inland errichtet wurde.
Bei der Klägerin als juristischer Person handelt es sich mangels möglichem Verwandtschaftsverhältnis dementsprechend um einen „übrigen Erwerber“ i.S. des § 15 Abs. 1 ErbStG, für den die Steuerklasse III einschlägig ist.
Aufgrund der Übertragung eines Betrages in Höhe von ... EUR beläuft sich der steuerpflichtige Erwerb der Klägerin (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von ... EUR (§ 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG) auf ... EUR. Hierauf ist gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG in der maßgeblichen Steuerklasse III (§ 15 Abs. 1 ErbStG) ein Steuersatz von 30 % zu erheben, so dass die Steuer vom beklagten Finanzamt nach nationalem Recht zutreffend auf ... EUR festgesetzt wurde.
Eine andere Beurteilung ergibt sich im Streitfall bei der Anwendung nationalen Rechts insoweit auch nicht aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 1 DBA-Liechtenstein.
Das Diskriminierungsverbot aus Art. 24 Abs. 1 DBA-Liechtenstein, dessen Anwendungsbereich sich auch auf juristische Personen erstreckt (vgl. Art. 3 Abs. 1 Buchst. j DBA-Liechtenstein), untersagt eine Schlechterbehandlung von Ausländern gegenüber Staatsangehörigen unter gleichen Verhältnissen. Damit ist das Diskriminierungsverbot zu unterscheiden von der grundsätzlich zulässigen steuerlichen Differenzierung nach der Ansässigkeit bzw. zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht. Da Art. 24 Abs. 1 DBA-Liechtenstein den Begriff „unter gleichen Verhältnissen“ dahingehend konkretisiert, dass ein in einem Staat ansässiger und ein dort nicht ansässiger Steuerpflichtiger sich nicht in gleichen Verhältnissen befinden, verstoßen steuerliche Vorschriften, die eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der Ansässigkeit vorsehen, selbst dann nicht gegen Art. 24 Abs. 1 DBA-Liechtenstein, wenn dies mittelbar zu einer Ausländerdiskriminierung führt. Das Diskriminierungsverbot greift nicht ein, wenn der deutsche Gesetzgeber – wie im Streitfall – steuerliche Vergünstigungen für Körperschaften vorsieht, deren Geschäftsleitung oder deren Sitz im deutschen Inland liegt, während er Körperschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland von dieser Vergünstigung ausschließt, gleichgültig nach welchem Recht sie errichtet worden sind (vgl. Hessisches FG, Urteil vom 7.3.2019 10 K 541/17, EFG 2019, 930; BFH-Urteil vom 3.8.1983 II R 20/80, BStBl II 1984, 9, m.w.N.).
3. Zur Vorlagefrage
Möglicherweise kann sich die Klägerin jedoch mit Erfolg unmittelbar auf die im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit berufen. Diese folgt aus Art. 40 i.V.m. Anhang XII EWR-Abkommen, Art. 63 und Art. 65 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union –AEUV- (früher Art. 56 und Art. 58 des EG-Vertrages).
a) Gegenüber den Mitgliedern des Europäischen Wirtschaftsraums gelten die Grundfreiheiten des Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs nach dem EWR-Abkommen uneingeschränkt (vgl. Art. 1 Abs. 2 EWR-Abkommen; im Einzelnen Art. 8 ff., Art. 28 ff., Art. 36 ff. und Art. 40 ff. EWR-Abkommen). Überdies sieht Art. 6 EWR-Abkommen eine europarechtskonforme Auslegung des Abkommens vor, soweit die EWR-Bestimmungen mit den Unionsregelungen – wie im Fall der Grundfreiheiten – im Wesentlichen identisch sind. Dies führt im Ergebnis dazu, dass der EuGH die Grundfreiheiten des EWR-Abkommens und die in der europäischen Union geltenden Grundfreiheiten parallel auslegt. In diesem Rahmen ist es Sache des EuGH, darüber zu wachen, dass die Vorschriften des EWR-Abkommens innerhalb der Mitgliedstaaten einheitlich ausgelegt werden. (vgl. Schwenke/Hardt in Wassermeyer, DBA, Band I, Loseblatt, Stand September 2023, MA Vor 1, Rdnr. 102, mit einer Vielzahl von Rechtsprechungsnachweisen; vgl. auch EuGH-Urteile vom 23.09.2003, C-452/01 -Ospelt und Schlössle Weissenberg, Slg 2003, I-9743 und vom 08.11.2012 C-342/10 - Kommission/ Finnland, IStR 2013, 204).
aa) Hinsichtlich der Kapitalverkehrsfreiheit bestimmt Art. 40 EWR-Abkommen, dass der Kapitalverkehr in Bezug auf Berechtigte, die in den EG-Mitgliedstaaten oder den EFTA-Staaten ansässig sind, im Rahmen dieses Abkommens keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes unterliegt. Ergänzend verweist Anhang XII des Ab-kommens auf Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988.
Eine Definition des Begriffs „Kapitalverkehr“ findet sich weder in dem EWR-Abkommen, noch in den europäischen Verträgen, noch in der Richtlinie 88/361. Allerdings wird der Richtlinie 88/361 in Verbindung mit der Nomenklatur in ihrem Anhang Hinweischarakter für die Definition dieses Begriffs zuerkannt (vgl. Urteil vom 28.09.2006, C‑282/04 und C‑283/04- Kommission/Niederlande, Slg 2006, I-9141).
In Anhang I der Richtlinie 88/361 werden unter der Rubrik XI („Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“) Schenkungen und Stiftungen genannt, was für eine grundsätzliche Einbeziehung von Schenkungen und Stiftungen in den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit spricht. (vgl. EuGH-Urteil vom 16.06.2011, C-10/10 - Celex, Slg 2011, I-5389). Überdies hat der EuGH bereits mehrfach ausgeführt, dass die steuerliche Behandlung von Schenkungen unabhängig davon, ob es sich bei der Zuwendung um Geldbeträge, um bewegliche oder um unbewegliche Sachen handelt, unter die Kapitalverkehrsfreiheit fällt; ausgenommen sind lediglich diejenigen Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente die Grenzen eines Mitgliedstaats überschreiten (vgl. EuGH-Urteil vom 22.04.2010, C-510/08 - Mattner, Slg. 2010, I-3553). Davon mitumfasst wird die Einbringung von Stiftungsvermögen in eine Stiftung bei deren Gründung durch den Stifter (EuGH-Urteil vom 17.09.2015, C-589/13 - F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt -, NZG 2015, 1440).
bb) Da es sich bei dem Fürstentum Liechtenstein um ein Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes handelt, gelten die vorgenannten Bestimmungen gegenüber dem Fürstentum Liechtenstein und folglich auch gegenüber der Klägerin als Stiftung nach liechtensteinischem Recht. Die hier streitgegenständliche Zuwendung der im Inland ansässigen Stifterin an die Klägerin, deren Sitz und Geschäftsleitung in Liechtenstein ist, überschreitet die Grenzen eines Mitgliedstaates und ist nicht als ein nur innerstaatlicher Vorgang anzusehen, so dass der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit für diese Einbringung von Stiftungsvermögen eröffnet ist.
b) Aus Art. 40 des EWR-Abkommens ergibt sich, dass die Regeln, nach denen Beschränkungen des Kapitalverkehrs und die dadurch bewirkte Diskriminierung untersagt sind, in den Beziehungen zwischen den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens – unabhängig davon, ob es sich um Mitglieder der Union oder der EFTA handelt – mit denen identisch sind, die das Unionsrecht für die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten aufstellt. Sind Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs zwischen Staatsangehörigen von Vertragsstaaten des EWR-Abkommens anhand von Art. 40 und Anhang XII des EWR-Abkommens zu beurteilen, haben diese Vorschriften folglich dieselbe rechtliche Tragweite wie die Bestimmungen des Art. 63 AEUV (vgl. EuGH-Urteile vom 23.09.2003, C-452/01 - Margarethe Ospelt und Schlössle Weissenberg Familienstiftung, Slg. 2003, I-9743; vom 11.06.2009, C-521/07- Kommission/Niederlande, Slg. 2009, I-4873 und vom 28.10.2010, C-72/09 –Etablissements Rimbaud, Slg 2010, I-10659).
Art. 63 Abs. 1 AEUV verbietet nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ganz allgemein Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten. Zu den Maßnahmen, die diese Bestimmung als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verbietet, gehören solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die in diesem Mitgliedstaat Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten.
Eine solche Maßnahme stellt auch die Besteuerung einer Schenkung dar, wenn sich der Gegenstand der Schenkung in einem Mitgliedsstaat befindet und der Schenker in einem anderen Mitgliedsstaat ansässig ist, da die Besteuerung eine Wertminderung der Schenkung bewirkt (vgl. etwa EuGH-Urteile vom 22.04.2010, C-510/08 - Mattner, Slg. 2010, I-3553, 41 und vom 04.09.2014, C-211/13 - Kommission/Deutschland, DStR 2014, 1818).
Daraus folgt, dass innerstaatliche Schenkungsteuervorschriften der Kapitalverkehrsfreiheit immer dann entgegenstehen, wenn Auslandsvermögen aufgrund fehlender Abzugsmöglichkeit von Belastungen oder aus formellen Gründen, z. B. kürzeren Verjährungsfristen, ungünstiger bzw. höher bewertet wird als Inlandsvermögen oder wenn Inländer als unbeschränkt Steuerpflichtige aufgrund höherer Freibeträge oder geringerer Steuersätze weniger Steuer auf gleiche Erwerbe bezahlen müssen als beschränkt Steuerpflichtige (vgl. Hessisches FG, Urteil vom 7.3.2019 10 K 541/17, EFG 2019, 930).
Im Streitfall eröffnet die Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG einen Anspruch auf eine ermäßigte Besteuerung bei Errichtung einer im Inland ansässigen Familienstiftung durch einen Inländer, indem sie von der Bemessungsgrundlage einen erhöhten Freibetrag in Abzug bringt und einen geringeren Steuersatz veranschlagt. Die Regelung hat somit zur Folge, dass eine Zuwendung an eine Stiftung mit Sitz und Geschäftsleitung in Liechtenstein, deren Begünstigte – wie im Streitfall – ausschließlich aus Abkömmlingen gerader Linie bestehen, in Deutschland einer höheren Schenkungsteuer unterliegt als dies der Fall wäre, wenn die nämliche Zuwendung an eine Stiftung mit Sitz in Deutschland erfolgt wäre. Damit verfügt eine inländische Stiftung gegenüber Stiftungen mit Sitz im Ausland – unter im Übrigen gleichen Bedingungen – dauerhaft über höhere finanzielle Mittel. Ein solcher Liquiditätsnachteil, der bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt auftritt, stellt eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit dar (vgl. hierzu EuGH-Urteil vom 17.09.2015 C-589/13 - F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt, NZG 2015, 1440).
c) Der Senat hat Zweifel, ob diese Beschränkung des Kapitalverkehrs durch § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG aufgrund von Bestimmungen des Vertrages, die im Wesentlichen in das EWR-Abkommen übernommen worden sind (vgl. EuGH -Urteil vom 11.06.2009, C-521/07 – Kommission./. Niederlande, Slg 2009, I-4873), gerechtfertigt sein kann.
aa) Nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV berührt Art. 63 AEUV nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln. Diese Bestimmung ist, da sie eine Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs darstellt, eng auszulegen. Daher kann sie nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Staat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne Weiteres mit dem AEU-Vertrag vereinbar wäre. Die in Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV vorgesehene Ausnahme wird nämlich ihrerseits durch Art. 65 Abs. 3 AEUV eingeschränkt, wonach die in Art. 65 Abs. 1 AEUV genannten nationalen Vorschriften weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 63 AEUV darstellen dürfen (vgl. EuGH-Urteile vom 17.01.2008, C-256/06 – Jäger, Slg 2008, I-123; vom 11.09.2008, C-11/07 – Eckelkamp, Slg. 2008, I-6845, DStRE 2009, 560; vom 11.09.2008, C-43707 – Arens-Sikken, Slg. 2008, I-6887, DStRE 2009, 731; vom 22.04.2010, C-510/08 - Mattern, Slg 2010, I-3553 und vom 21.06.2018, C-480/16 – Fidelity Funds u.a., IStR 2018, 590).
Der EuGH hat daher entschieden, dass die nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV zulässigen Ungleichbehandlungen von den durch Art. 65 Abs. 3 AEUV verbotenen Diskriminierungen unterschieden werden müssen. Eine nationale Steuerregelung kann nur dann als mit den Bestimmungen des AEU-Vertrags über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die sich aus ihr ergebende Ungleichbehandlung entweder Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. EuGH-Urteile vom 07.09.2004 C-319/02 –Manninen, Slg 2004, I-7477; vom 22.04.2010, C-510/08 – Mattern, Slg 2010, I-3553; vom 21.06.2018, C-480/16 – Fidelity Funds u.a., IStR 2018, 590 und vom 17.03.2022, AllianzGI-Fonds AEVN, C-545/19, NZG 2022, 771).
bb) Die Steuerbarkeit des Übergangs von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG umfasst sowohl inländische Stiftungen als auch die im vorliegenden Streitfall erfolgte Errichtung einer liechtensteinischen Stiftung. Damit sind die Sachverhalte objektiv vergleichbar (so auch Hessisches FG, Urteil vom 7.3.2019 10 K 541/17, EFG 2019, 930).
cc) Hinsichtlich der Frage, ob zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG rechtfertigen, bestehen auf Seiten des Senats hingegen Zweifel.
aaa) Als ein zwingender Grund des Allgemeininteresses wird unter anderem die Notwendigkeit, die Kohärenz des Steuersystems zu gewährleisten, anerkannt. Eine auf diesen Rechtfertigungsgrund gestützte Argumentation kann nach der Rechtsprechung des EuGH nur dann Erfolg haben, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem betreffenden steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung besteht, wobei die Unmittelbarkeit dieses Zusammenhangs im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel beurteilt werden muss (EuGH-Urteile vom 11.03.2004, C-9/02 – De Lasteyrie du Saillant, Slg 2004, I-2409; vom 7. September 2004 C-319/02 – Manninen, Slg 2004, I-7477; vom 16.12.2021, C-478/19 und C-479/19 - UBS Real Estate, juris und vom 27.04.2023, C-537/20 – LFund, juris; vgl. auch BFH, EuGH-Vorlage vom 20.01.2015 II R 37/13, BFHE 248, 213). Der EuGH hat die Notwendigkeit, die Kohärenz des Steuersystems zu gewährleisten anerkannt, wenn die Ausgestaltung der betreffenden Steuerregelungen einer spiegelbildlichen Logik folgt; der Art, dass ein direkter, persönlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den beiden streitigen Steuerregelungen besteht und diese sich als logisches Pendant gegenüberstehen (vgl. EuGH-Urteil vom 23.10.2008, C-157/07 – Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, BStBl II 2009, 566). Zudem muss eine solche nationale Regelung geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hierfür Erforderliche hinausgehen (vgl. in diesem Sinne EuGH-Urteile vom 17.10.2013, C-181/12 - Welte, IStR 2013, 954; vom 04.09.2014, C-211/13 - Kommission/Deutschland, DStR 2014, 1818 und vom 26.05.2016, C-244/15 – Kommission./. Griechenland, juris)
bbb) Ob diese Voraussetzungen im Hinblick auf § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG und § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vorliegen, erscheint dem Senat zweifelhaft.
(1) Um das mit den streitgegenständlichen Regelungen verfolgte Ziel beurteilen zu können, ist zunächst die Entstehungsgeschichte des Steuerklassenprivilegs des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG und der Ersatzerbschaftsteuer des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu betrachten.
Beide Vorschriften wurden in ihrer aktuellen Fassung zeitgleich durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts –Erbschaftsteuerreformgesetz 1974 - vom 17.04.1974 zum 01.01.1974 in das Erbschaftsteuergesetz eingeführt (BGBl. I 1974, 933).
In der davor geltenden Fassung des Erbschaftsteuergesetzes vom 01.04.1959 (BGBl. I 1959, 187) fand sich keine dem § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG entsprechende Regelung. Hinsichtlich des Steuerklassenprivilegs enthielt § 10 Abs. 2 2. HS ErbStG 1959 hingegen eine dem heutigen § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG vergleichbare Regelung, die wie folgt lautete: „In den Fällen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 7 ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien gemacht ist.“ Eine Beschränkung auf inländische Stiftungen enthielt die Vorschrift nicht.
Im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 1974 fand sich in dem „Entwurf eines zweiten Steuerreformgesetzes“ der Bundesregierung vom 04.05.1972 (BT-Drs. VI/3418) in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG-Entwurf 1972 sodann folgende Regelung: „In den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker, mindestens der Vomhundertsatz der Steuerklasse II zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist.“ Dieser Entwurf unterschied sich von der Regelung des § 10 Abs. 2 2.HS ErbStG 1959 dahingehend, dass er neben dem Zusatz „mindestens der Vomhundertsatz der Steuerklasse II“ erstmalig den Zusatz „im Inland“ enthielt. Die Bundesregierung begründete die Einfügung des ersten Zusatzes damit, dass ausgeschlossen werden sollte, „dass sich weitere, von der Sache her nicht gerechtfertigte Vorteile dadurch erreichen lassen, dass als bezugsberechtigt zunächst nur die Kinder genannt werden und zu einem späteren Zeitpunkt durch Satzungsänderung die Bezugsberechtigung schlechthin auf Abkömmlinge ausgedehnt wird.“ Eine Erläuterung dazu, warum es zu der weiteren Einschränkung „im Inland“ kam, enthält die Entwurfsbegründung hingegen nicht.
Die Stellungnahme des Bundesrats zu dem vorgelegten Entwurf (Anlage 2, BT-Drs VI/3418) befasste sich nicht mit der Neuregelung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG-Entwurf 1972.
Auch der am 25.01.1973 veröffentlichte Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD und FDP entsprach hinsichtlich der Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG dem Entwurf der Bundesregierung (siehe BT-Drs 7/78) und sah diesbezüglich keine Änderungen vor.
Erst nach Weitergabe des Entwurfs an den Finanzausschluss schlug dieser am 30.11.1973 nach mehreren Sitzungen die Einführung einer periodisch wiederkehrenden Erbschaftsbesteuerung von Familienstiftungen in Form der Ersatzerbschaftsteuer vor, um dauerhaft in Familienstiftungen gebundenes Vermögen alle 30 Jahre der Erbschaftsteuer zu unterwerfen (vgl. BT-Drs. 7/ 1329 und 7/1333, S. 3). Zugleich regte er an, den Zusatz „mindestens der Vomhundertsatz der Steuerklasse II“ aus § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG-Entwurf 1972 zu streichen. Diese Streichung bezeichnete er in seiner Begründung als „erhebliche Verbesserung gegenüber dem geltenden Recht die im Hinblick darauf vorgesehen worden ist, dass das Vermögen der Familienstiftung künftig einer turnusgemäßen Besteuerung unterliegen soll.“ (vgl. BT-Drs. 7/1333, S. 5). Der Finanzausschuss beantragte, dass der Bundestag den von ihm derart geänderten Entwurf beschließen sollte (BT-Drs. 7/1329, Anhang).
In seiner 69. Sitzung am 06.12.1973 kam der Bundestag diesem Antrag nach und stimmte dem Entwurf zu. Das Erbschaftsteuerreformgesetz 1974 trat zum 01.01.1974 in Kraft.
(2) Die Gesetzgebungshistorie zeigt zunächst, dass die Auffassung der Beteiligten, dass erst der Zusatz „im Inland“ in § 15 Abs. 2 ErbStG eingeführt wurde, bevor die Regelung der Ersatzerbschaftsteuer in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG aufgenommen wurde, unzutreffend ist. Beide Regelungen traten in ihrer streitgegenständlichen Fassung zeitgleich erstmalig zum 01.01.1974 in Kraft. Lediglich im Rahmen des über zwei Jahre andauernden Gesetzgebungsverfahrens wurden die Beschränkung des Steuerklassenprivilegs auf im Inland errichtete Familienstiftungen einerseits und die turnusmäßige Besteuerung von Familienstiftungen andererseits zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die jeweiligen Gesetzesentwürfe aufgenommen. Auch wenn die Gesetzesbegründung an keiner für den Senat erkennbaren Stelle erläutert, warum in § 15 Abs. 2 ErbStG eine Beschränkung auf „im Inland“ errichtete Familienstiftungen aufgenommen wurde, ist der Senat der Auffassung, dass der Gesetzgeber durchaus einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Regelungen - auch unter Berücksichtigung der Inlandsbeschränkung - gesehen und beabsichtigt hat. Dies entnimmt der Senat der Begründung des Berichterstatters des Finanzausschusses zu § 15 ErbStG in seiner letzten Entwurfsfassung (vgl. BT-Drs. 7/1333, S. 5). Dort wird bezugnehmend auf die Streichung des zuvor eingefügten Zusatzes „mindestens der Vomhundertsatz der Steuerklasse II“ erläutert, dass diese Streichung eine „erhebliche Verbesserung gegenüber dem geltenden Recht“ sei, die im Hinblick darauf vorgesehen worden sei, dass das Vermögen der Familienstiftung künftig einer turnusmäßigen Besteuerung unterliegen solle (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).
Auch wenn diese Formulierung („gegenüber dem geltenden Recht“) insofern missverständlich ist, als dass die Streichung keine erhebliche Verbesserung gegenüber dem damals geltenden Recht, sondern vielmehr gegenüber den ersten Entwurfsfassungen vom 04.05.1972 und vom 25.01.1973 im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 1974 darstellte, so verdeutlicht sie jedoch, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die Vorteile, die das Steuerklassenprivileg gewährt, durch die Nachteile der Ersatzerbschaftsteuer kompensiert werden. Der Gesetzgeber verfolgte mit der Einfügung der Ersatzerbschaftsteuer das Ziel, Stiftungskonstruktionen in Bezug auf die Erbschaftsbesteuerung typisiert dem natürlichen Erbgang durch eine turnusmäßige Besteuerung gleichzustellen. Dies konnte er jedoch nur für inländische Familienstiftungen regeln; hinsichtlich ausländischer Familienstiftungen hatte und hat der deutsche Gesetzgeber keine Möglichkeit die Ersatzerbschaftsteuer zu erheben. Vor diesem Hintergrund ist der Senat der Auffassung, dass der Gesetzgeber die Intention verfolgte, lediglich die später der turnusgemäßen Besteuerung unterliegenden inländischen Familienstiftungen bei ihrer Errichtung zu begünstigen.
Der Senat hat allerdings Zweifel daran, ob dieses gesetzgeberische Ziel ausreicht, um einen von dem EuGH zur Annahme der Kohärenz geforderten direkten, persönlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen dem Steuerklassenprivileg und der Ersatzerbschaftsteuer zu bejahen. Dagegen könnte insbesondere sprechen, dass aufgrund der vergleichsweise langen Zeitspanne von 30 Jahren nicht zwingend jede inländische Familienstiftung über diesen Zeitraum fortbesteht sowie dass sich das Stiftungsvermögen innerhalb dieses Zeitraums unvorhersehbar verändern kann.
Aufgrund dieser Ungewissheiten einer späteren Besteuerung der Familienstiftung dem Grunde sowie der Höhe nach, hat der Senat Zweifel daran, ob diese als logisches Pendant der Begünstigung bei Errichtung der Familienstiftung angesehen werden kann.
ccc. Andere zwingende Gründe des Allgemeininteresses i.S.des Art. 65 Abs. 2 AEUV, die eine Beschränkung objektiv rechtfertigen würden, sind für den Senat nicht erkennbar.
d. Die Entscheidung über die Klage hängt von der Beantwortung der Vorlagefrage ab. Sollte sich die Klägerin unmittelbar auf Art. 40 EWR-Abkommen berufen können, wäre bei der Besteuerung der Errichtung der Stiftung das Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG zu berücksichtigen. Da es sich bei den von der Stifterin entferntest Berechtigten um ihre Enkelkinder handelt, würde bei der Besteuerung die Steuerklasse I Anwendung finden (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Damit wäre ein Freibetrag in Höhe von ... EUR von dem steuerpflichtigen Erwerb in Abzug zu bringen (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) (... EUR – ... EUR = ... EUR) sowie auf diesen ein Steuersatz in Höhe von 19% anzuwenden (§ 19 ErbStG) (= ... EUR).
Anders als das Hessische FG in seiner Entscheidung vom 7.3.2019 10 K 541/17 (EFG 2019, 930) hält der erkennende Senat die Unionsrechtslage in Bezug auf die Anwendung des Steuerprivilegs in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG auf liechtensteinische Stiftungen nicht für eindeutig. Da die Auslegung der Verträge dem EuGH vorbehalten ist und die zu beantwortende Rechtsfrage bisher nicht Gegenstand einer Auslegung durch den EuGH war, kommt eine unmittelbare Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG auf Stiftungen mit Sitz und Geschäftsleitung in Liechtenstein nicht in Betracht. Vielmehr hält der Senat eine Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 267 Abs. 2 AEUV für erforderlich (vgl. EuGH-Urteil vom 06.10.1982 Rs. 283/81 - CILFIT, EU:C:1982:335, Slg. 1982, 3415; BFH-Urteil vom 24.07.2018 I R 75/16, DStR 2019, 214).
4. Das Verfahren war auszusetzen. Ob die Aussetzung des Verfahrens unmittelbar auf § 74 FGO beruht (so BFH, EuGH-Vorlage vom 05.06.2014 XI R 31/09, BFHE 245, 447 Rn. 90) oder einen unselbständigen Teil der Vorlage bildet (so BFH-Beschluss vom 27.01.1981 VII B 56/80, BFHE 132, 217, BStBl II 1981, 324 Rn. 4), kann der Senat im Ergebnis offenlassen.
5. Die Unzulässigkeit der Beschwerde folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 128 Abs. 2 FGO (vgl. BFH-Beschluss vom 27.01.1981 VII B 56/80, BFHE 132, 217, BStBl II 1981, 324; BFH-Urteil vom 02.04.1996 VII R 119/94, BFHE 180, 231, BFH/NV BFH/R 1996, 306 Rn. 14).