: EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Cruz Villalón vom 26.4.2012(1) - C-511/10, Finanzamt Hildesheim gegen BLC Baumarkt GmbH & Co. KG
Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs (Deutschland)
1. Ausgehend von einer einzigen Frage, die der Bundesfinanzhof auf den ersten Blick sehr präzise formuliert, bietet das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen dem Gerichtshof die Möglichkeit, die Auslegung des Begriffs und der Reichweite des Systems, das in Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie(2), insbesondere in dessen Unterabs. 3 Buchst. c, festgelegt ist, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten fortzuentwickeln. Die Frage richtet sich nämlich, wie wir sehen werden, auf die Reichweite dieses Buchst. c insofern, als dieser bekanntlich die Mitgliedstaaten ermächtigt, bei Gegenständen und Dienstleistungen, die sowohl für Umsätze, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch solche, für die dieses Recht nicht besteht, genutzt werden („gemischte Nutzung"), dem Steuerpflichtigen zu gestatten oder ihn zu verpflichten, die abzugsfähige Mehrwertsteuer nach der „Zuordnung"(3) dieser Gegenstände und Dienstleistungen zu berechnen.
I - Rechtlicher Rahmen
A - Unionsrecht - Sechste Richtlinie
2. Im zwölften Erwägungsgrund der Sechsten Richtlinie heißt es: „Die Steuerabzugsregelung muss insoweit harmonisiert werden, als sie tatsächlich die Höhe der Besteuerung beeinflusst, und die Pro-rata-Sätze des Steuerabzugs müssen in allen Mitgliedstaaten auf gleiche Weise berechnet werden."
3. Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie sieht vor:
„Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.
Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.
Jedoch können die Mitgliedstaaten
a) dem Steuerpflichtigen gestatten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden, wenn für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen geführt werden;
b) den Steuerpflichtigen verpflichten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden und für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen zu führen;
c) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen;
d) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihm vorschreiben, den Vorsteuerabzug nach der in Unterabsatz 1 vorgesehenen Regel bei allen Gegenständen und Dienstleistungen vorzunehmen, die für die dort genannten Umsätze verwendet wurden;
e) vorsehen, dass der Betrag der Mehrwertsteuer, der vom Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden kann, nicht berücksichtigt wird, wenn er geringfügig ist."
4. Art. 19 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 1 ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält:
- im Zähler den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absätze 2 und 3 berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer;
- im Nenner den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten können in den Nenner auch die Subventionen einbeziehen, die nicht in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a) genannt sind.
Der Pro-rata-Satz wird auf Jahresbasis in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet."
B - Nationales Recht
5. § 1 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes(4) in der durch das Steueränderungsgesetz 2003(5) geänderten Fassung (im Folgenden: UStG) bestimmt: „Der Umsatzsteuer unterliegen ...: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. ..."
6. Nach § 4 UStG sind „[v]on den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen ... steuerfrei: ... 12. Buchst. a) die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, ..."
7. Gemäß § 9 Abs. 1 UStG kann der „Unternehmer ... einen Umsatz, der nach § 4 Nr. ... 12 ... steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. ..."
„(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
...
(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:
1. steuerfreie Umsätze;
...
(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist."
II - Sachverhalt
9. Die BLC Baumarkt GmbH & Co. KG (im Folgenden: BLC) errichtete in den Jahren 2003 und 2004 ein Wohn- und Geschäftshaus. Im Jahr 2004 vermietete sie es hinsichtlich der Geschäftsräume mehrwertsteuerpflichtig und hinsichtlich der Wohnungen mehrwertsteuerbefreit.
10. In ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung für 2004 machte BLC einen Teilabzug der dem fraglichen Gebäude zugeordneten Steuer geltend. Dabei wandte sie einen bestimmten Pro-rata-Satz nach Maßgabe des auf die Vermietungen von Geschäftsräumen bzw. die Vermietungen von Wohnungen entfallenden Umsatzes (im Folgenden: Umsatzkriterium oder Umsatzschlüssel) an.
11. Im Anschluss an eine Steuerprüfung vertrat das Finanzamt Hildesheim (im Folgenden: Finanzamt) die Auffassung, nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG in seiner geänderten Fassung aus dem Jahr 2003 sei der abzugsfähige Betrag nach Maßgabe der Fläche der Geschäftsräume bzw. der Wohnungen (im Folgenden: Flächenkriterium oder Flächenschlüssel) zu berechnen. Dies bedeutete im vorliegenden Fall eine Berichtigung der Vorsteuern mit der Folge einer Kürzung der geltend gemachten Vorsteuern.
12. BLC erhob gegen den auf dieser Grundlage ergangenen Bescheid Klage beim Finanzgericht, das der Klage stattgab und befand, § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG verstoße gegen Unionsrecht. Nach Ansicht des Finanzgerichts verwehrt es Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie, dass ein Mitgliedstaat vorrangig eine Berechnungsmethode festlegt, die nicht auf das Umsatzkriterium abstellt.
III - Vorlagefrage
13. Gegen dieses Urteil legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein, der die wie folgt formulierte Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat:
Ist Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (77/388/EWG) dahin gehend auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten ermächtigt, für die Aufteilung der Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsmaßstab als den Umsatzschlüssel vorzuschreiben?
14. Das vorlegende Gericht fragt sich, ob Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie den nationalen Gesetzgeber ermächtigt, den Umsatzschlüssel einzuschränken und folglich das Umsatzkriterium durch ein anderes Kriterium wie das Kriterium der Fläche zu ersetzen.
15. Der Bundesfinanzhof weist darauf hin, dass sich der deutsche Gesetzgeber bei der Einführung der Einschränkung des Umsatzschlüssels in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ausdrücklich auf Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie in dem Verständnis gestützt habe, dass die Anwendung des Umsatzschlüssels für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich sei, da sie nach dieser Bestimmung andere abweichende Kriterien einführen könnten.
16. Der Bundesfinanzhof selbst räumt aber ein, gegen diese Auslegung könne angeführt werden, dass der Wortlaut von Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie unklar sei und dass sowohl seine Systematik als auch der Normzweck für eine Beibehaltung des Umsatzschlüssels sprächen.
IV - Verfahren vor dem Gerichtshof
17. Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 27. Oktober 2010 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen worden.
18. Die deutsche und die griechische Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.
19. Sowohl die Kommission als auch sämtliche Regierungen, die sich an diesem Verfahren beteiligt haben, sind der Auffassung, dass die vorgelegte Frage zu bejahen sei. Sie räumen ein, dass die anwendbare Methode grundsätzlich der Umsatzschlüssel sei, machen jedoch geltend, nach dem Urteil vom 18. Dezember 2008, Royal Bank of Scotland(6), ermächtige Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie die Mitgliedstaaten, mehr oder weniger umfangreiche Ausnahmen von dieser Regel vorzusehen, die bis zum Ausschluss des Rechts auf Vorsteuerabzug reichen könnten. In diese Richtung wiesen zudem sowohl der Wortlaut als auch die Systematik von Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie, aus denen zu schließen sei, dass der Gesetzgeber den Mitgliedstaaten kein spezifisches Kriterium für die Berechnung des Prozentsatzes des Vorsteuerabzugs vorschreibe. Dies ergebe sich auch aus der Begründung des Vorschlags für die Sechste Richtlinie. Die Beteiligten heben schließlich hervor, dass der Flächenschlüssel nicht nur einfach anzuwenden sei, sondern darüber hinaus zu genaueren Ergebnissen führe und daher eine bessere Anwendung des Grundsatzes der Steuerneutralität gewährleiste.
20. Die Regierung des Vereinigten Königreichs macht geltend, die Ausnahmen dürften nicht zur Regel werden mit der Folge, dass der Umsatz lediglich ein Auffangtatbestand sei. Die Ausnahmen seien als solche nur zulässig, wenn das Umsatzkriterium zu einem ungerechten oder ungenauen Ergebnis führe.
V - Würdigung
21. Bevor auf die vom Bundesfinanzhof formulierte Frage die gebotene Antwort gegeben wird, ist ihr eine Vorbemerkung vorauszuschicken. Vor allem ist klarzustellen, dass die Frage ausgehend von zwei Punkten formuliert ist, von denen sich der eine auf eine konkrete Art von Gegenständen bezieht, die einem eventuellen Abzugsrecht zugrunde liegen soll, der andere eine bestimmte Berechnungsweise dieses Rechts in Fällen einer, vereinfacht gesagt, „gemischten Nutzung" betrifft.
22. So scheint der Bundesfinanzhof einerseits - wie ich eingangs erwähnte - lediglich Zweifel hinsichtlich der Berechnung des Vorsteuerabzugs bei der Errichtung einer ganz konkreten Art von Gegenstand, einem „Gebäude", zu haben, wenn dieses „gemischt genutzt" wird, d. h., zu Zwecken bestimmt ist, die sowohl Umsätze mit einem Recht auf Vorsteuerabzug als auch Umsätze ohne ein Recht auf Vorsteuerabzug implizieren.
23. Andererseits verweist uns das vorlegende Gericht auf eine mehr oder weniger bestimmte Form der Berechnung des Vorsteuerabzugs, die es uns mit der Wendung „vorrangig einen anderen Aufteilungsmaßstab als den Umsatzschlüssel vorschreiben" in kaum verhüllter Anspielung auf die entsprechende innerstaatliche Norm (§ 15 Abs. 4 UStG) beschreibt. Was diese Dimension angeht, ist die Sechste Richtlinie, wie wir wissen, sehr viel deutlicher: Ihr Art. 17 Abs. 5 enthält eine Reihe verbindlicher Leitlinien für die Mitgliedstaaten. Wie bereits festgestellt wurde, besteht die Schwierigkeit darin, das Ermessen zu bestimmen, von dem die Mitgliedstaaten ausgehen können, wenn sie das „Kriterium" festlegen, nach dem sich in diesen Fällen die Ermittlung des Abzugsrechts richten soll.
24. In dieser Weise formuliert wirft die Frage des Bundesfinanzhofs meinerseits sogleich die folgende Frage auf: Wird danach gefragt, ob das in dieser Weise beschriebene „Kriterium" als solches gültig und daher allgemeingültig ist, um das Abzugsrecht bei Gegenständen und Dienstleistungen gleich welcher Art zu quantifizieren? Oder wird vielmehr nur nach seiner Rechtmäßigkeit in dem einen und ausschließlichen Fall dieser Art von Gegenständen gefragt?
25. Wenn wir auf den Wortlaut der Frage, so wie sie formuliert ist, abstellen, könnte es den Anschein haben, dass das vorlegende Gericht keine andere Antwort als diejenige benötigt, die sich auf den Fall gemischt genutzter Gebäude bezieht. Doch allein die Berücksichtigung der Gedankenführung des Vorlagebeschlusses wie auch der schriftlichen Erklärungen genügt, um zu erkennen, dass der Gegenstand, der zu dem Rechtsstreit geführt hat, eine nur untergeordnete Rolle spielt. Die Debatte dreht sich ganz entscheidend um den Handlungsspielraum, der den Mitgliedstaaten durch Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie eröffnet ist, jedoch immer vor dem Hintergrund der vom nationalen Gesetzgeber getroffenen Wahl.
26. In welchem Umfang können die Mitgliedstaaten schlussendlich einer Methode der „Zuordnung" den Vorzug geben, entgegen der Umsatzregel? In diesem Zusammenhang ist sicherlich der Umstand, dass es sich um die Berechnung der Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes handelt, nicht ohne Bedeutung. Ich meine jedoch, dass die Berücksichtigung des allgemeineren rechtlichen Rahmens, in dem der konkrete, uns hier beschäftigende, Fall steht, entscheidend ist.
27. Nachdem ich die Frage in dieser Weise gestellt habe, wende ich mich der Antwort zu, die ich in drei Schritten vorschlage. In einem ersten Schritt werde ich versuchen, eine im Wesentlichen systematische und teleologische Auslegung des relevanten Teils von Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie anzubieten, die uns zugleich ein Kriterium im Hinblick auf die Methode der Berechnung liefern kann, die das vorlegende Gericht in der angegebenen Wendung beschreibt. In einem zweiten Schritt werde ich mich, wenn auch sehr viel kürzer, mit dem besonderen Fall der Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes beschäftigen. Schließlich werde ich drittens Erwägungen zu der dem nationalen Gericht unter den Umständen des vorgelegten Falles zukommenden Aufgabe anstellen.
A - Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie: eine „flexibilisierte" Regel
28. Bei der Entwicklung dieses ersten Schrittes muss ich zunächst einräumen, dass Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie unbestreitbare Auslegungsschwierigkeiten bietet, insbesondere in seinem Unterabs. 3, in dem die Richtlinie den Mitgliedstaaten eine Reihe nicht nur verschiedener, sondern geradezu ungleichartiger Möglichkeiten eröffnet, die allesamt durch die adversative Partikel „jedoch"(7) eingeleitet werden, die sie sämtlich in den Bereich des gewissermaßen ausnahmsweise Möglichen verweist. Worum es in der vorliegenden Rechtssache im Wesentlichen geht, ist die Reichweite dieser Fähigkeit oder Möglichkeit des dritten Unterabsatzes, das in den ersten beiden Unterabsätzen Gesagte zu relativieren.
29. Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 gestattet es den Mitgliedstaaten nämlich, a) fakultativ oder obligatorisch eine individualisierte Berechnung für jeden „Bereich [der] Tätigkeit" des Steuerpflichtigen vorzusehen (Buchst. a und b), b) den Haupt-Pro-rata-Satz obligatorisch oder optional zu gestalten, eine Fallgestaltung, die die Möglichkeit anderer Pro-rata-Sätze voraussetzt (Buchst. d), oder schließlich und hier am wichtigsten c) den Vorsteuerabzug ausgehend von dem Kriterium der „Zuordnung" der Gesamtheit oder eines Teils der für dieselben Umsätze verwendeten Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen (Buchst. c)(8).
30. Mein Ergebnis insoweit vorwegnehmend bin ich der Auffassung, dass Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie eindeutig eine Regel für die Ermittlung des Umfangs des abzugsfähigen Teils in den dort betrachteten Fällen einer gemischten Nutzung aufgestellt hat; eine Regel, bei der es sich um keine andere handelt als den auf den Umsatz gestützten Pro-rata-Satz, der nach der in Art. 19 Abs. 1 dieser Richtlinie enthaltenen Formel berechnet wird.
31. Hierauf hat der Gerichtshof bereits im Urteil vom 18. Dezember 2008, RBS, hingewiesen, auf dessen Rechtsprechung alle Beteiligten zur Stützung ihrer jeweiligen Auffassungen verwiesen haben. In diesem Urteil führte der Gerichtshof zunächst aus: „Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie legt die Regelung fest, die auf das Recht auf Vorsteuerabzug dann anwendbar ist, wenn sich die Mehrwertsteuer auf Gegenstände und Dienstleistungen bezieht, die vom Steuerpflichtigen ‚sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht‘. In diesem Fall ist der Vorsteuerabzug nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten - besteuerten - Umsätze entfällt (Urteile Abbey National, Randnr. 37, und vom 27. September 2001, Cibo Participations, C‑16/00, Slg. 2001, I‑6663, Randnr. 34)" (Randnr. 17).
32. Dieser Betrag, so wird weiter ausgeführt, werde „nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie auf der Grundlage eines Pro-rata-Satzes ... berechne[t], der nach Art. 19 der Sechsten Richtlinie festgelegt wird" (Randnr. 18).
33. Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs ausgeführt hat, zieht die allgemeine Regel des Art. 19 der Sechsten Richtlinie, die darauf beruht, die Beträge der Umsätze aus Geschäften, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, und aus solchen, die nicht dazu berechtigen, zueinander in Relation zu setzen, für alle Steuerpflichtigen leicht verfügbare Aufzeichnungen heran und erlaubt grundsätzlich eine gerechte und angemessen genaue Berechnung des schließlich abzugsfähigen Betrags. Dies ist natürlich auch die Regel, für die sich der Unionsgesetzgeber grundsätzlich entschieden hat, denn während er sich auf die Erwähnung anderer möglicher, zur Disposition der Mitgliedstaaten stehender, Methoden beschränkt, definiert er allein die Umsatzregel und legt die Einzelheiten ihrer Anwendung fest.
34. Gewiss enthält Randnr. 19 des Urteils RBS eine Feststellung, die meiner Ansicht nach einem mehr oder weniger verbreiteten Missverständnis(9) zugrunde liegt, aus dem sich die Auffassung speist, dass die in Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie aufgestellte Regelung seitens der Mitgliedstaaten Ausnahmen zulasse, die sich meiner Meinung nach weder in die Lektüre der Vorschrift selbst noch in die des Urteils RBS fügen.
35. In Randnr. 19 des Urteils RBS hat der Gerichtshof nämlich festgestellt: „Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 ... lässt ... Abweichungen von dieser [der in Unterabs. 2 enthaltenen] Regel zu, indem er die Mitgliedstaaten ermächtigt, eine der anderen in diesem Unterabsatz aufgeführten Methoden zur Bestimmung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorzusehen, nämlich die Festlegung eines besonderen Pro-rata-Satzes für jeden Tätigkeitsbereich, einen Vorsteuerabzug nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände und Dienstleistungen zu einer bestimmten Tätigkeit oder unter bestimmten Voraussetzungen sogar den Ausschluss des Rechts auf Vorsteuerabzug." Hieraus könnte abgeleitet werden, dass die in den beiden ersten Unterabsätzen festgelegte Methode die Mitgliedstaaten nicht tatsächlich binde, da der dritte Unterabsatz ihnen gestatte, „andere" - von dieser Methode abweichende - „Methoden" zu erlassen.
36. Die aus dieser Passage gezogene Schlussfolgerung erscheint mir voreilig. Erstens ist ihr Kontext zu berücksichtigen. Denn in dem inneren Zusammenhang einer Entscheidung, die sich mit der Frage der Möglichkeiten der „Rundung" der Zahlen in der Berechnung des Abzugs beschäftigt, einer Frage, die Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie regelt, erscheint es nicht gewagt, zu behaupten, dass die oben wiedergegebenen Sätze obiter dicta sind.
37. Es handelte sich nämlich nicht darum, sich nun allgemein gesprochen zur Verknüpfung der verschiedenen Unterabsätze von Art. 17 Abs. 5 zu äußern, sondern nur darum, zu einem ganz präzisen Gesichtspunkt des Systems der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs Stellung zu nehmen. Im vorliegenden Fall ist demgegenüber aber - trotz der scheinbaren Konkretheit der vom Bundesfinanzhof vorgelegten Frage - sehr wohl, wie ich in Nr. 25 ausgeführt habe, eine Äußerung in diesem - allgemeinen - Sinne geboten.
38. Zweitens ist, auch wenn man einräumt, dass der fragliche Unterabs. 3 den Mitgliedstaaten die Möglichkeit „anderer Methoden" eröffnet, damit in keiner Weise eine allgemeine und unbedingte Möglichkeit bejaht, der in den beiden vorangehenden Unterabsätzen, deren Einzelheiten Art. 19 enthält, festgelegten Regel ihre Wirkung zu nehmen.
39. Kurz gesagt meine ich, dass nach einer systematischen Auslegung der Vorschrift ausgeschlossen ist, dass Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie aus der in seinen beiden ersten Unterabsätzen enthaltenen Regel eine allgemeine bzw. unbegrenzt Ausnahmen eröffnende Möglichkeit machen kann.
40. Auch eine teleologische Auslegung führt zu demselben Ergebnis. Die Begründung des Vorschlags für die Sechste Richtlinie(10) führt für Art. 17 Abs. 5 die Notwendigkeit an, Ungleichheiten bei der Anwendung der Steuer zu vermeiden, weshalb vorgesehen werde, dass die Mitgliedstaaten „dem Steuerpflichtigen gestatten oder vorschreiben [können], spezielle Pro-rata-Sätze zu ermitteln und den Abzug entsprechend der tatsächlichen Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen zu den steuerpflichtigen Tätigkeiten vorzunehmen".
41. Im Zusammenhang einer Richtlinie, die nach ihrem zwölften Erwägungsgrund dem Ziel der Harmonisierung der Abzugsregelung insofern nachkommt, „als sie tatsächlich die Höhe der Besteuerung beeinflusst", und die zu diesem Zweck bestimmt, dass „die Pro-rata-Sätze des Steuerabzugs ... in allen Mitgliedstaaten auf gleiche Weise besteuert werden [müssen]", ist auch offensichtlich, dass die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten allgemein und frei die Einführung einer der Varianten in dem betreffenden Unterabs. 3 vorsehen könnten, für das von der Union verfolgte Ziel nachteilig wäre. Es würde keinen Sinn machen, eine Verschiedenartigkeit dadurch wieder einzuführen, dass die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, von der als allgemeine Regel vorgesehenen Methode abzuweichen, erst recht nicht, wenn, wie wir sehen werden, eine Rechtfertigung fehlt, den der Philosophie und dem System der Steuerregelung innewohnenden Erfordernissen besser gerecht werden zu wollen.
42. All dies führt mich zu der Auslegung, dass mit Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 im Wesentlichen die Härten der in den diesem Unterabsatz vorangehenden Unterabsätzen enthaltenen Regel vermieden werden sollten und dass zu diesem Zweck eine Vielzahl den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehender Instrumente eingeführt wurde, die sowohl in ihrer Konzeption als auch in ihrer Reichweite flexibel sind und stets der die Steuer kennzeichnenden Neutralität dienen(11).
43. Diese den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehende „Flexibilisierung" der Regel lässt sich nun aber nur insoweit rechtfertigen, als die sie ermöglichenden Maßnahmen geeignet sind, das vom Unionsgesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen, indem den Mitgliedstaaten gestattet wird, von einer der in den Buchst. a bis d des Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie zur Verfügung gestellten Möglichkeiten Gebrauch zu machen. Dieser Zweck besteht nach dem Urteil RBS, Randnr. 24, gerade darin, dass „den Mitgliedstaaten [unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Tätigkeiten des Steuerpflichtigen] ermöglicht werden soll, zu präziseren Ergebnissen zu gelangen". Letztlich besteht das Endziel, wie auf dem Gebiet der Besteuerung geboten, in der exakten Berechnung des Vorsteuerabzugs, auf den der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch hat, und der garantierten Neutralität als Leitprinzip der Steuerart, um die es hier geht(12).
44. Folglich ist aus alledem bereits zu einem ersten Ergebnis allgemeiner Art zu gelangen: Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie gestattet den Mitgliedstaaten, von der allgemeinen, auf den Pro-rata-Satz des Umsatzes gestützten, Regel, die in seinen beiden ersten Unterabsätzen in Verbindung mit Art. 19 aufgestellt wird, abzuweichen, und zwar im Wege verschiedener durch Abs. 5 Unterabs. 3 eröffneter Möglichkeiten. Insbesondere eröffnet Buchst. c des fraglichen Unterabs. 3 den Mitgliedstaaten zweifellos die Möglichkeit, von der allgemeinen Regel insofern abzuweichen, als er die Entscheidung für einen auf die Zuordnung abstellenden Pro-rata-Satz gestattet. Eine systematische und teleologische Auslegung dieser konkreten Bestimmung verwehrt es jedoch, ihr eine Reichweite zu geben, wonach die als Ausgangspunkt vorgesehene Regel praktisch in allgemeiner Weise „deaktiviert" oder aber auf eine eindeutig untergeordnete oder im Hinblick auf ihre Anwendung eindeutig problematische Rolle verwiesen werden könnte.
45. Noch anders gesagt erlaubt Art. 17 Abs. 5 es nicht, der Grundstruktur der Regelung zur Berechnung des Vorsteuerabzugs, die der Unionsgesetzgeber in der Absicht festgelegt hat, die in den Mitgliedstaaten geltenden Abzugsregelungen zu harmonisieren, indem eine in allen Mitgliedstaaten ähnliche Berechnungsformel vorgeschrieben wird, ihren Charakter zu nehmen. Dieses Harmonisierungsziel ist jedoch damit vereinbar, dass die Mitgliedstaaten eventuell eine offene Zahl von nicht notwendigerweise nach der allgemeinen Regel zu behandelnden Fällen festlegen, die durch die Notwendigkeit zu rechtfertigen sind, dem Grundsatz der Steuerneutralität und der größtmöglichen Genauigkeit bei der Berechnung in jedem einzelnen Fall in vollem Umfang nachzukommen(13). In diesem Zusammenhang und von hier ausgehend ist zu prüfen, ob der konkrete Fall, den das vorlegende Gericht uns unterbreitet, es aufgrund seiner Merkmale verdient, dass ein Berechnungsschlüssel angewandt wird, der sich potenziell von dem auf die Art des Umsatzes gestützten unterscheidet.
B - Der Fall „gemischt genutzter" Gebäude
46. Wie nämlich mehrfach gesagt, sucht der Bundesfinanzhof keine allgemeine Antwort auf die Frage, die wir uns bis hierher gestellt haben, sondern lediglich auf die Frage der Berechnung des Vorsteuerabzugs bei Steuern, die aus Anlass der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes anfallen. Die bisher angestellten Erwägungen sollten es ermöglichen, an die Beantwortung dieser Frage relativ einfach heranzugehen.
47. Alle Beteiligten stimmen darin überein, dass sich der als allgemeine Regel der Sechsten Richtlinie festgelegte Aufteilungsmaßstab nach dem Umsatz in bestimmten Fällen als weniger gerecht und angemessen als andere mögliche Methoden erweisen kann. In umgekehrter Weise ausgedrückt kann sich der Fall ergeben, dass es angesichts der fraglichen wirtschaftlichen Tätigkeiten präzisere Methoden zur Ermittlung der Höhe des Abzugs gibt als die vom Gesetzgeber der Sechsten Richtlinie grundsätzlich vorgesehene. Soweit diese größere Gerechtigkeit und Genauigkeit bei der Ermittlung des Betrags den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer besser erfüllen soll, ist einzuräumen, dass ein solcher Umstand einen hinreichenden Grund darstellt, um es zu rechtfertigen, dass die Umsatzregel durch die Regel ersetzt wird, die dieses Ergebnis gewährleistet.
48. Konkret stimmen alle Verfahrensbeteiligten in der Beurteilung überein, dass die auf das Flächenkriterium gestützte Methode der Zuordnung in Fällen wie dem des Ausgangsverfahrens, d. h. in Fällen, in denen es um die Errichtung gemischt genutzter Gebäude geht, ein genaueres Ergebnis hinsichtlich des abzugsfähigen Teils sicherstellt, auf den der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch hat.
49. Insoweit kann meiner Ansicht nach jedenfalls davon ausgegangen werden, dass der Fall gemischt genutzter Gebäude als einleuchtender „Kandidat" für die Anwendung einer anderen als der auf den Pro-rata-Satz des Umsatzvolumens gestützten Methode angesehen werden kann.
50. Ist dies - was das vorlegende Gericht zu prüfen hat - tatsächlich der Fall, sollte aus Sicht des Unionsrechts nichts dagegen einzuwenden sein, dass die für die Berechnung des Vorsteuerabzugs angewandte Methode die Zuordnungsmethode ist.
51. Es bleibt jedoch noch die Frage, ob der Mitgliedstaat insoweit spezifisch eine Wahl in dem Sinne getroffen hat, dass die Behandlung dieser Kategorie von Gegenständen anhand einer Berechnung vorgesehen wird, die zumindest vorrangig nicht auf die Berechnung des Umsatzvolumens gestützt ist. Denn es muss zumindest klar sein, dass dies eine Wahl ist, die nicht automatisch greift, sondern die im Gegenteil eine entsprechende Entscheidung des Mitgliedstaats voraussetzt. Mit diesem Schritt werde ich mich, wie eingangs dieser Schlussanträge angekündigt, zuletzt beschäftigen.
C - Die von dem Mitgliedstaat auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 5 getroffene Wahl
52. Zunächst ist festzuhalten, dass eine spezifische Entscheidung des nationalen Gesetzgebers in Bezug auf die Berechnung des Vorsteuerabzugs bei dieser Art von Gegenständen dem nationalen Gericht die Dinge sicherlich einfacher gemacht hätte. Der nationale Gesetzgeber hat sich, wie dargelegt, für eine Regelung entschieden, die dadurch, dass sie dem Steuerpflichtigen generell erlaubt, die teilweise nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Beträge im Wege einer sachgerechten Schätzung zu ermitteln, den uns vorgelegten Fall hinreichend erfasst. Gleichzeitig jedoch und wie aufgrund der gerade von mir angestellten Erwägungen nachzuvollziehen, kann gerade diese Allgemeinheit möglicherweise ein Problem aus der Sicht des Unionsrechts aufwerfen, da die nationale Vorschrift aus dem Umsatzkriterium eine allerletzte, subsidiäre Option macht, die nur dann anwendbar ist, wenn eine andere wirtschaftliche Zurechnung der für dieselben Umsätze genutzten Gegenstände und Dienstleistungen nicht möglich ist.
53. Alles in allem ist Folge dieser „allumfassenden" Behandlung durch den nationalen Gesetzgeber, dass es nicht möglich ist, den spezifischen Grund auszumachen, der den Mitgliedstaat veranlasst hat, in diesem Fall - wie in anderen - von der allgemeinen Regel abzuweichen.
54. Aufgrund dieser Gestaltung der nationalen Vorschriften meine ich, dass es unter Umständen wie den vorliegenden, zumal der vorgelegte Fall meiner Ansicht nach auf den ersten Blick eine Ausnahme von der allgemeinen Regel bilden kann, das nationale Gericht sein muss, das eventuell die Entscheidung der nationalen Behörde, die im Ausgangsverfahren die Berechnung des Vorsteuerabzugs auf der Grundlage des Umsatzes versagt hat, bestätigt.
VI - Ergebnis
55. Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Bundesfinanzhof vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:
Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ist dahin auszulegen, dass er es den Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht verwehrt, in einem Fall wie dem der Aufteilung der Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsmaßstab als den Umsatzschlüssel vorzuschreiben. Unter den Umständen, die sich aus der Gestaltung der hier einschlägigen nationalen Vorschriften ergeben, ist es Sache des nationalen Gerichts, sicherzustellen, dass dieser Aufteilungsmaßstab im vorliegenden Fall darauf ausgerichtet ist, ein präziseres Ergebnis zu gewährleisten als das mit der allgemeinen Regel erzielte.
1 - Originalsprache: Spanisch.
2 - Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1).
3 - „Zuordnung" ist der in der deutschen Fassung von Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie verwendete Begriff. In der spanischen Fassung heißt es „afectación real", in der englischen „use" und in der französischen „affectation".
4 - BGBl. 1999 I, S. 1270.
5 - BGBl. 2003 I, S. 2645.
6 - C‑488/07, Slg. 2008, I‑10409, im Folgenden: Urteil RBS.
7 - Eine adversative Partikel, die im heutigen Art. 173 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1) entfallen ist.
8 - Buchst. e ist für unsere Zwecke irrelevant, da es nur darum geht, den Ausschluss des Abzugs zu ermöglichen, wenn er geringfügig ist.
9 - Das ergibt sich aus einigen Standpunkten, die die Beteiligten an diesem Verfahren eingenommen haben.
10 - Veröffentlicht im Bulletin der Europäischen Gemeinschaften, Beilage 11/73.
11 - Es ist sehr bezeichnend, dass Art. 173 der Richtlinie 2006/112 in seinem Abs. 2 Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie ohne inhaltliche Änderungen übernimmt und bestimmt: „Die Mitgliedstaaten können folgende Maßnahmen ergreifen", und er sodann die Buchst. a bis e dieses Unterabs. 3 wiedergibt. Es kommt so viel deutlicher zum Ausdruck, dass das, was gestattet ist, keine echten „Ausnahmen" von der allgemeinen Regel, sondern vielmehr Maßnahmen sind, die sie nuancieren oder flexibilisieren, ganz eindeutig ohne ihr Wesen zu verkehren.
12 - Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Oktober 2009, NCC Construction Danmark (C‑174/08, Slg. 2009, I‑10567, Randnr. 27).
13 - In diesem Sinne eindeutig geäußert hat sich der Gerichtshof beispielsweise im Urteil vom 13. März 2008, Securenta Göttinger Immobilienanlagen und Vermögensmanagement (C‑437/06, Slg. 2008, I‑1597, Randnrn. 34 bis 39).