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Steuerrecht
27.01.2017
Steuerrecht
EuGH-Schlussanträge: EuGH-Schlussanträge: Mutter-Tochter-Richtlinie – Quellensteuer auf abfließende Dividenden – Verhinderung von Steuerumgehungen

GA Kokott, Schlussanträge vom 19.1.2016 – C-6/16, Eqiom und Enkagegen Ministre des finances et des comptes publics, ECLI:EU:C:2017:34

Volltext:BB-ONLINE BBL2017-213-1

Tenor

Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 90/435/EWG und Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG stehen der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, nach der einer gebietsfremden Gesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar von drittstaatsansässigen Personen kontrolliert wird, für die Gewährung der Quellensteuerbefreiung nach Art. 5 der Richtlinie der Nachweis nicht steuerlicher Gründe für die Struktur der Beteiligungskette auferlegt wird, ohne dass die Verwaltung verpflichtet wäre, hinreichende Indizien für eine künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktion, die auf die Erlangung einer Steuerbegünstigung ausgerichtet ist, beizubringen.

Schlussanträge

I –    Einleitung

1.   Das vorliegende Verfahren betrifft im Kern die Frage, unter welchen Umständen ein Mitgliedstaat eine normalerweise zu gewährende Quellensteuerbefreiung für die Dividendenzahlungen einer gebietsansässigen Tochtergesellschaft an ihre gebietsfremde Muttergesellschaft aus Gründen der Verhinderung von Steuerumgehungen verweigern darf.

2.   Sie stellt sich vor dem Hintergrund einer französischen Vorschrift, die einer missbräuchlichen Berufung auf diese Quellensteuerbefreiung, welche Art. 5 der hier zeitlich anwendbaren Richtlinie 90/435/EWG(2) (im Folgenden: Mutter-Tochter-Richtlinie) grundsätzlich gebietet, entgegenwirken soll. In Anwendung dieser Bestimmung weigerten sich die Steuerbehörden, die Dividenden einer in Frankreich ansässigen Gesellschaft an ihre luxemburgische Muttergesellschaft von der Quellensteuer zu befreien. Das in Luxemburg beheimatete Unternehmen stand seinerseits unter der mittelbaren Kontrolle einer Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz, und der aufgrund dieses Umstands geforderte Nachweis, dass die Struktur der Beteiligungskette nicht überwiegend steuerlich motiviert war, gelang nicht.

3.   Fraglich ist die Vereinbarkeit der französischen Maßnahme, die sich prinzipiell gegen eine Form des sogenannten „Directive Shopping“(3) richtet, mit der Mutter-Tochter-Richtlinie und mit den Grundfreiheiten. Gerade die in jüngster Zeit maßgeblich intensivierten Anstrengungen zur Bekämpfung missbräuchlicher Steuerpraktiken auf europäischer(4) und internationaler(5) Ebene verdeutlichen dabei die besondere Relevanz dieses Themas. Während es schon aus Gründen der Steuerfairness geboten ist, Umgehungen konsequent entgegenzutreten, muss bei diesem Anliegen dennoch stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

4.   Den primärrechtlichen Rahmen dieses Falles bilden die Vorschriften über die Niederlassungs- und die Kapitalverkehrsfreiheit. Da im Ausgangsrechtsstreit die Rechtmäßigkeit der Besteuerung von Gewinnausschüttungen zu beurteilen ist, die in den Jahren 2005 und 2006 vorgenommen wurden, ist bei der Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens noch auf die Vorschriften der Verträge in der Fassung des Vertrags von Amsterdam(6) Bezug zu nehmen.

5.   Auf der Ebene des Sekundärrechts ist die Mutter-Tochter-Richtlinie relevant. Sie ist gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 von jedem Mitgliedstaat anzuwenden

„[…]

–  auf Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften dieses Staates an Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten;

[…]“

6.   Bezüglich derartiger Gewinnausschüttungen bestimmt Art. 5 der Mutter-Tochter-Richtlinie:

„Die von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinne sind vom Steuerabzug an der Quelle befreit.“

7.   Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie lautet:

„Die vorliegende Richtlinie steht der Anwendung einzelstaatlicher oder vertraglicher Bestimmungen zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und Missbräuchen nicht entgegen.“

B –    Nationales Recht

8.   Gemäß Art. 119bis Abs. 2 der vorliegend einschlägigen Fassung des französischen Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch, im Folgenden: CGI) unterliegen die Gewinne, die von französischen juristischen Personen an Personen ausgeschüttet werden, die ihren steuerlichen Wohnsitz oder ihren Sitz nicht in Frankreich haben, der Quellensteuer.

9.   Nach Art. 119ter Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 CGI ist die Ausschüttung von Gewinnen an eine juristische Person von dieser Quellensteuer unter bestimmten Voraussetzungen befreit. Dazu zählt u. a., dass die juristische Person gegenüber dem Schuldner oder der Person, die die Zahlung ihrer Ausschüttungen sicherstellt, nachweist, dass sie die tatsächliche Begünstigte der Dividenden ist. Außerdem muss sich der Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Union befinden, sie muss eine im Anhang der Mutter-Tochter-Richtlinie aufgeführte Form aufweisen und ferner mit mindestens 20 % am Kapital der juristischen Person beteiligt sein, die die Dividenden ausschüttet.

10. Die Befreiung findet nach Art. 119ter Abs. 3 CGI jedoch keine Anwendung, wenn die ausgeschütteten Dividenden einer juristischen Person zugute kommen, die unmittelbar oder mittelbar von einer oder mehreren Personen kontrolliert wird, die in Staaten, die nicht der Union angehören, ansässig sind, es sei denn, diese juristische Person weist nach, dass in der Inanspruchnahme der Befreiung nicht das wesentliche Ziel der Beteiligungskette oder eines ihrer wesentlichen Ziele besteht.

III – Ausgangsrechtsstreit und Verfahren vor dem Gerichtshof

11. Dem vorliegenden Verfahren liegt ein Rechtsstreit zwischen den Unternehmen Eqiom SAS und Enka SA (im Folgenden auch: die Klägerinnen des Ausgangsrechtsstreits) einerseits sowie den französischen Steuerbehörden andererseits zugrunde.

12. Eine Rechtsvorgängerin der in Frankreich ansässigen Gesellschaft Eqiom schüttete in den Jahren 2005 und 2006 Dividenden an ihre Muttergesellschaft und alleinige Anteilseignerin Enka mit Sitz in Luxemburg aus. Deren Anteile hielt zur fraglichen Zeit beinahe vollständig eine in Zypern ansässige Gesellschaft, welche ihrerseits von einer Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz kontrolliert wurde.

13. Die zuständige Behörde gewährte hinsichtlich der ausgeschütteten Dividenden keine Befreiung von der Quellensteuer nach Art. 119ter Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 CGI. Sie war vielmehr der Ansicht, dass die Ausschüttungen in den Anwendungsbereich der in Abs. 3 der genannten Bestimmung vorgesehenen Ausnahme fielen, da die Begünstigte nicht nachweisen konnte, dass in der Inanspruchnahme der Befreiung nicht das wesentliche Ziel der Beteiligungskette oder eines ihrer wesentlichen Ziele besteht. Die betroffenen Gesellschaften haben gegen diese Entscheidung Rechtsbehelfe eingelegt.

14. Der mittlerweile mit dem Rechtsstreit befasste Conseil d’État (Staatsrat) hält das Unionsrecht für streitentscheidend und hat sich daher am 30. Dezember 2015 gemäß Art. 267 AEUV mit den folgenden Fragen an den Gerichtshof gewandt:

1. Besteht dann, wenn eine nationale Regelung eines Mitgliedstaats im innerstaatlichen Recht von der von Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, Raum für eine Kontrolle der Rechtsakte oder Übereinkommen, mit denen diese Befugnis wahrgenommen wird, im Hinblick auf das Primärrecht der Europäischen Union?

2. Ist Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie, der den Mitgliedstaaten zur Festlegung der Bestimmungen, die „zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen“ erforderlich sind, einen weiten Ermessensspielraum einräumt, dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat eine Regelung erlässt, mit der die an eine juristische Person, die unmittelbar oder mittelbar von einer oder mehreren Personen, die in Staaten ansässig sind, die nicht der Union angehören, ausgeschütteten Dividenden von der Steuerbefreiung ausgeschlossen werden, es sei denn, diese juristische Person weist nach, dass in der Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nicht das wesentliche Ziel der Beteiligungskette oder eines ihrer wesentlichen Ziele besteht?

3. a) Für den Fall, dass die Vereinbarkeit der oben genannten Regelung zur Missbrauchsverhinderung mit dem Unionsrecht auch im Hinblick auf die Bestimmungen des Vertrags zu beurteilen sein sollte: Ist sie, unter Berücksichtigung des Ziels der fraglichen Regelung, im Hinblick auf Art. 43 EG, nunmehr Art. 49 AEUV, zu prüfen, obwohl die von der Ausschüttung der Dividenden begünstigte Gesellschaft am Ende einer Beteiligungskette, zu deren wesentlichen Zielen die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung gehört, unmittelbar oder mittelbar von einer oder mehreren Personen kontrolliert wird, die in Drittstaaten ansässig sind und die sich nicht auf die Niederlassungsfreiheit berufen können?

b) Sollte die vorstehende Frage verneint werden: Ist diese Vereinbarkeit im Hinblick auf Art. 56 EG, nunmehr Art. 63 AEUV, zu prüfen?

4. Sind die genannten Bestimmungen dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die von einer Gesellschaft eines Mitgliedstaats an eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft gezahlten Dividenden von der Befreiung von der Quellensteuer ausschließt, wenn diese Dividenden einer juristischen Person zugute kommen, die unmittelbar oder mittelbar von einer oder mehreren Personen kontrolliert wird, die in Staaten ansässig sind, die nicht der Europäischen Union angehören, es sei denn, diese juristische Person weist nach, dass in der Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nicht das wesentliche Ziel dieser Beteiligungskette oder eines ihrer wesentlichen Ziele besteht?

15. Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben die Klägerinnen des Ausgangsrechtsstreits, die Französische Republik, das Königreich Dänemark, die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Europäische Kommission schriftliche Erklärungen abgegeben. An der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2016 haben die genannten Verfahrensbeteiligten, mit Ausnahme der Italienischen Republik und des Königreichs Spaniens, und die Bundesrepublik Deutschland teilgenommen.

IV – Rechtliche Würdigung

16. Das vorlegende Gericht möchte mit seinen Fragen im Wesentlichen wissen, ob die Mutter-Tochter-Richtlinie und die Grundfreiheiten einer mitgliedstaatlichen Regelung wie jener nach Art. 119ter Abs. 3 CGI entgegenstehen, nach der für Dividenden, die eine Gesellschaft dieses Mitgliedstaats an eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft ausschüttet, keine Befreiung von der Quellensteuer gewährt wird, wenn die empfangende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar von Anteilseignern in Drittstaaten kontrolliert wird, es sei denn, die empfangende Gesellschaft weist nach, dass in der Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nicht das wesentliche Ziel oder eines der wesentlichen Ziele der Beteiligungskette liegt.

17. Bei meiner Würdigung gehe ich zunächst auf die zweite Vorlagefrage ein, die sich auf die Mutter-Tochter-Richtlinie bezieht (dazu unter A). Anschließend widme ich mich der ersten, dritten und vierten Vorlagefrage, welche die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Primärrecht, konkret den Grundfreiheiten, zum Gegenstand haben (dazu unter B).

A –    Zur zweiten Vorlagefrage

18. Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts zielt darauf ab, zu klären, ob die streitige Regelung mit der Mutter-Tochter-Richtlinie vereinbar ist.

19. Unter den Verfahrensbeteiligten wird nicht bestritten, dass die in Rede stehenden Dividendenzahlungen grundsätzlich dem Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie unterfallen. Folglich müsste Frankreich die Dividenden als Ansässigkeitsstaat der ausschüttenden Gesellschaft nach Art. 5 der Richtlinie von der Quellensteuer befreien. Frankreich sieht die zusätzlichen Anforderungen, die es an die Gewährung der Steuerbefreiung stellt, allerdings durch Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie gedeckt. Nach dieser Vorschrift steht die Richtlinie der Anwendung einzelstaatlicher Bestimmungen zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und Missbräuchen nicht entgegen.

20. Folglich ist zu prüfen, ob eine mitgliedstaatliche Regelung wie jene nach Art. 119ter Abs. 3 CGI auf Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie gestützt werden kann.

21. Nach Auffassung der Kommission ist Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie nicht einschlägig. Da im Erlass der streitigen Regelung keine Maßnahme zur Umsetzung der Richtlinie zu sehen sei, bilde allein das Primärrecht den Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der Vereinbarkeit der Regelung mit dem Unionsrecht.

22. Diesem Vorbringen ist nicht zu folgen. Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie bildet einen Rahmen, der dem Handeln der Mitgliedstaaten Grenzen auferlegt, wenn sie die Gewährung von Richtlinienvorteilen aus Gründen der Verhinderung von Steuerhinterziehung und Missbrauch verweigern. Aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt nämlich schon im Umkehrschluss, dass die Richtlinie solchen Bestimmungen entgegensteht, die nicht der Verhinderung von Steuerhinterziehung und Missbrauch dienen und über das dafür Erforderliche hinausgehen.(7)

23. Eine andere Auslegung könnte darüber hinaus die praktische Wirksamkeit der Mutter-Tochter-Richtlinie beeinträchtigen. Denn entgegen der impliziten Annahme der Kommission kann eine Prüfung der streitigen französischen Regelung am Maßstab der Richtlinie einerseits und der Grundfreiheiten andererseits nicht notwendigerweise als gleichwertig angesehen werden. Hätte Frankreich durch Anwendung von Art. 119ter Abs. 3 CGI den Rahmen überschritten, den Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie den Mitgliedstaaten einräumt, wäre die Quellensteuerbefreiung vorbehaltlos zu gewähren. Eine erfolgreiche Berufung auf die Grundfreiheiten gewährleistet hingegen prinzipiell nur die Gleichbehandlung mit dem vergleichbaren Inlandssachverhalt.

24. In Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie spiegelt sich der allgemeine Grundsatz des Unionsrechts wider, wonach Rechtsmissbrauch verboten ist.(8) Niemand darf sich in missbräuchlicher Weise auf das Unionsrecht berufen.(9) Zwar verleiht der Wortlaut der Vorschrift dem ihr zugrunde zu legenden Verständnis von Missbrauch keine näheren Konturen(10), doch kann in der Bestimmung jedenfalls kein bloßer Verweis auf die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gesehen werden. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie entsprechend der jeweiligen mitgliedstaatlichen Praxis beliebig eingeschränkt wird.

25. Als Ausnahmevorschrift muss Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie jedoch eng ausgelegt werden.(11) Im Hinblick auf Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung gebietet dies insbesondere auch das Prinzip der Rechtssicherheit. Erfüllt nämlich ein Einzelner der Form nach sämtliche Voraussetzungen, um ein Recht in Anspruch zu nehmen, darf es nur in besonderen Fällen zulässig sein, dieses Recht auf der Grundlage eines Missbrauchseinwands zu versagen.

26. Wie der Gerichtshof zur Mutter-Tochter-Richtlinie bereits entschieden hat, stellen Beteiligungskonstruktionen, die nur dem Zweck dienen, von den in der Richtlinie vorgesehenen Steuervergünstigungen zu profitieren, eine Form von Missbrauch dar.(12) Insoweit gilt auch für diese Richtlinie, dass wirtschaftliche Gründe für die Gestaltung vorliegen müssen. Das bloße Streben nach einem rein steuerlichen Vorteil ohne Bezug zu einer wirtschaftlichen Realität ist dagegen nicht geschützt.(13) Soweit daher auf der Grundlage von Art. 119ter Abs. 3 CGI keine Quellensteuerbefreiung gewährt wird, wenn die begünstigte Gesellschaft Teil einer Beteiligungskette ist, die im Wesentlichen nur aufgrund steuerlicher Motive errichtet wurde, steht dem Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie nicht entgegen.(14)

27. Nach Art. 119 ter Abs. 3 CGI begründet jedoch bereits der Umstand alleine, dass die Dividenden empfangende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar von nicht in der Union ansässigen Personen kontrolliert wird, die Vermutung für eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Quellensteuerbefreiung. Es liegt dann an der Begünstigten, nachzuweisen, dass die Beteiligungskette nicht im Wesentlichen steuerlichen Zwecken dient.

28. Eine solche Vorgehensweise geht über das zur Vermeidung von Steuerumgehungen Erforderliche hinaus und befindet sich nicht mehr im Rahmen des nach Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie Zulässigen.

29. In Anwendung der streitigen Regelung wird dem Steuerpflichtigen systematisch der Nachweis nicht steuerlicher Gründe auferlegt, ohne dass die Verwaltung verpflichtet wäre, hinreichende Indizien für Steuerumgehung beizubringen.(15) Im bloßen Verweis auf die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle durch Anteilseigner in Drittstaaten kann ein solches Indiz schon deshalb nicht gesehen werden, als sich keineswegs pauschal sagen lässt, dass die steuerliche Behandlung von Gewinnausschüttungen an Gesellschaften außerhalb der Union im Mitgliedstaat der Mutter- bzw. Großmuttergesellschaft günstiger ist als in Frankreich.

30. Die Verweigerung der Quellensteuerbefreiung stützt sich insoweit auf eine allgemeine Annahme, dass es zu Steuerumgehungen kommen werde. Eine derartige Annahme ist allerdings nicht zulässig.(16) Es bedarf stets einer Prüfung der objektiven und nachprüfbaren Umstände des Einzelfalls.(17) Besteht im Lichte dessen ein begründeter Anfangsverdacht, dass eine im Wesentlichen steuerliche Motivation der Beteiligungskonstruktion nicht auszuschließen ist, wird der Missbrauchseinwand dennoch entkräftet, indem der Steuerpflichtige andere als rein steuerliche Gründe für die Gestaltung darlegt.(18) Denn das Missbrauchsverbot greift nicht, wenn die fragliche Gestaltung auch eine andere Erklärung haben kann als nur die Erlangung des steuerlichen Vorteils.(19)

31. Auf die Frage des vorlegenden Gerichts ist folglich zu antworten, dass Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie einer mitgliedstaatlichen Regelung wie Art. 119ter Abs. 3 CGI entgegensteht, soweit sie einer gebietsfremden Gesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar von drittstaatsansässigen Personen kontrolliert wird, für die Gewährung der Quellensteuerbefreiung nach Art. 5 der Richtlinie der Nachweis nicht steuerlicher Gründe für die Struktur der Beteiligungskette auferlegt, ohne dass die Verwaltung verpflichtet wäre, hinreichende Indizien für Steuerumgehungen beizubringen.

B –    Zur ersten, dritten und vierten Vorlagefrage

32. Die erste, dritte und vierte Frage beziehen sich im Wesentlichen auf die Vereinbarkeit der streitigen Regelung nach Art. 119ter Abs. 3 CGI mit den Grundfreiheiten. Trotz meiner vorstehenden Erwägungen erübrigt es sich nicht, auf diese Fragen einzugehen, da den Grundfreiheiten weitere Anforderungen zu entnehmen sein könnten. Diesbezüglich gilt es allerdings zunächst auf die Zweifel des vorlegenden Gerichts einzugehen, ob Raum für eine Kontrolle am Maßstab des Primärrechts besteht (dazu unter 1). In weiterer Folge ist die anwendbare Grundfreiheit zu bestimmen (dazu unter 2) sowie zu erörtern, ob eine Beschränkung dieser Grundfreiheit vorliegt (dazu unter 3).

1. Kontrolle anhand des Primärrechts der Union

33. Als Erstes stellt sich die Frage, ob die französische Regelung überhaupt am Maßstab des Primärrechts zu messen ist.

34. Dies wäre allenfalls dann zu verneinen, wenn die Regelung zu einem Bereich gehört, der auf Unionsebene abschließend harmonisiert wurde. Denn nach ständiger Rechtsprechung wäre sie in einem solchen Fall nicht anhand der Bestimmungen des Primärrechts zu beurteilen, sondern nur anhand der Harmonisierungsmaßnahme.(20)

35. Seinem Gegenstand nach unterfällt Art. 119ter Abs. 3 CGI jedoch keinem abschließend harmonisierten Bereich. Insbesondere kann Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie nicht als Harmonisierungsmaßnahme angesehen werden, da diese Bestimmung die Mitgliedstaaten weder zur Anwendung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Missbrauch verpflichtet, noch abschließende Vorgaben definiert.

36. Nach Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie steht es vielmehr im Ermessen der Mitgliedstaaten, ob und – innerhalb des oben erörterten Rahmens – wie sie gegen Missbrauch im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Vorteilen aus der Richtlinie vorgehen. Wie der Gerichtshof aber bereits festgehalten hat, dürfen die Mitgliedstaaten von den Möglichkeiten, die ihnen die Richtlinie einräumt, nur unter Beachtung der grundlegenden Bestimmungen des Vertrags Gebrauch machen und sind insbesondere an die Grundfreiheiten gebunden.(21)

37. Somit unterliegt die streitige Regelung nach Art. 119ter Abs. 3 CGI auch einer Kontrolle am Maßstab des Primärrechts der Union.

2. Anwendbare Grundfreiheit

38. Als Nächstes ist die einschlägige Grundfreiheit für die Prüfung der französischen Maßnahme zu bestimmen. In diesem Zusammenhang fragt das vorlegende Gericht nach der Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG, nunmehr Art. 49 AEUV) bzw. der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG, nunmehr Art. 63 AEUV).

39. Der Ausgangsrechtsstreit betrifft die steuerliche Behandlung von Dividenden. Diese kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sowohl unter Art. 43 EG als auch unter Art. 56 EG fallen. Maßgebend ist der Gegenstand der betreffenden nationalen Regelung. Kommt sie nur hinsichtlich Beteiligungen zur Anwendung, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, sind die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit einschlägig. Dagegen sind mitgliedstaatliche Vorschriften über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen.(22)

40. Nach Auffassung der Kommission ist vorliegend die Niederlassungsfreiheit betroffen, da Art. 119ter Abs. 3 CGI auf Dividendenzahlungen an Personen abstellt, die ihrerseits unmittelbar oder mittelbar von einer oder mehreren nicht in der Union ansässigen Personen kontrolliert werden.

41. Das Verhältnis zwischen der Empfängerin der Dividenden und Gesellschaften, die in der Beteiligungskette nach oben hin folgen, kann allerdings nicht entscheidend sein. Der Ausgangsrechtsstreit betrifft nämlich die Besteuerung von Dividendenzahlungen einer französischen Gesellschaft an ihre in Luxemburg ansässige Anteilseignerin.

42. Die Anwendung von Art. 119ter Abs. 3 CGI auf solche Dividendenzahlungen setzt voraus, dass zwischen der Empfängerin und der ausschüttenden Gesellschaft ein Beteiligungsverhältnis in Höhe von mindestens 20 % besteht. Eine derartige Beteiligung lässt allerdings nicht zwangsläufig den Schluss zu, dass ihr Inhaber einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausübt.(23) Zur Bestimmung der einschlägigen Grundfreiheit ist daher auf die tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Falles abzustellen.(24)

43. Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts wurden die Anteile an der Dividenden ausschüttenden französischen Gesellschaft zur fraglichen Zeit zur Gänze von der empfangenden luxemburgischen Gesellschaft gehalten. Da eine solche Beteiligung ihrem Inhaber fraglos einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft verschafft, sind die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit einschlägig.

3. Beschränkung der Niederlassungsfreiheit

44. Damit ist zu prüfen, ob eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliegt. Eine solche Beschränkung könnte gegeben sein, da es durch Anwendung von Art. 119ter Abs. 3 CGI zur Verweigerung der Quellensteuerbefreiung bei der empfangenden luxemburgischen Gesellschaft kommt.

45. Die Niederlassungsfreiheit vermittelt gemäß Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG einer nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union hat, u. a. das Recht, ihre Tätigkeit in anderen Mitgliedstaaten durch eine Tochtergesellschaft auszuüben.(25) Dabei gewährleistet sie insbesondere die Inländerbehandlung im Aufnahmestaat, indem sie jede Diskriminierung aufgrund des Ortes des Sitzes einer Gesellschaft untersagt.(26)

46. Wie die französische Regierung in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, unterliegen nur Gewinnausschüttungen an gebietsfremde Gesellschaften dem speziellen Nachweisvorbehalt nach Art. 119ter Abs. 3 CGI. Dividendenzahlungen an gebietsansässige Gesellschaften sind davon nicht betroffen. Dieser Umstand macht die Ausübung der Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten weniger attraktiv. Sie könnten sich deshalb veranlasst sehen, auf den Erwerb, die Gründung oder die Aufrechterhaltung einer Tochtergesellschaft in Frankreich zu verzichten.(27)

47. Diesbezüglich ist irrelevant, dass die Gesellschaft, die sich auf die Niederlassungsfreiheit beruft, mittelbar von drittstaatsansässigen Personen kontrolliert wird. Wie nämlich der Gerichtshof klargestellt hat, geht aus keiner Bestimmung des Unionsrechts hervor, dass die Herkunft der Anteilseigner einer Gesellschaft für deren Recht, sich auf die Niederlassungsfreiheit zu berufen, eine Rolle spielen würde.(28)

48. Folglich stellt die beschriebene steuerliche Ungleichbehandlung der Dividenden bei Muttergesellschaften je nach Ort ihres Sitzes eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, die grundsätzlich nach den Art. 43 EG und 48 EG verboten ist.(29)

49. Nach der Rechtsprechung ist eine solche Beschränkung nur statthaft, wenn sie entweder Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind (dazu unter a), oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (dazu unter b).(30)

a) Zur objektiven Vergleichbarkeit

50. Der Gerichtshof beurteilt die objektive Vergleichbarkeit der Situationen regelmäßig im Hinblick auf das Ziel der betreffenden Regelung.(31) Im Lichte dessen könnte fraglich erscheinen, ob Dividendenzahlungen an gebietsansässige und an gebietsfremde Gesellschaften in einer vergleichbaren Situation sind. Denn die streitige Maßnahme bezweckt zu verhindern, dass Drittstaatsangehörige Quellensteuern umgehen, indem sie Zwischengesellschaften in der Union errichten und Unterschiede in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ausnutzen. An gebietsansässige Gesellschaften ausgeschüttete Dividenden unterliegen jedoch nach wie vor derselben Rechtsordnung.

51. Entscheidendes Kriterium ist für den Gerichtshof bei Dividendenzahlungen jedoch die Ausübung der Steuerhoheit.(32) Daran gemessen ist die objektive Vergleichbarkeit ohne Weiteres zu bejahen, da Frankreich sowohl Dividendenzahlungen an gebietsansässige als auch an gebietsfremde Empfänger seiner Steuerhoheit unterstellt.

b) Zur Rechtfertigung

52. Somit bleibt zu prüfen, ob die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch Art. 119ter Abs. 3 CGI aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.

53. Frankreich macht geltend, dass ein solcher Grund in der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und -umgehung liegt.

54. Nach ständiger Rechtsprechung kann eine beschränkende Maßnahme aus dem genannten Grund gerechtfertigt werden, sofern sie sich spezifisch auf rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktionen bezieht, die auf die Erlangung einer Steuerbegünstigung ausgerichtet sind.(33)

55. Vorliegend ist allerdings schon nicht ersichtlich, dass sich die französische Maßnahme spezifisch gegen derartige Konstruktionen richtet. Indem nämlich Art. 119ter Abs. 3 CGI den Nachweis fordert, dass in der Inanspruchnahme der Quellensteuerbefreiung nicht das wesentliche Ziel oder eines der wesentlichen Ziele der Beteiligungskette besteht, stellt die Bestimmung maßgeblich auf Streben nach einem Steuervorteil ab. Dieses subjektive Kriterium reicht aber für sich nicht aus, um auf eine künstliche Konstruktion im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu schließen.(34) Vielmehr muss auch aus objektiven Anhaltspunkten hervorgehen, dass trotz formalen Erfüllens der Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerbefreiung der mit der Niederlassungsfreiheit verfolgte Zweck nicht erreicht wird.(35)

56. Diese Zweckwidrigkeit ist dann als gegeben zu erachten, wenn sich anhand einer Gesamtwürdigung der Umstände ergibt, dass die Quellensteuerbefreiung nicht der Dividenden empfangenden Gesellschaft des anderen Mitgliedstaats, sondern in Wirklichkeit unmittelbar einem Drittstaatsangehörigen zugute kommt. Die Niederlassungsfreiheit schützt nämlich von vornherein nur die Angehörigen der Mitgliedstaaten.(36)

57. Anhaltspunkte dafür kann die Substanz der zwischengeschalteten Gesellschaft liefern. So wird von einer künstlichen Gestaltung auszugehen sein, wenn die Gesellschaft lediglich eine fiktive Ansiedlung im Sinne einer Briefkastenfirma darstellt.(37) Selbst wenn aber eine physische Präsenz vorhanden ist, könnte im Lichte der finanziellen und personellen Rahmenbedingungen auf Künstlichkeit zu schließen sein. Maßgeblich erscheinen diesbezüglich etwa die tatsächlichen Entscheidungsbefugnisse der Gesellschaftsorgane, die Ausstattung mit eigenen finanziellen Mitteln oder das Bestehen eines Geschäftsrisikos.

58. Soweit diese Faktoren bei der Anwendung von Art. 119ter Abs. 3 CGI außer Acht bleiben, stellt die Maßnahme schon kein geeignetes Mittel dar, um spezifisch gegen rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktionen vorzugehen, die auf die Erlangung einer Steuerbegünstigung ausgerichtet sind.

59. Jedenfalls aber geht die streitige Regelung über das zur Bekämpfung von Steuerumgehungen Erforderliche hinaus, indem sie im Ergebnis Gesellschaften, die die Quellensteuerbefreiung in Anspruch nehmen, allein aufgrund des Umstands einer unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch eine nicht in der Union ansässige Person die Beweislast für das Nicht-Vorliegen von Missbrauch auferlegt.(38) Denn nach der Rechtsprechung kann eine derartige allgemeine Annahme, dass es zu Steuerumgehungen kommen werde, eine beschränkende steuerliche Maßnahme nicht rechtfertigen.(39) Art. 119ter Abs. 3 CGI führt aber zu einer Beweislastumkehr, ohne dass die Steuerbehörden verpflichtet wären, hinreichende Indizien für Steuerumgehung beizubringen.(40)

4. Zwischenergebnis

60. Auf die erste, dritte und vierte Vorlagefrage ist folglich zu antworten, dass Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG einer mitgliedstaatlichen Regelung wie jener nach Art. 119ter Abs. 3 CGI entgegensteht, soweit sie einer gebietsfremden Gesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar von drittstaatsansässigen Personen kontrolliert wird, für die Gewährung der Quellensteuerbefreiung nach Art. 5 der Mutter-Tochter-Richtlinie den Nachweis nicht steuerlicher Gründe für die Struktur der Beteiligungskette auferlegt, ohne dass die Verwaltung verpflichtet wäre, hinreichende Indizien für eine künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktion, die auf die Erlangung einer Steuerbegünstigung ausgerichtet ist, beizubringen.

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1 – Originalsprache: Deutsch.

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2 – Richtlinie des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6), zwischenzeitlich ersetzt durch die Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30. November 2011 (ABl. L 345, S. 8).

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3 – In der hier interessierenden Variante gestaltet eine von der Mutter-Tochter-Richtlinie nicht begünstigte, drittstaatsangehörige Person ihre Verhältnisse mittels Errichtung einer Zwischengesellschaft in der Union so, dass sie von der in der Richtlinie vorgesehenen Quellensteuerbefreiung profitieren kann.

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4 – Vgl. die Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts (ABl. L 193, S. 1), die Richtlinie (EU) 2015/121 des Rates vom 27. Januar 2015 (ABl. L 21, S. 1), mit der eine sogenannte „De-minimis-Missbrauchsbekämpfungsvorschrift“ in die aktuelle Fassung der Mutter-Tochter-Richtlinie aufgenommen wurde, sowie ferner die Empfehlung der Kommission vom 6. Dezember 2012 betreffend aggressive Steuerplanung (C[2012] 8806 final).

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5 – Vgl. insbesondere die am 5. Oktober 2015 veröffentlichten Abschlussberichte der OECD zum OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung („BEPS“), abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/beps-2015-final-reports.htm.

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6 – ABl. 1997, C 340, S. 1.

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7 – Mit Ausnahme seiner deutschen und niederländischen Fassung bezieht sich Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie ausdrücklich auf die zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und Missbräuchen erforderlichen Bestimmungen, denen die Richtlinie nicht entgegensteht.

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8 – Vgl. Urteil vom 5. Juli 2007, Kofoed (C321/05, EU:C:2007:408, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

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9 – Vgl. Urteile vom 12. Mai 1998, Kefalas u. a. (C367/96, EU:C:1998:222, Rn. 20), vom 23. März 2000, Diamantis (C373/97, EU:C:2000:150, Rn. 33), vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C255/02, EU:C:2006:121, Rn. 68), vom 13. März 2014, SICES u. a. (C155/13, EU:C:2014:145, Rn. 29), und vom 28. Juli 2016, Kratzer (C423/15, EU:C:2016:604, Rn. 37).

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10 – Vgl. dagegen etwa Art. 15 der Richtlinie 2009/133/EG des Rates vom 19. Oktober 2009 (Fusionsrichtlinie, ABl. L 310, S. 34).

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11 – Vgl. Urteile vom 17. Oktober 1996, Denkavit u. a. (C283/94, C291/94 und C292/94, EU:C:1996:387, Rn. 27), vom 17. Juli 1997, Leur-Bloem (C28/95, EU:C:1997:369, Rn. 38 und 39), vom 5. Juli 2007, Kofoed (C321/05, EU:C:2007:408, Rn. 37), vom 11. Dezember 2008, A.T. (C285/07, EU:C:2008:705, Rn. 31), vom 20. Mai 2010, Zwijnenburg (C352/08, EU:C:2010:282, Rn. 46), und vom 10. November 2011, FOGGIA-Sociedade Gestora de Participações Sociais (C126/10, EU:C:2011:718, Rn. 44).

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12 – Vgl. Urteil vom 17. Oktober 1996, Denkavit u. a. (C283/94, C291/94 und C292/94, EU:C:1996:387, Rn. 31).

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13 – Vgl. zur Fusionsrichtlinie Urteile vom 17. Juli 1997, Leur-Bloem (C28/95, EU:C:1997:369, Rn. 47), und vom 10. November 2011, FOGGIA-Sociedade Gestora de Participações Sociais (C126/10, EU:C:2011:718, Rn. 34).

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14 – Hinsichtlich der in Rede stehenden Beteiligungskonstruktion erlaube ich mir jedoch anzumerken, dass im Verfahren vor dem Gerichtshof unklar blieb, worin der Steuervorteil liegt. Soweit ersichtlich hätte nämlich Frankreich auch im Falle einer Dividendenzahlung an einen in der Schweiz ansässigen Anteilseigner keine Quellensteuer erhoben. Vgl. Art. 11 Abs. 2 Buchst. b des Doppelbesteuerungsabkommens Frankreich-Schweiz und Art. 15 Abs. 1 des Zinsbesteuerungsabkommens Schweiz-EU vom 26. Oktober 2004 (ABl. L 385, S. 30).

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15 – Vgl. Urteil vom 5. Juli 2012, SIAT (C318/10, EU:C:2012:415, Rn. 55).

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16 – Vgl. Urteile vom 4. März 2004, Kommission/Frankreich (C334/02, EU:C:2004:129, Rn. 27), vom 9. November 2006, Kommission/Belgien (C433/04, EU:C:2006:702, Rn. 35), vom 28. Oktober 2010, Établissements Rimbaud (C72/09, EU:C:2010:645, Rn. 34), sowie ferner vom 5. Juli 2012, SIAT (C318/10, EU:C:2012:415, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

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17 – Vgl. Urteile vom 17. Juli 1997, Leur-Bloem (C28/95, EU:C:1997:369, Rn. 41 und 44), vom 9. März 1999, Centros (C212/97, EU:C:1999:126, Rn. 25), vom 21. November 2002, X und Y (C436/00, EU:C:2002:704, Rn. 42), vom 20. Mai 2010, Zwijnenburg (C352/08, EU:C:2010:282, Rn. 44), und vom 10. November 2011, FOGGIA-Sociedade Gestora de Participações Sociais (C126/10, EU:C:2011:718, Rn. 37).

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18 – Vgl. Urteile vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C524/04, EU:C:2007:161, Rn. 82), vom 5. Juli 2012, SIAT (C318/10, EU:C:2012:415, Rn. 50), und vom 3. Oktober 2013, Itelcar (C282/12, EU:C:2013:629, Rn. 37).

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19 – Vgl. Urteile vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C255/02, EU:C:2006:121, Rn. 75), vom 22. Dezember 2010, Weald Leasing (C103/09, EU:C:2010:804, Rn. 30), vom 12. September 2013, Slancheva sila (C434/12, EU:C:2013:546, Rn. 42), vom 13. März 2014, SICES u. a. (C155/13, EU:C:2014:145, Rn. 33), vom 9. Juli 2015, Cimmino u. a. (C607/13, EU:C:2015:448, Rn. 65), vom 14. April 2016, Cervati und Malvi (C131/14, EU:C:2016:255, Rn. 34), und vom 28. Juli 2016, Kratzer (C423/15, EU:C:2016:604, Rn. 40).

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20 – Vgl. Urteile vom 12. Oktober 1993, Vanacker und Lesage (C37/92, EU:C:1993:836, Rn. 9), vom 23. Mai 1996, Hedley Lomas (C5/94, EU:C:1996:205, Rn. 18), vom 11. Dezember 2003, Deutscher Apothekerverband (C322/01, EU:C:2003:664, Rn. 64), und vom 30. April 2014, UPC DTH (C475/12, EU:C:2014:285, Rn. 63).

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21 – Vgl. Urteile vom 18. September 2003, Bosal (C168/01, EU:C:2003:479, Rn. 26), vom 23. Februar 2006, Keller Holding (C471/04, EU:C:2006:143, Rn. 45), vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C446/04, EU:C:2006:774, Rn. 46), vom 1. Oktober 2009, Gaz de France – Berliner Investissement (C247/08, EU:C:2009:600, Rn. 53), und vom 2. September 2015, Groupe Steria (C386/14, EU:C:2015:524, Rn. 39).

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22 – Vgl. Urteile vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C446/04, EU:C:2006:774, Rn. 36 und 37), vom 10. Februar 2011, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (C436/08 und C437/08, EU:C:2011:61, Rn. 33 bis 35), vom 15. September 2011, Accor (C310/09, EU:C:2011:581, Rn. 30 bis 32), und vom 11. September 2014, Kronos International (C47/12, EU:C:2014:2200, Rn. 29 bis 32).

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23 – Vgl. hinsichtlich der Innehabung von einem Drittel der Gesellschaftsanteile Urteil vom 13. April 2000, Baars (C251/98, EU:C:2000:205, Rn. 20). Zu Beteiligungen in Höhe von 10 % siehe auch Urteile vom 3. Oktober 2013, Itelcar (C282/12, EU:C:2013:629, Rn. 22), und vom 11. September 2014, Kronos International (C47/12, EU:C:2014:2200, Rn. 31).

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24 – Vgl. Urteile vom 13. April 2000, Baars (C251/98, EU:C:2000:205, Rn. 21), vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C446/04, EU:C:2006:774, Rn. 37 und 38), vom 13. November 2012, Test Claimants in the FII Group Litigation (C35/11, EU:C:2012:707, Rn. 93 und 94), und vom 11. September 2014, Kronos International (C47/12, EU:C:2014:2200, Rn. 37).

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25 – Vgl. Urteile vom 21. September 1999, Saint-Gobain ZN (C307/97, EU:C:1999:438, Rn. 35), vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C446/03, EU:C:2005:763, Rn. 30), vom 17. Juli 2014, Nordea Bank (C48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 17), und vom 17. Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C388/14, EU:C:2015:829, Rn. 40).

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26 – Vgl. Urteile vom 28. Januar 1986, Kommission/Frankreich (270/83, EU:C:1986:37, Rn. 14), vom 21. September 1999, Saint-Gobain ZN (C307/97, EU:C:1999:438, Rn. 35), vom 14. Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C170/05, EU:C:2006:783, Rn. 22), und vom 12. Juni 2014, SCA Group Holding u. a. (C39/13 bis C41/13, EU:C:2014:1758, Rn. 45).

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27 – Vgl. Urteile vom 12. Dezember 2002, Lankhorst-Hohorst (C324/00, EU:C:2002:749, Rn. 32), vom 23. Februar 2006, Keller Holding (C471/04, EU:C:2006:143, Rn. 35), und vom 14. Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C170/05, EU:C:2006:783, Rn. 30).

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28 – Vgl. Urteil vom 1. April 2014, Felixstowe Dock and Railway Company u. a. (C80/12, EU:C:2014:200, Rn. 40)

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29 – Vgl. Urteil vom 14. Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C170/05, EU:C:2006:783, Rn. 29).

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30 – Vgl. Urteile vom 25. Februar 2010, X Holding (C337/08, EU:C:2010:89, Rn. 20), vom 6. September 2012, Philips Electronics (C18/11, EU:C:2012:532, Rn. 17), vom 17. Juli 2014, Nordea Bank (C48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 23), und vom 17. Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C388/14, EU:C:2015:829, Rn. 26).

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31 – Vgl. Urteile vom 25. Februar 2010, X Holding (C337/08, EU:C:2010:89, Rn. 22), vom 21. Februar 2013, A (C123/11, EU:C:2013:84, Rn. 33), und vom 12. Juni 2014, SCA Group Holding u. a. (C39/13 bis C41/13, EU:C:2014:1758, Rn. 28).

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32 – Vgl. Urteile vom 14. Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C170/05, EU:C:2006:783, Rn. 34 bis 36), und vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (C374/04, EU:C:2006:773, Rn. 68).

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33 – Vgl. Urteile vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C196/04, EU:C:2006:544, Rn. 55), vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C524/04, EU:C:2007:161, Rn. 74), vom 4. Dezember 2008, Jobra (C330/07, EU:C:2008:685, Rn. 35), und vom 5. Juli 2012, SIAT (C318/10, EU:C:2012:415, Rn. 40).

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34 – Vgl. Urteil vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C196/04, EU:C:2006:544, Rn. 63).

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35 – Vgl. Urteil vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C196/04, EU:C:2006:544, Rn. 64).

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36 – Vgl. Urteile vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C196/04, EU:C:2006:544, Rn. 53), vom 11. März 2010, Attanasio Group (C384/08, EU:C:2010:133, Rn. 36), und vom 23. Februar 2016, Kommission/Ungarn (C179/14, EU:C:2016:108, Rn. 148).

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37 – Vgl. Urteil vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C196/04, EU:C:2006:544, Rn. 67 und 68).

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38 – Siehe oben, Nr. 27 bis 30.

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39 – Vgl. Urteile vom 4. März 2004, Kommission/Frankreich (C334/02, EU:C:2004:129, Rn. 27), vom 9. November 2006, Kommission/Belgien (C433/04, EU:C:2006:702, Rn. 35), vom 28. Oktober 2010, Établissements Rimbaud (C72/09, EU:C:2010:645, Rn. 34), sowie ferner vom 5. Juli 2012, SIAT (C318/10, EU:C:2012:415, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

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40 – Vgl. Urteil vom 5. Juli 2012, SIAT (C318/10, EU:C:2012:415, Rn. 55).

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