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Steuerrecht
19.05.2022
Steuerrecht
GAin Medina: EuGH-Schlussanträge: Mehrwertsteuerbefreiung für die ‚Gewährung von Krediten‘ – Unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenwert (Polnisches Vorabentscheidungsersuchen)

GAin Medina, Schlussanträge vom 12.5.2022 – C-250/21; Szef Krajowej Administracji Skarbowej gegen O. Fundusz lnwestycyjny Zamknięty reprezentowany przez O S.A.; ECLI:EU:C:2022:386

Volltext BB-Online BBL2022-1172-2

Schlussanträge

Die GAin schlägt dem Gerichtshof vor, auf die zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) wie folgt zu antworten:

Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die Steuerbefreiung, die dieser für Umsätze in Bezug auf die Gewährung, Vermittlung und Verwaltung von Krediten festlegt, nicht auf Dienstleistungen im Rahmen des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrags Anwendung findet, nach dem sich der Unterbeteiligte verpflichtet, dem Originator gegen den während der Laufzeit dieses Vertrags erfolgenden Erhalt der Einnahmen aus den Forderungen des dem Hauptschuldner gewährten Hauptdarlehens im Voraus einen Betrag zu zahlen, da Buchst. b nicht das vom Originator auf den Unterbeteiligten übertragene Kreditrisiko erfasst, das, vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht, wesentlicher Bestandteil dieses Umsatzes ist.

Aus den Gründen

1.         In der vorliegenden Rechtssache hat der Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) den Gerichtshof zu der mehrwertsteuerlichen Behandlung eines Umsatzes befragt, der im Rahmen eines Unterbeteiligungsvertrags zu bewirken ist.

2.         Schematisch dargestellt, zahlt im Rahmen des vom Steuerpflichtigen vorgesehenen, im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrags der Investmentfonds A der Bank B beim Abschluss dieses Vertrags im Voraus einen Betrag. Im Gegenzug für diese Zahlung verpflichtet sich die Bank B (im Folgenden: Originator), die C (im Folgenden: Hauptschuldner) Geld geliehen hat, dem Investmentfonds A (im Folgenden: Unterbeteiligter) die vom Originator im Rahmen des ursprünglichen Darlehensvertrags mit dem Hauptschuldner erzielten Einnahmen zu zahlen. Während der Cashflow und das Risiko aus der Bilanz des Originators entfernt und auf den in der vorliegenden Rechtssache betroffenen Investmentfonds übertragen werden, behält der Originator das rechtliche Eigentum an den Vermögenswerten.

3.         Genauer gesagt wird der Gerichtshof gefragt, ob die von einem Investmentfonds im Rahmen des in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrags erbrachten Dienstleistungen „die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber“ im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG(2) darstellen. Wäre dies der Fall, fielen diese Dienstleistungen unter die in dieser Bestimmung festgelegte Befreiung von der Mehrwertsteuer. Meiner Auffassung nach hat diese Frage bedeutende praktische Auswirkungen auf das Wertpapiere betreffende Recht, da die Antwort des Gerichtshofs die Performance und Attraktivität solcher Finanzumsätze berühren könnte, was dieser Rechtssache einen sensiblen Charakter verleiht.

I.          Rechtlicher Rahmen

A.         Unionsrecht

4.         Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Richtlinie 2006/112 unterliegen „Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt“, und „Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“, der Mehrwertsteuer.

5.         Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie definiert den Begriff „Steuerpflichtiger“.

6.         Art. 135 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

b)          die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber;

d)          Umsätze – einschließlich der Vermittlung – im Einlagengeschäft, und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen;

f)           Umsätze – einschließlich der Vermittlung, jedoch nicht der Verwahrung und der Verwaltung –, die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von Warenpapieren und der in Artikel 15 Absatz 2 genannten Rechte und Wertpapiere;

…“

B.         Polnisches Recht

1.         Das Mehrwertsteuergesetz

7.         Art. 43 Abs. 1 Nr. 38 der Ustawa o podatku od towarów i usług (Gesetz über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen)(3) (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) sieht vor, dass die Dienstleistungen der Gewährung von Krediten oder Gelddarlehen, Vermittlungsdienstleistungen bei der Gewährung von Krediten oder Gelddarlehen sowie die Verwaltung von Krediten oder Gelddarlehen durch den Kredit- oder Gelddarlehensgeber von der Mehrwertsteuer befreit sind. Art. 43 Abs. 1 Nr. 39 desselben Gesetzes befreit im Wesentlichen die Vermittlung von Sicherheiten, Bürgschaften und anderer Sicherheiten für Finanz- und Versicherungsgeschäfte sowie die Verwaltung von Bürgschaften durch den Bürgschaftsgeber.

2.         Das Investmentfondsgesetz

8.         Art. 183 Abs. 4 der Ustawa o funduszach inwestycyjnych i zarządzaniu alternatywnymi funduszami inwestycyjnymi(4) (im Folgenden: Investmentfondsgesetz) betrifft Unterbeteiligungsverträge. In dieser Bestimmung heißt es:

„Ein Vertrag über die Übertragung aller Vorteile, die der Originator der Verbriefung oder der Berechtigte an verbrieften Forderungen aus einem bestimmten Forderungspool oder aus bestimmten Forderungen erhält (Unterbeteiligungsvertrag), muss die Verpflichtung dieser Wirtschaftsteilnehmer enthalten, dem Fonds die folgenden Leistungen zu überweisen:

(1) die gesamten Einnahmen aus den verbrieften Forderungen;

(2) die Hauptbeträge der verbrieften Forderungen;

(3) die Beträge, die bei der Verwertung der Sicherheiten erzielt werden, die die verbrieften Forderungen betreffen, sofern die Erfüllung der Ansprüche des Originators der Verbriefung oder des Begünstigten der verbrieften Forderungen durch die Verwertung der Sicherheiten erfolgte.“

II.         Der Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens und die zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage

9.         Bei dem in der vorliegenden Rechtssache betroffenen Investmentfonds handelt es sich um einen nicht standardisierten Fonds im Sinne von Art. 183 des Investmentfondsgesetzes. Er plant den Abschluss von Unterbeteiligungsverträgen mit Banken oder anderen Fonds über den Erwerb der Einnahmen aus Darlehensforderungen in seiner Eigenschaft als Unterbeteiligter. Zur Klärung der Frage, ob die von diesen Verträgen umfassten Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit sind, hat der Investmentfonds beim Minister Finansów (im Folgenden: Finanzminister) die Erteilung eines Steuervorbescheids über die Auslegung des Art. 43 Abs. 1 Nrn. 38 und 39 Mehrwertsteuergesetz beantragt.

10.       In seinem Antrag hat der Investmentfonds ausgeführt, dass die Unterbeteiligung die folgenden wesentlichen Merkmale aufweise:

–          Der Originator verpflichte sich, dem Unterbeteiligten alle Einnahmen aus den Darlehen zu überweisen, die im Unterbeteiligungsvertrag festgelegt seien;

–          als Gegenleistung für diese Überweisung zahle der Unterbeteiligte dem Originator einen vertraglich vereinbarten Betrag;

–          die Darlehensforderungen, die die Grundlage der Unterbeteiligung darstellten, verblieben im Vermögen des Originators;

–          die Unterbeteiligung diene dem doppelten Zweck, dem Originator Liquidität zur Verfügung zu stellen und das Kreditrisiko des Originators abzudecken, indem das mit bestimmten Vermögenswerten verbundene Risiko auf den Investmentfonds übertragen werde;

–          der Unterschied zwischen dem Betrag, der dem Originator gezahlt werde, und dem Betrag, den der Unterbeteiligte während der Vertragslaufzeit erhalte, stelle die Vergütung des Unterbeteiligten dar.

11.       Der Investmentfonds brachte vor, unter Berücksichtigung des Umstands, dass die im Rahmen des Unterbeteiligungsvertrags vorgesehenen Dienstleistungen Liquidität sicherstellten, seien sie als Kredit oder Gelddarlehen zu behandeln, die unter die Steuerbefreiung nach Art. 43 Abs. 1 Nr. 38 Mehrwertsteuergesetz fielen. Hilfsweise bestehe die Hauptfunktion in der Absicherung des Kreditrisikos, so dass diese Dienstleistungen unter die Steuerbefreiung nach Art. 43 Abs. 1 Nr. 39 Mehrwertsteuergesetz fallen müssten.

12.       Mit Steuervorbescheid vom 30. Dezember 2015 wies der Finanzminister das Vorbringen des Investmentfonds zurück. Er war der Auffassung, die vom Antragsteller in seinem Antrag auf einen Steuervorbescheid beschriebenen Umsätze fielen nicht unter eine der Mehrwertsteuerbefreiungen nach Art. 43 Abs. 1 Nrn. 38 und 39 Mehrwertsteuergesetz. Somit müssten die vom Investmentfonds im Rahmen des Unterbeteiligungsvertrags erbrachten Dienstleistungen dem allgemeinen Mehrwertsteuersatz von 23 % unterliegen.

13.       Der Investmentfonds erhob gegen diesen Steuervorbescheid vom 30. Dezember 2015 Klage vor dem Wojewódzki Sąd Administracyjny w Warszawie (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Warschau, Polen), der den Steuervorbescheid mit Urteil vom 25. Mai 2017 aufhob. Er war der Auffassung, das Ziel eines Unterbeteiligungsvertrags sei, sicherzustellen, dass der Originator Zugang zu Finanzmitteln habe, der Originator aber frei bleibe, diese Finanzmittel nach seinen Vorstellungen zu verwenden. Als Gegenleistung für die Bereitstellung der Geldmittel an die Bank empfange der Investmentfonds die Einnahmen aus den Forderungen, die Gegenstand des Unterbeteiligungsvertrags seien. Diese Einnahmen seien dem Zins vergleichbar, der im Rahmen eines Darlehensvertrags gezahlt werde. Dementsprechend entschied dieses Gericht, der Unterbeteiligungsvertrag stelle ein einem Darlehensvertrag vergleichbares Finanzinstrument dar, das in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung nach Art. 43 Abs. 1 Nr. 38 Mehrwertsteuergesetz falle.

14.       Der Szef Krajowej Administracji Skarbowej (Leiter der nationalen Finanzverwaltung, Polen) (im Folgenden: Finanzbehörde) legte gegen dieses Urteil Rechtsmittel vor dem vorlegenden Gericht, dem Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht), ein.

15.       Dem vorlegenden Gericht zufolge besteht aus einem wirtschaftlichen Blickwinkel kein Zweifel daran, dass die im Rahmen des in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrags vorgesehenen Dienstleistungen ein Finanzierungsinstrument darstellen, da ihr Hauptziel sei, dem Originator die Verwendung der Geldmittel zu ermöglichen, die ihm bereitgestellt würden. Im Gegenzug habe der Originator dem Unterbeteiligten die Einnahmen aus den Forderungen zu überweisen, die Gegenstand dieses Vertrags seien.

16.       In dieser Hinsicht betont das vorlegende Gericht, dass ein Unterbeteiligungsvertrag einem Darlehensvertrag vergleichbar sei, nach dem ein Darlehensnehmer von einem Darlehensgeber Geldmittel erwerbe und sich verpflichte, diese nach einer bestimmten Laufzeit zurückzuzahlen. Das Entgelt, das der Unterbeteiligte im Rahmen des Unterbeteiligungsvertrags erhalte, komme der Differenz zwischen dem Betrag, den er dem Originator gezahlt habe, und dem Betrag gleich, den er während der Vertragslaufzeit in Form der Einnahmen aus den Forderungen erhalte. Konzeptionell entspreche der wirtschaftliche Vorteil, den der Unterbeteiligte erziele, dem Mechanismus des Zinses im Rahmen eines Darlehensvertrags.

17.       Das vorlegende Gericht weist jedoch darauf hin, dass der in Rede stehende Unterbeteiligungsvertrag bestimmte Merkmale aufweise, die ihn von einem Darlehensvertrag unterschieden, wie etwa der Umstand, dass die zugrunde liegenden Darlehen im Vermögen des Originators verblieben und dass der Unterbeteiligungsvertrag klar die Quelle bestimme, die zur Befriedigung des Unterbeteiligten verwendet werde. Außerdem habe der Unterbeteiligte im Fall des Zahlungsausfalls des Schuldners des Originators in Hinblick auf die weiteren fälligen Beträge keinen Anspruch gegen den Originator.

18.       Folglich hegt das vorlegende Gericht Zweifel, ob der in Rede stehende Unterbeteiligungsvertrag für Mehrwertsteuerzwecke genauso wie ein Kredit- oder Darlehensvertrag behandelt werden kann.

19.       Unter diesen Umständen hat der Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht) entschieden, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zu Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung für Umsätze, die die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten betreffen, vorgesehene Befreiung auf den im Ausgangsverfahren beschriebenen Unterbeteiligungsvertrag Anwendung findet?

III.        Verfahren vor dem Gerichtshof

20.       Der Vorlagebeschluss vom 27. Oktober 2020 ist am 21. April 2021 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

21.       Die Finanzbehörde, die polnische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht. Der Gerichtshof hat den Beteiligten eine Reihe von Fragen zur schriftlichen Beantwortung vorgelegt, auf die die Finanzbehörde und die Kommission am 24. Februar 2022 geantwortet haben. Die Finanzbehörde, die polnische Regierung und die Kommission haben in der Sitzung vom 24. März 2022 vor dem Gerichtshof mündlich verhandelt.

IV.        Würdigung

22.       Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass die von ihr für Umsätze, die einen Bezug zur Gewährung, Vermittlung und Verwaltung von Krediten aufweisen, festgelegte Steuerbefreiung für die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrags gilt, dem zufolge sich der Unterbeteiligte verpflichtet, dem Originator im Voraus einen Betrag dafür zu zahlen, dass er während der Laufzeit dieses Vertrags die Einnahmen aus dem Hauptdarlehen erhält, das dem Hauptschuldner gewährt worden ist. Das vorlegende Gericht fragt im Wesentlichen, ob die durch den Unterbeteiligten aus diesem Umsatz erwirtschafteten Gewinne unter eine der durch diese Bestimmung gewährten Steuerbefreiungen fallen.

23.       Vor der Prüfung dieser Frage möchte ich die folgenden drei Anmerkungen machen. Erstens sieht Art. 137 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 vor, dass die Mitgliedstaaten ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen können, sich bei den in Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis g dieser Richtlinie genannten Finanzumsätzen für eine Besteuerung zu entscheiden. Allerdings scheint sich aus der Vorlage zur Vorabentscheidung zu ergeben, dass in der vorliegenden Rechtssache die Option für eine Besteuerung von Finanzumsätzen nach Art. 137 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie nicht ausgeübt worden ist(5).

24.       Zweitens betrifft Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 drei Gruppen von Steuerbefreiungen, nämlich die Gewährung, die Vermittlung und die Verwaltung von Krediten. Gleichwohl ist unbestritten, dass nur die in dieser Bestimmung aufgeführte Steuerbefreiung mit Bezug auf die „Gewährung … von Krediten“ für hiesige Zwecke relevant ist, da klar ist, dass der in Rede stehende Umsatz weder die „Vermittlung“ noch die „Verwaltung von Krediten“ beinhaltet.

25.       Drittens beschreibt, da der Gegenstand des Ausgangsverfahrens einen Steuervorbescheid in Bezug auf einen zukünftigen Umsatz und nicht einen bestimmten Steueranspruch in Hinsicht auf einen in der Vergangenheit liegenden Umsatz betrifft, das Vorabentscheidungsersuchen den in Rede stehenden Umsatz recht allgemein. Die Beteiligten haben in ihren schriftlichen und mündlichen Erklärungen auf den maßgeblichen polnischen rechtlichen Rahmen und einige allgemeine Aspekte eines Umsatzes innerhalb dieses Rahmens verwiesen. Allerdings scheinen für die Zwecke dieser Schlussanträge in einem gewissen Umfang Angaben zu fehlen, und es ist Sache des vorlegenden Gerichts, die genaue Art des in Rede stehenden Umsatzes zu klären.

26.       Zur Beantwortung der vom nationalen Gericht vorgelegten Frage ist die Feststellung erforderlich, ob der in Rede stehende Unterbeteiligungsumsatz einen Umsatz darstellt, der der Mehrwertsteuer unterliegt. Anschließend werde ich auf die Auslegung des Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 eingehen, wobei die klassischen Auslegungsmethoden des Gerichtshofs Anwendung finden.

A.         Der Mehrwertsteuer unterliegender Umsatz

27.       Eingangs sei darauf hingewiesen, dass Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt, gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 der Mehrwertsteuer unterliegen(6).

28.       Meines Erachtens stellt das Tatbestandsmerkmal, das den Steuerpflichtigen betrifft, in der vorliegenden Rechtssache eindeutig kein Problem dar, da der Investmentfonds im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 handelt(7). In Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal des Entgelts ist es zwar unstreitig, dass der vom Investmentfonds vorgesehene Unterbeteiligungsvertrag „gegen Entgelt“ durchgeführt würde, doch ist diese Einstufung in der vorliegenden Rechtssache aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs weniger offensichtlich.

29.       In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof bereits entscheiden, dass eine Dienstleistung nur dann „gegen Entgelt“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/12 erbracht wird und damit der Mehrwertsteuer unterliegt, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenwert besteht(8).

30.       Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet(9). Außerdem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es für die Feststellung, ob eine Dienstleistung gegen Entgelt erbracht wird, nicht relevant ist, ob die Vergütung in der Zahlung einer Provision oder spezieller Gebühren besteht(10).

31.       Im Fall des Ausgangsverfahrens ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten, dass im Rahmen des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrags zwischen dem Unterbeteiligten und dem Originator ein gegenseitiges Rechtsverhältnis besteht.

32.       Bei Abschluss dieses Vertrags enthalten die gegenseitigen Leistungen die Vorauszahlung eines Betrags durch den Unterbeteiligten an den Originator sowie im Gegenzug dessen Verpflichtung, dem Unterbeteiligten die Einnahmen aus der Forderung des Hauptdarlehens zu überweisen. Daher scheint mir, dass der Unterbeteiligte für die Dienstleistung, mit der er dem Originator Liquidität bereitstellt und eine Absicherung gegen das Kreditrisiko bietet, das mit der Risikoposition der zugrunde liegenden Darlehen verbunden ist, eine Vergütung erhalten soll. Die Vergütung des Unterbeteiligten für den Umsatz besteht in der Differenz zwischen dem von ihm im Voraus gezahlten Betrag und dem Betrag der Einnahmen aus den Forderungen, die der Originator dem Unterbeteiligten überweist. Bei Abschluss eines solchen Vertrags erwartet der Unterbeteiligte, das der erste dieser beiden Beträge niedriger ist als der zweite.

33.       Dies vorausgeschickt ist darauf hinzuweisen, dass die Leistung des Originators in der Phase der Vertragsdurchführung von der Leistung des Hauptschuldners abhängt, was diese Finanzströme von einem Dritten abhängig macht, der nicht in unmittelbarer Verbindung mit dem Unterbeteiligungsvertrag steht(11). Für die Feststellung des Vorliegens einer Vergütung ist dieser Umstand an sich jedoch nicht relevant.

34.       In Hinblick auf den Erwerb von Forderungen stechen zwei Rechtssachen heraus: MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring(12) und GFKL Financial Services(13). In der ersten Rechtssache hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Umsatz der darin besteht, dass ein Wirtschaftsteilnehmer gegen eine Vergütung Forderungen unter Übernahme des Ausfallrisikos aufkauft, eine „Einziehung von Forderungen“ darstellt, die von der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. d der Sechsten Richtlinie (nunmehr Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112) ausgenommen ist(14).

35.       In der Rechtssache GFKL Financial Services(15) prüfte der Gerichtshof einen Kauf zahlungsgestörter Forderungen durch einen Wirtschaftsteilnehmer. Er entschied, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der auf eigenes Risiko zahlungsgestörte Forderungen zu einem unter ihrem Nennwert liegenden Preis kauft, keine entgeltliche Dienstleistung erbringt und keine in den Geltungsbereich der Sechsten Richtlinie fallende wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, wenn die Differenz zwischen dem Nennwert dieser Forderungen und deren Kaufpreis den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der betreffenden Forderungen zum Zeitpunkt ihrer Übertragung widerspiegelt(16).

36.       In dieser Hinsicht ist mit den Ausführungen der Finanzbehörde in ihren Antworten auf die schriftlichen Fragen und der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung darauf hinzuweisen, dass sich die Umstände des Ausgangsverfahrens sehr von denen unterscheiden, die zum Urteil GFKL Financial Services(17) geführt haben.

37.       Erstens betrifft die vorliegende Rechtssache nicht den Erwerb einer Forderung oder gar einer zahlungsgestörten Forderung durch den Investmentfonds als Unterbeteiligten, sondern die Überweisung der Einnahmen aus den Forderungen. Mit anderen Worten erwirbt der Unterbeteiligte, anders als im Sachverhalt der Rechtssache GFKL Financial Services(18), keine zahlungsgestörten Forderungen zu einem unter ihrem Nennwert liegenden Preis. Außerdem liegt in der vorliegenden Rechtssache kein Wechsel bezüglich des Anspruchs selbst vor, d. h., im Rahmen des Unterbeteiligungsvertrags bleibt der Originator einer Unterbeteiligung Gläubiger des Hauptschuldners, während der Unterbeteiligte vom Originator lediglich einen Anspruch auf Zahlung der Beträge erwirbt, die dem Originator vom Hauptschuldner im Rahmen des ursprünglichen Darlehensverhältnisses überwiesen werden.

38.       Zweitens und in Hinblick auf die Frage, ob in der vorliegenden Rechtssache dem Originator eine Dienstleistung erbracht wird, erwirbt der Unterbeteiligte nicht nur die Produkte (die Einnahmen aus den Forderungen) eines Darlehensportfolios, sondern er verpflichtet sich auch, das Risiko des Zahlungsausfalls des Hauptschuldners zu tragen, ohne gleichzeitig wegen dieses Ausfalls einen Rechtsanspruch gegen den Originator zu haben. Folglich scheint es, als erhalte der Originator einen Vorteil, der über den bloßen Erhalt des Nennwerts der Forderungen eines Darlehensportfolios hinausgeht.

39.       Drittens stellten die Ansprüche, die im Verfahren in Rede standen, das zum Urteil GFKL Financial Services(19) führte, zahlungsgestörte Forderungen dar, während es sich beim Gegenstand des Unterbeteiligungsvertrags um noch nicht fällige Darlehen handelt, über deren Rückzahlung somit zum Zeitpunkt der Vorauszahlung durch den Unterbeteiligten noch keine Feststellungen getroffen werden können.

40.       Auch wenn es Sache des nationalen Gerichts ist, zu klären, ob im Sinne der vorstehenden Analyse ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und der Zahlung besteht, bin ich deshalb der Ansicht, dass der Unterbeteiligte im Rahmen des in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrags eine spezifische Dienstleistung erbringt. Diese wird dem Unterbeteiligten vom Originator vergütet, indem er die Einnahmen aus den Forderungen der ursprünglichen Darlehen überweist. Der in Rede stehende Umsatz enthält eine Dienstleistung gegen ein Entgelt, das im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Dienstleistung steht, was ihn zu einem Umsatz macht, der der Mehrwertsteuer unterliegt.

41.       Nunmehr werde ich mich der Prüfung zuwenden, ob die durch den Unterbeteiligten erbrachten Dienstleistungen unter die Steuerbefreiung fallen, die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie vorgesehen ist.

B.         Auslegung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112

1.         Die Grundsätze der Auslegung des Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112

42.       Zunächst sei daran erinnert, dass die in Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Steuerbefreiungen autonome unionsrechtliche Begriffe sind, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen und im Gesamtzusammenhang des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zu sehen sind(20).

43.       Zweitens sind die Begriffe, mit denen die in Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Steuerbefreiungen umschrieben sind, eng auszulegen, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt(21). Diese Regel einer engen Auslegung bedeutet jedoch nicht, dass die zur Definition dieser Steuerbefreiungen verwendeten Begriffe in einer Weise auszulegen sind, die den Befreiungen ihre Wirkung nähme(22).

44.       Drittens muss die Auslegung der vorgenannten Steuerbefreiungen mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den in Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Steuerbefreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht(23). Aus letzterem Grundsatz folgt, dass die Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein müssen, das Organisationsmodell zu wählen, das ihnen, rein wirtschaftlich betrachtet, am besten zusagt, ohne Gefahr zu laufen, dass ihre Umsätze von der in dieser Bestimmung vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen werden(24).

45.       Die Frage, ob die im Rahmen des in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrags erbrachten Dienstleistungen in den Anwendungsbereich der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 genannten steuerbefreiten Umsätze fallen, ist im Licht der vorstehenden Erwägungen zu prüfen.

2.         Die Wendung „Gewährung … von Krediten“ im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112

46.       Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur deren Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden(25). Daher ist es erforderlich, eine wörtliche, systematische und teleologische Auslegung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs vorzunehmen, die diesen Artikel und die Grundsätze betrifft, die für die Auslegung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gelten(26).

a)         Wörtliche Auslegung

1)         Die die Auslegung des Ausdrucks „Gewährung … von Krediten“ im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 betreffende Rechtsprechung

47.       Nach ständiger Rechtsprechung ist der Ausdruck „Gewährung … von Krediten“ im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 weit auszulegen, so dass er nicht nur auf Darlehen und Kredite von Banken und Finanzinstituten beschränkt werden kann(27).

48.       Außerdem hat der Gerichtshof im Urteil Muys’ en De Winter’s Bouw- en Aannemingsbedrijf(28) entschieden, dass der oben angeführte Ausdruck einen von einem Lieferanten von Gegenständen in Form eines Zahlungsaufschubs gewährten Kredit umfasst(29). Entsprechend(30) war der Gerichtshof nachfolgend der Auffassung, dass die „Gewährung … von Krediten“ u. a. in der Überlassung von Kapital gegen eine Vergütung besteht(31). Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass, auch wenn eine solche Vergütung durch die Zahlung von Zinsen sichergestellt wird, andere Formen des Entgelts nicht ausgeschlossen werden können. Somit hat er entschieden, dass die Vorfinanzierung des Erwerbs von Gegenständen gegen einen Zuschlag auf den vom Finanzierungsempfänger zu erstattenden Betrag unter diese Steuerbefreiung fällt(32). Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass die Gewährung von „Krediten“ darin besteht, „dass jeweils gegen Zahlung von Zinsen Kapital überlassen oder beim Erwerb eines Gegenstands ein Zahlungsaufschub gewährt wird“(33).

49.       In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass die nach Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 steuerbefreiten Umsätze, einschließlich der von Buchst. b erfassten, durch die Art der erbrachten Dienstleistungen und nicht durch den Erbringer oder den Empfänger der Leistung definiert werden, so dass die Anwendung dieser Steuerbefreiungen nicht vom Status des Unternehmens abhängt, das diese Dienstleistungen erbringt(34). Mit anderen Worten unterliegt die Steuerbefreiung nicht der Voraussetzung, dass der in Rede stehende Umsatz von einer bestimmten Art einer Einrichtung oder juristischen Person bewirkt wird, sondern der Voraussetzung, dass ein solcher Umsatz seinem Wesen nach eine Gewährung oder Vermittlung von Krediten darstellt.

50.       Zusammengefasst müssen für die Befreiung eines Umsatzes nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 zwei kumulative Elemente gegeben sein: das Kapital und die Vergütung für die Überlassung des Kapitals; andernfalls ist die Befreiung nicht anwendbar.

2)         Das Verhältnis zwischen den beschriebenen Dienstleistungen

51.       Aus den dem Gerichtshof gemachten Angaben ergibt sich, dass der in Rede stehende Umsatz komplex ist und in der Überlassung von Kapital durch den Unterbeteiligten an den Originator und der Überweisung der Einnahmen aus den Forderungen und der Übertragung des Risikos eines Kreditausfalls durch den Originator auf den Unterbeteiligten besteht. Diese Elemente erscheinen für die Bewirkung des Umsatzes als Ganzes unverzichtbar und sind miteinander verflochten.

52.       Darum ist eine Analyse erforderlich, ob die Einnahmen aus den Forderungen, die der Unterbeteiligte vom Originator erhält, das Entgelt für die Überlassung von Kapital darstellen(35). Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass die Vergütung des Unterbeteiligten aus der Differenz zwischen dem geschätzten Wert der Forderungen, der ihrem Nennwert zu entsprechen scheint, und dem Betrag besteht, den der Unterbeteiligte dem Originator im Voraus zahlt.

53.       Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung nicht festlegt, ob das in Rede stehende Entgelt aus dem Blickwinkel des Originators, des Unterbeteiligten oder beider Parteien zu analysieren ist. Während z. B. der Wunsch des Originators sein könnte, seine Risikoposition zu reduzieren, sein Darlehensportfolio zu diversifizieren und/oder regulatorische Eigenmittel freizusetzen, mag das Ziel des Unterbeteiligten darin liegen, Einnahmen aus den Hauptforderungen zu erzielen, ohne der Eigentümer dieser Forderungen zu sein und ohne in einer Beziehung zu einem bestimmten Hauptschuldner zu stehen, damit er sich nicht mit der Darlehensabwicklung befassen muss.

54.       Da der Wortlaut des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 nahelegt, dass die Betonung auf die Natur des Umsatzes zu legen ist(36), stellt meiner Auffassung nach die wirtschaftliche und geschäftliche Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dar(37). Damit eine Dienstleistung, wie sie vom Unterbeteiligten erbracht wird, als Gewährung von „Krediten“ angesehen werden kann, die nach dieser Bestimmung steuerbefreit ist, muss diese Leistung daher ein eigenständiges Ganzes sein, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen eines solchen Umsatzes erfüllt(38). Außerdem berücksichtigt der Gerichtshof nach gefestigter Rechtsprechung sowohl den wirtschaftlichen Zweck dieses Umsatzes als auch das Interesse der Leistungsempfänger(39).

55.       In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass das vorlegende Gericht feststellt, dass die vom Unterbeteiligten erbrachte Dienstleistung ein zweifaches wirtschaftliches Ziel hat, das in der Finanzierung des ursprünglichen Darlehens und der Übertragung des Kreditrisikos besteht.

3)         Die Finanzierung der ursprünglichen Darlehen

56.       Das vorlegende Gericht weist darauf hin, der in Rede stehende Umsatz diene der Finanzierung der ursprünglichen Darlehen(40). Meines Erachtens ist der Ausdruck „Gewährung … eines Darlehens“ im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 weit genug gefasst, um eine Zahlung, die ein Originator an einen Unterbeteiligten leistet, zu erfassen, sofern diese Zahlung die Vergütung für die Kapitalüberlassung darstellen kann. Außerdem ist es für eine solche Feststellung irrelevant, ob diese Zahlung Zinsen oder eine andere Form eines Entgelts darstellt. Es erscheint mir erheblich, wenn es im Vorlagebeschluss heißt, dass der vom Unterbeteiligten gezahlte Betrag grundsätzlich geringer sei als der Betrag, den er durch die nachfolgenden Überweisungen der Einnahmen vom Originator erhalte. Vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht scheint es, dass die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen in der Tat die vom Unterbeteiligten erzielte Vergütung für die Überlassung seines Kapitals darstellt und daher als „Gewährung … von Krediten“ angesehen werden kann, wie sie vom Gerichtshof ausgelegt wird. Umfasst jedoch diese Vergütung auch die Dienstleistung der Übernahme des Kreditrisikos für bestimmte Arten von Risikopositionen, könnte vertreten werden, dass der objektive Zweck des Umsatzes über die reine Finanzierung des Originators hinausgeht.

4)         Die Übertragung des Risikos in Bezug auf das zugrunde liegende Darlehen

57.       Aus dem Blickwinkel des Originators, dem die Dienstleistungen erbracht werden und dessen Interessen ein grundlegendes Kriterium sind(41), stellt der in Rede stehende Umsatz ein Mittel zur Übertragung eines Kreditrisikos in Bezug auf ein zugrunde liegendes Darlehen oder Darlehensportfolio auf den Unterbeteiligten dar.

58.       In diesem Zusammenhang weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Unterbeteiligungsvertrag als ein Mechanismus für die Übertragung des Kreditrisikos vom Originator auf den Unterbeteiligten funktioniert, da Letzterer sich verpflichtet, das Risiko eines eventuellen Verlusts des Originators in Hinblick auf die ursprünglichen Darlehen zu tragen(42). Daher könnte es als wesentlicher Zweck des in Rede stehenden Umsatzes angesehen werden, das die ursprünglichen Darlehen betreffende Risiko zu übertragen(43). In diesem Zusammenhang ist der Hinweis wichtig, dass sich der Originator gegen eine Vorauszahlung seitens des Unterbeteiligten verpflichtet, die Einnahmen aus den Forderungen an den Unterbeteiligten zu überweisen, der letztendlich alle Verluste im Fall eines Zahlungsausfalls trüge(44). Da die ursprünglichen Darlehen nicht verkauft werden und in der Bilanz des Originators verbleiben, ließe sich selbst vertreten, dass aus dem Blickwinkel des Originators die Zwecke des in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrags vornehmlich in der Verwaltung des Kredit- und Kapitalrisikos bestehen. Im Allgemeinen ist es weitgehend akzeptiert, dass die Verbriefung, mit der die Unterbeteiligung vergleichbar ist, zusammen mit dem Verkauf oder der Rückversicherung von Darlehen einen Mechanismus der Risikoverwaltung darstellt(45).

59.       In der vorliegenden Rechtssache ist es Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des in Rede stehenden Umsatzes festzustellen, ob die Risikoverwaltung als wesentliches Element der vom Unterbeteiligten erbrachten Dienstleistungen angesehen werden kann.

60.       In dieser Hinsicht erscheint mir erheblich, dass die vom Originator im Rahmen des Unterbeteiligungsvertrags geleistete Zahlung von der Erfüllung durch den Hauptschuldner abhängt. Fällt Letzterer aus, kann Ersterer die Zahlung nicht an den Unterbeteiligten überweisen, der wiederum nicht den bei Abschluss des Vertrags vereinbarten Betrag erhält. In diesem Zusammenhang unterscheiden zwei Elemente den in Rede stehenden Umsatz von einem „traditionellen“ Kreditvertrag. Erstens ist es das Fehlen eines Anspruchs des Unterbeteiligten gegen den Hauptschuldner, das die dreiseitige Natur des in Rede stehenden Umsatzes charakterisiert, da der Unterbeteiligte kein Recht hat, das ausgefallene Darlehen beizutreiben. Zweitens ist es nach einem „traditionellen“ Kreditvertrag üblich, dass der Schuldner Garantien und Sicherheiten leisten muss. Im Allgemeinen beruhen die Darlehensentscheidungen der Banken tendenziell auf dem Betrag der verfügbaren Sicherheiten(46). Bei dem in Rede stehenden Umsatz bestehen jedoch keine Garantien zur Minimisierung des Verlustrisikos des Unterbeteiligten, falls der Hauptschuldner ausfällt(47).

61.       Angesichts des zweifachen Zwecks des in Rede stehenden Umsatzes und seiner Hauptmerkmale bin ich der Auffassung, dass der in Rede stehende Unterbeteiligungsumsatz von dem Umsatz zu unterscheiden ist, um den es in der Rechtssache FRANCK(48) ging. Dieser Umsatz betraf eine Handelsgesellschaft, deren Tätigkeit in der Verarbeitung von Tee und Kaffee bestand und die einer Einzelhandelskette durch gleichzeitigen Abschluss dreier Arten von Verträgen Geldmittel überließ. Da der wirtschaftliche Zweck dieses Umsatzes darin bestand, den Kapitalbedarf der Einzelhandelskette zu decken(49), war der Gerichtshof der Auffassung, dass – vorbehaltlich der Überprüfung durch das nationale Gericht – die Hauptleistung darin zu sehen war, der Einzelhandelskette Geldmittel zu überlassen, die die Handelsgesellschaft von einer Factoringgesellschaft erhalten hatte. Der Gerichtshof entschied, dass die anderen von der Gesellschaft in Erfüllung der drei Arten von Verträgen erbrachten Dienstleistungen als Nebenleistungen zu dieser Hauptleistung anzusehen waren, die keinen anderen Zweck hatten. Es liegt auf der Hand, dass der in der Rechtssache FRANCK in Rede stehende Umsatz im Gegensatz zu dem Umsatz, um den es in der vorliegenden Rechtssache geht, nicht die Risikoübertragung umfasste, aber, vorbehaltlich der Überprüfung durch das nationale Gericht, eine „Gewährung … von Krediten“ im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 darstellen konnte.

5)         Zwischenergebnis

62.       Der zweifache Zweck des in Rede stehenden Umsatzes – die Finanzierung des Hauptdarlehens und die Verwaltung des Kreditrisikos durch den Originator – besteht in untrennbaren Dienstleistungen, und keine dieser Dienstleistungen kann, vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht, als eine Haupt- oder Nebenleistung angesehen werden. Obwohl beide Dienstleistungen gesondert angeboten werden können, liegt auf der Hand, dass nach dem in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrag die Vorauszahlung die Vergütung für den Erhalt der Einnahmen aus den Forderungen darstellt, die dem Unterbeteiligten vom Originator überwiesen werden. Der Originator kann sich auch verpflichten, diese Einnahmen als Gegenleistung für das Risiko zu übertragen, das auf den Unterbeteiligten übertragen wird. Folglich bin ich der Auffassung, dass der in Rede stehende Unterbeteiligungsvertrag, da er in Bezug auf die ursprünglichen Darlehen als Finanzierungsmittel und Risikoübertragungsmethode dient, in Hinblick auf die Mehrwertsteuer nur als Ganzes berücksichtigt werden kann(50).

63.       Dementsprechend bin ich der Ansicht, dass, obwohl die Dienstleistung der Finanzierung von Darlehen vom Wortlaut „Gewährung … von Krediten“ und somit von der Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 erfasst werden kann, dies demgegenüber nicht für die Dienstleistung zutrifft, die der Unterbeteiligte erbringt und die in der Übernahme des Risikos für den Fall des Ausfalls des Hauptschuldners besteht. Da jedoch kein Bestandteil des Wortlauts des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 darauf hinweist, ob eine Dienstleistung, die in der Übernahme des vom Originator auf den Unterbeteiligten übertragenen Kreditrisikos besteht, eine Gewährung von „Krediten“ darstellt, ist diese Frage anhand der Systematik und der Ziele dieser Bestimmung zu klären.

b)         Systematische Auslegung

1)         Die Systematik des Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112

64.       Von der Systematik her ist darauf hinzuweisen, dass Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 eine Reihe unterschiedlicher Finanz- und Bankumsätze und Geschäfte nennt, die Kredite, Handels- und Wertpapiere betreffen, was Hinweise darauf geben kann, wie der Ausdruck „Gewährung … von Krediten“ im Sinne des Buchst. b dieser Bestimmung auszulegen ist. Insbesondere nennen Buchst. d dieses Absatzes „Umsätze – einschließlich der Vermittlung – im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren“ und Buchst. f „Umsätze …, die sich auf … Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen“. Meines Erachtens können die Buchst. a, c und e dieses Absatzes von der vorliegenden Analyse ausgeschlossen werden, da sie Bereiche, Umsätze oder Personen betreffen, die für die Einordnung des in Rede stehenden Umsatzes nicht relevant sind.

65.       Bei der Analyse des Anwendungsbereichs der Buchst. b, d und f des Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 bin ich zu dem Ergebnis gelangt, dass ihre jeweiligen Anwendungsbereiche und Zwecke nicht ganz übereinstimmen(51).

66.       Erstens hat der Gerichtshof, wie ich bereits ausgeführt habe, in Hinblick auf die „Gewährung … von Krediten“ im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 entschieden, dass diese darin besteht, dass jeweils gegen Zahlung von Zinsen Kapital überlassen oder beim Erwerb eines Gegenstands ein Zahlungsaufschub gewährt wird(52).

67.       Zweitens hat der Gerichtshof in Hinblick auf die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112 aufgeführten Umsätze entschieden, dass Umsätze „im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren“ in den Bereich von Finanzgeschäften fallen und u. a. Zahlungsinstrumente betreffen, deren Funktionsweise einen Geldtransfer beinhalten(53). In einem jüngeren Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass von einer Gesellschaft ausgestellte Wechsel als „Handelspapiere“ im Sinne dieser Bestimmung anzusehen waren, da sie eine Verpflichtung dieser Gesellschaft als Ausstellerin enthielten, den angegebenen Betrag an den Wechselinhaber zum Fälligkeitstermin zu zahlen(54).

68.       Drittens genügt in Hinblick auf die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2006/112 der Hinweis, dass letztere Bestimmung u. a. Umsätze erfasst, „die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen“. Der Gerichtshof hat entschieden, dass Wertpapiere ein Eigentumsrecht an juristischen Personen begründen und dass „sonstige Wertpapiere“ ihrer Art nach mit den in dieser Vorschrift speziell genannten Wertpapieren vergleichbar sein müssen(55). Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass die Umsätze, die sich auf Aktien und andere Wertpapiere beziehen, auf dem Wertpapiermarkt bewirkte Umsätze betreffen und dass der Wertpapierhandel Handlungen umfasst, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern(56). Im Sinne dieser Bestimmung betrifft die Wendung „Umsätze …, die sich auf … sonstige Wertpapiere beziehen“ Umsätze, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen(57).

69.       Nach meiner Auffassung folgt aus der Systematik der vorgenannten Buchstaben des Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112, dass dessen Buchst. d Zahlungen und Handelspapiere behandelt(58), während Buchst. f u. a. die Kapitalanlage(59) und Wertpapierumsätze umfasst, die eine Risikoübertragung wie diejenige umfassen könnte, die im Ausgangsverfahren in Rede steht. Demgegenüber deckt Buchst. b traditionellere Kreditgeschäfte ab, die die Kapitalüberlassung gegen Vergütung mit sich bringen. Daher scheint es, dass die unter Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 fallenden Umsätze bestimmte Kreditgeschäfte abdecken können, jedoch nicht Umsätze umfassen, die die Übertragung des Kreditrisikos beinhalten, die ein wesentliches Element des in Rede stehenden Umsatzes darzustellen scheint.

70.       In diesem Zusammenhang ist es Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles festzustellen, wie der Unterbeteiligungsvertrag strukturiert ist, und insbesondere zu klären, ob das zugrunde liegende Forderungsportfolio nach Maßgabe des erwarteten Risikoniveaus der Darlehen in Tranchen aufgeteilt wird(60). In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien die Möglichkeit einer solchen Aufteilung nicht ausgeschlossen, in welchem Fall die Beträge der Vorauszahlung und/oder der Einnahmen aus den Forderungen von der Qualität des Darlehensportfolios und den auf den Unterbeteiligten übertragenen Kreditrisikopositionen abhängen(61).

71.       In den Nrn. 55 bis 57 dieser Schlussanträge habe ich bereits darauf hingewiesen, dass es, vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht, scheint, dass die vom Unterbeteiligten im Rahmen des Unterbeteiligungsvertrags erbrachten Dienstleistungen aus zwei miteinander verflochtenen, gleichgestellten Elementen bestehen, nämlich der Finanzierung der ursprünglichen Darlehen und der Übertragung des Kreditrisikos in Bezug auf die ursprünglichen Darlehen auf den Unterbeteiligten. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Systematik des Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 und der Komponente der Übertragung des Kreditrisikos, die den Umsatz einem Verbriefungsumsatz vergleichbar macht, bin ich der Auffassung, dass der in Rede stehende Unterbeteiligungsumsatz nicht unter den Begriff der „Gewährung … von Krediten“ im Sinne des Buchst. b dieses Absatzes fällt. Andernfalls könnten Zweifel an Sinn und Zweck des Buchst. f dieses Absatzes entstehen, da alle dort aufgeführten Umsätze eine gewisse Finanzierung erfordern. Meiner Auffassung nach wird dieses Ergebnis durch eine intertextuelle Auslegung anderer Unionsrechtsakte gestützt, die Verbriefungen betreffen.

2)         Das Verhältnis zwischen Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 und dem Unionsrecht über Verbriefungen

72.       In der Finanzwelt stellt die Verbriefung eine Technik dar, die die Umwandlung von Darlehen in marktfähige Wertpapiere und den Verkauf solcher Wertpapiere an Anleger gestattet(62). Nach dem Wertpapierrecht besteht eine Unterscheidung zwischen (traditioneller) „True-Sale“-Verbriefung und synthetischer Verbriefung. Die synthetische Verbriefung umfasst im Gegensatz zur „True-Sale“-Verbriefung Darlehen, die von der Bank nicht verkauft werden, sondern in der Bilanz der originierenden Bank verbleiben(63). Das Kreditrisiko in Bezug auf diese Darlehen wird auf den Investmentfonds übertragen. Synthetische Verbriefung findet statt, wenn „der Risikotransfer durch Kreditderivate oder Garantien erreicht wird und die verbrieften Forderungen Forderungen des originierenden Instituts bleiben“(64). Der nach dem in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrag vorgesehene Umsatz weist bestimmte Merkmale einer synthetischen Verbriefung mit Sicherheitsleistung auf(65) oder scheint ihr zumindest konzeptionell vergleichbar zu sein.

73.       Die Verordnung (EU) 2017/2402(66) hat einen allgemeinen Rahmen für Verbriefungen in das Unionsrecht eingeführt. Ihr Ziel besteht darin, einfache, transparente und standardisierte Verbriefungen (simple, transparent and standardised securitisations, im Folgenden: STS-Rahmen) zu schaffen, um den Zugang zu Krediten in Europa zu erleichtern und Anleger zu schützen. Die oben genannte Unterscheidung zwischen den beiden Arten der Verbriefung findet sich in dieser Verordnung wieder. Synthetische Verbriefung wird in Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 dieser Verordnung als eine Verbriefung definiert, bei der der Risikotransfer durch Kreditderivate oder Garantien erreicht wird und die verbrieften Risikopositionen Risikopositionen des Originators bleiben. Ursprünglich waren solche Verbriefungen jedoch aus dem STS-Rahmen ausgenommen(67).

74.       Am 31. März 2021 wurde die Verordnung 2017/2402 geändert(68), um bestimmte Arten synthetischer Verbriefungen in den STS-Rahmen zu dem Zweck aufzunehmen, im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise die Liquidität zu erhöhen und den Zugang zu Finanzmitteln zu vereinfachen. Mit dem Erlass der Verordnung 2021/557 hat der Unionsgesetzgeber bilanzwirksame synthetische Verbriefungen anerkannt, eine Kategorie, der der in Rede stehende Unterbeteiligungsumsatz zuzugehören oder konzeptionell vergleichbar zu sein scheint(69).

75.       Es trifft zu, dass die neuen Bestimmungen erst seit dem 9. April 2021 anwendbar sind, während der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Steuervorbescheid am 30. Dezember 2015 ergangen ist, also zu einer Zeit, als synthetische Verbriefungen nicht von spezifischen unionsrechtlichen Bestimmungen erfasst waren. Gleichwohl können die Bestimmungen der Verordnung 2021/557 Hinweise auf die Merkmale synthetischer Verbriefungen geben und zur Erläuterung dienen, wie der Unterbeteiligungsvertrag nach den Unionsvorschriften über Verbriefungen einzuordnen ist.

76.       In dieser Hinsicht erscheint der Hinweis interessant, dass der elfte Erwägungsgrund dieser Verordnung, in dem es um synthetische Verbriefungen geht, den oben genannten zweifachen Zweck des Umsatzes erläutert und betont, dass der Anleger Besicherung bietet, während der Originator vom Anleger eine Absicherung erwirbt und sich verpflichtet, eine Besicherungsprämie zu zahlen, die die Rendite für den Anleger generiert. Der 13. Erwägungsgrund der Verordnung 2021/557 erläutert, dass „bei synthetischen Verbriefungen die Risikoübertragung über eine Besicherungsvereinbarung statt über einen Verkauf der zugrunde liegenden Vermögenswerte erfolgt“. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, trifft zu, dass bei dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Umsatz der Unterbeteiligte im Gegensatz zu der in dieser Verordnung vorgesehenen synthetischen Verbriefung anfänglich eine Zahlung an den Originator leistet. Dieser Umstand ist jedoch ohne Belang, wenn die Ziele der beiden Umsätze verglichen werden, da klar ist, dass beide Umsätze einen Absicherungszweck beinhalten.

77.       Außerdem führt der Unionsgesetzgeber im fünften Erwägungsgrund der Verordnung 2021/557 an, dass die synthetische Verbriefung eine Möglichkeit ist, Risiken aus systemrelevanten Teilen des Finanzsystems zu entfernen und Kreditgebern zu erlauben, ihre Eigenkapitalausstattungen zu stärken. Daher bin ich der Auffassung, dass Sinn und Zweck der besseren Verfügbarmachung der synthetischen Verbriefung dasselbe zweifache Ziel verfolgen wie der in Rede stehende Unterbeteiligungsvertrag, d. h. den in den Nrn. 55 bis 61 dieser Schlussanträge erläuterten zweifachen Zweck.

78.       Dementsprechend hindern die Unionsvorschriften über Verbriefungen zwar nicht daran, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Umsätze als Umsätze oder Geschäfte zu betrachten, die von Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 erfasst werden, doch scheinen sie darauf hinzuweisen, dass solche Umsätze unter Buchst. f dieser Bestimmung fallen. Aus den in den Nrn. 63 und 71 dieser Schlussanträge erläuterten Gründen bin ich der Auffassung, dass nur ein Teil der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Umsätze unter Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 fällt, während der andere Teil – die Übertragung des Kreditrisikos, die gleichermaßen als wesentlicher Teil des Umsatzes angesehen werden könnte – unter Buchst. f dieses Absatzes fallen kann. Die Frage, ob letztere Bestimmung auf den betreffenden Umsatz anwendbar ist, steht in der Vorlagefrage des nationalen Gerichts nicht in Rede und ist somit nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

3.         Teleologische Auslegung

79.       Den Ausgangspunkt einer teleologischen Auslegung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 stellt die Abwägung zwischen dem Erfordernis einer strengen Auslegung der in diesem Artikel festgelegten Steuerbefreiungen(70) einerseits und der weiten Auslegung, die der Ausdruck „Gewährung … von Krediten“ erfahren hat(71), andererseits dar. Letztere Auslegung ist eine Folge des Ziels der Richtlinie 2006/112, die Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen sicherzustellen(72).

80.       In den Erwägungsgründen der Richtlinie 2006/112 werden die Gründe, die den Unionsgesetzgeber dazu bewogen haben, Finanzdienstleistungen einschließlich der Gewährung von Krediten von der Mehrwertsteuer zu befreien, nicht erläutert.

81.       In Hinblick auf Art. 13 Teil B Buchst. d der Sechsten Richtlinie (nunmehr Art. 135 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112) hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass der Zweck der Steuerbefreiung von Finanzgeschäften darin besteht, die Schwierigkeiten, die mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und des steuerbefreiten Betrags verbunden sind, zu beseitigen(73) und eine Erhöhung der Kosten des Verbraucherkredits zu vermeiden(74). Analog besteht das Ziel des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 darin, die mit der Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage und des steuerbefreiten Betrags verbundenen Schwierigkeiten zu beseitigen und die Finanzierungskosten zu reduzieren. In der vorliegenden Rechtssache bleibt im Hinblick auf die Reduzierung die Frage, ob der nach dem Unterbeteiligungsvertrag bewirkte Umsatz tatsächlich die Kosten des durch den Originator erworbenen Kredits reduzieren würde.

82.       Erstens besteht in Hinblick auf das Ziel, das die mit der Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage verbundenen Schwierigkeiten betrifft, wie von der Finanzverwaltung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, keine Schwierigkeit, diese Bestimmung vorzunehmen, da die Differenz zwischen den beiden in Rede stehenden Beträgen – der Vorauszahlung durch den Unterbeteiligten und den Einnahmen aus den Forderungen – objektiv festgestellt werden kann. Daher wird das erste Ziel von dem in Rede stehenden Umsatz nicht erreicht.

83.       Zweitens bleibt in Bezug auf die Frage der Vermeidung einer Erhöhung oder der Reduzierung von Kreditkosten die Frage, ob der nach dem Unterbeteiligungsvertrag bewirkte Umsatz tatsächlich die Kosten des durch den Originator erworbenen Kredits reduzieren würde. Meiner Auffassung nach stellt die Verbriefung zwar ein Mittel dar, das die Möglichkeiten der Banken verbessern kann, Finanzierungen vorzunehmen, ihr Portfolio zu diversifizieren oder ihr Risiko zu verwalten, doch ist sehr zweifelhaft, ob sie tatsächlich die Finanzierungskosten reduziert, da ein solcher Umsatz eine Übertragung des Risikos vom Originator auf den Unterbeteiligten beinhaltet. Eine solche Risikoübertragung bringt grundsätzlich Kosten mit sich, die wahrscheinlich entweder den vom Unterbeteiligten gezahlten Betrag reduzieren und/oder die vom Originator geleistete Zahlung in Form der Einnahmen erhöht. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, eine solche Analyse tatsächlicher Art vorzunehmen, um festzustellen, ob die Finanzierungskosten tatsächlich durch den in Rede stehenden Umsatz reduziert werden und ob der Zweck des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 erreicht wird.

84.       Im Ergebnis bin ich der Auffassung, dass ein Umsatz wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende eindeutig keinen der steuerbefreiten Finanzumsätze in Bezug auf die Gewährung von „Krediten“ im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 darstellt. Angesichts des wesentlichen Bestandteils der vom Unterbeteiligten bewirkten Risikoverwaltung ist es jedoch möglich, dass ein solcher Umsatz unter eine andere Bestimmung wie Buchst. f dieses Absatzes fallen kann.

V.         Ergebnis …


1          Originalsprache: Englisch.


2          Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).


3          Gesetz über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen vom 11. März 2004, in der auf den Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (Dz. U. 2011, Nr. 177, Pos. 1054).


4          Gesetz über Investmentfonds und die Verwaltung alternativer Investmentfonds vom 27. Mai 2004 (Dz. U. 2004, Nr. 146, Pos. 1546, in der anwendbaren Fassung).


5          Art. 137 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen können, sich bei den in Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis g dieser Richtlinie genannten Finanzumsätzen für eine Besteuerung zu entscheiden.


6          Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 definiert Dienstleistungen als „jede[n] Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist“.


7          Gemäß Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 gilt als Steuerpflichtiger, wer eine solche wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort selbständig ausübt.


8          Urteile vom 7. Oktober 2010, Loyalty Management UK und Baxi Group  (C-53/09 und C-55/09, EU:C:2010:590, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 26. September 2013, Serebryannay vek (C-283/12, EU:C:2013:599, Rn. 37).


9          Urteil vom 22. Oktober 2015, Hedqvist (C-264/14, EU:C:2015:718, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).


10        Urteil vom 14. Juli 1998, First National Bank of Chicago (C-172/96, EU:C:1998:354, Rn. 33).


11        Auf diese Frage wird in Nr. 60 dieser Schlussanträge eingegangen.


12        Urteil vom 26. Juni 2003 (C-305/01, EU:C:2003:377).


13        Urteil 27. Oktober 2011 (C-93/10, EU:C:2011:700). In diesem Urteil hat der Gerichtshof Art. 2 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) ausgelegt, dem Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Richtlinie 2006/112 entspricht.


14        Urteil vom 26. Juni 2003, MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring (C-305/01, EU:C:2003:377, Rn. 80).


15        Urteil vom 27. Oktober 2011 (C-93/10, EU:C:2011:700).


16        Rn. 26 dieses Urteils.


17        Urteil vom 27. Oktober 2011 (C-93/10, EU:C:2011:700).


18        Ebd.


19        Ebd.


20        Urteile vom 25. Juli 2018, DPAS (C-5/17, EU:C:2018:592, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 2. Juli 2020, Blackrock Investment Management (UK) (C-231/19, EU:C:2020:513, Rn. 21).


21        Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Dezember 2018, Mailat (C-17/18, EU:C:2018:1038, Rn. 37), und vom 8. Oktober 2020, United Biscuits (Pensions Trustees) und United Biscuits Pension Investments (C-235/19, EU:C:2020:801, Rn. 29).


22        Vgl. u. a. Urteile vom 18. November 2004, Temco Europe (C-284/03, EU:C:2004:730, Rn. 17), und vom 21. Februar 2013, Žamberk (C-18/12, EU:C:2013:95, Rn. 19).


23        Urteil vom 13. Januar 2022, Termas Sulfurosas de Alcafache (C-513/20, EU:C:2022:18, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24        Urteil vom 2. Juli 2020, Blackrock Investment Management (UK) (C-231/19, EU:C:2020:513, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).


25        Urteil vom 10. September 2014, Ben Alaya (C-491/13, EU:C:2014:2187, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).


26        Siehe oben, Nrn. 42 bis 45.


27        Vgl. insbesondere Urteile vom 15. Mai 2019, Vega International Car Transport and Logistic (C-235/18, EU:C:2019:412, Rn. 44), und vom 18. Oktober 2018, Volkswagen Financial Services (UK) (C-153/17, EU:C:2018:845, Rn. 35).


28        Urteil vom 27. Oktober 1993 (C-281/91, EU:C:1993:855).


29        Ebd. (Rn. 13). Vgl. auch Urteile vom 29. April 2004, EDM (C-77/01, EU:C:2004:243), und vom 8. Dezember 2016, Stock ’94 (C-208/15, EU:C:2016:936).


30        Es ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Rn. 38 des Urteils vom 17. Oktober 2019, Paulo Nascimento Consulting (C-692/17, EU:C:2019:867), die Nr. 61 der Schlussanträge des Generalanwalts anführt, in der auf Rn. 12 ff. des Urteils Muys’ en De Winter’s Bouw- en Aannemingsbedrijf  vom 27. Oktober 1993 (C-281/91, EU:C:1993:855) verwiesen wird.


31        Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Oktober 2019, Paulo Nascimento Consulting (C-692/17, EU:C:2019:867, Rn. 38).


32        Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Mai 2019, Vega International Car Transport and Logistic (C-235/18, EU:C:2019:412, Rn. 47 und 48).


33        Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Oktober 2019, Paulo Nascimento Consulting (C-692/17, EU:C:2019:867, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).


34        Urteil vom 15. Mai 2019, Vega International Car Transport and Logistic (C-235/18, EU:C:2019:412, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).


35        Vgl. Nrn. 48 bis 50 dieser Schlussanträge.


36        Vgl. entsprechend die von Generalanwalt Szpunar in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Volkswagen (C-153/17, EU:C:2018:305, Nrn. 68 bis 74) angeführten Rechtssachen.


37        Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2018, MEO – Serviços de Comunicações e Multimedia (C-295/17, EU:C:2018:942, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).


38        Vgl. entsprechend Urteil vom 17. Dezember 2020, FRANCK (C-801/19, EU:C:2020:1049, Rn. 45).


39        Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Dezember 2016, Stock ’94 (C-208/15, EU:C:2016:936, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).


40        Es sei darauf hingewiesen, dass aus den dem Gerichtshof vorgelegten Unterlagen nicht klar hervorgeht, ob es sich bei den ursprünglichen Darlehen um zukünftige oder bestehende Darlehen handelt. Die mündliche Verhandlung hat dieses Rätsel nicht gelöst.


41        Siehe oben, Nr. 54.


42        Vgl. Art. 183 Abs. 4 des Investmentfondsgesetzes.


43        Einige der Methoden zur Übertragung eines Darlehens können die Novation, die Abtretung sowie die Beteiligung oder Unterbeteiligung sein, die mit oder ohne Sicherheitsleistung erfolgen können.


44        Eine solche Übertragung findet statt, da Art. 183 Abs. 4 des Investmentfondsgesetzes eine Verpflichtung zur Überweisung aller Einnahmen aus den verbrieften Forderungen, der Hauptbeträge der verbrieften Forderungen und der Beträge, die bei der Verwertung der die verbrieften Forderungen betreffenden Sicherheiten erzielt werden, an den Unterbeteiligten vorsieht.


45        OECD, Facilitating Access to Finance – Discussion Paper on Credit Guarantee Schemes, OECD Publishing, 2010.


46        Ebd.


47        Diese Beurteilung wird durch die Definition des Ausdrucks „Kreditvertrag“ nach Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie (EU) 2021/2167 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2021 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU (ABl. 2021, L 438, S. 1) bestätigt, der „einen Vertrag in ursprünglicher, geänderter oder ersetzter Form, bei dem ein Kreditinstitut einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt“, bezeichnet. Folglich ist der in dieser Bestimmung definierte Begriff „Kreditvertrag“ besonders weit gefasst. Eine solche Definition könnte meiner Auffassung nach einen Vertrag wie den erfassen, der im vorliegenden Verfahren in Rede steht, der Kapital gegen aufgeschobene Zahlungen vorsieht. Allerdings schließt sie wiederum nicht die Übertragung des Risikos ein, die wesentlicher Bestandteil des in Rede stehenden Unterbeteiligungsvertrags ist.


48        Urteil vom 17. Dezember 2020 (C-801/19, EU:C:2020:1049).


49        Rn. 28 des Urteils FRANCK.


50        Vgl. entsprechend Urteil vom 19. Juli 2012, Deutsche Bank (C-44/11, EU:C:2012:484, Rn. 43).


51        Die Unterschiede können dem Wortlaut dieser Buchstaben entnommen werden. Während Buchst. b die „Gewährung … von Krediten“ behandelt, nennt Buchst. d Umsätze „im“ Bereich bestimmter Bankengeschäfte und umfasst Buchst. f Umsätze, „die sich auf“ bestimmte Rechte und Wertpapiere „beziehen“ (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Aspiro, C-40/15, EU:C:2015:850, Nr. 26; vgl. auch Urteil vom 17. März 2016, Aspiro, C-40/15, EU:C:2016:172, Rn. 29).


52        Siehe oben, Nr. 48.


53        Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Juni 2014, Granton Advertising (C-461/12, EU:C:2014:1745, Rn. 36 bis 38), vom 22. Oktober 2015, Hedqvist (C-264/14, EU:C:2015:718, Rn. 40), und vom 26. Mai 2016, Bookit (C-607/14, EU:C:2016:355, Rn. 40).


54        Urteil vom 17. Dezember 2020, FRANCK (C-801/19, EU:C:2020:1049, Rn. 42).


55        Urteil vom 12. Juni 2014, Granton Advertising (C-461/12, EU:C:2014:1745, Rn. 27).


56        Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 1997, SDC (C-2/95, EU:C:1997:278, Rn. 72 und 73).


57        Urteile vom 13. Dezember 2001, CSC Financial Services (C-235/00, EU:C:2001:696, Rn. 33), vom 29. Oktober 2009, AB SKF (C-29/08, EU:C:2009:665, Rn. 48), und vom 5. Juli 2012, DTZ Zadelhoff (C-259/11, EU:C:2012:423, Rn. 23).


58        Urteil vom 17. Dezember 2020, FRANCK (C-801/19, EU:C:2020:1049).


59        Urteil vom 6. Februar 1997, Harnas & Helm (C-80/95, EU:C:1997:56, Rn. 16 und 18).


60        Eine Tranche ist ein Teil eines strukturierten Finanzinstruments mit bestimmten Risiken, Vergütungen und/oder Fälligkeiten. Es mag bezüglich jeder Tranche eine Anspruchshierarchie bestehen.


61        Erwirbt z. B. ein Originator eine Besicherung für eine „Juniortranche“ (die sogenannte „Erstverlusttranche“, deren Profil hohes Risiko mit hoher Vergütung verbindet), zielt eine solche Verbriefung auf die Reduzierung der Kapitalanforderungen an die Originator-Bank gegen eine Übertragung des Risikos auf Anleger ab, anstatt auf die Schaffung von Liquidität.


62        Vgl. z. B. https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/banking-and-finance/financial-markets/securities-markets/securitisation. Für eine unionsrechtliche Definition des Begriffs „Verbriefung“ vgl. Art. 4 Abs. 1 Nr. 61 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. 2013, L 176, S. 1).


63        Der Vorlagebeschluss definiert den in Rede stehenden Umsatz als eine synthetische Verbriefung, während die Kommission in der mündlichen Verhandlung auf den Umstand hingewiesen hat, dass eine solche Verbriefung anders als der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Umsatz nach derzeitigem Unionsrecht keine Sicherheitsleistung durch den Anleger beinhaltet.


64        Art. 242 Abs. 11 der Verordnung Nr. 575/2013.


65        Eine synthetische Verbriefung kann mit oder ohne Sicherheitsleistung erfolgen (vgl. z. B. https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2016/583848/EPRS_BRI%282016%29583848_EN.pdf).


66        Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG, 2011/61/EU und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012 (ABl. 2017, L 347, S. 35).


67        Vgl. in diesem Sinne 24. Erwägungsgrund der Verordnung 2017/2402.


68        Verordnung (EU) 2021/557 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2021 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2402 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung mit dem Ziel, die Erholung von der COVID-19-Krise zu fördern (ABl. 2021, L 116, S. 1).


69        Vgl. die Definition im neunten Erwägungsgrund der Verordnung 2021/557.


70        Siehe oben, Nr. 43.


71        Siehe oben, Nr. 47. Vgl. auch Urteil vom 17. Dezember 2020, FRANCK (C-801/19, EU:C:2020:1049, Rn. 35).


72        Vgl. insbesondere Urteil vom 15. Mai 2019, Vega International Car Transport and Logistic (C-235/18, EU:C:2019:412, Rn. 44 und 45).


73        Wie Generalanwalt Szpunar ausgeführt hat, ist in der Literatur allgemein anerkannt, dass diese Dienstleistungen, die nur Finanzbewegungen betreffen, aufgrund der Schwierigkeit, die Steuerbemessungsgrundlage zu ermitteln, zu schwierig zu besteuern sind (vgl. Schlussanträge in der Rechtssache Volkswagen, C-153/17, EU:C:2018:305, Nr. 80).


74        Urteil vom 19. April 2007, Velvet & Steel Immobilien (C-455/05, EU:C:2007:232, Rn. 24).

 

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