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Steuerrecht
12.01.2023
Steuerrecht
EuGH: Elektronischer Geschäftsverkehr – Internetportal für die Immobilienvermittlung – Dienstleistungen im Binnenmarkt

EuGH, Urteil vom 22.12.2022 – C-83/21; Airbnb Ireland UC, Airbnb Payments UK Ltd gegen Agenzia delle Entrate

ECLI:EU:C:2022:1018

Volltext BB-Online BBL2023-84-1

Tenor

1. Art. 56 AEUV ist wie folgt auszulegen:

– Erstens steht er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegen, nach denen die Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung und der Art und Weise ihrer Vermittlung bei Vermietungen von im Gebiet dieses Mitgliedstaats belegenen Immobilien für eine Dauer von höchstens 30 Tagen Daten über die infolge ihrer Vermittlung geschlossenen Mietverträge zu erheben und anschließend an die Steuerverwaltung zu übermitteln haben und, wenn diese Dienstleistungserbringer die entsprechenden Mieten oder Entgelte eingezogen haben oder im Zusammenhang mit ihrer Einziehung tätig geworden sind, die auf die von den Mietern an die Vermieter gezahlten Beträge anfallende Steuer an der Quelle einbehalten und an die Staatskasse des betreffenden Mitgliedstaats abführen müssen;

– zweitens steht er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, nach denen die Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung bei Vermietungen von im Gebiet dieses Mitgliedstaats belegenen Immobilien für eine Dauer von höchstens 30 Tagen verpflichtet sind, einen im Mitgliedstaat der Besteuerung ansässigen oder niedergelassenen Steuervertreter zu benennen, wenn diese Dienstleistungserbringer die entsprechenden Mieten oder Entgelte eingezogen haben oder im Zusammenhang mit ihrer Einziehung tätig geworden sind und in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Besteuerung ansässig oder niedergelassen sind.

2. Art. 267 AEUV ist dahin auszulegen, dass bei einer von einer der Parteien des Ausgangsverfahrens aufgeworfenen Frage nach der Auslegung des Unionsrechts die Bestimmung und die Formulierung der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen allein Sache des einzelstaatlichen Gerichts sind und diese Parteien deren Inhalt nicht vorschreiben oder ändern können.

Aus den Gründen

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 5 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. 2000, L 178, S. 1), von Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. 2006, L 376, S. 36) und von Art. 1 Abs. 1 Buchst. e und f der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. 2015, L 241, S. 1) sowie von Art. 56 und Art. 267 Abs. 3 AEUV.

2          Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Airbnb Ireland UC plc und der Airbnb Payments UK Ltd auf der einen und der Agenzia delle Entrate (Steuerverwaltung, Italien) auf der anderen Seite über die Rechtmäßigkeit italienischer Rechtsvorschriften über die Steuerregelung für Dienstleistungen der Immobilienvermittlung bei Kurzzeitvermietungen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2000/31

3          Im zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31 heißt es:

„Bestimmte Tätigkeiten müssen aus dem Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden, da gegenwärtig in diesen Bereichen der freie Dienstleistungsverkehr aufgrund der Bestimmungen des Vertrags bzw. des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts nicht sicherzustellen ist. Dieser Ausschluss darf Maßnahmen, die zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts erforderlich sein könnten, nicht berühren. Das Steuerwesen, insbesondere die Mehrwertsteuer, die auf eine große Zahl von Diensten erhoben wird, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, muss von ihrem Anwendungsbereich ausgenommen werden.“

4          Der 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31 lautet:

„Mit dieser Richtlinie sollen weder Regelungen über steuerliche Verpflichtungen festgelegt werden, noch greift sie der Ausarbeitung von Gemeinschaftsrechtsakten zu den steuerlichen Aspekten des elektronischen Geschäftsverkehrs vor.“

5          Art. 1 („Zielsetzung und Anwendungsbereich“) der Richtlinie 2000/31 sieht vor:

„(1)       Diese Richtlinie soll einen Beitrag zum einwandfreien Funktionieren des Binnenmarktes leisten, indem sie den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellt.

(5)        Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf

a)         den Bereich der Besteuerung,

…“

Richtlinie 2006/123

6          Im 29. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/123 heißt es:

„Angesichts der Tatsache, dass der Vertrag besondere Rechtsgrundlagen im Bereich der Steuern enthält, und angesichts der in diesem Bereich bereits verabschiedeten Gemeinschaftsrechtsakte muss der Bereich der Steuern aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein.“

7          Art. 2 („Anwendungsbereich“) Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 bestimmt:

„Die Richtlinie gilt nicht für den Bereich der Steuern.“

Richtlinie 2015/1535

8          Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2015/1535 bestimmt:

„(1)       Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

e)         ‚Vorschrift betreffend Dienste‘ eine allgemein gehaltene Vorschrift über den Zugang zu den Aktivitäten der... Dienste [der Informationsgesellschaft] und über deren Betreibung, insbesondere Bestimmungen über den Erbringer von Diensten, die Dienste und den Empfänger von Diensten, unter Ausschluss von Regelungen, die nicht speziell auf die[se]... Dienste abzielen.

Im Sinne dieser Definition

i)          gilt eine Vorschrift als speziell auf Dienste der Informationsgesellschaft abzielend, wenn sie nach ihrer Begründung und ihrem Wortlaut insgesamt oder in Form einzelner Bestimmungen ausdrücklich und gezielt auf die Regelung dieser Dienste abstellt;

ii)         ist eine Vorschrift nicht als speziell auf die Dienste der Informationsgesellschaft abzielend zu betrachten, wenn sie sich lediglich indirekt oder im Sinne eines Nebeneffekts auf diese Dienste auswirkt;

f)          ‚technische Vorschrift‘ technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste, einschließlich der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, deren Beachtung rechtlich oder de facto für das Inverkehrbringen, die Erbringung des Dienstes, die Niederlassung eines Erbringers von Diensten oder die Verwendung in einem Mitgliedstaat oder in einem großen Teil dieses Staates verbindlich ist, sowie – vorbehaltlich der in Artikel 7 genannten Bestimmungen – die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, mit denen Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses oder Erbringung oder Nutzung eines Dienstes oder die Niederlassung als Erbringer von Diensten verboten werden.

Technische De-facto-Vorschriften sind insbesondere:

i)          die Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eines Mitgliedstaats, in denen entweder auf technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften oder auf Vorschriften betreffend Dienste oder auf Berufskodizes oder Verhaltenskodizes, die ihrerseits einen Verweis auf technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften oder auf Vorschriften betreffend Dienste enthalten, verwiesen wird und deren Einhaltung eine Konformität mit den durch die genannten Rechts- oder Verwaltungsvorschriften festgelegten Bestimmungen vermuten lässt;

ii)         die freiwilligen Vereinbarungen, bei denen der Staat Vertragspartei ist und die im öffentlichen Interesse die Einhaltung von technischen Spezifikationen oder sonstigen Vorschriften oder von Vorschriften betreffend Dienste mit Ausnahme der Vergabevorschriften im öffentlichen Beschaffungswesen bezwecken;

iii)         die technischen Spezifikationen oder sonstigen Vorschriften oder die Vorschriften betreffend Dienste, die mit steuerlichen oder finanziellen Maßnahmen verbunden sind, die auf den Verbrauch der Erzeugnisse oder die Inanspruchnahme der Dienste Einfluss haben, indem sie die Einhaltung dieser technischen Spezifikationen oder sonstigen Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste fördern; dies gilt nicht für technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste, die die nationalen Systeme der sozialen Sicherheit betreffen.

…“

9          Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2015/1535 sieht vor:

„Vorbehaltlich des Artikels 7 übermitteln die Mitgliedstaaten der [Europäischen] Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift, sofern es sich nicht um eine vollständige Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm handelt; in diesem Fall reicht die Mitteilung aus, um welche Norm es sich handelt. Sie unterrichten die Kommission gleichzeitig in einer Mitteilung über die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen, es sei denn, die Gründe gehen bereits aus dem Entwurf hervor.“

Italienisches Recht

10        Art. 4 („Steuerliche Regelung für Kurzzeitvermietungen“) des Decreto-legge n. 50 – Disposizioni urgenti in materia finanziaria, iniziative a favore degli enti territoriali, ulteriori interventi per le zone colpite da eventi sismici e misure per lo sviluppo (Decreto-legge Nr. 50 mit finanziellen Dringlichkeitsmaßnahmen, Initiativen zugunsten der Gebietskörperschaften, weiteren Initiativen für von Erdbeben betroffene Gebiete und Maßnahmen zur Entwicklung) vom 24. April 2017 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 95 vom 24. April 2017), das durch das Gesetz Nr. 96 vom 21. Juni 2017 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 144 vom 23. Juni 2017) mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt wurde, in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Steuerregelung von 2017) bestimmt:

„1.        Im Sinne dieses Artikels sind Kurzzeitvermietungen Verträge über die Miete von Wohnimmobilien mit einer Dauer von nicht mehr als 30 Tagen, einschließlich derjenigen, die die Erbringung von Dienstleistungen der Lieferung von Wäsche und Reinigung der Räumlichkeiten vorsehen, die natürliche Personen außerhalb einer unternehmerischen Tätigkeit schließen, entweder unmittelbar oder über Personen, die Tätigkeiten der Immobilienvermittlung ausüben, oder Personen, die Internetportale betreiben und Personen auf der Suche nach einer Immobilie mit Personen, die über zu mietende Immobilien verfügen, in Kontakt bringen.

2.         Ab dem 1. Juni 2017 gelten für Einnahmen aus ab diesem Zeitpunkt geschlossenen Kurzzeitmietverträgen die Bestimmungen von Art. 3 des Decreto legislativo n. 23 [– Disposizioni in materia di federalismo Fiscale Municipale (Decreto legislativo Nr. 23 – Bestimmungen über den lokalen Steuerföderalismus)] vom 14. März 2011 [(GURI Nr. 67 vom 23. März 2011)], mit einem Satz von 21 % im Fall der Option für die Ersatzsteuer in Form der pauschalen Quellensteuer.

3.         Abs. 2 gilt auch für Bruttoentgelte, die sich aus Untermietverträgen und entgeltlichen Verträgen ergeben, die der Mieter über die Nutzung der Immobilie durch Dritte gemäß den Voraussetzungen nach Abs. 1 geschlossen hat. …

4.         Personen, die Tätigkeiten der Immobilienvermittlung ausüben, sowie Personen, die Internetportale betreiben, die Personen auf der Suche nach einer Immobilie mit Personen, die über zu mietende Immobilien verfügen, in Kontakt bringen, übermitteln die Daten über die in den Abs. 1 und 3 angeführten Verträge, die durch ihre Vermittlung geschlossen wurden, bis zum 30. Juni des Jahres, das auf das Jahr folgt, auf das sich diese Daten beziehen. Die unterlassene, unvollständige oder ungenaue Übermittlung der Daten über die Verträge nach den Abs. 1 und 3 wird mit der in Art. 11 Abs. 1 des Decreto legislativo n. 471 [– Riforma delle sanzioni tributarie non penali in materia di imposte dirette, di imposta sul valore aggiunto e di riscossione dei tributi, a norma dell’articolo 3, comma 133, lettera q), della legge 23 dicembre 1996, n. 662 (Decreto legislativo Nr. 471 – Reform der nicht strafrechtlichen Steuersanktionen im Bereich der direkten Steuern, der Mehrwertsteuer und des Steuereinzugs gemäß Art. 3 Abs. 133 Buchst. q des Gesetzes Nr. 662 vom 23. Dezember 1996)] vom 18. Dezember 1997 [(Supplemento ordinario zur GURI Nr. 5 vom 8. Januar 1998)] vorgesehenen Sanktion geahndet. Die Sanktion wird um die Hälfte gekürzt, wenn die Übermittlung innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf der Frist erfolgt oder innerhalb derselben Frist die ordnungsgemäße Übermittlung der Daten erfolgt.

5.         Im Inland ansässige Personen, die Tätigkeiten der Immobilienvermittlung ausüben, sowie Personen, die Internetportale betreiben, die Personen auf der Suche nach einer Immobilie mit Personen, die über zu mietende Immobilien verfügen, in Kontakt bringen, nehmen, wenn sie die Mieten oder die Entgelte für die Verträge nach den Abs. 1 und 3 einnehmen oder wenn sie im Zusammenhang mit der Zahlung der angeführten Mieten oder Entgelte tätig werden, als Abzugsverpflichtete einen Steuerabzug von 21 % auf den Betrag der Mieten oder Entgelte bei der Zahlung an den Begünstigten vor und sorgen für die entsprechende Abführung … Wird die Option zur Anwendung der Regelung in Abs. 2 nicht ausgeübt, so gilt der Steuerabzug als Vorauszahlung.

5-bis     Personen nach Abs. 5, die nicht gebietsansässig sind und über eine ständige Niederlassung in Italien verfügen – im Sinne von Art. 162 des Einheitstextes über die Einkommensteuer, wie er sich aus dem Decreto del Presidente della Repubblica n. 917 [– Approvazione del testo unico delle imposte sui redditi (Dekret Nr. 917 des Präsidenten der Republik zur Verabschiedung des Einheitstextes über die Einkommensteuer)] vom 22. Dezember 1986 [(Supplemento ordinario zur GURI Nr. 302 vom 31. Dezember 1986)] ergibt –, erfüllen, … wenn sie die Mieten oder die Entgelte für die Verträge nach den Abs. 1 und 3 einnehmen oder wenn sie im Zusammenhang mit der Zahlung der angeführten Mieten oder Entgelte tätig werden, die Verpflichtungen, die sich aus diesem Artikel ergeben, über die ständige Niederlassung. Nicht gebietsansässige Personen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie keine ständige Niederlassung in Italien haben, benennen für die Zwecke der Erfüllung der sich aus diesem Artikel ergebenden Verpflichtungen als Steuerverantwortliche einen Steuervertreter, der unter den in Art. 23 des Decreto del Presidente della Repubblica n. 600 [– Disposizioni comuni in materia di accertamento delle imposte sui redditi (Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 600 – Gemeinsame Bestimmungen im Bereich der Einkommensteuerveranlagung)] vom 29. September 1973 [(Supplemento ordinario zur GURI Nr. 268 vom 16. Oktober 1973)] genannten Personen bestimmt wird.

5-ter     Wer die Mieten oder Entgelte einnimmt oder im Zusammenhang mit der Zahlung der Mieten oder Entgelte tätig wird, haftet für die Entrichtung der Aufenthaltssteuer im Sinne von Art. 4 des Decreto legislativo Nr. 23 vom 14. März 2011 … sowie für die sonstigen durch Gesetz und durch Gemeindeverordnung vorgesehenen Verpflichtungen.

6.         Die Durchführungsbestimmungen zu den Abs. 4, 5 und 5-bis des vorliegenden Artikels einschließlich derjenigen betreffend die Übermittlung und Speicherung der Daten durch den Vermittler werden durch eine Maßnahme des Direktors der Steuerverwaltung innerhalb von 90 Tagen nach Inkrafttreten dieses Dekrets erlassen.“

11        Die Steuerregelung von 2017 wurde geändert durch das Decreto-legge 30 aprile 2019, n. 34 – Misure urgenti di crescita economica e per la risoluzione di specifiche situazioni di crisi (Decreto-legge Nr. 34 vom 30. April 2019 über dringliche Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums und zur Bewältigung bestimmter Krisensituationen, GURI Nr. 100 vom 30. April 2019, im Folgenden: Decreto-legge von 2019), das mit Änderungen in ein Gesetz vom 28. Juni 2019 (Legge del 28 giugno 2019 n. 58, Supplemento ordinario zur GURI Nr. 151 vom 29. Juni 2019) umgewandelt wurde.

12        Nach Art. 13-quater Abs. 1 des Decreto-legge von 2019 wird Art. 4 Abs. 5-bis der Steuerregelung von 2017 wie folgt ergänzt:

„Sofern kein Steuervertreter benannt wird, haften die im Inland ansässigen Personen, die derselben Kategorie angehören wie die oben genannten Personen, mit diesen gesamtschuldnerisch für die Durchführung und die Abführung des Abzugs von den Mieten und Entgelten für die in den Abs. 1 und 3 genannten Verträge.“

13        In Art. 13-quater Abs. 4 des Decreto-legge von 2019 heißt es:

„Um die Qualität des touristischen Angebots zu verbessern, um Touristen zu schützen und illegale Unterkunftsformen zu bekämpfen sowie zu steuerlichen Zwecken wird … eine besondere Datenbank eingerichtet für im Inland belegene Beherbergungsbetriebe und Immobilien, die für Kurzzeitvermietungen bestimmt sind, die mittels eines alphanumerischen Codes (im Folgenden: Identifikationscode) identifiziert werden, der in jeder Mitteilung in Bezug auf das Angebot und Werbung für die Dienstleistungen gegenüber den Nutzern zu verwenden ist.“

14        Nach Art. 13-quater  Abs. 7 des Decreto-legge von 2019 sind „[d]ie Inhaber von Beherbergungsbetrieben, Personen, die Tätigkeiten der Immobilienvermittlung ausüben, und Personen, die Internetportale betreiben, die Personen auf der Suche nach einer Immobilie oder nach Teilen einer Immobilie mit Personen, die über zu mietende Immobilien oder Teile von Immobilien verfügen, in Kontakt bringen, … verpflichtet, in Mitteilungen in Bezug auf das Angebot und Werbung den Identifikationscode zu veröffentlichen“.

15        Schließlich sieht Art. 13-quater Abs. 8 des Decreto-legge von 2019 vor, dass „[b]ei einem Verstoß gegen die Bestimmungen von Abs. 7 … eine Geldbuße von 500 bis 5 000 Euro verhängt [wird]“ und „[b]ei einem erneuten Verstoß … die Sanktion um das Doppelte des geschuldeten Betrags erhöht [wird]“.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

16        Die Rechtsmittelführerinnen des Ausgangsverfahrens betreiben im Internet das Immobilienvermittlungsportal Airbnb. Dieses Portal ermöglicht es, Vermieter, die über Unterkünfte verfügen, mit Personen, die entsprechende Unterkünfte suchen, zusammenzuführen, wobei die Zahlung für die Zurverfügungstellung der Unterkunft vor Beginn des Mietverhältnisses vom Kunden eingezogen und nach Beginn des Mietverhältnisses an den Vermieter weitergeleitet wird, sofern der Mieter keine Einwände erhoben hat.

17        Die Rechtsmittelführerinnen des Ausgangsverfahrens erhoben beim Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht für die Region Latium, Italien) Klage auf Nichtigerklärung erstens der Entscheidung Nr. 132395 des Direktors der Steuerverwaltung vom 12. Juli 2017 zur Durchführung der Steuerregelung von 2017 und zweitens des Circolare interpretativa n. 24 dell’Agenzia delle Entrate – Regime fiscale delle locazioni brevi – Art. 4 [del regime fiscale del 2017] (Auslegungserlass Nr. 24 der Steuerverwaltung – Steuerregelung für Kurzzeitvermietungen – Art. 4 [der Steuerregelung von 2017]) vom 12. Oktober 2017, in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung, über die Anwendung dieser Steuerregelung.

18        Mit Urteil vom 18. Februar 2019 wies dieses Gericht die Klage mit der Begründung ab, dass erstens die Steuerregelung von 2017 keine „technische Vorschrift“ oder „Vorschrift betreffend Dienste“ eingeführt habe, dass zweitens die Verpflichtung zur Übermittlung der Vertragsdaten und zur Vornahme eines Steuerabzugs an der Quelle weder gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs noch gegen den Grundsatz des freien Wettbewerbs verstoße und dass drittens die Verpflichtung zur Benennung eines Steuervertreters, wenn eine Person, die im Internet ein Immobilienvermittlungsportal betreibe, nicht in Italien ansässig oder niedergelassen sei, mit den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum freien Dienstleistungsverkehr aufgestellten Anforderungen der Verhältnismäßigkeit und der Erforderlichkeit im Einklang stehe.

19        Gegen dieses Urteil legten die Rechtsmittelführerinnen des Ausgangsverfahrens ein Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht, dem Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien), ein.

20        Mit Entscheidung vom 11. Juli 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 30. September 2019, legte das vorlegende Gericht dem Gerichtshof drei Fragen zu mehreren Bestimmungen des Unionsrechts zur Vorabentscheidung vor.

21        Mit Beschluss vom 30. Juni 2020, Airbnb Ireland und Airbnb Payments UK (C-723/19, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:509), erklärte der Gerichtshof dieses Vorabentscheidungsersuchen für offensichtlich unzulässig, wobei er klarstellte, dass das vorlegende Gericht ihm ein neues Vorabentscheidungsersuchen mit den Angaben unterbreiten kann, die es ihm ermöglichen, die Vorlagefragen sachdienlich zu beantworten.

22        Unter diesen Umständen hat der Consiglio di Stato (Staatsrat) erneut beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.         Wie sind die Begriffe „technische Vorschrift“ der Dienste der Informationsgesellschaft und „Vorschrift betreffend Dienste“ der Informationsgesellschaft im Sinne der Richtlinie 2015/1535 auszulegen, und sind diese Begriffe insbesondere dahin auszulegen, dass sie auch steuerliche Maßnahmen umfassen, die nicht unmittelbar auf die Regelung des spezifischen Dienstes der Informationsgesellschaft abzielen, aber jedenfalls geeignet sind, seine konkrete Ausübung innerhalb des Mitgliedstaats auszugestalten, insbesondere, indem alle Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung – also auch nicht gebietsansässige Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Dienste online erbringen – mit Nebenverpflichtungen belastet werden, die der wirksamen Erhebung der von den Vermietern geschuldeten Steuern dienen, wie:

a)         Erhebung und anschließende Übermittlung der Daten über die im Anschluss an die Tätigkeit des Vermittlers geschlossenen Kurzzeitmietverträge an die Steuerbehörden des Mitgliedstaats;

b)         Abzug des dem Fiskus geschuldeten Anteils von den von den Mietern an die Vermieter gezahlten Beträgen und anschließende Abführung dieser Beträge an die Staatskasse?

2.         a)         Stehen der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV sowie, wenn sie als in diesem Bereich anwendbar angesehen werden, die entsprechenden Grundsätze, die sich aus den Richtlinien 2006/123 und 2000/31 ergeben, einer nationalen Maßnahme entgegen, die zulasten der in Italien tätigen Immobilienvermittler – also auch der nicht gebietsansässigen Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Dienste online erbringen – Verpflichtungen zur Erhebung von Daten über die durch ihre Vermittlung geschlossenen Kurzzeitmietverträge und zur anschließenden Übermittlung dieser Daten an die Steuerverwaltung für die Zwecke der Beitreibung der direkten Steuern, die die Nutzer der Dienstleistung schulden, vorsieht?

b)         Stehen der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV sowie, wenn sie als in diesem Bereich anwendbar angesehen werden, die entsprechenden Grundsätze, die sich aus den Richtlinien 2006/123 und 2000/31 ergeben, einer nationalen Maßnahme entgegen, die zulasten der in Italien tätigen Immobilienvermittler – also auch der nicht gebietsansässigen Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Dienste online erbringen –, die im Stadium der Zahlung der durch ihre Vermittlung geschlossenen Kurzzeitmietverträge tätig werden, die Verpflichtung vorsieht, für die Zwecke der Beitreibung der direkten Steuern, die die Nutzer der Dienstleistung schulden, einen Abzug auf diese Zahlungen mit anschließender Abführung an die Staatskasse vorzunehmen?

c)         Falls die vorstehenden Fragen bejaht werden: Können der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV sowie, wenn sie als in diesem Bereich anwendbar angesehen werden, die entsprechenden Grundsätze, die sich aus den Richtlinien 2006/123 und 2000/31 ergeben, gleichwohl im Einklang mit dem Unionsrecht durch nationale Maßnahmen wie die in den vorstehenden Buchst. a und b beschriebenen eingeschränkt werden, da die Steuererhebung in Bezug auf die von den Nutzern der Dienstleistung geschuldeten direkten Steuern andernfalls nicht wirksam wäre?

d)         Können der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV sowie, wenn sie als in diesem Bereich anwendbar angesehen werden, die entsprechenden Grundsätze, die sich aus den Richtlinien 2006/123 und 2000/31 ergeben, im Einklang mit dem Unionsrecht durch eine nationale Maßnahme eingeschränkt werden, die Immobilienvermittlern, die nicht in Italien ansässig sind, die Benennung eines Steuervertreters vorschreibt, der verpflichtet ist, im Namen und für Rechnung des nicht ansässigen Vermittlers den im vorstehenden Buchst. b beschriebenen nationalen Maßnahmen zu entsprechen, da die Steuererhebung in Bezug auf die von den Nutzern der Dienstleistung geschuldeten direkten Steuern andernfalls nicht wirksam wäre?

3.         Ist Art. 267 Abs. 3 AEUV dahin auszulegen, dass das Gericht bei Vorliegen einer Frage nach der Auslegung des (primären oder abgeleiteten) Unionsrechts, die von einer der Parteien unter genauer Angabe des Wortlauts der Frage gestellt wird, die Möglichkeit behält, diese Frage eigenständig zu formulieren, indem es nach bestem Wissen und Gewissen die unionsrechtlichen Bezüge, die möglicherweise damit unvereinbaren nationalen Bestimmungen und den Wortlaut der Vorlagefrage nach seinem Ermessen, jedoch nur innerhalb der Grenzen des Streitgegenstands, bestimmt, oder ist es verpflichtet, die Frage so zu übernehmen, wie sie vom Antragsteller formuliert worden ist?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten und zur zweiten Vorlagefrage

Zur Anwendbarkeit der Richtlinien 2000/31, 2006/123 und 2015/1535 auf steuerliche Maßnahmen

23        Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob die in der Richtlinie 2015/1535 enthaltenen Ausdrücke „technische Vorschrift“ der Dienste der Informationsgesellschaft und „Vorschrift betreffend Dienste“ der Informationsgesellschaft dahin zu verstehen sind, dass sie auch Maßnahmen steuerlicher Art erfassen, die nicht unmittelbar auf die Regelung eines spezifischen Dienstes der Informationsgesellschaft abzielen, aber geeignet sind, die konkrete Ausübung der fraglichen Tätigkeit innerhalb des betreffenden Mitgliedstaats auszugestalten.

24        In den Buchst. a bis d seiner zweiten Vorlagefrage erwähnt das vorlegende Gericht die Richtlinien 2000/31 und 2006/123, sofern die darin aufgestellten Grundsätze „als in diesem Bereich anwendbar angesehen werden“.

25        Was an erster Stelle die Richtlinie 2000/31 betrifft, wurde diese Richtlinie, wie der Gerichtshof in den Rn. 27 bis 30 des Urteils vom 27. April 2022, Airbnb Ireland (C-674/20, im Folgenden: Urteil Airbnb Ireland, EU:C:2022:303), hervorgehoben hat, erstens auf der Grundlage u. a. von Art. 95 EG erlassen, dessen Inhalt in Art. 114 AEUV übernommen wurde, der in Abs. 2 von seinem Anwendungsbereich „Bestimmungen über die Steuern“ ausschließt, wovon nicht nur alle Gebiete des Steuerrechts, sondern auch alle Aspekte dieses Rechtsgebiets erfasst werden. Zweitens ergibt sich diese Auslegung auch daraus, dass Art. 114 Abs. 2 AEUV zu Kapitel 3 („Angleichung der Rechtsvorschriften“) gehört, das auf Kapitel 2 („Steuerliche Vorschriften“) des Titels VII des AEU-Vertrags folgt, der „Gemeinsame Regeln betreffend Wettbewerb, Steuerfragen und Angleichung der Rechtsvorschriften“ zum Gegenstand hat, so dass sich alles, was Kapitel 3 betrifft, nämlich die Angleichung der Rechtsvorschriften, nicht auf das bezieht, was unter Kapitel 2 fällt, nämlich die steuerlichen Vorschriften. Drittens gelten diese Erwägungen für das auf der Grundlage von Art. 95 EG und dann von Art. 114 AEUV erlassene Sekundärrecht, wobei diese Erwägungen durch eine wörtliche Auslegung der weiten Begriffe, die in Art. 1 Abs. 5 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 verwendet werden, nämlich „Bereich der Besteuerung“, bestätigt werden. Viertens werden diese Erwägungen durch die Erwägungsgründe 12 und 13 der Richtlinie 2000/31 gestützt.

26        Was an zweiter Stelle die Richtlinie 2006/123 betrifft, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass sie nach ihrem Art. 2 Abs. 3 den „Bereich der Steuern“ von ihrem Anwendungsbereich ausschließt.

27        Zum anderen wird der Grund für diesen Ausschluss im 29. Erwägungsgrund dieser Richtlinie ausdrücklich genannt, da dort darauf hingewiesen wird, dass der AEU-Vertrag besondere Rechtsgrundlagen im Bereich der Steuern enthält und dass angesichts der in diesem Bereich bereits verabschiedeten Unionsrechtsakte der Bereich der Steuern aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein muss.

28        In Anbetracht der Allgemeinheit der Begriffe „Bereich der Steuern“ und „Bereich der Besteuerung“ sowie der dafür im AEU-Vertrag vorgesehenen ausdrücklichen Rechtsgrundlagen gelten die Erwägungen in Rn. 25 des vorliegenden Urteils daher auch insoweit, als der „Bereich der Steuern“ von der Richtlinie 2006/123 ausgenommen wird.

29        Was an dritter Stelle die Richtlinie 2015/1535 betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass diese „auf den [AEU-]Vertrag..., insbesondere auf die Artikel 114, 337 und 43“, gestützt ist. So ist zunächst festzustellen, dass der in Art. 114 Abs. 2 AEUV vorgesehene Ausschluss der „Bestimmungen über die Steuern“ auch für diese Richtlinie gilt, und zwar aus den in Rn. 25 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen.

30        Außerdem bestätigt der Text der Richtlinie 2015/1535 indirekt den Ausschluss der „Bestimmungen über die Steuern“ von ihrem Anwendungsbereich, da nach dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 Buchst. f Ziff. iii dieser Richtlinie zu den technischen De-facto-Vorschriften die technischen Spezifikationen oder sonstigen Vorschriften oder die Vorschriften betreffend Dienste gehören, „die mit steuerlichen oder finanziellen Maßnahmen verbunden sind“. Es handelt sich also nicht um Maßnahmen steuerlicher Natur als solche, sondern nur um Maßnahmen, die mit steuerlichen Maßnahmen verbunden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Oktober 2020, Admiral Sportwetten u. a., C-711/19, EU:C:2020:812, Rn. 38). Die letztgenannten Maßnahmen fallen somit als solche nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie.

31        Daher ist zu prüfen, ob Maßnahmen wie die durch die Steuerregelung von 2017 im italienischen Recht eingeführten zum „Bereich der Besteuerung“ im Sinne von Art. 1 Abs. 5 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 bzw. zum „Bereich der Steuern“ im Sinne von Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 gehören und daher „Bestimmungen über die Steuern“ im Sinne von Art. 114 AEUV sind, auf den die Richtlinie 2015/1535 ausdrücklich gestützt ist.

32        Wie sich aus Rn. 10 des vorliegenden Urteils ergibt, ändert die Steuerregelung von 2017 das italienische Steuerrecht betreffend Kurzzeitvermietungen, unabhängig davon, ob diese Vermietungen – wie es in Art. 4 Abs. 1 dieser Regelung heißt – „unmittelbar oder über Personen, die Tätigkeiten der Immobilienvermittlung ausüben, oder Personen, die Internetportale betreiben“, erfolgen.

33        Auf allen diesen Personen lasten nunmehr drei Arten von Verpflichtungen: zunächst die Verpflichtung, Daten über die infolge ihrer Vermittlung geschlossenen Mietverträge zu erheben und den Steuerbehörden zu übermitteln, sodann – angesichts ihrer Tätigkeit im Zusammenhang mit der Zahlung der Miete – die Verpflichtung, die Steuer, die auf die von den Mietern an die Vermieter gezahlten Beträge geschuldet wird, einzubehalten und an die Staatskasse abzuführen, nach Maßgabe der von den Vermietern getroffenen Wahl als Abgeltungssteuer oder als Vorauszahlung, und schließlich, falls es an einer ständigen Niederlassung in Italien fehlt, die Verpflichtung, dort einen Steuervertreter zu benennen.

34        Was an erster Stelle die Verpflichtung zur Erhebung von Daten über die infolge der Immobilienvermittlung geschlossenen Mietverträge und ihre Übermittlung an die Steuerbehörden betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass sich eine solche Maßnahme als solche zwar nicht an die Steuerschuldner richtet, sondern an die natürlichen oder juristischen Personen, die bei Kurzzeitvermietungen in der Rolle eines Vermittlers tätig waren, und dass sie die bußgeldbewehrte Übermittlung von Informationen an die Steuerverwaltung zum Gegenstand hat. Nichtsdestoweniger sind diese Informationen erstens an die Steuerverwaltung zu übermitteln, zweitens ist diese Maßnahme Teil einer steuerrechtlichen Regelung, nämlich der Steuerregelung von 2017, und drittens sind die Informationen, die übermittelt werden müssen, inhaltlich untrennbar mit der genannten Regelung verbunden, weil allein sie die Ermittlung des tatsächlichen Steuerschuldners – dank der Angabe des Ortes der Vermietungen und der Identität der Vermieter – sowie die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage – nach Maßgabe der empfangenen Beträge – und mithin die Festsetzung des Betrags der Steuer ermöglichen (vgl. entsprechend Urteil Airbnb Ireland, Rn. 33).

35        Diese Verpflichtung fällt somit unter die „Bestimmungen über die Steuern“ im Sinne von Art. 114 AEUV.

36        An zweiter Stelle ist in Bezug auf die Verpflichtung, die Steuer auf die von den Mietern an die Vermieter gezahlten Beträge an der Quelle einzubehalten und an die Staatskasse abzuführen, nach Maßgabe der von den Vermietern getroffenen Wahl entweder als Abgeltungssteuer zu einem ermäßigten Steuersatz von 21 % oder als Vorauszahlung auf eine dann zu einem höheren Satz festgesetzte Steuer, festzustellen, dass es sich dabei, wie der Generalanwalt in Nr. 52 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, um Maßnahmen handelt, die „schlechthin steuerlicher Natur“ sind, da sie den Abzug der Steuer im Namen der Steuerverwaltung und die Abführung der abgezogenen Steuer an die Steuerverwaltung betreffen.

37        Was an dritter Stelle die Verpflichtung der nicht in Italien ansässigen Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung betrifft, einen Steuervertreter zu benennen, so handelt es sich dabei ebenfalls um eine steuerliche Maßnahme, da sie die wirksame Erhebung der Steuern im Zusammenhang mit dem Einbehalt an der Quelle sicherstellen soll, der von in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistern, insbesondere denjenigen, die Internetportale betreiben, in der Eigenschaft als „Steuerverantwortliche“ vorgenommen wird.

38        Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die drei Arten von Verpflichtungen, die mit der Steuerregelung von 2017 im italienischen Recht eingeführt wurden, zum „Bereich der Besteuerung“ im Sinne von Art. 1 Abs. 5 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 bzw. zum „Bereich der Steuern“ im Sinne von Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 gehören und daher „Bestimmungen über die Steuern“ im Sinne von Art. 114 AEUV sind, auf den die Richtlinie 2015/1535 ausdrücklich gestützt ist. Diese Maßnahmen sind daher vom jeweiligen Anwendungsbereich dieser drei Richtlinien ausgenommen.

39        Die Antwort auf die erste und die zweite Vorlagefrage setzt daher nur eine Prüfung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen wie der Steuerregelung von 2017 im Hinblick auf das in Art. 56 AEUV aufgestellte Verbot voraus.

40        Daraus ist zu schließen, dass das vorlegende Gericht mit diesen Fragen im Wesentlichen wissen möchte, ob diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass sie Maßnahmen wie den drei in Rn. 33 des vorliegenden Urteils dargestellten Arten von Verpflichtungen entgegensteht.

 Zur Rechtmäßigkeit von Maßnahmen wie denjenigen, die sich aus der Steuerregelung von 2017 ergeben, im Hinblick auf das in Art. 56 AEUV aufgestellte Verbot

41        Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten Art. 56 AEUV auch im Rahmen des Erlasses von Rechtsvorschriften wie der Steuerregelung von 2017 zu beachten haben, auch wenn sich diese Regelung auf die direkten Steuern bezieht. Nach ständiger Rechtsprechung fallen die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, doch müssen diese ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben (Urteil vom 23. Januar 2014, Kommission/Belgien, C-296/12, EU:C:2014:24, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42        Daher sind nacheinander die drei Arten von Verpflichtungen zu betrachten, die durch die Steuerregelung von 2017 auferlegt wurden.

43        Was an erster Stelle die Verpflichtung betrifft, Daten über die infolge der Immobilienvermittlung geschlossenen Mietverträge zu erheben und an die Steuerbehörden zu übermitteln, geht zunächst aus dem Wortlaut der Steuerregelung von 2017 hervor, dass sie diese Verpflichtung allen Dritten auferlegt, die in Italien als Vermittler bei einer Kurzzeitvermietung von Immobilien tätig geworden sind, unabhängig davon, ob es sich um natürliche oder juristische Personen handelt, ob sie im Inland ansässig oder niedergelassen sind oder nicht und ob sie auf digitalem Wege tätig werden oder andere Wege der Geschäftsanbahnung nutzen. Die durch die Steuerregelung von 2017 konkretisierte Reform betrifft, wie sich aus den Gründen für ihren Erlass ergibt, die steuerliche Behandlung sämtlicher Kurzzeitvermietungen und fügt sich, wie aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten hervorgeht, in eine umfassende Strategie zur Bekämpfung der Steuerumgehung in diesem Sektor ein, in dem sie häufig vorkommt, indem u. a. eine solche Verpflichtung eingeführt wird.

44        Eine solche Regelung ist daher nicht diskriminierend und betrifft als solche nicht die Bedingungen der Erbringung von Vermittlungsdienstleistungen, sondern verpflichtet die Dienstleistungserbringer lediglich nach der Erbringung einer solchen Dienstleistung zur Aufbewahrung der entsprechenden Daten zum Zweck der genauen Erhebung der Steuer für die Vermietung der fraglichen Sachen bei den betreffenden Eigentümern (vgl. entsprechend Urteil Airbnb Ireland, Rn. 41).

45        Hierzu ergibt sich aus ständiger Rechtsprechung, dass gegen das in Art. 56 AEUV aufgestellte Verbot nationale Rechtsvorschriften nicht verstoßen, die für alle im Inland tätigen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die nicht die Regelung der Bedingungen für die Erbringung der Dienstleistungen der betreffenden Unternehmen bezwecken und deren beschränkende Wirkungen, die sie für den freien Dienstleistungsverkehr haben könnten, zu ungewiss und zu mittelbar sind, als dass die in ihnen aufgestellte Verpflichtung als geeignet angesehen werden könnte, diese Freiheit zu behindern (Urteil Airbnb Ireland, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46        Die Rechtsmittelführerinnen des Ausgangsverfahrens wenden dagegen ein, dass fast alle betroffenen Online-Plattformen, insbesondere diejenigen, die auch die Zahlungen verwalteten, in anderen Mitgliedstaaten als Italien niedergelassen seien und dass die Steuerregelung von 2017 daher Vermittlungsdienste wie die von ihnen erbrachten besonders betreffe. In der mündlichen Verhandlung haben sie ergänzt, dass diese Steuerregelung in Wirklichkeit für die Plattformen, die die Zahlungen verwalteten, und ausschließlich für diese vorgesehen worden sei.

47        Insoweit führen die Entwicklung der technischen Mittel und die gegenwärtige Ausgestaltung des Marktes für Dienstleistungen der Immobilienvermittlung zwar zu der Feststellung, dass die Vermittler, die ihre Leistungen über ein Internetportal erbringen, bei der Anwendung einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden womöglich häufiger und in größerem Umfang einer Verpflichtung zur Übermittlung von Daten an die Steuerverwaltung nachkommen müssen als andere Vermittler. Dieser größere Umfang der Verpflichtung spiegelt jedoch nur die größere Zahl von Geschäften, die diese Vermittler vornehmen, und ihren jeweiligen Marktanteil wider (Urteil Airbnb Ireland, Rn. 44).

48        Außerdem ist im vorliegenden Fall im Gegensatz zu den Feststellungen des Gerichtshofs im Urteil vom 12. September 2019, VG Media (C-299/17, EU:C:2019:716, Rn. 37), der Wortlaut der Steuerregelung von 2017 nicht nur scheinbar neutral, da er tatsächlich alle Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung erfasst, insbesondere, worauf die Kommission in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, die Immobilienmakler.

49        Sodann hat der Gerichtshof betont, dass Maßnahmen, deren einzige Wirkung es ist, zusätzliche Kosten für die betreffende Leistung zu verursachen, und die die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten in gleicher Weise wie ihre Erbringung innerhalb eines einzigen Mitgliedstaats berühren, von Art. 56 AEUV nicht erfasst werden (Urteil Airbnb Ireland, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50        Schließlich ist, auch wenn die allen Erbringern von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung auferlegte Verpflichtung, Daten über die infolge ihrer Vermittlung geschlossenen Mietverträge zu erheben und der Steuerverwaltung zur Verfügung zu stellen, zusätzliche Kosten insbesondere im Zusammenhang mit der Suche und der Speicherung der betreffenden Daten verursachen kann, vor allem im Fall digitaler Vermittlungsdienste festzustellen, dass die betreffenden Daten von Vermittlern wie den Rechtsmittelführerinnen des Ausgangsverfahrens gespeichert und digitalisiert werden, so dass die zusätzlichen Kosten, die diese Vermittler infolge dieser Verpflichtung zu tragen haben, jedenfalls reduziert sein dürften.

51        Diese erste Art von Verpflichtungen führt somit nicht zu einer Beschränkung des durch Art. 56 AEUV gewährleisteten freien Dienstleistungsverkehrs.

52        Was an zweiter Stelle die Verpflichtung betrifft, die Steuer, die auf die von den Mietern an die Vermieter gezahlten Beträge zu entrichten ist, an der Quelle einzubehalten und an die Staatskasse abzuführen, ist zum einen aus den in den Rn. 43 bis 48 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen darauf hinzuweisen, dass die Steuerregelung von 2017 insoweit alle Dritten betrifft, die bei einer Kurzzeitvermietung von Immobilien als Vermittler tätig geworden sind, und zwar unabhängig davon, ob es sich um natürliche oder juristische Personen handelt, ob sie in Italien ansässig oder niedergelassen sind oder nicht und ob sie auf digitalem Wege tätig werden oder andere Wege der Geschäftsanbahnung nutzen, wenn sie sich im Rahmen ihrer Dienstleistung dafür entschieden haben, die Mieten oder die Entgelte betreffend die von der Steuerregelung von 2017 erfassten Verträge einzuziehen oder im Zusammenhang mit der Einziehung dieser Mieten oder Entgelte tätig zu werden.

53        Zum anderen trifft es jedoch zu, dass, wie die Kommission in ihren Erklärungen ausführt, der Dienstleistungserbringer, wenn er in einem anderen Mitgliedstaat als Italien ansässig ist, als „Steuerverantwortlicher“ im Sinne von Art. 4 Abs. 5-bis der Steuerregelung von 2017 handelt, während er, wenn er in Italien ansässig ist, nach Art. 4 Abs. 5 dieser Regelung als „Abzugsverpflichteter“ gilt, d. h. als Steuersubstitut, was gegenüber der Staatskasse zur Folge hat, dass er an die Stelle des Steuerpflichtigen tritt und die Steuer schuldet.

54        Auch wenn entsprechend den Ausführungen des Generalanwalts in Nr. 56 seiner Schlussanträge davon auszugehen ist, dass diese zweite Art von Verpflichtungen den Erbringern von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung eine weitaus größere Belastung als eine bloße Informationspflicht auferlegt, und sei es nur wegen der dadurch bewirkten finanziellen Verantwortlichkeit nicht nur gegenüber dem Besteuerungsstaat, sondern auch gegenüber den Kunden, geht aus der Steuerregelung von 2017 – vorbehaltlich der Beurteilung durch das vorlegende Gericht – nicht hervor, dass diese Belastung – ungeachtet ihrer unterschiedlichen Bezeichnung – Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung, die in einem anderen Mitgliedstaat als Italien niedergelassen sind, stärker trifft als Unternehmen mit einer Niederlassung in Italien. Diese Steuerregelung erlegt ihnen nämlich die gleichen Pflichten auf, im Namen der Steuerverwaltung Quellensteuer einzubehalten und die pauschale Quellensteuer von 21 % an die Steuerverwaltung abzuführen, wobei die Steuer als Abgeltungssteuer einbehalten wird, wenn sich der Eigentümer der betreffenden Immobilie für den Präferenzsatz entschieden hat, und als Vorauszahlung, wenn dies nicht der Fall ist.

55        In Bezug auf die zweite Art von Verpflichtungen ist daher nicht ersichtlich, dass Rechtsvorschriften wie die Steuerregelung von 2017, deren einzige Wirkung es ist, zusätzliche Kosten für die in Rede stehende Leistung zu verursachen, und die die Erbringung von Dienstleistungen zwischen den Mitgliedstaaten in gleicher Weise wie die Erbringung von Dienstleistungen innerhalb eines Mitgliedstaats berühren, als Maßnahmen angesehen werden können, die die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs verbieten, behindern oder weniger attraktiv machen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. März 2020, Google Ireland, C-482/18, EU:C:2020:141, Rn. 25 und 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56        Was an dritter Stelle die Verpflichtung betrifft, in Italien einen Steuervertreter zu benennen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 5 und 5-bis der Steuerregelung von 2017, dass diese nur bestimmte Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung ohne ständige Niederlassung in Italien trifft, die als „Steuerverantwortliche“ eingestuft werden, während in Italien niedergelassene Erbringer solcher Dienstleistungen, die als „Abzugsverpflichtete“, d. h. Steuersubstitute, eingestuft werden, ihr nicht unterliegen.

57        Insoweit ist klarzustellen, dass diese dritte Art von Verpflichtungen nicht alle Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung betrifft, die nicht in Italien ansässig sind und bei der Kurzzeitvermietung von dort belegenen Immobilien vermitteln. Die Verpflichtung zur Benennung eines Steuervertreters hängt nämlich davon ab, ob diese Dienstleistungserbringer sich dafür entscheiden, die Mieten oder die Entgelte betreffend die unter die Steuerregelung von 2017 fallenden Verträge einzuziehen oder im Zusammenhang mit der Einziehung dieser Mieten oder Entgelte tätig zu werden, d. h., sich in der Praxis der zweiten Art von Verpflichtungen zu unterwerfen und insoweit einen Teil der erhaltenen Beträge einzubehalten – als Abgeltungssteuer, wenn der Eigentümer der betreffenden Immobilie für den Präferenzsatz von 21 % optiert hat, und andernfalls als Vorauszahlung.

58        Es ist jedoch festzustellen, dass die Steuerregelung von 2017 die Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung, die diese Einziehungen vornehmen oder in diesem Zusammenhang tätig werden, unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie über eine ständige Niederlassung in Italien verfügen oder nicht.

59        Somit lässt sich nicht bestreiten, dass die Steuerregelung von 2017 dadurch, dass sie die Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung, die nicht über eine ständige Niederlassung in Italien verfügen und in ihre Dienstleistungen eine solche Einziehung oder eine Tätigkeit in diesem Zusammenhang integrieren möchten, verpflichtet, in diesem Mitgliedstaat einen Steuervertreter zu benennen, von ihnen verlangt, bestimmte Schritte zu unternehmen und in der Praxis die Kosten der Vergütung dieses Vertreters zu tragen. Solche Zwänge schaffen für diese Wirtschaftsteilnehmer eine Belastung, die geeignet ist, sie davon abzuhalten, in Italien Dienstleistungen der Immobilienvermittlung zu erbringen, jedenfalls in der von ihnen gewünschten Art und Weise. Diese Verpflichtung ist daher als grundsätzlich durch Art. 56 AEUV verbotene Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs anzusehen (vgl. entsprechend Urteil vom 5. Mai 2011, Kommission/Portugal, C-267/09, EU:C:2011:273, Rn. 37).

60        Allerdings hat das vorlegende Gericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung keinen Grundsatz dahin gehend aufgestellt hat, dass die in nationalen Rechtsvorschriften oder in einer nationalen Regelung für natürliche oder juristische Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Besteuerung ansässig oder niedergelassen sind, vorgesehene Verpflichtung zur Benennung eines Steuervertreters mit dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbar ist, da der Gerichtshof in jedem Einzelfall geprüft hat, ob angesichts der besonderen Merkmale der jeweiligen Verpflichtung die damit bewirkte Beschränkung durch mit der betreffenden nationalen Regelung verfolgte und von dem jeweiligen Mitgliedstaat vor dem Gerichtshof geltend gemachte zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden konnte (Urteile vom 5. Juli 2007, Kommission/Belgien, C-522/04, EU:C:2007:405, Rn. 47 bis 58, vom 5. Mai 2011, Kommission/Portugal, C-267/09, EU:C:2011:273, Rn. 38 bis 46, und vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien, C-678/11, EU:C:2014:2434, Rn. 42 bis 62).

61        Folglich ist die den „Steuerverantwortlichen“ auferlegte Verpflichtung, einen Steuervertreter zu benennen, anhand der in Rn. 60 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zu prüfen.

62        Was erstens die Gründe betrifft, die der betreffende Mitgliedstaat zur Rechtfertigung der in Rn. 59 des vorliegenden Urteils genannten Beschränkung anführt, betreffen diese die Bekämpfung der Steuerumgehung im Sektor der Kurzzeitvermietungen, in dem es nach den Angaben des vorlegenden Gerichts einen „strukturell hohen Anteil an Steuerumgehung“ gibt. Insoweit ist hervorzuheben, dass der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, dass die Bekämpfung der Steuerumgehung und die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle Beschränkungen der vom AEU-Vertrag gewährleisteten Grundfreiheiten rechtfertigen können (Urteil vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien, C-678/11, EU:C:2014:2434, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63        Ebenso stellt die Notwendigkeit, die Effizienz der Beitreibung der Steuer zu gewährleisten, einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar, der eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen kann (Urteil vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien, C-678/11, EU:C:2014:2434, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64        Die den Erbringern von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung, die die in Rn. 58 des vorliegenden Urteils angeführten Einziehungen vornehmen oder in diesem Zusammenhang tätig werden und in Italien keine ständige Niederlassung haben, auferlegte Verpflichtung, einen Steuervertreter zu benennen, erfolgt gerade in Verfolgung dieses Ziels. Da nämlich diese Dienstleistungserbringer als „Steuerverantwortliche“ damit betraut sind, im Namen der italienischen Behörden den Steuerabzug an der Quelle vorzunehmen, möchten sich diese Behörden über den Steuervertreter vergewissern, dass diese Aufgabe tatsächlich durchgeführt wurde und die vorschriftsmäßig einbehaltenen Beträge anschließend ordnungsgemäß an die Steuerverwaltung abgeführt wurden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass diese Kontrolltätigkeit für in Italien ansässige Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung erleichtert wird, da sie, wenn sie solche Einbehalte vornehmen, wie aus Rn. 53 des vorliegenden Urteils hervorgeht, ipso iure als „Abzugsverpflichtete“, d. h. als Steuersubstitute, gelten.

65        Im Übrigen ist es paradox, dass die Rechtsmittelführerinnen des Ausgangsverfahrens den italienischen Behörden vorwerfen, mit dem Erlass der Steuerregelung von 2017 eine allgemeine Vermutung der Steuerumgehung oder der Steuerhinterziehung eingeführt zu haben, die darauf beruhe, dass ein Dienstleistungserbringer seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat habe, eine Vermutung, die durch Art. 56 AEUV untersagt wird (Urteil vom 19. Juni 2014, Strojírny Prostějov und ACO Industries Tábor, C-53/13 und C-80/13, EU:C:2014:2011, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung), während diese Regelung ihnen im Gegenteil die Aufgabe überträgt, im Namen der Steuerverwaltung den Betrag, der der geschuldeten Steuer entspricht, an der Quelle einzubehalten und an die Staatskasse abzuführen. Die Kontrolle dieser Aufgabe wollte der italienische Gesetzgeber mit der Benennung eines Steuervertreters erleichtern.

66        Daher ist davon auszugehen, dass eine steuerliche Maßnahme wie die dritte Art von Verpflichtungen gemäß der Steuerregelung von 2017 ein legitimes Ziel verfolgt, das mit dem AEU-Vertrag vereinbar ist, und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.

67        Zweitens lässt sich nicht bestreiten, dass diese Art von Verpflichtungen unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens geeignet ist, die Erreichung des Ziels der Bekämpfung der Steuerumgehung zu gewährleisten.

68        Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Generalanwalt in den Nrn. 2 und 3 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, die Inanspruchnahme von Erbringern von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung, die – wie die Rechtsmittelführerinnen des Ausgangsverfahrens – ein Internetportal betreiben, exponentiell zugenommen hat und dass diese Dienstleistungen, die über das Internet erbracht werden, dementsprechend grundsätzlich grenzüberschreitend sein können, jedoch Vermietungen entsprechen, die an einen genauen physischen Ort gebunden sind und daher nach dem Steuerrecht des betreffenden Mitgliedstaats steuerpflichtig sein können.

69        Unabhängig davon, ob die in Rede stehenden Dienstleistungen der Immobilienvermittlung von Dienstleistern erbracht werden, die – wie die Rechtsmittelführerinnen des Ausgangsverfahrens – ihre Tätigkeit mittels Internetportalen ausüben, oder ob sie von eher traditionellen Wirtschaftsteilnehmern wie Immobilienagenturen erbracht werden, ist zudem festzustellen, dass es sich bei diesen Vermietungen oft um Kurzzeitvermietungen im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Steuerregelung von 2017 handelt. Folglich kann ein und dieselbe in Italien belegene Immobilie unabhängig von der Art der Vermittlung der betreffenden Dienstleistungserbringer in einem Steuerjahr von einem bestimmten Vermieter viele Male an Mieter vermietet werden, die möglicherweise in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, und zwar über Dienstleistungserbringer, die ihrerseits gegebenenfalls in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen und trotzdem verpflichtet sind, den Betrag, der dem vom Vermieter geschuldeten Steuerbetrag entspricht, an der Quelle einzubehalten und an die Steuerverwaltung abzuführen. Es ist daher davon auszugehen, dass die den Erbringern von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung, die über keine ständige Niederlassung in Italien verfügen, auferlegte Verpflichtung, dort einen Steuervertreter zu benennen, geeignet ist, die Erreichung des Ziels der Bekämpfung der Steuerumgehung zu gewährleisten und die genaue Erhebung der Steuer zu ermöglichen.

70        Drittens ist zu prüfen, ob eine Maßnahme wie die dritte Art von Verpflichtungen gemäß der Steuerregelung von 2017 nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

71        Zunächst führt die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme zu der Feststellung, dass im Unterschied zu den Rechtssachen, in denen die in Rn. 60 des vorliegenden Urteils angeführten Urteile ergangen sind und in denen die natürlichen oder juristischen Personen, die von der Verpflichtung zur Benennung eines Steuervertreters im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der Besteuerung betroffen waren, Steuerpflichtige waren, diese Verpflichtung im vorliegenden Fall Dienstleistungserbringer betrifft, die als Steuerverantwortliche gehandelt haben und als solche den Betrag, der der von den Steuerpflichtigen, d. h. den Eigentümern der betreffenden Immobilien, zu zahlenden Steuer entspricht, bereits für die Staatskasse einbehalten haben. Gleichwohl setzt selbst in einem solchen Fall die Verhältnismäßigkeit einer solchen Verpflichtung voraus, dass es keine Maßnahmen gibt, mit denen sich das Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und der genauen Erhebung dieser Steuer durch die betreffende Steuerverwaltung erreichen lässt und die den freien Dienstleistungsverkehr weniger beeinträchtigen als die Verpflichtung, einen im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der Besteuerung ansässigen oder niedergelassenen Steuervertreter zu benennen.

72        Da diese Verpflichtung unterschiedslos für alle Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung gilt, die nicht über eine ständige Niederlassung in Italien verfügen und sich im Rahmen ihrer Leistungen dafür entschieden haben, die Mieten oder die Entgelte betreffend die von der Steuerregelung von 2017 erfassten Verträge einzuziehen oder im Zusammenhang mit der Einziehung dieser Mieten oder Entgelte tätig zu werden, ohne dass beispielsweise nach dem Volumen der Steuereinnahmen unterschieden würde, die diese Dienstleistungserbringer jährlich für Rechnung der Staatskasse einbehalten oder einbehalten können, ist davon auszugehen, dass die dritte Art von Verpflichtungen gemäß der Steuerregelung von 2017 über das hinausgeht, was zur Erreichung der Ziele dieser Regelung erforderlich ist.

73        Schließlich ist es zwar richtig, dass die große Zahl von Geschäften und Immobilien, die Gegenstand eines durch die betreffenden Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung vermittelten Geschäfts sein können, die Aufgabe der Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem sie besteuert werden, komplex macht, doch impliziert sie entgegen dem Vorbringen der italienischen Regierung nicht den Rückgriff auf eine Maßnahme wie die Verpflichtung zur Benennung eines im Hoheitsgebiet dieses Staates ansässigen oder niedergelassenen Steuervertreters, da erstens mit der ersten Art von Verpflichtungen gerade bezweckt wird, den Steuerbehörden alle Informationen an die Hand zu geben, mit denen die Steuerpflichtigen der entsprechenden Steuer bestimmt und deren Bemessungsgrundlage festgestellt werden kann, zweitens die zweite Art von Verpflichtungen den Einbehalt dieser Steuer an der Quelle ermöglicht und drittens der italienische Gesetzgeber nicht die Möglichkeit vorgesehen hat, dass der Steuervertreter, bei dem er sich über die genaue Erhebung der Steuern durch die betreffenden Dienstleister und die ordnungsgemäße Abführung der entsprechenden Beträge an die italienische Staatskasse vergewissern kann, in einem anderen Mitgliedstaat als Italien ansässig oder niedergelassen ist.

74        Insoweit ist die bloße Behauptung, dass das Niederlassungserfordernis eine bessere Garantie für eine effektive Erfüllung der Steuerpflichten des Steuervertreters darstelle, nicht relevant. Zwar kann sich die Kontrolle eines solchen Vertreters durch die Finanzbehörden schwieriger erweisen, wenn er in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist. Aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich jedoch, dass verwaltungstechnische Nachteile die Beeinträchtigung einer durch das Unionsrecht gewährleisteten Grundfreiheit nicht rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien, C-678/11, EU:C:2014:2434, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75        Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen, die den betreffenden Dienstleistungserbringern als Steuerverantwortlichen obliegen, nicht durch Mittel gewährleistet werden könnte, die Art. 56 AEUV weniger beeinträchtigen als die Benennung eines in Italien ansässigen Steuervertreters.

76        Folglich ist entsprechend den Ausführungen des Generalanwalts in Nr. 82 seiner Schlussanträge festzustellen, dass die Verpflichtung zur Benennung eines Steuervertreters unter Umständen wie denen der Steuerregelung von 2017 gegen Art. 56 AEUV verstößt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juli 2007, Kommission/Belgien, C-522/04, EU:C:2007:405, und vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien, C-678/11, EU:C:2014:2434).

77        Nach alledem ist auf die erste und die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass

–          er erstens Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach denen die Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung und der Art und Weise ihrer Vermittlung bei Vermietungen von im Gebiet dieses Mitgliedstaats belegenen Immobilien für eine Dauer von höchstens 30 Tagen Daten über die infolge ihrer Vermittlung geschlossenen Mietverträge zu erheben und anschließend an die Steuerverwaltung zu übermitteln haben und, wenn diese Dienstleistungserbringer die entsprechenden Mieten oder Entgelte eingezogen haben oder im Zusammenhang mit ihrer Einziehung tätig geworden sind, die auf die von den Mietern an die Vermieter gezahlten Beträge anfallende Steuer an der Quelle einbehalten und an die Staatskasse des betreffenden Mitgliedstaats abführen müssen;

–          er zweitens Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach denen die Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung bei Vermietungen von im Gebiet dieses Mitgliedstaats belegenen Immobilien für eine Dauer von höchstens 30 Tagen verpflichtet sind, einen im Mitgliedstaat der Besteuerung ansässigen oder niedergelassenen Steuervertreter zu benennen, wenn diese Dienstleistungserbringer die entsprechenden Mieten oder Entgelte eingezogen haben oder im Zusammenhang mit ihrer Einziehung tätig geworden sind und in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Besteuerung ansässig oder niedergelassen sind.

Zur dritten Vorlagefrage

78        Mit seiner dritten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 267 AEUV dahin auszulegen ist, dass ein einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, bei einer von einer Partei des Ausgangsverfahrens aufgeworfenen Frage nach der Auslegung des Unionsrechts die Möglichkeit behält, die dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegenden Fragen eigenständig zu formulieren, oder ob es verpflichtet ist, die Fragen so zu übernehmen, wie sie von der Partei des Ausgangsverfahrens, die die Vorlage begehrt, formuliert worden sind.

79        Wie der Gerichtshof unlängst dargelegt hat, ist ein einzelstaatliches Gericht, wenn gegen seine Entscheidung kein Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts gegeben ist, grundsätzlich verpflichtet, den Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV anzurufen, wenn sich in einem bei ihm anhängigen Verfahren eine Frage nach der Auslegung des Unionsrechts stellt (Urteil vom 6. Oktober 2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi, C-561/19, EU:C:2021:799, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80        Ein einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, kann von dieser Pflicht nur dann befreit werden, wenn es festgestellt hat, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die Vorschrift des Unionsrechts bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Auslegung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (Urteil vom 6. Oktober 2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi, C-561/19, EU:C:2021:799, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

81        Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich aus dem Verhältnis zwischen den Abs. 2 und 3 des Art. 267 AEUV ergibt, dass die in Abs. 3 genannten Gerichte ebenso wie alle anderen innerstaatlichen Gerichte die Frage, ob für den Erlass ihrer eigenen Entscheidung eine Entscheidung über eine unionsrechtliche Frage erforderlich ist, in eigener Zuständigkeit beurteilen. Diese Gerichte sind somit nicht zur Vorlage einer vor ihnen aufgeworfenen Frage nach der Auslegung des Unionsrechts verpflichtet, wenn die Frage nicht entscheidungserheblich ist, d. h., wenn die Antwort auf diese Frage, wie auch immer sie ausfällt, keinerlei Einfluss auf die Entscheidung des Rechtsstreits haben kann (Urteil vom 6. Oktober 2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi, C-561/19, EU:C:2021:799, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

82        Somit hat nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen (Urteil vom 6. Oktober 2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi, C-561/19, EU:C:2021:799, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

83        Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das mit Art. 267 AEUV geschaffene System der unmittelbaren Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den einzelstaatlichen Gerichten der Parteiherrschaft entzogen ist. Die Parteien können den einzelstaatlichen Gerichten die unabhängige Ausübung der in den Rn. 81 und 82 des vorliegenden Urteils angeführten Befugnis insbesondere nicht dadurch nehmen, dass sie sie zu einem Vorabentscheidungsersuchen zwingen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi, C-561/19, EU:C:2021:799, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

84        Daraus folgt, dass die Bestimmung und die Formulierung der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen allein Sache des einzelstaatlichen Gerichts sind und die Parteien des Ausgangsverfahrens den Inhalt der Fragen nicht vorschreiben oder ändern können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi, C-561/19, EU:C:2021:799, Rn. 54 und 55 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

85        Nach alledem ist auf die dritte Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 267 AEUV dahin auszulegen ist, dass bei einer von einer der Parteien des Ausgangsverfahrens aufgeworfenen Frage nach der Auslegung des Unionsrechts die Bestimmung und die Formulierung der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen allein Sache des einzelstaatlichen Gerichts sind und diese Parteien deren Inhalt nicht vorschreiben oder ändern können.

Kosten

86        Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

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