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Steuerrecht
04.04.2012
Steuerrecht
FG Schleswig-Holstein: Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei Einnahmen aus Substanzausbeuteverträgen

FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 2.12.2011 - 5 K 47/10



Orientierungssatz


1. Trotz der vertraglichen Vereinbarung über den Abbau einer fest begrenzten und von vornherein (zumindest mit einer ca-Angabe) vertraglich festgelegten Menge an Abbausubstanz im Rahmen eines Substanzausbeutevertrages ist der Vertrag als Pachtvertrag und nicht als Kaufvertrag anzusehen und die daraus erzielten Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung steuerbar, wenn die vertraglichen Regelungen umfangreiche Pflichten des "Erwerbers" im Hinblick auf die Art und Weise der Abtragung des Bodens der abzubauenden Fläche sowie der Rekultivierung nach Beendigung des Abbaus vorsehen(Rn.23)(Rn.24).


2. Gegen die ständige Rechtsprechung des BFH zur Einordnung der Einnahmen aus Substanzausbeuteverträgen im Rahmen der (steuerbaren) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder einer steuerfreien Vermögensumschichtung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken(Rn.26).


3. Revision eingelegt (Az. des BFH: IX R 6/12).


Sachverhalt


Die Beteiligten streiten darüber, ob die von dem Kläger in den Streitjahren 2005 und 2006 im Zusammenhang mit einem so genannten Sandausbeutevertrag erzielten Einnahmen bei den steuerbaren Einkünften aus Verpachtung zu berücksichtigen sind oder die Einnahmen im Rahmen einer nicht steuerbaren Vermögensumschichtung angefallen sind.


Der Kläger erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung aus bebauten Grundstücken sowie sonstige Einkünfte. Seine Ehefrau erzielte ebenfalls Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.


Der Kläger war in den Streitjahren und ist nach wie vor Eigentümer der im Grundbuch von ... eingetragenen Flurstücke zur Gesamtgröße von knapp 30 ha. Vor den hier in Rede stehenden Streitjahren dienten diese Flächen dem Kläger als Ackerflächen im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs.


Mit einem als „Kaufvertrag" bezeichneten Vertrag vom 13. September 2003 verkaufte der Kläger nach dem Vertragsinhalt der Firma X Kieswerke GmbH das „ausschließliche Recht, sich das unter den vorgenannten Grundstücken befindliche Vorkommen an brauchbarem Füllsand anzueignen, das Vorkommen abzubauen sowie das Grundstück zu gewerblichen Zwecken mit Beförderungsmitteln gleich welcher Art zu befahren". Der Vertrag enthält des Weiteren neben diesem Vorspann folgende weitere Regelungen:


„§ 1. Herr A verkauft an die Firma X hiermit unwiderruflich das ausschließliche Recht, das im vorstehend angeführten Grundstücken befindliche Vorkommen an brauchbarem Kies und Sand sich anzueignen, das Vorkommen abzubauen sowie das Grundstück zu gewerblichen Zwecken mit Beförderungsmitteln, gleich welcher Art, zu befahren.


§ 2. Der Vertrag ist befristet, das abbaufähige Bodenmaterial wird benötigt für eine Baumaßnahme der Deutschen Bahn AG. Abbaubeginn ist voraussichtlich März 2005, Abbauende November 2005, nämlich Abschluss der Baumaßnahme.


§ 3. Kaufgegenstand ist auf der Grundlage der Ausschreibungsunterlagen eine Menge von ca. 140.000 Kubikmeter. Der Käufer ist grundsätzlich verpflichtet, das ihm eingeräumte Recht selbst auszuüben. Er ist grundsätzlich nicht berechtigt, das Recht einem Dritten zu überlassen. Die Firma X nimmt deshalb den Abbau des Sandes selbst auf eigene Kosten vor. Der Firma X ist es jedoch gestattet, das unter 1. angeführte Ausbeuterecht selbst einem von der Firma X zu benennenden Dritten einzuräumen.


§ 4. Herr A übernimmt keine Gewährleistung für Art und Güte des abgebauten Materials. Eine Gewährleistung ist insoweit ausgeschlossen.


§ 5. Der Kaufpreis für das vorstehend eingeräumte Recht beträgt € 1,25, in Worten: Euro ein 25/100 je Kubikmeter; bei der angenommenen Aushubmenge von 140.000 m³ somit 175.000 €.


Die Firma X zahlt auf den vereinbarten Kaufpreis sechs gleiche Monatsraten in Höhe von jeweils 20.000 € in Worten: Euro zwanzigtausend, jeweils fällig zum 15. eines jeden Monats beginnend mit dem Monat Mai 2005.


Der evtl. verbleibende Restkaufpreis von ca. 55.000 €, in Worten: Euro fünfundfünfzigtausend, ist am 15. November 2005 zur Zahlung fällig, wobei sich die Parteien darüber einig sind, dass sich bei der Durchführung der Maßnahme ergebende Minder- bzw. Mehrmengen auf der Grundlage von 1,25 € je m³ abgerechnet und mit der letzten Zahlungsrate ausgeglichen werden.


§ 6. Vor Abbaubeginn ist der Mutterboden abzuräumen, seitlich zu lagern. Die Fläche ist entsprechend der Genehmigung wieder herzurichten.


§ 7. Die Parteien sind sich darüber einig, dass Material nur so tief abgebaut wird, wie das abbaufähige Material den Vorgaben der Bundesbahn AG entspricht und/oder es wirtschaftlich sinnvoll ist.


§ 8. Die erforderlichen Genehmigungen sind von der Firma X bei der hierfür zuständigen Stelle des Kreises einzuholen. Nach dem Abbau sind die betroffenen Grundstücksflächen auf Kosten der Firma X in den bewirtschaftbaren Zustand herzurichten, dabei sind die Auflagen der Genehmigungsbehörde maßgebend und von der Firma X zu beachten. Die Firma X übernimmt die im Genehmigungsverfahren auflaufenden Kosten, wegen der Ausgleichsflächen werden die Parteien sich einigen.


§ 9. Die Firma X ist berechtigt, von diesem Vertrag zurückzutreten, wenn die Genehmigung unter Bedingungen erteilt wird, die die Firma X nicht zu tragen bereit ist bzw. die Genehmigung überhaupt versagt wird."


Der Sand wurde sodann von der Fa. X GmbH im Zeitraum vom 1. April bis Ende Oktober 2005 abgebaut. Er wurde ausschließlich für ein nahe gelegenes Bauvorhaben der Deutschen Bahn AG verwandt. Aus diesem Vertrag flossen dem Kläger zunächst im Zeitraum von Mai 2005 bis Oktober 2005 monatliche Scheckbeträge von jeweils 20.000 € und eine Restzahlung im November 2005 von 42.500 € zu. Im Jahr 2006 erzielte der Kläger aus dem Vertragsverhältnis mit der X GmbH weitere Einnahmen in Höhe von 15.768,07 €. Diese rührten daher, dass es zunächst Differenzen über die Höhe der abgebauten Menge gab und man sich schließlich erst im Jahr 2006 auf die Gesamtmenge des abgebauten Sandes einigte. Die tatsächliche Gesamtabbaumenge des Sandes betrug danach 142.614 m³. Nach Ende der Abbaumaßnahme planierte die Fa. X GmbH den Abbaubereich und füllte Muttererde auf, so dass die Flächen im Folgenden vom Kläger wieder als Ackerland genutzt werden konnten.


In seiner am 5. März 2007 bei dem Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 behandelten der Kläger und seine Ehefrau die erzielten Erlöse aus dem Vertrag mit der X GmbH als steuerfreie Einkünfte aus einer Vermögensumschichtung. Auf der Grundlage des von dem Kläger vorgelegten Vertrags nahm der Beklagte insoweit jedoch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an und setzte zunächst mit Bescheid vom 12. Juni 2007  - unter Berücksichtigung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 175.000 € aus dem Sandausbeutevertrag - eine Einkommensteuer in Höhe von ... € fest.


In der Einkommensteuererklärung für 2006 gaben die Kläger - entsprechend der von dem Beklagten zuvor für das Jahr 2005 vorgenommenen Einordnung - aus dem oben dargestellten Vertragsverhältnis Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbebauter Grundstücke an. Unter Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von 348 € erklärten sie insofern Einkünfte in Höhe von 15.420 €. Dem folgte der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 17. Dezember 2007 für das Jahr 2006.


Sowohl gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 12. Juni 2007 als auch gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 27. Dezember 2007 legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung machte er geltend, dass sich der Einspruch gegen die steuerliche Behandlung der Einnahmen aus dem Sandausbeutevertrag richte. Er wies darauf hin, dass in einem vergleichbaren Fall das Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 22. April 1998 (Az: VIII 255/95) die vorgenommene Einordnung des Klägers als steuerfreie Einkünfte aus einer Vermögensumschichtung bestätigt habe. Die Einkünfte für die zeitliche Überlassung eines Grundstückes und eines Bodenschatzes erfüllten hiernach unter bestimmten Voraussetzungen nicht den Steuertatbestand der Vermietung und Verpachtung. Der von dem Kläger geschlossene Kaufvertrag mit der Firma X sei in wesentlichen Zügen mit dem Vertragsverhältnis vergleichbar, das der Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts zugrunde gelegen habe. Das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts habe der Bundesfinanzhof (BFH) auch in seinem Urteil vom 6. Mai 2003 (IX R 64/98) bestätigt. In dem vom Niedersächsischen Finanzgericht und dem BFH entschiedenen Verfahren sei das Recht zum Kiesabbau zu einem fest vereinbarten Preis verkauft worden. Auch dort habe der Kies für eine konkrete Baumaßnahme verwendet werden sollen, deren Beginn und Ende bekannt gewesen seien. Trotz der Tatsache, dass die Grundstücke nach Abschluss der Arbeiten wieder in einen bewirtschaftbaren Zustand herzurichten seien, sei der Vertrag - auch vom BFH - als Kaufvertrag angesehen worden. Der BFH habe in zahlreichen Entscheidungen deutlich gemacht, dass es sich ausnahmsweise bei Ausbeuteverträgen auch um Kaufverträge handeln könne, nämlich dann, wenn eine einheitliche Lieferung einer fest begrenzten Menge eines Bodenschatzes vereinbart sei bzw. dann, wenn konkrete Preise und keine von der Förderung unabhängigen Förderzinsen gezahlt würden. Diese Kriterien träfen im Streitfall zu. Die lediglich geringe Abweichung der tatsächlich geförderten Sandmenge von der im Vertrag vorgesehenen Sandmenge könne insoweit nicht entscheidend sein.


Im Laufe des Einspruchsverfahrens wurde der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 mit Bescheid vom 21. Dezember 2007 dahingehend geändert, dass statt der ursprünglich angesetzten Einkünfte aus dem Sandausbeutevertrag von 175.000 € im Jahr 2005 unter Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von 1.500 € und der erst im Jahr 2006 zugeflossenen Einnahmen lediglich 161.000 € an Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus unbebauten Grundstücken berücksichtigt wurden. Ferner erließ der Beklagte im Laufe des Einspruchsverfahrens am 20. Oktober 2009 für die Jahre 2005 und 2006 Änderungsbescheide, die jedoch die hier streitige Frage nicht berühren.


Mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2010 wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers gegen die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 zurück. Auf die Gründe der Einspruchsentscheidung wird insoweit Bezug genommen.


Am 4. März 2010 wurde Klage erhoben.


Zur Begründung seiner Klage wiederholt der Kläger noch einmal, dass zwischen dem vom Niedersächsischen Finanzgericht und dem BFH entschiedenen Fall auf der einen Seite und dem Streitfall auf der anderen Seite erhebliche Parallelen bestünden, die die Einordnung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der X GmbH als Kaufvertrag rechtfertigten. Richtig an den Ausführungen des Beklagten sei, dass - auch nach der Rechtsprechung des BFH - auf den wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung abzustellen sei. Hiervon ausgehend spräche aber die feste Begrenzung der Ausbeutemenge und die Tatsache, dass die ausgehobene Sandmenge dem Umfang entsprochen habe, der von der abbauberechtigten Gesellschaft für das von ihr beabsichtigte Bauvorhaben gebraucht worden sei, dafür, von einem Kaufvertrag über eine bestimmte Menge Sand auszugehen. Gegen eine Qualifizierung als Pachtvertrag sprächen auch verfassungsrechtliche Bedenken. Die grundsätzliche Anwendung des § 21 EStG auf Ausbeuteverträge komme einer Teilenteignung gemäß Art. 14 GG gleich. Außerdem liege ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor, wenn dem Wesen nach gleiche Vorgänge nicht gleich behandelt würden.


Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 12. Juni 2007 sowie den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 27. Dezember 2007, jeweils geändert durch Bescheid vom 20. Oktober 2009, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2010 zu ändern und dabei die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Veranlagungszeitraum 2005 um 161.000 € und im Veranlagungszeitraum 2006 um 15.420 € zu vermindern und das zu versteuernde Einkommen und die Einkommensteuer entsprechend neu zu berechnen.


Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.


Er macht geltend: Die Entscheidung des BFH in seinem Urteil vom 6. Mai 2003 (BFH/NV 2003, S. 1175) beruhe im Wesentlichen darauf, dass im Revisionsverfahren die Tatsachenwürdigung des Finanzgerichts durch die Finanzverwaltung als Revisionsführerin nicht angegriffen worden sei. Die von dem Niedersächsischen Finanzgericht als Tatsacheninstanz getroffenen Feststellungen seien daher für den BFH revisionsrechtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar gewesen, ob sie gegen Denkgesetzte, Erfahrungssätze oder gesetzliche Auslegungsregeln verstoßen hätten. An die Gesamtwürdigung des Finanzgerichts sei der BFH daher gebunden gewesen. Es verbleibe grundsätzlich bei dem vom BFH in ständiger Rechtsprechung bestätigten Prinzip, dass bei Verträgen, die eine Substanzausbeute zum Gegenstand hätten, grundsätzlich von einer unter § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG fallenden entgeltlichen Nutzungsüberlassung des Grundstücks auszugehen sei. Das Vorliegen eines Kaufvertrages könne nur ausnahmsweise angenommen werden. Ein solcher Ausnahmetatbestand läge hier nicht vor. Es spreche nicht gegen einen Pachtvertrag, wenn sich die Ausbeuteberechtigung nur auf bestimmte Bodenschätze mit festgelegter Menge beschränkt hätte. Hinzu kämen im vorliegenden Fall auch noch weitere, für einen Kaufvertrag atypische Umstände. Dazu zähle bspw. die Übernahme der Rekultivierungsverpflichtung durch das Abbauunternehmen. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juni 1992 bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die von dem Beklagten vorgenommene Einordnung.


Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie die übersandten Steuervorgänge des Beklagten Bezug genommen.


Aus den Gründen


Die zulässige Klage ist unbegründet.


Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat der Beklagte den hier streitigen Substanzausbeutevertrag als Pachtvertrag bewertet und die daraus erzielten Einnahmen des Klägers bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG eingeordnet.


1. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung (z.B. Urteile vom 24. November 1992 IX R 30/88, BFHE 170, 71, BStBl II 1993, 296; vom 21. Juli 1993 IX R 9/89, BFHE 172, 498, BStBl II 1994, 231; vom 6. Mai 2003 IX R 64/98, BFH/NV 2003, 1175 m. w. N.) und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) (z.B. BGH-Urteile vom 7. Februar 1973 VIII ZR 205/71, Wertpapier-Mitteilungen/ Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht -WM- 1973, 386 -Sandausbeute-; vom 10. November 1999 XII ZR 24/97, WM 2000, 545, NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht -NJW-RR- 2000, 302 -Kiesausbeute-, m.w.N.; vom 17. Dezember 1999 V ZR 448/98, WM 2000, 536, Monatsschrift Deutsches Recht -MDR- 2000, 383 -Bimsausbeute-) die zeitlich begrenzte Überlassung von Grundstücken zur Hebung der darin ruhenden Bodenschätze (sog. Ausbeuteverträge) grundsätzlich als Pachtverträge beurteilt und Einnahmen daraus zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gezählt. Der BFH hat ebenso nach ständiger Rechtsprechung mehrfach klargestellt, dass Ausbeuteverträge in besonderen Ausnahmefällen auch als Kaufverträge angesehen werden können. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es sich um die einmalige Lieferung einer fest begrenzten Menge eines Bodenschatzes handelt (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1958 I 199/57 U, BFHE 68, 10, BStBl III 1959, 5; vom 13. Mai 1959 IV 159/58 U, BFHE 69, 88, BStBl III 1959, 294; vom 12. Dezember 1969 VI R 197/67, BFHE 97, 542, BStBl II 1970, 210, m.N.; vom 12. Januar 1972 I R 220/69, BFHE 104, 553, BStBl II 1972, 433; in BFHE 172, 498, BStBl II 1994, 231, m.w.N.).


Ob und inwieweit bei Substanzausbeuteverträgen eine zeitlich begrenzte, unter § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG fallende entgeltliche Nutzungsüberlassung des Grundstücks oder eine entgeltliche, aber steuerfreie Übertragung von Bodensubstanz gegeben ist, hat das FG als Tatsacheninstanz zu ermitteln und zu beurteilen. Für die nach den vorstehenden Grundsätzen erforderliche Auslegung und Abgrenzung kommt es entscheidend auf den wirtschaftlichen Gehalt der zugrunde liegenden Vereinbarung(en) an, wie er sich nach dem Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt (einhellige Auffassung; z.B. BFH-Urteile vom 5. Oktober 1973 VIII R 78/70, BFHE 111, 43, BStBl II 1974, 130; vom 18. August 1977 VIII R 7/74, BFHE 123, 176, BStBl II 1977, 796; in BFHE 172, 498, BStBl II 1994, 231; vom 6. Mai 2003 IX R 64/98, BFH/NB 2003, 1175, BFH-Beschlüsse vom 3. Januar 2006 IX B 162/04, BFH/NV 2006, 738; vom 28. September 2010 IX B 65/10 , BFH/NV 2011, 43). Dabei hat der BFH mehrfach entschieden, dass die Vergütung für eine (auch fest begrenzte) Menge einer Bodensubstanz dann jedenfalls als Pachteinnahme zu behandeln ist, wenn der Erwerber der Substanz in dem Ausbeutevertrag Verpflichtungen übernimmt, die für einen Kaufvertrag atypisch sind oder der Vertrag sonstige kaufvertragsatypische Elemente enthält. So ist bspw. bei einer vertraglich festgelegten Verpflichtung des Abbauunternehmers zur Abtragung des Mutterbodens und - nach Beendigung der Maßnahme - zur Rekultivierung keine „einmalige Lieferung" im Sinne des in der Rechtsprechung entwickelten „Ausnahmetatbestandes" angenommen worden (vgl. BFH, Urteil vom 12. Dezember 1969 VI R 197/67; Urteil vom 27. Juni 1978 VIII R 12/72, BFHE 125, 528, BStBl II 1979, 38). Ferner ist auch bei einem Gewährleistungsausschluss für die „Art und Güte" der Ausbeutesubstanz ein kaufvertragsatypisches Element angenommen worden, das für die Annahme eines Pachtvertrages spreche (vgl. BFH, Urteil vom 12. Dezember 1969 VI R 197/67, BFHE 97, 542, BStBl II 1970, 210; Urteil vom 27. Juni 1978 VIII R 12/72, BFHE, 125, 528, BStBl II 1979, 38, 40).


Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend bewertet der Senat den vorliegenden Vertrag unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als Pachtverhältnis, so dass der Beklagte zur Recht die hier erzielten Einnahmen des Klägers bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG eingeordnet hat. Auch die Höhe der in den Streitjahren jeweils angesetzten Einkünfte, die im Übrigen auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, ist nicht zu beanstanden.


Maßgeblich ist zunächst einmal nicht die Bezeichnung des Vertrages als Kaufvertrag. Denn nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Dabei kommt es nach der oben zitierten Rechtsprechung des BFH bei der Auslegung von Substanzausbeuteverträgen insbesondere auf den wirtschaftlichen Gehalt der jeweiligen Parteierklärungen an. Hiervon ausgehend spricht für die Annahme eine Pachtvertrages und gegen die Annahme eines Kaufvertrages nach Auffassung des Senats im Streitfall noch nicht, dass der vereinbarte Preis im Wesentlichen in monatlichen Raten gezahlt wurde, da auch im Rahmen des Kaufvertrages eine Ratenzahlung vereinbart werden kann. Nach den Umständen des vorliegenden Falles kann man zwar davon ausgehen, dass die vertraglichen Regelungen sich auf den Abbau einer fest begrenzten Menge an Bodensubstanz - hier des abzubauenden Sandes -, die ausschließlich für ein einziges, von vorneherein feststehendes Bauvorhaben der Deutschen Bahn AG verwandt wurde, bezogen. Dies geschah auch in einem relativ überschaubaren zeitlichen Rahmen von etwa sechs Monaten (1. April bis Ende Oktober 2005), in dem der Abbau erfolgte. Die voraussichtliche Dauer der Abbaumaßnahme war auch im Vorhinein vertraglich festgelegt (§ 2 Satz 2 des Vertrages). Dies könnte für das Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung über eine fest begrenzte Menge Bodensubstanz im Rahmen des nach der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmetatbestands sprechen. Der Tatsache, dass die tatsächliche Abbaumenge mit 142.614 m³ von der vertraglich vorgesehenen Abbaumenge von 140.000 m³ geringfügig abwich und im Vertrag lediglich eine Ca.- Angabe enthalten ist, kann insoweit nach Auffassung des Senats keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden (vgl. auch BFH- Urteil vom 26. März 1956 - V 286/56 HFR 1963, 273 - wenigstens „ziemlich" genaue Festlegung der Ausbeutemenge).


Mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 12. Dezember 1969 VI R 197/67; Urteil vom 27. Juni 1978 VIII R 12/72, BFHE 125, 528, BStBl II 1979, 38 m.w.N.) geht der Senat andererseits jedoch davon aus, dass jedenfalls dann, wenn der Vertrag wesentliche kaufvertragsatypische Elemente enthält, keine „einmalige Lieferung" an Bodensubstanz mehr vorliegen kann und dem allgemeinen Grundsatz folgend von einem Pachtverhältnis auszugehen ist, auch wenn eine fest begrenzte Menge einer Bodensubstanz als Abbaumenge vertraglich festgelegt wurde. Danach spricht nach Auffassung des Senats zwar noch nicht der in dem streitigen Vertrag vereinbarte Gewährleistungsausschluss hinsichtlich der „Art und Güte" des abgebauten Materials (§ 4 des Vertrages) entscheidend für die Annahme eine Pachtverhältnisses, da ein Gewährleistungsausschluss nicht notwendigerweise kaufvertragsatypisch ist, sondern - auch wenn insoweit eine Abweichung von gesetzlichen Bestimmungen vorliegt - in bestimmten Kaufvertragstypen (bspw. Verkauf gebrauchter Sachen) in der Praxis durchaus häufig vorkommt. Maßgeblich für die Annahme eines Pachtverhältnisses im Streitfall sind nach Auffassung des Senats jedoch die sich aus §§ 6 und 8 Satz 2 des Vertrages ergebenden Pflichten des Vertragspartners, vor Abbaubeginn den Mutterboden abzuräumen und seitlich zu lagern und nach dem Abbau „die Grundstücksflächen auf eigene Kosten in einen für den Kläger wieder bewirtschaftbaren Zustand herzurichten". Letzteres bedeutete nach der Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass die Fa. X - wie es später auch umgesetzt wurde - die Abbaufläche zu planieren und Mutterboden wieder aufzutragen hatte. Angesichts dieser erheblichen, dem Vertragspartner des Klägers auferlegten Arbeitsleistungen kann keine im Sinne eines Kaufvertrages „einmalige Lieferung" der Bodensubstanz, die nach der Rechtsprechung des BFH Voraussetzung für den Ausnahmefall ist, mehr angenommen werden. Vielmehr tritt durch diese, die Grundstücksflächen und deren Nutzung betreffenden umfangreichen Nebenpflichten des Vertragspartners, eher die Nutzung der Grundstücksflächen in den Vordergrund der vertraglichen Vereinbarung, so dass dies die Annahme eines Pachtverhältnisses rechtfertigt.


Dem steht nach Auffassung des Senats auch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6. Mai 2003 (IX R 64/98, BFH/NV 2003 1175) nicht entgegen. Zwar bestand für den Käufer nach dem Sachverhalt, der diesem BFH-Urteil und dem der Vorinstanz (Niedersächsisches FG, Urteil vom 22. April 1998 XIII 255/952, DStRE 1999, 502) zu Grunde lag, im Rahmen des Substanzausbeutevertrags auch eine Verpflichtung, auf seine Kosten nach dem Abbau das Grundstück in den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Es ist dem Kläger auch einzuräumen, dass die Formulierung des BFH in dem o. g. Urteil, im Ergebnis sei die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts insoweit zutreffend, „als danach Ausbeuteverträge jedenfalls in Ausnahmefällen als Kaufverträge beurteilt werden können und die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls vorliegen" dafür sprechen könnte, dass auch der BFH trotz der Rekultivierungsverpflichtung in diesem Fall von einem Kaufvertrag ausgeht. Aus den diesem Satz nachfolgenden Ausführungen des BFH-Urteils vom 6. Mai 2003 ergibt sich nach Auffassung des Senats jedoch, dass hier lediglich revisionsrechtliche Gründe, nämlich die Tatsache, dass die Vertragsauslegung unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls der Tatsacheninstanz oblag und diese keine Verstöße gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder gesetzliche Auslegungsregeln erkennen ließ, zu dem von dem BFH gewonnenen Ergebnis führte, dieser aber nicht von der bisherigen Rechtsprechung abweichen wollte, dass umfangreiche, die Verwendung des Grundstücks betreffende Pflichten des Abbauunternehmers und sonstige kaufvertragsatypische Elemente die Annahme eine Kaufvertrages auch bei vertraglicher Festlegung des Abbaus einer eng begrenzten Menge an Bodensubstanz ausschließen.


Gegen die vorgenommene Auslegung des streitigen Vertragsverhältnisses und die danach erfolgte Einordnung der Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung auf der Grundlage der Rechtsprechung des BFH ergeben sich aus Sicht des Senats auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese ergeben sich weder unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch im Hinblick auf Art. 14 GG oder das Rechtstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG). Nach der Rechtsprechung des BFH bedarf die im Einzelfall schwierige Abgrenzung zwischen einem Pachtverhältnis und einem Kaufvertrag bei Substanzausbeuteverträgen einer Würdigung der Gesamtumstände und eines Abstellens auf den wirtschaftlichen Gehalt der vertraglichen Vereinbarung, wie er sich unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt. In einer solchen differenzierten Betrachtung nach den Umständen des Einzelfalls kann aber keine willkürliche Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten erblickt werden. Im Übrigen wird auf den Beschluss des BVerfG vom 3. Juni 1992 (1 BvR 583/86, DStR 1993, 273) Bezug genommen, wonach die hier in Rede stehende Rechtsprechung des BFH keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.


Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Zwar ist dem Senat bewusst, dass nach der Rechtsprechung des BFH es Aufgabe der Finanzgerichte als Tatsacheninstanz ist, auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze den wirtschaftlichen Gehalt der dem jeweiligen Fall zu Grunde liegenden Substanzausbeuteverträge unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der gestalteten Verhältnisse zu ermitteln und vor diesem Hintergrund eine Einordnung in die jeweiligen Vertragstypen vorzunehmen, so dass bei Beachtung dieser Grundsätze den Fällen in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung beikommt. Grundsätzlich bedeutsam erachtet der Senat hier dennoch die Frage, ob eine - wie im Streitfall - im Rahmen eines Substanzausbeutevertrages übernommene Verpflichtung des Abbauunternehmers, den ursprünglichen Zustand der Grundstücksflächen wiederherzustellen, selbst bei Vereinbarung der Ausbeutung einer fest begrenzten Menge für eine bestimmte Baumaßnahme die Annahme des Ausnahmetatbestandes der einmaligen Lieferung einer fest begrenzten Menge einen Bodenschatzes hindert. Dafür spricht die frühere Rechtsprechung des BFH, wonach eine kaufvertragstypische Lieferung angesichts solcher, den Erwerbern des Sandes auferlegten Pflichten nicht angenommen werden könne (vgl. BFH Urteil vom 12. Dezember 1969 VI R 197/97, BFHE 97,542; BStBl II 1970,210; in diesem Fall sah sich der BFH auch nicht an die durch die Vorinstanz vorgenommene Gesamtwürdigung gebunden; vgl. auch Stefan Wolf, Besteuerung der Bodenschatzverwertung, Diss., Bonn 2011, S. 215, nach dessen Verständnis der Rechtsprechung des BFH derartige Renaturierungspflichten des „Erwerbers" eine hinreichende Bedingung für die Annahme eines Pachtvertrages sein sollen). Durch die Entscheidung des BFH vom 6. Mai 2003 (IX R 64/98, BFH/NV 2003, 1175) bestehen Zweifel daran, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden soll.

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