EuGH: Diskriminierung gebietsfremder Investmentgesellschaften
EuGH, Urteil vom 25.10.2012 - C-387/11, Europäische Kommission gegen Königreich Belgien
Tenor
1. Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 49 AEUV und 63 AEUV und den Art. 31 und 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 verstoßen, dass es Regeln beibehalten hat, die bei der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern danach unterscheiden, ob diese Einkünfte von gebietsansässigen Investmentgesellschaften oder von gebietsfremden Investmentgesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien bezogen werden.
2. Das Königreich Belgien trägt die Kosten.
3. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten.
Aus den Gründen
1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission beim Gerichtshof die Feststellung, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 49 AEUV und 63 AEUV und den Art. 31 und 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hat, dass es Regeln beibehalten hat, die bei der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern danach unterscheiden, ob diese Einkünfte von belgischen Investmentgesellschaften oder von ausländischen Investmentgesellschaften bezogen werden.
Einschlägige Vorschriften des belgischen Rechts
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Art. 1 des Einkommensteuergesetzbuchs 1992 (im Folgenden: Einkommensteuergesetzbuch) bestimmt:
„§ 1
Als Einkommensteuern werden erhoben:
1. eine Steuer auf das Gesamteinkommen der Einwohner des Königreichs, Steuer der natürlichen Personen genannt,
2. eine Steuer auf das Gesamteinkommen der inländischen Gesellschaften, Gesellschaftssteuer genannt,
3. eine Steuer auf das Einkommen belgischer juristischer Personen, die keine Gesellschaften sind, Steuer der juristischen Personen genannt,
4. eine Steuer auf das Einkommen Nichtansässiger, Steuer der Gebietsfremden genannt.
§ 2
Die Steuern werden in Grenzen und unter Bedingungen, die in Titel VI Kapitel I vorgesehen sind, per Vorabzug erhoben."
Die für in Belgien ansässige Investmentgesellschaften geltende Steuerregelung
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Nach Art. 179 des Einkommensteuergesetzbuchs unterliegen inländische Gesellschaften, d. h. Gesellschaften, deren Gesellschaftssitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsführungs- oder Verwaltungssitz in Belgien liegt (im Folgenden auch: gebietsansässige Gesellschaften), der Gesellschaftssteuer.
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Art. 185 § 1 des Einkommensteuergesetzbuchs bestimmt, dass diese Gesellschaften in Bezug auf den Gesamtbetrag der Gewinne einschließlich der ausgeschütteten Dividenden steuerpflichtig sind.
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Nach Art. 185bis § 1 des Einkommensteuergesetzbuchs sind jedoch Investmentgesellschaften „nur in Bezug auf den Gesamtbetrag der erhaltenen ungewöhnlichen oder freiwilligen Vorteile und der nicht als Werbungskosten abzugsfähigen Ausgaben und Kosten, die keine Wertminderungen und Minderwerte auf Aktien oder Anteile sind, steuerpflichtig, unbeschadet jedoch der Tatsache, dass sie der in Artikel 219 vorgesehenen getrennten Steuer unterliegen".
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In diesem Zusammenhang bestimmt Art. 219 des Einkommensteuergesetzbuchs, dass u. a. auf die Ausgaben der Gesellschaft, nämlich Provisionen, Maklergebühren, kommerzielle oder andere Ermäßigungen, die nicht durch Individualkarten und eine zusammenfassende Aufstellung nachgewiesen werden, und auf verschleierte Gewinne, d. h. von der Verwaltung festgestellte Gewinne, die nicht im Buchführungsergebnis der Gesellschaft enthalten sind, eine getrennte Steuer festgelegt wird.
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Gemäß den Art. 249 und 261 des Einkommensteuergesetzbuchs wird die Gesellschaftssteuer per Vorabzug auf Einkünfte aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern erhoben, die von den Einwohnern des Königreichs Belgien, inländischen Gesellschaften sowie Steuerpflichtigen, die der Steuer der Gebietsfremden unterliegen und in Belgien eine Niederlassung haben, bezogen werden.
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Nach Art. 269 des Einkommensteuergesetzbuchs beträgt der Steuersatz des Mobiliensteuervorabzugs 15 % für Einkünfte aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern und 25 % für Dividenden.
9
Art. 267 des Einkommensteuergesetzbuchs lautet:
„In Artikel 1 erwähnte Steuern werden in nachstehend erwähntem Maße per Anrechnung des Immobiliensteuervorabzugs, des Mobiliensteuervorabzugs und des Berufssteuervorabzugs und des Pauschalanteils ausländischer Steuer und der Steuergutschrift beglichen."
Art. 279 des Einkommensteuergesetzbuchs bestimmt:
„Als Mobiliensteuervorabzug wird der gemäß Artikel 269 festgelegte Betrag des Mobiliensteuervorabzugs angerechnet."
Art. 304 § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzbuchs sieht vor:
„Für inländische Gesellschaften wird der eventuelle Überschuss des in Artikel 279 erwähnten Mobiliensteuervorabzugs ... gegebenenfalls auf die in Ausführung der Artikel 219 und 219bis festgelegten getrennten Steuern angerechnet und wird der Restbetrag erstattet, sofern er mindestens 2,50 EUR beträgt."
Die für nicht in Belgien ansässige Investmentgesellschaften geltende Steuerregelung
Nach den Art. 227 und 228 des Einkommensteuergesetzbuchs unterliegen ausländische Gesellschaften und Vereinigungen, Niederlassungen oder Einrichtungen ohne Rechtspersönlichkeit, die in einer ähnlichen Rechtsform gegründet wurden wie die einer Gesellschaft belgischen Rechts und deren Gesellschaftssitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsführungs- oder Verwaltungssitz nicht in Belgien liegt, der Steuer der Gebietsfremden, die ausschließlich auf Einkünfte erhoben wird, die in Belgien erzielt oder bezogen werden und steuerpflichtig sind.
Diese Bestimmungen sind auf gebietsfremde Gesellschaften anwendbar, die eine Niederlassung in Belgien haben.
Nach Art. 294 des Einkommensteuergesetzbuchs werden Mobiliensteuervorabzüge auf die Steuer der Gebietsfremden angerechnet.
Für gebietsfremde Gesellschaften, die im belgischen Hoheitsgebiet keine Niederlassung haben, sieht Art. 248 des Einkommensteuergesetzbuchs vor, dass die Steuer in Bezug auf nicht in den Art. 232 bis 234 des Einkommensteuergesetzbuchs erwähnte Einkünfte den verschiedenen Vorabzügen und der in Art. 301 erwähnten Sondersteuer entspricht.
Vorverfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof
Da die Kommission der Auffassung war, dass die Regeln für die Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern, die von gebietsfremden Investmentgesellschaften bezogen werden, die über keine feste Niederlassung im belgischen Hoheitsgebiet verfügen, weniger günstig seien als die Regeln für die Besteuerung der Einkünfte von in Belgien ansässigen Investmentgesellschaften, richtete sie am 17. Oktober 2008 ein Aufforderungsschreiben an die belgischen Behörden, in dem sie darauf hinwies, dass die betreffenden Rechtsvorschriften mit den Art. 49 AEUV, 54 AEUV und 63 AEUV unvereinbar seien.
Da die belgischen Behörden diesem Schreiben keine Folge leisteten, richtete die Kommission an das Königreich Belgien unter dem Datum vom 4. Juni 2010 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie diesen Mitgliedstaat dazu aufforderte, innerhalb von zwei Monaten ab dem Erhalt der Stellungnahme den Vorgaben der genannten Artikel nachzukommen.
Da die Antwort der belgischen Behörden vom 17. September 2010 die Kommission nicht zufriedenstellte, beschloss sie, die vorliegende Klage zu erheben.
Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 9. Januar 2012 ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Königreichs Belgien zugelassen worden.
Zur Klage
Zum Vorliegen von Beschränkungen der Bestimmungen des AEUV
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Der Kommission zufolge führt die unterschiedliche Besteuerung von gebietsansässigen Investmentgesellschaften und gebietsfremden Investmentgesellschaften ohne feste Niederlassung im belgischen Hoheitsgebiet zu einer Ungleichbehandlung dieser beiden Arten von Gesellschaften, die gegen die Art. 49 AEUV und 63 AEUV verstößt.
Denn die Einkünfte dieser beiden Kategorien von Steuerpflichtigen seien zwar in gleicher Weise mit dem Mobiliensteuervorabzug belastet, doch komme den gebietsansässigen Gesellschaften eine günstigere Regelung zugute.
Zum einen sehe Art. 185bis des Einkommensteuergesetzbuchs eine Freistellung dieser Art von Einkünften vor und beschränke die Besteuerung gebietsansässiger Gesellschaften auf bestimmte Ausnahmefälle und die getrennte Steuer, die in Art. 219 des Einkommensteuergesetzbuchs vorgesehen seien.
Zum anderen schaffe Art. 304 des Einkommensteuergesetzbuchs einen Mechanismus, der den an der Quelle vorgenommenen Mobiliensteuervorabzug neutralisiere. § 2 Abs. 2 dieses Artikels ermögliche nämlich eine Anrechnung des eventuellen Überschusses des Mobiliensteuervorabzugs auf die nach Art. 219 des Einkommensteuergesetzbuchs geschuldeten getrennten Steuern und sogar eine Erstattung des Restbetrags, sofern er mindestens 2,50 Euro betrage.
Nach Ansicht der Kommission stellt diese unterschiedliche Behandlung eine Behinderung des freien Kapitalverkehrs sowie eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit dar. Denn die nationalen Rechtsvorschriften machten dadurch, dass sie die Möglichkeit der Anrechnung des Mobiliensteuervorabzugs auf die von Gesellschaften geschuldete Steuer und die Möglichkeit der Freistellung von Einkünften aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern gebietsansässigen Gesellschaften vorbehielten, Investitionen in belgische Gesellschaften für gebietsfremde Investmentgesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien weniger attraktiv.
Das Königreich Belgien, das einräumt, dass gebietsansässige Gesellschaften und gebietsfremde Gesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien bei der Besteuerung ungleich behandelt werden, betont, dass sich diese beiden Kategorien von Gesellschaften in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in einer objektiv unterschiedlichen Situation befänden, die eine solche Ungleichbehandlung rechtfertige.
Erstens unterlägen gebietsansässige Gesellschaften nach den Art. 185, 185bis und 219 des Einkommensteuergesetzbuchs der Gesellschaftssteuer. Bei den gebietsfremden Gesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien unterscheide die Kommission in ihrer Klageschrift in keiner Weise nach der Steuerregelung, der diese in ihrem Sitzstaat unterworfen seien. Denn in den Staaten, in denen die gebietsfremden Gesellschaften nicht der Einkommensteuer unterlägen oder ihre Gewinne steuerbefreit seien, befänden sie sich nicht in einer Situation, die der von gebietsansässigen Gesellschaften vergleichbar sei.
Zweitens habe die Kommission nicht erwähnt, dass bei gebietsansässigen Gesellschaften und gebietsfremden Gesellschaften, die über eine feste Niederlassung in Belgien verfügten, eine Anrechnung des als Mobiliensteuervorabzug gezahlten Betrags auf den Betrag, der als Gesellschaftssteuer oder Steuer der Gebietsfremden geschuldet werde, oder gar seine Erstattung nur unter bestimmten Umständen und mit bestimmten Einschränkungen, die u. a. in den Art. 281 und 282 des Einkommensteuergesetzbuchs vorgesehen seien, möglich sei.
Drittens würden Investmentfonds belgischen Rechts nicht als eigenständige rechtliche Einheiten angesehen und unterlägen als solche nicht der Gesellschaftssteuer. Daher werde der Mobiliensteuervorabzug, auf diesen Fonds zugeordnete Einkünfte aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern - ebenso wie bei gebietsfremden Investmentgesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien - endgültig erhoben.
Viertens sei eine möglicherweise festzustellende Doppelbesteuerung der Einkünfte solcher gebietsfremder Gesellschaften die Folge einer fehlenden Harmonisierung der Steuervorschriften der Mitgliedstaaten, da allgemein anerkannt sei, dass grundsätzlich der Sitzstaat gehalten sei, eine solche Doppelbesteuerung auszugleichen.
Fünftens müsse berücksichtigt werden, dass Investmentgesellschaften als Finanzintermediäre für Rechnung der Investoren handelten. Wenn dann die jeweilige Situation der Anteilsinhaber miteinander verglichen werden müsse, seien zwangsläufig komplexe Unterschiede festzustellen.
Sechstens unterscheide sich bei gebietsansässigen Gesellschaften und bei gebietsfremden Gesellschaften die Art der Erhebung der Steuer. Bei gebietsansässigen Gesellschaften werde die Steuer im Veranlagungsverfahren erhoben, bei gebietsfremden Gesellschaften im Wege des Vorausabzugs.
Siebtens tätigten die gebietsfremden Investmentgesellschaften, soweit sie ihre Tätigkeit der kollektiven Vermögensverwaltung im Ausland ausübten, nicht die gleichen Geschäfte wie gebietsansässige Investmentgesellschaften, nämlich z. B. den Vertrieb von Anteilen in Belgien ohne öffentliche Aufforderung zur Zeichnung.
Würdigung durch den Gerichtshof
- Zur Anwendbarkeit der Art. 49 AEUV und 63 AEUV
Da die Kommission vorträgt, das Königreich Belgien habe sowohl gegen Art. 49 AEUV als auch gegen Art. 63 AEUV verstoßen, ist zunächst daran zu erinnern, dass für die Beantwortung der Frage, ob eine nationale Regelung unter die eine oder unter die andere dieser Grundfreiheiten fällt, auf den Gegenstand der betreffenden nationalen Regelung abzustellen ist (vgl. u. a. Urteile vom 24. Mai 2007, Holböck, C‑157/05, Slg. 2007, I‑4051, Randnr. 22, vom 26. März 2009, Kommission/Italien, C‑326/07, Slg. 2009, I‑2291, Randnr. 33, vom 11. November 2010, Kommission/Portugal, C‑543/08, Slg. 2010, I‑11241, Randnr. 40, und vom 10. November 2011, Kommission/Portugal, C‑212/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 41).
Insoweit ist bereits entschieden worden, dass eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, unter die Bestimmungen des Vertrags über die Niederlassungsfreiheit fällt (vgl. Urteile vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation, C‑446/04, Slg. 2006, I‑11753, Randnr. 37, und vom 21. Oktober 2010, Idryma Typou, C‑81/09, Slg. 2010, I‑10161, Randnr. 47). Hingegen sind nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen (Urteil vom 15. September 2011, Accor, C‑310/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Vertragsverletzungsverfahren ist nicht ausgeschlossen, dass sich die in Rede stehenden nationalen Bestimmungen sowohl auf die Niederlassungsfreiheit als auch auf den freien Kapitalverkehr auswirken können. Diese Bestimmungen sind daher anhand der Art. 49 AEUV und 63 AEUV zu prüfen.
- Zum Verstoß gegen die Verpflichtungen aus Art. 63 Abs. 1 AEUV
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs fallen die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, doch müssen diese ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben (vgl. u. a. Urteile vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation, C‑374/04, Slg. 2006, I‑11673, Randnr. 36, vom 8. November 2007, Amurta, C‑379/05, Slg. 2007, I‑9569, Randnr. 16, vom 19. November 2009, Kommission/Italien, C‑540/07, Slg. 2009, I‑10983, Randnr. 28, vom 3. Juni 2010, Kommission/Spanien, C‑487/08, Slg. 2010, I‑4843, Randnr. 37, und vom 20. Oktober 2011, Kommission/Deutschland, C‑284/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 44).
Insbesondere ist es Sache jedes Mitgliedstaats, unter Beachtung des Unionsrechts sein System der Besteuerung von Gewinnausschüttungen zu gestalten und in diesem Rahmen die auf den empfangenden Anteilsinhaber anwendbare Besteuerungsgrundlage und den für ihn geltenden Steuersatz zu bestimmen (vgl. u. a. Urteile Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation, Randnr. 50, Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 47, vom 20. Mai 2008, Orange European Smallcap Fund, C‑194/06, Slg. 2008, I‑3747, Randnr. 30, vom 16. Juli 2009, Damseaux, C‑128/08, Slg. 2009, I‑6823, Randnr. 25, und Kommission/Deutschland, Randnr. 45).
Im vorliegenden Fall unterwerfen die belgischen Rechtsvorschriften die Dividenden und Zinsen, die von einer in Belgien niedergelassenen Gesellschaft ausgeschüttet werden, sowohl bei einer Ausschüttung an in Belgien ansässige Investmentgesellschaften als auch bei einer Ausschüttung an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Investmentgesellschaften dem Mobiliensteuervorabzug. Jedoch sind die Dividenden und Zinsen, die an in Belgien niedergelassene Investmentgesellschaften ausgeschüttet werden, als Einkünfte aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern nach Art. 185bis des Einkommensteuergesetzbuchs von der Gesellschaftssteuer befreit. Zudem ermöglicht Art. 304 § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzbuchs die Anrechnung des Mobiliensteuervorabzugs auf die von inländischen Investmentgesellschaften geschuldete Gesellschaftssteuer und sogar die Erstattung der Differenz zwischen dem an der Quelle einbehaltenen Vorabzug und der tatsächlich geschuldeten Steuer, soweit diese Differenz mindestens 2,50 Euro beträgt. Das Gleiche gilt nach Art. 304 § 2 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzbuchs für gebietsfremde Investmentgesellschaften, die nach Art. 233 des Einkommensteuergesetzbuchs der Steuer der Gebietsfremden unterliegen, also für solche, die über eine feste Niederlassung in Belgien verfügen. Folglich können gebietsansässige Investmentgesellschaften der steuerlichen Belastung infolge des Mobiliensteuervorabzugs entgehen, mit dem Einkünfte aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern belastet werden, die sie von belgischen Gesellschaften beziehen.
Zwar ist der den gebietsansässigen Investmentgesellschaften zuerkannte Anspruch auf Steuerbefreiung und ‑anrechnung bestimmten Bedingungen und Beschränkungen unterworfen, u. a. den in den Art. 281 und 282 des Einkommensteuergesetzbuchs vorgesehenen; dies ändert aber nichts daran, dass gebietsfremden Investmentgesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien eine solche Möglichkeit nicht eingeräumt wird und daher der Mobiliensteuervorabzug, der bei Einkünften aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern vorgenommen wird, die gebietsfremde Investmentgesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien von belgischen Gesellschaften beziehen, in die sie investiert haben, aufgrund von Art. 248 des Einkommensteuergesetzbuchs eine endgültige Besteuerung darstellt.
Folglich ist festzustellen, dass die belgischen Rechtsvorschriften Einkünfte aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern, wenn sie von gebietsfremden Investmentgesellschaften, die über keine feste Niederlassung in Belgien verfügen, bezogen werden, steuerlich ungünstiger behandeln als derartige Einkünfte, wenn sie von gebietsansässigen Investmentgesellschaften oder gebietsfremden Investmentgesellschaften, die über eine feste Niederlassung in Belgien verfügen, bezogen werden.
Das Königreich Belgien macht allerdings geltend, dass sich eine gebietsansässige Investmentgesellschaft in Bezug auf die in Rede stehenden steuerrechtlichen Vorschriften in einer anderen Situation befinde als eine gebietsfremde Investmentgesellschaft, die über keine feste Niederlassung in diesem Mitgliedstaat verfüge.
In diesem Zusammenhang ist auf Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV hinzuweisen, in dem es heißt: „Artikel 63 [AEUV] berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, ... die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln."
Diese Bestimmung ist, da sie eine Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs darstellt, eng auszulegen. Sie kann somit nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Staat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne Weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre (vgl. Urteile vom 11. September 2008, Eckelkamp u. a., C‑11/07, Slg. 2008, I‑6845, Randnr. 57, vom 22. April 2010, Mattner, C‑510/08, Slg. 2010, I‑3553, Randnr. 32, vom 10. Februar 2011, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, C‑436/08 und C‑437/08, Slg. 2011, I-305, Randnr. 56, sowie vom 10. Mai 2012, Santander Asset Management SGIIC u. a., C‑338/11 bis C‑347/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 21).
Die in der genannten Bestimmung vorgesehene Ausnahme wird nämlich ihrerseits durch Art. 65 Abs. 3 AEUV eingeschränkt, wonach die in dessen Abs. 1 genannten nationalen Vorschriften „weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 63 darstellen [dürfen]".
Die nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV zulässigen Ungleichbehandlungen müssen daher von den durch Art. 65 Abs. 3 AEUV verbotenen Diskriminierungen unterschieden werden. Nach der Rechtsprechung kann eine nationale Steuerregelung wie die in den Ausgangsverfahren fragliche aber nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die von ihr vorgesehene Ungleichbehandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. Urteile vom 6. Juni 2000, Verkooijen, C‑35/98, Slg. 2000, I‑4071, Randnr. 43, vom 7. September 2004, Manninen, C‑319/02, Slg. 2004, I‑7477, Randnr. 29, vom 1. Dezember 2011, Kommission/Belgien, C‑250/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 51, sowie Santander Asset Management SGIIC u. a., Randnr. 23).
Insoweit führt das Königreich Belgien mehrere Gesichtspunkte an, die belegen sollen, dass die Situation von gebietsansässigen Investmentgesellschaften und gebietsfremden Investmentgesellschaften, die über keine feste Niederlassung in Belgien verfügen, unterschiedlich ist.
In erster Linie steht fest, dass die in Rede stehenden steuerrechtlichen Vorschriften eine übermäßige Besteuerung von Investmentgesellschaften im Hinblick auf deren Eigenschaft als Intermediär zwischen den Gesellschaften, in die sie investieren, und den Anteilsinhabern dieser Investmentgesellschaften verhindern sollen.
Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass in Bezug auf Maßnahmen eines Mitgliedstaats zur Vermeidung oder Abschwächung der mehrfachen Belastung oder der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung der von einer gebietsansässigen Gesellschaft ausgeschütteten Einkünfte die Situation der gebietsansässigen Empfängergesellschaften nicht unbedingt mit der Situation der in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Empfängergesellschaften vergleichbar ist (Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Sobald jedoch ein Mitgliedstaat nicht nur die gebietsansässigen, sondern auch die gebietsfremden Gesellschaften hinsichtlich der Einkünfte, die sie von einer gebietsansässigen Gesellschaft beziehen, einseitig oder im Wege eines Abkommens der Einkommensteuer unterwirft, nähert sich die Situation der gebietsfremden Gesellschaften derjenigen der gebietsansässigen Gesellschaften an (Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Allein schon die Ausübung der Steuerhoheit durch diesen Mitgliedstaat birgt nämlich unabhängig von einer Besteuerung in einem anderen Mitgliedstaat die Gefahr einer mehrfachen Belastung oder einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung in sich. In einem solchen Fall hat der Staat des Sitzes der ausschüttenden Gesellschaft dafür zu sorgen, dass die gebietsfremden Empfängergesellschaften hinsichtlich des in seinem nationalen Recht vorgesehenen Mechanismus zur Vermeidung oder Abschwächung einer mehrfachen Belastung oder einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung eine Behandlung erfahren, die derjenigen der gebietsansässigen Empfängergesellschaften gleichwertig ist, damit sie sich nicht einer - nach Art. 63 AEUV grundsätzlich verbotenen - Beschränkung des freien Kapitalverkehrs gegenübersehen (vgl. Urteile Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation, Randnr. 70, Amurta, Randnr. 39, vom 19. November 2009, Kommission/Italien, Randnr. 53, Kommission/Spanien, Randnr. 52, und Kommission/Deutschland, Randnr. 57).
Im vorliegenden Fall hat sich das Königreich Belgien dafür entschieden, seine Steuerhoheit im Hinblick auf die Einkünfte, die von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Investmentgesellschaften bezogen werden, auszuüben. Gebietsfremde Gesellschaften, die diese Einkünfte beziehen, befinden sich folglich, was die Gefahr einer mehrfachen Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern angeht, in einer Situation, die der gebietsansässiger Gesellschaften vergleichbar ist, so dass gebietsfremde Empfängergesellschaften nicht anders behandelt werden dürfen als gebietsansässige (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Spanien, Randnr. 53, und Kommission/Deutschland, Randnr. 58).
Diese Feststellung wird durch das Vorbringen des Königreichs Belgien nicht entkräftet, wonach die gebietsfremden Investmentgesellschaften, die von belgischen Gesellschaften stammende Einkünfte aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern bezögen, wegen Art. 219 des Einkommensteuergesetzbuchs keine höhere Steuerlast trügen als inländische Investmentgesellschaften.
Zum einen ist nämlich hinsichtlich der steuerlichen Belastung durch die getrennte Steuer nach Art. 219 des Einkommensteuergesetzbuchs, der nur inländische Investmentgesellschaften unterworfen sind, daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine steuerliche Benachteiligung, die gegen eine Grundfreiheit verstößt, nicht wegen des etwaigen Bestehens anderer Vorteile als mit dem Unionsrecht vereinbar angesehen werden kann (Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Das Königreich Belgien kann sich daher zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von gebietsansässigen und gebietsfremden Investmentgesellschaften nicht auf diesen Gesichtspunkt als Unterscheidungskriterium berufen.
Zum anderen ist hinsichtlich der Mechanismen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Wege von Abkommen erstens festzustellen, dass die Anwendung der Anrechnungsmethode es erlauben müsste, die in Belgien erhobene Einkommensteuer auf die im Sitzstaat der Einkünfte erzielenden Investmentgesellschaft geschuldete Steuer vollständig anzurechnen, so dass - sollten die von dieser Gesellschaft erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern letztlich höher belastet werden als Einkünfte in Belgien ansässiger Gesellschaften - diese höhere steuerliche Belastung nicht mehr dem Königreich Belgien zuzuordnen wäre, sondern dem Sitzstaat der die Einkünfte erzielenden Gesellschaft, der seine Steuerhoheit ausgeübt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Spanien, Randnr. 60, und Kommission/Deutschland, Randnr. 67).
Zweitens hängt die Entscheidung darüber, ob und in welcher Höhe die aus Belgien stammenden Einkünfte in dem anderen Mitgliedstaat besteuert werden, nicht vom Königreich Belgien, sondern von der Ausgestaltung der Besteuerung durch den anderen Mitgliedstaat ab (Urteile Kommission/Spanien, Randnr. 64, und Kommission/Deutschland, Randnr. 69).
Das Königreich Belgien kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Anrechnung der in Belgien entrichteten Steuer auf die in einem anderen Mitgliedstaat geschuldete Steuer gemäß den Doppelbesteuerungsabkommen es in allen Fällen erlaube, die unterschiedliche Behandlung zu neutralisieren, die sich aus der Anwendung der nationalen Steuervorschriften und der Bestimmungen der betreffenden Abkommen ergebe, die eine Herabsetzung des Satzes des Mobiliensteuervorabzugs bewirkten (vgl. Urteile vom 19. November 2009, Kommission/Italien, Randnr. 39, Kommission/Spanien, Randnr. 64, und Kommission/Deutschland, Randnr. 70).
In zweiter Linie macht das Königreich Belgien geltend, dass die Vergleichsgrundlage der Kommission hinsichtlich der in Rede stehenden Steuervorschriften falsch sei. So befänden sich gebietsfremde Investmentgesellschaften aufgrund ihrer Eigenart in einer Situation, die der Situation belgischer Investmentfonds und nicht der Situation inländischer Investmentgesellschaften vergleichbar sei. Ferner seien die Tätigkeiten inländischer Investmentgesellschaften andere als die gebietsfremder Investmentgesellschaften. Schließlich müsse die Steuerregelung berücksichtigt werden, die auf Inhaber von Anteilen inländischer Investmentgesellschaften und gebietsfremder Investmentgesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien angewandt werde.
Was erstens die Vergleichbarkeit der Situation gebietsfremder Investmentgesellschaften mit der belgischer Investmentfonds betrifft, ist festzustellen, dass Erstere über eine Rechtspersönlichkeit verfügen, Letztere hingegen nicht. Das Königreich Belgien kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Situation gebietsfremder Investmentgesellschaften allein aus dem Grund mit der von Investmentfonds verglichen werden müsse, dass das belgische Steuerrecht diese beiden Kategorien von Steuerpflichtigen, die im Übrigen nicht dieselbe Rechtsform haben, identisch behandele.
Zudem beruht die Argumentation des Königreichs Belgien auf der Prämisse, dass gebietsfremde Investmentgesellschaften in ihrem Sitzmitgliedstaat von der Steuer befreit sind.
Aus der belgischen Regelung geht jedoch hervor, dass der Mobiliensteuervorabzug auf die Einkünfte einer Gesellschaft nicht davon abhängt, ob die Empfängergesellschaft von der Gesellschaftssteuer befreit ist. Folglich lässt der Umstand, dass belgische Investmentfonds steuerlich transparente Einheiten sind, die als solche nicht der Gesellschaftssteuer unterliegen, nicht die Annahme zu, dass die Situation gebietsfremder Investmentgesellschaften nicht mit der gebietsansässiger Investmentgesellschaften vergleichbar sei.
Was zweitens die Tätigkeiten gebietsansässiger Investmentgesellschaften und die gebietsfremder Investmentgesellschaften betrifft, ist festzustellen, dass die Argumentation des Königreichs Belgien weniger die eigentlichen Unterschiede zwischen diesen Tätigkeiten als den Umstand herausstellen soll, dass die betreffenden Tätigkeiten in verschiedenen Mitgliedstaaten ausgeübt werden.
Insoweit geht das Königreich Belgien von der Prämisse aus, dass sich die gebietsfremden Investmentgesellschaften nur an nicht in Belgien ansässige Anteilsinhaber wenden.
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass eine gebietsfremde Investmentgesellschaft ihre Dienste gebietsansässigen Investoren anbietet, so dass sie letztlich dieselben Tätigkeiten ausübt wie eine gebietsansässige Investmentgesellschaft.
Was drittens die behauptete Notwendigkeit betrifft, die steuerliche Behandlung der Anteilsinhaber zu berücksichtigen, ist daran zu erinnern, dass, wenn eine nationale Regelung ein Unterscheidungskriterium für die Besteuerung erzielter Einkünfte einführt, die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situationen unter Einbeziehung dieses Kriteriums erfolgen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a., Randnr. 28).
Im vorliegenden Fall sieht Art. 185bis des Einkommensteuergesetzbuchs jedoch zum einen lediglich zugunsten der gebietsansässigen Investmentgesellschaften eine Beschränkung der Steuerpflicht auf den Gesamtbetrag der erhaltenen ungewöhnlichen oder freiwilligen Vorteile und der nicht als Werbungskosten abzugsfähigen Ausgaben und Kosten vor. Andererseits stellt der Mobiliensteuervorabzug nach den Art. 248 und 304 § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzbuchs nur für gebietsfremde Gesellschaften eine endgültige Besteuerung dar.
In Anbetracht des durch diese Regelung aufgestellten Unterscheidungskriteriums, das allein auf den Ort des Sitzes der Investmentgesellschaft abstellt, hat die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situationen, anhand deren bestimmt werden soll, ob diese Regelung diskriminierenden Charakter hat, allein auf der Ebene der Investmentgesellschaft zu erfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a., Randnr. 39).
Aus dem Vorstehenden ist zu folgern, dass die Ungleichbehandlung der Einkünfte, je nachdem, ob sie gebietsansässigen oder gebietsfremden Investmentgesellschaften zufließen, wie sie in den belgischen Steuervorschriften vorgesehen ist, Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten von Investitionen in Belgien abhalten und auch ein Hindernis dafür darstellen kann, dass sich gebietsansässige Gesellschaften Kapital bei in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Gesellschaften beschaffen.
Folglich stellen die betreffenden Rechtsvorschriften eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die nach Art. 63 Abs. 1 AEUV grundsätzlich verboten ist.
Zur Rechtfertigung der Beschränkungen
- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Das Königreich Belgien macht zwei Gründe zur Rechtfertigung der sich aus den streitigen nationalen Rechtsvorschriften ergebenden Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs geltend.
Erstens könne, um eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten aufrechtzuerhalten, vom Königreich Belgien nicht verlangt werden, dass es gebietsfremden Gesellschaften ohne feste Niederlassung in seinem Hoheitsgebiet eine Anrechnung des von ihren Einkünften einbehaltenen Mobiliensteuervorabzugs gewähre. Ein solches Erfordernis liefe nämlich auf eine Verpflichtung des Königreichs Belgien hinaus, darauf zu verzichten, auf die in seinem Hoheitsgebiet erzielten Einkünfte Steuern zu erheben.
Zweitens sei die Einschränkung der Berücksichtigung der hinsichtlich der gebietsfremden Gesellschaften vorgenommenen Mobiliensteuervorabzüge aus Gründen der Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen gerechtfertigt. Da die Investmentgesellschaften die gesetzlichen Schuldnerinnen des Mobiliensteuervorabzugs auf die Dividenden seien, die sie an die Anteilsinhaber ausschütteten, könne die belgische Verwaltung keine Kontrolle über diese Anteilsinhaber ausüben, sofern sie nicht in Belgien ansässig seien.
Nach Ansicht der Kommission vermag keiner der vom Königreich Belgien vorgebrachten Gründe die Ungleichbehandlung von gebietsansässigen Investmentgesellschaften und gebietsfremden Investmentgesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien zu rechtfertigen.
- Würdigung durch den Gerichtshof
Nach gefestigter Rechtsprechung können nationale Regelungen, die den freien Kapitalverkehr beschränken, u. a. aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, vorausgesetzt, dass keine unionsrechtliche Regelung zur Harmonisierung vorliegt, die die zur Gewährleistung des Schutzes dieser Interessen erforderlichen Maßnahmen vorsieht, und diese Regelungen dazu geeignet sind, die Verwirklichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. u. a. Urteile vom 23. Oktober 2007, Kommission/Deutschland, C‑112/05, Slg. 2007, I‑8995, Randnrn. 72 und 73, vom 1. Juli 2010, Dijkman und Dijkman-Lavaleije, C‑233/09, Slg. 2010, I‑6649, Randnr. 49, sowie vom 20. Oktober 2011, Kommission/Deutschland, Randnr. 74).
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine Rechtfertigung mit der Notwendigkeit der Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten insbesondere dann anerkannt werden kann, wenn mit der betreffenden Regelung Verhaltensweisen verhindert werden sollen, die geeignet sind, das Recht eines Mitgliedstaats auf Ausübung seiner Steuerhoheit für die in seinem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten zu gefährden (vgl. Urteile vom 29. März 2007, Rewe Zentralfinanz, C‑347/04, Slg. 2007, I‑2647, Randnr. 42, vom 18. Juli 2007, Oy AA, C‑231/05, Slg. 2007, I‑6373, Randnr. 54, Amurta, Randnr. 58, vom 18. Juni 2009, Aberdeen Property Fininvest Alpha, C‑303/07, Slg. 2009, I‑5145, Randnr. 66, sowie vom 20. Oktober 2011, Kommission/Deutschland, Randnr. 77).
Was erstens die angeführte Notwendigkeit betrifft, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten sicherzustellen, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Rechtfertigung insbesondere dann anerkannt werden kann, wenn mit der betreffenden Regelung Verhaltensweisen verhindert werden sollen, die geeignet sind, das Recht eines Mitgliedstaats auf Ausübung seiner Steuerhoheit für die in seinem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten zu gefährden (Urteile Amurta, Randnr. 59, Aberdeen Property Fininvest Alpha, Randnr. 67, und vom 20. Oktober 2011, Kommission/Deutschland, Randnr. 78).
Es steht jedoch fest, dass gebietsansässigen Investmentgesellschaften, was die von ihnen bezogenen Einkünfte aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern betrifft, eine Neutralisierung der durch den Mobiliensteuervorabzug eintretenden steuerlichen Belastung zugutekommt.
Der Gerichtshof hat zwar entschieden, dass, wenn vom Sitzstaat der ausschüttenden Gesellschaft verlangt würde, dafür zu sorgen, dass die an einen gebietsfremden Anteilseigner ausgeschütteten Gewinne nicht einer mehrfachen Belastung oder einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung unterworfen werden - indem er entweder der ausschüttenden Gesellschaft hinsichtlich dieser Gewinne Steuerfreiheit oder dem betreffenden Anteilseigner eine Steuervergünstigung gewährt, die der von der ausschüttenden Gesellschaft auf diese Gewinne entrichteten Steuer entspricht -, dies letztlich bedeuten würde, dass dieser Staat auf sein Recht zur Besteuerung eines Einkommens, das durch eine in seinem Hoheitsgebiet ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit erzielt wurde, verzichten muss (vgl. Urteile Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation, Randnr. 59, vom 17. September 2009, Glaxo Wellcome, C‑182/08, Slg. 2009, I‑8591, Randnr. 83, und vom 20. Oktober 2011, Kommission/Deutschland, Randnr. 80).
Würden in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien von dem vom Königreich Belgien an der Quelle vorgenommenen Mobiliensteuervorabzug befreit, würde diese Befreiung im vorliegenden Fall jedoch nicht bedeuten, dass das Königreich Belgien auf sein Recht zur Besteuerung von Einkünften, die durch eine in seinem Hoheitsgebiet ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit erzielt wurden, verzichten müsste. Denn die den gebietsansässigen Gesellschaften zugeflossenen Einkünfte sind bereits bei den ausschüttenden Gesellschaften als von diesen erzielte Gewinne besteuert worden.
Zweitens hat der Gerichtshof zwar anerkannt, dass die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen zu gewährleisten, zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zählt, die eine Beschränkung der vom Vertrag garantierten Grundfreiheiten rechtfertigen können (vgl. Urteil Dijkman und Dijkman-Lavaleije, Randnr. 58); im vorliegenden Fall kann ein solches Ziel aber nicht mit Erfolg als Rechtfertigung für die in Rede stehende Beschränkung ins Feld geführt werden.
Gebietsfremden Investmentgesellschaften kommt nämlich hinsichtlich der Einkünfte, die sie von belgischen Gesellschaften beziehen, in keinem Fall die Steuerbefreiung für Einkünfte aus Kapitalvermögen oder beweglichen Gütern oder die Anrechnung bzw. Erstattung des Mobiliensteuervorabzugs zugute, ohne dass es auf die Garantien im Bereich der steuerlichen Kontrolle, die sie anbieten können, ankäme.
Daher können die vom Königreich Belgien geltend gemachten Gründe die sich aus den streitigen Rechtsvorschriften ergebende Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nicht rechtfertigen.
Infolgedessen hat das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 63 AEUV verstoßen, dass es Regeln beibehalten hat, die bei der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern danach unterscheiden, ob diese Einkünfte von gebietsansässigen Investmentgesellschaften oder von gebietsfremden Investmentgesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien bezogen werden.
- Zum Verstoß gegen die Verpflichtungen aus Art. 49 AEUV
Hinsichtlich des Antrags der Kommission, eine Vertragsverletzung des Königreichs Belgien in Bezug auf seine Verpflichtungen nach Art. 49 AEUV festzustellen, genügt der Hinweis, dass die in den vorstehenden Randnummern dargestellten Erwägungen gleichermaßen gelten, wenn eine Investmentgesellschaft Einkünfte aufgrund einer Beteiligung bezogen hat, die ihr einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft gewährt, in die sie investiert hat, und ihr ermöglicht, deren Tätigkeiten zu bestimmen.
Die in Randnr. 40 des vorliegenden Urteils festgestellte Ungleichbehandlung kann sich nämlich dahin auswirken, dass potenzielle Investoren, die über eine Investmentgesellschaft mit Sitz im Ausland in belgische Gesellschaften investieren möchten, um einen sicheren Einfluss auf deren Entscheidungen zu haben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, abgehalten werden.
Die Ungleichbehandlung durch die gerügten Rechtsvorschriften ist daher eine von Art. 49 AEUV verbotene Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, die sich aus den in den Randnrn. 74 bis 81 des vorliegenden Urteils dargestellten Gründen nicht rechtfertigen lässt.
Infolgedessen hat das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 49 AEUV verstoßen, dass es Regeln beibehalten hat, die bei der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern danach unterscheiden, ob diese Einkünfte von gebietsansässigen Investmentgesellschaften oder von gebietsfremden Investmentgesellschaften ohne feste Niederlassung in Belgien bezogen werden.
Zum Verstoß gegen das EWR-Abkommen
Da die Bestimmungen der Art. 31 und 40 des EWR-Abkommens dieselbe rechtliche Tragweite haben wie die im Wesentlichen identischen Bestimmungen der Art. 49 AEUV und 63 AEUV (vgl. Urteile vom 11. Juni 2009, Kommission/Niederlande, C‑521/07, Slg. 2009, I‑4873, Randnr. 33, und vom 28. Oktober 2010, Établissements Rimbaud, C‑72/09, Slg. 2010, I‑10659, Randnr. 22), gelten sämtliche vorstehenden Ausführungen unter Umständen wie denen des vorliegenden Verfahrens entsprechend für die Art. 31 und 40 des EWR-Abkommens.
Zu den zeitlichen Wirkungen des Urteils
Für den Fall, dass der Gerichtshof der Klage der Kommission stattgibt, hat das Königreich Belgien beantragt, die Wirkungen des Urteils zeitlich zu beschränken, „um die wirksame Umsetzung aller eventuellen Änderungen zu ermöglichen". Diese zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils seien zum einen dadurch gerechtfertigt, dass das Königreich Belgien beim Erlass der nationalen Bestimmungen, die die im Lauf des Jahres 2007 festgestellten Beschränkungen darstellten, in gutem Glauben gehandelt habe, und zum anderen dadurch, dass das Urteil des Gerichtshofs ernsthafte Schwierigkeiten hervorrufen könne.
Selbst wenn man annähme, dass die nach Art. 258 AEUV ergangenen Urteile die gleichen Wirkungen haben wie die nach Art. 267 AEUV ergangenen und daher Erwägungen der Rechtssicherheit ausnahmsweise eine Beschränkung ihrer zeitlichen Wirkungen erforderlich machen könnten, sofern die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs im Rahmen des Art. 267 AEUV geforderten Voraussetzungen vorlägen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Juni 2007, Kommission/Griechenland, C‑178/05, Slg. 2007, I‑4185, Randnr. 67, vom 15. Dezember 2009, Kommission/Italien, C‑239/06, Slg. 2009, I‑11913, Randnr. 59, Kommission/Finnland, C‑284/05, Slg. 2009, I‑11705, Randnr. 58, Kommission/Italien, C‑387/05, Slg. 2009, I‑11831, Randnr. 59, und vom 29. September 2011, Kommission/Irland, C‑82/10, Randnr. 63), so sind diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.
Vorliegend hat die belgische Regierung zwar die Höhe der von den belgischen Behörden zu Unrecht aufgrund der streitigen Rechtsvorschriften eingenommenen Beträge ungefähr beziffert; sie hat jedoch in keiner Weise dargetan, dass die Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Störungen besteht, obwohl dies eine wesentliche Voraussetzung für die zeitliche Beschränkung der Urteile des Gerichtshofs ist.
Folglich ist diesem Antrag nicht stattzugeben.
Kosten
Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs Belgien beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Gemäß Art. 69 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung trägt das Vereinigte Königreich, das dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten ist, seine eigenen Kosten.