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Steuerrecht
17.11.2022
Steuerrecht
EuGH-Schlussanträge: Dienstleistung gegen Entgelt – Begriff des Steuerpflichtigen – Einrichtung des öffentlichen Rechts, die die Asbestbeseitigung im Gemeindegebiet für die Einwohner unentgeltlich organisiert, ...

 ... aber dafür einen Zuschuss von einem Fonds erhält – keine größeren Wettbewerbsverzerrungen

GAin Kokott, Schlussanträge vom 10.11.2022 – C‑616/21, Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej gegen Gmina L.

ECLI:EU:C:2022:875

Volltext BB-Online BBL2022-2709-3

Schlussanträge

1.         Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie ist dahin gehend auszulegen, dass es für die Entscheidung, zwischen wem eine Dienstleistung gegen Entgelt vorliegt, vor allem auf eine Gesamtwürdigung der bestehenden Rechtsverhältnisse ankommt. Ergibt sich daraus ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung eines Dritten und der Dienstleistung, liegt eine Dienstleistung „gegen Entgelt“ vor.

2.         Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist dahin gehend auszulegen, dass er einen Vergleich der konkreten Tätigkeit mit der Tätigkeit eines typischen Steuerpflichtigen der in Rede stehenden Berufsgruppe verlangt.

3.         Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist dahin gehend auszulegen, dass größere Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen sind, wenn durch die Modalitäten der Ausübung öffentlicher Gewalt sichergestellt wird, dass private Wirtschaftsteilnehmer nicht von der Versorgung der Verbraucher ausgeschlossen, sondern beteiligt werden.

Aus den Gründen

I.          Einführung

1.         Die Beseitigung von gefährlichen Altlasten wie asbesthaltigen Produkten durch eine Gemeinde dient nicht nur dem Gesundheitsschutz der Einwohner, sondern kann auch interessante mehrwertsteuerrechtliche Fragen aufwerfen. Hätten die betroffenen Einwohner selbst ein Unternehmen mit der Beseitigung beauftragt, wäre die mehrwertsteuerrechtliche Beurteilung klar. Das Unternehmen erbringt an diese eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung. Der Staat erhält die entsprechende Mehrwertsteuer. Ein staatlicher Zuschuss in Höhe von 100 % der Kosten an die Einwohner hätte keine mehrwertsteuerrechtliche Relevanz.

2.         Wie sieht es aber aus, wenn es eine Gemeinde für die betroffenen Einwohner unentgeltlich organisiert, dass diese Abfälle durch ein von ihr beauftragtes Unternehmen entsorgt werden, und sie dann die von ihr zunächst getragenen Kosten ganz oder anteilig von einem Dritten (hier einem staatlichen Fonds) erstattet bekommt? Auch insoweit erhält der Staat mindestens einmal seine Mehrwertsteuer durch das Unternehmen. Wenn die Gemeinde jedoch in Höhe von 40 bis 100 % einen Zuschuss aus staatlichen Mitteln erhält, führt dies dann zu einer weiteren steuerbaren und steuerpflichtigen Leistung der Gemeinde an die Einwohner und damit zum Entstehen einer weiteren Mehrwertsteuer?

3.         Die Folge der dadurch entstehenden Leistungskette (Leistung von dem Unternehmen über die Gemeinde zum Einwohner) wäre, dass die Gemeinde diese Mehrwertsteuer abführen müsste, aus der Eingangsleistung aber grundsätzlich einen Vorsteuerabzug geltend machen könnte. Wenn der Zuschuss genauso hoch wie die Eingangskosten ist, ist alles ein Nullsummenspiel mit jeder Menge Verwaltungsaufwand. Ist der Zuschuss niedriger (oder fällt nicht in die Bemessungsgrundlage), würde ein Vorsteuerüberhang verbleiben, der das Steueraufkommen reduziert. Ist der Zuschuss höher, würde zusätzliches Steueraufkommen aus einem staatlichen Förderprogramm generiert. Alle drei Folgen bereiten Unbehagen, insbesondere wenn noch das durch das Engagement der Gemeinde bezweckte Ziel (Umweltschutz, Gesundheitsschutz, Gefahrenabwehr) berücksichtigt wird, das auch der Allgemeinheit und nicht nur dem Einwohner zugutekommt.

4.         Die mehrwertsteuerrechtliche Würdigung der mit staatlichen Mitteln geförderten kommunalen Asbestbeseitigung wirft einige grundlegende mehrwertsteuerrechtliche Fragen auf, die der Gerichtshof in diesem Vorabentscheidungsersuchen beantworten muss. So ist u. a. zu klären, wie der Empfänger und der Erbringer einer Dienstleistung zu bestimmen sind. Ebenso grundlegend ist die Frage, ob eine Gemeinde – vorausgesetzt sie wäre Erbringer einer Dienstleistung – in einem solchen Fall auch eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.         Unionsrecht

5.         Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem(2) (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) sieht vor:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“.

6.         Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie regelt:

„Als ‚Steuerpflichtiger‘ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.

Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit‘ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.“

7.         Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet hingegen:

„(1) Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

Falls sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Die Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten in Bezug auf die in Anhang I genannten Tätigkeiten in jedem Fall als Steuerpflichtige, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.

(2) Die Mitgliedstaaten können die Tätigkeiten von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die nach den Artikeln 132, 135, 136 und 371, den Artikeln 374 bis 377, dem Artikel 378 Absatz 2, dem Artikel 379 Absatz 2 oder den Artikeln 380 bis 390c von der Mehrwertsteuer befreit sind, als Tätigkeiten behandeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen.“

8.         Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie betrifft den Kommissionär von Dienstleistungen und lautet:

„Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, werden behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.“

9.         Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie regelt die Bemessungsgrundlage:

„Bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.“

B.         Polnisches Recht

10.       Die Republik Polen hat die Mehrwertsteuerrichtlinie durch das Ustawa z dnia 11 marca 2004 r. o podatku od towarów i usług (Gesetz vom 11. März 2004 über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen, Dz. U. 2018, Pos. 2174, mit Änderungen, im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) umgesetzt.

11.       Art. 29a Abs. 1 Mehrwertsteuergesetz betrifft dabei die Bemessungsgrundlage und sieht vor:

„Als Bemessungsgrundlage gilt, vorbehaltlich der Abs. 2, 3 und 5, der Art. 30a bis 30c, 32, des Art. 119 und des Art. 120 Abs. 1, 4 und 5, alles, was die Zahlung darstellt, die der Lieferant bzw. Dienstleistungserbringer aufgrund des Verkaufs vom Erwerber, Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhalten hat bzw. erhalten soll, einschließlich der erhaltenen Zuschüsse, Subventionen und sonstigen Zuzahlungen ähnlicher Art, die einen unmittelbaren Einfluss auf den Preis der durch den Steuerpflichtigen gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen haben.“

12.       Das Ustawa z dnia 8 marca 1990 r. o samorządzie gminnym (Gesetz vom 8. März 1990 über die Selbstverwaltung der Gemeinden, (Dz. U. 2020, Pos. 713, mit Änderungen, im Folgenden: Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden) regelt in Art. 7 Abs. 1:

„Die Befriedigung der kollektiven Bedürfnisse der Gemeinschaft ist eine eigene Aufgabe der Gemeinde. Zu den eigenen Aufgaben gehören insbesondere Angelegenheiten:

1) der Raumordnung, der Immobilienwirtschaft, des Umwelt- und Naturschutzes sowie der Wasserwirtschaft; …

5) des Gesundheitsschutzes; …“

13.       Das Ustawa z dnia 27 kwietnia 2001 r. Prawo ochrony środowiska (Gesetz vom 27. April 2001, Umweltschutzgesetz, Dz. U. 2020, Pos. 1219, mit Änderungen, im Folgenden: Umweltschutzgesetz) sieht in Art. 400 Abs. 2 vor:

„Die Woiwodschaftsfonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft, im Folgenden als ‚Woiwodschaftsfonds‘ bezeichnet, sind juristische Personen der kommunalen Selbstverwaltung im Sinne von Art. 9 Nr. 14 des in Abs. 1 genannten Gesetzes [d. h. der Ustawa z dnia 27 sierpnia 2009 r. o finansach publicznych (Gesetz vom 27. August 2009 über die öffentlichen Finanzen, Dz. U. 2019, Pos. 869, mit späteren Änderungen)].“

14.       Art. 400b Abs. 2 und 2a Umweltschutzgesetz regelt:

„(2) Ziel der Tätigkeit der Woiwodschaftsfonds ist die Finanzierung des Umweltschutzes und der Wasserwirtschaft in dem in Art. 400a Abs. 1 Nrn. 2, 2a, 5 bis 9a, 11 bis 22 und 24 – 42 genannten Umfang.

(2a) Ziel der Tätigkeit des Nationalfonds und der Woiwodschaftsfonds ist es auch, die Bedingungen für die Umsetzung der Finanzierung des Umweltschutzes und der Wasserwirtschaft zu schaffen, insbesondere durch die Unterstützung und Förderung von Aktivitäten, die auf eine solche Umsetzung abzielen, sowie durch die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen, einschließlich Gebietskörperschaften, Unternehmern und Einrichtungen mit Sitz außerhalb der Republik Polen.“

15.       Die Bestimmungen über die Beseitigung von Asbest ergeben sich aus einem Parlamentsgesetz.(3) Dazu existiert ein Beschluss des Ministerrats vom 14. Juli 2009 zur Aufstellung eines mehrjährigen Programms mit dem Namen „Programm zur Säuberung des Landes von Asbest für die Jahre 2009-2032“.(4) In dem Beschluss werden die von der Europäischen Union auferlegten Aufgaben in einer mehrjährigen Perspektive definiert und die Ziele sowie der rechtliche, finanzielle und organisatorische Rahmen für das Programm festgelegt. Die Gebietskörperschaften werden darin verpflichtet, Programme zur Beseitigung von asbesthaltigen Produkten auszuarbeiten.

16.       Der Rat der Stadt L. hat, gestützt auf das Umweltschutzgesetz, mit Beschluss 227/VI/2019 vom 26. April 2019 die „Aktualisierung des Asbestbeseitigungsprogramms für die Stadt L. für die Jahre 2018-2032“ angenommen. Dessen Durchführung wurde dem Bürgermeister der Stadt L. übertragen. In der Verordnung 62/9/2019 des Bürgermeisters der Stadt L. vom 23. September 2019 wurden die Regeln für die Durchführung des Vorhabens festgelegt. Gemäß der Anlage zum Beschluss des Stadtrats von L. bestehen die Aktivitäten im Bereich der Asbestbeseitigung u. a. in der Entfernung von asbesthaltigen Produkten und der Entsorgung von asbesthaltigen Abfällen aus dem Gebiet von L.

III. Sachverhalt und Vorabentscheidungsverfahren

17.       Die Gmina L. (Gemeinde L., Polen, im Folgenden: Gemeinde) ist eine Gebietskörperschaft. Sie nimmt ihre eigenen Aufgaben, die in Art. 7 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden aufgeführt sind, wahr. Hinzu kommt eine Reihe von Aufgaben, die ihr aus dem Bereich der öffentlichen Verwaltung delegiert wurden. Sie ist als mehrwertsteuerpflichtige Person registriert.

18.       Die Durchführung des Programms zur Beseitigung von asbesthaltigen Produkten stellt die Umsetzung der erwähnten gesetzlichen Aufgaben der Gemeinde sowie die Umsetzung des „Programms zur Säuberung des Landes von Asbest für die Jahre 2009-2032“ der Regierung dar. Sie erfolgt auf der Grundlage der Verordnung des Bürgermeisters der Stadt L. vom 23. September 2019.

19.       Gemäß dieser Verordnung beseitigt (sammelt) die Gemeinde in ihrem Gebiet asbesthaltige Produkte aus Wohn- und Betriebsgebäuden sowie asbesthaltige Abfälle. Diese Maßnahmen betreffen nicht Immobilien, die zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit dienen. Die Gemeinde beabsichtigt, sämtliche Kosten für die Asbestbeseitigung aus Gebäuden, die in das Programm aufgenommen werden, zu tragen.

20.       Sie organisiert dieses Vorhaben, indem sie Anträge von Einwohnern, die an der Beseitigung von Asbest aus ihren Immobilien interessiert sind, annimmt. Sodann wählt sie gemäß dem Gesetz über das öffentliche Vergabewesen den Auftragnehmer aus, der den Asbest beseitigen wird. Die Gemeinde schließt anschließend mit ihm einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen in den Immobilien der Einwohner ab, die zuvor einen entsprechenden Antrag bei der Gemeindeverwaltung gestellt haben.

21.       Nach der Erbringung der Dienstleistungen stellt der so ausgewählte Auftragnehmer der Gemeinde eine Rechnung über den vereinbarten Betrag samt darauf erhobener Mehrwertsteuer aus. Die Gemeinde trägt aus ihren Mitteln die gesamte Vergütung einschließlich der Mehrwertsteuer. Anschließend beantragt die Gemeinde die Erstattung der gesamten oder eines Teils der zu diesem Zweck getätigten Ausgaben in Form eines Zuschusses aus dem Woiwodschaftsfonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft in L. Dieser Zuschuss kann zwischen 40 und 100 % der Kosten betragen, je nachdem, ob die vom Fonds festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Den Einwohnern entstehen dadurch keine Kosten, und die Gemeinde schließt mit ihnen auch keine Verträge über die Beseitigung von Asbest aus ihren Immobilien ab.

22.       Am 7. Januar 2020 beantragte die Gemeinde bei der Finanzverwaltung den Erlass eines Vorbescheids zu folgenden Fragen:

–          Handelt sie bei der Durchführung dieses Programms als Organ im Sinne von Art. 15 Abs. 6 des Mehrwertsteuergesetzes?

–          Führt der Erhalt eines Zuschusses aus dem Woiwodschaftsfonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft in L. zur Entstehung einer Steuerpflicht der Gemeinde gemäß Art. 19a Abs. 5 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 6 des Mehrwertsteuergesetzes?

–          Ist die Gemeinde zum Vorsteuerabzug auf der Grundlage der Rechnungen berechtigt, die von dem gemäß dem Gesetz über das öffentliche Vergabewesen ausgewählten Auftragnehmer ausgestellt werden und die die Beseitigung von asbesthaltigen Produkten aus den Gebäuden von in das Programm zur Asbestbeseitigung in L. aufgenommenen natürlichen Personen und Wohnungseigentümergemeinschaften belegen?

23.       Die Gemeinde meinte dabei, dass sie als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts handele. Als Gebietskörperschaft erfülle sie eigene Aufgaben, die sich aus Art. 7 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und den oben genannten Regierungsprogrammen ergäben. Sie finanziere die kostenlose Beseitigung von Asbest für die Einwohner, die Mitglieder der örtlichen Gemeinschaft seien und von denen insoweit keine Entgelte, Gebühren, Beiträge oder Zahlungen verlangt würden. Ferner bestehe in der beschriebenen Situation keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung im Sinne von Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Denn die Gemeinde führe das Projekt nicht mit ihren eigenen Kräften und Mitteln durch ihre Mitarbeiter aus. Stattdessen müsse sie den Auftragnehmer auf der Grundlage der Bestimmungen des Gesetzes über das öffentliche Vergabewesen auswählen, was eine Maßnahme zur Stärkung des Wettbewerbs darstelle.

24.       Die Finanzverwaltung stellte in ihrem Vorbescheid vom 13. März 2020 fest, dass das von der Gemeinde vorgelegte Vorhaben als eine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit einzustufen sei. Diese bestehe nämlich darin, den Einwohnern der Gemeinde die vom ausgewählten Auftragnehmer erworbenen Asbestbeseitigungsleistungen weiterzuverkaufen. Die Gemeinde erwerbe diese Dienstleistungen von einem nach dem Gesetz über das öffentliche Vergabewesen ausgewählten Auftragnehmer in eigenem Namen, aber für Rechnung Dritter. Gemäß Art. 8 Abs. 2a des Mehrwertsteuergesetzes trete sie somit als Dienstleistungserbringer auf, auch wenn sie keine Verträge mit den Einwohnern abschließe. Dienstleistungsempfänger würden nicht alle Einwohner der Gemeinde, sondern nur diejenigen, die entsprechende Anträge auf Beseitigung von Asbest aus ihren Immobilien stellten. Es komme dabei nicht darauf an, dass indirekt alle Einwohner von den Auswirkungen des Projekts profitierten.

25.       Die Finanzverwaltung betonte, dass der Auftragnehmer von der Gemeinde (und nicht von den Einwohnern) ausgewählt werde, die Gemeinde einen Vertrag mit dem Auftragnehmer abschließe, die Rechnungen an sie ausgestellt würden und sie die Vergütung aus eigenen Mitteln zahle. Die Gemeinde beteilige sich somit aktiv an der Erbringung der Dienstleistungen. Es gebe konkrete Leistungen der Gemeinde zugunsten einzelner, individualisierter Grundstückseigentümer, die einen Antrag gestellt hätten, und der Zuschuss aus dem Woiwodschaftsfonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft in L. sei mit der Deckung der Kosten für diese konkreten Leistungen verbunden.

26.       In Anbetracht der obigen Ausführungen hat die Finanzverwaltung der Gemeinde den Status eines Mehrwertsteuerpflichtigen zuerkannt und festgestellt, dass die Durchführung der genannten Tätigkeiten der Mehrwertsteuer unterliegt und eine Steuerpflicht entsteht, die auch den vom Woiwodschaftsfonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft in L. gewährten Zuschuss umfasst. Zugleich besteht das Recht auf Vorsteuerabzug aus den vom Auftragnehmer ausgestellten Rechnungen.

27.       Mit Urteil vom 21. Juli 2020 hob der Wojewódzki Sąd Administracyjny w Lublinie (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Lublin, Polen) den Vorbescheid vom 13. März 2020 mit der Begründung auf, dass eine Gemeinde, die einen Zuschuss für die Beseitigung von Asbest aus Immobilien ihrer Einwohner erhalte und dafür kein Entgelt von den Einwohnern erhebe, bei der Durchführung dieses Vorhabens nicht als Mehrwertsteuerpflichtige handele. Mit der Beseitigung von Asbest im Gemeindegebiet, darunter aus Immobilien ihrer Einwohner, würde kein wirtschaftliches Vorhaben im privatrechtlichen Bereich durchgeführt. Sie wende sich nicht als Unternehmerin, die unter den Bedingungen des freien Marktes tätig sei, an eine unbestimmte Zahl potenzieller Kunden mit einem Angebot zur Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Beseitigung von Asbest (asbesthaltigen Produkten und Abfällen).

28.       Unter den gegebenen Umständen komme die Gemeinde ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nach, Asbest als einen für die menschliche Gesundheit und das menschliche Leben sowie für die Umwelt gefährlichen Stoff aus dem Gemeindegebiet zu entfernen. Sämtliche Tätigkeiten der Gemeinde seien ausschließlich der Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben, die sich aus Art. 7 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden ergäben und die unmittelbar auf den Schutz der Gesundheit und des Lebens der Einwohner sowie der natürlichen Umwelt in dem von der Gemeinde verwalteten Gebiet ausgerichtet seien, durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts zuzuordnen.

29.       Dagegen wurde vor dem Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) ein Rechtsmittel eingelegt. Dieser hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV folgende Frage vorgelegt:

Sind die Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie, insbesondere Art. 2 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 dieser Richtlinie, dahin auszulegen, dass eine Gemeinde (Einrichtung des öffentlichen Rechts) mehrwertsteuerpflichtig ist, wenn sie ein Programm durchführt zur Beseitigung von Asbest aus in ihrem Gebiet belegenen Immobilien, deren Eigentümer die Bewohner sind, die insoweit keine Kosten tragen? Oder stellt eine solche Tätigkeit eine Tätigkeit der Gemeinde dar, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben zum Schutz der Gesundheit und des Lebens der Einwohner und des Umweltschutzes im Rahmen der Ausübung öffentlicher Gewalt vornimmt, für die die Gemeinde nicht als mehrwertsteuerpflichtig angesehen wird?

30.       Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben die Gemeinde, die Republik Polen, die polnische Finanzverwaltung und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verfahrensordnung abgesehen.

IV.    Rechtliche Würdigung

A.         Zu der Vorlagefrage

31.       Nimmt man die Vorlagefrage wörtlich, dann scheint es dem vorlegenden Gericht auf den ersten Blick um die Subsumtion eines konkreten Sachverhaltes unter die Mehrwertsteuerrichtlinie zu gehen. Für die Würdigung des Sachverhaltes ist jedoch allein das vorlegende Gericht zuständig.(5) Im Kern fragt das Gericht aber, wie die Art. 2, 9 und 13 dieser Richtlinie auszulegen sind, um dann entscheiden zu können, ob die Gemeinde hier – wie die Finanzverwaltung meint – eine steuerbare und steuerpflichtige Dienstleistung an die Einwohner erbringt.

32.       Um unter die Mehrwertsteuerrichtlinie zu fallen, müssen die Aktivitäten der Gemeinde im Rahmen der Asbestbeseitigung eine Dienstleistung sein, die diese ihren Einwohnern gegen Entgelt erbracht hat (Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie, dazu unter B.). Diese Dienstleistung müsste im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgeführt worden sein (Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie, dazu unter C.), damit die Gemeinde auch als Steuerpflichtige gehandelt hat. Gemeinden gelten aber unter gewissen Umständen doch nicht als Steuerpflichtige, wenn sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt eine wirtschaftliche Tätigkeit erbracht haben (Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie). Daher ist anschließend noch diese Ausnahme zu prüfen (dazu unter D.).

B.         Zur Bestimmung des Leistenden und des Leistungsempfängers einer Dienstleistung

33.       Die Mehrwertsteuer soll als allgemeine Verbrauchsteuer die Leistungsfähigkeit des Verbrauchers besteuern, die sich in seiner Aufwendung von Vermögen zur Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils zeigt.(6) Daher muss der Leistungsempfänger einen verbrauchbaren Vorteil erhalten haben. Dies gilt für eine Lieferung wie für eine Dienstleistung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Mehrwertsteuerrichtlinie gleichermaßen. Der im vorliegenden Fall in Betracht kommende verbrauchbare Vorteil stellt die Asbestbeseitigung dar. Die Beseitigung von Asbest ist keine Lieferung im Sinne des Art. 14 und daher eine Dienstleistung im Sinne des Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie.

34.       Zu klären ist aber, wer diese Dienstleistung an wen erbracht hat. In Betracht kommt eine Dienstleistung des Beseitigungsunternehmens an die Gemeinde (da diese den Auftrag erteilt und bezahlt hat) oder an den Einwohner (weil dessen Grundstück von dem Asbest befreit wurde). Es kommt aber auch eine Dienstleistung der Gemeinde gegenüber dem Einwohner in Betracht, da dieser einen entsprechenden Antrag bei der Gemeinde gestellt hat und diese (mittels eines eingeschalteten Subunternehmers) ihn von dem auf seinem Grundstück befindlichen Asbest befreit hat (dazu unter 2.). Daneben geht die polnische Finanzverwaltung offenbar von dem Vorliegen eines Kommissionsgeschäfts im Sinne des Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie aus (dazu unter 1.), in welchem die Gemeinde als Kommissionärin für den Einwohner agiert hat.

1.         Zum Vorliegen eines Kommissionsgeschäftes

35.       Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie stellt klar, dass „Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden“, so behandelt werden, „als ob sie diese Leistung selbst erhalten und erbracht hätten“. Wenn also die Gemeinde als Kommissionärin im eigenen Namen aber für Rechnung der Einwohner die Asbestbeseitigung bei dem Unternehmen beauftragt hat, dann würde sie so behandelt werden, als ob sie selbst die Asbestbeseitigung bei den Einwohnern durchgeführt hätte.

36.       Diese mehrwertsteuerrechtliche Behandlung des Kommissionsgeschäftes ist eine juristische Fiktion, wie der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung(7) betont. Eigentlich stellt die Tätigkeit eines Kommissionärs eine reine Geschäftsbesorgungsleistung dar, für welche er eine Provision erhält. Aus mehrwertsteuerrechtlichen Gründen wird diese Geschäftsbesorgungsleistung jedoch umqualifiziert, so dass sie wie die Hauptleistung behandelt wird. Dies ist vor allem im Hinblick auf Steuerbefreiungen entscheidend;(8) diese werden dadurch auf die Geschäftsbesorgungsleistung des Kommissionärs erstreckt. Im Ergebnis wird so eine Gleichbehandlung von Direktgeschäften und Kommissionsgeschäften erreicht.

37.       Daraus folgt aber nach Ansicht des Gerichtshofs,(9) dass zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit diese Bestimmung Anwendung finden kann. Zum einen muss es einen Auftrag geben, zu dessen Ausführung der Kommissionär für Rechnung des Kommittenten hinsichtlich der Erbringung von Dienstleistungen tätig wird. Zum anderen muss eine Gleichartigkeit zwischen den Dienstleistungen, die der Kommissionär erwirbt, auf der einen Seite, sowie den Dienstleistungen, die an den Kommittenten verkauft werden, auf der anderen Seite bestehen.

38.       Was die erste Voraussetzung anbelangt, weist der Gerichtshof(10) darauf hin, dass Art. 14 Abs. 2 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie ausdrücklich den Begriff „Vertrag“ verwendet und in Art. 28 klarstellt, dass der Steuerpflichtige „für Rechnung Dritter“ handeln muss. Daraus folgt, dass zwischen dem Kommissionär und dem Kommittenten eine Vereinbarung bestehen muss, die die Erteilung des betreffenden Auftrags zum Gegenstand hat. Der Kommittent wird daher in einigen Rechtsordnungen auch als der „Prinzipal“ bezeichnet.

39.       Wenn aber ein solcher Auftrag und die aus diesem Auftrag resultierende Weisungsbefugnis des Kommittenten (Prinzipals) gegenüber dem Kommissionär ein Wesensmerkmal des Kommissionsgeschäftes ist, dann liegt ein solches – wie die Kommission zu Recht anmerkt – hier nicht vor. Der betroffene Einwohner beauftragt nicht die Gemeinde mit der Beseitigung des Asbests auf seine Rechnung, sondern er stellt einen Antrag, in das staatlich finanzierte Beseitigungsprogramm aufgenommen zu werden. Ob dies gelingt, entscheidet die Gemeinde und nicht er. Bis auf die Antragstellung scheint der Einwohner keinen Einfluss auf die Durchführung der Dienstleistung zu haben. Folglich scheidet die Annahme eines Kommissionsgeschäftes aus.

2.         Leistender und Leistungsempfänger der Dienstleistung „Asbestbeseitigung“

40.       Damit stellt sich die grundsätzliche Frage, wer hier die Asbestbeseitigungsdienstleistung an wen erbracht hat. Dies wirft die Frage auf, wie der Leistende und der Leistungsempfänger zu bestimmen sind, wenn mehrere Personen an der Erbringung einer „Dienstleistung … gegen Entgelt“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie beteiligt sind.

a)         Indizien zur Bestimmung des Leistenden und des Leistungsempfängers

41.       Da die Mehrwertsteuer den Aufwand des Leistungsempfängers für ein Verbrauchsgut besteuern soll, kann für die Bestimmung des Leistungsempfängers grundsätzlich auf denjenigen abgestellt werden, der die Dienstleistung bezahlt hat. Denn dieser hat den entsprechenden Aufwand getragen. Dies ist aber nur ein Indiz. Denn für die Ausführung einer Dienstleistung „gegen Entgelt“ im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie ist, wie sich auch aus deren Art. 73 ergibt, nicht erforderlich, dass die Gegenleistung unmittelbar vom Empfänger der Dienstleistung erbracht wird. Vielmehr kann diese Gegenleistung auch von einem Dritten erbracht werden.(11) Dass nicht der Einwohner, sondern ein Fonds bzw. die Gemeinde dafür bezahlt haben, schließt es daher nicht aus, eine Dienstleistung gegenüber dem Einwohner anzunehmen.

42.       Da der leistende Unternehmer im Mehrwertsteuerrecht als Steuereinnehmer für Rechnung des Staates fungiert,(12) muss für die Bestimmung des Leistenden grundsätzlich auf die Person abgestellt werden, die die Gegenleistung erhält. Denn nur diese Person kann die in der Gegenleistung befindliche Mehrwertsteuer an den Staat abführen. Insofern kommt die Gemeinde als Leistende in Betracht. Sie erhält nämlich von einem Fonds einen gewissen Betrag für die Entfernung des Asbests aus der Immobilie des Einwohners erstattet. Dafür ist unschädlich, dass die Gemeinde den Asbest nicht mit eigenem Personal beseitigt, sondern einen Privaten damit beauftragt hat. Die Einschaltung eines Subunternehmens ist im Wirtschaftsleben durchaus üblich und führt zu einer Leistung des Subunternehmens an den Auftraggeber, welcher diese Leistung dann als eigene Leistung an seinen Kunden erbringt. Das hat der Gerichtshof bereits klargestellt.(13)

43.       Die Tatsache, dass die Gemeinde mit der Asbestbeseitigung eine öffentliche Aufgabe (Gesundheitsvorsorge, Gefahrenabwehr) übernimmt, verhindert dabei nicht eine mögliche Leistung der Gemeinde an die Einwohner. Denn Dienstleistungen gegen Entgelt können nach der Rechtsprechung auch in der Wahrnehmung von Aufgaben bestehen, die aus Gründen des Gemeinwohls durch Gesetz zugewiesen und geregelt sind.(14)

b)         Rechtsverhältnis zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger

44.       Vielmehr hat der Gerichtshof explizit ausgeführt, dass, um den Empfänger der steuerbaren Leistung zu ermitteln, zu klären ist, wer durch ein Rechtsverhältnis verbunden ist, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden.(15) Ein solches Rechtsverhältnis wird vom Gerichtshof jedoch schon angenommen, wenn zwischen der Leistung und der Zahlung ein hinreichend unmittelbarer Zusammenhang besteht.(16) Dabei sind die einschlägigen Vertragsbestimmungen ein Umstand, der zu berücksichtigen ist, da die vertragliche Situation normalerweise die wirtschaftliche und geschäftliche Realität der Transaktionen widerspiegelt.(17) Letztendlich obliegt die Würdigung dieser Rechtsverhältnisse und Vertragsbestimmungen dem vorlegenden Gericht.

45.       Sollte die Gemeinde auf Antrag des Einwohners nur einen Vertrag zwischen diesem und dem Beseitigungsunternehmen vermittelt haben, dabei lediglich als „Dritter“ im Sinne des Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie die Gegenleistung gezahlt und einen Teil davon durch den Fonds erstattet bekommen haben, dann läge eine direkte Leistungsbeziehung zwischen dem Unternehmen und dem Einwohner vor. Ein Anhaltspunkt wäre, wer bei etwaigen Schäden im Rahmen dieser Dienstleistung gegenüber dem Einwohner haften würde.

46.       Sollte jedoch die Gemeinde den Vertrag mit dem Beseitigungsunternehmen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen haben und gegenüber dem jeweiligen Einwohner (Antragsteller) auch in eigenem Namen und auf eigene Rechnung – möglicherweise auf Basis öffentlichen Rechts – tätig geworden sein, dann kann der Fonds auch als „Dritter“ für eine Leistung der Gemeinde an den Einwohner gezahlt haben.

47.       Wenn ich das vorlegende Gericht richtig verstehe, dann hat sich das Beseitigungsunternehmen gegenüber der Gemeinde verpflichtet, den auf den von der Gemeinde benannten Grundstücken befindlichen Asbest zu beseitigen. Die Gemeinde hat sich verpflichtet, dafür zu zahlen. Damit liegt eine Dienstleistung des Unternehmens an die Gemeinde gegen Entgelt vor.

48.       Der Eigentümer hat hingegen mit dem Unternehmen offenbar keine vertraglichen Beziehungen. Vielmehr hat er allein bei der Gemeinde eine Entsorgung des auf seinem Grundstück befindlichen Asbests beantragt. Dies zeigt, dass ihm die Beseitigung des Asbests durch die Gemeinde wichtig ist, mithin für ihn einen verbrauchbaren Vorteil darstellt. Für diese Beseitigung bei dem Einwohner erhält die Gemeinde anschließend von einem Fonds eine Erstattung der ganzen oder anteiligen Kosten. Insofern gehe ich davon aus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Beseitigung des Asbests zugunsten eines individuellen Einwohners (auf dessen Antrag bei der Gemeinde) und der zumindest anteiligen „Bezahlung“ dieser Dienstleistung der Gemeinde durch einen Dritten (Fonds) vorliegt.

49.       Denkbar wäre allerdings auch, dass die Refinanzierung durch den Fonds unabhängig davon erfolgt, wessen Asbest (der eines Einwohners oder der der Gemeinde selbst) beseitigt wurde. Dann würde sich die Zahlung des Fonds (Dritter im Sinne des Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie) auf die Leistung des Beseitigungsunternehmens gegenüber der Gemeinde beziehen und eine reine Refinanzierung der Gemeinde aus öffentlichen Mitteln darstellen. Dies ergibt sich allerdings so nicht aus dem Vorabentscheidungsersuchen.

50.       Soweit in einigen Schriftsätzen das Fehlen eines Vertrags zwischen Gemeinde und Einwohner betont wird, ist dies nicht zielführend. Es liegt sicherlich kein klassischer zivilrechtlicher Vertrag vor. Wie schon erwähnt (Nr. 44), reicht es jedoch, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.(18)

51.       Ein solch unmittelbarer Zusammenhang besteht bereits dann, wenn sich zwei Leistungen gegenseitig bedingen, d. h., wenn die eine Leistung nur unter der Voraussetzung erbracht wird, dass auch die andere Leistung erfolgt, und umgekehrt.(19) Dies ist hier der Fall, wenn zwischen der Refinanzierung durch den Fonds zugunsten der Gemeinde und der Beseitigung des Asbests bei einem bestimmten Einwohner, der zuvor einen entsprechenden Antrag gestellt hatte, ein solcher Zusammenhang besteht,(20) was das vorlegende Gericht zu klären hat.

52.       Folglich sind im vorliegendem Fall zwei Dienstleistungen gegeben. Das Unternehmen erbringt eine Dienstleistung (Asbestbeseitigung) an die Gemeinde, welche unstreitig auch gegen Entgelt erfolgt. Die Gemeinde ihrerseits erbringt eine Dienstleistung (Asbestbeseitigung) an den jeweiligen Einwohner, der dies bei ihr beantragt hat und die wohl auch gegen Entgelt eines Dritten (Zahlung des Fonds) erfolgt.

c)         Höhe der Gegenleistung

53.       Fraglich bleibt lediglich, ob die von der Gemeinde empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Einwohner erbrachte Dienstleistung bildet. Dies erscheint zweifelhaft, weil die Gegenleistung, die ein Dritter (hier der Fonds) aufgewendet hat, unter Umständen nur einen Teil der Kosten abdeckt. Laut dem Vorabentscheidungsersuchen waren dies je nach Voraussetzungen zwischen 40 und 100 % der entstandenen Kosten.

54.       Allerdings setzt die Mehrwertsteuerrichtlinie keine angemessene Vergütung voraus. Dies zeigt schon Art. 26 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie, der auch bei Unentgeltlichkeit eine Dienstleistung gegen Entgelt fingiert. Dann muss eine Dienstleistung gegen ein geringes Entgelt erst recht als eine Dienstleistung gegen Entgelt betrachtet werden können. Gleiches folgt aus Art. 80 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Danach können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bei Dienstleistungen zwischen nahestehenden Personen eine zu niedrige Gegenleistung auf den Normalwert angehoben wird. In allen anderen Fällen ist eine unter dem Normalwert vereinbarte Gegenleistung ausreichend und maßgebend.

55.       Aus diesem Grund hat der Gerichtshof schon mehrfach entschieden, dass der Umstand, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit zu einem Preis über oder unter dem Selbstkostenpreis und somit zu einem Preis über oder unter dem normalen Marktpreis ausgeführt wird, unerheblich ist, wenn es um die Qualifizierung als entgeltliche Leistung geht. Das kann den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der erbrachten oder zu erbringenden Dienstleistung und der empfangenen oder zu empfangenden Gegenleistung, deren Betrag im Voraus und nach genau festgelegten Kriterien bestimmt wird, nicht beeinträchtigen.(21)

56.       Folglich ist die Höhe der Vergütung nicht maßgeblich für die Qualifikation als Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie. Entscheidend ist vielmehr, ob sich die Zahlung (hier des Fonds) auf eine konkrete Dienstleistung (hier die Asbestbeseitigung) durch den Zahlungsempfänger (hier die Gemeinde) bezieht. Wenn dies zu bejahen ist, was das vorlegende Gericht zu überprüfen hat, dann liegt auch eine Dienstleistung der Gemeinde „gegen Entgelt“ vor.

3.         Zwischenergebnis

57.       Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie ist dahin gehend auszulegen, dass es für die Einordnung, zwischen welchen Beteiligten eine Dienstleistung gegen Entgelt vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung der bestehenden Rechtsverhältnisse ankommt. Ergibt sich aus dieser Gesamtwürdigung ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung (hier des Fonds) und der Dienstleistung (hier die Asbestbeseitigung bei einem Einwohner durch die Gemeinde), liegt eine Dienstleistung „gegen Entgelt“ vor.

C.        Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie

58.       Damit die Gemeinde insoweit als Steuerpflichtige gehandelt hat, muss sie mit der Asbestbeseitigung im konkreten Fall eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben. Gemäß Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie umfasst der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit“ alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe.

59.       Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zeigt diese Formulierung, dass sich der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeiten“ auf einen weiten Bereich erstreckt und dass es sich dabei um einen objektiv festgelegten Begriff handelt, da die Tätigkeit an sich, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, betrachtet wird.(22)

60.       Sofern die „Nutzung von … Gegenständen“ betroffen ist, stellt Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie klar, dass die nachhaltige Erzielung von Einnahmen als wirtschaftliche Tätigkeit gilt. Folglich kann auch die bloße Vermögensverwaltung – wenn sie nachhaltig erfolgt – mehrwertsteuerrechtlich beachtlich sein. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber nicht um die „Nutzung von … Gegenständen“,(23) so dass es auf das Merkmal der Nachhaltigkeit hier nicht ankommt. Im Übrigen dürfte eine planmäßige und auf gewisse Dauer angelegte Beseitigung von Asbest bei einer Vielzahl von Personen auch dieses Kriterium ohne Weiteres erfüllen. Das Programm zur Asbestbeseitigung für die Stadt L. sah immerhin einen Zeitraum von 2018 bis 2032 vor.

61.       Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich, dass für die Feststellung, ob eine Dienstleistung so erbracht worden ist, dass diese Tätigkeit gegen ein Entgelt erfolgt und somit als eine wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen ist, alle Umstände zu prüfen sind, unter denen die Tätigkeit erfolgt ist.(24)

62.       Dies bestätigt der Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Er umschreibt die wirtschaftliche Tätigkeit, die dazu führt, eine Person als Steuerpflichtigen zu betrachten, mit verschiedenen konkreten Berufen und denen „gleichgestellten Berufen“, deren Aktivitäten als wirtschaftliche Tätigkeit gelten.

63.       Angesichts der Schwierigkeit einer genauen Definition der wirtschaftlichen Tätigkeit konturiert die Umschreibung der notwendigen wirtschaftlichen Tätigkeit mit typischen Berufsbildern („Erzeuger, Händler, Dienstleister“ bzw. „Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe“) den Begriff des Steuerpflichtigen und die dafür nötige wirtschaftliche Tätigkeit.

64.       Eine solche typologische Umschreibung ist im Gegensatz zu einem abstrakten Begriff offener.(25) Die Zugehörigkeit zum Typus muss nicht durch logisch-abstrakte Subsumtion, sondern kann nach dem Grad der Ähnlichkeit mit dem Urbild (Muster) bestimmt werden. Diese Zuordnung verlangt eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall, die die Verkehrsanschauung berücksichtigt.

65.       Insoweit kann es nach der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs von Bedeutung sein, ob die Ausgleichszahlung nach Kriterien bestimmt wird, die sicherstellen, dass sie zur Deckung der Betriebskosten des Dienstleistungserbringers ausreicht.(26) Gleiches gilt für die Höhe der Einnahmen und weiterer Gesichtspunkte wie die Zahl der Kunden.(27) Der bloße Umstand, dass nicht jede Dienstleistung einzeln betrachtet in einer Höhe vergütet wird, die den durch sie verursachten Kosten entspricht, genügt aber nicht, um zu belegen, dass die Tätigkeit insgesamt nicht nach Kriterien vergütet wird, die sicherstellen, dass die Betriebskosten des Dienstleistungserbringers gedeckt sind.(28) Allerdings hat der Gerichtshof eine wirtschaftliche Tätigkeit insbesondere mit der Begründung verneint, dass die von den Empfängern der betreffenden Leistungen gezahlten Beiträge nur zur Deckung eines kleinen Teils der den Leistenden insgesamt entstandenen Betriebskosten dienten.(29)

66.       Ein solch typologischer Ansatz liegt z. B. der Entscheidung des Gerichtshofs zur wirtschaftlichen Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds zugrunde, welches für seine Tätigkeit als Aufsichtsrat einer Kapitalgesellschaft eine Vergütung erhielt. Im Ergebnis hat der Gerichtshof diese Tätigkeit mit der eines typischen Steuerpflichtigen verglichen und aufgrund der Besonderheiten (von der Sitzungsteilnahme oder dem Arbeitsaufwand unabhängige Vergütung, kein wirtschaftliches Risiko, geringer und pauschalierter fester Betrag) das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit verneint.(30) Diesen typologischen Ansatz hatte er auch schon in seiner Entscheidung Gemeente Borsele(31) praktiziert und davor in Ansätzen in der Entscheidung Enkler.(32)

67.       Betrachtet man die Tätigkeit der Gemeinde in der vorliegenden Konstellation, fallen einige Unterschiede zu einem typischen Steuerpflichtigen mit einem vergleichbaren Beruf (hier dem „Beruf eines Asbestentsorgers“) auf. Zum einen entfaltet die Gemeinde keine eigene Aktivität, um diese Dienstleistungen zu erbringen. Weder stellt sie eigenes Personal noch sucht sie aktiv Kunden. Vielmehr können nur ihre Einwohner beantragen, in ein kraft öffentlichen Rechts geschaffenes Asbestbeseitigungsprogramm aufgenommen zu werden. Erst danach organisiert die Gemeinde ein Unternehmen, das die Asbestbeseitigung für sie übernimmt. Dieses wird im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vergabeverfahrens ausgesucht. Das entspricht nicht der typischen Auswahl eines Subunternehmens durch ein Asbestbeseitigungsunternehmen.

68.       Die Tätigkeit der Gemeinde erschöpft sich allein in der Organisation der erfolgreichen Durchführung der Asbestbeseitigung durch einen Privaten. Diese Organisationsleistungen werden gerade nicht abgegolten; der Fonds erstattet maximal die Kosten des eingeschalteten „Subunternehmers“. Ein typischer Unternehmer würde hingegen diese Organisationskosten plus eine Gewinnspanne auf den Preis seiner Leistung aufschlagen. In einen Wettbewerb mit anderen privaten Anbietern tritt die Gemeinde durch ihre zwischengeschalteten Organisationsleistungen jedenfalls nicht.

69.       Auch die Auswahl, wem im Rahmen dieses Programms die entsprechende Dienstleistung erbracht wird, trifft die Gemeinde. Daher fehlt es an einem klassischen Auftrag seitens eines Einwohners. Typischerweise sind Asbestbeseitigungsmaßnahmen nicht für den Begünstigten (hier den jeweiligen Einwohner) unentgeltlich, insbesondere nicht, wenn diese Dienstleistungen zuvor ausschließlich bei einem Dritten eingekauft werden. Auch unter Berücksichtigung der Zahlungen des Fonds, der zwischen 40 und 100 % der Kosten übernimmt, verbleibt eine für einen „normalen“ Steuerpflichtigen untypische Unsicherheit eines allenfalls kostendeckenden Entgelts.

70.       Ob und in welchem Umfang der Dritte die Kosten der Dienstleistung erstattet, bleibt bis zur nachträglichen Entscheidung des Dritten (hier des Fonds) offen. Die Gemeinde entfaltet insofern weder eine Unternehmerinitiative noch hat sie Gewinnchancen.(33) Im Ergebnis trägt sie lediglich Verlustrisiken, je nach Ausgestaltung der Erstattungsmodalitäten eines Dritten. Kein typischer Steuerpflichtiger würde sein Unternehmen so organisieren, dass er für einen Kunden etwas organisiert, dabei aber nur Verlustrisiken trägt und nicht einmal sehr langfristig gesehen irgendwelche Gewinnchancen hat.

71.       Auch der Grund für das Tätigwerden der Gemeinde ist kein wirtschaftlicher. Es geht nicht darum, weitere Einnahmen zu generieren oder vorhandene Gewinne zu maximieren, oder darum, überhaupt Überschüsse zu erzielen. Vielmehr stehen Gründe des Allgemeinwohls (Umweltschutz, Gefahrenabwehr, Gesundheitsschutz etc.) zugunsten aller oder des Einzelnen im Vordergrund. Der typische Steuerpflichtige agiert anders.

72.       Die Bedingungen, unter denen die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Dienstleistung erbracht wird, unterscheiden sich also von denen, unter denen die Tätigkeit der Asbestbeseitigung üblicherweise vorgenommen wird. Die Gemeinde bietet auch hier keine Leistungen auf dem allgemeinen Markt für Asbestentsorgungen an, sondern tritt vielmehr selbst als Endverbraucher von Entsorgungsleistungen in Erscheinung. Sie erwirbt diese bei Entsorgungsunternehmen, mit denen sie Vertragsbeziehungen hat, und stellt sie den Einwohnern ihres Gemeindegebiets im Rahmen der Gesundheitsvorsorge und Gefahrenabwehr (beziehungsweise der Daseinsvorsorge und des Umweltschutzes) zur Verfügung.(34)

73.       Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist somit dahin gehend auszulegen, dass er im Rahmen einer Gesamtbetrachtung einen Vergleich der konkreten Tätigkeit mit der Tätigkeit eines typischen Steuerpflichtigen der in Rede stehenden Berufsgruppe verlangt. Aufgrund der oben geschilderten Umstände bestehen Zweifel an einer wirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinde. Die konkrete Entscheidung obliegt aber dem vorlegenden Gericht.

D.        Hilfsweise: Zu den Umsätzen, die einer Einrichtung des öffentlichen Rechts „im Rahmen der öffentlichen Gewalt“ obliegen

74.       Würde dennoch von einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie ausgegangen, wäre zu klären, ob Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie greift. Dieser fingiert, dass Einrichtungen des öffentlichen Rechts unter bestimmten Umständen doch nicht als Steuerpflichtige gelten, auch wenn sie wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne des Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie ausführen.

1.         Charakter und Zweck des Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie

75.       Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist keine Steuerbefreiung,(35) denn sowohl die Steuerpflicht als auch eine Steuerbefreiung setzen eine wirtschaftliche Tätigkeit eines Steuerpflichtigen voraus (vgl. nur die Regelung der Steuerbefreiungen in den Art. 131 ff. der Richtlinie). Die von Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie erfassten Umsätze sind dies nicht und sind daher bereits nicht steuerbar. Sie liegen außerhalb der Mehrwertsteuerrichtlinie.

76.       Voraussetzung dafür ist, dass „Umsätze bewirkt werden“, die einer Einrichtung des öffentlichen Rechts (hier der Gemeinde) im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen (Abs. 1), es sei denn, dies würde zu größeren Wettbewerbsverzerrungen (Unterabs. 2) führen.

77.       Diese Ausnahmeregelung für Einrichtungen des öffentlichen Rechts geht meines Erachtens von der Prämisse aus, dass Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt durch den Staat als Steuergläubiger nicht zur Wahrung der Wettbewerbsneutralität von ihm wieder besteuert werden müssen.(36) In der Regel sind solche „Amtstätigkeiten“ bei der gebotenen Typusbetrachtung schon keine wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne von Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Sind sie es doch, dann verhindert Art. 13 der Richtlinie im Sinne einer Vereinfachungsregelung, dass deswegen steuerrechtliche Pflichten (Aufzeichnungs-, Erklärungs- und Abführungspflichten) für den Staat entstehen. Mit dem oben skizzierten Verbrauchsteuergedanken der Mehrwertsteuerrichtlinie (Nr. 33) ist dies gleichwohl nur schwer vereinbar,(37) denn die zutreffende Besteuerung des Endverbrauchers kann nicht davon abhängen, ob die Verbraucherversorgung im Rahmen öffentlicher Gewalt erfolgt oder nicht.

78.       Dennoch sieht die Mehrwertsteuerrichtlinie eine Sonderbehandlung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts bei Umsätzen vor, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Dahinter mag der Gedanke stehen, dass üblicherweise bei der Ausübung öffentlicher Gewalt gegen eine Abgabe (z. B. der Ausstellung eines Passes gegen eine Gebühr – unterstellt, dies wäre eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie) kein zu schützender Wettbewerb existiert und eine Selbstbesteuerung des Staates dann wenig Sinn ergibt. Sollte es dennoch zu größeren Wettbewerbsverzerrungen kommen, weil Private dieselbe Leistung erbringen könnten, verhindert die Rückausnahme des Unterabs. 2 eine Störung der Wettbewerbsneutralität zwischen den Anbietern vergleichbarer Leistungen.

2.         Umsätze im Rahmen der öffentlichen Gewalt

79.       Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs handelt es sich bei den Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt im Sinne dieser Bestimmung um solche, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung ausüben. Nicht dazu gehören Tätigkeiten, die sie unter den gleichen rechtlichen Bedingungen ausüben wie private Wirtschaftsteilnehmer.(38) Das einzige Kriterium, das eine sichere Unterscheidung dieser beiden Arten von Tätigkeiten ermöglicht, ist folglich die nach dem nationalen Recht anwendbare rechtliche Regelung.(39) Dabei ist es in Anbetracht der Natur der vorzunehmenden Prüfung Sache des nationalen Gerichts, die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Tätigkeit anhand des oben aufgestellten Kriteriums zu beurteilen.(40)

80.       Die Rechtsprechung des Gerichtshofs scheint dabei primär auf die öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Natur der Rechtsgrundlage abzustellen. Ein rein formelles Abstellen auf die Rechtsgrundlage ist aber immer dann zweifelhaft, wenn das Recht des Mitgliedstaates den Einrichtungen des öffentlichen Rechts ermöglicht, Vertragsbeziehungen auch nach öffentlichem Recht abzuschließen. Der Anwendungsbereich der Mehrwertsteuerrichtlinie sollte nicht von der Wahl der Handlungsform (öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher Vertrag) abhängen, sondern eher von materiellen Kriterien. Sofern die wirtschaftliche Tätigkeit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts über einen Typenvergleich (dazu oben unter C.) beurteilt wird, dürften sich die meisten Probleme aber bereits auf Ebene des Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie lösen lassen.

81.       Im vorliegenden Fall scheint – vorbehaltlich einer Beurteilung des vorlegenden Gerichts – die Gemeinde im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Sonderregelungen im Sinne der Rechtsprechung gehandelt zu haben. Der Antrag des Einwohners (Leistungsempfängers) erfolgt im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Programms zur Beseitigung von asbesthaltigen Produkten, das der Rat der Stadt L. beschlossen hat. Aufgrund einer (öffentlich-rechtlichen) Verordnung des Bürgermeisters sammelt die Gemeinde die asbesthaltigen Produkte ein. Der Antrag auf Aufnahme in das Beseitigungsprogram und die Bewilligung dieses Antrags dürften folglich auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erfolgt sein. Selbst die Refinanzierung durch den Fonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft dürfte auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage beruhen. Damit liegt eine Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt im Sinne der Rechtsprechung vor. Folglich gilt die Gemeinde nach Art. 13 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dann nicht als Steuerpflichtige.

3.         Keine größeren Wettbewerbsverzerrungen

82.       Nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, auch wenn sie Umsätze im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausführt, dennoch wieder als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Nach Unterabs. 3 gilt sie für die in Anhang I genannten Tätigkeiten in jedem Fall als Steuerpflichtige, es sei denn, der Umfang dieser Tätigkeiten ist unbedeutend. In Anhang I sind typische Versorgungsdienstleistungen gegenüber den Einwohnern eines Mitgliedstaates genannt. Darunter fallen die Lieferung von Wasser, Gas etc., nicht jedoch die Abfallentsorgung.

83.       Hintergrund dieser Rückausnahme ist, dass einer Einrichtung des öffentlichen Rechts nach nationalem Recht im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung die Ausübung bestimmter Tätigkeiten obliegen kann, die im Wesentlichen wirtschaftlicher Natur sind. Dieselben Tätigkeiten können parallel auch von privaten Wirtschaftsteilnehmern ausgeübt werden, so dass die Behandlung dieser Einrichtung als nicht mehrwertsteuerpflichtig Wettbewerbsverzerrungen zur Folge haben kann.(41) Darüber hinaus würden Verbraucher zum Teil mit Mehrwertsteuer belastet und zum Teil nicht, obwohl beide mit derselben Leistung (demselben verbrauchbaren Vorteil) versorgt werden. Die Rechtsform des Leistenden (privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Einrichtung) kann diese unterschiedliche Belastung der Leistungsempfänger mit Mehrwertsteuer nicht rechtfertigen.

84.       Dieses unerwünschte Ergebnis will der Gesetzgeber verhindern, indem er in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorsieht, dass die in deren Anhang I genau aufgeführten Tätigkeiten „in jedem Fall“ – sofern ihr Umfang nicht unbedeutend ist – der Mehrwertsteuer unterliegen, obwohl sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausgeübt werden.(42) Der zweite und der dritte Unterabsatz des Art. 13 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie stehen also in engem Zusammenhang, da sie denselben Zweck verfolgen, nämlich die Belastung des Verbrauchers mit Mehrwertsteuer, selbst wenn sein Versorger im Rahmen öffentlicher Gewalt tätig wird.

85.       Diese Unterabsätze folgen also derselben Logik, wonach jede wirtschaftliche Tätigkeit, die einem Verbraucher einen verbrauchbaren Vorteil verschafft, grundsätzlich der Mehrwertsteuer unterliegt.(43) Deshalb sind der zweite und der dritte Unterabsatz des Art. 13 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie in einer Gesamtschau auszulegen.(44) Bei dieser Gesamtschau ist die Frage, ob die Behandlung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig werden, als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, in Bezug auf die fragliche Tätigkeit als solche zu beurteilen, ohne dass sich diese Beurteilung auf einen lokalen Markt im Besonderen bezieht.(45)

86.       Trotz dieser Klarstellung durch den Gerichtshof wirft dieses unbestimmte Tatbestandsmerkmal (keine größeren Wettbewerbsverzerrungen) in der Praxis weiterhin Probleme auf. Ich verstehe den Gerichtshof dabei so, dass im Ergebnis zu prüfen ist, ob und inwieweit private Wirtschaftsteilnehmer durch die Aktivitäten der Einrichtung des öffentlichen Rechts von der Verbraucherversorgung ausgeschlossen werden, auch wenn diese Einrichtung nur im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung agiert. Im vorliegenden Fall scheinen mir aufgrund der besonderen Umstände der Modalitäten des Asbestbeseitigungsprogramms größere Wettbewerbsverzerrungen jedoch ausgeschlossen zu sein.

87.       Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Tatsache, dass – wie oben unter C. ausgeführt – die Gemeinde gerade nicht wie ein typisches Unternehmen am Markt auftritt und Leistungen anbietet, sondern vielmehr selbst nur als Empfänger von Leistungen agiert. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass zur Leistungserbringung ein Privater im Rahmen des öffentlichen Vergaberechts ausgesucht und eingeschaltet wird. Damit verdrängt die Gemeinde im vorliegenden Fall keinen privaten Wettbewerber vom Markt der Asbestbeseitigung, sondern tritt – aus öffentlich-rechtlichen Gründen des Allgemeinwohls (Umweltschutz, Gefahrenabwehr, Gesundheitsschutz, Daseinsvorsorge) – lediglich zwischen das Asbestbeseitigungsunternehmen und den Endverbraucher (hier den jeweiligen Einwohner) und refinanziert sich teilweise aus staatlichen Mitteln aus einer anderen Einrichtung des öffentlichen Rechts.

88.       In einer solchen Situation können meines Erachtens Wettbewerbsverzerrungen, jedenfalls größerer Art, ausgeschlossen werden. Dass insofern das gleiche Mehrwertsteueraufkommen anfällt, wie wenn der Eigentümer auf eigene Kosten (statt der Gemeinde) das Asbestbeseitigungsunternehmen in Anspruch genommen hätte, spricht ebenfalls für eine Anwendung von Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie auf die Aktivitäten der Gemeinde im Rahmen des konkreten Asbestbeseitigungsprogramms.

4.         Zwischenergebnis

89.       Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist dahin gehend auszulegen, dass größere Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen werden können, wenn durch die Modalitäten der öffentlich-rechtlichen Aktivitäten sichergestellt wird, dass private Wirtschaftsteilnehmer nicht von der Versorgung der Verbraucher ausgeschlossen, sondern – wie hier – beteiligt werden.

V.         Ergebnis

90.       Somit schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) wie folgt zu antworten: … (s. o.).


1          Originalsprache: Deutsch.


2          Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 (ABl. 2006, L 347, S. 1); zuletzt geändert durch die Richtlinie 2022/890/EU des Rates vom 3. Juni 2022 (ABl. 2022, L 155, S. 1).


3          Ustawa z 19 czerwca 1997 r. o zakazie stosowania wyrobów zawierających azbest (Gesetz vom 19. Juni 1997 über das Verbot der Verwendung von asbesthaltigen Produkten, Dz. U. 2020, Pos. 1680).


4          Uchwała Rady Ministrów z 14 lipca 2009 r. w sprawie ustanowienia programu wieloletniego pod nazwą „Program Oczyszczania Kraju z Azbestu na lata 2009-2032“; angenommen auf der Grundlage des Ustawa z dnia 6 grudnia 2006 r. o zasadach prowadzenia polityki rozwoju (Gesetz vom 6. Dezember 2006 über die Grundsätze der Entwicklungspolitik, Dz. U. 2009, Nr. 84, Pos. 712).


5          Vgl. statt vieler: Urteile vom 13. Januar 2022, Termas Sulfurosas de Alcafache (C-513/20, EU:C:2022:18, Rn. 36), vom 8. Oktober 2020, Universitatea „Lucian Blaga“ Sibiu u. a. (C-644/19, EU:C:2020:810, Rn. 47), und vom 25. Juli 2018, Vernaza Ayovi (C-96/17, EU:C:2018:603, Rn. 35).


6          Vgl. exemplarisch: Urteile vom 3. Mai 2012, Lebara (C-520/10, EU:C:2012:264, Rn. 23), vom 11. Oktober 2007, KÖGÁZ u. a. (C-283/06 und C-312/06, EU:C:2007:598, Rn. 37 – „Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält“), und vom 18. Dezember 1997, Landboden-Agrardienste (C-384/95, EU:C:1997:627, Rn. 20 und 23 – „Entscheidend ist allein die Natur der eingegangenen Verpflichtung: Damit eine solche Verpflichtung unter das gemeinsame Mehrwertsteuersystem fällt, muss sie einen Verbrauch implizieren“).


7          Urteile vom 21. Januar 2021, UCMR – ADA (C-501/19, EU:C:2021:50, Rn. 43), vom 12. November 2020, ITH Comercial Timişoara (C-734/19, EU:C:2020:919, Rn. 49 und 50), vom 19. Dezember 2019, Amărăşti Land Investment (C-707/18, EU:C:2019:1136, Rn. 37 und 38), vom 16. September 2020, Valstybinė mokesčių inspekcija (Vereinbarung über eine gemeinsame Tätigkeit) (C-312/19, EU:C:2020:711, Rn. 49), vom 4. Mai 2017, Kommission/Luxemburg (C-274/15, EU:C:2017:333, Rn. 85, 86 und 88), und vom 14. Juli 2011, Henfling, Davin, Tanghe (C-464/10, EU:C:2011:489, Rn. 35).


8          Vgl. ausdrücklich Urteil vom 14. Juli 2011, Henfling, Davin, Tanghe (C-464/10, EU:C:2011:489, Rn. 36).


9          Urteil vom 12. November 2020, ITH Comercial Timişoara (C-734/19, EU:C:2020:919, Rn. 51).


10        Urteil vom 12. November 2020, ITH Comercial Timişoara (C-734/19, EU:C:2020:919, Rn. 52).


11        Urteile vom 15. April 2021, Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA (C-846/19, EU:C:2021:277, Rn. 40), vom 27. März 2014, Le Rayon d’Or (C-151/13, EU:C:2014:185, Rn. 34), und vom 7. Oktober 2010, Loyalty Management UK (C-53/09 und C-55/09, EU:C:2010:590, Rn. 56).


12        So der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung: Urteile vom 11. November 2021, ELVOSPOL (C-398/20, EU:C:2021:911, Rn. 31), vom 15. Oktober 2020, E. (Mehrwertsteuer – Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage) (C-335/19, EU:C:2020:829, Rn. 31), vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 22), vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 23), vom 13. März 2008, Securenta (C-437/06, EU:C:2008:166, Rn. 25), und vom 1. April 2004, Bockemühl (C-90/02, EU:C:2004:206, Rn. 39).


13        Urteil vom 3. Mai 2012, Lebara (C-520/10, EU:C:2012:264, Rn. 34 ff.): Der Händler von Telefonkarten erbringt eine Telekommunikationsleistung, die ihm vorher von dem Telefonunternehmen (als Subunternehmen) verschafft wird.


14        Urteile vom 15. April 2021, Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA (C-846/19, EU:C:2021:277, Rn. 39), und vom 2. Juni 2016, Lajvér (C-263/15, EU:C:2016:392, Rn. 42).


15        Urteil vom 3. Mai 2012, Lebara (C-520/10, EU:C:2012:264, Rn. 33), in diese Richtung gehend auch Urteil vom 16. September 2020, Valstybinė mokesčių inspekcija (Vereinbarung über eine gemeinsame Tätigkeit) (C-312/19, EU:C:2020:711, Rn. 40 ff.).


16        Urteile vom 20. Januar 2022, Apcoa Parking Danmark (C-90/20, EU:C:2022:37, Rn. 27), vom 16. September 2021, Balgarska natsionalna televizia (C-21/20, EU:C:2021:743, Rn. 31), vom 20. Januar 2021, Finanzamt Saarbrücken (C-288/19, EU:C:2021:32, Rn. 29), und vom 22. November 2018, MEO – Serviços de Comunicações e Multimédia (C-295/17, EU:C:2018:942, Rn. 39).


17        Urteil vom 18. Juni 2020, KrakVet Marek Batko (C-276/18, EU:C:2020:485, Rn. 66), ähnlich bereits Urteil vom 20. Juni 2013, Newey (C-653/11, EU:C:2013:409, Rn. 43).


18        Siehe die Nachweise oben in den Fn. 15 und 16.


19        Urteil vom 11. März 2020, San Domenico Vetraria (C-94/19, EU:C:2020:193, Rn. 26), vgl. in diesem Sinne: Urteile vom 2. Juni 1994, Empire Stores (C-33/93, EU:C:1994:225, Rn. 16), und vom 23. November 1988, Naturally Yours Cosmetics (230/87, EU:C:1988:508, Rn. 14).


20        In diesem weiten Sinne siehe auch Urteil vom 20. Januar 2022, Apcoa Parking Danmark (C-90/20, EU:C:2022:37, Rn. 27 ff.).


21        Urteil vom 15. April 2021, Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA (C-846/19, EU:C:2021:277, Rn. 43), vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 2. Juni 2016, Lajvér (C-263/15, EU:C:2016:392, Rn. 45 und 46 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


22        Urteil vom 15. April 2021, Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA (C-846/19, EU:C:2021:277, Rn. 47), ähnlich Urteil vom 25. Februar 2021, Gmina Wrocław (Umwandlung des Nießbrauchrechts) (C-604/19, EU:C:2021:132, Rn. 69), in diese Richtung auch Urteil vom 16. September 2020, Valstybinė mokesčių inspekcija (Vereinbarung über eine gemeinsame Tätigkeit) (C-312/19, EU:C:2020:711, Rn. 39).


23        Es fehlt schon an einem Gegenstand und damit an der Vergleichbarkeit zu den Entscheidungen, in denen der Gerichtshof die gelegentliche Vermögensverwaltung von einer wirtschaftlichen Tätigkeit abgrenzen musste – vgl. dazu z. B. Urteil vom 20. Januar 2021, AJFP Sibiu und DGRFP Braşov (C-655/19, EU:C:2021:40, Rn. 24 ff.).


24        Urteile vom 15. April 2021, Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA (C-846/19, EU:C:2021:277, Rn. 48), und vom 12. Mai 2016, Gemeente Borsele und Staatssecretaris van Financiën (C-520/14, EU:C:2016:334, Rn. 29), vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Juli 2012, Rēdlihs (C-263/11, EU:C:2012:497, Rn. 34), und vom 26. September 1996, Enkler (C-230/94, EU:C:1996:352, Rn. 27).


25        Vgl. dazu näher meine Schlussanträge in der Rechtssache Posnania Investment (C-36/16, EU:C:2017:134, Nr. 25).


26        Urteil vom 15. April 2021, Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA (C-846/19, EU:C:2021:277, Rn. 49), vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Februar 2018, Nagyszénás Településszolgáltatási Nonprofit Kft. (C-182/17, EU:C:2018:91, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27        Urteil vom 15. April 2021, Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA (C-846/19, EU:C:2021:277, Rn. 49), vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Mai 2016, Gemeente Borsele und Staatssecretaris van Financiën (C-520/14, EU:C:2016:334, Rn. 31), vom 19. Juli 2012, Rēdlihs (C-263/11, EU:C:2012:497, Rn. 38), und vom 26. September 1996, Enkler (C-230/94, EU:C:1996:352, Rn. 29).


28        Urteil vom 15. April 2021, Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA (C-846/19, EU:C:2021:277, Rn. 51).


29        Urteile vom 12. Mai 2016, Gemeente Borsele und Staatssecretaris van Financiën (C-520/14, EU:C:2016:334, Rn. 33), und vom 29. Oktober 2009, Kommission/Finnland (C-246/08, EU:C:2009:671, Rn. 50). Dies betont auch das Urteil vom 15. April 2021, Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA (C-846/19, EU:C:2021:277, Rn. 52).


30        Urteil vom 13. Juni 2019, IO (Mehrwertsteuer – Tätigkeit als Mitglied eines Aufsichtsrats) (C-420/18, EU:C:2019:490, Rn. 44).


31        Urteil vom 12. Mai 2016, Gemeente Borsele und Staatssecretaris van Financiën (C-520/14, EU:C:2016:334, Rn. 29 ff.). Hintergrund war die fehlende typische Marktteilnahme der Gemeinde – siehe meine Schlussanträge in der Rechtssache (C-520/14, EU:C:2015:855, Nrn. 62 ff.).


32        Urteil vom 26. September 1996, Enkler (C-230/94, EU:C:1996:352, Rn. 28 – „der Vergleich zwischen den Umständen“); darauf aufbauend auch Urteil vom 19. Juli 2012, Rēdlihs (C-263/11, EU:C:2012:497, Rn. 35 und 36).


33        Zur Tragung eines wirtschaftlichen Risikos siehe auch Urteil vom 16. September 2020, Valstybinė mokesčių inspekcija (Vereinbarung über eine gemeinsame Tätigkeit) (C-312/19, EU:C:2020:711, Rn. 41).


34        Vgl. den fast identischen Wortlaut im Urteil vom 12. Mai 2016, Gemeente Borsele und Staatssecretaris van Financiën (C-520/14, EU:C:2016:334, Rn. 35).


35        Anders als dies in einigen Entscheidungen des Gerichtshofs anklingt – z. B.: Urteile vom 10. April 2019, PSM „K“ (C-214/18, EU:C:2019:301, Rn. 38), vom 29. Oktober 2015, Saudaçor (C-174/14, EU:C:2015:733, Rn. 71 und 75), und vom 13. Dezember 2007, Götz (C-408/06, EU:C:2007:789, Rn. 41), oder in einigen Schlussanträgen – z. B.: Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Isle of Wight Council u. a. (C-288/07, EU:C:2008:345, Nrn. 10, 12, 16, 18 und 30).


36        Vgl. zur Problematik der „Selbstbesteuerung des Staates“ meine Schlussanträge in der Rechtssache (C-520/14, EU:C:2015:855, Nrn. 23 ff.).


37        Siehe zur Einordnung des Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie auch meine Schlussanträge in der Rechtssache (C-520/14, EU:C:2015:855, Nrn. 24 ff.).


38        Urteil vom 16. September 2008, Isle of Wight Council u. a. (C-288/07, EU:C:2008:505, Rn. 21), und vom 14. Dezember 2000, Fazenda Pública (C-446/98, EU:C:2000:691, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).


39        Urteile vom 15. Mai 1990, Comune di Carpaneto Piacentino u. a. (C-4/89, EU:C:1990:204, Rn. 10), und vom 17. Oktober 1989, Comune di Carpaneto Piacentino u. a. (231/87 und 129/88, EU:C:1989:381, Rn. 15).


40        Ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs – vgl. Urteil vom 16. September 2008, Isle of Wight Council u. a. (C-288/07, EU:C:2008:505, Rn. 22 mit weiteren Nachweisen).


41        Urteil vom 16. September 2008, Isle of Wight Council u. a. (C-288/07, EU:C:2008:505, Rn. 33).


42        Urteil vom 16. September 2008, Isle of Wight Council u. a. (C-288/07, EU:C:2008:505, Rn. 34); in diese Richtung auch Urteil vom 19. Januar 2017, Revenue Commissioners (C-344/15, EU:C:2017:28, Rn. 39).


43        Urteil vom 16. September 2008, Isle of Wight Council u. a. (C-288/07, EU:C:2008:505, Rn. 38).


44        Urteil vom 16. September 2008, Isle of Wight Council u. a. (C-288/07, EU:C:2008:505, Rn. 39).


45        Urteile vom 19. Januar 2017, Revenue Commissioners (C-344/15, EU:C:2017:28, Rn. 41), und vom 16. September 2008, Isle of Wight Council u. a. (C-288/07, EU:C:2008:505, Rn. 53).

 

 

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