: Der Verkauf notleidender Kreditforderungen unterliegt nicht der Factoringbesteuerung
Der Verkauf notleidender Kreditforderungen unterliegt nicht der Factoringbesteuerung
FG Düsseldorf, Urteil vom 15.2.2008 1 K 3682/05 U
1. Der (einmalige) Verkauf notleidender Kreditforderungen begründet auch dann keine Factoringleistung des Forderungserwerbers an den -veräußerer, wenn der Erwerber die Einziehung der Forderungen übernimmt. Umsatzsteuerlich ist von einem steuerfreien Forderungsverkauf auszugehen.
2. Da die Einziehung der erworbenen notleidenden Forderungen ausschließlich im eigenen Interesse des Forderungserwerbers erfolgt, liegt keine steuerpflichtige Leistung an den Veräußerer vor.
Das FG Düsseldorf verneint in der Entscheidung die in der Besteuerungspraxis umstrittene Anwendung der Grundsätze der sog. Factoring-Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 26.6.2002 - Rs. C-305/01 "MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring GmbH", BStBl. II 2004, 688) für den Fall des Erwerbs notleidender Bankforderungen. Dem Streitfall lag der Verkauf von Forderungen aus gekündigten Kreditverträgen zugrunde; die Kreditforderungen waren mit Grundpfandrechten besichert. Der von der Bank durchgeführte Verkauf war ein einmaliger Vorgang, eine Wiederholungsabsicht lag nicht vor. Der Erwerber konnte die Forderungen nach eigenem Ermessen und für eigene Rechnung einziehen sowie die vorhandenen Kreditsicherheiten verwerten. Das Finanzamt sah in dem Forderungsverkauf einen Anwendungsfall der o. g. Factoring-Rechtsprechung des EuGH. Es legte der Umsatzbesteuerung (abweichend von den zivilrechtlichen Verhältnissen) eine steuerpflichtige Leistung des Forderungserwerbers an den Verkäufer zugrunde. Das FG Düsseldorf folgte dieser Auffassung nicht und gab der Klage des Forderungskäufers statt. In seiner Begründung stellte das Gericht die Besonderheiten (typischer) Factoringleistungen heraus. Diese Merkmale seien in dem zugrunde liegenden Sachverhalt nicht gegeben. Insbesondere sei zwischen beiden Parteien nur ein einmaliger Verkauf vereinbart und nicht, wie für das Factoring typisch, eine Dauerrechtsbeziehung mit fortlaufenden Forderungsübertragungen. Deshalb habe auch der Verkäufer keinerlei Interesse an der Einziehung der veräußerten Forderungen oder an einer Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen mit den Forderungsschuldnern. In diesem Sinne unternimmt der Forderungserwerber die Einziehung ausschließlich im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Eine entgeltliche Dienstleistung an den Forderungsverkäufer liege insoweit nicht vor. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen wurde die Revision beim BFH zugelassen.
Die Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung von Leistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf notleidender Kreditforderungen ist in der Besteuerungspraxis ausgesprochen wichtig. Das Vorliegen steuerpflichtiger Leistungen des Forderungserwerbers würde nämlich beim Verkäufer regelmäßig zu nicht abziehbaren Vorsteuern führen, welche die Kosten eines Forderungsverkaufs erhöhen. Zudem bestünden Rechtsunsicherheiten bezüglich der Bestimmung der zutreffenden Bemessungsgrundlage. Das FG Düsseldorf hat in seiner Entscheidung die Unterschiede zum Factoring treffend herausgearbeitet und auf den spezifischen Sachverhalt der MKG-Entscheidung es EuGH hingewiesen. Es tritt damit insbesondere auch der von dem beklagten Finanzamt vertretenen Auffassung entgegen, den Grundsätzen der Factoring-Rechtsprechung unterliege grundsätzlich jeder Forderungserwerb, wenn der Erwerber die Einziehung selbst übernehme. Insoweit stellt sich das Gericht auch fundamental gegen die nicht überzeugende Auffassung des Hessischen FG (Beschluss v. 31.5.2007 - 6 V 1258/07, UR 2008, 190), welches die Anwendung der Factoring-Rechtsprechung beim Verkauf notleidender Kreditforderungen ausdrücklich bejaht hatte. Es wäre zu begrüßen, wenn sich die Finanzverwaltung möglichst kurzfristig der plausiblen Analyse des FG Düsseldorf anschließen würde, um die bestehenden Rechtsunsicherheiten für die Parteien von Forderungsverkäufen zu beseitigen.