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Steuerrecht
07.10.2011
Steuerrecht
FG Berlin-Brandenburg: Buchführungsleistungen keine Beratungsleistung i. S. d. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.5.2011 - 7 K 7226/07

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von elektrotechnischen Produkten, insbesondere von ... . Diese Produkte gehen im Wesentlichen in ... ein.

Sie ist Teil einer größeren Firmengruppe, deren Mitglieder dadurch verbunden sind, dass sie gegenseitige Liefer- und Leistungsbeziehungen unterhalten und dadurch, dass ihre Gesellschafter - wenn auch an nicht an allen Gesellschaften und im gleichen Maße - an mehreren dieser Gesellschaften beteiligt sind. Zu dieser Firmengruppe gehören u. a. neben der Klägerin die K... T (eine Kommanditgesellschaft ... Rechts) - im Folgenden: K... T - und die B... AG in B . Schließlich besteht eine atypisch stille Gesellschaft mit der Klägerin als Geschäftsherrin, wodurch die Zuständigkeit des Beklagten begründet ist.

Die K... T wurde 1995 gegründet. Ihr Geschäftsgegenstand deckt sich mit dem der Klägerin.

Im Zuge des Unternehmensaufbaus in T schlossen die Klägerin und die K... T am 14.11.1995 einen sogenannten Know-how-Vertrag, in dem die Klägerin sich verpflichtete, der K... T ihr komplettes Know-how für die Herstellung von Elektroleitungen zur Verfügung zu stellen und ihr die Freigaben der ...firmen zu überlassen. Ferner verpflichtete sich die Klägerin, die Produkte fortzuentwickeln, auf dem jeweiligen Stand der Technik zu halten, die Freigaben der ...firmen aufrecht zu erhalten und notwendige neue Freigaben zu erwirken. Als Entgelt war seit dem 01.01.2001 0,5 Prozent der Umsätze der K... T vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf den Vertragstext (Bl. 70 ff. d. Gerichtsakte) Bezug. Ferner schloss die Klägerin mit der K... T am 20.05.1996 einen sogenannten Lieferungs- und Dienstleistungs-Vertrag. Soweit die Klägerin danach Dispositions- und Beschaffungsleistungen, Beratung und Unterstützung in den Bereichen Technik, Organisation und Betriebsführung sowie für Verwaltungsarbeiten erbrachte, erhielt sie von der K... T seit dem 01.01.2001 ebenfalls ein Entgelt von 0,5 Prozent der von der K... T getätigten Umsätze. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf den Vertragstext (Bl. 62 ff. d. Gerichtsakte) Bezug.

Ausgehend von diesen Verträgen erteilte die Klägerin der K... T monatliche Rechnungen einerseits „gemäß vertraglicher Vereinbarung ... für Dienstleistungen" und andererseits „gemäß vertraglicher Vereinbarung ... für Know-how-Transfer u. a." in Höhe von jeweils 0,5 Prozent vom Umsatz (vgl. beispielhaft Bl. 85 f. Umsatzsteuersonderprüfungsakte I). Die Klägerin behandelte diese Leistungen als in Deutschland nicht steuerbar und wies dementsprechend auch keine Umsatzsteuer aus. Insgesamt wurden der K... T in 2004 auf diese Weise jeweils 57.443,07 Euro in Rechnung gestellt.

Vom 11.04.2005 bis 04.05.2005 führte das Finanzamt ... bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Voranmeldungszeiträume November und Dezember 2004 durch. Die Prüferin gelangte zu der Auffassung, dass die aufgrund des sogenannten Dienstleistungsvertrags erbrachten Leistungen in Deutschland steuerbar seien, da es sich nicht um in § 3 a Abs. 4 Umsatzsteuergesetz -UStG- genannte Tätigkeiten handele. Ausgehend von dieser und weiteren nicht streitgegenständlichen Feststellungen erließ der Beklagte geänderte Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide, gegen die die Klägerin hinsichtlich des hiesigen Streitpunktes erfolglos Einspruch einlegte.

Zwischenzeitlich hatte die Klägerin ihre Umsatzsteuerjahreserklärung 2004 beim Beklagten eingereicht, der dieser am 09.03.2006 zustimmte. Auf entsprechenden Hinweis der Klägerin erließ der Beklagte am 21.05.2007 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2004, mit dem er die Umsatzsteuer nach um 49.519,88 Euro erhöhten steuerpflichtigen Umsätzen (= 7.923,19 Euro Umsatzsteuer) festsetzte.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 19.06.2007 Sprungklage erhoben, der der Beklagte am 09.07.2007 zugestimmt hat.

Die Klägerin macht geltend, die von ihren Mitarbeitern gegenüber der K... T erbrachten Leistungen seien sämtlichst nach § 3 a Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 UStG in T erbracht worden. Die K... T sei beim Bezug von Vorprodukten, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie von Ersatzteilen unterstützt worden. Soweit in diesem Zusammenhang Lieferungen von der Klägerin an die K... T erfolgt seien, gingen diese Beratungsleistungen in die steuerfreien Ausfuhrlieferungen an die K... T ein. Lediglich soweit Fremdfirmen unmittelbar an die K... T geliefert hätten, würden diese Leistungen von dem Dienstleistungsvertrag erfasst und stellten eine wirtschaftliche Beratung i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG dar.

Diese Leistungen seien durch ihre Leiterin Einkauf, die Zeugin G, erbracht worden. Ihr damaliger Produktionsleiter, der Zeuge K, habe der K... für alle technischen Fragen in den Bereichen Maschinen und technisches Umfeld, Maintenance-Systeme sowie Produktentwicklung und technische Grundlagen zur Verfügung gestanden. Ihr damaliger Leiter EDV, der Zeuge S, habe im Wesentlichen aus B die Software der K... T gepflegt. Außerdem habe es einen gemeinsamen zentralen Server gegeben. Insoweit handele es sich um technische Beratung i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG und Datenverarbeitung i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 4 UStG. Ihr damaliger Vertriebsleiter, der Zeuge H, habe die K... T bei Vertriebsfragen beraten (wirtschaftliche Beratung i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG). Im Bereich des Qualitätsmanagements sei die K... T durch den damaligen Leiter Qualitätsmanagement, den Zeugen O, beraten worden (technische Beratung i. S. d. § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG). Schließlich sei die gesamte Finanzbuchhaltung der K... T im Auftrag der Klägerin in B durchgeführt worden, was die Belegkontrolle, die Kontierung, die Erfassung, betriebswirtschaftliche Auswertungen, Abschlussvorarbeiten und die Unterstützung bei den Jahresabschlussarbeiten umfasst habe. Damit sei seinerzeit u. a. die Zeugin C befasst gewesen.

Auch diese Tätigkeit unterfalle dem § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG, da Buchführungsarbeiten Leistungen darstellten, die in Deutschland typischerweise von Steuerberatern erbracht würden, was auch in § 33 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes -StBG- zum Ausdruck komme. Die Buchführungsarbeiten seien auch Grundlage für die Erfüllung der steuerlichen Erklärungspflichten der Klägerin. Unbeachtlich sei in diesem Zusammenhang, dass die Wahrnehmung der Buchführungsarbeiten durch einen Steuerberater nicht zwingend sei, da dies zum Leistungsangebot nahezu jeder Steuerberaterkanzlei gehöre und oftmals den überwiegenden Umsatzanteil von Steuerberaterpraxen ausmache. Die vom BFH nicht dem § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG zugeordneten Leistungen eines Steuerberaters als Testamentsvollstrecker, Vermögensverwalter usw. gehörten nicht zu den in § 33 StBG genannten Kernaufgaben des Steuerberaters, sondern lediglich zu den in § 57 StBG genannten nicht standeswidrigen weiteren Tätigkeiten. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der dem § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG zugrunde liegende Artikel 9 Abs. 2 der Richtlinie des Rates über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern (77/388/EWG) -6. EG-Richtlinie- nicht restriktiv auszulegen sei und dass es insoweit nicht darauf ankomme, ob die Person, die die Tätigkeit ausübe, einer der in Artikel 9 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie genannten Berufsgruppen angehöre. Entscheidend sei die Art der Leistung.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

       abweichend vom Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 21.05.2007 die Umsatzsteuer 
       nach um 49.519,00 Euro verminderten steuerpflichtigen Umsätzen festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

       die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die streitbefangenen Rechnungen ließen nicht in ausreichendem Maße erkennen, welche Einzelleistungen die Klägerin gegenüber der K... T erbracht habe und dass es sich dabei um nach § 3 a Abs. 3 und 4 UStG in T steuerbare Leistungen gehandelt habe. Die Buchhaltungsarbeiten gehörten auch der Sache nach nicht zu den von § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG erfassten Tätigkeiten, da das rein mechanische Buchen von Belegen nicht zu den hauptsächlichen und gewöhnlichen Tätigkeiten eines Steuerberaters gehöre. Buchungsaufgaben seien dem Steuerberater zwar nicht fremd, stellten aber keine dem Steuerberater vorbehaltene und in besonderer Weise charakterisierenden Tätigkeiten dar.

Nachdem der Senat den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen hatte, hat dieser am 05.04.2011 im Rahmen der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben über den Umfang und Inhalt der von der Klägerin im Rahmen des Dienstleistungsvertrags vom 20.05.1996 an die K... T ausgeführten Leistungen in den Bereichen Disposition, Beschaffung, Technikberatung, Organisation der Betriebsführung und/oder Verwaltung durch Vernehmung der Zeugen K, S, H, O, C und G. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Der Zeuge K hat im Wesentlichen ausgeführt, dass er maximal 4 Stunden in der Woche mit Anfragen aus T, z. B. wie ein Werkzeug ersetzt werden sollte oder wie ein Qualitätsproblem zu lösen war, befasst war. Der Zeuge S hat ausgeführt, dass er im Streitjahr mit der Einführung einer neuen Firmensteuerungssoftware befasst war (sowohl in B als auch in T) und auch darüber hinaus bei anderen Problemen im EDV-Bereich aus T angerufen worden sei. Ab Herbst 2004 sei mit der neuen Firmensteuerungssoftware auf einem Server der Klägerin das Datenmaterial aus T verarbeitet worden. Darüber hinaus seien im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Firmensteuerungssoftware externe Leistungen in Anspruch genommen worden. Er schätze, dass etwa 10 Prozent seiner gesamten Arbeitszeit für die K... T aufgewandt worden sei. Der Zeuge H hat ausgeführt, dass er etwa einen Tag im Monat den Geschäftsführer der K... T mit Tipps im Vertriebsbereich unterstützt habe. Nach der Aussage des Zeugen O hatte dieser in 2004 die K... T insbesondere bei der dort durchgeführten Zertifizierung begleitet. Dafür sei er im Jahr zusammengenommen ca. 3 Wochen für die K... T tätig geworden. Die Zeugin C hat ausgeführt, dass sie im Streitjahr mit zwei weiteren Beschäftigten als Buchhalterin bei der B... AG u. a. mit der Finanzbuchhaltung der K... T beschäftigt gewesen sei. Dafür seien die Kräfte mit jeweils ca. 30 Prozent ihrer Arbeitszeit tätig geworden. Diese Tätigkeiten habe die B... AG der Klägerin im Rahmen einer Umlage in Rechnung gestellt. Nach Aussage der Zeugin G haben ihre Beratungsleistungen, etwa bei der Beschaffung von Betriebs- und Hilfsstoffen sowie Ersatzteilen, dazu geführt, dass das gewünschte Produkt von der Klägerin bei dem mit der K... T abgestimmten Lieferanten bestellt und an die K... T weitergeliefert wurde.

Nach Anhörung der Beteiligten hat der Einzelrichter das Verfahren im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 05.04.2011 auf den Senat zurück übertragen und die Sache vertagt. Die Beteiligten haben auf weitere mündliche Verhandlung vor dem Vollsenat verzichtet.

Dem Gericht haben zwei Bände Umsatzsteuersonderprüfungs-Akten sowie je ein Band Umsatzsteuer-, Umsatzsteuersonderprüfungsberichts- und Rechtsbehelfsakten vorgelegen, die vom Beklagten für die Klägerin unter der Steuernummer ... geführt werden.

Aus den Gründen

Das Gericht entscheidet entsprechend dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, da die für die Entscheidung wesentlichen Sach- und Rechtsfragen schriftsätzlich und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 05.04.2011 eingehend erörtert worden sind.

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid i. S. des § 100 Abs. 1 und 2 FGO in ihren Rechten verletzt, soweit der Beklagte mehr als die Hälfte der streitbefangenen Umsätze der Umsatzsteuer unterworfen hat. Abgesehen von den Buchführungsleistungen werden die streitbefangenen Umsätze gemäß § 3 a Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 3, 4 und 5 UStG in T erbracht.

Der Beklagte bemängelt zu Unrecht, dass die streitbefangenen Rechnungen aufgrund ihrer unspezifizierten Leistungsbeschreibung einer Verortung der streitbefangenen Leistungen in T entgegenstehen. Weder dem deutschen Umsatzsteuergesetz, noch der seinerzeit geltenden 6. EG-Richtlinie lässt sich eine Vorschrift entnehmen, nach der Voraussetzung für eine Verortung von Leistungen im Drittlandsgebiet gemäß § 3 a Abs. 3 und 4 UStG das Vorliegen einer Rechnung mit den nach § 14 Abs. 4 UStG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 2003 erforderlichen Inhalten ist. Der Beklagte hat für seine gegenteilige Auffassung ungeachtet des Hinweises des Gerichts vom 25.06.2010 keine Rechtsgrundlage für seine Auffassung benannt.

Die Auffassung des Beklagten steht im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH-, der in Fällen, in denen die Anwendung des § 3 a Abs. 4 UStG streitig ist, ausschließlich den Inhalt der ausgeführten Leistungen prüft, ohne dabei auf den Rechnungsinhalt abzustellen (vgl. z. B. BFH, Urteile vom 03.04.2008 V R 62/05, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 221, 433, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2008, 900; vom 18.06.2009 V R 57/07, BFHE 226, 374, BStBl II 2010, 83; vom 13.01.2011 V R 63/09, BFH/NV 2011, 944). Auch eine Analogie zu den Dokumentationsvorschriften über Ausfuhrlieferungen (§§ 8 ff. Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung) kommt nicht in Betracht (BFH, Urteil vom 19.05.2010 XI R 6/09, BFHE 230, 473, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 2010, 821.)

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme entfällt die Hälfte der streitbefangenen Bruttoumsätze auf Leistungen, die nach § 3 a Abs. 4 UStG in T zu versteuern sind. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen sich im Wesentlichen mit den in der Klageschrift (dort Bl. 4 und 5) beschriebenen Leistungen decken. Mit Ausnahme der Buchführungsarbeiten haben sich dabei keine Lieferungen und Leistungen ergeben, die im Inland steuerbar wären. Dies ergibt sich aus den widerspruchsfreien Aussagen der Zeugen, an deren Glaubwürdigkeit auch der Beklagte keine Zweifel geäußert hat. Die Zeugen haben sich - soweit man dies nach dem Zeitabstand von 6 bis 7 Jahren erwarten kann - ohne Umschweife zu den an sie gerichteten Fragen geäußert und in den wesentlichen Punkten keine Unsicherheiten erkennen lassen. Anzeichen für eine Begünstigungs- oder Belastungstendenz bezogen auf die Klägerin oder den Beklagten waren nicht erkennbar. Die Zeugen S, H und O sind auch nicht mehr bei der Klägerin beschäftigt, so dass sie ohnehin kein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des hiesigen Verfahrens haben. Im Einzelnen ergibt sich aus den Zeugenaussagen:

Der Zeuge K hat bekundet, dass er der K... T bei Fertigungsproblemen zur Seite gestanden und diese Tätigkeiten im Wesentlichen selbst ausgeübt hat. Da der Zeuge einen Abschluss als Diplom-Ingenieur hat, handelt es sich insoweit um die beratende Tätigkeit eines Ingenieurs i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG. Allerdings schuldet die Klägerin diese Tätigkeit bereits nach dem Know-how-Vertrag. Daher besteht zwar kein Anlass, aufgrund der Tätigkeit des Zeugen K die von der Klägerin erklärten steuerpflichtigen und steuerbaren Umsätze zu erhöhen. Andererseits sind die Leistungen des Zeugen des K auch nicht in die Verteilung des Entgelts aus dem sogenannten Dienstleistungsvertrag einzubeziehen.

Gleiches gilt für die Leistungen, die die Zeugin G gegenüber der K... T erbracht hat. Denn nach eingehender Erörterung im Rahmen der Beweisaufnahme hat sich ergeben, dass die K... T auf die entsprechenden Hinweise der Zeugin hin niemals selbst in Vertrags- und Lieferbeziehungen zu Drittlieferanten getreten ist. Vielmehr verhielt es sich so, dass die Klägerin nach Art einer Zwischenhändlerin oder Kommissionärin Ware für die K... T bestellt und an diese weitergeliefert hat. Die Beratungsleistungen der Zeugin G gingen daher in das von der Klägerin der K... T in Rechnung gestellte Lieferentgelt ein. Denn die Beratung über Bezugsquellen usw. ist eine typische Nebenleistung eines Verkäufers. Zwischen den Beschaffungsleistungen durch die Zeugin G und den Ausfuhrlieferungen würde jedenfalls ein unmittelbarer Zusammenhang i. S. des § 4 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a aa UStG bestehen (vgl. BFH, Urteil v. 10.11.2010 V R 27/09, BFH/NV 2011, 933).

Aus der Aussage der Zeugen S ergibt sich, dass die Klägerin gegenüber der K... T weitere Leistungen über technische Beratung nach § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG und Leistungen der Datenverarbeitung i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 4 UStG erbracht hat. Denn die vom Zeugen S erbrachten Unterstützungsleistungen im laufenden Betrieb der Datenverarbeitungsanlage stellen eine technische Beratung durch einen Ingenieur dar, zumal der Zeuge auch über einen Abschluss als Diplom-Ingenieur verfügt. Soweit die Klägerin, sei es durch den Zeugen S oder durch externe Dienstleister bei der K... T eine neue Firmensteuerungssoftware installiert und sodann auf dem der Klägerin gehörenden Server in B angewendet hat, handelt es sich um Leistungen der Datenverarbeitung i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 4 UStG. Nach Abschnitt 3 a Punkt 9 Abs. 15 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses zu § 3 a UStG ist unter Datenverarbeitung i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 4 UStG die manuelle, mechanische oder elektronische Speicherung, Umwandlung, Verknüpfung und Verarbeitung von Daten zu verstehen. Dazu gehört die Verarbeitung von Produktions- und Rechnungsdaten usw., wie sie durch die vom Zeugen S beschriebene Firmensteuerungssoftware vorgenommen wird. Dies umfasst auch die Installation der erforderlichen Software, da dies die notwendige Vorbedingung für die Erbringung der Datenverarbeitungsleistungen ist.

Die Tätigkeit des Zeugen H im Rahmen der kaufmännischen Beratung, indem er z. B. dem Geschäftsführer Tipps gab, wie man Kunden akquiriert oder ein Angebot erstellt, stellt jedenfalls die Überlassung von Informationen i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 5 UStG dar. Dabei handelt es sich um die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen, die auch bei einer Auftragserteilung bereits vorliegen können (Abschnitt 3 a Punkt 9 Abs. 16 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses zu § 3 a Umsatzsteuergesetz). Zu solchen gewerblichen Erfahrungen gehört auch die Erfahrung, wie man erfolgreich technische Produkte absetzt.

Als technische Beratung i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG stellt sich ferner die Tätigkeit des Zeugen O dar, der die K... T im Rahmen des Qualitätsmanagements und dort insbesondere bei anstehenden Zertifizierungen beriet. Da der Zeuge O einen Abschluss als Elektroingenieur hat, handelte es sich um die technische Beratung eines Ingenieurs.

Das Gericht ist aufgrund der Aussage der Zeugin C überzeugt, dass die Klägerin die Buchführung für die K... T in B erledigen ließ und dass dafür der zeitliche Aufwand von 30 Prozent der Vollarbeitszeit von drei Buchhaltungskräften erforderlich war.

Die Zeugin hat die Abläufe glaubhaft und nachvollziehbar geschildert. Danach hat die K... T sämtliche Belege nach B geschickt, wo diese buchhalterisch verarbeitet wurden bis hin zu Vorbereitungsarbeiten für die Abschlusserstellung. Unbeachtlich ist, dass die Zeugin C und ihre Kolleginnen nicht bei der Klägerin, sondern bei der B... AG beschäftigt waren. Denn die Zeugin hat ausgeführt, dass die B... AG nicht in unmittelbaren Rechtsbeziehungen zur K... T stand, sondern dass die Buchführungstätigkeiten im Rahmen der allgemeinen Umlage, die B... AG von der Klägerin erhob, abgerechnet wurden.

Die von der Klägerin für die K... T ausgeführten Buchhaltungsleistungen sind keine sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder ähnliche Leistungen anderer Unternehmer i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG.

Die vorgenannten Begriffe sind richtlinienkonform auszulegen. Denn unionsrechtliche Grundlage dieser Vorschrift ist Artikel 9 Abs. 2 Buchst. e, 3. Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie (BFH, Urteil vom 18.06.2009 V R 57/07, BFHE 226, 374, BStBl II 2010, 83). Nach dieser Vorschrift sind sonstige Leistungen am Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Empfängers zu besteuern, wenn es sich um Leistungen von Beratern ..., Anwälten, Buchprüfern und sonstige ähnliche Leistungen sowie die Überlassung von Informationen handelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um unionsrechtliche Begriffe handelt, die sich nicht auf die genannten Berufe, sondern auf Leistungen beziehen. Es sollen nur die „hauptsächlich und gewöhnlich" zu diesen Berufen gehörenden Leistungen erfasst werden (Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH -, Urteile vom 16.09.1997 C-154/96 - von Hoffmann, UR 1998, 17, Rdz. 16; vom 07.10.2010 C-222/09 - Kronospan/Mielec, UR 2010, 854, Rdz. 20; BFH, Urteile vom 03.04.2008 V R 62/05, BFHE 221, 433, BStBl II 2008, 900; vom 13.01.2011 V R 63/09, BFH/NV 2011, 944).

Davon ausgehend ergibt sich für den Streitfall: Der Klägerin ist zwar einzuräumen, dass nahezu jeder Steuerberater und Steuerbevollmächtigter auch Buchführungsleistungen für seine Mandantschaft anbietet. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass diese Buchführungsleistungen nur in seltenen Fällen vom Berufsträger selber erbracht werden, sondern üblicherweise von Angestellten, die über eine Ausbildung als Steuerfachgehilfe oder Bilanzbuchhalter verfügen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass nach § 6 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes das Buchen laufender Geschäftsvorfälle (worauf sich die Tätigkeit der Klägerin gegenüber der K... T im Wesentlichen beschränkt hat), nicht Steuerberatern vorbehalten ist. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeiten, die die Klägerin für die K... T ausgeübt hat, auch in vielen anderen Fällen von angestellten Buchhaltungskräften in den Unternehmen oder Firmengruppen selbst ausgeführt werden.

Diese Auslegung wird durch den Wortlaut des Artikel 9 Abs. 2 Buchst. e, dritter Gedankenstrich, 6. EG-Richtlinie, unterstützt. Denn anders als § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG erwähnt diese Vorschrift nur Berater und Buchprüfer. Der Buchprüfer ist schon vom Wortlaut her vom Buchhalter zu unterscheiden. Er prüft die Vorarbeiten des Buchhalters. Dementsprechend wird auch in der englischen Sprachfassung der „Accountant" aufgeführt, der vom „Bookkeeper" zu unterscheiden ist.

Die streitbefangene Tätigkeit als Buchhalterin fällt auch nicht unter die Tätigkeit eines Beraters. Denn unter „Beratung" ist die Vermittlung von Informationen zur Lösung  konkreter Fragen (auch als Entscheidungshilfe) zu verstehen (BFH, Urteil vom 18.06.2009 V R 57/07, BFHE 226, 374, BStBl II 2010, 83). Dabei muss es sich um Fragen eines gewissen Komplexitätsgrades handeln, die über das Erledigen von Routinetätigkeiten hinausgehen. Dementsprechend hat der BFH fundierte und qualifizierte Empfehlungen zur Besetzung einer Beschäftigungsposition durch einen Personalberater als Tätigkeit i. S. d. § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG angesehen (BFH, Urteil vom 18.06.2009 V R 57/07, BFHE 226, 374, BStBl II 2010, 83). Gleiches gilt für die Anpassung von Software an die besonderen Bedürfnisse eines Verbrauchers (EuGH, Urteil vom 27.10.2005 C-41/04 - Levob Verzekeringen, UR 2006, 20, Rdz. 39). Daran anknüpfend ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Tätigkeit als Ingenieur i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG voraussetzt, dass die fragliche Tätigkeit darin besteht, Kenntnisse und bestehende Prozesse auf konkrete Probleme anzuwenden sowie neue Kenntnisse zu erwerben und neue Prozesse zur Lösung dieser und neuer Probleme zu entwickeln (EuGH, Urteil vom 07.10.2010 C-222/09 - Kronospan/Mielec, UR 2010, 854, Rdz. 21; BFH, Urteil vom 13.01.2011 V R 63/09, BFH/NV 2011, 944, Rdz. 34). Dementsprechend ist die Erledigung von Routinetätigkeiten durch einen Ingenieur keine Beratung i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG (vgl. BFH, Urteil vom 13.01.2011 V R 63/09, BFH/NV 2011, 944). Gleiches gilt, soweit ein Steuerberater im Wesentlichen mechanische Buchführungstätigkeiten verrichtet.

Abweichendes ergibt sich nicht aus § 33 Satz 2 StBG. Zwar wird vertreten, dass auch die Durchführung mechanischer Arbeitsgänge bei der Buchführung Teil der steuerberatenden Tätigkeit ist (Gehre/von Borstel, StBG, 5. Aufl. 2005, § 33 Rz 9). Jedoch handelt es sich insoweit um eine Auslegung des deutschen Standesrechts, das für die Auslegung des europarechtlich geprägten Umsatzsteuerrechts nicht maßgeblich ist. Allein der Umstand, dass eine Tätigkeit standesrechtlich zu den zulässigen Aufgaben der Steuerberater gehört, führt nicht dazu, dass es sich um hauptsächlich und gewöhnlich zum Beruf der Steuerberater gehörende Tätigkeiten handelt. Jedenfalls gehört nach dem Wortlaut des § 33 Satz 2 StBG nur die Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten, die auf Grund von Steuergesetzen bestehen, insbesondere die Aufstellung von Steuerbilanzen und deren steuerrechtliche Beurteilung, zu den Aufgaben des Steuerberaters. Dementsprechend gehört nur die grundlegende Einrichtung der Buchführung, die Bearbeitung schwieriger Einzelfragen und die Auswertung der Buchführung durch die Erstellung von Jahresabschlüssen zu den den Steuerberatern vorbehaltenen Aufgaben (Kuhls/Meurers/
Maxl/Schäfer/Goez, StBG, 1995, § 33 Rz 14). Nur solche Tätigkeiten (nicht die Erledigung von routinemäßigen Buchführungsarbeiten) werden von der Rechtsprechung als für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung qualifizierend i. S. des § 36 Abs. 3 StBG angesehen (BFH, Urteil vom 07.11.1995 VII R 58/95, BFHE 178, 524, BStBl II 1996, 331; Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 12.05.2004 6 K 1771/03, juris). Erst recht handelt es sich nicht um Beratung i. S. des § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG, wenn - wie im Streitfall - Personen, die nicht zu den steuerberatenden Berufen gehören, Buchführungsarbeiten ausführen.

Ungeachtet der Tatsache, dass die Klägerin mit der K... T einen umsatzabhängigen Pauschalpreis vereinbart hat, ist das Gesamtentgelt im Wege der Schätzung auf die steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze aufzuteilen, da es sich um verschiedene Einzelleistungen und nicht um eine einheitliche Gesamtleistung handelt (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 27.10.2005 C-41/04 - Levob Verzekeringen, UR 2006, 20, Rdz. 19 ff.). Denn die Einzelleistungen hatten für die K... T jeweils ihren eigenständigen Wert, waren aus ihrer Sicht nicht untrennbar miteinander verbunden. Allein die Vereinbarung eines Gesamtpreises führt noch nicht zu einer einheitlichen Leistung (EuGH, Urteil vom 25.02.1999 C-349/96 - CPP, UR 1999, 254, Rdz. 31).

Für die Schätzung des steuerbaren Teilentgelts ist zunächst der zeitliche Aufwand der Mitarbeiter der Klägerin zu ermitteln. Der Zeuge S hat angegeben, ca. 10 Prozent seiner Arbeitszeit für die K... T aufgewandt zu haben, so dass für seine Tätigkeit 4 Stunden/Woche anzusetzen sind. Der Zeuge H hat angegeben, ungefähr einen Tag im Monat mit seinen Beratungstätigkeiten für die K... T befasst gewesen zu sein, was 2 Stunden/Woche entspricht. Für den Zeugen O sind 3 Stunden/Woche anzusetzen, da er angegeben hat, ca. 3 Wochen im Jahr für die K... T tätig gewesen zu sein. Bei 46 Arbeitswochen entspricht das einem Anteil von ca. 6,5 Prozent seiner Arbeitszeit und 6,5 Prozent von 40 Wochenstunden sind 2,6 (aufgerundet 3). Demgegenüber sind für die Tätigkeit der Buchhaltungskräfte 30 Prozent der Gesamtarbeitszeit von (3 x 40 =) 120 Wochenstunden anzusetzen, also 36 Stunden. Diesen stehen 9 Stunden der mit nicht steuerbaren Tätigkeiten befassten Mitarbeitern gegenüber. Ferner ist jedoch auch der erhebliche Aufwand für die nicht steuerbare Datenverarbeitungstätigkeit zu berücksichtigen, den der Zeuge S mit allein 120.000 Euro für das Gesamtprojekt ohne Hardware veranschlagt hat. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Gehaltsaufwand für die in leitender Funktion tätigen Zeugen S, H und O erheblich höher gewesen sein dürfte als die in der Verwaltungskostenumlage der B... AG enthaltenden Gehaltsbestandteile für die Buchhaltungskräfte. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände schätzt das Gericht den Anteil der auf die Buchführungsarbeiten entfallenden Entgelte auf 50 v. H. des Gesamtentgelts. Diesem bereits in der mündlichen Verhandlung vom 05.04.2011 geäußerten Vorschlag haben die Beteiligten nicht widersprochen.

Davon ausgehend ergibt sich folgende Aufteilung des Entgelts:

Bruttoumsatz

57.443,07 €

x 50 %

28.721,54 €

: 1,16 (=Nettoumsatz)

24.759,94 €

gerundet

24.760,00 €

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO analog.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Frage, ob Buchhaltungsleistungen zu den von § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG umfassten Leistungen gehören, höchstrichterlich ungeklärt ist. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass durch die Änderung des § 3 a UStG durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2009 (Bundesgesetzblatt I 2009, 2794) mit Wirkung vom 01.01.2010 die praktische Bedeutung der hier erörterten Streitfrage stark abgenommen hat. Denn die Streitfrage hat noch für eine Vielzahl noch nicht endgültig und/oder bestandskräftig ergangener Umsatzsteuerfestsetzungen der Veranlagungszeiträume bis 2009 praktische Auswirkungen.

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