R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Steuerrecht
09.02.2024
Steuerrecht
FG München: Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft mit Gesellschaftswährung in Fremdwährung

FG München, Urteil vom 8.12.2022 – 10 K 1499/21, rkr.

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2023-350-1

Nicht Amtliche Leitsätze

1. Veräußert eine inländische vermögensverwaltende Personengesellschaft eine Immobilie in einer Fremdwährung, wird zu dem Stichtag der Zahlung des Kaufpreises die Fremdwährung als taugliches Wirtschaftsgut eines privaten Veräußerungsgeschäfts angeschafft.

2. Zur Beurteilung der Steuerbarkeit im Rahmen des § 23 EStG wird das durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft erworbene Fremdwährungsguthaben den Gesellschaftern anteilig zugerechnet.

3. Der quotale Anteil des Gesellschafters am Fremdwährungsguthaben setzt sich über den Anspruch am Liquidationserlös fort, weil durch die Liquidation der (vermögensverwaltenden) Personengesellschaft weder eine Veräußerung des Fremdwährungsguthabens noch eine Anschaffung durch den Gesellschafter nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG oder nach § 23 EStG stattfindet.

4. Wird, das anteilige Fremdwährungsguthaben von der (vermögensverwaltenden) Personengesellschaft dem Gesellschafter ausgezahlt und wird dabei auf Anweisung des Gesellschafters eine Auszahlung in Euro vorgenommen, handelt es sich um einen Veräußerungsvorgang, dessen wirtschaftliches Ergebnis dem Gesellschafter zuzurechnen ist.

5. Eine gesonderte und einheitliche Feststellung dieses Gewinns bzw. Verlusts aus Fremdwährungsgeschäften kommt nicht in Betracht, weil in der quotalen Auszahlung des Liquidatioserlöses keine „gemeinsame“ Tatbestandsverwirklichung der Einkünfteerzielung zu sehen ist.

EStG § 22 Abs. 1 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 5; AO § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 39 Abs. 2 Nr. 2

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über den Ansatz von Gewinnen oder Verlusten aus Fremdwährungsgeschäften.

Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 60.961 € geltend. Diese standen im Zusammenhang mit einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung des Klägers als Kommanditist an der […] (H), Registernummer […] beim Registergericht […]. Die H ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft nach deutschem Recht mit Sitz in Hamburg. Die H besaß eine Büroimmobilie in L [Großbritannien]. Die Gesellschaftswährung der H war das britische Pfund (GBP). Die Büroimmobilie wurde 2009 in der Fremdwährung GBP erworben und mit Vertrag vom 9. November 2015 und mit Wirkung zum 30. November 2015 in der Fremdwährung GBP veräußert. Der daraus resultierende Veräußerungsgewinn wurde auf Ebene der Gesellschaft ermittelt und auf alle Anleger verteilt. Dies wurde mit Bescheid für 2015 vom 19. Juli 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen festgestellt.

Gemäß § 13 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags schüttet die Gesellschaft die jährlich erwirtschafteten Geldüberschüsse, erstmals in 2010 für das Geschäftsjahr 2009, an ihre Gesellschafter aus, sofern sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt. Dies gilt auch dann, wenn ein Jahresüberschuss nicht ausgewiesen wird. Die Ausschüttung erfolgt nach entsprechender Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung auf Vorschlag der Geschäftsführung, die unter Berücksichtigung der zukünftigen Ertrags- und Liquiditätslage der Gesellschaft angemessene Beträge zur Abdeckung zukünftiger Liquiditätserfordernisse, insbesondere zur Risikovorsorge und zur Ausschüttungsglättung, in eine gesamthänderisch gebundene Rücklage einstellen bzw. einer Liquiditätsreserve zuführen kann. Rücklage oder Liquiditätsreserve können jeweils mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung aufgelöst bzw. verwendet werden. Nach § 13 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages ist die Geschäftsführung im Rahmen der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns berechtigt, aber nicht verpflichtet, vor Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Ausschüttungen Vorab-Auszahlungen an die Gesellschafter vorzunehmen. Gemäß § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags erfolgt die Ausschüttung grundsätzlich in GBP. Die Beteiligten haben jedoch ein Wahlrecht, die Ausschüttung in Euro zu verlangen. § 20 des Gesellschaftsvertrages, auf den hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, regelt die Liquidation der Gesellschaft.

Am 21. Januar 2016 wurde im schriftlichen Verfahren durch die Gesellschafter beschlossen, die H mit Wirkung zum 1. Januar 2016 zu liquidieren. In diesem Zusammenhang wurde dem Kläger am 29. Januar 2016 nachrichtlich der zur Überweisung anstehende Betrag in Höhe von 598.450,61 GBP mitgeteilt.

Ebenfalls am 29. Januar 2016 erfolgte eine anteilige Ausschüttung des Vermögens in Euro (787.167,04 €) an den Kläger. Der Kläger machte von seinem Wahlrecht gemäß § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags, die Ausschüttung in Euro zu verlangen, Gebrauch.

Der von den Klägern in der Einkommensteuererklärung 2016 geltend gemachte Verlust gemäß § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 60.961 € errechnete sich aus der Differenz des Wechselkurses am 30. November 2015 und am 29. Januar 2016 in Bezug auf die ausgeschüttete Summe in GBP. Diese Berechnung wurde dem Kläger von der H mitgeteilt.

Dem folgte das beklagte Finanzamt (FA) im Rahmen der Veranlagung nicht, weil nicht nachgewiesen sei, dass zum 30. November 2015 bereits ein Auszahlungsanspruch des Klägers bestanden habe. Es setzte die Einkommensteuer 2016 mit Bescheid vom 16. August 2018 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf […] € fest und hob mit Bescheid vom 24. September 2018 den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA – nach Ergehen von Änderungsbescheiden vom 9. Juli 2019, 18. Mai 2020 und 15. Juni 2020 – mit Einspruchsentscheidung vom 2. Juni 2021 (zur Post gegeben am 7. Juni 2021) zurück und verböserte die Entscheidung dahingehend, dass es der Besteuerung einen Gewinn aus Währungsgeschäften in Höhe von 116.168,02 € zugrunde legte und die Einkommensteuer 2016 auf […] € heraufsetzte. Es begründete seine Entscheidung damit, dass maßgeblich für die Anschaffung der Zeitpunkt der Entstehung des Auszahlungsanspruchs des anteiligen Veräußerungsgewinns sei. Laut Gesellschaftsvertrag erfolge die Ausschüttung jährlich erwirtschafteter Gewinne nach Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung. Somit sei die Anschaffung des Fremdwährungsguthabens an dem Tag erfolgt, an welchem die Geschäftsführung über die Vornahme der Vorabauszahlung positiv entschieden habe. Dies sei der 21. Januar 2016 gewesen. Dabei legte das FA für den 21. Januar 2016 einen Umrechnungskurs von 0,89190 GBP/€ und für den 29. Januar 2021 einen Kurs von 0,76026 GBP/€ zu Grunde.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 7. Juli 2021 erhobene Klage. Diese begründen die Kläger im Wesentlichen damit, dass das FA zum einen den Umrechnungskurs falsch ermittelt habe. Das FA habe bei der Umrechnung zum 21. Januar 2016 einen Umrechnungskurs von 1,1212 zugrunde gelegt. Dies lasse darauf schließen, dass hier nicht der Devisenkassamittelkurs zugrunde gelegt wurde. Zur Umrechnung von Fremdwährungsguthaben sei jedoch grundsätzlich gem. § 256a Handelsgesetzbuch (HGB) i.V.m. § 5 EStG der Devisenkassamittelkurs zugrunde zu legen. Der Kursunterschied zwischen dem 21. Januar 2016 und dem 29. Januar 2016 betrage danach:

29. Januar 2016: 598.450,61 GBP = 787.167,04 € (Kurs: 1,3153 €/GBP)

21. Januar 2016: 598.450.61 GBP = 774.743.49 € (Kurs: 1,29458 €/GBP)

Differenz = Währungsgewinn in Höhe von 12.423,55 € zum 21. Januar 2016

Zum anderen habe das FA den falschen Anschaffungszeitpunkt bezüglich des Fremdwährungsguthabens herangezogen. Fremdwährungsbeträge würden i. S. von § 23 EStG angeschafft, wenn sie gegen Umtausch von Euro erworben werden. Sie würden veräußert im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie in Euro rückgetauscht oder in eine andere Fremdwährung umgetauscht werden. Ein Fremdwährungsguthaben könne aber auch durch Tausch mit anderen Wirtschaftsgütern z.B. Grundstücken erworben oder veräußert werden (Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 2. Mai 2000 IX R 74/96, BStBl II 2000, 469 [BB 2000, 1712]; vom 19. August 2008 IX R 71/07, BStBl II 2009, 13 [BB-Entscheidungsreport Hahne/Malisius, BB 2008, 2784]; vom 21. Januar 2014 IX R 11/13, DStR 2014, 582 [StB 2014, 93 Ls.]). Mit Urteil vom 21. Januar 2014 (IX R 11/13, BStBl II 2014, 385 [StB 2014, 93 Ls.]) habe der BFH entschieden, dass der Veräußerungspreis im Zeitpunkt der Veräußerung in Euro umzurechnen sei. Im Urteilsfall handelte es sich um eine Beteiligung an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen im Sinne des § 17 EStG. Dies solle analog für private Veräußerungsgeschäfte gem. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG gelten (BFH-Beschluss vom 6. November 2015 IX B 54/15, BFH/NV 2016, 194).

Mit der Veräußerung des Objektes durch die H im November 2015 habe der jeweilige Investor/Anleger einen ideellen Anteil an einem Fremdwährungsguthaben in GBP erworben. Soweit der Investor das Fremdwährungsguthaben nach seiner Wahl im Januar 2016 auf Euro lautend ausbezahlt bekommen habe, sei für ihn sein ideeller Anteil an dem Fremdwährungsguthaben veräußert worden. Es sei versucht worden, die Fremdwährungsverluste im Rahmen des einheitlichen Feststellungsverfahrens für 2016 feststellen zu lassen. Dieses sei mit der Begründung abschlägig beschieden worden, dass nach § 180 Abgabenordnung (AO) ein gesondertes und einheitliches Feststellungsverfahren sich über alle Beteiligten an einer Gesellschaft zu erstrecken habe. Somit sei die Berücksichtigung des Fremdwährungsverlustes, der sich aus Umrechnung des Bankguthabens von GBP in Euro ergebe, so wie es § 256a HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG vorsehe, komplett unterblieben und gemäß Betriebsfinanzamt auf Gesellschafterebene übertragen worden.

Auf Hinweis des Gerichts vom 25. Mai 2022 haben sich die Beteiligten mit der Umrechnung auf Basis des „Euro-Referenzkurs der EZB“ einverstanden erklärt.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 15. Juni 2020 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Juni 2021 dahingehend abzuändern, dass statt des Ansatzes eines Kursgewinns aus Währungsgeschäften in Höhe von 116.168,02 € ein Kursverlust aus Währungsgeschäften in Höhe von 61.939,00 € berücksichtigt wird und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, da es sich im Streitfall um ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG handele, seien die von Seiten der Kläger angeführten Paragraphen des HGB bzw. EStG zur Bewertung von Gegenständen des Betriebsvermögens nicht einschlägig.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze sowie den Inhalt der Akten verwiesen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2022 wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet

II. 1. Die zulässige Klage ist begründet.

Verluste aus Fremdwährungsgeschäften sind in Höhe von 61.939,00 € bei den sonstigen Einkünften nach §§ 22 Abs. 1 Nr. 2, 23 EStG zu berücksichtigen.

Ein privates Veräußerungsgeschäft liegt vor

a) Im Rahmen der Veräußerung der Immobilie durch die H wurden zum Stichtag 30. November 2015 britische Pfund als taugliches Wirtschaftsgut eines privaten Veräußerungsgeschäfts angeschafft.

Private Einkünfte können steuerpflichtig sein

aa) Sonstige Einkünfte sind gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2 EStG Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23. Private Veräußerungsgeschäfte sind gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt, und gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.

Fremdwährungsbeträge können Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts sein

bb) Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts können auch Fremdwährungsbeträge sein. Anschaffung ist der entgeltliche Erwerb eines bereits vorhandenen Wirtschaftsguts von einem Dritten, Veräußerung die entgeltliche Übertragung auf einen Dritten. Eine Anschaffung bzw. Veräußerung kann auch im Wege des Tausches erfolgen. Fremdwährungsbeträge werden insbesondere angeschafft, indem sie gegen Umtausch von nationaler Währung erworben werden, und veräußert, indem sie in die nationale Währung zurückgetauscht oder in eine andere Fremdwährung umgetauscht werden. Dabei wird die Wertsteigerung im Privatvermögen in Form eines erzielten Kursgewinns nach § 23 EStG durch einen marktoffenbaren Veräußerungsvorgang realisiert und steuerbar, wenn die ausländische Währung in nationale Währung zurückgetauscht wird. In dem durch den günstigen/ungünstigen Rücktausch erhöhten/geminderten Betrag in nationaler Währung liegt der Zufluss des Veräußerungspreises i.S. von § 23 letzter Absatz i.V.m. § 11 Abs. 1 EStG (BFH-Urteil vom 21. Januar 2014 IX R 11/13, BStBl II 2014, 38 [StB 2014, 93 Ls.]).

Entsprechend dem Normzweck des § 23 EStG, den aufgrund der Veräußerung der in der Vorschrift aufgezählten Wirtschaftsgüter eintretenden Zuwachs an finanzieller Leistungsfähigkeit zu erfassen, sind Währungskursänderungen im Zeitpunkt der späteren Veräußerung bei der Ermittlung des steuerbaren Veräußerungsgewinns i.S. des § 23 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 6. November 2015 IX B 54/15, BFH/NV 2016, 194).

In einem Inlandssachverhalt, in dem ein Unternehmer ein Wirtschaftsgut gegen einen Kaufpreis in US-$ veräußert, ist der Veräußerungserlös bei der Ermittlung des zu versteuernden Gewinns unabhängig davon in DM/€ umzurechnen, ob der Verkäufer den erhaltenen Betrag bis zum Bilanzstichtag in DM/€ umgetauscht hat oder nicht (BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2008 I B 44/08, BFH/NV 2009, 940).

Stichtag der Anschaffung ist die Zahlung des Kaufpreises

cc) Übertragen auf den Streitfall bedeutet dies, dass die H durch die Veräußerung der Büroimmobilie in Höhe des Veräußerungserlöses britische Pfund angeschafft hat. Stichtag der Anschaffung ist die Zahlung des Kaufpreises am 30. November 2015.

Das Fremdwährungsguthaben ist dem Kläger anteilig zuzurechnen

b) Dieses Fremdwährungsguthaben ist dem Kläger anteilig zuzurechnen.

aa) Wirtschaftsgüter sind gemäß § 39 Abs. 1 AO dem Eigentümer zuzurechnen. Abweichend von Absatz 1 sind gemäß § 39 Abs. 2 Satz 2 Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zuzurechnen, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist.

Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zugerechnet

bb) Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. In einem solchen Fall ist der steuerrechtlichen Beurteilung nicht das Gesamthandsvermögen zugrunde zu legen; dieses ist nach der Bruchteilsbetrachtung in entsprechende Anteile der Gesellschafter an den Wirtschaftsgütern der Gesamthand umzuwandeln. Die Bruchteilsbetrachtung ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anzuwenden, wenn die maßgebliche steuerrechtliche Norm dies erfordert (BFH-Urteil vom 26. April 2012 IV R 44/09, BStBl II 2013, 142 [BB 2012, 2108 m. BB-Komm. Schmitt]).

Der Bruchteilsbetrachtung wird aufgrund der Berücksichtigung des Leistungsfähigkeitsprinzips der Einkommensteuer der Vorrang vor der Einheitsbetrachtung eingeräumt (BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 40/99, BFH/NV 2001, 17).

Eine vermögensverwaltende Personengesellschaft ist – anders als eine unternehmerisch tätige – insoweit nicht Subjekt der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung. Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO wird in diesem Fall nicht – wie bei einer mitunternehmerischen Personengesellschaft – durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG verdrängt. Aus diesem Grund hat der BFH entschieden, dass (steuerrechtlich) keine Anschaffungsvorgänge gegeben sind, wenn Miteigentümer mehrerer Grundstücke ihre Miteigentumsanteile aufgrund eines notariellen Kaufvertrages in eine Personengesellschaft mit Vermietungseinkünften einbringen, soweit die den Gesellschaftern nach der Übertragung ihrer Miteigentumsanteile nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnenden Anteile an den Grundstücken ihre bisherigen Miteigentumsanteile nicht übersteigen. Auf der anderen Seite sind Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern durch die vermögensverwaltende Personengesellschaft anteilig bei dem gewerblichen Gesellschafter zu erfassen (BFH-Urteil vom 26. April 2012 IV R 44/09, BStBl II 2013, 142 [BB 2012, 2108 m. BB-Komm. Schmitt]).

Das erworbene Fremdwährungsguthaben ist anteilig zuzurechnen

cc) Daraus folgt im Streitfall, dass das durch die Gesellschaft erworbene Fremdwährungsguthaben zur Beurteilung der Steuerbarkeit im Rahmen des § 23 EStG dem Kläger anteilig zuzurechnen ist.

Die Liquidation führte nicht zur Veräußerung oder Anschaffung

c) Durch die Liquidation der Gesellschaft erfolgte weder eine Veräußerung des Fremdwährungsguthabens noch fand eine (den Vorgang überlagernde) Anschaffung durch den Kläger statt.

Das verbleibende Vermögen der Gesellschaft ist anteilig unter den Gesellschaftern zu verteilen

aa) Nach § 161 Abs. 2 HGB finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Gemäß § 155 Abs. 1 HGB ist das nach Berichtigung der Schulden verbleibende Vermögen der Gesellschaft von den Liquidatoren nach dem Verhältnis der Kapitalanteile, wie sie sich auf Grund der Schlussbilanz ergeben, unter den Gesellschaftern zu verteilen. Das während der Liquidation entbehrliche Geld wird vorläufig verteilt, § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB.

Die Verteilung des restlichen Vermögens ist keine Anschaffung aus Sicht der Gesellschafter

bb) In der Verteilung des restlichen Vermögens unter die Gesellschafter einer in Abwicklung befindlichen Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 72 GmbHG liegt – vom Gesellschafter her gesehen – keine Anschaffung der ihm zugeteilten Vermögensgegenstände im Sinne des § 6 Abs. 1 Ziff. 5, 6 EStG (BFH, Urteil vom 21. September 1965 I 331/62 U, BStBl III 1965, 665).

Als Anschaffung iS des § 23 EStG kommt eine Erwerbshandlung des Steuerpflichtigen in Betracht, die wesentlich von seinem Willen abhängt. Keine Anschaffung ist der Erwerb kraft Gesetzes. Es kann sein, dass zwischen dem Begriff der Anschaffung nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG und dem nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht in allen Fällen volle Übereinstimmung besteht. Grundsätzlich muss jedoch im Interesse der Einheit der Rechtsordnung davon ausgegangen werden, dass der Begriff in beiden Bestimmungen identisch ist. Im Falle der Auskehrung des Gesellschaftsvermögens liegt weder nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG noch nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG eine Anschaffung vor. Obwohl die vom Willen der Gesellschafter abhängige Auflösung der Gesellschaft die Voraussetzung für die Verteilung des Gesellschaftsvermögens ist, sind die Auflösung der Gesellschaft und die Verteilung ihres Vermögens zwei verschiedene Vorgänge, die miteinander nicht vermengt werden dürfen (BFH-Urteil vom 19. April 1977 VIII R 23/75, BStBl II 1977, 712-714).

Der Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft ist kein (eigenständiges) immaterielles Wirtschaftsgut (BFH-Urteil vom 6. Mai 2010 IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261, unter II.1.a). Die gesellschaftsrechtliche Beteiligung verkörpert nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO vielmehr die quotale Berechtigung des Gesellschafters an den zum Gesamthandsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern (BFH-Urteil vom 26. April 2012 IV R 44/09, BStBl II 2013, 142 [BB 2012, 2108 m. BB-Komm. Schmitt]).

Der rechnerische Anteil am Fremdwährungsguthaben ist nicht untergegangen

cc) Dies zu Grunde gelegt, ist der rechnerische Anteil des Klägers am Fremdwährungsguthaben nicht durch die Liquidation untergegangen, sondern hat sich über den Anspruch am Liquidationserlös fortgesetzt. Die Stellung des Klägers hat sich lediglich von der eines Gesellschafters in die eines Gläubigers gewandelt.

Das wirtschaftliche Ergebnis ist dem Kläger zuzurechnen

d) Das anteilige Fremdwährungsguthaben wurde durch Umtausch und Auszahlung an den Kläger durch die H veräußert. Das wirtschaftliche Ergebnis ist dem Kläger zuzurechnen. Nicht von Bedeutung ist hierbei, dass der Kläger den Umtausch (die Veräußerung) nicht selbst vorgenommen hat, weil die H den Umtausch jedenfalls aufgrund der Anweisung und im Auftrag des Klägers vorgenommen hat.

Eine einheitliche und gesonderte Feststellung des Verlusts kommt nicht in Betracht

e) Eine einheitliche und gesonderte Feststellung des Verlustes kommt nicht in Betracht.

Eine einheitliche und gesonderte Feststellung erfolgt, wenn mehrere Personen „gemeinsam“ den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklichen

aa) Einkünfte, an denen i.S. von § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO Mehrere beteiligt sind, liegen – unter weiteren Voraussetzungen – nur dann vor, wenn mehrere Personen „gemeinsam“ den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklichen. Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft erfüllen den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nur dann „gemeinsam“, wenn die den Tatbestand des „privaten Veräußerungsgeschäfts“ konstituierenden Teilakte -die „Anschaffung“ und die „Veräußerung“- jeweils in der „Einheit der Gesellschaft“ verwirklicht werden (BFH-Urteil vom 19. November 2019 IX R 24/18, BStBl II 2020, 225 [BB 2020, 551])

bb) Unter diesen Voraussetzungen kommt eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Verluste nicht in Frage. Zwar erfolgte die Anschaffung des Fremdwährungsguthabens durch Veräußerung der Immobilie auf Ebene der Personengesellschaft in Einheit für alle Gesellschafter, dies gilt jedoch nicht für die Veräußerung. Bereits durch die Wahlmöglichkeit der Gesellschafter, sich den Liquidationserlös in Euro oder GBP auszahlen zu lassen, zeigt sich, dass die Möglichkeit und der Zeitpunkt im Hinblick auf die Realisierung eines Veräußerungsverlustes (oder Gewinns) aus dem Fremdwährungsguthaben von Gesellschafter zu Gesellschafter variieren und von der Gesellschaft unabhängig sind. Damit fehlt es an der Voraussetzung, dass der Veräußerungsakt in der Einheit der Gesellschaft verwirklicht wird.

Die Umrechnung erfolgt nach dem Euro-Referenzkurs

f) Die Umrechnung erfolgt nach dem Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank (vgl. BFH-Urteil vom 3. Dezember 2009 VI R 4/08, BStBl II 2010, 698 [RIW 2010, 415]). Da es sich vorliegend um ein privates Veräußerungsgeschäft handelt, besteht mangels Verbindlichkeit der handelsrechtlichen Vorschriften (§ 256 HGB) keine entgegenstehende Notwendigkeit der Umrechnung zum Devisenkassamittelkurs. Der EZB Referenzkurs bildet dabei – anders als der Devisenkassamittelkurs – nicht nur die Geschäftsvorfälle der festsetzenden Bank zum Stichpunkt ab, sondern basiert auf einem täglichen Konzertierungsverfahren zwischen Zentralbanken in ganz Europa. Somit ist eine höhere Gewähr der Ausmittlung gegeben. Im Übrigen besteht hinsichtlich der Umrechnung zum Referenzkurs der EZB zwischen den Beteiligten Einigkeit. Der maßgebliche Referenzkurs der EZB betrug 0,7048 GBP/€ zum Stichtag 30. November 2015.

g) Der Fremdwährungsverlust errechnet sich daher wie folgt:

„Die Anschaffungskosten der Fremdwährung betrugen zum 30. November 2015 598.450,61 GBP bei einem Wechselkurs von 1,4188 €/GBP, mithin 849.106,99 €. Zum Zeitpunkt der Auszahlung am 29. Januar 2016 wurden dem Kläger 787.167,04 € überwiesen. Dies entspricht einem gerundeten Verlust von -61.939,00 €.“

Im Tenor wird auch die Änderung der Besteuerungsgrundlagen festgehalten

2. Der Senat hält es im Hinblick auf mögliche noch zu ziehende Rechtsfolgen für angebracht, im Tenor auch die Änderung von Besteuerungsgrundlagen (Kursverluste aus Währungsgeschäften) festzuhalten.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 135 Abs. 1 FGO

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung.

 

4. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

 

stats