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Steuerrecht
22.01.2010
Steuerrecht
: Beschränkte Abziehbarkeit von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und zu berufsständischen Versorgungungseinrichtungen verfassungsgemäß

BFH, Urteil vom 9.12.2009 - X R 28/07

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 30.11.2006 - 10 K 171/06

Leitsätze

1. Im zeitlichen Geltungsbereich des Alterseinkünftegesetzes geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen sind als Sonderausgaben nur beschränkt abziehbar (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 1. Februar 2006 X B 166/05, BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420). Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Altersvorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes nicht als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden können.

EStG 2006 § 9 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 3, Abs. 4a, § 10c Abs. 2, Abs. 5, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 37 Abs. 3 Satz 5, § 39a Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 39b Abs. 2 Satz 6 Nr. 3 GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 1

Sachverhalt

A. 1Der im Jahr 1959 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer nichtselbständig tätig. Im das Streitjahr 2006 betreffenden LohnsteuerErmäßigungsverfahren beantragte er, die von ihm zu leistenden Beiträge zum Wirtschaftsprüfer-Versorgungswerk Nordrhein-Westfalen, die er als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften geltend machte, als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte einzutragen. Dies lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ab.

2Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, die Beiträge an das Versorgungswerk seien eintragungsfähige Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG). Die anders lautende Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1. Februar 2006 X B 166/05 (BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420) schreibe die Ungleichbehandlung von rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern und Beamten in der Erwerbsphase fest und berücksichtige zudem nicht das objektive Nettoprinzip.

3Die Gleichbehandlung von rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern und Beamten verlange, bei Beamten den "fiktiven Beitrag", den sie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für ihre Altersversorgung leisteten, den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit hinzuzurechnen und anschließend für diesen Betrag wie bei rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern einen (beschränkten) Sonderausgabenabzug zu gewähren.

4Der X. Senat berücksichtige auch nicht die Rechtsprechung des IX. Senats des BFH zu den Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Beamter auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 1587o des Bürgerlichen Gesetzbuchs an den anderen Ehegatten leiste. Ein Teil der rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer erlebe zudem das Rentenalter nicht. Bei diesen Steuerpflichtigen käme es durch die bloße Gewährung eines beschränkten Sonderausgabenabzugs zu einer definitiven steuerlichen Belastung, die nicht mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit korrespondiere und daher das objektive Nettoprinzip missachte.

5Die Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben und nicht als Werbungskosten wirke sich beim Verlustrücktrag und den außergewöhnlichen Belastungen aus.

6Das Abschnittsprinzip verlange, die verfassungsrechtliche Problematik der Versagung des vollen Abzugs der Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der gesetzlichen Übergangsregelung in jedem Veranlagungszeitraum zu untersuchen.

7Hilfsweise seien die Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 8.370 € als Sonderausgaben als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte einzutragen. Soweit dem § 39a EStG entgegenstehe, gebe es dafür keine sachlichen Gründe. Die Bestimmung sei daher mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar.

8Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die vom Kläger geleisteten Rentenversicherungsbeiträge seien nicht eintragungsfähige Sonderausgaben. Das objektive Nettoprinzip sei nicht verletzt.

9Ob bzw. in welchem Umfang in künftigen Jahren erlangte Renteneinnahmen entgegen dem Verbot der Doppelbesteuerung auch hinsichtlich solcher Beiträge besteuert würden, die in der Vergangenheit aus versteuertem Einkommen erbracht worden seien, sei im Streitjahr unerheblich. Diese Frage stelle sich erst ab dem Zeitpunkt des Zuflusses der steuerpflichtigen Einnahmen.

10Ein Eintrag der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen auf der Lohnsteuerkarte scheide gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 2 EStG aus. Der Unterschied zu den Einkommensteuervorauszahlungen beruhe auf der typisierend geregelten Lohnsteuererhebung und bewege sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.

11Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht geltend, es sei festzustellen, dass in dem angefochtenen Bescheid zu Unrecht die Eintragung der Rentenversicherungsbeiträge auf der Lohnsteuerkarte versagt worden sei.

12Nach der Entscheidung des BVerfG zur Pendlerpauschale setze die Befugnis des Gesetzgebers zur Schaffung neuer Regeln voraus, dass wirklich ein neues Regelwerk geschaffen werde. Lege man § 10 EStG wie der erkennende Senat aus, sei ein gebotenes Mindestmaß an konzeptioneller Neuorientierung nicht zu erkennen.

13Trotz vergleichbarem Aufwand für die spätere Versorgung würden Beamte und andere Arbeitnehmer in gleichheitswidriger Weise steuerlich unterschiedlich behandelt. Es sei sachlich nicht zu rechtfertigen, dass die Vorsorgeaufwendungen normaler Arbeitnehmer bis zum Jahr 2025 teilweise nicht abziehbar seien, der fiktive Versorgungsbeitrag von Beamten aber nicht steuerbelastet sei. Hierdurch ergebe sich bei der Gesamtschau der Erwerbs- und der Nacherwerbsphase eine Ungleichbehandlung, weil der Rentenzufluss teilweise aus versteuertem Einkommen stamme. Dieser Nachteil in der Erwerbsphase werde nicht durch Vorteile in der Nacherwerbsphase ausgeglichen, wie eine Vergleichsrechnung für einen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer mit einem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt zeige.

14Die Behandlung der Vorsorgebeiträge als nur beschränkt abziehbare Sonderausgaben nehme beitragspflichtigen Arbeitnehmern die Möglichkeit zur vertikalen Verlustverrechnung. Der im Rahmen der Übergangsregelung geltende Rentenfreibetrag bewirke zwar im Jahr des Rentenzuflusses eine Verlustverrechnung. Das zu versteuernde Einkommen sei dann aber regelmäßig geringer, was zu Progressionsnachteilen führe.

15Zu Unrecht habe das FG es als unbedenklich angesehen, dass freiwillige Beiträge an das Versorgungswerk nicht als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte einzutragen seien. Dies lasse sich nicht mit der gesetzgeberischen Befugnis zu typisierenden und generalisierenden Regelungen rechtfertigen. Es sei verwaltungstechnisch möglich, freiwillige Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk auf der Lohnsteuerkarte einzutragen.

16Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Bescheid des FA vom 6. Juni 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. August 2006 rechtswidrig sei, weil zu Unrecht sein Antrag auf Eintragung von Rentenversicherungsbeiträgen auf der Lohnsteuerkarte in Höhe von 17.500 € als Werbungskosten, hilfsweise auf Eintragung dieser Aufwendungen in Höhe von 8.370 € als Sonderausgaben abgelehnt worden sei.

17Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

18Der Gesetzgeber habe die Abziehbarkeit von Rentenversicherungsbeiträgen § 10 EStG zugeordnet. Die Frage einer Zweifachbesteuerung stelle sich erst zu Beginn der Auszahlungsphase.

Aus den Gründen

B. 19Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Feststellung, der Bescheid des FA vom 6. Juni 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. August 2006 sei rechtswidrig, wird abgelehnt. Die vom Kläger zu leistenden Beiträge zu einem berufsständischen Versorgungswerk sind keine vorab entstandenen Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften, sondern lediglich in beschränktem Umfang abziehbare Sonderausgaben. Diese können nicht auf der Lohnsteuerkarte als Freibetrag eingetragen werden.

I.20Die Revision ist zulässig. Der Kläger ist berechtigt mit ihr das Ziel zu verfolgen festzustellen, dass der angefochtene Bescheid des FA rechtswidrig gewesen ist.

211. Im Streitfall ist die Frist des § 42b Abs. 3 Satz 1 EStG, innerhalb der sich die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte 2006 beim Abzug der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber auswirken kann, Ende März 2007 abgelaufen. Für das Begehren, auf dieser Lohnsteuerkarte einen Freibetrag einzutragen, ist deshalb das Rechtsschutzbedürfnis entfallen (siehe Senatsbeschluss vom 2. November 2000 X R 156/97, BFH/NV 2001, 476).

222. Der Kläger ist jedoch berechtigt, gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zur Fortsetzungsfeststellungsklage überzugehen. Dies ist sowohl im Rahmen eines Verfahrens betreffend die Nichtzulassung der Revision als auch in einem Revisionsverfahren möglich (BFH-Entscheidungen vom 15. Dezember 2004 VIII B 181/04, BFH/NV 2005, 896, und vom 21. Februar 2006 IX R 78/99, BFHE 212, 8, BStBl II 2006, 399).

23Dem Kläger fehlt nicht das für ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren erforderliche berechtigte Interesse (vgl. hierzu Senatsbeschluss in BFH/NV 2001, 476). Er hat dargelegt, dass er weiterhin als Arbeitnehmer beschäftigt ist und Beiträge an das oben genannte Versorgungswerk leistet. Das berechtigte Interesse des Klägers liegt daher in der Gefahr, dass das FA ihm weiterhin die Eintragung seiner Beiträge auf der Lohnsteuerkarte versagt (vgl. hierzu Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 100 Rz 60, m.w.N. aus der Rechtsprechung).

II.

24Die vom Kläger an ein berufsständisches Versorgungswerk zu leistenden Rentenversicherungsbeiträge sind lediglich in beschränktem Umfang als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. Abs. 3 EStG abzuziehen.

25Die Vorschriften zur steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen im Geltungsbereich des Alterseinkünftegesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427) --AltEinkG-- sind sowohl im Hinblick auf ihre endgültige Ausgestaltung als auch in Bezug auf die getroffene Übergangsregelung verfassungsmäßig.

261. Mit Beschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420 hatte der erkennende Senat entschieden, es sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass im zeitlichen Anwendungsbereich des AltEinkG ab dem 1. Januar 2005 geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) als Sonderausgaben nach näherer Maßgabe der Überleitung in die sog. nachgelagerte Besteuerung nur beschränkt abziehbar seien. Bei summarischer Beurteilung bestünden gegen diese gesetzliche Regelung keine durchgreifenden Bedenken.

27Dieser Auffassung sind die Finanzgerichte gefolgt (FG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2006 12 K 2253/06, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2007, 836; Niedersächsisches FG, Urteil vom 28. August 2007 15 K 30254/06, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2008, 1372; FG Nürnberg, Urteil vom 1. August 2007 VII 51/2006, nicht veröffentlicht --n.v.--; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2007 1 K 1665/06, EFG 2008, 1037; Hessisches FG, Beschluss vom 31. Januar 2007 1 V 3571/06, n.v.; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Juni 2008 10 V 2450/08, Deutsche Steuer-Zeitung/Eildienst 2008, 628). Dem hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen (Aktualisierung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 24. Februar 2005, BStBl I 2005, 429 durch Schreiben vom 30. Januar 2008, BStBl I 2008, 390). Die Literatur lehnt die Senatsauffassung dagegen überwiegend ab (Schmidt/Drenseck, EStG, 28. Aufl., § 9 Rz 38; Hallerbach, Steuern und Bilanzen --StuB-- 2006, 305; Horlemann, Finanz-Rundschau --FR-- 2006, 1075; Schneider/Bahr, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer --INF-- 2006, 386; Paus, FR 2006, 584; Heuermann, Der Betrieb --DB-- 2006, 688 für die Zeit nach Ablauf der Übergangsregelung; dagegen P. Fischer, Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 3, S. 13895; ders. in FR 2007, 76; differenzierend Söhn, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff --KSM--, EStG, § 10 Rz E 272 ff.; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 10 EStG Rz 122 und 335 ff.; Dreher, Das Alterseinkünftegesetz, 2006, S. 79 ff.).

28Der erkennende Senat hält auch im Rahmen der abschließenden Prüfung der Problematik an seiner im Beschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420 vertretenen Rechtsauffassung fest. Weder die endgültige Regelung der Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in der Begrenzung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG (unten 2.) noch die den Kläger treffende Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG (unten 3.) verstoßen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG sowie gegen das objektive und subjektive Nettoprinzip.

292. Mit den gesetzlichen Neuregelungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG hat der Gesetzgeber den Vorgaben des BVerfG im Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73) Rechnung getragen. Das BVerfG hatte die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG in der vor dem AltEinkG geltenden Fassung einerseits und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits teilweise für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben, die Rechtslage bis zum Jahresbeginn 2005 zu bereinigen.

30a) § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG regelt die Abziehbarkeit von Beiträgen zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und anderer Altersvorsorgeaufwendungen. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bestimmt: "Zu den Beiträgen nach Buchstabe a und b ist der nach § 3 Nr. 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen." Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 EStG sind Vorsorgeaufwendungen nach Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 bis zu 20.000 € zu berücksichtigen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag (§ 10 Abs. 3 Satz 2 EStG). Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG gehören oder Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 4 EStG erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben, um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht (§ 10 Abs. 3 Satz 3 EStG).

31Die endgültige Ausgestaltung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen besteht daher aus drei Elementen: der Zuordnung der Altersvorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben (unten b), der Begrenzung des steuerlichen Abzugs der Vorsorgeaufwendungen auf 20.000 € bzw. im Falle der Zusammenveranlagung auf 40.000 € (unten c) sowie der Hinzurechnung des nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der Ermittlung der geleisteten Vorsorgeaufwendungen (unten d). Alle drei Regelungen sind unter Berücksichtigung der nachfolgenden verfassungsrechtlichen Grundsätze nicht zu beanstanden.

32Im Bereich des Steuerrechts, insbesondere des Einkommensteuerrechts, wird die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 105, 73, 125; vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, 433; vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, 46; vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, 180, und vom 7. November 2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, 30). Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Besteuerung niedrigerer Einkommen angemessen abgestuft werden muss (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, 47; vom 16. März 2005 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, 279, jeweils m.w.N.). Dabei muss eine gesetzliche Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne von Belastungsgleichheit umgesetzt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, 47; in BVerfGE 116, 164, 180). Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 30. September 1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 95; vom 11. November 1998 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, 290; in BVerfGE 107, 27, 47; in BVerfGE 116, 164, 180; BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 126).

33b) Die gesetzliche Zuweisung der Altersvorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben in § 10 EStG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, obwohl die Altersvorsorgeaufwendungen ihrer Rechtsnatur nach in erster Linie vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften i.S. des § 22 EStG sind.

34aa) Vorweggenommene Werbungskosten liegen nach der Rechtsprechung des BFH dann vor, wenn Aufwendungen in einem hinreichend klaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart stehen (BFH-Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind bei den ab dem Veranlagungszeitraum 2005 geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen gegeben.

35Der Gesetzgeber hat bei der im AltEinkG verwirklichten Rentenbesteuerung das Prinzip der "intertemporalen Korrespondenz" zugrunde gelegt. Altersrenten sind als solche steuerbar. Zu berücksichtigen sind --wenn auch zeitlich versetzt-- alle Aufwendungen und alle Erträge. Im Grundsätzlichen hat sich der Gesetzgeber damit von dem für die Rentenbesteuerung bis zum Veranlagungszeitraum 2004 maßgeblichen Versicherungsprinzip und der Ertragsanteilsbesteuerung (Zinsbesteuerung) gelöst. Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Senatsurteil vom 26. November 2008 X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.a bb (1)). Damit sind Altersvorsorgeaufwendungen ihrer Rechtsnatur nach Erwerbsaufwendungen, soweit sie mit künftigen (steuerbaren) Renteneinnahmen im Zusammenhang stehen.

36Der Werbungskostencharakter wird demzufolge auch von der ganz überwiegend vertretenen Rechtsansicht (vgl. z.B. Abschlussbericht der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen --Sachverständigenkommission--, BMF-Schriftenreihe Bd. 74, S. 21; Söhn, in: KSM, a.a.O., § 10 Rz E 276 ff.; HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 122; Heuermann, DB 2006, 688; Ruland in Festschrift für Selmer 2004, 889, 897; Söhn, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2003, 332; Weber-Grellet, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2004, 1721, 1725; a.A. P. Fischer, Betriebs-Berater 2003, 873, 877) bejaht.

37bb) Der Gesetzgeber hat jedoch durch die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG getroffene Regelung die Altersvorsorgeaufwendungen mit konstitutiver Wirkung den Sonderausgaben zugeordnet. Er hat für diese Aufwendungen --unabhängig von ihrer Rechtsnatur-- eine Sonderregelung getroffen, die als lex specialis eine Sperrwirkung gegenüber der generellen Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG entfaltet.

38aaa) Der erkennende Senat hat dies in seinem Beschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420, unter II.5. unter Hinweis auf den Wortlaut der Norm, den systematischen Zusammenhang und den Willen des Gesetzgebers, der sich in der Norm niedergeschlagen hat, ausführlich begründet, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug genommen wird (zustimmend Dreher, a.a.O., S. 105; HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 122 a.E.; Söhn, in: KSM, a.a.O., § 10 Rz E 315 f.; ders., FR 2006, 905, 912; a.A. Hallerbach, StuB 2006, 305; Horlemann, FR 2006, 1075; Paus, FR 2006, 584, und Schneider/Bahr, INF 2006, 386).

39bbb) Diese Beurteilung ändert sich auch nicht dadurch, dass --was der angerufene Senat in dem vorstehenden Beschluss noch offengelassen hatte-- die Altervorsorgeaufwendungen im Wesentlichen den Rechtscharakter von vorweggenommenen Werbungskosten haben. Zwar ordnet § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG an, dass die in § 10 EStG genannten Aufwendungen dann keine Sonderausgaben sind, wenn sie Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind oder wie solche behandelt werden.

40Im Gegensatz dazu nimmt § 10 Abs. 3 EStG Bezug auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG genannten Vorsorgeaufwendungen und normiert ausdrücklich ihre beschränkte Abziehbarkeit als Sonderausgabe.

41ccc) Um dem in dem Gesetzgebungsverfahren unmissverständlich zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers zur Geltung zu verhelfen, ist das widerstreitende Verhältnis von § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG nach dem Grundsatz vom Vorrang der speziellen Norm nur in der Weise aufzulösen, dass die in § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG enthaltene spezielle Zuweisung zu den Sonderausgaben dem Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 EStG vorgeht. Nur so wird der vollständige Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen als steuermindernder Aufwand vermieden. Jedes andere Ergebnis hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt (vgl. BTDrucks 15/2150, S. 22). Entgegen der Auffassung des Klägers ist daher die Formulierung in § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG, der sich ergebende Betrag sei ... "als Sonderausgabe abziehbar", nicht "redundant".

42Dies lässt sich nicht nur der Höchstbetragsregelung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG, sondern auch der Übergangsregelung entnehmen. Die gesetzgeberische Intention, in der ab dem Jahr 2005 beginnenden Übergangsphase Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und andere Altersvorsorgeaufwendungen nicht in vollem Umfang als Werbungskosten, sondern prozentual begrenzt als Sonderausgaben zum Abzug zuzulassen, belegt zudem die in § 10 Abs. 4a EStG vorgesehene Günstigerprüfung: Auch diese hätte keinen sinnvollen Anwendungsbereich, wenn die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ohnehin ganz oder überwiegend als vorweggenommene Werbungskosten abziehbar wären. Ein solcher Anwendungsbereich ergäbe sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht für den Fall, dass im Jahr 2005 Altersvorsorgeaufwendungen für die Vorjahre nachzuzahlen wären. Maßgebend für die rechtliche Beurteilung solcher Aufwendungen ist das Jahr, in dem sie geleistet werden (§ 11 Abs. 2 EStG).

43ddd) Hierin liegt auch der Unterschied zu den Urteilen des IX. Senats des BFH vom 8. März 2006 IX R 107/00 (BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446) und IX R 78/01 (BFHE 212, 514, BStBl II 2006, 448). Dort waren Ausgleichszahlungen zu beurteilen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Beamter an seinen Ehegatten leistet, um eine Kürzung seiner Versorgungsbezüge zu vermeiden. Diese Ausgleichszahlungen fallen nicht unter die spezielle gesetzliche Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG und unterliegen somit auch nicht der gesetzlich angeordneten beschränkten Abziehbarkeit.

44eee) Diese Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des VI. Senats des BFH, wonach der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben hat, so dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG keine Sperrwirkung für einen Abzug entfaltet (so bereits BFH-Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N., und Urteile vom 18. Juni 2009 VI R 14/07, BFHE 225, 393, VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797, VI R 79/06, n.v., VI R 6/07, BFH/NV 2009, 1796, VI R 49/07, BFH/NV 2009, 1799). Diese Aussage des VI. Senats bezieht sich zunächst nur auf den Bereich der Berufsausbildungskosten und muss zudem vor dem Hintergrund der Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und der Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753) gesehen werden. Der Gesetzgeber orientierte sich dabei weitgehend an der ab dem Jahr 2002 geänderten Rechtsprechung des BFH, nach der Aufwendungen für berufliche Bildungsmaßnahmen, die nach der ersten Berufsausbildung bzw. einem Erststudium stattfinden, zum Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzug zugelassen werden. Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und für das Erststudium werden dagegen typisierend den Lebensführungskosten zugerechnet (Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung, BTDrucks 15/3339, S. 10). Danach sind nur die Berufsausbildungskosten, die Aufwendungen i.S. des § 12 Nr. 5 EStG darstellen und damit keine Werbungskosten und Betriebsausgaben sind, als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar. Zu einer Kollision zwischen § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG kann es daher --nach Auffassung des Gesetzgebers-- gar nicht erst kommen, so dass sich auch die Frage einer Sperrwirkung nicht stellt.

45Demgegenüber kommt im Bereich der Altersvorsorgeaufwendungen --insbesondere durch § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG-- eindeutig der Wille des Steuergesetzgebers zum Ausdruck, die Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben nur im begrenzten Umfang zum Abzug zuzulassen. Damit ordnet er die Altersvorsorgeaufwendungen trotz ihres Werbungskostencharakters abweichend von § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG den Sonderausgaben zu, so dass § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG insoweit gegenüber § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG keine Sperrwirkung entfalten kann.

46cc) Dass der Gesetzgeber die Vorsorgeaufwendungen trotz ihrer Rechtsnatur konstitutiv den Sonderausgaben und nicht den Werbungskosten zugewiesen hat, mag steuersystematisch bedenklich sein; verfassungsrechtlich ist die Zuweisung jedoch nicht von vornherein unzulässig, da keine Grundgesetznorm eine entsprechende Zuordnung fordert (so auch Musil, StuW 2005, 278, 280; Söhn/Müller-Franken, StuW 2000, 442, 445; Söhn, FR 2006, 905, 908 f.). Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht die systematisch richtige Einordnung steuermindernder Aufwendungen, sondern entscheidend sind die im Wesentlichen gleichen steuerlichen Auswirkungen (BVerfG-Beschluss vom 19. Februar 1991 1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395 zur Steuerfreiheit von Beihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG im Vergleich zur Abziehbarkeit von Krankheitsaufwendungen nach § 33 EStG).

47Eine systemwidrige Einordnung der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben kann demzufolge dann verfassungsrechtlich relevant sein und einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen, wenn die daraus resultierenden unterschiedlichen Rechtsfolgen zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung der Altersvorsorgeaufwendungen im Vergleich zu anderen vorweggenommenen Werbungskosten führen.

48aaa) Die steuerliche Einordnung von Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben gegenüber einer Behandlung als vorweggenommene Werbungskosten führt in den folgenden Einzelfällen zu unterschiedlichen Rechtsfolgen: Es ist einem Steuerpflichtigen verwehrt, Verluste, die im Fall des Ansatzes von Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften gemäß § 22 EStG eintreten würden, im Wege des Verlustvor- oder -rücktrags gemäß § 10d EStG zu berücksichtigen, wenn ihm anderweitige positive Einkünfte zum Verlustausgleich nicht oder nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Auch bewirkt die Behandlung als Sonderausgabe, dass bei der Bemessungsgrundlage für die zumutbare Eigenbelastung i.S. des § 33 EStG die Altersvorsorgebeiträge unberücksichtigt bleiben. Umgekehrt führt der im Falle des Sonderausgabenabzugs höhere Betrag des Gesamtbetrags der Einkünfte dazu, dass von dem Steuerpflichtigen geleistete Spendenbeträge in weitergehendem Umfang gemäß § 10b EStG abziehbar sind.

49bbb) Art. 3 Abs. 1 GG verbietet die ungleiche Behandlung von wesentlich Gleichem und die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (BVerfG-Entscheidungen vom 24. April 1991 1 BvR 1341/90, BVerfGE 84, 133, 157 f.; vom 15. Juli 1998 1 BvR 1554/89 u.a., BVerfGE 98, 365, 385). Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, unter C.I., m.w.N.).

50ccc) Für die unterschiedliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen und anderer vorweggenommener Werbungskosten besteht ein sachlicher Grund.

51In den Altersvorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sind regelmäßig nicht nur Beiträge enthalten, die der Absicherung des Steuerpflichtigen für den Fall der Erwerbsunfähigkeit und des Alters sowie der Absicherung seiner Hinterbliebenen dienen. Die Beiträge haben daher nicht ausschließlich Werbungskostencharakter.

52Die gesetzliche Rentenversicherung gewährt nach dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" auch Leistungen der medizinischen Rehabilitation und der Teilhabe am Arbeitsleben, wenn hierdurch die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann (§ 9 Abs. 1 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung --SGB VI--). Das Leistungsspektrum ist im Zweiten Unterabschnitt des Zweiten Kapitels des SGB VI in den §§ 13 bis 32 geregelt. Der Beitragsanteil, der diese Leistungen finanziert, stellt keine vorweggenommenen Werbungskosten dar, weil die erhaltenen Leistungen nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen führen (vgl. z.B. für das Übergangsgeld gemäß §§ 20 f. SGB VI § 3 Nr. 1 Buchst. c EStG). Dasselbe gilt für den Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung, den ein freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherter Rentner gemäß § 106 SGB VI erhält und der nach § 3 Nr. 14 EStG steuerfrei ist. Die einheitliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben macht eine Beitragsaufteilung entbehrlich und dient damit der Praktikabilität.

53Es kann dahinstehen, ob solche Leistungen auch von den anderen in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG genannten Versorgungseinrichtungen erbracht werden (vgl. zu Rehabilitationsmaßnahmen z.B. § 11 Abs. 2, § 15 der Satzung des Versorgungswerks der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer im Lande Nordrhein-Westfalen in der Fassung des Beschlusses vom 24. Juni 2009, WPK-Magazin 3/2009). Jedenfalls war der Gesetzgeber berechtigt, alle Beiträge, die im Rahmen des sog. Drei-Schichtenmodells zur sog. Basisversorgung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG erbracht werden, steuerlich einheitlich zu regeln (Sachverständigenkommission, S. 21, 24 ff.).

54Hinzu kommt, dass die Altersvorsorgeaufwendungen nach Ansicht des erkennenden Senats eine "Doppelnatur" (so auch Weber-Grellet, DStR 2004, 1721, 1725) haben. Sie gewähren bereits vor Eintritt des Rentenfalls Rechte, die einem Versicherungsschutz gleichkommen. Durch sie werden Anwartschaften begründet, die mit Abschluss der Erwerbsphase zu einer geldwerten Rechtsposition erstarken (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 124). Sie führen daher bereits in der Erwerbsphase in gewisser Hinsicht zu einer Vermögensbildung. Auch aus diesem Grund erscheint die Beibehaltung der Einordnung der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben trotz des Systemwechsels zur nachgelagerten Besteuerung vertretbar.

55ddd) Die vorstehend dargestellten Erwägungen rechtfertigen die konstitutive Zuordnung der Altersvorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben, zumal die oben dargestellten unterschiedlichen Rechtsfolgen zwischen der Behandlung als Werbungskosten oder als Sonderausgaben nicht besonders gravierend sind. Es handelt sich zudem eher um Ausnahmefälle, so dass vor allem vor dem Hintergrund der Praktikabilität die Nachteile hinzunehmen sind (a.A. Söhn, in: KSM, a.a.O., § 10 Rz E 327).

56c) Gegen die gesetzliche Begrenzung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen auf 20.000 € bzw. 40.000 € in § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Es liegt weder ein Verstoß gegen das objektive noch gegen das subjektive Nettoprinzip vor.

57aa) Ein tragendes Strukturelement des Einkommensteuerrechts ist das objektive Nettoprinzip. Danach werden Einnahmen nicht brutto, sondern nur gekürzt um damit im Zusammenhang stehende Erwerbsaufwendungen der Besteuerung unterworfen (BVerfG-Entscheidungen vom 2. Oktober 1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58, und vom 23. Januar 1990 1 BvL 4-7/87, BVerfGE 81, 228). Zwar kennt das geltende Einkommensteuerrecht eine Reihe von Abzugsverboten für bestimmte Aufwendungen trotz betrieblicher bzw. beruflicher Veranlassung. Solche Abzugsverbote bedürfen jedoch stets eines besonderen, verfassungsrechtlich tragfähigen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, m.w.N.).

58Es kann dahingestellt bleiben, ob in dem Bereich der Sonderausgaben das Nettoprinzip überhaupt zum Tragen kommen kann. Da aber die Aufwendungen ohne die konstitutive Zuordnung zu den Sonderausgaben im Wesentlichen als Werbungskosten abziehbar gewesen wären, kann sich der Gesetzgeber durch eine von ihm gewählte anderweitige systematische Zuordnung nicht einer folgerichtigen Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben und damit der Geltung des objektiven Nettoprinzips entziehen (vgl. dazu auch BVerfG-Beschluss in BVerfGE 112, 268).

59Das objektive Nettoprinzip ist nicht verletzt, die gesetzliche Begrenzung des Abzugs der Altersvorsorgeaufwendungen in § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG auf den Höchstbetrag von 20.000 € (40.000 € im Falle von zusammenveranlagten Ehegatten) ist sachlich gerechtfertigt.

60Der Gesetzgeber hielt diese Begrenzung auf ein Volumen, das weit oberhalb der Höchstbeträge zur gesetzlichen Rentenversicherung liegt, zur Verhinderung von Missbräuchen für geboten (BTDrucks 15/2150, S. 22, 34). Dies ist jedenfalls nicht sachwidrig (ebenso Söhn, StuW 2003, 332, 336; Risthaus, DB 2004, 1329, 1331; Weber-Grellet, DStR 2004, 1721, 1726; a.A. Dreher, a.a.O., S. 121). Die Annahme, das Risiko des vorzeitigen Versterbens und der damit verbundene Totalverlust des eingezahlten Kapitals verhinderten einen Missbrauch (Sachverständigenkommission, S. 25; Söhn, FR 2006, 905, 911), ist jedenfalls nicht zwingend. Dorenkamp (Nachgelagerte Besteuerung von Einkommen, Schriften zum Steuerrecht, Bd. 78, 283) hat dargelegt, dass angesichts der Größenordnung der Belastungsunterschiede zwischen nachgelagerter und traditioneller Besteuerung die Umschichtung erheblicher Beträge in Rentenversicherungsprodukte jedenfalls bei jüngeren Steuerpflichtigen nicht auszuschließen sei. Es ist Sache des Gesetzgebers, die künftige Entwicklung von Sachverhalten zu beurteilen. Dabei kommt ihm ein weiter Prognose- und Einschätzungsspielraum zu (BVerfG-Urteil vom 10. Juni 2009 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08, Neue Juristische Wochenschrift 2009, 2033, m.w.N. aus der BVerfG-Rechtsprechung).

61bb) Die nur beschränkte Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen verletzt nicht das aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) abzuleitende subjektive Nettoprinzip. Danach muss dem Steuerpflichtigen ein "staatsfreies Existenzminimum" verbleiben. Bestimmte zwangsläufige Aufwendungen müssen, auch wenn sie in den Bereich der privaten Lebensführung fallen, steuerlich verschont werden (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27; vgl. auch zur steuerlichen Freistellung von Beiträgen zu privaten Versicherungen für den Krankheits- und Pflegefall BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125).

62Der Gesetzgeber ist dieser Verpflichtung durch das AltEinkG nachgekommen. Die Aufwendungen für die Zeit ab dem Jahr 2025 sind bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 € bzw. im Fall der Zusammenveranlagung von 40.000 € vollständig steuerlich abziehbar. Die Begrenzung ist unter dem Gesichtspunkt des subjektiven Nettoprinzips nicht zu beanstanden, das die steuerliche Freistellung von zwangsweise entstehendem existenzsichernden Aufwand verlangt. Messgröße hierfür ist das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter C.II.3.). Da der Höchstbetrag von 20.000 € bzw. 40.000 € den Höchstbetrag zur gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten erheblich übersteigt (BTDrucks 15/2150, S. 22; im Jahr 2009 in den alten Bundesländern 12.895 € [5.400 x 12 x 19,9 %]), beruhen darüber hinausgehende Beiträge lediglich auf einer freiwilligen Entscheidung des Steuerpflichtigen, Rentenansprüche zu erwerben, die über die bloße Existenzsicherung hinausgehen. Die Höchstbetragsregelung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG verletzt daher das subjektive Nettoprinzip nicht.

63d) Die Hinzurechnung der steuerfreien Arbeitgeberbeiträge bei der Ermittlung der Höhe der Vorsorgeaufwendungen verstößt ebenso wenig gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG wie die Nichteinbeziehung von fiktiven Beiträgen zur Beamtenversorgung in die Höchstbetragsberechnung.

64aa) Die Einbeziehung der Arbeitgeberanteile in die Berechnung des abziehbaren Höchstbetrags beruht auf einem sachgerechten Grund. Sie soll gewährleisten, dass zwei Steuerpflichtige, von denen nur einer einen steuerfreien Arbeitgeberanteil oder -zuschuss erhalten hat, hinsichtlich des Gesamtaufwands für die Altersversorgung im Ergebnis in gleichem Umfang steuerlich freigestellt werden. Insofern dient die Einbeziehung der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer mit den Selbständigen, die für ihre Altersversorgung selbst aufkommen müssen.

65Die Einbeziehung des Arbeitgeberanteils in die Höchstbetragsberechnung führt nicht dazu, dass dieser dem steuerpflichtigen Arbeitslohn gleichgestellt wird. Der erkennende Senat sieht die Ursache dieser rechnerischen Einbeziehung vielmehr darin, dass dem Steuerpflichtigen, für den kein Arbeitgeberbeitrag geleistet wird, höhere Abzugsmöglichkeiten seiner Altersvorsorgeaufwendungen gewährt werden müssen, um zu einer Gleichbehandlung zu kommen. Die Einbeziehung der Arbeitgeberanteile ist lediglich eine Berechnungsmethode zur Umsetzung dieses Ziels; sie beantwortet nicht die Frage, ob Arbeitgeberanteile steuerbare und grundsätzlich steuerpflichtige Einkünfte sind.

66aaa) Dadurch, dass der erkennende Senat die Einbeziehung der Arbeitgeberanteile in die Höchstbetragsberechnung für sachgerecht hält, weicht er nicht von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ab, die den Arbeitgeberanteil lediglich als systemnützig ansieht. Der Arbeitnehmer erlangt nach dieser Rechtsprechung keinen eigenen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil, so dass er auch eine entsprechende Beitragserstattung nicht verlangen kann (BSG-Urteil vom 29. Juni 2000 B 4 RA 57/98 R, BSGE 86, 262). Auch besteht kein Widerspruch zur Rechtsprechung des VI. Senats des BFH, die § 3 Nr. 62 EStG nur deklaratorischen Charakter beimisst (Urteil vom 6. Juni 2002 VI R 178/97, BFHE 199, 524, BStBl II 2003, 34).

67bbb) Zum einen hat das BVerfG ausdrücklich offengelassen, ob die Sichtweise, dass die Arbeitgeberbeiträge von vornherein nicht Teil des steuerbaren Einkommens sind, verfassungsrechtlich zwingend ist (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 120, 125, und in BVerfGE 105, 73).

68ccc) Zum anderen ist, selbst wenn man die Grundsätze der Entscheidungen des BSG und des VI. Senats des BFH zugrunde legt, die ständige Rechtsprechung des BVerfG zu berücksichtigen, nach der auch die Arbeitgeberanteile dem versicherten Arbeitnehmer als eigene Leistungen zuzurechnen sind und dem Schutzbereich des Art. 14 GG unterfallen (BVerfG-Urteile vom 16. Juli 1985 1 BvL 5/80, 1 BvR 1023, 1052/83 und 1227/84, BVerfGE 69, 272, 302, betreffend Renten- und Krankenversicherung; vom 28. April 1999 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95, BVerfGE 100, 1, 35). Danach dienten die Beiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) zur Rentenversicherung nach Einführung des Umlageverfahrens (ab 1969) zwar der Finanzierung der zur Zeit der Beitragsentrichtung fälligen Rentenzahlungen; gleichwohl erwerbe der Beitragszahler sein Anrecht auf Bezug der Rente, d.h. seinen staatlich garantierten Anspruch gegen die Versichertengemeinschaft, nicht erst bei deren Anlaufen in einem Akt, sondern mit den Beitragszahlungen wachsend während des Versicherungsverlaufs. Deren absolute Höhe (einschließlich der Arbeitgeberanteile) habe auch im System des Umlageverfahrens insofern für den Wert der erworbenen Teile des Rentenrechts Bedeutung, als sie die Rangstelle des Versicherten innerhalb der Versichertengemeinschaft festlegten (BVerfG-Beschluss vom 26. März 1980 1 BvR 121, 122/76, BVerfGE 54, 11, 27 f.). Hiermit übereinstimmend hat das BVerfG --in Kenntnis des BSG-Urteils in BSGE 86, 262-- dargelegt, dass auch der Arbeitgeberanteil "letztlich einen Teil der Gegenleistung bilde, die sich der Arbeitnehmer erarbeiten müsse"; demgemäß sei der Erwerb des Anwartschaftsrechts (auf Leistungen aus der Sozialversicherung) das unmittelbare wirtschaftliche Ergebnis der Arbeits- und Dienstleistung (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73). Dementsprechend hat auch der IV. Senat des BFH mit Urteil vom 30. August 2007 IV R 14/06 (BFHE 219, 36, BStBl II 2007, 942) erkannt, dass es bei der Beurteilung des Arbeitgeberanteils im Zusammenhang mit einem Dienstvertrag als Sonderbetriebseinnahme ausreichend sei, den in Frage stehenden Vorteil bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die erbrachte Tätigkeit zu werten.

69ddd) Hinzu kommt, dass die Regelung zur Ermittlung der Höchstbeträge nicht nur die Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung umfasst, sondern auch die Beiträge zu den berufsständischen Versorgungswerken, die im Streitfall zu beurteilen sind. Hier dürfte nicht zu bestreiten sein, dass der Arbeitnehmer einen unmittelbaren Vorteil durch den Arbeitgeberbeitrag erhält. Es ist dem Gesetzgeber daher nicht verwehrt, dieses im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit zu berücksichtigen.

70bb) Die steuerliche Gleichbehandlung der Vorsorgeaufwendungen von Arbeitnehmern auf der einen und von solchen der Beamten auf der anderen Seite wird durch die Einbeziehung des Arbeitgeberanteils in die Höchstbetragsberechnung herbeigeführt. Die von dem Dienstherrn gewährleistete Altersversorgung in Form der Beamtenversorgung wird bei den Beamten über einen anderen Mechanismus, nämlich die Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG, berücksichtigt. Nach dieser Vorschrift ist der Höchstbetrag von 20.000 € (40.000 €) für die Personen, die im Zusammenhang mit ihrer Berufstätigkeit ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf Altersvorsorge erhalten, um den Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung zu kürzen. Bei ihnen können danach Altersvorsorgeaufwendungen nur noch in Höhe des Differenzbetrags zwischen dem fiktiven gesetzlichen Beitrag und dem Höchstbetrag steuerlich berücksichtigt werden. Hierdurch wird für diese Steuerpflichtigen die Abziehbarkeit von (weiteren) Vorsorgeaufwendungen im gleichen Ausmaß eingeschränkt wie für Arbeitnehmer und Selbständige (vgl. dazu die Beispiele bei Risthaus, DB 2004, 1329, 1332).

713. Die begrenzte Abziehbarkeit seiner Altersvorsorgeaufwendungen im Rahmen der Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG ist verfassungsmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

72a) Das BVerfG hat in seinem Urteil in BVerfGE 105, 73 (unter D.II.) dem Gesetzgeber aufgegeben, sich im Rahmen der Neuregelung der Renten und Pensionen für ein Lösungsmodell zu entscheiden und dieses folgerichtig auszugestalten. Sowohl bei den weichenstellenden Grundentscheidungen als auch im Hinblick auf Art und Maß vertrauensschützender Übergangsregelungen sei der weite gesetzgeberische Gestaltungsraum nicht unbegrenzt. In jedem Fall seien die Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden werde. Im Übrigen sei auch für die Abwägung zwischen den Erfordernissen folgerichtiger Ausrichtung der Einkommensbesteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen ein weiter gesetzgeberischer Entscheidungsraum eröffnet (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 134 f.).

73b) Nach der Übergangsregelung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 EStG sind im Kalenderjahr 2005 die nach § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG ermittelten Vorsorgeaufwendungen mit 60 % anzusetzen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG ist der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, als Sonderausgabe abziehbar. Der in § 10 Abs. 3 Satz 4 EStG genannte Prozentsatz erhöht sich nach Satz 6 der Vorschrift in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2025 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr.

74c) Die Übergangsregelung in Bezug auf die Altersvorsorgeaufwendungen steht in untrennbarem Zusammenhang mit der Regelung der Besteuerung der ab dem Jahr 2005 zufließenden Renten gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Der Besteuerungsanteil der Renten bestimmt sich nach dem Kohortenprinzip, also für alle Rentner einheitlich nach dem Jahr des Beginns ihrer Rente. Für alle Renten, die vor dem Jahr 2040 beginnen, bleibt nach der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG enthaltenen Tabelle ein bestimmter Teil der Rente, der durch regelmäßige Rentenerhöhungen nicht beeinflusst wird, dauerhaft steuerfrei (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG).

75d) Die Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG wird zum einen charakterisiert durch eine begrenzte und nur allmählich ansteigende steuerliche Abzugsmöglichkeit der Vorsorgeaufwendungen bis zu deren vollen Berücksichtigung ab dem Jahr 2025 und zum anderen durch die von Beginn an vollständige Einbeziehung des Arbeitgeberanteils in die Berechnung der maximal abziehbaren Aufwendungen. Dies führt dazu, dass ein Arbeitnehmer, wie der Kläger, im Streitjahr 2006 seine an ein berufsständisches Versorgungswerk zu leistende Beiträge nicht mit 62 %, sondern diesen Betrag nur gekürzt um den steuerfrei geleisteten Zuschuss seines Arbeitgebers steuerlich geltend machen kann.

76e) Die Übergangsregelung entspricht noch den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie verstößt nicht gegen das objektive Nettoprinzip (unten aa), solange das strikt zu beachtende Verbot der Doppelbesteuerung eingehalten wird (unten bb). Ein Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip liegt nicht vor (unten cc). Der Mechanismus der Einbeziehung der Arbeitgeberbeiträge in die Höchstbetragsberechnung kann im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG noch gerechtfertigt werden (unten dd).

77aa) Die Übergangsregelung weicht zwar von dem nach dem objektiven Nettoprinzip maßgeblichen Veranlassungsprinzip ab, da im Jahr 2006 die Altersvorsorgeaufwendungen nur in dem vorstehend geschilderten Umfang steuerlich abzugsfähig sind.

78aaa) Ein wichtiger Grund für die nur begrenzte Abzugsfähigkeit und die gewählte Stufenlösung ist, dass eine sofortige Abziehbarkeit der Beiträge zu Leibrentenversicherungen für die öffentlichen Haushalte nicht finanzierbar gewesen wäre, da es sofort zu einer Minderung der Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe gekommen wäre (BTDrucks 15/2150, S. 22).

79bbb) Der Gesetzgeber durfte bei der Einschränkung der Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen die Finanzierbarkeit der Neuregelung für die öffentlichen Haushalte berücksichtigen und insofern das Nettoprinzip einschränken. Zwar hat das BVerfG in ständiger Rechtsprechung das Ziel der Einnahmenvermehrung für sich genommen nicht als hinreichenden sachlichen Grund für die Beschränkung des Abzugs betrieblich bzw. beruflich veranlasster Aufwendungen von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage anerkannt (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, m.w.N.).

80Im vorliegenden Fall handelt der Gesetzgeber aber nicht mit dem Ziel der Einnahmenvermehrung, sondern mit dem Ziel, ausgehend von einer nicht systemgerechten Regelung eine nunmehr verfassungskonforme Ausgestaltung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorge und Alterseinkünfte zu erreichen, ohne durch die damit verbundenen Mindereinnahmen die öffentlichen Haushalte zu gefährden (BTDrucks 15/2150, S. 22). Das BVerfG selbst hat in seinem Urteil in BVerfGE 105, 73, 135 ausdrücklich gefordert, dass sich der Gesetzgeber bei der Übergangsregelung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und an den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen orientiert. Insoweit konnte und musste die Finanzierbarkeit der Neuregelung bei der Übergangsregelung berücksichtigt werden.

81ccc) Hinzu kommt, dass es sich bei den Regelungen des AltEinkG um eine vollständige --vom BVerfG selbst geforderte-- in sich systemgerechte Neugestaltung der Besteuerung der Altersvorsorge und der Alterseinkünfte handelt. Eine solche Neugestaltung enthält notwendigerweise einen (teilweisen) Systemwechsel. Die dem Steuergesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit umfasst dann von Verfassungs wegen die Befugnis, neue Regeln einzuführen, ohne durch Grundsätze der Folgerichtigkeit an frühere Grundentscheidungen gebunden zu sein (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, m.w.N.). Dies setzt allerdings voraus, dass wirklich ein neues Regelwerk geschaffen wird. Die umfassende Gestaltungsfreiheit bei Entscheidungen für neue Regeln kann vom Gesetzgeber dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn solche neuen Regeln nach Ziel und Wirkung die Orientierung an alternativen in sich folgerichtigen und schlüssigen Prinzipien nicht erkennen lassen. Einen zulässigen Systemwechsel kann es ohne ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung nicht geben. Insbesondere dann, wenn bei im Übrigen unveränderten Grundentscheidungen eine von diesen abweichende Belastungsentscheidung lediglich in einem schmalen Teilbereich mit der Behauptung eines Systemwechsels begründet wird, bedarf es greifbarer Anhaltspunkte --etwa der Einbettung in ein nach und nach zu verwirklichendes Grundkonzept--, die die resultierende Ungleichbehandlung vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen können (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210).

82Bei den Regelungen des AltEinkG ist die Einbettung in ein solches Grundkonzept gegeben. Durch § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG (in Bezug auf die Vorsorgeaufwendungen) sowie § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG (in Bezug auf die Besteuerung der entsprechenden Alterseinkünfte) sollen nicht nur die unterschiedlichen Altersvorsorgesysteme, sondern auch die daraus resultierenden unterschiedlichen Alterseinkünfte von der Ertragsanteilsbesteuerung in das neue Gesamtkonzept der nachgelagerten Besteuerung überführt werden.

83ddd) Aus diesem Grund ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen ebenso wie die Besteuerung der zufließenden Rentenzahlungen mit jährlich steigenden Stufen vorgesehen hat, selbst wenn der Umfang der späteren Besteuerung mit dem Abzug der Beiträge nicht abgestimmt ist (a.A. HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 343).

84Zwar hätte es dem objektiven Nettoprinzip und dem Gedanken der Korrespondenz entsprochen, die Höhe der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen konkret danach zu bemessen, in welchem Umfang die später zufließenden Renteneinnahmen zu steuerpflichtigen sonstigen Einkünften führen. Von einer solchen Korrespondenz ist der Gesetzgeber auch bei anderen ertragsteuerlichen Regelungen ausgegangen (vgl. z.B. die Regelungen zum Halbeinkünfteverfahren in § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung).

85Der Gesetzgeber hat als Ausgangspunkt für die Höhe der prozentual abziehbaren Altersvorsorgebeiträge im Rahmen der Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG das Jahr des Abzugs der Aufwendungen bestimmt, so dass es auf das Alter und den voraussichtlichen Rentenbeginn des Steuerpflichtigen nicht ankommt. Demgegenüber richtet sich die Höhe der steuerpflichtigen Renteneinkünfte nach dem Jahr des Renteneintritts des Steuerpflichtigen. Durch diese unterschiedlichen Bezugspunkte ist es im Rahmen der Übergangsregelung nicht gewährleistet, dass die steuerliche Entlastung der Vorsorgeaufwendungen und die Besteuerung der daraus resultierenden steuerpflichtigen Einnahmen korrespondieren. Eine Entsprechung wird erst im Zeitpunkt der endgültigen Regelung, d.h. spätestens 2040 erreicht.

86Nach Ansicht des erkennenden Senats ist das Vorgehen des Gesetzgebers vor dem Hintergrund der oben dargestellten besonderen Komplexität des AltEinkG sowie aus Gründen der Praktikabilität verfassungsrechtlich noch gerechtfertigt.

87(1) Eine Bemessung des abziehbaren Prozentsatzes der Altersvorsorgebeiträge nach den Verhältnissen des jeweiligen Steuerpflichtigen hätte dazu geführt, dass dem Kohortenprinzip entsprechend sich für jeden Altersjahrgang die Höhe des abziehbaren Betrags mit unterschiedlichen Prozentsätzen ergeben hätte, was die verwaltungsmäßige Handhabung der Übergangsregelung weiter erschwert hätte. In den meisten Fällen wäre durch dieses Vorgehen im Rahmen der Übergangsregelung auch nur eine scheinbare individuelle Genauigkeit erreicht worden, da in die künftigen Renteneinnahmen auch Beitragszahlungen einfließen, die in (ggf. zahlreichen) Jahren vor Inkrafttreten des AltEinkG geleistet wurden und die daher bei einer konkreten Bemessung der Höhe der abziehbaren geleisteten Vorsorgeaufwendungen ebenfalls hätten berücksichtigt werden müssen. Der Gesetzgeber hat sich zu Recht außerstande gesehen, die zum Teil weit in die Vergangenheit zurückreichenden Verhältnisse in einer dem Verifikationsprinzip entsprechenden Weise ermitteln zu lassen (BTDrucks 15/2150, S. 41). Die vom Kläger angestellte Rechnung, nach der sich bei einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer vor dem Jahr 2005 geleistete Rentenversicherungsbeiträge steuerlich nicht ausgewirkt hätten, lässt außer Betracht, dass der damalige Höchstbetrag für Vorsorgeaufwendungen nicht vorrangig den Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zuzuordnen ist. Vielmehr sind geleistete Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung anhand der Beitragssätze für die als gleichwertig anzusehenden Zweige der Sozialversicherung aufzuspalten (Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.c cc).

88Hinzu kommt, dass vor dem Hintergrund der sich ändernden gesetzlichen Regelungen über den Renteneintritt (vgl. z.B. die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre durch das Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl I 2007, 554) eine verlässliche Aussage über den voraussichtlichen Renteneintritt --unabhängig von der individuellen Situation des Steuerpflichtigen-- nicht sicher möglich ist.

89(2) Ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber als Ausgangspunkt für die Übergangsregelung der Rentenbesteuerung einen anderen pauschalierenden Anknüpfungspunkt gewählt hat, nämlich den Rentenjahrgang. Die Kohorte entscheidet über den Besteuerungsanteil der Renten während der gesamten Rentenbezugsdauer eines Steuerpflichtigen, so dass es im Gegensatz zu den Altersvorsorgeaufwendungen keiner jährlichen Anpassungen bedarf. Dieser Ansatz steht in der Tradition der bisherigen Ertragsanteilsbesteuerung, die ebenfalls von einem einheitlichen Ertragsanteil für den gesamten Rentenbezug ausging, und ermöglicht zudem eine praktikable Besteuerung der Alterseinkünfte, zumal sich der Gesetzgeber nicht in der Lage gesehen hat, individuelle Besteuerungsanteile pro Steuerpflichtigen festzulegen (BTDrucks 15/2150, S. 41).

90Entgegen der Ansicht des Klägers ist es ohne Belang, dass bei den Steuerpflichtigen, die das Rentenalter nicht erreichen, zwar ihre Rentenbeiträge nur in beschränktem Umfang abgezogen werden konnten, ein Ausgleich über einen Rentenfreibetrag jedoch nicht mehr stattfinden kann. Dies zeigt nur das typische Rentenrisiko auf. Während ein Teil der Steuerpflichtigen das Renteneintrittsalter nicht erlebt oder ihre Lebenszeit die statistische Lebenserwartung unterschreitet, übersteigt bei anderen Steuerpflichtigen die Lebenszeit die tatsächliche Lebenserwartung; diese erhalten dauerhaft den Rentenfreibetrag, wenn ihre Rente vor dem Jahr 2040 beginnt.

91Der Gesetzgeber hat sich somit dadurch, dass er als Ausgangspunkt für die stufenweise Verbesserung der Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen das Jahr der Leistung der Altersvorsorgeaufwendungen gewählt hat, trotz der teilweise fehlenden Symmetrie zwischen der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen und der Besteuerung der Alterseinkünfte in der Übergangsregelung noch im Rahmen des ihm zukommenden weiten Gestaltungsspielraums gehalten.

92(3) Allerdings belastet diese pauschalierende und nicht symmetrische Übergangsregelung die Steuerpflichtigen, bei denen --jedenfalls statistisch betrachtet-- sicher davon auszugehen ist, dass ihre Rente erst nach dem Jahr 2039 beginnen und daher voll zu versteuern sein wird. Bei dieser Gruppe hätte es das objektive Nettoprinzip geboten, ihre Altersvorsorgeaufwendungen zumindest zum größten Teil (vgl. unter B.II.2. b cc ccc) steuerlich zum Abzug zuzulassen. Dass diese Steuerpflichtigen im Rahmen der Übergangsregelung ihre Aufwendungen dennoch nur in beschränktem Umfang abziehen können, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil die gesamte Übergangsregelung konsequent und folgerichtig ausnahmslos für alle Steuerpflichtigen gilt, sowohl für die Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen als auch für die Besteuerung der Renten und unabhängig davon, ob in früheren Jahren Aufwendungen geleistet oder Renten bezogen wurden. Bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen von der Übergangsregelung auszunehmen, hätte zu weiteren Unstimmigkeiten geführt. So wäre es nur schwer erklärbar, wenn der Steuerpflichtige, der nach der jetzigen Rechtslage voraussichtlich im Jahr 2040 erstmals Renteneinkünfte bezieht, bereits im Jahr 2005 seine Rentenbeiträge vollständig abziehen könnte, während ein anderer Steuerpflichtiger, dessen voraussichtliches Renteneintrittsalter im Jahr 2039 liegt, seine Altersvorsorgeaufwendungen bis 2025 nur stufenweise ansteigend geltend machen könnte.

93Diese Rechtslage ist für Steuerpflichtige, deren Rente voraussichtlich nach dem Jahr 2039 beginnen wird, solange hinnehmbar, solange das Verbot der doppelten Besteuerung beachtet ist. Dadurch ist auch bei dieser Fallgruppe jedenfalls im Ergebnis sichergestellt, dass die teilweise nicht gegebene Abziehbarkeit ihrer Vorsorgeaufwendungen sich unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG auf die Höhe der Besteuerung ihrer später zufließenden Renten auswirken muss.

94bb) Der weite gesetzgeberische Gestaltungsraum ist im Hinblick auf Art und Maß vertrauensschützender Übergangsregelungen nicht unbegrenzt. Das BVerfG fordert, dass "in jedem Fall" die steuerliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen sind, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, unter D.II.; Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710).

95aaa) Die Verfassungsmäßigkeit der nur beschränkten Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen in der bis zum Jahr 2025 geltenden Übergangszeit unter dem Aspekt des Verbotes der Doppelbesteuerung kann jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern nur im Zusammenhang mit der korrespondierenden --in der Übergangszeit nur anteiligen-- späteren Rentenbesteuerung (Senatsbeschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420).

96Ob das Zusammenwirken der einkommensteuerrechtlichen Regelungen der Aufbauphase vor und nach Inkrafttreten des AltEinkG mit den Regelungen der Versorgungsphase seit Inkrafttreten des AltEinkG in bestimmten Fällen einen Verstoß gegen das Verbot doppelter Besteuerung bewirken kann, ist demnach nicht in diesem Verfahren zu entscheiden, denn aus dem Verbot doppelter Besteuerung lässt sich kein Anspruch auf eine bestimmte Abziehbarkeit der Beiträge in der Aufbauphase ableiten. Der Gesetzgeber kann dem Verbot doppelter Besteuerung ebenso durch einen entsprechend schonenderen Zugriff in der Versorgungsphase Rechnung tragen. Ein Verstoß ist deshalb in den Veranlagungszeiträumen der Versorgungsphase zu rügen, in denen die Altersbezüge der Besteuerung unterworfen werden (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvR 1220/04, 410/04, BVerfGE 120, 169, m.w.N).

97bbb) In der Verweisung der gerichtlichen Überprüfung des Verbotes der Doppelbesteuerung auf den Beginn des Rentenbezugs liegt kein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Aus dieser Verfassungsnorm ergibt sich ein Anspruch auf zeitnahen und effektiven Rechtsschutz. Hieraus kann aber kein Anspruch abgeleitet werden, die Problematik einer sich erst zu einem späteren Zeitpunkt stellenden Frage einer überschießenden Rentenbesteuerung in der Weise zu lösen, dass die verfassungsrechtliche Prüfung auf die steuerliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen (vor)verlagert wird, durch die für sich betrachtet noch kein übermäßiger Besteuerungszugriff bewirkt wird. Aus diesem Grund ist entgegen der Auffassung des Klägers auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung gegeben. Es ist auch nicht unzumutbar, die Steuerpflichtigen darauf zu verweisen, dass das Verbot der Doppelbesteuerung erst bei der Rentenbesteuerung zu klären ist, da erst mit Bezug der Rente die Höhe des Besteuerungsanteils der Rente feststeht.

98ccc) Das vom BVerfG ausgesprochene Verbot der doppelten Besteuerung ist strikt zu beachten. Der Gesetzgeber wird zu prüfen haben, ob dieses Verbot auch in jedem Fall eingehalten werden kann. Der erkennende Senat wird in künftig zu entscheidenden Fällen dem Verbot der doppelten Besteuerung besondere Aufmerksamkeit widmen.

99cc) Der nur begrenzte Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen im Rahmen der Übergangsregelung verletzt nicht das subjektive Nettoprinzip.

100aaa) Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Beurteilung des subjektiven Nettoprinzips ist das aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitende Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums. Danach hat der Staat das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Einem Grundgedanken der Subsidiarität, wonach Eigenversorgung Vorrang vor staatlicher Fürsorge hat, entspricht es, dass sich die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau richtet. Was der Staat dem Einzelnen voraussetzungslos aus allgemeinen Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen hat, darf er ihm nicht durch Besteuerung seines Einkommens entziehen (ständige Rechtsprechung des BVerfG siehe Beschluss in BVerfGE 120, 125, m.w.N.). Die somit von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden Aufwendungen zur Sicherung des Existenzminimums sind vom Steuergesetzgeber nach dem tatsächlichen Bedarf realitätsgerecht zu bemessen. Im Bereich der Steuerfreiheit des Existenzminimums hat er dabei allerdings dafür Sorge zu tragen, dass die typisierenden Regelungen in möglichst allen Fällen den entsprechenden Bedarf abdecken.

101bbb) Für die steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen bedeuten diese Grundsätze, dass der Gesetzgeber gehalten ist, Beiträge zu solchen Versicherungen steuerlich freizustellen, die den Schutz des Lebensstandards des Steuerpflichtigen in Höhe des Existenzminimums gewährleisten. Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob Versicherungsbeiträge --wie z.B. zu leistende Sozialversicherungsbeiträge-- zwangsweise erhoben werden. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Schutz gegen das abgesicherte Risiko Bestandteil des Leistungskatalogs der Sozialhilfe ist (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter D.II.3.).

102ccc) Durch die Übergangsregelung sind die Arbeitgeberbeiträge vollständig und die Arbeitnehmerbeiträge eines rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmers im Ergebnis zunächst nur mit 20 %, danach linear bis zum Jahr 2025 auf insgesamt 100 % ansteigend abziehbar. Ein Problem aus Sicht der gerade dargestellten Grundsätze könnte sich dann stellen, wenn die --insoweit teilweise nicht abziehbaren-- Altersvorsorgeaufwendungen (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag zusammen) nur zu Alterseinkünften führten, deren Höhe lediglich ein existenzsicherndes Niveau erreicht, also bei niedrigen Arbeitnehmereinkünften. Bei diesen Einkünften ist jedoch zu beachten, dass nach dem alten Recht ein alleinstehender Arbeitnehmer bei einem Bruttolohn von knapp 12.000 € die Altersvorsorgeaufwendungen vollständig abziehen konnte (vgl. die Berechnungen der Sachverständigenkommission, Anlage 1 und BTDrucks 15/2150, S. 35, zu Nr. 3). Die für ihn ungünstigere Neuregelung wird durch die in § 10 Abs. 4a EStG von Amts wegen vorgesehene Günstigerprüfung ausgeglichen, die --mit hier nicht relevanten Modifikationen-- die Anwendung des alten Rechts anordnet. Die Günstigerprüfung stellt damit sicher, dass in der aktiven Zeit der Aufbau einer Altersvorsorge in Höhe wenigstens des Existenzminimums vom Steuerzugriff verschont wird.

103dd) Der Mechanismus der Einbeziehung der Arbeitgeberanteile im Rahmen der Übergangsregelung führt zu keiner verfassungswidrigen Ungleichbehandlung des Klägers im Vergleich zu einem nicht angestellten Steuerpflichtigen und einem Beamten.

104aaa) Den vom Steuerpflichtigen geleisteten Vorsorgeaufwendungen sind zunächst der nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen. Im Rahmen der Übergangsregelung wirkt sich dieser Gesamtbetrag im Jahr 2006 nur zu 62 % steuermindernd aus (§ 10 Abs. 3 Satz 4 EStG). Gleichwohl ist der sich hierbei ergebende Betrag gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG um 100 % des Arbeitgeberanteils bzw. des gleichgestellten steuerfreien Arbeitgeberzuschusses zu kürzen, so dass nur die Differenz als Sonderausgabe abziehbar ist.

105bbb) Diese Regelung soll gewährleisten, dass zwei Steuerpflichtige, von denen nur einer einen steuerfreien Arbeitgeberanteil oder -zuschuss erhalten hat, hinsichtlich des Gesamtaufwands für die Altersversorgung im Ergebnis in gleichem Umfang steuerlich freigestellt werden (vgl. auch unter B.II.2.d aa). Der Steuerpflichtige, der selbst den Gesamtbeitrag zur Rentenversicherung und/oder andere Altersvorsorgeaufwendungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG leistet, konnte z.B. im Jahr 2005 60 % der Aufwendungen, also 12.000 € als Sonderausgaben abziehen. Der andere Steuerpflichtige, dessen Vorsorgeaufwendungen sich sowohl aus eigenen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, Vorsorgeaufwendungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG als auch aus dem anzusetzenden Arbeitgeberanteil von beispielsweise 2.000 € zusammensetzen, erhält eine Steuerfreistellung über § 3 Nr. 62 EStG von 2.000 €. Umgekehrt kann er als Sonderausgaben 60 % von 20.000 € = 12.000 € abzüglich 2.000 € Arbeitgeberanteil geltend machen. Die steuerliche Freistellung beider Steuerpflichtiger ist daher im Ergebnis gleich (Senatsbeschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420, unter II.9.).

106ccc) Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ergibt sich auch nicht aus dem Vergleich der steuerlichen Situation des Klägers mit der eines Beamten. Letzterer ist auf Grund des geltenden Alimentationsprinzips nicht für seine Altersvorsorge beitragsbelastet, so dass sich seine Altersvorsorge im steuerunbelasteten Raum vollzieht. Andere Arbeitnehmer können aber ihre Altersvorsorgeaufwendungen nur im Rahmen der Übergangsregelung beschränkt abziehen. Die Besteuerung der Alterseinkünfte ab dem Jahr 2040 ist in beiden Fällen demgegenüber gleich; die Einkünfte unterliegen uneingeschränkt der Besteuerung.

107(1) Der Gesetzgeber hat den im BVerfG-Beschluss vom 24. Juni 1992 1 BvR 459/87, 1 BvR 467/87 (BVerfGE 86, 369) erteilten und im Rentenurteil in BVerfGE 105, 73 konkretisierten Gesetzgebungsauftrag zutreffend so verstanden, dass eine gleichheitsgerechte Besteuerung der Altersbezüge nur möglich ist, wenn bei der Neuregelung die Besteuerung aller bestehenden Altersversorgungssysteme aufeinander abgestimmt wird (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 169).

108(2) Aufgabe der Übergangsregelung ist es, die bestehenden unterschiedlichen Altersvorsorge- und Alterseinkünftesysteme in ein System der nachgelagerten Besteuerung zu integrieren. Es liegt in ihrem Wesen, einen vorgefundenen Rechtszustand gleitend in eine neue gesetzgeberische Konzeption zu überführen (Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.b cc). Insoweit ist es entscheidend, dass Altersvorsorgeaufwendungen nach Ablauf der Übergangsregelung im Jahr 2025 grundsätzlich in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar sind und damit die mit künftigen Renteneinnahmen im Zusammenhang stehenden Rentenbeiträge --von Sonderfällen abgesehen-- aus unversteuertem Einkommen stammen.

109(3) Da die steuerliche Situation der Arbeitnehmer, Selbständigen und Beamten im Bereich der Altersvorsorge und der Alterseinkünfte bis zur Neuregelung im Jahr 2005 vollkommen unterschiedlich war, ist es zwangsläufig, dass unterschiedliche Zwischenschritte notwendig sind, um zu der angestrebten Neuregelung zu gelangen, in der die Besteuerung aller bestehenden Altersversorgungssysteme aufeinander abgestimmt ist.

110Bei der Überprüfung dieser Zwischenschritte ist zu beachten, dass die Besteuerung der Alterseinkünfte der Rentner, die vormals Arbeitnehmer waren, insbesondere im Vergleich zur Besteuerung der Alterseinkünfte der Beamten als mit dem Gleichheitssatz unvereinbar privilegiert angesehen wurde. Daraus folgt, dass diese Gruppe von Steuerpflichtigen auf dem Weg in die endgültige verfassungsgemäße Regelung, in der alle Altersvorsorgeaufwendungen und die daraus resultierenden Alterseinkünfte gleich behandelt werden, wegen ihrer früheren Bevorzugung in einem geringeren Umfang entlastet werden kann, ohne dass die unterschiedliche Entlastung zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes führt.

111(4) Die Besteuerung der Beamtenpensionen beruht bereits auf dem angestrebten Konzept der nachgelagerten Besteuerung, so dass dessen Ziel, das Lebenseinkommen eines Steuerpflichtigen nur einmal, aber auch mindestens einmal zu besteuern (Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710), nach dem Abschmelzen des Versorgungsfreibetrags gemäß § 19 Abs. 2 EStG im Jahr 2040 erreicht ist. Es ist daher nicht sachwidrig, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, Beamte entsprechend dem für gesetzlich Rentenversicherungspflichtige bis 2004 geltenden System durch die steuerliche Erfassung eines fiktiven Beitrags zu ihrer Pension in der Erwerbsphase zu besteuern, wobei es dahinstehen kann, ob eine Besteuerung des fiktiven Beitrags eines Beamten zu seiner Pension überhaupt möglich und umsetzbar wäre (a.A. Wesselbaum-Neugebauer, FR 2007, 683).

112Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das strikt zu beachtende Verbot der Doppelbesteuerung (siehe unter B.II.3.e bb) den anderen Steuerpflichtigen die Gewähr dafür bietet, dass es auch bei ihnen nur zu einer einmaligen Besteuerung kommen darf. Es stellte keine Belastungsgleichheit her, sondern wäre ein neuerlicher Systembruch, wenn der Gesetzgeber für eine Gruppe von Steuerpflichtigen, die bereits folgerichtig nach dem neuen System besteuert werden, für eine Übergangszeit die nicht folgerichtige und nicht systemgerechte Besteuerung anderer Steuerpflichtiger einführte, die er auslaufen lassen will.

113Die nur begrenzte Entlastung des Klägers ist damit durch die besonders komplexe Übergangssituation der Neuregelung der Altersvorsorge und -einkünfte noch gerechtfertigt. Es ist verfassungsrechtlich noch tragbar, nur schrittweise zu einer vollen Entlastung seiner Arbeitnehmerbeiträge zu gelangen. Die vom Kläger an ein berufsständisches Versorgungswerk zu leistenden Beiträge sind nach alledem lediglich in beschränktem Umfang als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. Abs. 3 EStG abzuziehen.

III.

114Die vom Kläger geleisteten Beiträge an das Wirtschaftsprüfer-Versorgungswerk Nordrhein-Westfalen können weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren berücksichtigt werden.

1151. Gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EStG sind auf der Lohnsteuerkarte die negative Summe der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3, 6 und 7 EStG und die negativen Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG eintragungsfähig. Danach sind auch negative sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG)zu berücksichtigen. Solche können dann gegeben sein, wenn vorab entstandene Werbungskosten bei dieser Einkunftsart anfallen. Hierzu rechnen Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk nicht, da die Altersvorsorgeaufwendungen --wie oben unter B.II.2. b bb-- dargelegt, mit konstitutiver Wirkung den Sonderausgaben zugewiesen wurden.

1162. Die vom Kläger geleisteten Beiträge an das Wirtschaftsprüfer-Versorgungswerk Nordrhein-Westfalen können auch nicht als Sonderausgaben auf der Lohnsteuerkarte gemäß § 39a EStG eingetragen werden.

117Die Lohnsteuererhebung ist ebenso wie die Erhebung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen ihrem Charakter nach lediglich eine Vorauszahlung auf die mit Ablauf des Jahres entstehende Einkommensteuerschuld. Dementsprechend soll § 39a EStG gewährleisten, dass der Arbeitnehmer nicht im Wege des Lohnsteuerabzugs erhöhte Vorauszahlungen leistet, die er erst bei der Veranlagung zurückerhält (Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 39a Rz 1).

118a) Gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind nur Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 4, 5, 7 bis 9 und des § 10b, soweit sie den Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36 € übersteigen, auf der Lohnsteuerkarte als Freibetrag eintragungsfähig. Aus dieser enumerativen Aufzählung ergibt sich, dass Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht eintragungsfähig sind.

119Nach § 37 Abs. 3 Satz 2 EStG bemessen sich die Einkommensteuer-Vorauszahlungen grundsätzlich nach der Einkommensteuer, die sich nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge und der Körperschaftsteuer bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Hierbei bleiben nach Satz 5 dieser Vorschrift bestimmte Aufwendungen außer Ansatz. Die Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG rechnen nicht hierzu (Blümich/Stuhrmann, § 37 EStG Rz 18 und Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 37 Rz 8).

120b) Der ganz überwiegende Teil der Literatur hält die fehlende Eintragungsfähigkeit der zuletzt genannten Aufwendungen für verfassungsrechtlich unbedenklich (Blümich/Thürmer, § 39a EStG Rz 36; Seifert in Korn, § 39a EStG Rz 8; Siebenhüter und Tillmann jeweils in HHR, § 10c EStG Rz 4 und § 39a EStG Rz 17; Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 39a Rz 3; a.A. Trzaskalik in: KSM, a.a.O., § 39a Rz B 5).

121c) Auch nach Ansicht des erkennenden Senats ist es nicht zu beanstanden, dass Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden können, sie aber im Rahmen der Veranlagung berücksichtigt werden dürfen. Die unterschiedliche Behandlung von Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG im Vorauszahlungs- und im Lohnsteuerabzugsverfahren stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar, sondern ist schon dadurch gerechtfertigt, dass beim Lohnsteuerabzug die Vorsorgeaufwendungen durch die Vorsorgepauschale des § 10c Abs. 2, Abs. 5 i.V.m. § 39b Abs. 2 Satz 6 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden.

122aa) Die Vorsorgepauschale hat, wie die Verknüpfung ihrer Höhe mit den Rentenversicherungsbeiträgen zeigt, in erster Linie rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer im Blick. Für diesen Personenkreis entspricht (vorbehaltlich der Günstigerprüfung des § 10 Abs. 4a EStG) die im Rahmen des Lohnsteuerabzugs zu berücksichtigende Vorsorgepauschale i.S. des § 10c Abs. 2 EStG dem Betrag, der im Rahmen der Jahresveranlagung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen abziehbar ist.

123Gemäß § 10c Abs. 2 Satz 2 EStG ist im Rahmen der Vorsorgepauschale ein Betrag anzusetzen, der bezogen auf den Arbeitslohn, 50 % des Beitrags in der allgemeinen Rentenversicherung entspricht. Nach Satz 4 wird im Kalenderjahr 2005 der so ermittelte Betrag nur mit 20 % angesetzt. Dieser Prozentsatz steigt in den Folgejahren linear bis zum Jahr 2025 auf insgesamt 100 % an. In gleichem Umfang wirken sich (vorbehaltlich der Günstigerprüfung des § 10 Abs. 4a EStG) solche Arbeitnehmerbeiträge bei der Veranlagung steuermindernd aus (siehe unter B.II.3. b).

124Allerdings kann sich im Rahmen der Veranlagung ein gegenüber der Vorsorgepauschale höherer abziehbarer Betrag bei der Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a EStG sowie bei Altersvorsorgeaufwendungen, die über die Höhe der gesetzlichen Rentenversicherung hinausgehen, ergeben.

125bb) Um den Nachteilen, die sich aus der Anwendung des § 10 Abs. 4a EStG im Veranlagungsverfahren gegenüber dem Lohnsteuerabzugsverfahren ergeben, Rechnung zu tragen, ist gemäß § 39b Abs. 2 Satz 6 Nr. 3 Buchst. b i.V.m. § 10c Abs. 5 EStG abweichend von § 10c Abs. 2 EStG die Vorsorgepauschale mit den günstigeren Beträgen anzusetzen, die sich nach der im Kalenderjahr 2004 geltenden Rechtslage ergeben würden.

126Wegen des pauschalierenden Ansatzes in § 10c Abs. 2 Satz 2 EStG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung i.V.m. § 10c Abs. 5 EStG kann in Einzelfällen, insbesondere bei einem niedrigen Arbeitslohn, im Rahmen der Veranlagung die Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a EStG zu höheren abziehbaren Beträgen führen.

127Verlässlich lässt sich jedoch die Höhe des im jeweiligen Jahr zugeflossenen Bruttoarbeitslohns erst am Jahresende beurteilen. Zielgenaue Prognosen sind nicht möglich. Die Höhe des voraussichtlichen Jahresarbeitslohns kann maßgeblich beeinflusst werden durch Phasen einer längeren Erkrankung, Arbeitslosigkeit oder Lohnerhöhungen.

128Aus diesem Grunde ist es nach Ansicht des erkennenden Senats hinnehmbar, dass im Rahmen der Vorsorgepauschale die bei der Günstigerprüfung ggf. zu berücksichtigenden höheren Beiträge für Vorsorgeaufwendungen bis zur Jahresveranlagung unberücksichtigt bleiben, auch wenn hiervon betroffene Arbeitnehmer einen geringen Zinsverlust erleiden.

129Zwar ist der früher gewährte Arbeitnehmer-Freibetrag entfallen, den der erkennende Senat als Rechtfertigungsgrund für die ungleiche Behandlung gegenüber Steuerpflichtigen angesehen hat, die Einkommensteuer-Vorauszahlungen zu leisten haben (Senatsurteil vom 7. Juni 1989 X R 12/84, BFHE 157, 370, BStBl II 1989, 976).

130Es ist jedoch anerkannt, dass auch verwaltungstechnische Gründe geeignet sein können, eine ungleiche Behandlung zu rechtfertigen (BVerfG-Beschlüsse vom 29. November 1989 1 BvR 1402/87, 1 BvR 1528/87, BVerfGE 81, 108, und vom 8. Oktober 1991 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348). Dies ist hier der Fall, da im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren nur schwer abschätzbar ist, zu welchem Ergebnis die Günstigerprüfung führen kann. Die Situation kann daher nicht mit Fallgruppen verglichen werden, in denen es um die Eintragung voraussichtlich entstehender Vermietungsverluste oder zu berücksichtigender Abschreibungsbeträge geht (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 29. April 1992 VI B 152/91, BFHE 167, 152, BStBl II 1992, 752, und BVerfG-Beschluss in BVerfGE 84, 348).

131Zudem darf sich der Vergleich von Lohnsteuerzahlern mit Steuerpflichtigen, die Einkommensteuer-Vorauszahlungen zu leisten haben, nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht auf den Gesichtspunkt des mit dem Lohnsteuererhebungsverfahren verbundenen Liquiditätsnachteils beschränken. Es ist vielmehr erforderlich, in einem Gesamtvergleich die steuererheblichen Unterschiede zwischen den Lohneinkünften und den übrigen Einkunftsarten zu analysieren und zu bewerten. In diesem Gesamtvergleich sind insbesondere die Verschiedenheiten in den Erklärungs- und Buchführungspflichten einschließlich ihrer Kostenfolge zu beachten (BVerfG-Beschluss vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, unter B.II.2.). Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist der Zinsnachteil, den Lohnsteuerzahler ggf. im Vergleich zu Steuerpflichtigen, die Vorauszahlungen zu leisten haben, nicht von einem solchen Gewicht, dass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu bejahen ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 21. November 1997 VI R 93/95, BFHE 184, 526, BStBl II 1998, 208 betr. die Nichteintragungsfähigkeit eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte für die Einnahmen nicht übersteigende Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen).

132cc) Es ist nicht zu beanstanden, dass im Rahmen von § 39a EStG und in § 10c Abs. 2 EStG keine Sonderregelung für Beiträge i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG getroffen wurde, die über die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hinausgehen, weil vom Fehlen einer Sonderregelung nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen ist und die damit verbundenen Nachteile nicht gravierend sind. Es handelt sich dabei vor allem um Arbeitnehmer, wie den Kläger, die erhöhte (freiwillige) Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung leisten.

133Der Gesetzgeber ist insbesondere im Steuerrecht grundsätzlich befugt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 84, 348, unter C.III.2.d bb). Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Absehen von einer Sonderregelung auf eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen bezieht und dies auch nicht mit gravierenden Nachteilen verbunden ist.

134Bei Anlegung dieses Maßstabes war es verfassungsrechtlich nicht geboten, eine Sonderregelung für Arbeitnehmer vorzusehen, die erhöhte Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk entrichten. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.b aa aufgezeigt, dass im Gesamtvergleich der Beitragszahlungen an berufsständische Versorgungseinrichtungen und solche an gesetzliche Rentenversicherungen die Beitragszahlungen an berufsständische Versorgungseinrichtungen lediglich knapp 10 % der Gesamtbeiträge ausmachen. Von diesen Beitragszahlungen beruht wiederum nur ca. ein Zehntel des Aufkommens auf Arbeitgeberanteilen. Dies rechtfertigt den Schluss, dass die nichtselbständig tätigen Mitglieder der Versorgungswerke eher die Ausnahme bilden.

135Auch ist davon auszugehen, dass zu dieser verhältnismäßig kleinen Gruppe von Arbeitnehmern, die einem Versorgungswerk angehören und erhöhte Beiträge zahlen, auch Steuerpflichtige gehören, die andere Einkünfte beziehen und daher Einkommensteuer-Vorauszahlungen zu leisten haben, so dass eine Berücksichtigung der höheren Beiträge gemäß § 37 EStG möglich ist.

136Zudem darf der oben dargestellte Gesichtspunkt des Belastungsvergleichs zwischen den Lohneinkünften und den anderen Einkunftsarten nicht unberücksichtigt bleiben.

137Da die Beeinträchtigung durch den Zins- und Liquiditätsnachteil nicht so sehr ins Gewicht fällt, musste der Gesetzgeber für die kleine Gruppe von Steuerpflichtigen, zu denen der Kläger gehört, keine Sonderregelung treffen.

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