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Steuerrecht
27.06.2019
Steuerrecht
FG Münster: Aufteilung des Vorsteuerabzugs, wenn ein Verein neben einer wirtschaftlichen auch eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit ausübt?

FG Münster, Urteil vom 16.5.2019 – 5 K 3053/16 U

ECLI:DE:FGMS:2019:0516.5K3053.16U.00

Volltext: BB-ONLINE BBL2019-1558-1

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine Aufteilung des Vorsteuerabzugs zu erfolgen hat.

Der Kläger ist durch Vertrag vom 00.00.20xx im Wege der Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolger des M e.V. geworden. Die Verschmelzung wurde am 00.00.20xx/00.00.20xx in das Vereinsregister eingetragen. Ab dem 00.00.20xx wurde dem Kläger die Gemeinnützigkeit aberkannt.

Der M e.V. war ein eingetragener Verein, der mit Satzung vom 00.00.19xx gegründet wurde. Der Verein hatte gem. § 2 Nr. 1 der Satzung die Aufgabe, durch seine Tätigkeit zur allgemeinen öffentlichen Gesundheitspflege, zur Pflege der Heimatliebe, Heimatkunde und Erschließung der heimatlichen Schönheiten, der Bauten und Kulturstätten und zur Pflege des Geisteslebens beizutragen. Zur Erreichung dieser Zwecke oblagen dem Verein gem. § 2 Nr. 2 der Satzung folgende Aufgaben:

a)      Nachweis von Erholungsmöglichkeiten

b)      Förderung von Veranstaltungen, die der Allgemeinheit im Sinne des § 2 Ziff. 1 dienen

c)      Mitarbeit bei der Erhaltung und Pflege des … Volksgutes und Brauchtums und bei der Erschließung von Naturschönheiten

d)     Mitwirkung bei der Neuregelung und beim Ausbau von Freizeit und Erholungseinrichtungen

e)      Zusammenarbeit mit der Landesplanung zur Wahrung der Interessen des Erholungsreiseverkehrs

f)       Beratung der den Zielen des § 2 Ziff. 1 dienenden Einrichtungen und ihrer Organisationen

g)      Überörtliche Werbung und Koordination örtlicher Werbung. Darüber hinaus Werbung mit Werbemitteln aller Art

h)     Beratung und einheitliche Ausrichtung bei der örtlichen Prospektgestaltung und Herstellung von Werbematerial

Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinssatzung (Bl. 64 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.

Mitglieder des M e.V. waren insbesondere die … Stadt O sowie die vier …Kreise CDT und X mit ihren Städten und Gemeinden und einige Anrainerstädte (B, I, K, L und Y), aber auch ca. 30 Unternehmen, vor allem Hotels (vgl. auch § 4 der Vereinssatzung). Während sich die Beiträge der Kreise und Kommunen nach der Einwohnerzahl richteten, betrug der Mitgliedsbeitrag der Unternehmen pauschal etwa 150 € jährlich.

Im Streitjahr 2006 erzielte der M e.V. folgende Einnahmen:

 

 

Einnahmegrund

Betrag

Mitgliedsbeiträge

738.219,80 €

Erlöse aus Lieferungen

9.158,49 €

Erlöse aus Inseraten

147.389,49 €

Erlöse aus Reiseprospekten (Schutzgebühr)

10.713,11 €

Erlöse aus sonstigen Leistungen

497,84 €

Erlöse „…“

11.241,14 €

Erlöse „…“

1.855,39 €

Erlöse …-Umlage

12.250,00 €

Erlöse … Umlage

27.934,20 €

Erlöse …-Provisionen

57.304,05 €

Erlöse …-Provisionen

8.391,05 €

Zinsen aus Bankguthaben

4.904,71 €

Kostenerstattungen der Mitglieder

93.958,44 €

Zuschüsse aus öffentlichen Kassen

51.250,00 €

Anzahlungen 31.12.2006 (abzgl Anz. 01.01.2006)

9.144,00 €

Forderungsverluste

-600,47 €

Summe

1.183.611,24 €

 

Daneben tätigte der M e.V. noch innergemeinschaftliche Erwerbe in Höhe von 378,00 €.

Am 28.03.2007 ging die Umsatzsteuererklärung der M e.V. für das Streitjahr 2006 beim Beklagten ein, mit der eine Umsatzsteuer (USt) i. H. v. 18.928,02 € erklärt wurde und sich ein Erstattungsüberhang in Höhe von 440,61 € ergab. Dieser errechnete sich wie folgt:

 

Betrag

Hintergrund

58.197,76 €

Umsatzsteuer 16%

2.478,74 €

Umsatzsteuer 19%

634,06 €

Umsatzsteuer 7%

61.310,56 €

Zwischensumme

-21.809,44 €

Vollständig abzugsfähige Vorsteuer

-23.731,00 €

Anteilig abzugsfähige Vorsteuer

15.770,12 €

Zwischensumme

3.157,90 €

Umsatzsteuer gem. § 14c UStG

18.928,02 €

Umsatzsteuer 2006

-19.368,63 €

Vorauszahlungssoll

-440,61 €

Erstattungsüberhang

 

Die anteilig abzugsfähige Vorsteuer berechnete sich wie folgt:

 

 

 

Betrag

Anteil

Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (stpfl. Umsätze)

385.840,00 €

35%

Umsätze, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen (nicht steuerbare Mitgliedsbeiträge)

738.219,00 €

65%

Gesamt-Umsatz

1.124.059,00 €

100%

 

Aufzuteilende Vorsteuern

67.801,00 €

 

Anteil steuerpflichtige Erlöse

35%

 

Abzugsfähiger Anteil

23.731,00 €

 

 

Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung der M e.V. durch Mitteilung vom 11.04.2007 zu (Bl. 6 der Umsatzsteuerakte).

Mit Schreiben vom 01.09.2011 beantragte der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger eine Berichtigung u. a. der Umsatzsteuerfestsetzung 2006 gem. 164 Abs. 2 AO mit der Begründung, dass die Vorsteuer in voller Höhe abzugsfähig sei. In der berichtigten Umsatzsteuererklärung berechnete er die Umsatzsteuer nunmehr wie folgt (Bl. 28 ff. der Gerichtsakte):

Betrag

Hintergrund

58.197,76 €

Umsatzsteuer 16%

2.478,74 €

Umsatzsteuer 19%

634,06 €

Umsatzsteuer 7%

61.310,56 €

Zwischensumme

-89.610,44 €

Vollständig abzugsfähige Vorsteuer

0,00

Anteilig abzugsfähige Vorsteuer

-28.299,88 €

Zwischensumme

3.157,90 €

Umsatzsteuer gem. § 14c UStG

-25.141,98 €

Umsatzsteuer 2006

18.928,02 €

Bisher festgesetzt

-44.070,00 €

Noch zu erstatten

 

Zur Begründung führte der Kläger aus, dass nach der Rechtsprechung des FG Schleswig-Holstein (Urt. vom 07.09.2006 – 4 K 223/04, EFG 2006, 1867) bei der Aufteilung der abzugsfähigen Vorsteuerbeträge sowohl Spenden als auch echte Zuschüsse für die Aufteilung der abzugsfähigen Vorsteuern irrelevant seien. Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge sei nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze vorzunehmen.

Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung der Umsatzsteuer 2006 mit Schreiben vom 08.08.2012 ab. Am gleichen Tag rief der Sachbearbeiter des Beklagten den Steuerberater des Klägers, Herrn StB T, an und teilte diesem mit, dass im Rahmen eines Einspruchsverfahrens die Steuer um ca. 1.600 € höher festgesetzt werden würde (Bl. 46 der Rechtsbehelfsakte).

Gegen die Ablehnung des Änderungsantrags legte der Kläger am 04.09.2012 Einspruch ein (Bl. 4 ff. der Rechtsbehelfsakte). Im Streitfall seien durch die Zuschüsse sowie die Mitgliedsbeiträge im Wesentlichen die Verluste ausgeglichen worden. Insofern sei von echten Zuschüssen auszugehen, denen kein Leistungsaustausch zugrunde gelegen habe. Der Kläger ist der Auffassung, dass der M e.V. seine Eingangsleistungen grundsätzlich für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten bezogen habe. Nichtwirtschaftliche Tätigkeiten, insbesondere unentgeltliche Tätigkeiten aus ideellen Vereinszwecken, seien nicht ausgeübt worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 08.09.2016 (Bl. 67 ff. der Rechtsbehelfsakte) änderte der Beklagte die Steuerfestsetzung vom 14.04.2007 (verbösernd) dahingehend ab, dass er die Umsatzsteuer nunmehr auf 20.562,67 € festsetzte. Er ging dabei in folgendem Umfang von steuerpflichtigen, steuerfreien und nicht steuerbaren Umsätzen aus:

 

Steuerpflichtige Umsätze

Erlöse aus Lieferungen

9.158,49 €

Erlöse aus Inseraten

147.389,49 €

Erlöse aus Reiseprospekten – Schutzgebühr

10.713,11 €

Erlöse aus sonstigen Leistungen

497,84 €

Erlöse „…“

11.241,14 €

Erlöse „…“

1.855,39 €

Erlöse … Umlage

12.250,00 €

Erlöse … Umlage

27.934,20 €

Erlöse …-Provisionen

57.304,05 €

Erlöse …-Privisionen

8.391,05 €

Zwischensumme

286.734,76 €

Abzgl. darin enthaltene steuerfreie Umsätze

-3.774,00 €

Zwischensumme

282.960,76 €

Kostenerstattung der Mitglieder

93.958,44 €

Anzahlungen 31.12.2006 (abzügl. Anz. 01.01.2006)

9.144,00 €

Forderungsverluste

-600,47 €

Innergemeinschaftliche Erwerbe

378,00 €

Summe

385.840,73 €

 

Steuerfreie Umsätze

Zinsen aus Bankguthaben

4.904,71 €

In den lfd. Erlösen enthaltene stfr. Erlöse

3.774,00 €

Summe

8.678,71 €

 

Nicht steuerbare Umsätze

Mitgliedsbeiträge

738.219,80 €

Zuschüsse aus öffentlichen Kassen

51.250,00 €

Summe

789.469,80 €

 

Die anteilig abzugsfähige Vorsteuer berechnete sich nach der Einspruchsentscheidung gem. § 15 Abs. 4 UStG wie folgt:

 

 

Betrag

Anteil

Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (stpfl. Umsätze)

385.840,73 €

32,59%

Umsätze, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen steuerfreie Umsätze

nicht steuerbare Umsätze

8.678,71 €

789.469,80 €

0,73%

66,68%

Gesamt-Umsatz

1.183.989,26 €

100%

 

Aufzuteilende Vorsteuern

67.801,00 €

 

Anteil steuerpflichtige Erlöse

32,59 %

 

Abzugsfähiger Anteil

22.096,35 €

 

 

Die vom EuGH in der Rechtssache „Sveda“ (C-126/14) aufgestellten Rechtsgrundsätze seien nicht auf den Streitfall übertragbar. Zum einen sei nicht erkennbar, wie die Kostenübernahme durch die öffentliche Hand nach litauischen Recht umsatzsteuerlich behandelt worden sei. Zum anderen sei das Unternehmen im Fall „Sveda“ in vollem Umfang unternehmerisch tätig gewesen und habe keinen nichtunternehmerischen Bereich gehabt. Der M e.V. sei hingegen sowohl einer unternehmerischen (wirtschaftlichen) Tätigkeit als auch einer nichtunternehmerischen (ideellen) Tätigkeit nachgegangen. Auch die Urteile des Sächsischen FG und des FG Schleswig-Holstein seien nicht mit dem Streitfall vergleichbar. So habe das Sächsische FG sämtliche Ausgangsrechnungen der wirtschaftlichen Tätigkeit und damit dem unternehmerischen Bereich des klagenden Vereins zugerechnet. Das FG Schleswig-Holstein sei von einem ausschließlich unternehmerisch tätigen Verein ausgegangen und daher zu dem Schluss gekommen, dass Zuschüsse und Mitgliedsbeiträge für die Vorsteueraufteilung irrelevant seien.

Mit seiner am 29.09.2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren gerichtlich weiter. Er ist der Auffassung, die bisherige Rechtsprechung des BFH, wonach die Zuschüsse den Umfang der nichtsteuerbaren Tätigkeit widerspiegelten und somit den Gesamtumsätzen zuzurechnen seien, sei durch das Urteil des EuGH in der Rechtssache „Sveda“ überholt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides für 2006 vom 08.08.2012 in Gestalt seiner Einspruchsentscheidung vom 08.09.2016 zu verpflichten, die Umsatzsteuer für 2006 entsprechend der berichtigten Umsatzsteuererklärung für 2006 vom 01.09.2011 festzusetzen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

                            die Klage abzuweisen.

Er verweist im Klageverfahren auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

In der Sache hat am 16.05.2019 eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden, auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2006 entsprechend der berichtigten Umsatzsteuererklärung vom 01.09.2011 unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides 08.08.2012 und der verbösernden Einspruchsentscheidung vom 08.09.2016. Der Beklagte hat in der Einspruchsentscheidung zu Recht nur einen Vorsteuerabzug in Höhe von insgesamt 43.905,79 € (21.809,44 € (vollständig abziehbar)+ 22.096,35 € (anteilig anziehbar)) zugelassen.

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Unionsrechtlich beruht die Vorschrift auf den Art. 167 ff. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Nach Art. 168 Buchst. a) MwStSystRL ist der Steuerpflichtige berechtigt, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt. Im Hinblick auf den weiter erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urt. vom 09.12.2010 - V R 17/10, BFH/NV 2011, 717; vom 13.01.2011 - V R 12/08, BFH/NV 2011, 721, vom 27.01.2011 - V R 38/09, BFH/NV 2011, 727, und vom 03.03.2011 – V R 23/10, BStBl. II 2012, 74) wie folgt zu differenzieren:

a) Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem einzelnen Ausgangsumsatz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, der steuerpflichtig ist, kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen dieses Ausgangsumsatzes.

b) Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt (nicht steuerbarer Umsatz) oder - ohne Anwendung von § 15 Abs. 3 UStG (Art. 169 Buchst. b MwStSystRL) - steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer eine Leistung für einen z.B. steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da der von ihm verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist.

c) Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und - als solche - Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug.

d) Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm bezogene Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beabsichtigt der Unternehmer daher eine teilweise Verwendung für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (EuGH, Urt. vom 13.03.2008 – C 437/06, BStBl. II 2008, 727, „Securenta“, und vom 12.02.2009 – C-515/07, HFR 2009, 421, „VNLTO“; BFH-Urt. vom 09.12.2010 – V R 17/10, BFH/NV 2011, 717; vom 13.01.2011 – V R 12/08, BFH/NV 2011, 721; vom 03.03.2011 – V R 23/10, BStBl. II 2012, 74).

Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, trägt die Darlegungs- und Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen. Legt der Unternehmer nicht dar, dass bzw. welche der vom ihm bezogenen Leistungen ausschließlich seiner wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit zuzuordnen sind, so ist davon auszugehen, dass er die Leistungen sowohl für seine wirtschaftliche als auch für seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit verwendet hat (BFH, Urt. vom 06.04.2016 – V R 6/14, BStBl. II 2017, 577).

2. Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet (BFH, Urt. vom 22.04.2015 – XI R 10/14, BStBl. II 2015, 862, Rdn. 18 m.w.N.).

Keine steuerbare Leistung gegen Entgelt liegt hingegen vor, wenn ein Zuschuss lediglich der Förderung des Zahlungsempfängers im allgemeinen Interesse dienen und nicht Gegenwert für eine steuerbare Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber sein soll (BFH, Urt. vom 22.04.2015 – XI R 10/14, BStBl. II 2015, 862, Rdn. 21 m.w.N.).

3. Im Streitfall übte der M e.V. neben der unstreitig vorliegenden steuerbaren wirtschaftlichen Tätigkeit aus Lieferungen und sonstigen Leistungen gegen Entgelt (Inserate, Prospekte, Verkauf von Fahrradkarten etc.) auch eine nicht steuerbare nichtwirtschaftliche Tätigkeit aus, so dass insoweit ein Vorsteuerabzug ausscheidet.

Nach § 2 Nr. 1 der Satzung des M e.V. war es Aufgabe des Vereins, durch seine Tätigkeit zur allgemeinen öffentlichen Gesundheitspflege, zur Pflege der Heimatliebe, Heimatkunde und Erschließung der heimatlichen Schönheiten, der Bauten und Kulturstätten und zur Pflege des Geisteslebens beizutragen. Letztlich war es nach der Aufgabenbeschreibung gem. § 2 Nr. 2 der Satzung das Ziel des Vereins, den Tourismus/Fremdenverkehr in der Region zu fördern, zu entwickeln und zu vermarkten. Im Mittelpunkt standen dabei die Präsentation der Herrenhäuser, Landgüter, Schlösser und Burgen zu Besichtigungszwecken (…), die Bewerbung der zahlreichen Rad- und Reitwege des …, die Vermarktung von Museen und Veranstaltungen sowie die Vermittlung von Übernachtungsmöglichkeiten (siehe hierzu die Internetseite des Klägers unter der Rubrik …). Nach den Ausführungen des Vertreters des Klägers in der mündlichen Verhandlungen wurden die gleichen Ziele auch bereits vom M e.V. verfolgt. Die nichtwirtschaftliche Tätigkeit bestand in der Erfüllung dieser satzungsmäßigen Zwecke, also der Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Mitglieder (EuGH, Urt. vom 12.02.2009 – C-515/07, HFR 2009, 421, „VNLTO“, Rdn. 34; BFH, Urt. vom 24.09.2014 – V R 54/13, BFH/NV 2015, 364, Rdn. 28). Die Leistungen des Vereins wurden nicht für die einzelnen Kommunen bzw. sonstigen Gesellschafter gegen ein vereinbartes Entgelt ausgeübt. Vielmehr wurde der M e.V. nach der Satzung durch die Gesellschafter mit Kapital ausgestattet, um in der Folge Tätigkeiten zu erbringen, die einer Vielzahl von Personen - insbesondere auch Nichtvereinsmitgliedern wie Touristen, Teilnehmern und Veranstaltern von Messen und Tagungen sowie allen Gewerbetreibenden der Region - zugute kamen (vgl. FG Niedersachsen, Urt. vom 30.01.2019 – 11 K 87/18, juris, Rdn. 55). So stellt § 2 Nr. 2 a) der Satzung heraus, dass Aufgabe des Vereins auch die Förderung von Veranstaltungen ist, die der Allgemeinheit dienen. Aufgabe ist ferner die Beratung der den Zielen des § 2 Nr. 1 dienenden Einrichtungen und Organisationen (§ 2 Nr. 2 f). Als weitere Aufgabe wird zudem die Wahrung der Interessen des Erholungsreiseverkehrs in Zusammenarbeit mit der Landesplanung genannt (§ 2 Nr. 2 e). Die Tatsache, dass die vom Verein erbrachten Tätigkeiten mittelbar den wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder (z.B. durch höhere Gewerbesteuereinnahmen und Steigerung der Beherbergungs- und Gastronomieumsätze) dienen, führt nicht zur Erbringung konkreter Leistungen des Vereins an seine Mitglieder, die eine Leistungsbeziehung begründen könnten (BFH, Urt. vom 24.09.2014 – V R 54/13, BFH/NV 2015, 364 Rdn. 30; FG Niedersachsen, Urt. vom 30.01.2019 – 11 K 87/18, juris, Rdn. 55). Hierfür spricht auch der Umstand, dass bei der Berechnung der Mitgliedsbeiträge keine Leistungskriterien eine Rolle spielen, sondern als einheitlicher Bemessungsmaßstab nur die Anzahl der Einwohner des jeweiligen Mitglieds gilt bzw. bei Unternehmen sogar pauschale Beiträge erhoben wurden.

Insoweit sind die Mitgliedsbeiträge auch – nach entsprechender Darlegung dieser Sachlage durch Vertreter des Vereins an Amtsstelle (Aktenvermerk des Beklagten vom 05.07.2002, Bl. 27 der Rechtsbehelfsakte) – zutreffend vom Finanzamt als echte, nicht umsatzsteuerbare Zuschüsse behandelt worden (vgl. auch FG Niedersachen, Urt. vom 30.01.2019 – 11 K 87/18, Rdn. 16, juris).

4. Der Beklagte hat die Höhe der abzugsfähigen Vorsteuer zutreffend ermittelt.

Ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu einem einzelnen Ausgangsumsatz der wirtschaftlichen Tätigkeit des M e.V. besteht unstreitig entsprechend der ursprünglichen Steuererklärung vom 28.03.2007 für Eingangsumsätze, die mit Vorsteuer in Höhe von 21.809,44 € belastet sind (Anlage zur Umsatzsteuererklärung 2006, Bl. 4 der Umsatzsteuerakte). Hinsichtlich der weiteren Umsätze hat der Kläger, der insoweit die Feststellungslast trägt, nicht dargelegt, inwieweit die bezogenen Leistungen ausschließlich seiner wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit zuzuordnen sind. Soweit der Kläger vorträgt, dass der Verein keine nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten (im engeren Sinne) verfolge, so teilt der Senat diese Auffassung aus den unter Ziff. 3 dargelegten Erwägungen nicht.

Die Annahme des Klägers, er würde keine nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten entfalten, müsste konsequenterweise zum Ergebnis führen, dass die Vereinsbeiträge umsatzsteuerrechtliches Entgelt darstellen (Teilhabe der Mitglieder an der Tourismuswerbung, sh. z. B. EuGH, Urt. vom 21.3.2002 - C- 174/00 „Kennemer Golf und Country Club“, UR 2002, 320). Die Einbeziehung der Mitgliedsbeiträge in die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage würde dann zu höheren USt-Festsetzungen als bisher führen.

Die hinsichtlich der weiteren mit Vorsteuer in Höhe von 67.801,00 € belasteten Eingangsumsätze gebotene Aufteilung hat der Beklagte auch zutreffend nach dem Umsatzschlüssel ermittelt, wonach sich der abzugsfähige Anteil nach dem Quotienten aus dem steuerpflichtigen Umsätzen zu den Gesamtumsätzen ermittelt (vgl. hierzu Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 15 Rdn. 816).

Auf die Vorsteueraufteilung für Leistungsbezüge, die einer gemischt wirtschaftlichen (=steuerbaren) und einer nichtwirtschaftlichen (nicht steuerbaren) Tätigkeit des Unternehmers dienen, ist § 15 Abs. 4 UStG entsprechend anzuwenden (BFH, Urt. vom 03.03.2011 – V R 23/10, BStBl. II 2012, 74, Rdn. 3; Oelmaier, in Sölch/Ringleb, UStG, § 15 Rdn. 860 f.). Die Zuschüsse spiegeln dabei den Umfang der nichtsteuerbaren Tätigkeit wider und sind somit den Gesamtumsätzen zuzurechnen (BFH, Urt. vom 22.04.2015 – XI R 10/14, BStBl. II 2015, 862, Rdn. 35).

Der Beklagte hat insoweit diesen Grundsätzen folgend zu Recht (neben den steuerpflichtigen und den steuerfreien Umsätzen) auch die nichtsteuerbaren Mitgliedsbeiträge und die Zuschüsse aus öffentlichen Kassen den Gesamtumsätzen zugerechnet. Einwendungen gegen die Berechnungsweise des Beklagten macht der Kläger auch nicht geltend.

5. Entgegen der Auffassung des Klägers stehen einer Aufteilung der Vorsteuerbeträge auch nicht die vom EuGH in der Rechtssache „Sveda“ aufgestellten Grundsätze entgegen (EuGH, Urt. vom 22.10.2015 – C-126/14, HFR 2015, 1188). Die vorstehend unter Ziff. 1 dargestellte Rechtsprechung des BFH ist insbesondere nicht durch das EuGH-Urteil in der Rechtssache „Sveda“ überholt (so aber Küffner, DStR 2015, 2445; ähnlich Robisch, UR 2018, 940, 942 f.). In Rdn. 32 des vorgenannten EuGH-Urteils wird vielmehr klargestellt, dass Eingangsleistungen, die für Zwecke steuerbefreiter oder nichtsteuerbarer Umsätze („…Umsätze…, die nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfasst werden…“) verwendet werden, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Der EuGH-Entscheidung lag auch ein mit dem Streitfall nicht vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde. In der Rechtssache „Sveda“ hatte die dortige Klägerin, eine juristische Person, deren Geschäftstätigkeiten in der Bereitstellung von Unterkünften, Verpflegung und Getränken, in der Organisation von Messe-, Kongress- und Freizeitveranstaltungen sowie in Ingenieurtätigkeiten sowie damit verbundenen Beratungsleistungen bestand, mit Hilfe eines 90%-igen öffentlichen/staatlichen Zuschusses einen Freizeitweg errichtet (EuGH, Urt. vom 22.10.2015 – C-126/14, HFR 2015, 1188, Rdn. 8, 9).

Nach den für den EuGH bindenden Feststellungen des vorlegenden Gerichts hatte die Klägerin die bezogenen Eingangsleistungen in der durch objektive Anhaltspunkte belegten Absicht erworben, um auf dem Freizeitweg mehrwertsteuerpflichtige Leistungen (insbesondere Verkauf von Souvenirs, Verpflegung und Getränken) zu erbringen (EuGH, Urt. vom 22.10.2015 – C-126/14, HFR 2015, 1188, Rdn. 22, 23). Aufgrund dieser Feststellungen musste der EuGH von einem direkten und unmittelbarem Zusammenhang zwischen den von „Sveda“ eingegangenen Kosten und der von ihr beabsichtigten wirtschaftlichen Gesamttätigkeit ausgehen (EuGH, Urt. vom 22.10.2015 – C-126/14, HFR 2015, 1188, Rdn. 35).

Im Unterschied zur M e.V. beabsichtigte „Sveda“ somit ausschließlich unternehmerische/wirtschaftliche (=steuerbare) Tätigkeiten zu erbringen (so zutreffend FG Niedersachsen, Urt. vom 30.01.2019 – 11 K 87/18, juris; Meurer, MWStR 2016, 192). In diesen Fällen ist aber auch nach der ständigen Rechtsprechung des BFH der volle Vorsteuerabzug zu gewähren (siehe oben Ziff. 1 Buchst. a).

Im Übrigen ist es auch – anders als im Streitfall – äußerst zweifelhaft, ob es sich bei den staatlichen Zahlungen in der Rechtssache „Sveda“ überhaupt um einen echten (nicht steuerbaren) Zuschuss gehandelt hat. Vielmehr spricht vieles dafür, dass die Anlage des Freizeitweges ein umsatzsteuerbarer und -steuerpflichtiger Ausgangsumsatz war (so auch Meurer, MwStR 2016, 192 unter Verweis auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 22.04.2015, Rdn. 37, juris).

6. Aus dem gleichen Grund rechtfertigen auch die vom Kläger zitierten Urteile des Sächsischen FG (Urt. vom 13.12.2012 – 6 K 1010/10, juris) und des FG Schleswig Holstein (Urt. vom 07.09.2006 – 4 K 223/04, EFG 2006, 1867) keine abweichende Beurteilung des Streitfalles.

Auch das Sächsische FG geht im Grundsatz davon aus, dass ein Vorsteuerabzug nur insoweit zulässig ist, als dass die Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind (Sächsisches FG, Urt. vom 13.12.2012 – 6 K 1010/10, juris, Rdn. 20). Allerdings nahm das Sächsische FG an, dass der Kläger in dem entschiedenen Fall (abgesehen von der reinen Mitgliederverwaltung) ausschließlich eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat (Sächsisches FG, Urt. vom 13.12.2012 – 6 K 1010/10, juris, Rdn. 21). Allein aus diesem Grund hat das Sächsische FG konsequenterweise – der Rechtsprechung des BFH folgend – eine Aufteilung abgelehnt.

Auch das FG Schleswig-Holstein hat aufgrund der tatsächlichen Umstände des entschiedenen Falles die Feststellung getroffen, dass die dortige Klägerin keine Eingangsleistungen für ihren ideellen Bereich bezogen habe (FG Schleswig Holstein, Urt. vom 07.09.2006 – 4 K 223/04, EFG 2006, 1867, Rdn. 32). Der vom FG Schleswig-Holstein entschiedene Fall unterscheidet sich damit in tatsächlicher Hinsicht ebenfalls in entscheidungserheblicher Weise vom Streitfall.

7. Der Beklagte war auch zur Verböserung der Umsatzsteuerfestsetzung 2006 in der Einspruchsentscheidung berechtigt. Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 367 Abs. 2 Satz 2 AO im Streitfall aufgrund des Telefonates am 08.08.2016 zwischen dem zuständigem Sachbearbeiter des Beklagten und dem Klägervertreter (Bl. 46 der Gerichtsakte) vor Einspruchseinlegung vorliegen. Denn jedenfalls steht die Zustimmung zur Steuererklärung gem. § 168 Satz 1, 2 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich und der Beklagte war somit nach § 164 Abs. 2 AO zur Änderung berechtigt (Cöster, in Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 367 Rdn. 33 m.w.N.). Hinsichtlich der Berechtigung des Beklagten zur Verböserung besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht gem. § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen. Die Feststellung, ob eine steuerbare wirtschaftliche oder nicht steuerbare nichtwirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, hängt von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles ab (so auch der EUGH in der Rechtssache „Sveda“, Urt. vom 22.10.2015 – C-126/14, HFR 2015, 1188, Rdn. 21).

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